ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.CE2011.161.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 161E

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

54. Jahrgang
31. Mai 2011


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Europäisches Parlament
SITZUNGSPERIODE 2010-2011
Sitzung vom 18. bis 20. Mai 2010
Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 256 E vom 23.9.2010 veröffentlicht.
Die am 19. Mai 2010 angenommenen Texte betreffend die Entlastungen für das Haushaltsjahr 2008 sind im ABl. L 252 vom 25.9.2010, S. 22 veröffentlicht.
ANGENOMMENE TEXTE

 

Dienstag, 18. Mai 2010

2011/C 161E/01

Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU (2009/2240(INI))

1

2011/C 161E/02

Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel: Umsetzung des Arbeitsprogramms 2010 im Bereich Bildung und Ausbildung
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu den Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel: Umsetzung des Arbeitsprogramms Allgemeine und berufliche Bildung 2010 (2010/2013(INI))

8

2011/C 161E/03

Ethische Fragen im Zusammenhang mit der Führung von Unternehmen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu berufsethischen Fragen in der Unternehmensführung (2009/2177(INI))

16

2011/C 161E/04

Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment (2009/2159(INI))

21

2011/C 161E/05

Vereinfachung der GAP
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu der Vereinfachung der GAP (2009/2155(INI))

32

2011/C 161E/06

Neue Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu neuen Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen (2009/2175(INI))

38

2011/C 161E/07

Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung - politischer Rahmen für ein gemeinsames Konzept der Europäischen Union
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Konzept der EU für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und Öffentliche Entwicklungshilfe-plus (2009/2218(INI))

47

2011/C 161E/08

Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr (2009/2154(INI))

58

2011/C 161E/09

Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Korruption
Erklärung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu den Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Korruption

62

 

Mittwoch, 19. Mai 2010

2011/C 161E/10

Andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel (Thrombin vom Rind und/oder vom Schwein)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Entwurf einer Richtlinie der Kommission zur Änderung der Anhänge der Richtlinie 95/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/374/EG

63

2011/C 161E/11

Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu der Mitteilung der Kommission Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten (2009/2104(INI))

65

2011/C 161E/12

Institutionelle Aspekte des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu den institutionellen Aspekten des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (2009/2241(INI))

72

2011/C 161E/13

Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda

78

 

Donnerstag, 20. Mai 2010

2011/C 161E/14

Vollendung des Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (2010/2011(INI))

84

2011/C 161E/15

Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft: Eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft: eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen Europas (2009/2099(INI))

95

2011/C 161E/16

Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu der Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union (2009/2243(INI))

104

2011/C 161E/17

Langfristig tragfähige öffentliche Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft (2010/2038(INI))

112

2011/C 161E/18

Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020 (2009/2235(INI))

120

2011/C 161E/19

Union für den Mittelmeerraum
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Union für den Mittelmeerraum (2009/2215(INI))

126

2011/C 161E/20

Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu der Notwendigkeit einer EU-Strategie für den Südkaukasus (2009/2216(INI))

136

2011/C 161E/21

Religionsfreiheit in Pakistan
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Religionsfreiheit in Pakistan

147

2011/C 161E/22

Lage in Thailand
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu Thailand

152

2011/C 161E/23

Birma
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Lage in Birma/Myanmar

154

 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 18. Mai 2010

2011/C 161E/24

Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen ***II
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (16626/2/2009 – C7-0049/2010 – 2009/0027(COD))

158

2011/C 161E/25

Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) ***II
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) (05386/3/2010 – C7-0095/2010 – 2008/0223(COD))

159

ANHANG

160

2011/C 161E/26

Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG) ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/904/EG des Rates (KOM(2009)0456 – C7-0123/2009 – 2009/0127(COD))

161

P7_TC1-COD(2009)0127Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses Nr. …/2010/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme

162

2011/C 161E/27

Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1104/2008) *
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 des Rates über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (KOM(2009)0508 – C7-0244/2009 – 2009/0136(NLE))

166

2011/C 161E/28

Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Änderung des Beschlusses 2008/839/JI) *
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung des Beschlusses 2008/839/JI über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (KOM(2010)0015 – C7-0040/2010 – 2010/0006(NLE))

172

2011/C 161E/29

Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben ***II
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG (17279/3/2009 – C7-0075/2010 – 2008/0192(COD))

177

P7_TC2-COD(2008)0192Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in zweiter Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2010/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates

178

2011/C 161E/30

Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen (KOM(2009)0031 – C6-0048/2009 – 2009/0006(COD))

179

P7_TC1-COD(2009)0006Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates, der Richtlinie 96/73/EG und der Richtlinie 2008/121/EG

180

ANHANG I

196

ANHANG II

199

ANHANG III

200

ANHANG IV

201

ANHANG V

202

ANHANG VI

204

ANHANG VII

205

ANHANG VIII

206

ANHANG IX

252

ANHANG X

254

2011/C 161E/31

Makrofinanzhilfe für die Ukraine ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Ukraine (KOM(2009)0580 – C7-0277/2009 – 2009/0162(COD))

256

P7_TC1-COD(2009)0162Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses Nr. …/2010/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Ukraine

257

2011/C 161E/32

Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006) ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (KOM(2009)0510 – C7-0255/2009 – 2009/0138(COD))

257

P7_TC1-COD(2009)0138Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 des Rates über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union

258

2011/C 161E/33

Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2011 - Einzelplan I - Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2011 (2010/2005(BUD))

258

ANLAGE

265

 

Mittwoch, 19. Mai 2010

2011/C 161E/34

Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG) ***II
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 durch die Aufhebung der Finanzierung bestimmter Gemeinschaftsmaßnahmen und die Änderung der Finanzierungsobergrenze für die Förderung solcher Maßnahmen (16627/1/2009 – C7-0051/2010 – 2009/0026(COD))

266

2011/C 161E/35

Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung) ***II
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung) (05247/1/2010 – C7-0094/2010 – 2008/0222(COD))

267

ANHANG

268

2011/C 161E/36

Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2010: Einzelplan I – Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates zu dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2010, Einzelplan I – Europäisches Parlament (09807/2010 – C7-0125/2010 – 2010/2045(BUD))

269

2011/C 161E/37

Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (KOM(2008)0818 – C6-0480/2008 – 2008/0238(COD))

271

P7_TC1-COD(2008)0238Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 festgelegt in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2010/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe

272

ANHANG

272

 

Donnerstag, 20. Mai 2010

2011/C 161E/38

Gemeinschaftszuschuss zur Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien – Kosloduj-Programm *
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Finanzhilfe der Gemeinschaft für die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien – Kosloduj-Programm (KOM(2009)0581 – C7-0289/2009 – 2009/0172(NLE))

273

Erklärung der benutzten Zeichen

*

Verfahren der Konsultation

**I

Verfahren der Zusammenarbeit: erste Lesung

**II

Verfahren der Zusammenarbeit: zweite Lesung

***

Verfahren der Zustimmung

***I

Verfahren der Mitentscheidung: erste Lesung

***II

Verfahren der Mitentscheidung: zweite Lesung

***III

Verfahren der Mitentscheidung: dritte Lesung

(Das angegebene Verfahren entspricht der von der Kommission vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.)

Politische Änderungen: Der neue bzw. geänderte Text wird durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ▐ gekennzeichnet.

Technische Korrekturen und Anpassungen der Dienststellen des Parlaments: Der neue bzw. geänderte Text wird durch mageren Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ║ gekennzeichnet.

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Europäisches Parlament SITZUNGSPERIODE 2010-2011 Sitzung vom 18. bis 20. Mai 2010 Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 256 E vom 23.9.2010 veröffentlicht. Die am 19. Mai 2010 angenommenen Texte betreffend die Entlastungen für das Haushaltsjahr 2008 sind im ABl. L 252 vom 25.9.2010, S. 22 veröffentlicht. ANGENOMMENE TEXTE

Dienstag, 18. Mai 2010

31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/1


Dienstag, 18. Mai 2010
Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU

P7_TA(2010)0163

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU (2009/2240(INI))

2011/C 161 E/01

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 78 und 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf völkerrechtliche und europäische Menschenrechtsinstrumente, insbesondere das Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (die Charta) und die Rechte und Garantien, die Flüchtlingen und Personen, die um internationalen Schutz nachsuchen, durch sie gewährt werden,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und die vorrangige Sorge der Mitgliedstaaten um den Schutz des Kindeswohls,

in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission über das künftige Gemeinsame Europäische Asylsystem (KOM(2007)0301) vom 6. Juni 2007,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission – Künftige Asylstrategie: ein integriertes Konzept für EU-weiten Schutz (KOM(2008)0360) vom 17. Juni 2008,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der 2908. Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ vom 28. November 2008 (16325/1/08 REV 1 (Presse 344)) mit besonderem Augenmerk auf die Aufnahme von irakischen Flüchtlingen,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU (KOM(2009)0447),

in Kenntnis des Vorschlags für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (KOM(2009) 0456),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2009 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger – das Programm von Stockholm (1),

in Kenntnis der Äußerungen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Mitteilung der Kommission zur Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU und zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013,

unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 7. Mai 2009 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (2),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0131/2010),

A.

in der Erwägung, dass eine faire und realistische Migrationspolitik in der Europäischen Union, die zum Aufbau eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems führt, ein wirksames, hochwertiges und nachhaltiges Neuansiedlungsprogramm umfassen muss, das eine dauerhafte Lösung für Flüchtlinge darstellt, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können und deren Schutz und Lebensunterhalt in Erstasylländern nicht gewährleistet werden kann,

B.

in der Erwägung, dass die Neuansiedlung nicht nur eine humanitäre Maßnahme ist, die dazu dient, den neu anzusiedelnden Personen Hilfe zu leisten, sondern auch die Drittstaaten, die für eine Vielzahl von Flüchtlingen aufkommen müssen, entlastet und ein wichtiges Mittel zur Aufteilung der Verantwortung darstellt,

C.

in der Erwägung, dass es derzeit nur 10 Mitgliedstaaten gibt, die sich jedes Jahr an der Neuansiedlung von Flüchtlingen beteiligen, und dass dies mit wenig Koordinierung untereinander über die Prioritäten der Neuansiedlung erfolgt, was zu einer mangelhaften strategischen Nutzung der Neuansiedlung als einem außenpolitischen EU-Instrument führt,

D.

in der Erwägung, dass die strategische Wirkung des Neuansiedlungsprogramms für die neu anzusiedelnden Flüchtlinge und jene, die in den Erstasylländern bleiben, für die Aufnahmeländer und andere Staaten sowie für das internationale Schutzsystem insgesamt von direktem und indirektem Nutzen sein kann,

E.

in der Erwägung, dass durch das Neuansiedlungsprogramm die illegale Einwanderung von Flüchtlingen in die Europäische Union an Attraktivität verlieren könnte,

F.

in der Erwägung, dass die Notwendigkeit, mit Drittländern Solidarität zu zeigen, die eine große Zahl schutzbedürftiger Flüchtlinge aufnehmen, ein wichtiger Faktor und Ausdruck der Notwendigkeit ist, auch innerhalb der EU Solidarität an den Tag zu legen,

G.

in der Erwägung, dass der Anteil der EU an der weltweiten Neuansiedlung von Flüchtlingen weiterhin recht bescheiden ist; in der Erwägung dass dies negative Auswirkungen auf den Anspruch der EU hat, eine wichtige Rolle in weltweiten humanitären Angelegenheiten und auf der internationalen Bühne zu spielen,

H.

in der Erwägung, dass im Zentrum der gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik eine wirksame Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten stehen muss, was eine gerechte Verteilung der Verantwortung für die Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen hinsichtlich des Schutzes von Flüchtlingen sowie gegenüber Drittstaaten ermöglichen sollte, die eine schwere Last tragen, weil sie für eine Vielzahl von Flüchtlingen aufkommen müssen,

I.

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 7. Mai 2009 außerdem bei der Neuansiedlung von Flüchtlingen in der EU unbedingte Solidarität in den Fällen gefordert hat, in denen u.a. die Aufnahmekapazitäten eines Mitgliedstaates nicht ausreichen, um die Umsiedlung von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wird, in einen anderen Mitgliedstaat zu erleichtern, vorausgesetzt, die betreffenden Personen stimmen zu und ihre Grundrechte werden gewahrt,

J.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, die bereits mehrere Neuansiedlungsprogramme durchgeführt haben, gefördert werden sollte, um im Rahmen des Austausches der besten Praktiken von ihren Erfahrungen mit Aufnahme- und Integrationsmaßnahmen und der allgemeinen Qualität von Neuansiedlungsinitiativen zu profitieren,

K.

in der Erwägung, dass sowohl örtliche als auch internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, insbesondere der UNHCR, in alle Phasen des Neuansiedlungsprogramms der EU einbezogen werden und durch ihre spezifischen Informationen, ihr technisches Know-how, ihre logistischen Vorkenntnisse und ihre Erfahrung einen Beitrag leisten sollten,

L.

in der Erwägung, dass durch das europäische Neuansiedlungsprogramm das Verfahren zur Neuansiedlung nicht noch komplizierter werden darf,

M.

unter Hinweis darauf, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) 2010 seine Arbeit aufnehmen können soll; in der Erwägung, dass es in der Lage sein wird, diejenigen Mitgliedstaaten, die sich an Neuansiedlungsinitiativen beteiligen, zu unterstützen und gleichzeitig die Koordinierung der politischen Maßnahmen innerhalb der EU sicherzustellen; in der Erwägung, dass sich das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen aktiv an den Beratungen zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Hohen Flüchtlingskommissar beteiligen wird,

N.

in der Erwägung, dass man nicht nur der Notwendigkeit Aufmerksamkeit schenken sollte, mehr Mitgliedstaaten in die Neuansiedlung von Flüchtlingen einzubeziehen, sondern auch der Qualität, der Nachhaltigkeit und der Wirksamkeit der Neuansiedlung mit Schwerpunkt auf Integrationsmaßnahmen,

O.

in der Erwägung, dass Flüchtlingen sofort Zugang zu Sprachkursen und Kursen in Kultur sowie erforderlichenfalls zu medizinischer und psychologischer Betreuung gewährt werden sollte,

P.

in der Erwägung, dass der Zugang zu Beschäftigungsmöglichkeiten für Erwachsene und die unverzügliche Integration von Minderjährigen in Schulen ein wesentlicher Schritt im Hinblick auf den Erfolg einer wirksamen Neuansiedlungsinitiative darstellen und dass sie deshalb Zugang zu Seminaren für Ausbildungs- und Berufsorientierung erhalten müssen,

Q.

in der Erwägung, dass es verschiedene Einrichtungen gibt, in der öffentlichen Verwaltung (wie etwa Gemeinden) und auch in der Zivilgesellschaft, von NRO zu gemeinnützigen Einrichtungen und von Schulen zu Sozialdiensten, die über die notwendige Erfahrung und das erforderliche Know-how verfügen, um Follow-up-Maßnahmen durchzuführen,

R.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit mit den vorstehend erwähnten Einrichtungen – insbesondere den Gemeinden – von großem Wert für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in denjenigen Ländern ist, in denen die Neuansiedlung eine gefestigte Praxis ist,

S.

in der Erwägung, dass man bei der Festlegung von Prioritäten so flexibel wie möglich vorgehen sollte, wobei nie die wirksame Priorität aus den Augen verloren werden darf, die den Kategorien der schutzbedürftigsten Menschen gemäß den Angaben des UNHCR eingeräumt werden muss,

T.

in der Erwägung, dass die Neuansiedlung als eine Ergänzung durchzuführen ist, wobei andere dauerhafte Lösungen für Menschen, die um internationalen Schutz nachsuchen, nicht vernachlässigt werden dürfen, und in der Erwägung, dass die Bemühungen um die Neuansiedlung von Flüchtlingen nicht dazu führen sollten, dass die Anstrengungen nachlassen, Zugang zu einem fairen und effektiven Asylverfahren innerhalb der EU zu gewährleisten,

U.

in der Erwägung, dass interne Umsiedlungsprogramme ebenfalls eine Rolle spielen und zusätzlich zu den in diesem Bericht behandelten Neuansiedlungsmaßnahmen unterstützt werden sollten,

V.

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 7. Mai 2009 außerdem ein System zur Umverteilung von Personen gefordert hat, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, von Mitgliedstaaten, die einer spezifischen und unverhältnismäßigen Belastung ausgesetzt sind, an andere Mitgliedstaaten im Benehmen mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, wobei zu gewährleisten ist, dass die Umverteilung nach nichtdiskriminierenden, transparenten und eindeutigen Regeln erfolgt, was nach der Forderung des Parlaments ebenfalls umgesetzt werden muss,

W.

in der Erwägung, dass Mitgliedstaaten, die noch nie an Neuansiedlungsprogrammen teilgenommen haben, ohne den Zugang zu Informationen, Humanressourcen, fachlicher Beratung und ständigem Follow-up bei den Neuansiedlungsbemühungen vor großen Schwierigkeiten bei der Teilnahme stehen werden und dass es schwierig sein wird, weitere Mitgliedstaaten einzubeziehen,

Ein echtes und wirksames Neuansiedlungsprogramm der EU

1.

begrüßt die Initiative der Kommission, eine Änderung des Europäischen Flüchtlingsfonds vorzuschlagen, um die Auswirkungen des EU-Neuansiedlungsprogramms einzubeziehen;

2.

würdigt die allgemeinen Ziele, die in der vorstehend erwähnten Mitteilung über das Neuansiedlungsprogramm der EU gesteckt werden, und die zunehmende Beachtung, die der Neuansiedlung in der allgemeinen Asylpolitik der EU geschenkt wird;

3.

fordert die Entwicklung von Initiativen zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten und lokalen Gemeinschaften in Bezug auf die Vorteile der Neuansiedlung von Flüchtlingen;

4.

erinnert allerdings daran, dass eine Haushaltslinie und finanzielle Unterstützung nicht ausreichen, um ein echtes EU-weites Neuansiedlungsprogramm einzurichten;

5.

regt die Mitgliedstaaten an, Mechanismen für private Beihilfen einzuführen und generell die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Initiativen zu fördern, um das europäische Neuansiedlungsprogramm zu stärken;

6.

fordert ein anspruchsvolleres Programm, das die Qualität und Wirksamkeit der Neuansiedlung gewährleistet und konkrete Leitlinien für ein neues Modell der Prioritätensetzung und Anreize, dass mehr Mitgliedstaaten dazu veranlasst werden, sich an der Neuansiedlung von Flüchtlingen zu beteiligen, enthält, das die Kohärenz der Neuansiedlung mit anderen Maßnahmen der EU im Asylbereich sicherstellt und das Standards für die Aufnahmebedingungen sowie Follow-up-Maßnahmen umfasst, die in jeder Neuansiedlungsinitiative zu ergreifen sind;

7.

ist der Auffassung, dass im Rahmen der neuen Finanziellen Vorausschau (2013-2017) ein eigener Finanzrahmen für die Neuansiedlung von Flüchtlingen geschaffen werden sollte; ein solcher Finanzrahmen könnte die Form eines speziellen Neuansiedlungsfonds annehmen und sollte die finanzielle Grundlage für ein ehrgeizigeres Neuansiedlungsprogramm bieten;

8.

begrüßt das neue Zentrum für Neuansiedlungsanwärter (ETC) in Rumänien, das Flüchtlingen, die dringend neu angesiedelt werden müssen, und/oder Flüchtlingen, die nicht im Erstasylland bleiben können, einen vorläufigen Zufluchtsort bietet; fordert die Kommission auf, dies zu nutzen und auch die Neuansiedlung mittels dieses Transitzentrums zu fördern;

9.

begrüßt die Ad-hoc-Initiativen, die einige Mitgliedstaaten ergriffen haben, um Flüchtlinge aufzunehmen, die schnellstens neu angesiedelt werden müssen; erkennt jedoch an, dass solche Initiativen stärker strukturiert sein müssen;

Anforderungen für Effizienz und Flexibilität von Neuansiedlungsmaßnahmen

10.

betont, dass ein wirksames Neuansiedlungsprogramm der EU Schutz und eine dauerhafte Lösung für langwierige Flüchtlingsprobleme sowie eine rasche und angemessene Reaktion in Notfällen und in Fällen unvorhergesehener Dringlichkeit ermöglichen sollte und dass die Festlegung jährlicher Prioritäten in einer Weise erfolgen sollte, dass eine sofortige Reaktion bei plötzlichen humanitären Krisen ermöglicht wird, die während des gesamten Jahres auftreten können;

11.

betont, wie wichtig es ist, die Durchführung von Arbeiten vor Ort zuzulassen, um die Neuansiedlung von Flüchtlingen vorzubereiten, ihre Bedürfnisse einzuschätzen und eine sachgerechte Planung künftiger Phasen der Neuansiedlung neben den Informationen zu ermöglichen, die unter Umständen vom UNHCR und von NRO sowie anderen Organisationen zur Verfügung gestellt werden;

12.

befürwortet eine öffentlich-private Partnerschaft mit NRO und weiteren Bürgervereinigungen, wie religiösen und ethnischen Organisationen, um sie in die Durchführung von Neuansiedlungsmaßnahmen einzubeziehen und die Arbeit auf freiwilliger Basis in diesem Bereich zu fördern;

13.

vertritt die Ansicht, dass Gemeinden, die bereits an einer Neuansiedlungsmaßnahme beteiligt sind oder kurz vor einer solchen Beteiligung stehen, Partnerschaften mit anderen Gemeinden in ihrem Heimatland und in den Mitgliedstaaten aufbauen sollten, um ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet auszutauschen und die EU-weite Zusammenarbeit zu stärken;

14.

betont die Notwendigkeit der Schaffung eines strukturierten Kooperationsrahmens, um Know-how zusammenzutragen und die Zusammenstellung und die Weitergabe von Informationen zu ermöglichen; betont, dass ein wirksames Neuansiedlungsprogramm der EU den Mitgliedstaaten (denjenigen, die bereits an dem Programm teilnehmen, und denjenigen, die teilnehmen möchten) Zugang zu Humanressourcen, fachlicher Beratung und weitergegebenen Informationen, die möglicherweise in einer Phase der Neuansiedlungsinitiative nützlich sind, bieten muss; erkennt an, dass alle an der Neuansiedlung Beteiligten, insbesondere auch die neu angesiedelten Flüchtlinge selbst, eine wichtige Informationsquelle über Neuansiedlungsinitiativen darstellen;

15.

fordert die Prüfung und den Austausch der bewährten Praktiken, die die Effizienz fördern, zwischen den Mitgliedstaaten, was die Förderung gemeinsamer Programme, ihre Bewertung durch Peers, die Einrichtung gemeinsamer Missionen, die Nutzung gemeinsamer Infrastrukturen (wie etwa Transitzentren) und die Durchführung von Reisen in Mitgliedstaaten zur Bewertung der laufenden Neuansiedlung umfassen kann;

16.

fordert, dass die Bedeutung von Follow-up-Maßnahmen hinsichtlich der Qualität der Aufnahme und Integration in den Aufnahmemitgliedstaaten nicht vernachlässigt werden darf; ist der Auffassung, dass der Erfolg der Neuansiedlung nicht nur hinsichtlich der physischen Verbringung von Flüchtlingen von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat, sondern auch hinsichtlich der Durchführung von Maßnahmen gemessen werden muss, die die Integration von Flüchtlingen im Aufnahmeland ermöglichen;

17.

fordert, dass den Humanressourcen, die an einem derzeitigen oder künftigen Neuansiedlungsprogramm der EU beteiligt sind, besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, um ein Verfahren sicherzustellen, das bewährte Praktiken der Anpassung und Integration von Flüchtlingen in der Aufnahmegesellschaft ermöglicht, da die Erfahrung zeigt, dass Maßnahmen der Neuansiedlung unter der Aufsicht von geeigneten Stellen und Fachleuten durchgeführt werden müssen;

Ein ständiges Neuansiedlungsreferat als Eckpfeiler eines wirksamen gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU

18.

ist sich der Tatsache bewusst, dass es keine Struktur für die Koordinierung von Neuansiedlungsmaßnahmen auf EU-Ebene gibt, für die es einer beträchtlichen logistischen Vorbereitung bedarf; beispielsweise sind Auswahl- und Erkundungsbesuche, ärztliche Untersuchungen und Sicherheitsprüfungen vorzunehmen, müssen Reisevorkehrungen getroffen und Visa ausgestellt werden und sind Aufnahme- und Integrationsprogramme nötig, worauf in der Mitteilung KOM(2009)0447 hingewiesen wird;

19.

bekräftigt darüber hinaus die Ansicht, dass das Fehlen von Mechanismen der Zusammenarbeit und der Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten die Kosten der Projekte im Zusammenhang mit der Neuansiedlung ansteigen lässt, sie weniger attraktiv macht und ihre strategische Wirkung vermindert;

20.

empfiehlt deshalb die Schaffung eines eigenen Referats mit einem angemessenen Personalbestand, das die Aufgabe hat, für die notwendige Koordinierung aller laufenden Neuansiedlungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten zu sorgen;

21.

glaubt, dass der am besten geeignete institutionelle Rahmen für dieses Neuansiedlungsreferat im EASO wäre, wo es im Rahmen der EU-Politik im Bereich Asyl und Migration kooperieren könnte;

22.

ist der Auffassung, dass dieses Referat einen engen Kontakt zum UNHCR und zu örtlichen NGO aufbauen sollte, um wichtige Informationen zu erhalten, die es an die Mitgliedstaaten und die EU-Organe weiterleitet und die beispielsweise dringende Prioritäten, Integrationstechniken usw. betreffen;

23.

ist darüber hinaus fest davon überzeugt, dass das Neuansiedlungsreferat eine wichtige Rolle bei Follow-up und Bewertung der Wirksamkeit und der Qualität des Neuansiedlungsprogramms auf EU-Ebene spielen könnte, indem es Jahresberichte über alle diese Maßnahmen auf der Grundlage von Informationen herausgibt, die von den Institutionen/Behörden eingehen, die an den Neuansiedlungsinitiativen in den Mitgliedstaaten beteiligt sind;

24.

möchte betonen, dass das Neuansiedlungsreferat über NRO, gemeinnützige Einrichtungen und andere Einrichtungen, die in der Lage sind, mit öffentlichen Stellen im Prozess der Neuansiedlung von Flüchtlingen zusammenzuarbeiten, auf dem Laufenden bleiben sollte; stellt darüber hinaus fest, dass das vorstehend erwähnte Referat regelmäßig Dokumente herausgeben sollte, in denen die Standards und Kriterien angegeben werden, die diese Einrichtungen erfüllen müssen, um für die Teilnahme an Neuansiedlungsprogrammen der EU infrage zu kommen;

25.

betont, dass das EASO einen sehr nützlichen Beitrag zur Gewährleistung der Kohärenz und Zusätzlichkeit zwischen dem Neuansiedlungsprogramm der EU und den übrigen Maßnahmen der EU im Asylbereich leisten kann;

Flexible Prioritätensetzung

26.

erkennt die Tatsache an, dass ein angemessenes Neuansiedlungsprogramm eine regelmäßige Aktualisierung der Nationalitäten und Kategorien von Flüchtlingen erfordert, denen im Neuansiedlungsprozess Vorrang eingeräumt werden sollte, wobei vor allem auf geographische Krisenherde und besonders schutzwürdige Menschen, die am meisten Schutz benötigen, geachtet werden sollte;

27.

glaubt, dass die jährlichen Prioritäten von der Kommission festgelegt werden sollten, wie dies vorgeschlagen wurde, und dass der UNHCR und das Europäische Parlament in allen Phasen der Ermittlung und der Bewertung von Kandidaten für die Neuansiedlung eng und wirksam einbezogen werden sollten;

28.

schlägt vor, dass eine Delegation von Mitgliedern aus dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE), dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und dem Entwicklungsausschuss (DEVE) am jährlichen Treffen der Sachverständigengruppe „Neuansiedlung“ teilnimmt;

29.

ist der Auffassung, dass das Neuansiedlungsprogramm der EU spezifische Verfahren zur Einbeziehung des Europäischen Parlaments bei der Erarbeitung der jährlichen Prioritäten der EU umfassen sollte;

30.

legt dem EASO nahe, eine wichtige Rolle bei der Aufstellung der Programmplanung für die Neuansiedlung innerhalb der EU zu übernehmen;

31.

tritt für den Grundsatz ein, dass es – im Einklang mit dem Erfordernis der Möglichkeit der Anpassung bei den jährlichen Prioritäten der EU – Kategorien geben sollte, die in jedem Jahr unveränderlich sind, damit die Mitgliedstaaten eine Neuansiedlung von besonders schutzbedürftigen Personen das ganze Jahr über vornehmen können;

32.

schlägt vor, dass einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden könnte, Notfallverfahren für Fälle unvorhergesehener humanitärer Umstände vorzubereiten – beispielsweise, wenn Flüchtlinge bewaffneten Angriffen ausgesetzt sind oder wenn Naturereignisse oder -katastrophen Flüchtlingslager schwer beschädigen; ist der Auffassung, dass diese Verfahren die Neuansiedlung innerhalb einer kurzen Zeitspanne ermöglichen würden, wobei die administrativen Schritte entweder nach einem gestrafften Zeitplan oder – in bestimmten Fällen – nach der Verbringung der Flüchtlinge unternommen würden; empfiehlt, das diese Maßnahme bei den Zielen des Neuansiedlungsprogramms der EU in Betracht gezogen werden sollte;

Sicherstellung einer größeren Anzahl von Mitgliedstaaten, die sich an der Neuansiedlung beteiligen

33.

bedauert, dass nur 10 Mitgliedstaaten über laufende Neuansiedlungsprogramme verfügen, die ohne Koordinierung untereinander aufgestellt wurden;

34.

ist sich der Tatsache bewusst, dass die Beteiligung von Mitgliedstaaten weiterhin freiwillig ist, da die Aufnahmebedingungen, die Kooperationspartner und die rechtlichen Kriterien, die angelegt werden um zu entscheiden, wer neu angesiedelt wird, unterschiedlich sind;

35.

ist sich der Tatsache bewusst, dass einige Mitgliedstaaten, insbesondere im Süden Europas, wegen ihrer Lage an der Außengrenze der Union vor besonderen Herausforderungen stehen;

36.

fordert trotzdem größere Anreize, um mehr Mitgliedstaaten zu veranlassen, sich an dem Neuansiedlungsprogramm der EU zu beteiligen; gibt zu bedenken, dass mehr finanzielle Unterstützung zwar wichtig ist, dass man aber nicht den Beitrag unterschätzen sollte, den das EASO hinsichtlich dieses Aspekts leisten kann, indem es zur Angleichung der Lage durch Verbesserung der Qualität der Dienste, die den Flüchtlingen in den Mitgliedstaaten angeboten werden, beiträgt und Hilfestellung bei den effizientesten Praktiken der Unterbringung und der Integration bietet;

37.

schlägt eine bedeutendere finanzielle Unterstützung derjenigen Mitgliedstaaten vor, die beabsichtigen, mit der Beteiligung an dem Neuansiedlungsprogramm der EU zu beginnen, um ihnen bei der Entwicklung eines tragfähigen Neuansiedlungsprogramms zu helfen und die anfängliche Belastung der Einrichtung einer solchen Initiative zu verringern; schlägt zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung des Europäischen Flüchtlingsfonds vor, dass die Höhe der finanziellen Unterstützung nach den ersten Jahren der Programmteilnahme an die anderen Mitgliedstaaten angepasst werden sollte;

38.

glaubt, dass es nicht möglich sein wird, die Anzahl von in der EU neu angesiedelten Flüchtlingen ohne einen Rahmen für Verwaltung und Know-how zu erhöhen, der das Programm und die Schaffung von ständigen Strukturen zur Vorbereitung der Neuansiedlung und des Follow-up zum Integrationsprozess untermauert;

Follow-up-Maßnahmen

39.

ist der Auffassung, dass ein wirksames Neuansiedlungsprogramm der EU Bestimmungen für Follow-up-Maßnahmen enthalten muss, und besteht auf der Qualität der Neuansiedlung in jedem Mitgliedstaat sowie auf hohen Standards in allen Phasen, von der Anerkennung bis zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen;

40.

ruft die am Neuansiedlungsprogramm beteiligten Mitgliedstaaten auf, ihre Maßnahmen im Rahmen des Neuansiedlungsverfahrens zu bewerten, um die Integration von Flüchtlingen sicherzustellen und zu verbessern; die Mitgliedstaaten sollten außerdem regelmäßig den Stand der Integration der Flüchtlinge prüfen;

41.

ist der Meinung, dass Regierungsstellen eine weitest gehende Zusammenarbeit mit nicht staatlichen Einrichtungen (beispielsweise örtlichen NRO) fördern und von dem Know-how und der Nähe dieser Einrichtungen profitieren sollten, damit sie die besten und effizientesten Initiativen für die Neuansiedlung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen können; durch die Teilnahme der Bürgergesellschaft am Europäischen Programm zur Neuansiedlung wird die Unterstützung und Akzeptanz durch die Mitgliedstaaten und die lokalen Gemeinschaften gefördert;

42.

tritt für intensive Bemühungen seitens aller Einrichtungen ein, die daran beteiligt sind, dass Flüchtlingen – vor allem besonders schutzbedürftigen – Zugang zu angemessenem Wohnraum, zur medizinischen Versorgung, zu Bildung, zu Sprachkursen und zu psychologischer Unterstützung sowie zum Arbeitsmarkt gewährt wird, um eine erfolgreiche Integration sicherzustellen;

43.

fordert das EASO auf, insbesondere das vorgeschlagene Neuansiedlungsreferat damit zu befassen, in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR, mit NRO und lokalen Behörden eindeutige Kriterien für eine hochwertige Neuansiedlung aufzustellen und die Neuansiedlung von Flüchtlingen zu begleiten, um zur Bewertung und weiteren Verbesserung der Neuansiedlungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten beizutragen;

44.

betont erneut die Rolle des EASO als einer Einrichtung, die dafür sorgen könnte, dass bestimmte Schwachpunkte der Neuansiedlungsinitiativen bewusster wahrgenommen werden, die die Mitgliedstaaten bei der Suche nach konkreten Lösungen unterstützen könnte und die bessere Praktiken fördern könnte, wenn ihr ein ständiges Neuansiedlungsreferat zur Verfügung stehen würde;

45.

fordert die Durchführung einer gemeinsamen jährlichen Debatte seiner Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und für auswärtige Angelegenheiten, um einen Beitrag zur Entwicklung des Programms zu leisten;

*

* *

46.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2009)0090.

(2)  ABl. C 212 E vom 5.8.2010, S. 348.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/8


Dienstag, 18. Mai 2010
Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel: Umsetzung des Arbeitsprogramms 2010 im Bereich Bildung und Ausbildung

P7_TA(2010)0164

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu den Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel: Umsetzung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ (2010/2013(INI))

2011/C 161 E/02

Das Europäische Parlament

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. November 2009 mit dem Titel „Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel“, (KOM(2009)0640),

unter Hinweis auf die acht Schlüsselkompetenzen, die in der Empfehlung 2006/962/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 unter dem Titel „Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen – ein europäischer Referenzrahmen“ aufgeführt sind (1),

unter Hinweis auf das 10-Jahre-Arbeitsprogramm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ und die nachfolgenden gemeinsamen Zwischenberichte über die Fortschritte im Hinblick auf dessen Umsetzung,

unter Hinweis auf die Entschließung des Rates vom 15. November 2007 zu den neuen Kompetenzen für neue Beschäftigungen (2),

unter Hinweis auf den Bericht der Sachverständigengruppe zu neuen Kompetenzen für neue Beschäftigungen mit dem Titel „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen: Sofortige Maßnahmen“,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“) (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2008 zur Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2008 zu Wissen, Kreativität und Innovation durch lebenslanges Lernen – Umsetzung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ (5),

gestützt auf den im November 2009 angenommenen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit im Jugendbereich,

unter Hinweis auf den „Europäischen Konsens über die entwicklungspolitische Bildungspolitik“, einen im November 2007 von den EU-Organen, den Mitgliedstaaten, der Bürgergesellschaft und anderen Interessenvertretern erstellten strategischen Rahmen,

in Anbetracht der eingehenden Auswertung der nationalen Berichte und der im Hinblick auf die festgelegten Indikatoren und Benchmarks erzielten Leistungen (SEK(2009)1598 und SEK(2009)1616),

unter Hinweis auf die Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A7-0141/2010),

A.

in der Erwägung, dass eine hochwertige allgemeine und berufliche Bildung für die individuelle Entfaltung der Persönlichkeit, für die Gleichheit und den Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Armut sowie für die aktive Bürgerschaft und den sozialen Zusammenhalt ein unbedingtes Erfordernis ist,

B.

in der Erwägung, dass es vorrangig darum geht, die Unterrichts- und Ausbildungsqualität für alle Schüler/Studenten zu verbessern, um vor allem mittels neuer und wirksamerer Maßnahmen zur Erweiterung des Bildungsangebots bessere Ergebnisse und höhere Qualifikationen zu erzielen,

C.

in der Erwägung, dass trotz einer gewissen Verbesserung der Leistungen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung in der Europäischen Union die Mehrzahl der für 2010 festgelegten Benchmarks nicht erreicht werden wird, dass insbesondere das Kompetenzniveau weiterhin nicht angemessen ist und dass ein Drittel der europäischen Bevölkerung sehr niedrige Bildungsabschlüsse besitzt,

D.

in der Erwägung, dass zehn Jahre nach der Bologna-Erklärung das Ziel der Vereinheitlichung des Hochschulwesens der Mitgliedstaaten nicht erreicht wurde,

E.

in der Erwägung, dass die Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung alle Bürger unabhängig von Alter, Geschlecht, gesundheitlichem, körperlichem, geistigem und psychischem Zustand sowie sprachlichem, ethnischem, nationalem, religiösem und sozioökonomischem Hintergrund in die Lage versetzen sollten, Fähigkeiten und Kompetenzen zu erwerben, auf den neuesten Stand zu bringen und weiterzuentwickeln,

F.

in der Erwägung, dass die allgemeine und berufliche Bildung die Schlüsselelemente für eine erfolgreiche Durchführung der erneuerten Sozialagenda in Bezug auf Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität darstellen; in der Erwägung, dass ihre Umsetzung zur Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen beiträgt und mehr EU-Bürger die Möglichkeit zur Verwirklichung ihres Potenzials erhalten,

G.

in der Erwägung, dass kontinuierliche Anstrengungen erforderlich sind, um sicherzustellen, dass Frauen auf allen Ebenen den gleichen Zugang zu Bildung haben und Bildungsangebote nicht durch Geschlechterklischees vorgeprägt sind,

H.

in der Erwägung, dass die vollständige Umsetzung von Schlüsselkompetenzen weitere politische Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf einzelstaatlicher Ebene erfordert,

I.

in der Erwägung, dass die zentrale Herausforderung bei der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa darin besteht, das Bildungswesen zu einem lernorientierten ganzheitlichen Bildungssystem zu reformieren, das junge Menschen als glückliche, aktive Weltbürger auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt vorbereitet,

J.

in der Erwägung, dass die Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategien für lebensbegleitendes Lernen nach wie vor eine erhebliche Herausforderung für viele Mitgliedstaaten ist; in der Erwägung, dass der Schwerpunkt stärker auf den gesamten Lebenszyklus als auf bestimmte Bereiche oder Gruppen gelegt werden sollte,

K.

in der Erwägung, dass die Nutzeffekte von Investitionen in Bildung erst langfristig zutage treten, und es wichtig ist, dass diese Investitionen auf der politischen Tagesordnung nicht zurückgestellt werden; in der Erwägung, dass EU-Leitlinien zur Qualität der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung erforderlich sind und eine Sparpolitik auf diesem Gebiet nicht angeraten ist oder zumindest die entsprechenden Mittel nicht gekürzt, sondern aufgestockt werden sollten; in der Erwägung, dass die EU deshalb in Bezug auf die allgemeine und berufliche Bildung Haushaltsinstrumente einführen muss, die nicht an die jährliche Programmplanung gekoppelt sind,

L.

in der Erwägung, dass Investitionen in Bildung und Weiterbildung sowie die Verbesserung und Anpassung der Kenntnisse und Qualifikationen aller Bürger von entscheidender Bedeutung für die Beendigung der Krise und die Bewältigung der langfristigen Herausforderungen der globalen wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, für Beschäftigung, Mobilisierung der Bürger und gesellschaftliche Integration sind,

M.

in der Erwägung, dass mehr als 80 % der Grundschullehrer und 97 % der Vorschullehrer in der Union Frauen sind, während die entsprechende Zahl in der Sekundarstufe lediglich 60 % sowie im Hochschulbereich und im Bereich Forschung unter 40 % beträgt,

N.

in der Erwägung, dass sich die Lehrerschaft aufgrund eines durch die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), finanzielle Einschränkungen infolge der Wirtschaftskrise, sich verändernde soziale und Familienstrukturen und das Entstehen multikultureller Gesellschaften immer komplexer und heterogener werdenden Bildungsumfelds immer größeren Herausforderungen stellen muss,

O.

in der Erwägung, dass die Umsetzung des Strategischen Rahmens für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“) von Bedeutung ist, damit diese entscheidenden Herausforderungen bewältigt werden können,

P.

in der Erwägung, dass IKT-Kompetenzen in der sich entwickelnden wissensbasierten Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt der EU weiter an Bedeutung gewinnen; in der Erwägung, dass diese Kompetenzen Chancen bieten für die Erholung der Wirtschaft, die Förderung des Unternehmertums und den verstärkten Zugang zu Beschäftigung,

Q.

in der Erwägung, dass die sportliche Betätigung eines der wirksamsten Mittel gegen schädliche Gewohnheiten wie Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum ist, da die Schüler und Studenten in der Hochschulausbildung in dieser Hinsicht eine der am stärksten gefährdeten gesellschaftlichen Gruppen sind; in der Erwägung, dass das Vorhandensein einer angemessenen Infrastruktur die Grundvoraussetzung für die sportliche Betätigung der Schüler und Studenten ist,

1.

begrüßt die oben genannte Mitteilung der Kommission „Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel“;

2.

nimmt zur Kenntnis, dass viele Bürger Europas trotz Fortschritten in den vergangenen Jahren noch immer ungenügend qualifiziert sind; weist darauf hin, dass jeder siebte Jugendliche (18-24) die Schule vorzeitig verlässt (6 Millionen Schulabbrecher in der EU-27), jeder vierte 15-Jährige über nur schwache Lesefähigkeiten verfügt, dass etwa 77 Millionen Menschen (nahezu ein Drittel der europäischen Bevölkerung in der Altersgruppe 25-64 Jahre) keine bzw. nur niedrige formale Abschlüsse vorweisen können, während lediglich ein Viertel höher qualifiziert ist, und dass es vielen europäischen Bürgern an IKT-Fähigkeiten mangelt; betont, dass das Kompetenzniveau EU-weit nach wie vor sehr niedrig ist, und sieht mit Sorge die wachsende Anzahl von Jugendlichen, die im Alter von 15 Jahren nicht richtig lesen können (21,3 % im Jahr 2000 und 24,1 % im Jahr 2006);

3.

fordert die Kommission auf, die Debatte über „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ fortzuführen; weist darauf hin, dass bis zum Jahr 2020 für zusätzliche 16 Millionen Arbeitsplätze hohe Qualifikationen und für weitere vier Millionen Arbeitsplätze mittlere Abschlüsse erforderlich sein werden, während es 12 Millionen weniger Arbeitsplätze geben wird, für die eine niedrige Qualifikation ausreicht; weist darauf hin, dass bis 2015 für eine große Mehrheit von Arbeitsplätzen in allen Branchen IKT-Fähigkeiten erforderlich sind; ruft dazu auf, in diese Debatte alle betroffenen Gruppen einzubeziehen: Lehrer, Studierende, einschlägige Berufsorganisationen, NRO und Gewerkschaften, Akteure der Bürgergesellschaft und insbesondere die Eltern- und Studentenvertretungen sowie Vertreter der Wirtschaft;

4.

hält es für sehr wichtig, Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichts- und Ausbildungsqualität für alle Schüler/Studenten umzusetzen; betont, dass die verfügbaren Bildungsangebote erweitert werden müssen, so dass sie umfassender und weitreichender sind als die unmittelbaren beruflichen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt, damit die Bildungssysteme in Europa den Herausforderungen der globalen Wettbewerbsfähigkeit gewachsen sind;

5.

hält das Erlernen von Sprachen für wichtig, um jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern und ihre Mobilität und die Chancengleichheit zu fördern;

6.

fordert die Mitgliedstaaten auf, weiter an der Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens zu arbeiten;

7.

fordert nachdrücklich, die Aufmerksamkeit nicht nur auf die neuen, so genannten „grünen Arbeitsplätze“, sondern auch auf die „weißen Tätigkeiten“ zu richten; stellt fest, dass sich bis zum Jahr 2030 der Anteil der über 65-Jährigen gegenüber der Altersgruppe 15-64 Jahre von 26 % (2008) auf 38 % (2030) erhöht haben wird; stellt fest, dass deshalb zunehmend gemeinsame Strategien für ein aktives Altern, insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Lese-/Schreibkenntnisse und zur Erhaltung und Aktualisierung der IKT-Kenntnisse, erforderlich sind, um der digitalen Kluft, die immer mehr zur sozialen Ausgrenzung älterer Menschen führt, entgegenzutreten;

8.

nimmt zur Kenntnis, dass laut Mitteilung der Kommission „EU 2020“ die Beschäftigungsquote von Frauen „besonders niedrig“ ist (nur 63 % der Frauen sind erwerbstätig, verglichen mit 76 % der Männer) und zwecks Anhebung der Erwerbsquote eine „Politik zur Förderung der Gleichheit zwischen den Geschlechtern“ benötigt wird; stellt fest, dass daher die allgemeine und berufliche Bildung so ausgerichtet werden muss, dass dieses geschlechterspezifische Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt beseitigt wird, um gleichzeitig einen Beitrag zur Erzielung von nachhaltigem Wachstum und sozialem Zusammenhalt zu leisten; betont die Wichtigkeit einer geschlechterunabhängigen Bildung schon im jüngsten Alter;

9.

ruft dazu auf, besondere Aufmerksamkeit dem Erfordernis zu widmen, Menschen mit Behinderungen unabhängig vom Alter die Einbeziehung in die allgemeine und berufliche Bildung zu erleichtern und dabei das Hauptaugenmerk auf die wirkliche Integration von Kindern mit Behinderungen in die schulischen Einrichtungen zu richten, und zwar von den ersten Lebensjahren an; unterstreicht die Notwendigkeit angemessener Investitionen und einer langfristigen Strategie zur Beseitigung diesbezüglicher Barrieren;

10.

vertritt die Auffassung, dass jegliche Bildung den Erwerb demokratischer Kompetenzen fördern sollte, indem Studentenräte unterstützt und den Studierenden Möglichkeiten zur Übernahme von Mitverantwortung im Bildungsbereich eingeräumt werden, wie es in der Studentencharta vorgesehen ist; fordert in diesem Zusammenhang auch eine tiefgreifende Debatte in der europäischen Gesellschaft über die Funktion und Rolle von Bildung und sieht in der europäischen Bürger-Agora einen möglichen Ort für diese Debatte;

11.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Arbeitgeber auf, in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung die Qualifizierung von Angehörigen benachteiligter Gruppen zu fördern;

12.

anerkennt, dass die Globalisierung zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Änderungen in Europa geführt hat, und empfiehlt die Verankerung globaler und entwicklungspolitischer Bildungsarbeit in der gesamten Bildung, um die Menschen in die Lage zu versetzen, sich den Bedrohungen und Chancen einer sich wandelnden Welt zu stellen;

13.

erachtet es als wesentlich, auf allen Ebenen der allgemeinen und beruflichen Bildung Computer- und Medienkompetenz sowie Kompetenzen in neuen Technologien zu vermitteln und alle zu einer gleichermaßen virtuosen und selbstkritischen Nutzung moderner Kommunikationsformen und Medieninhalte anzuleiten; unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die IKT-Kompetenzen aller europäischen Bürger zu verbessern; weist darauf hin, dass die allgemeine und berufliche Bildung im Bereich der IKT auf nationaler wie auf EU-Ebene unerlässlich ist, da die IKT-Kompetenzen im sich entwickelnden Arbeitsmarkt weiter an Bedeutung gewinnen;

14.

unterstreicht die Bedeutung einer ausreichenden und hochwertigen Unterstützung für die Kompetenzentwicklung der Lehrerschaft und für die Einführung neuer Formen der Lernorganisation in einem attraktiven schulischen Umfeld;

15.

betont die Bedeutung von Kunst und Sport in der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie die Notwendigkeit, diesen Bereichen nicht nur über die gesamte Vorschul-, Primar- und Sekundarbildung hinweg, sondern lebenslang besondere Aufmerksamkeit zu widmen; ist der Auffassung, dass neben der Entwicklung von beruflichen und technischen Fähigkeiten kulturelle Bildung und Sozialerziehung ein integraler Bestandteil der allgemeinen und beruflichen Bildungspolitik sind, da sie die außerschulischen Kompetenzen stärken, wodurch die persönliche Entfaltung und der Erwerb von Grundkenntnissen gefördert werden;

16.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichende Mittel für Investitionen der Bildungseinrichtungen in den Sport bereitzustellen und die Zusammenarbeit des öffentlichen und des privaten Sektors in diesem Bereich zu stärken;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichend in die Bildung zu investieren, um den Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Gruppen zu garantieren;

18.

betont, dass es wichtig ist, den Geschichts- und Sprachunterricht als Instrument zur Verwirklichung der europäischen sozialen und kulturellen Integration zu nutzen;

Vorschulbildung

19.

macht darauf aufmerksam, wie wichtig eine hochwertige Erziehung von frühester Kindheit an für den frühzeitigen Erwerb von Schlüsselkompetenzen, unter anderem in der eigenen Muttersprache als auch in der Sprache des Aufenthaltslandes sowie insbesondere für die Förderung von Kindern aus einem benachteiligten Umfeld und mit speziellen (Lern-)Bedürfnissen ist, damit die Kinder später nicht mit Armut und sozialer Ausgrenzung konfrontiert sind;

20.

unterstreicht die Bedeutung der Entwicklung einer Lesekultur sowie des Zugangs zu Lesestoffen bereits vom Vorschulalter an;

21.

macht darauf aufmerksam, wie wichtig eine Unterrichtung in der Muttersprache insbesondere im Falle traditioneller Minderheiten ist;

22.

unterstreicht die Bedeutung der Mehrsprachigkeit für die Mobilität; fordert die Mitgliedstaaten aus diesem Grund auf, bereits im frühen Kindesalter das Erlernen einer zweiten Sprache einzuführen;

23.

unterstreicht, wie wichtig es ist, pädagogische Unterstützungsmaßnahmen für Kinder aus Einwanderungsfamilien vorzusehen, um ihnen das Hineinwachsen in die Bildungs- und Soziallandschaft des Aufenthaltslandes zu erleichtern;

24.

betont die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Förderung der Kreativität von Kindern vom frühen Lebensalter an zu begünstigen und zu unterstützen, um auf diese Weise besser den Weg zu einer Kultur der Innovation in Europa zu ebnen;

25.

verweist darauf, dass die Barcelona-Ziele darauf ausgerichtet waren, bis zum Jahr 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem gesetzlichen Einschulungsalter sowie für mindestens 33 % aller Kinder unter drei Jahren Betreuungseinrichtungen zu schaffen und diese für einen größtmöglichen Bevölkerungskreis erschwinglich zu gestalten;

Primar- und Sekundarbildung

26.

betont das Erfordernis, in der Primar- und Sekundarschule den Spracherwerb weiterzuentwickeln und zu verfestigen, und die Notwendigkeit, traditionellen Minderheiten Unterricht in der Muttersprache zu erteilen;

27.

befürwortet eine Pädagogik, die eine regelmäßigere Anhörung und eine größere Beteiligung der Schüler an der Gestaltung des Bildungsprozesses, eine aktive Beteiligung der Schülereltern an der Bildungsgemeinschaft und die Entwicklung von Vertrauensbeziehungen zwischen Schüler- und Lehrerschaft gestattet und so den Initiativgeist und den Erwerb von Sozial- und Bürgerkompetenzen im Sinne einer aktiven Bürgerschaft fördert;

28.

betont die Bedeutung der Integration der neuen Technologien in die Lehrprogramme als wichtige Unterrichtsmittel in einem modernen Bildungssystem; unterstützt das Konzept, Kindern bereits in einem frühen Alter unter fachkundiger Anleitung Fähigkeiten für einen verantwortungsbewussten und selbstkritischen Umgang mit Medieninhalten und insbesondere mit dem Internet zu vermitteln, und erachtet es für wesentlich, die Kinder für Fragen der Wahrung der Privatsphäre, des Schutzes personenbezogener Daten und der Beachtung des Urheberrechts zu sensibilisieren;

29.

sieht die bei der Anpassung der Schulcurricula an die Schlüsselkompetenzen erreichten Fortschritte als positiv an, wobei es jedoch entscheidend darauf ankommt, auch mittels Anerkennung und Zertifizierung von im Rahmen des nichtformalen und informellen Lernens erworbenen Kenntnissen weitere Anstrengungen zur Förderung des Erwerbs von Schlüsselkompetenzen für all diejenigen zu unternehmen, bei denen die Gefahr schwacher Lernleistungen und sozialer Ausgrenzung besteht;

30.

fordert, körperliche und sportliche Aktivitäten an den Schulen sowie die Veranstaltung von und die Teilnahme an Schulmeisterschaften zu fördern, um so die Gesundheit zu verbessern, Integration zu fördern und die Entwicklung von Werten zu unterstützen, die zu vorbildlichen Verhaltensweisen beitragen;

31.

unterstützt die Bildung und Weiterbildung von Kindern aus Einwandererfamilien und unterstreicht die Bedeutung der Bildung für eine erfolgreiche Integration von Einwanderern in die europäischen Gesellschaften;

32.

fordert dazu auf, eine umfassende Strategie zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen zu entwickeln, die von der Anpassung der Schulcurricula bis zur Förderung der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung der Lehrer reicht, um so eine gut ausgebildete Bildungsgemeinschaft zu schaffen; fordert, Anreize für Lehrer zu schaffen, damit sie ihre Lehrtätigkeit verbessern und sich um ihre berufliche Entwicklung kümmern können;

33.

fordert die Mitgliedsstaaten auf, neue Wege und Materialien für junge Menschen mit einer der häufigsten Lernstörungen - der Legasthenie - in die allgemeinbildenden Schulen einzuführen, um damit diesen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, trotz ihrer Lernschwäche einen erfolgreichen Abschluss zu erreichen;

34.

betont, wie wichtig integrative Bildung ist, um soziale Benachteiligungen und Diskriminierungen zu vermeiden und damit zur europäischen sozialen Solidarität beizutragen;

Hochschulbildung

35.

fordert zu stärkerer Mobilität zwischen Hochschulen, Wirtschaft und beruflicher Aus- und Weiterbildung (d. h. von Studenten, Lehrern, Beschäftigten, Ausbildern) auf, um studentenorientiertes Lernen und den Erwerb von Kompetenzen wie unternehmerisches Denken, interkulturelle Verständigung, kritisches Denken und Kreativität, die auf dem Arbeitsmarkt immer stärker gefragt sind, zu unterstützen; stellt fest, dass in der EU bestehende Hindernisse auf diesem Weg unverzüglich ausgeräumt werden sollten, wobei ein Hauptaugenmerk auf den Hemmnissen im Bereich der Finanzen und der Anerkennung liegen sollte, damit die Qualität der Mobilitätserfahrungen für alle Studenten verbessert wird; unterstützt die Qualitätssicherung an Hochschuleinrichtungen als ein Mittel zur Verbesserung der Mobilität für akademische und Forschungszwecke sowie als Voraussetzung für berufliche Chancengleichheit der EU-Bürger;

36.

unterstreicht, wie wichtig es ist, die jungen Menschen mit einer soliden Basis grundlegender Kompetenzen auszustatten, um ihre lebenslange Mobilität zu fördern und sie in die Lage zu versetzen, sich den Entwicklungen des Arbeitsmarktes und neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen zu stellen;

37.

fordert die Förderung von Forschungsprogrammen, um das „Wissensdreieck“ zu stärken, das einen wesentlichen Faktor für Wachstum und Beschäftigung in der Europäischen Union darstellt;

38.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Agenda der Hochschulbildung zu modernisieren und insbesondere die Studienpläne an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen;

39.

fordert die Hochschuleinrichtungen zur Modernisierung der Studienprogramme und ganz allgemein zu einer Beschleunigung des Bologna-Prozesses auf;

40.

ist der Ansicht, dass Einrichtungen der Hochschulbildung sich allen Lernenden, insbesondere denen, die nicht den klassischen Gruppen zuzurechnen sind, die besondere Bedürfnisse haben und benachteiligten Gruppen angehören, stärker öffnen und sich besser auf diese einstellen sollten, wozu sich insbesondere gut ausgestattete Stipendiensysteme eignen, durch die junge Menschen aus sozial schwachen Familien ermutigt werden können, ein Studium aufzunehmen; ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen ergreifen sollten, um das Grundrecht auf Bildung für alle, auch der jungen Menschen mit geringeren finanziellen Möglichkeiten zu gewährleisten, und die Einführung eines komplexen Richtwerts für Parität in der Hochschulbildung als Teil des strategischen Rahmens für die allgemeine und berufliche Bildung sondiert werden sollte;

41.

erinnert in diesem Kontext an die Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2007 (6) zu den Indikatoren, die für die Folgemaßnahmen zur Pekinger Aktionsplattform auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung von Frauen insbesondere im Bereich Hochschule und Forschung entwickelt wurden; bedauert jedoch, dass diese Indikatoren bei der Beobachtung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ nicht vollständig berücksichtigt wurden; ermutigt diesbezüglich zur Nutzung dieser Indikatoren als ein Instrument für die Überwachung des Fortschritts auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter in der allgemeinen und beruflichen Bildung;

42.

weist darauf hin, dass zwar hinsichtlich des Zugangs der Frauen zur Hochschulbildung Fortschritte erzielt wurden, Frauen jedoch in den Fächern Mathematik, Wissenschaft und Technik nach wie vor unterrepräsentiert sind (nur 32 % der Absolventen sind Frauen, 68 % Männer); weist darauf hin, dass der Abbau des geschlechterspezifischen Ungleichgewichts in diesen Bereichen dazu beitragen könnte, den in der EU bestehenden Fachkräftemangel in diesen Sektoren abzubauen;

43.

betrachtet die informelle Bildung als ergänzenden Bildungsbereich zur formalen Bildung und empfiehlt, sie im bildungspolitischen Entscheidungsrahmen „ET 2020“ auch entsprechend zu behandeln;

44.

fordert zu stärkeren, effektiveren und vielfältigeren Anstrengungen im Hochschulbereich auf;

45.

ruft die Mitgliedstaaten auf, Hochschuleinrichtungen, Universitäten, Forschungszentren und Wirtschaft zu ermutigen, Partnerschaften (auf internationaler, einzelstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene) einzugehen, und die Wirtschaft zu Investitionen in die Hochschulbildung zu ermutigen;

46.

ruft die Mitgliedstaaten auf, als wichtiges Instrument für die wirtschaftliche und soziale Erholung nach dem jüngsten Abschwung die notwendigen Mittel für den Hochschulsektor bereitzustellen, um diesen für die globalen Herausforderungen zu rüsten;

47.

ruft die Mitgliedstaaten auf, die Unterrichtung von Minderheiten in deren Muttersprache mit legislativen, administrativen und finanziellen Mitteln zu unterstützen;

Berufliche Aus- und Weiterbildung

48.

stellt nachdrücklich fest, dass eine hohe Qualität der beruflichen Aus- und Weiterbildung von grundlegender Bedeutung für die Versorgung des Arbeitsmarkts mit neuen Fachkräften und wesentliches Element der Aktion „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ ist, wobei die Aufmerksamkeit insbesondere darauf liegt, berufsbezogene Lernmöglichkeiten – auch für Hochschulabsolventen auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen Universitäten und Unternehmen – und die Lehrlingsausbildung weiter auszubauen; hält es außerdem für wichtig, nach Art des im Hochschulbereich bestehenden Erasmus-Programms auch im Bereich der beruflichen Bildung Auslandsaufenthalte und -praktika in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu fördern; fordert, der Unterstützung und dem Ansehen der beruflichen Bildung mehr Bedeutung beizumessen;

49.

betont die Notwendigkeit, die Berufsbildungsprogramme unter Berücksichtigung der Schlüsselkompetenzen weiter zu modernisieren, um einerseits ihre Qualität zu verbessern und sie für junge Menschen attraktiver zu machen und sie andererseits den sich entwickelnden Erfordernissen des Arbeitsmarktes anzupassen; ist der Ansicht, dass im Rahmen der Programme zur beruflichen Bildung die bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen entwickeln werden sollten;

50.

betont die Notwendigkeit, ausgehend von den bestehenden bewährten Verfahren ein Modell zur Anerkennung von Leistungspunkten für bürgerschaftsbezogene Kompetenzen von Jugendlichen anzunehmen, die an freiwilligen und gemeinnützigen Maßnahmen teilnehmen, die von nicht gewinnorientierten Organisationen oder im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gefördert werden;

51.

fordert dazu auf, den Übergang von der mittleren Berufsaus- und -weiterbildung zur Hochschulbildung, die zu einer höheren Qualifikation führt, in breiterem Umfang zu ermöglichen;

52.

betont die Komponente „lebenslanges Lernen“ der Empfehlungen zu den Schlüsselkompetenzen und verweist mit Nachdruck darauf, dass zu deren voller Umsetzung weitere Fortschritte auf den Gebieten der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der Erwachsenenbildung vonnöten sind, auch mittels der gesetzlichen Anerkennung des Rechts für alle auf lebenslanges Lernen;

53.

unterstreicht die Bedeutung des Austauschs von Informationen sowie bewährten und erfolgreichen Methoden zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung;

Lebensbegleitendes Lernen

54.

fordert rasches Handeln, um der zunehmenden Zahl von Menschen mit Leseschwäche zu begegnen, und in diesem Zusammenhang insbesondere die Unterstützung lokaler Behörden, da diese über den besten Zugang zu den Bürgern verfügen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, ihr Augenmerk auf die noch immer zu hohe Zahl von Analphabeten zu richten und dieses Problem – auch bei Erwachsenen – entschlossen zu bekämpfen;

55.

ist äußerst besorgt angesichts der steigenden Zahl arbeitsloser junger Menschen, insbesondere in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die Arbeitsmärkte möglichst flexibel sind, damit junge Menschen leicht Arbeit finden und ihren Arbeitsplatz wechseln können;

56.

betont die Notwendigkeit, die Akteure im Bildungsbereich stärker in die Entwicklung übergreifender nationaler Qualifikationsrahmen einzubeziehen und die Vorbildung, einschließlich jener, die im Rahmen des nicht formalen oder informellen Lernens erworben wurde, stärker anzuerkennen;

57.

stellt fest, dass die Ziele in Bezug auf vier der im Jahre 2003 angenommenen fünf Benchmarks nicht erreicht werden; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die regionalen und kommunalen Behörden und sonstigen Akteure auf, die Ursachen für diese Situation zu ergründen und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen;

58.

betont, wie wichtig ein fortlaufender strukturierter Dialog und Konsultationen zwischen den kurz vor dem Abschluss stehenden Abgängern der allgemeinen und beruflichen Bildungseinrichtungen, Hochschuleinrichtungen und Wirtschaft sind;

59.

unterstützt die Zielsetzung, die Einbeziehung Erwachsener in das lebenslange Lernen bis zum Jahr 2020 von 12,5 % auf 15 % zu erhöhen, und ruft dazu auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen; fordert die Universitäten in diesem Zusammenhang auf, einen breiteren Zugang zum Studium zu ermöglichen, den Kreis der Studenten zu diversifizieren und zu erweitern und die Studienprogramme so umzugestalten, dass sie für Erwachsene, die erneut ein Studium aufnehmen wollen, attraktiv sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, noch effektivere Initiativen zur Förderung und Verbreitung des lebenslangen Lernens wie der „Schule der zweiten Chance“ und der „Schule für Eltern“ zu ergreifen; ruft dazu auf, bei der Umsetzung der Strategien für lebenslanges Lernen die Geschlechterperspektive zu berücksichtigen und zu fördern; weist auf die große Bedeutung der Universitäten des Dritten Lebensalters im Prozess des lebenslangen Lernens hin;

60.

stellt fest, dass zu den Haupthindernissen für Erwachsene, die an der allgemeinen und beruflichen Bildung teilhaben möchten, der Mangel an Unterstützungseinrichtungen für deren Familien zählt; fordert die Mitgliedstaaten deshalb dazu auf, unterstützende Maßnahmen ins Leben zu rufen, damit sämtliche Studenten und Arbeitnehmer mit familiären Verpflichtungen (z. B. Betreuung von Kindern und sonstigen pflegebedürftigen Personen) Gelegenheit erhalten, ihre Fertigkeiten und Kompetenzen auf der Grundlage bewährter Verfahren, die diesbezüglich bei der Programmplanung des Europäischen Sozialfonds mit den Dienstleistungsgutscheinen und hinsichtlich der Vereinbarkeit erprobt wurden, zu aktualisieren bzw. weiterzuentwickeln; vertritt die Auffassung, dass insbesondere die Möglichkeiten des E-Learnings erschlossen werden sollten, da diese eine größere Flexibilität bei der Kombinierung von Bildung, Arbeit und Betreuung gestatten;

61.

ermutigt das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen, Schritte zu unternehmen, um die Sammlung und Analyse vergleichbarer Daten über die Gleichstellung im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zu verbessern, und sicherzustellen, dass Statistiken über die entsprechenden Indikatoren der Pekinger Aktionsplattform leicht zugänglich gemacht und regelmäßig aktualisiert werden;

62.

empfiehlt den Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung, besser über ihre Programme der Erwachsenenbildung zu informieren und die Verwaltungsabläufe für den Zugang zu diesen Programmen zu vereinfachen;

63.

fordert die Kommission auf, die interessierten Kreise mit ihrem erheblichen Sachverstand einzubinden und deren aktive Rolle bei der Umsetzung des Strategierahmens „ET 2020“ anzuerkennen;

64.

fordert die Kommission auf, informelle Bildung, berufliche Aus- und Weiterbildung und Schüler in die künftige Mobilitäts-Benchmark für ET2020 mit aufzunehmen und die Benchmark für die Mobilität von Studenten aus dem Bologna-Prozess zu übernehmen;

*

* *

65.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 394 vom 30.12.2006, S. 10.

(2)  ABl. C 290 vom 4.12.2007, S. 1.

(3)  ABl. C 119 vom 28.5.2009, S. 2.

(4)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 46.

(5)  ABl. C 45 E vom 23.2.2010, S. 33.

(6)  Ratsdokument 9152/2007.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/16


Dienstag, 18. Mai 2010
Ethische Fragen im Zusammenhang mit der Führung von Unternehmen

P7_TA(2010)0165

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu berufsethischen Fragen in der Unternehmensführung (2009/2177(INI))

2011/C 161 E/03

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Empfehlung der Kommission vom 30. April 2009 zur Ergänzung der Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG zur Regelung der Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften (1),

in Kenntnis der Empfehlung der Kommission vom 30. April 2009 zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor (2),

unter Hinweis auf die Begleitmitteilung der Kommission zu den beiden genannten Empfehlungen, die ebenfalls am 30. April 2009 veröffentlicht wurde (KOM(2009)0211),

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (KOM(2009)0362),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (3),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (4),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0135/2010),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Union und der Rest der Welt die schwerste Wirtschaftskrise seit 60 Jahren durchlaufen, dass die reale Wirtschaft die schwerste Rezession dieser Zeit durchläuft und dass man trotz einer relativen Wirtschaftserholung mit einer Verschlimmerung der Bedingungen für die Beschäftigung rechnet,

B.

in der Erwägung, dass ungeachtet der Art des Unternehmens oder des Wirtschaftszweigs, in dem es tätig ist, eine Reihe von Fragen zur Unternehmensführung im generellen Kontext der berufsethischen Fragen des unternehmerischen Handelns eine große Rolle spielen wie Sorgfaltspflicht, Transparenz, soziale Verantwortung des Unternehmens, Risikomanagement, wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Entscheidung über finanzielle Investitionen, Führungspraxis des Vorstands und des Aufsichtsrates oder Ausübung der Aktionärsrechte; in der Erwägung, dass die jüngste Finanzkrise gezeigt hat, dass diese Fragen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der finanziellen Stabilität erörtert und kontinuierlich untersucht werden müssen, um Lösungen zu finden, die es Unternehmen ermöglichen, sich den gegenwärtigen Herausforderungen zu stellen, und um zur Förderung des Wirtschaftswachstum und zur Verbesserung der Beschäftigungslage innerhalb der Europäischen Union beizutragen,

C.

in der Erwägung, dass die Krise außerdem einen engen Zusammenhang zwischen Risikomanagement und Vergütungspolitik sowie die Bedeutung Letzterer in den Mechanismen aufgezeigt hat, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Unternehmen bestimmen; deshalb sollte dem Risikomanagement bei der Gestaltung der Vergütungspolitik angemessen Rechnung getragen werden, sodass gewährleistet ist, dass im Rahmen einer umfassenderen und ausgewogeneren Unternehmensführung wirksame Risikomanagementsysteme geschaffen werden, und dass ferner sichergestellt ist, dass, wenn Systeme zur Vermittlung von Anreizen eingeführt werden, dafür Sorge getragen wird, dass als Gegengewicht gewährleistet wird, dass geeignete Risikomanagementsysteme bereitgestellt werden;

D.

in der Erwägung, dass Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen eine Reihe von Risikokategorien teilen, obwohl einige Risikoarten branchenspezifisch sind (wie Risiken, mit denen Unternehmen, die im Finanzsektor tätig sind, konfrontiert sind); in der Erwägung, dass das Versagen eines wirksamen Risikomanagements aufgrund mangelnder Kontrolle der Aufsichtsregeln und falsch gesetzte Anreize in der Vergütungspolitik in der jüngsten Finanzkrise eine entscheidende Rolle gespielt haben,

E.

in der Erwägung, dass Risikomanagement für das gesamte Unternehmen und nicht auf der Ebene der einzelnen Betriebsteile ausgelegt und angewandt werden sollte; in der Erwägung, dass es außerdem offengelegt werden, transparent sein und der Informationspflicht unterliegen sollte,

F.

in der Erwägung, dass jede Lösung gewährleisten sollte, dass das Risiko, wenn es eingegangen wird, dem Geschäftsziel und der Unternehmensstrategie entspricht und das wirksame Risikomanagement nicht außer Acht gelassen werden darf; in der Erwägung, dass ein wirksames Risikomanagement als der wichtigste Aspekt einer verantwortungsvollen Unternehmensführung in allen Unternehmen angesehen werden sollte,

G.

in der Erwägung, dass es bei einer der ersten Maßnahmen der Kommission nach der Krise um die Frage der Vergütungspolitik ging, als sie die Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG ergänzte, die darauf abzielten, für eine angemessene Vergütungspolitik Sorge zu tragen, indem sie beispielhafte Methoden für ihre Gestaltung durch eine neue Empfehlung zur Regelung der Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften vorstellte und eine Empfehlung für die Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor veröffentlichte,

H.

in der Erwägung, dass sich der Grad der Empfehlung je nach Art des Unternehmens ändert, wobei die Größe, die interne Organisation und die Komplexität seiner Tätigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind; in der Erwägung, dass solche Differenzierungen zwischen Unternehmen, die im Finanzsektor angesiedelt sind (börsennotiert oder nicht) und börsennotierten, jedoch nicht im Finanzsektor angesiedelten Unternehmen gemacht werden können, und zwischen unterschiedlichen Bereichen der Finanzindustrie, wie zum Beispiel Banken, Versicherungen und Fondsmanagement,

I.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Vergütung verschiedene Aspekte in Betracht zu ziehen sind wie zum Beispiel (i) Vergütungsregelungen einschließlich ihrer Struktur, Transparenz und Symmetrie sowie die Verbindung zwischen Vergütung und Anreiz, (ii) das Verfahren zur Festlegung der Vergütungsregelungen einschließlich der Definition der Akteure, ihrer Rolle und Verantwortung, (iii) Kontrolle der Vergütungsregelungen wobei den Aktionären besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, und (iv) die Gesamtvergütung einschließlich der Gehälter und Pensionen,

J.

in der Erwägung, dass einige Aspekte der in den Empfehlungen enthaltenen Grundsätze von überragender Bedeutung unklar sind und eine angemessene praktische Umsetzung erfordern, wie das Konzept der Erfolgskriterien, das dazu beitragen sollte, eine Verbindung zwischen Vergütung und Erfolg herzustellen, der Begriff „unzulängliche Leistung“ im Falle von Zahlungen bei Beendigung des Vertrags, die Abfindungszahlung und variable Vergütungskomponenten im Finanzdienstleistungssektor,

K.

in der Erwägung, dass bei wiederkehrenden Schwierigkeiten, die Verbindung zwischen Vergütung und Erfolg zu definieren, der Schwerpunkt auf der Wirksamkeit des Verfahrens, durch das die Vergütungspolitik festgelegt wird, sowie auf Transparenz liegen sollte, die beide auf einer gesunden Unternehmensführung – definiert und bewertet im Hinblick auf einen angemessenen im wesentlichen mittel- und langfristigen Zeitraum zur Vermeidung gefährlicher und nicht nachhaltiger kurzfristig (und äußerst kurzfristig) angelegter Maßnahmen des Risikomanagements – mit klar festgelegten, getrennten Rollen und den Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure basieren sollten,

L.

in der Erwägung, dass keine angenommene Lösung nach einer einheitlichen Vorgehensweise getroffen werden sollte und die Unternehmen bei der Angleichung der Systeme an ihre eigenen Bedürfnisse flexibel bleiben sollten,

M.

in der Erwägung, dass eine nachträgliche Beurteilung der Leistung und der Vergütungspolitik erforderlich ist,

N.

in der Erwägung, dass sich Transparenz als wichtiges Element einer verantwortungsvollen Unternehmensführung erwiesen hat; in der Erwägung, dass diese nicht auf eine bloße Information reduziert werden sollte, sondern bedeuten muss, dass Unternehmen die Entscheidung für eine bestimmte Vergütungspolitik erklären können,

O.

in der Erwägung, dass die Darlegung der Politik für die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung, wenn sie klar und verständlich erfolgt, im Prinzip der Entscheidungsfindung zur Vergütungspolitik nützen dürfte, vor allem seitens der Aktionäre; in der Erwägung, dass eine solche Darlegung eine ausführliche Offenlegung in den Jahresabschlüssen oder im Bericht über die Gesamtvergütungen oder andere Leistungen für einzelne Mitglieder der Unternehmensleitung beinhalten könnte,

P.

in der Erwägung, dass das Ziel des Unternehmens in einer konstruktiven Mitwirkung der Aktionäre und seiner Mitarbeiter bestehen sollte; in der Erwägung, dass dies die Erforschung anderer Maßnahmen für die wirksame Einbeziehung der Aktionäre in die Gestaltung der Unternehmenspolitik in Sachen Vergütung erfordert (wie die in Deutschland eingeführte Möglichkeit, die Zustimmung der Aktionäre zu einer Politik der abgestuften Vergütung durch einen nicht verbindlichen Beschluss der Hauptversammlung zu erlangen), vor allem da Aktionäre nicht immer willens oder bereit sind, eine aktivere Rolle zu spielen; in der Erwägung, dass dies auch bedeuten könnte, nach Wegen zu suchen, dass Aktionäre Eigeninitiative gegenüber den Vorständen an den Tag legen und nicht nur reagieren,

Q.

in der Erwägung, dass insbesondere in den börsennotierten Unternehmen viele Aktionäre nicht an den Generalversammlungen teilnehmen und die elektronische Abstimmung daher in den Versammlungen der Aktionäre gefördert werden sollte,

R.

in der Erwägung, dass die bestehenden Rechtsvorschriften über die Information und Konsultation von Arbeitnehmern bei der Führung ihres Unternehmens ordnungsgemäß umgesetzt werden müssen, um einen echten Dialog mit der Geschäftsführung sowie eine klare Festlegung der Vergütungsmethoden und der Ziele des Unternehmens zu ermöglichen,

S.

in der Erwägung, dass die Festlegung von Kriterien und der Höhe von Managementvergütungen in der gesetzlichen Kompetenz der Aufsichtsgremien von Unternehmen sind,

T.

in der Erwägung, dass freiwillige Normen für die Verbesserung der Leistung der Vorstände unabdingbar sind und eine Überprüfung beispielhafter Methoden erforderlich sein könnte,

U.

in der Erwägung, dass das Ziel darin bestehen sollte, sachkundige Vorstände und Aufsichtsräte zu bestellen, die in der Lage sind, eine objektive und eigenständige Beurteilung vorzunehmen; in der Erwägung, dass Effektivität und Effizienz der Vorstände bewertet werden sollten,

V.

in der Erwägung, dass angesichts der bekannten Defizite des derzeitigen Systems der Unternehmensführung ein bestimmter Prozentsatz (zum Beispiel 1/3) der Direktoren (Mitglieder des Vorstands) aus Experten bestehen sollte, die ausschließlich von den Aktionären vergütet werden, ausschließlich den Aktionären gegenüber rechenschaftspflichtig sind und diesen unterstellt sind; in der Erwägung, dass das Ausmaß, in dem sie rechenschaftspflichtig und unterstellt sind, von ihren Fachkenntnissen abhängig gemacht wird,

W.

in der Erwägung, dass die Rechtsetzung auf diesem Gebiet zwar schwieriger und zeitaufwändiger sein könnte als die Annahme von Empfehlungen, jedoch ein auf unverbindlicher Regulierung beruhender Ansatz nicht zufrieden stellend ist,

X.

in der Erwägung, dass die Kommission plant, den Empfehlungen Legislativvorschläge folgen zu lassen, um die Vergütungsregelungen dem System der aufsichtlichen Überprüfung zu unterwerfen, und vorschlägt, vor allem die Eigenkapitalrichtlinie zu überarbeiten; in der Erwägung, dass die Kommission beabsichtigt, zusätzliche Maßnahmen in Bezug auf bankfremde Finanzdienstleistungen zu prüfen,

Y.

in der Erwägung, dass die von der Kommission herausgegebenen Empfehlungen in Bezug auf börsennotierte Unternehmen nicht notwendigerweise geeignete generelle Leitlinien für die Entwicklung beispielhafter Methoden in nicht börsennotierten Unternehmen darstellen müssen,

Z.

in der Erwägung, dass die einheitliche und kohärente Umsetzung der auf diesem Gebiet in der EU angenommenen Instrumente durch alle entsprechenden Seiten unabdingbar ist,

1.

begrüßt Schritte, die darauf abzielen, die berufsethischen Aspekte der Unternehmensführung zu behandeln, die, wie die jüngste Finanzkrise gezeigt hat, bei weitem noch nicht geklärt sind; begrüßt in diesem Zusammenhang die beiden Empfehlungen der Kommission;

2.

weist darauf hin, dass ein auf unverbindlicher Regulierung beruhender Ansatz jedoch nicht genügt;

3.

begrüßt daher den ersten Legislativvorschlag der Kommission, der es dem EU-Gesetzgeber gestattet, die entsprechenden Fragen richtig anzugehen, d. h. die Änderung der Eigenkapitalrichtlinie;

4.

unterstützt die Grundsätze, die die Kommission in ihren Empfehlungen vom 30. April 2009 eingeführt hat, nämlich erstens für die Struktur der Vergütung der Unternehmensleitung und der Geschäftsführung börsennotierter Gesellschaften sowie die Kontrolle dieser Vergütung und zweitens für die Vergütungsstruktur, die Konzeption und Umsetzung der Vergütungspolitik (die Kontrolle), die Transparenz der Vergütungspolitik und die aufsichtsrechtliche Überprüfung (die Überwachung) im Finanzsektor, betont aber, dass diese Empfehlungen nur unbefriedigend von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden;

5.

betont, dass die Europäische Union ein neues Produktions-, Gesellschafts- und Umweltmodell braucht, das langfristig angelegt ist und das das Allgemeininteresse – der Unternehmen, der Aktionäre und der Arbeitnehmer – achtet, sowie eine neue Finanzarchitektur benötigt, die auf einem System von Aufsichtsregeln und berufsethischen Vorschriften beruht und einzelstaatlichen und europäischen Aufsichtsbehörden mit verbindlichen Befugnissen unterstellt ist; ist ferner der Meinung, dass der Finanzsektor den Bedarf der realen Wirtschaft decken, zu einem nachhaltigen Wachstum beitragen und eine größere soziale Verantwortung an den Tag legen muss;

6.

erinnert daran, dass während des Prozesses des wirtschaftlichen Aufschwungs zusätzlich zur Unterstützung der realen Wirtschaft Maßnahmen zum Schutz von Arbeitsplätzen, Fortbildung und Arbeitsbedingungen von großer Bedeutung sind und von allen Beteiligten berücksichtigt werden sollten;

7.

weist darauf hin, dass eine Vergütungspolitik, die auf eine gesunde und nachhaltige Unternehmensführung abzielt, nicht nur aus Gründen der Berufsethik berechtigt ist, sondern auch eine rein wirtschaftliche Dimension hat, da sich eine solche Politik unmittelbar auf den Erhalt des Vermögens und die Entwicklungsperspektiven sowohl der Unternehmen selbst als auch der Wirtschaft im Allgemeinen auswirkt, sowie auf den Erhalt und die Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze;

8.

ist der Auffassung, dass Bestimmungen über die Vergütungspolitik für die Vorstände von Banken und Kreditinstituten keine reinen Empfehlungen bleiben dürfen, sondern die Form von verbindlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einem System der Aufsicht annehmen müssen, um zu vermeiden, dass der variable Teil der Vergütung (Boni, Aktienoptionen und Anreize) zu einer allzu riskanten Investitions- und Managementpolitik der Unternehmen führt, bei der die Auswirkungen auf die reale Wirtschaft nicht bedacht werden;

9.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass bei der Unternehmensführung und der Vergütungspolitik die in den europäischen Verträgen und Richtlinien verankerten Grundsätze des gleichen Entgelts und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu achten und zu fördern sind;

10.

sieht die Notwendigkeit für weitere Gesetzgebungsmaßnahmen, um das Problem der unterschiedlichen nationalen Vergütungsvorschriften für Unternehmen in Fällen zu lösen, wo Mitglieder der Unternehmensleitung von einem Mitgliedstaat in einen anderen innerhalb einer (Holding)-Gesellschaft oder von einem Unternehmen in ein anderes in einem anderen Mitgliedstaat wechseln oder wenn Unternehmen von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb des Binnenmarktes beispielsweise durch grenzübergreifende Fusionen Gebrauch machen;

11.

ist der Meinung, dass die gesellschaftliche Gesamtverantwortung von Aufsichtsgremien für die nachhaltige und längerfristige Entwicklung eines Unternehmens mit Sitz in einem der EU-Mitgliedsstaaten herausgestellt und die verpflichtende Erwartung an diese Aufsichtsgremien gestellt werden sollte, eine diesem Ziel angemessene Vergütung der Unternehmensvorstände auszugestalten und der Öffentlichkeit auf europäischer Ebene transparent zu machen;

12.

fordert die Kommission dringend auf, sektorspezifische Änderungen zu Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen vorzuschlagen, um Kohärenz zwischen Banken und Nichtbanken in der Vergütungspolitik zu gewährleisten; fordert die Kommission darüber hinaus auf, Legislativvorschläge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts vorzulegen und so dazu beizutragen, Fragen der Unternehmensführung zu erörtern und für alle Arten von Unternehmen eine kohärente Vergütungspolitik zu gewährleisten;

13.

ersucht die Kommission, die wirksame Umsetzung der auf EU-Ebene ergriffenen Maßnahmen zu befördern und zu unterstützen und sich dabei vor allem auf grenzübergreifend tätige Unternehmen zu konzentrieren und ihr Versprechen einzulösen, einen Bewertungsbericht über die Anwendung der beiden Empfehlungen durch die Mitgliedstaaten vorzulegen; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, in die Schlussfolgerungen des Bewertungsberichts einen Plan der maßgeblichen legislativen und nicht legislativen Tätigkeiten aufzunehmen, die notwendige Folgemaßnahmen darstellen könnten;

14.

fordert eine wirksame Umsetzung der Vorschriften über die Konsultation und Beteiligung der Arbeitnehmer, die im Rahmen der Richtlinie 2001/86/EG (5) zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft gewählt werden;

15.

versteht die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als geeignete Plattform für beispielhafte Lösungen, um ethische Grundsätze in der Aufsicht transnational operierender Unternehmen zu verankern und in die Praxis umzusetzen;

16.

ruft die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen wie die Richtlinie über Aktionärsrechte wirksam umzusetzen, um die Hindernisse für die Teilnahme der Aktionäre an Abstimmungen, vor allem im Hinblick auf die grenzüberschreitende Ausübung der Aktionärsrechte, aus dem Weg zu räumen und ihre Teilnahme zu fördern;

17.

appelliert an alle Aktionäre, aktiv an einer Überprüfung der Geschäftspraktiken sowie einer Veränderung der Unternehmenskultur mitzuwirken;

18.

fordert die Förderung von Frauen in Führungspositionen durch eine Empfehlung der Kommission zur Einführung einer Regelung bei der Besetzung von Unternehmensorganen sowie bei der Besetzung sonstiger Gremien und Stellen;

19.

regt an, dass die nationalen Kontrollstellen die Unabhängigkeit der Mitglieder der Führungsgremien eines Unternehmens strikter auslegen und wirksamere Mechanismen zur Bekämpfung der Korruption ausarbeiten, deren Umsetzung nicht nur eine ethische Unternehmensführung fördern sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen verbessern könnte;

20.

unterstützt eine einheitliche und umfassende Beratung zum Risikomanagement, das gegenwärtig Gegenstand von verschiedenen Codes und Normen zu sein scheint, die in den Mitgliedstaaten lediglich bruchstückhaft anzuwenden sind;

21.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass bei Wirtschaftskriminalität eine strafrechtliche Ahndung der einzelnen Mitglieder der Unternehmensführung, die für diese Straftaten verantwortlich sind, möglich sein muss;

22.

fordert die Kommission auf, die Verwendung eines Leitfadens für bewährte Methoden für nicht börsennotierte Unternehmen zu fördern, der dahingehend gestaltet wird, dass den Besonderheiten und Unterschieden dieser Unternehmen Rechnung getragen wird;

23.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 120 vom 15.5.2009, S. 28.

(2)  ABl. L 120 vom 15.5.2009, S. 22.

(3)  ABl. L 184 vom 14.7.2007, S. 17.

(4)  ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87.

(5)  ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 22.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/21


Dienstag, 18. Mai 2010
Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment

P7_TA(2010)0166

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu „Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment“ (2009/2159(INI))

2011/C 161 E/04

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 18. Dezember 2000, insbesondere Artikel 14,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989, insbesondere die Artikel 23 und 28,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere Artikel 7 und 24,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 29. April 2009 zum Thema „Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment: Eine neue offene Methode der Koordinierung, um auf die Herausforderungen und Chancen einzugehen, mit denen die Jugend konfrontiert ist“ (1),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zu der Mitteilung der Kommission zum Thema „Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment – EU-Jugendbericht“ (2),

unter Hinweis auf die Entschließung des Rates vom 27. November 2009 über einen erneuerten Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa (2010-2018) (3),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“) (4),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Mai 2009 über die Bewertung des geltenden Rahmens für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa und über die Zukunftsperspektiven für einen erneuerten Rahmen (5),

unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates über die Mobilität junger Freiwilliger innerhalb der Europäischen Union (6),

unter Hinweis auf die Entscheidung des Rates über das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit zur Förderung der aktiven Bürgerschaft (2011) (7),

in Kenntnis des Europäischen Pakts für die Jugend, der vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 22. und 23. März 2005 in Brüssel verabschiedet wurde (8),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. Juli 2008 zum Thema „Eine erneuerte Sozialagenda“, in der Kinder und junge Menschen als vorrangige Zielgruppe erscheinen (9),

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses über die Mitteilung der Kommission (10),

unter Hinweis auf die schriftliche Erklärung zur verstärkten Einbeziehung der Jugend in die EU-Politikbereiche (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Februar 2008 zu der demografischen Zukunft Europas (12),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A7-0113/2010),

A.

in der Erwägung, dass – insbesondere in Zeiten, in denen der Anteil der jungen Menschen an der Gesamtbevölkerung beständig abnimmt – Investitionen in Maßnahmen für junge Menschen wesentlich für die Zukunft der europäischen Gesellschaften sind,

B.

in der Erwägung, dass alle jungen Menschen ein Mehrwert für die Gesellschaft sind und als solcher anerkannt werden sollten,

C.

in der Erwägung, dass die heutigen Generationen, wenn sie die gegenwärtige Politik gestalten, eine große Verantwortung gegenüber jungen Menschen und künftigen Generationen tragen; in der Erwägung, dass politische Entscheidungsträger und Wissenschaftler die Ansichten junger Menschen berücksichtigen und ihnen ein Mitspracherecht einräumen müssen,

D.

in der Erwägung, dass die Europäische Union über wichtige Instrumente im Zusammenhang mit der Jugendpolitik verfügt, dass diese Instrumente aber von den Mitgliedstaaten in vollem Umfang genutzt, den Bürgern vermittelt und integriert werden müssen,

E.

in der Erwägung, dass Beschäftigung mehr ist als nur entlohnte Arbeit; sie ist eine Form der Sozialisierung und kann sehr wichtig sein, was Unterstützung, Strukturgebung und Identitätsbildung betrifft,

F.

in der Erwägung, dass ein unsicherer Arbeitsplatz junge Menschen dazu veranlassen könnte, keine Familie zu gründen bzw. die Familiengründung aufzuschieben, was Auswirkungen auf die demografischen Entwicklungen hat,

G.

in der Erwägung, dass die heutige Jugend Europas steigenden Arbeitslosenquoten ausgesetzt und schwer von der Wirtschaftskrise getroffen ist, wobei insbesondere Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau mit höherer Wahrscheinlichkeit von Arbeitslosigkeit betroffen sind; in der Erwägung, dass es daher wichtig ist, für eine bestmögliche Ausbildung der Jugendlichen zu sorgen, um einen schnellen Einstieg in und eine nachhaltige Teilhabe am Arbeitsmarkt sicherzustellen,

H.

in der Erwägung, dass der gleichberechtigte Zugang aller jungen Menschen zu qualitativ hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung auf allen Ebenen unterstützt und die Möglichkeiten des lebenslangen Lernens weiter gefördert werden sollten,

I.

in der Erwägung, dass der Übergang junger Menschen von der allgemeinen und beruflichen Bildung auf den Arbeitsmarkt erleichtert werden sollte,

J.

in der Erwägung, dass es dringend notwendig ist, dem Problem der Schulabbrecher und der Analphabetenquote, insbesondere unter Jugendlichen und jugendlichen Gefängnisinsassen, absolute Priorität einzuräumen,

K.

in der Erwägung, dass Fragen rund um Gesundheit, Wohnraum und Umwelt für junge Menschen sehr wichtig sind und gravierende Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Zukunft haben können; in der Erwägung, dass ein günstiges Umfeld im Hinblick auf Bildung, Beschäftigung, soziale Integration und Gesundheit gefördert werden sollte,

L.

in der Erwägung, dass es jungen Menschen zwar möglich sein muss, sich auf ein intaktes Familienumfeld verlassen zu können, dass sie aber Unterstützung brauchen, um ihren Bedarf an Autonomie und Unabhängigkeit zu decken,

M.

in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission und in der Entschließung des Rates Umweltaspekte nicht ausdrücklich erwähnt werden, obwohl sie für junge Menschen von ausschlaggebender Bedeutung sind und schwerwiegende Auswirkungen auf Gesundheit, Lebensqualität und Wohlergehen künftiger Generationen haben; daher in der Erwägung, dass Umweltfragen in einer EU-Strategie für die Jugend klar in den Aktionsbereichen erwähnt werden sollten,

N.

in der Erwägung, dass die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht nur ein wichtiges Instrument ist, jungen Menschen Einflussmöglichkeiten zu verleihen, sondern auch zu ihrer persönlichen Entwicklung, zu ihrer besseren Integration in die Gesellschaft, zum Erwerb von Fähigkeiten und zur Entwicklung von Verantwortungsbewusstsein beiträgt,

O.

in der Erwägung, dass die Jugendarbeit in der Jugendstrategie der EU als sinnvolle Freizeitaktivität für und durch Jugendliche, aber auch im Hinblick auf den Erwerb von Fähigkeiten und die Persönlichkeitsentwicklung wichtig ist,

P.

in der Erwägung, dass das Erlernen und Erfahren von Teilhabe in der Gesellschaft das Verständnis und die aktive Teilnahme an Demokratie und ihren Prozessen fördert,

Q.

in der Erwägung, dass junge Menschen besser darüber informiert werden sollten, dass europäische Programme, die ihnen zugute kommen, existieren, damit mehr von ihnen an diesen Programmen teilnehmen,

R.

in der Erwägung, dass eine wirkungsvolle Jugendpolitik zur Entwicklung einer europäischen Mentalität beitragen kann,

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission „Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment“;

2.

begrüßt die Entschließung des Rates über einen erneuerten Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa (2010-2018);

3.

weist darauf hin, dass der Begriff „Jugend“ in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich definiert wird; stellt fest, dass diese Begriffsbestimmung durch unterschiedliche soziale Gegebenheiten beeinflusst wird und dass dadurch jeder Mitgliedstaat einen anderen Ansatz wählen kann;

4.

vertritt die Ansicht, dass die Programme der EU und die bereitgestellten Unionsmittel den ehrgeizigen Zielen Europas für die Jugend angemessen sein müssen;

5.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon im Bereich der Jugendpolitik vollständig umzusetzen, wie beispielsweise die Förderung der Teilhabe junger Menschen am demokratischen Leben, und besonderes Augenmerk auf junge Sportlerinnen und Sportler sowie die rechtliche Durchsetzung der Charta der Grundrechte zu richten;

Grundlegende Bemerkungen zur Wirksamkeit der Jugendstrategie

6.

erkennt an, dass die gestärkte offene Methode der Koordinierung (OMK) unter gebührender Berücksichtigung des Subsidiaritätsgrundsatzes trotz ihrer Schwächen, ihrer begrenzten Anwendung, ihrer Legitimationsdefizite, trotz der Tatsachen, dass es dabei keine wirksame Zusammenarbeit zwischen „Sachverständigen“ und gewählten Politikern gibt, und obwohl eine ordnungsgemäße Integration mit nationalen Prioritäten fehlt und die Gefahr einer „Vermengung der Zuständigkeiten“ zwischen den unterschiedlichen Ebenen besteht, ein geeignetes Instrument für die jugendpolitische Zusammenarbeit ist; ist der Ansicht, dass die offene Methode der Koordinierung, um langfristig Wirkung zu zeigen, gestärkt werden muss;

7.

betont, dass die offene Methode der Koordinierung mit einem starken politischen Willen aller Beteiligten durchgeführt werden muss, um optimale Ergebnisse zu erzielen; vertritt die Ansicht, dass Versäumnisse bei der Durchführung ein grundlegendes Hindernis für die Erreichung der gesetzten Ziele darstellen;

8.

erkennt an, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene ist, um die Ziele dieser Strategie zu erreichen, und fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Jugendvertreter auf, sich aktiv an der Durchführung einer Jugendstrategie zu beteiligen;

9.

drängt auf eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Jugendpolitik zwischen dem Europäischen Parlament, der Kommission und dem Rat und betont, wie wichtig eine besser integrierte Zusammenarbeit mit und zwischen den nationalen Parlamenten im Rahmen des OMK-Prozesses ist;

10.

begrüßt die klare Definition des zweigleisigen Vorgehens, die Einführung von Arbeitsmethoden und insbesondere die klare Liste der Durchführungsinstrumente durch den Rat; fordert die Einbeziehung des Europäischen Parlaments in die Bestimmung der Prioritäten der Arbeitszyklen; fordert, dass die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa auf gesicherten Erkenntnissen beruht, zielgerichtet und konkret ist;

11.

betont die Notwendigkeit, sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene klare und anwenderfreundliche Indikatoren zu entwickeln, die es ermöglichen, unsere tatsächlichen Kenntnisse über die Situation junger Menschen zu verbessern, zu erweitern und zu aktualisieren sowie die Durchführungsfortschritte gemeinsam gesetzter Ziele zu messen und zu vergleichen; betont die Notwendigkeit beständiger Überprüfung und Bewertung;

12.

weist darauf hin, dass es wichtig ist, den Stand der Durchführung der „EU-Strategie für die Jugend“ zu bewerten; betont, dass die Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten in der Jugendpolitik öffentlich zugänglich gemacht werden sollten, um das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu schärfen; betont, dass es notwendig ist, die Entwicklung der Lebensrealität europäischer Jugendlicher zu beobachten und Veränderungen festzustellen, um eine Bewertung des tatsächlichen Fortschritts möglich zu machen;

13.

ist der Ansicht, dass das Peer-Lernen stärker ausgebaut werden sollte, da es ein Mittel darstellt, den Austausch bewährter Verfahren zu erleichtern, und dazu beiträgt, die Kohärenz der auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen sicherzustellen;

14.

ist der Ansicht, dass die Formulierung der Jugendpolitik sowie der Programme und Maßnahmen der EU in einem korrekten und transparenten Verfahren erfolgen sollte, um eine vollständige EU-Strategie für die Jugend zu erhalten; ist insbesondere der Ansicht, dass die Ergebnisse, die sich aus der Durchführung der EU-Programme ergeben, als Feedback in die Festlegung der Jugendpolitik und der EU-Strategie für die Jugend im Allgemeinen einfließen sollten und umgekehrt;

15.

betont ebenso die Notwendigkeit einer intensiven Analyse der bereits durchgeführten Programme, um ein solides Qualitätsmanagement zu ermöglichen und so eventuell notwendige Verbesserungen der Programme für die Zukunft zu entwickeln;

16.

weist auf die Notwendigkeit hin, Programme und Sozialfonds der EU für die Jugend zugänglich zu machen und anzupassen bzw. den Zugang zu ihnen zu erleichtern und die Zugangsverfahren zu vereinfachen; betont, dass es von großer Bedeutung ist, hier einen praxisnahen und bürokratiearmen Ansatz zu finden, um eine integrierte Strategie für die Verbesserung des Lebens der Jugendlichen zu verfolgen; betont, wie wichtig es ist, dass junge Menschen an der Umsetzung von Jugendprogrammen mitwirken, damit ihre Bedürfnisse besser berücksichtigt werden können;

17.

unterstreicht die wichtige Rolle, die die Programme Comenius, Erasmus und Leonardo da Vinci bei der Entwicklung europäischer Politiken im Bereich der Aus- und Weiterbildung spielen; weist erneut auf seine politische Priorität hin, die darin besteht, diese Programme als Eckstein bei der Entwicklung der Europäischen Jugendstrategie anzusehen, insbesondere was die nächste Generation von Mehrjahresprogrammen betrifft;

18.

ist der Ansicht, dass noch mehr getan werden sollte, um die Mobilität junger Menschen in Europa zu fördern, und dass es in den Mobilitätsprogrammen ausreichende Möglichkeiten und genügend Berücksichtigung für den Austausch junger Menschen außerhalb der formalen Bildung geben muss;

19.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der neuen Mobilitätsprogramme besonderes Augenmerk auf die Mobilität von Jugendbetreuern zu legen, und fordert in diesem Zusammenhang, dass die Sonderregelung für Visa, die derzeit für Studenten gilt, auf Jugendbetreuer ausgeweitet wird;

20.

weist darauf hin, dass die Massenmedien herangezogen werden müssen, um den Bekanntheitsgrad von Programmen für junge Menschen zu steigern;

21.

erkennt an, dass die Verbesserung der Lebenssituation von Jugendlichen eine Querschnittsaufgabe ist, die in jedem Politikfeld beachtet werden muss; fordert die EU-Organe und die Mitgliedstaaten auf, die Schaffung von Jugendressorts in allen Abteilungen und Ministerien zu fördern, da diese dazu beitragen würden, die Entwicklung angemessener Maßnahmen für die Jugend zu fördern; fordert die Kommission auch auf, in ihren Generaldirektionen „Jugendbeauftragte“ zu benennen und diese weiterzubilden; ist der Ansicht, dass das Ziel die Bewertung von Kommissionspapieren unter jugendpolitischer Perspektive sein sollte; begrüßt daher nachdrücklich den bereichsübergreifenden Ansatz als einen notwendigen Faktor für das Erreichen der optimalen Wirksamkeit; vertritt die Ansicht, dass die Berücksichtigung von Jugendbelangen in allen Politikbereichen einen Schlüsselfaktor für den Erfolg der Jugendstrategie darstellt;

22.

betont, dass die Generationengerechtigkeit auf europäischer Ebene institutionalisiert werden muss und dass sich die Mitgliedstaaten diesen Grundsatz zur gerechten Regelung der Beziehungen zwischen den Generationen zu Eigen machen müssen;

Aktionsbereiche

23.

betont nachdrücklich, dass die weltweite Wirtschaftskrise erhebliche Auswirkungen auf junge Menschen hat und diese Krise daher die Prioritäten der Aktionsbereiche in grundlegender Weise beeinflussen sollte; ist der Ansicht, dass dies durch Ermittlung einer Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung der Ausstiegsstrategie im sozialen Bereich erfolgen und besonderes Augenmerk auf die Überprüfung der Netze der sozialen Sicherheit und der Sozialversicherungssysteme gelegt werden sollte;

Allgemeine, in jedem Aktionsbereich anzuwendende Grundsätze

24.

betont die Bedeutung der Beseitigung aller Arten der Diskriminierung unter jungen Menschen, wie der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung;

25.

betont, dass junge Menschen in der gesellschaftlichen Vision der EU als prioritäre Gruppe angesehen werden müssen;

26.

betont nachdrücklich die Notwendigkeit, jungen Menschen mit Behinderungen wirksame, ihren Bedürfnissen angepasste Unterstützung zu gewähren und ihnen echte und gleiche Chancen im Hinblick auf den physischen, sensorischen und kognitiven Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Kultur, Freizeit, Sport, sozialen Aktivitäten und der Beteiligung an öffentlichen und zivilen Angelegenheiten zu geben;

27.

fordert Maßnahmen, um die Achtung der Vielfalt und die erfolgreiche Integration von Kindern und Minderjährigen zu gewährleisten;

28.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bereichsübergreifende Verbindungen zwischen Jugendpolitik und Bildung, Fortbildung, Beschäftigung, Kultur und anderen Politikbereichen zu ermitteln;

29.

unterstreicht die Notwendigkeit einer engen Verknüpfung der Maßnahmen für junge Menschen und Kinder;

Allgemeine und berufliche Bildung

30.

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, die Wechselwirkungen zwischen den Seiten des Wissensdreiecks (Bildung, Forschung und Innovation) als ein Schlüsselelement für Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu stärken; empfiehlt nachdrücklich die Förderung gemeinsamer Kriterien zur stärkeren gegenseitigen Anerkennung nichtformaler Bildung und Berufsbildung, indem etwa die Annahme des EQR-Systems für die Anerkennung von Qualifikationen, Transparenz und die Überprüfung der Kenntnisse vorangetrieben wird;

31.

fordert die Mitgliedstaaten auf, eine größere Anzahl von Maßnahmen zu ergreifen, um in die Vermittlung der richtigen Fähigkeiten, die für auf dem Arbeitsmarkt angebotene Arbeitsplätze erforderlich sind, zu investieren und die Lehrpläne an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen, kurzfristige Berufsbildungsmodule gegebenenfalls gesetzlich zu regeln und – wann immer möglich – die Validierung von Fähigkeiten und Anerkennung von Qualifikationen zu nutzen;

32.

weist auf das Problem der Schulabbrecher hin und betont, dass Maßnahmen getroffen werden müssen um sicherzustellen, dass ein möglichst großer Anteil junger Menschen die Pflichtschulzeit absolviert;

33.

ruft die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Lern- und Ausbildungsmobilität aller jungen Menschen, die ein Schlüsselelement für das Erlangen von Lern- und Arbeitserfahrungen ist, im Rahmen einer Mittelaufstockung zu fördern; betont die Bedeutung der Mobilität junger Menschen auch in den an die EU angrenzenden Regionen durch die Gewährleistung einer umfassenden Teilnahme an den europäischen Programmen, die junge Menschen zugute kommen;

34.

fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, ihr Möglichstes zu tun, um die strategischen Ziele zu erreichen und die im strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“) festgelegten Benchmarks zu erfüllen, insbesondere was Menschen mit schlechten Leistungen in den Grundfertigkeiten und Schulabbrecher betrifft;

35.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichende Möglichkeiten zu schaffen, um den Personen, die das Schulsystem verlassen haben, den Wiedereinstieg zu ermöglichen, und sicherzustellen, dass für Personen, die Berufsbildungskurse besucht haben, ausreichende Möglichkeiten des Zugangs zu weiterführender Bildung und Ausbildung vorhanden sind, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen sowie gezielte Programme für junge Menschen aufzulegen, die aufgrund schwieriger Umstände oder falscher Entscheidungen zurückgefallen sind oder die Schule früher verlassen haben;

36.

betont, wie wichtig es ist, jungen Menschen Zugang zu Orientierung und Beratung im Zusammenhang mit dem Übergang von der Ausbildung ins Berufsleben zu geben;

37.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Kindern und jungen Menschen unabhängig vom rechtlichen Status ihrer Familie das Recht auf öffentlichen Unterricht zu gewährleisten, um ihnen zu helfen, ausreichende Kenntnisse der Sprache und der Kultur des Aufnahmemitgliedstaats als Mittel der Integration zu erlangen, wobei ihrer eigenen Kultur und Sprache gebührender Respekt entgegenzubringen ist;

38.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den gleichberechtigten Zugang zu Bildung für junge Menschen – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und finanziellen Lage – sowie für benachteiligte junge Menschen aus einkommensschwachen Familien sicherzustellen;

39.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen umzusetzen und die inklusive Bildung – sowohl im Bereich der formalen als auch der nichtformalen Bildung – zu verwirklichen;

40.

unterstreicht die Bedeutung eines neuen, wirksamen und fortlaufenden Ausbildungssystems für Lehrkräfte, um jungen Studierenden dabei zu helfen, die Herausforderungen unserer sich rasch wandelnden Gesellschaft besser zu meistern;

41.

betont, dass die Medienkompetenz gefördert werden muss;

42.

weist darauf hin, dass die Bildung eine fundamentale Rolle bei der Entwicklung einer positiven persönlichen Grundhaltung spielt;

Beschäftigung und Unternehmergeist

43.

ist äußerst besorgt über die steigende Zahl arbeitsloser, unterbeschäftigter und in befristeten Arbeitsverhältnissen stehender junger Menschen, insbesondere in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise; befürwortet nachdrücklich die an den Europäischen Rat gerichtete Aufforderung sicherzustellen, dass in der Lissabon-Strategie für den Zeitraum nach 2010 und in der Strategie Europa 2020 eine Jugendperspektive enthalten ist, und die Fortführung der Initiativen im Einklang mit den übergeordneten Zielen des Europäischen Pakts für die Jugend zu unterstützen; befürwortet nachdrücklich den Vorschlag, in den Konjunkturprogrammen, die im Rahmen der Pläne zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise aufgelegt wurden, angemessene Maßnahmen für junge Menschen zu entwickeln;

44.

unterstreicht, dass die Ziele der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung unbedingt erreicht werden müssen, und vertritt die Ansicht, dass die neue EU-2020-Agenda die EU in die Lage versetzen sollte, sich vollständig von der Krise zu erholen, indem sie sich rascher auf eine innovative Wirtschaft, die neue Arbeitsplätze schafft, zubewegt; drängt in diesem Zusammenhang darauf, dass die neue Agenda junge Menschen stärker in den Mittelpunkt stellt;

45.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um der Angst um den Arbeitsplatz und den schlechten Arbeitsbedingungen, mit denen junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind, zu begegnen und aktiv die Vereinbarkeit von Beschäftigung und Privat- und Familienleben zu fördern;

46.

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, die generationenübergreifende Dimension in ihren Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung zu berücksichtigen;

47.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang junger Menschen zu allen Arten von Beschäftigung unter guten Arbeitsbedingungen zu erleichtern, um zu verhindern, dass die Arbeit nicht den Fähigkeiten entspricht, da dies eine Verschwendung von Talenten darstellt; empfiehlt in diesem Zusammenhang, die Qualität von Praktika zu verbessern und die Rechte der Praktikanten zu stärken, damit sichergestellt ist, dass die Mehrzahl der jungen Menschen nach der Absolvierung eines Praktikums qualifiziert ist und eine entlohnte Anstellung erhält;

48.

fordert die Mitgliedstaaten auch auf, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten und Maßnahmen im Bereich des sozialen Schutzes für benachteiligte Jugendliche zu ergreifen, damit sichergestellt wird, dass junge Menschen, die in Gebieten in Randlage leben, die gleichen Möglichkeiten haben wie Jugendliche in Städten und dass junge Mütter besonders unterstützt werden;

49.

weist auf die Gefahr eines Braindrain und auf die negativen Auswirkungen für die Herkunftsländer der jungen Menschen hin; fordert die Mitgliedstaaten auf, Strategien für Abwanderungsgebiete und -regionen zu ermitteln und zu entwickeln, um junge Menschen im Land zu halten, wobei diese Abwanderung verschiedene Formen annehmen kann, wie Braindrain, Arbeitskräfte, die Qualifikationslücken füllen, sowie billige, flexible, ungelernte und oftmals Saisonarbeitskräfte;

50.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in denjenigen Fällen Abhilfe zu schaffen, in denen ein Einkommensunterschied zwischen jungen Männern und jungen Frauen aufgrund des Geschlechts festzustellen ist;

51.

fordert die Mitgliedstaaten auf, im Zeitalter der Globalisierung angemessene Arbeitsrechte und ein ordnungsgemäßes Niveau der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, indem sie ein Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit herstellen;

52.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Übertragbarkeit aller erworbenen Sozialansprüche sicherzustellen, damit der soziale Schutz junger Arbeitnehmer, die die Mobilität nutzen, nicht gefährdet ist;

53.

betont, wie wichtig Praktika in Unternehmen und Einrichtungen während des Studiums sind, da sie es erleichtern können, in der Folge einen Arbeitsplatz zu finden;

54.

schlägt die Förderung des Unternehmergeistes unter jungen Menschen vor, indem die Kommunikation über das Unternehmertum verbessert und zu diesem Zweck der Aufbau europäischer Strukturen und Netze gefördert wird sowie junge Menschen ermutigt werden, Unternehmer zu werden und Instrumente wie Kleinstkredite und Mikrofinanzierungen zu nutzen; hebt die Bedeutung des lebenslangen Lernens hervor;

55.

ist der Ansicht, dass zwischen der Welt der Schule und der Wirtschaft Synergien geschaffen und die Formen der Integration zwischen Universitäten und Unternehmen weiterentwickelt werden müssen;

56.

fordert die Mitgliedstaaten auf, private Initiativen für junge Menschen zu unterstützen, auch im Rahmen von nationalen Programmen, die die europäischen Programme ergänzen;

57.

weist darauf hin, dass Maßnahmen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben ausgearbeitet werden müssen, damit jungen Menschen ein Anreiz geboten wird, eine Familie zu gründen; weist auch darauf hin, dass sichergestellt werden muss, dass junge Menschen über ein ausreichendes Einkommen verfügen, damit sie unabhängig Entscheidungen treffen können, u. a. darüber, eine Familie zu gründen;

Gesundheit, Wohlbefinden und Umwelt

58.

betont, dass die Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen sowie Umweltzerstörungen negative Auswirkungen auf das Leben junger Menschen haben, und fordert nachhaltige Maßnahmen in diesem Bereich;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihre Lehrpläne geeignete Inhalte im Zusammenhang mit der Verhinderung von Gesundheits- und Umweltgefahren aufzunehmen;

60.

bedauert zutiefst, dass der Rahmen für Zusammenarbeit keinen Verweis auf Verbraucherpolitiken enthält; vertritt die Ansicht, dass bestimmte Gesundheitsprobleme mit der Herstellung und Vermarktung ungesunder Lebensmittel in Verbindung stehen können;

61.

betont, wie wichtig es ist, bei der Festlegung von Verbraucher- und Umweltmaßnahmen die besondere Schutzbedürftigkeit junger Menschen und Kinder zu berücksichtigen; unterstreicht die Notwendigkeit, ein hohes Schutzniveau für junge Verbraucher mittels Maßnahmen wie Informations- und Aufklärungskampagnen zu gewährleisten;

62.

betont die Bedeutung der fortgesetzten Bekämpfung von Drogen- und Alkoholkonsum sowie tabakbedingter Schäden und anderer Formen von Abhängigkeiten, einschließlich des Glücksspiels, insbesondere durch Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Drogenaktionsplan der EU und die EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung alkoholbedingter Schäden und anderer Formen von Abhängigkeiten möglichst umfassend zu nutzen;

63.

weist ferner darauf hin, dass Kinder und junge Menschen einer Vielzahl von gewalttätigen Inhalten in den Medien ausgesetzt sind; schlägt vor, dieses Thema weiter zu untersuchen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um negative Auswirkungen auf die geistige Gesundheit von Kindern und jungen Menschen zu verhindern;

64.

empfiehlt, junge Menschen bei der Nutzung neuer Technologien mittels Aufklärungskampagnen in den Medien und durch ihre Sensibilisierung für die Gefahren einer übermäßigen ungeregelten Nutzung zu unterstützen;

65.

betont, wie wichtig die sexuelle Aufklärung junger Menschen für den Schutz ihrer Gesundheit ist;

66.

weist mit Nachdruck auf das gleichbleibend hohe Niveau von Schwangerschaften Minderjähriger hin und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Jugendliche für die Problematik zu sensibilisieren und aufzuklären;

67.

fordert die Mitgliedsstaaten auf, für eingewanderte Kinder und Jugendliche unabhängig vom rechtlichen Status ihrer Familie den Zugang zu einer gesundheitlichen Basisversorgung sicherzustellen;

68.

betont die Rolle des Sports als Palette von Tätigkeiten zur Unterstützung gesunder Lebensweisen junger Menschen sowie zur Unterstützung von Teamarbeit, Fairness und Verantwortung und die Bedeutung der Sensibilisierung junger Menschen im Hinblick auf die Bekämpfung der Gewalt auf Sportplätzen; fordert spezielle Programme für junge Menschen mit Behinderungen;

69.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Förderung des Breitensports für Jugendliche auch geschlechtsspezifische Aspekte zu berücksichtigen und auch weniger populäre Sportarten zu unterstützen;

70.

unterstreicht, wie wichtig es ist, Informationskampagnen für junge Menschen zu unterstützen, um Doping zu bekämpfen und einen sauberen Sport zu fördern;

Teilhabe

71.

betont, wie wichtig ein fortlaufender strukturierter Dialog und Konsultationen mit jungen Menschen sind; ruft nachdrücklich dazu auf, die Teilnahme junger Menschen und von Jugendorganisationen auf allen Ebenen (lokaler, nationaler und internationaler) an der Formulierung allgemeiner Politiken und im Besonderen der Jugendpolitik – aber nicht allein daran – durch den strukturierten Dialog zu stärken;

72.

unterstreicht, wie wichtig es ist, die Methode der Jugendkonsultation zu berücksichtigen, damit einem möglichst breiten Spektrum von Ansichten junger Menschen Rechnung getragen wird; begrüßt den Aufbau von Strukturen, in denen alle Akteure zusammenarbeiten können, die Maßnahmen und Beschlüsse in gleichem Maße beeinflussen und die zum Aufbau dieser Strukturen notwendigen Mittel zur Verfügung stellen können;

73.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Jugendorganisationen in den politischen Entscheidungsprozess – auch auf lokaler Ebene –einzubeziehen;

74.

betont, wie wichtig repräsentative Jugendvertreter im strukturierten Dialog sind, und empfiehlt, dass die Kommission Vertreter nationaler Jugendräte zu den prioritären Anliegen junger Menschen konsultiert;

75.

stimmt der häufig vertretenen Ansicht zu, dass Jugendorganisationen anerkannt und unterstützt werden müssen und dass sie einen großen Beitrag zur nichtformalen Bildung leisten; fordert die Kommission und den Rat auf, sich auf Ebene der Mitgliedsstaaten für die Einrichtung und Förderung von Jugendparlamenten und -räten auf kommunaler Ebene einzusetzen und entsprechende Programme zu initiieren;

76.

betont die Notwendigkeit, mehr und unterschiedlichere junge Menschen einzubinden, um den repräsentativen Charakter zu verbessern; befürwortet die Förderung der Teilhabe ab einem jungen Alter; unterstützt in diesem Zusammenhang Überlegungen, wie die Verbindungen zwischen Schulen, Jugendorganisationen und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft ausgebaut werden könnten, und empfiehlt nachdrücklich die umfassendere Anerkennung nichtformaler Bildung;

77.

schlägt vor, Systeme zur Vergabe von Preisen an junge Menschen, die sich aktiv an der Gesellschaft beteiligen, einzuführen, um letztendlich eine Kultur der Rechte und Pflichten zu schaffen;

78.

unterstreicht, dass besondere Anstrengungen notwendig sind, um junge Menschen, die in Gebieten in Randlage und ländlichen Gebieten sowie in Problemvierteln leben, zu veranlassen, sich aktiv an europäischen Initiativen zu beteiligen; bedauert in diesem Zusammenhang, dass der Rahmen für Zusammenarbeit keine spezifische Aktion zur besseren Vermittlung von EU-Programmen an junge Menschen vorschlägt, insbesondere junge Menschen, die an abgelegenen Orten leben, und Personen, die nicht in politischen, sozialen oder nichtstaatlichen Organisationen organisiert sind; fordert von der Kommission eine Gemeinschaftsinitiative für diesen Bereich;

79.

betont, dass größere Anstrengungen unternommen werden müssen, um einen wirksamen dreiseitigen Meinungs- und Informationsaustausch zwischen Universitäten, Wirtschaft und Politik auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu erreichen;

Kreativität und Kultur

80.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu neuen Technologien zu fördern, um die Kreativität und die Innovationsfähigkeit junger Menschen zu fördern und ihr Interesse an Kultur, Kunst und Wissenschaft zu wecken;

81.

nimmt mit Verwunderung zur Kenntnis, dass in der Mitteilung der Kommission jeder eindeutige Bezug auf kulturelle Fragen fehlt; weist darauf hin, dass diese sich nicht in Unternehmergeist und neuen Technologien erschöpfen;

82.

begrüßt, dass in der Entschließung des Rates die Rolle sozialer und kultureller Aktivitäten berücksichtigt wird, die die Aufgaben des Bildungssystems und der Familie ergänzen; stellt fest, dass diese Aktivitäten auch entscheidend zur Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheit beitragen und den Zugang junger Menschen zu Freizeitaktivitäten, Kultur und Sport erleichtern;

83.

unterstreicht, wie wichtig es ist, die Jugendkultur bei der Mittelzuweisung durch die Mitgliedstaaten zu unterstützen und anzuerkennen, da sie für die Entwicklung der Kreativität junger Menschen unerlässlich ist;

84.

begrüßt den in der Entschließung des Rates enthaltenen Vorschlag, die Fachausbildung der Jugendbetreuer auf den Gebieten Kultur, neue Medien und interkulturelle Kompetenzen zu fördern;

85.

schlägt vor, eine Jugendperspektive in die Politiken, Programme und Aktionen in den Bereichen Kultur und Medien aufzunehmen;

86.

vertritt die Auffassung, dass Kultureinrichtungen (z. B. Museen, Bibliotheken und Theater) ermuntert werden sollten, Kinder und Jugendliche stärker einzubeziehen;

87.

fordert die Kommission und den Rat auf, einen europäischen Jugendpass auszuarbeiten, damit junge Menschen in der gesamten EU preisgünstig Zugang zu Kultureinrichtungen erhalten;

Freiwilligentätigkeit

88.

begrüßt die Entscheidung des Rates, das Jahr 2011 als Europäisches Jahr der Freiwilligentätigkeit zu begehen, und begrüßt die Maßnahmen, die in der Empfehlung des Rates über die Mobilität junger Freiwilliger innerhalb der Europäischen Union festgelegt werden;

89.

ist der Auffassung, dass die Freiwilligentätigkeit junger Menschen unterstützt werden sollte – auch durch die Ausweitung des Europäischen Freiwilligendienstes und die Unterstützung von jungen Menschen mit Behinderungen, die sich der Freiwilligentätigkeit widmen möchten;

90.

ist der Ansicht, dass – in Abhängigkeit vom Ergebnis der Evaluierung der Vorbereitenden Maßnahme Amicus – weitere Maßnahmen dieser Art geplant werden sollten;

91.

ist der Ansicht, dass die Freiwilligentätigkeit keine professionellen, bezahlten Arbeitsplätze ersetzen, sondern der Gesellschaft einen Mehrwert bieten sollte;

92.

fordert die Einführung und gegenseitige Anerkennung eines „Europäischen Freiwilligenpasses“ in Ergänzung zum bereits existierenden „Europäischen Jugendpass“; dieser soll das ehrenamtliche Engagement von Kindern und Jugendlichen festhalten und gegenüber potentiellen Arbeitgebern als Qualifikationsnachweis aufgeführt werden können;

Soziale Eingliederung

93.

begrüßt, dass das Jahr 2010 als Europäisches Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung begangen wird, insbesondere im Kontext der Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich besonders stark auf junge Menschen auswirkt;

94.

vertritt die Ansicht, dass die Generationengerechtigkeit vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft eine der wichtigsten Herausforderungen darstellt; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Interessen der jungen Menschen und zukünftiger Generationen bei der Formulierung ihrer Politiken zu berücksichtigen, insbesondere in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise;

95.

betont auch die Notwendigkeit, mehr Sensibilisierungsprogramme für Randgruppen, wie junge Einwanderer und Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Menschen mit Behinderungen, junge Menschen, die nach der Verbüßung einer Haftstrafe wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden müssen, Obdachlose, Personen in ungesicherten Arbeitsverhältnissen und andere) zu entwickeln;

96.

erkennt an, dass eine stärkere Sensibilisierung für junge Menschen mit Behinderungen notwendig ist, und fordert die Organe der EU auf, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass junge Menschen mit Behinderungen in Zukunft vollständig integriert werden;

97.

bekräftigt erneut seine Forderung, die Gleichstellung der Geschlechter bereits ab einem frühen Alter und in allen Lebensbereichen sicherzustellen; begrüßt daher besonders die Tatsache, dass die Entschließung des Rates darauf abzielt, die Kinderbetreuung zu verbessern und die Pflichtenteilung zwischen den Eltern zu fördern, um die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für junge Frauen und junge Männer zu erleichtern;

98.

betont die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche für Diskriminierung jeglicher Art in jeglichen Bereichen zu sensibilisieren und couragiert gegen jeglichen Extremismus einzutreten;

99.

empfiehlt, dass in jedem Mitgliedstaat prioritär sichergestellt werden sollte, dass kein Minderjähriger sich in einer Situation befindet, in der er keinen sozialen Schutz genießt;

100.

unterstreicht die Bedeutung der digitalen Integration in einem digitalen Umfeld; fordert die Mitgliedstaaten auf, als Teil ihrer formalen und nichtformalen Bildungsmaßnahmen Konzepte zu entwickeln, um den Zugang zu Information, Bildung und zur Kultur sicherzustellen und die Medienkompetenz junger Menschen zu verbessern;

Jugend in der Welt

101.

empfiehlt direkte Entwicklungshilfe für Maßnahmen zugunsten junger Menschen und zur Bekämpfung von Drogenmissbrauch und Menschenhandel in Entwicklungsländern;

102.

befürwortet die Förderung von Aktivitäten von allgemeinem Interesse, die ein Verantwortungsbewusstsein unter jungen Menschen schaffen, wie beispielsweise Freiwilligenarbeit in den Bereichen Klimawandel, Entwicklung und humanitäre Hilfe; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Schaffung des Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe jungen Menschen die Möglichkeit geben wird, an der humanitären Arbeit der EU mitzuwirken, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die jungen Menschen umfassend darüber zu informieren;

103.

fordert die Kommission auf, eingehender zu prüfen, ob die Aktivitäten der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Freiwilligentätigkeit von Jugendlichen verstärkt werden können;

104.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Austauschprogramme und Partnerschaften mit den Drittländern und Gebietskörperschaften zu entwickeln, um den interkulturellen Dialog zu fördern und jungen Menschen einen Anreiz zu bieten, gemeinsame Projekte ins Leben zu rufen;

105.

fordert, dass das Programm Erasmus Mundus verbessert und umfassend durchgeführt wird;

*

* *

106.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  KOM(2009)0200.

(2)  SEK(2009)0549.

(3)  ABl. C 311 vom 19.12.2009, S. 1.

(4)  ABl. C 119 vom 28.5.2009, S. 2.

(5)  9169/09.

(6)  ABl. C 319 vom 13.12.2008, S. 8.

(7)  15658/09.

(8)  ABl. C 292 vom 24.11.2005, S. 5.

(9)  11517/08.

(10)  SOC/349.

(11)  DCE/2008/2193.

(12)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0066.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/32


Dienstag, 18. Mai 2010
Vereinfachung der GAP

P7_TA(2010)0172

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu der Vereinfachung der GAP (2009/2155(INI))

2011/C 161 E/05

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2005 mit dem Titel „Vereinfachung und bessere Rechtsetzung in der Gemeinsamen Agrarpolitik“ (KOM(2005)0509),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. März 2009 mit dem Titel „Eine vereinfachte GAP für Europa – ein Erfolg für uns alle“ (KOM(2009)0128),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A7-0051/2010),

A.

in der Erwägung, dass alle Rechtsvorschriften in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel stehen müssen und nur nach einer umfassenden Folgenabschätzung erlassen werden sollten, in der die finanzielle Belastung geprüft wird, die durch die Rechtsvorschriften entstehen würde, und auch eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse enthalten ist,

B.

in der Erwägung, dass eine Vereinfachung in erster Linie für die Landwirte und nicht nur für die nationalen Behörden und die Zahlstellen in den Mitgliedstaaten von Nutzen sein sollte, wie dies überwiegend festgestellt wurde,

C.

in der Erwägung, dass eine neue GAP es den Landwirten ermöglichen sollte, sich auf das Kernziel der Erzeugung unbedenklicher, hochwertiger und rückverfolgbarer Nahrungsmittel zu konzentrieren, und sie außerdem bei der Bereitstellung nicht vermarktbarer öffentlicher Güter unterstützen sollte,

D.

in der Erwägung, dass das Ziel eine Senkung der Kosten der Umsetzung der GAP bei gleichzeitiger Verringerung des auf den Erzeugern in der EU lastenden Verwaltungsaufwands sein sollte, um es den Landwirten zu ermöglichen, der Bestellung ihres Landes mehr Zeit zu widmen,

E.

in der Erwägung, dass eine neue GAP nachhaltig wettbewerbsfähig sein sollte,

F.

in der Erwägung, dass für klare und verständliche Rechtsvorschriften, die Rechtssicherheit für die zuständigen Behörden und für die Landwirte bieten, gesorgt werden muss, und unnötige Rechtsvorschriften abgeschafft werden müssen,

G.

in der Erwägung, dass eine gerechte Verteilung der einheitlichen Betriebsprämie sichergestellt werden sollte,

H.

in der Erwägung, dass es eines funktionierenden Rechtsrahmens bedarf, um die bedeutenden rechtlichen Fragen in Zusammenhang mit der GAP zu regeln,

I.

in der Erwägung, dass eine neue GAP in Übereinstimmung mit den jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik stärker marktorientiert und auf den Abbau des übermäßigen Protektionismus gerichtet sein sollte, während gleichzeitig die Instrumente zur Unterstützung der Landwirte in Zeiten extremer wirtschaftlicher Schwankungen verfügbar bleiben müssen,

J.

in der Erwägung, dass die neue GAP einfacher und anpassungsfähiger sein muss,

K.

in der Erwägung, dass die Rechtsvorschriften flexibler sein sollten, um eine Anpassungsfähigkeit der GAP an die Gegebenheiten besonderer Regionen und Gebiete zu ermöglichen, ohne den Gemeinschaftscharakter der GAP zu gefährden,

L.

in der Erwägung, dass der Austausch bewährter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten und den lokalen Behörden gefördert werden sollte,

M.

in der Erwägung, dass die Gemeinsame Agrarpolitik einen zentralen Stellenwert in der EU-27 einnimmt, um neben der ausreichenden Versorgung mit sicheren Lebensmitteln auch weiterhin Herausforderungen wie die Erhaltung der ländlichen Räume, der Berggebiete und der benachteiligten Gebiete, der Gebiete in äußerster Randlage und der Multifunktionalität der europäischen Landwirtschaft zu bewältigen,

Allgemeine Grundsätze

1.

betont, dass die GAP auf eine Harmonisierung der Regelungen durch den Abbau von Überschneidungen gerichtet sein sollte; fordert die Kommission außerdem auf, bei der Einführung neuer Regelungen gleichzeitig zu versuchen, unnötige Belastungen zu beseitigen;

2.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, umfassende und regelmäßige Konsultationen mit landwirtschaftlichen Interessenträgern durchzuführen, um die Folgen der Regelungen vor Ort besser abschätzen zu können und praktische, einfache und transparente Vorschriften für die Landwirte zu ermitteln;

3.

betont, dass eine weitere Vereinfachung der GAP notwendig ist, um ihre Durchführungskosten für die Institutionen der EU, die Mitgliedstaaten und die Leistungsempfänger selbst zu verringern; weist darauf hin, dass dadurch die Politik außerdem für Landwirte und Steuerzahler besser verständlich wird;

4.

fordert die Kommission auf, die GAP-Regelungen zu harmonisieren, indem Überschneidungen von Aufgabenbereichen beseitigt werden und Bürokratie abgebaut wird, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors in allen Mitgliedstaaten zu steigern;

5.

betont, dass die Maßnahmen der GAP in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel stehen sollten und dass nur dann Rechtsvorschriften erlassen werden sollten, wenn dies wirklich zu rechtfertigen ist, um so ein für die Landwirte schwer verständliches Regelwerk zu verhindern;

6.

fordert, die GAP nicht regelungs-, sondern ergebnisorientiert zu gestalten, und fordert alle Mitgliedstaaten und ihre regionalen Behörden auf, den Landwirten über Beratungsinstrumente und geeignete Kommunikationsmethoden mehr Unterstützung und Beratung anzubieten;

7.

erwartet, dass im Einklang mit den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung alle künftigen Rechtsvorschriften mit einer umfassenden Folgenabschätzung unter Berücksichtigung des Regelungs- und Verwaltungsaufwands einhergehen werden und dass sichergestellt wird, dass alle neuen Regelungen in einem angemessenen Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen;

8.

ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit die Selbstzertifizierung gestatten sollten;

9.

ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der ländlichen Entwicklungspläne die Möglichkeit haben sollten, besonders für kleine Betriebe eine pauschale Grundstücksregelung einzuführen, unter der Voraussetzung, dass die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen garantiert ist;

10.

erkennt an, dass der Grundsatz der Cross-Compliance als eines der Schlüsselkonzepte für die Direktzahlungen im Rahmen der GAP von Bedeutung ist, dass aber dabei eine erhebliche Vereinfachung zu empfehlen ist, ohne dadurch die Wirksamkeit dieser Zahlungen einzuschränken;

11.

hebt mit Nachdruck hervor, dass die GAP einfacher, transparenter und gerechter gestaltet werden muss;

12.

betont, dass sich die Vereinfachung der GAP nicht unbedingt in geringeren Beihilfen für die Landwirte und einem Abbau der herkömmlichen Marktsteuerungsinstrumente niederschlagen muss; fordert, dass die Europäische Union mit Blick auf die Zukunft wirksame Mechanismen in Gang setzt, mit denen Preisschwankungen entgegengewirkt wird;

13.

betont, dass die Vereinfachung der GAP von Informationsmaßnahmen begleitet werden muss, die an die Begünstigten der GAP gerichtet sind, und fordert die Kommission auf, entsprechende Maßnahmen auszuweiten bzw. auszuarbeiten;

14.

fordert die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Fehlerkorrektur, die es dem Zahlungsempfänger erlaubt, bei einem ungewollten Selbstverschulden die Behörden zu informieren, ohne dass dadurch Strafgelder fällig werden;

15.

weist darauf hin, dass die über Landwirte für Falschangaben in Zahlungsanträgen verhängten Sanktionen verhältnismäßig zu der Schwere der Verstöße sein müssen und im Falle von geringfügigen Fehlern, und insbesondere von solchen, die nicht durch den Landwirt verschuldet wurden, keine Sanktionen verhängt werden sollten;

16.

weist darauf hin, dass bei Umständen, die sich objektiv der Kontrolle des Landwirts entziehen, keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen, z. B. in Form einer Rückzahlung der erhaltenen Mittel, verhängt werden sollten;

17.

weist auf das Problem von Landwirten hin, die verheiratet sind, aber getrennte landwirtschaftliche Betriebe unterhalten und denen daher individuelle Rechte und Pflichten hinsichtlich der Beantragung von GAP-Zahlungen eingeräumt werden sollten;

Cross-Compliance

18.

ist der Auffassung, dass das grundlegende Ziel von Kontrollen darin besteht, die Landwirte zu beraten und entsprechend anzuleiten, damit sie die Rechtsvorschriften mit möglichst geringem Aufwand besser einhalten; ist daher der Ansicht, dass die Inspektionen weiter von einer öffentlichen Stelle durchgeführt werden müssen, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleistet;

19.

betont, dass nach Angaben der Vereinten Nationen die weltweite Nahrungsmittelerzeugung bis zum Jahr 2050 um 70 % ansteigen muss, um den Bedarf von neun Milliarden Menschen zu decken;

20.

vertritt die Auffassung, dass die Verpflichtungen im Rahmen der Cross-Compliance auch unter Berücksichtigung der Betriebsgröße festgelegt werden müssen, indem kleinere Betriebe, die ein geringeres Risiko darstellen, weniger stark belastet werden;

21.

betont, dass in Fällen, in denen die Mitgliedstaaten Sanktionen gegen Landwirte wegen Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften anwenden, diese Sanktionen transparent, einfach und verhältnismäßig angewandt werden müssen und dass dabei den Gegebenheiten vor Ort Rechnung getragen werden muss;

22.

ist der Auffassung dass die verbindlichen Vorschriften für die Kontrolle der Cross-Compliance für Landwirte und Kontrollbehörden leicht verständlich sein sollten;

23.

ist der Auffassung, dass das grundlegende Ziel von Kontrollen darin besteht, die Landwirte zur besseren Einhaltung von Rechtsvorschriften anzuhalten und dass die jährlichen Kontrollen der Cross-Compliance in Bezug auf die Einhaltung der Grundanforderungen an die Betriebsführung verringert oder durch Stichprobenkontrollen ersetzt werden können, falls es in den letzten Jahren nur zu wenigen Verstößen gekommen ist;

24.

betont, dass das Erfordernis von Nachkontrollen bei geringen Verstößen (Bagatellgrenze) auf Stichproben reduziert werden sollte;

25.

vertritt die Auffassung, dass Grundanforderungen an die Betriebsführung, die nicht ohne weiteres kontrolliert werden können und nicht messbar sind, entfallen sollten;

26.

ist der Ansicht, dass es den Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls den regionalen und den lokalen Behörden gestattet werden sollte, die Kontrollquote auf ein bestimmtes Mindestmaß zu senken, wenn sie über ein System der Risikoanalyse verfügen, das den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft entspricht, und wenn sie nachweisen, dass die Vorschriften in hohem Maße eingehalten wurden;

27.

fordert die Einführung eines dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Systems zur Risikoanalyse in jedem Mitgliedstaat, um die Kontrollquote auf ein bestimmtes Mindestmaß zu senken;

28.

vertritt die Auffassung, dass mehr Unterstützung und Beratung mithilfe wirksamer Informations- und Beratungsinstrumente, wie z. B. eines Telefonhilfsdienstes oder des Internets, dazu beitragen würden, Verstöße zu verhindern, und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen würden, ihre Kontrollquote stetig zu senken;

29.

hält eine Koordinierung der durchzuführenden bzw. bereits durchgeführten Kontrollen bei den landwirtschaftlichen Betrieben durch die verschiedenen für die Kontrollen zuständigen Stellen für notwendig, um die Zahl der Kontrollbesuche in den Betrieben zu verringern;

30.

ist der Ansicht, dass ein sowohl an die Landwirte als auch an die Verbraucher gerichteter Informationsplan über die Cross-Compliance erstellt werden muss, durch den möglichst umfassende Informationen bereitgestellt werden über die mit der Cross-Compliance verbundenen Verpflichtungen und den Nutzen aus öffentlichen Gütern und Dienstleistungen, die gerade von Landwirten, die die Verpflichtungen der Cross-Compliance erfüllen, erzeugt bzw. erbracht werden;

31.

ist der Ansicht, dass die Zahl der Cross-Compliance-Vorschriften zu reduzieren und der Geltungsbereich zu aktualisieren ist;

32.

fordert die Zulassung eines praktikablen und transparenten Indikatorensystems im Sinne einfacherer Beurteilungsinstrumente für Cross-Compliance-Kontrollen sowie den Wegfall des derzeitigen Systems bzw. der Möglichkeit von Doppel- und Mehrfachstrafen für einen Fehler; fordert die Kommission auf, das Ungleichgewicht zwischen den Verstößen in der Tierkennzeichnung mit einem Anteil von rund 70 % an der Gesamtzahl aller Verstöße und den anderen Anforderungen zu analysieren und entsprechende Änderungen vorzunehmen;

33.

vertritt die Auffassung, dass die Cross-Compliance-Verpflichtungen in einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst werden müssen; vertritt die Auffassung, dass für die von den landwirtschaftlichen Betrieben bewirkten positiven externen Effekte im Sinne öffentlicher Güter und Dienstleistungen ein gerechter Ausgleich geleistet werden muss;

34.

fordert die Beibehaltung bestimmter genauer und unveränderter Cross-Compliance-Regeln, denen die Mitgliedstaaten zustimmen und die sie einhalten können;

Direktzahlungen

35.

ist der Ansicht, dass Landwirte Zugang zu funktionstüchtigen Systemen haben müssen, über die sie einfach und ohne überflüssige Bürokratie und im Normalfall direkt an ihrem Wohnort Anträge auf Direktzahlungen stellen können;

36.

ist der Ansicht, dass zur Vereinfachung der Vorschriften für die Betriebsprämienregelung die alljährliche Bereitstellung derselben detaillierten Angaben entfallen sollte;

37.

ist der Auffassung, dass weniger Angaben bei der Antragstellung notwendig sind, da die benötigten Angaben bei den Zahlstellen der Mitgliedstaaten abgerufen werden können;

38.

fordert die Zulassung von flexibleren Auszahlungsmodalitäten, die es ermöglichen, auch vor einem endgültigen Abschluss aller Kontrollen Auszahlungen vorzunehmen;

39.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Definition von beihilfefähigen Flächen und ihre Auslegung in den Mitgliedstaaten zu prüfen;

40.

ist der Ansicht, dass die derzeitige Definition des Begriffs „landwirtschaftliche Tätigkeit“ für die Zwecke der einheitlichen Betriebsprämie überprüft werden sollte, um sicherzustellen, dass Antragsteller, die keine aktiven Landwirte sind, für die Zahlung der Prämie nicht in Betracht kommen;

41.

ist der Auffassung, dass bei dem zukünftigen System die Grundsätze der Vereinfachung berücksichtigt werden und dass Vereinfachung, Transparenz und Gerechtigkeit die wichtigsten Prioritäten der Reform der GAP sein sollten;

42.

fordert die Kommission auf, das Audit- und Rechnungsabschlussverfahren erneut zu überprüfen;

43.

vertritt die Ansicht, dass die Kommission einen angemesseneren und letzten Endes einen risikoorientierten Ansatz für die Anwendung von regulatorischen Kontrollen, die Durchführung von Konformitätsprüfungen und die Auferlegung von finanziellen Berichtigungen annehmen sollte;

44.

fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, auf deren Grundlage der Rechnungsprüfungs- und Kontrollrahmen für die GAP verbessert werden könnte;

45.

vertritt die Auffassung, dass die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden erheblichen Unterschiede bei den Direktzahlungen verhindert werden müssen, um die Gleichbehandlung der Landwirte in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen und um Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern;

46.

erkennt, dass die Landwirte im Hinblick auf die Bewältigung der ökologischen Herausforderungen, einschließlich der Anpassung an den Klimawandel und der Abschwächung der Folgen des Klimawandels, eine wichtige Rolle bei der Festlegung der zur Erreichung dieser Ziele notwendigen praktischen Maßnahmen zu spielen haben, und ist der Ansicht, dass ergebnisorientierte Übereinkommen und nicht Rechtsvorschriften die besten Mittel sind, um diese Ziele zu erreichen;

47.

betont, dass die Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse durch eine Verringerung des Verwaltungsaufwands hinsichtlich ihrer Kontroll- und Berichtspflichten für die Landwirte attraktiver würden und die Landwirte somit ermutigt würden, sich zusammenzuschließen und gemeinsam zu handeln;

Entwicklung des ländlichen Raums

48.

betont, dass in dem Fall, in dem die Zahlungen auf der Grundlage einer bestehenden Zertifizierungsregelung erfolgen (z. B. Beihilferegelungen für den ökologischen Landbau und für Umweltmaßnahmen), eine einzige Prüfung ausreichend ist;

49.

nimmt mit Besorgnis die hohe Zahl an Fehlern in Anträgen auf Direktzahlungen zur Kenntnis, die in einigen Mitgliedstaaten festgestellt worden sind; betont, dass diese Fehler in den meisten Fällen auf die verwendeten orthofotografischen Geräte zurückzuführen und nicht den Landwirten zuzuschreiben sind; fordert, dass solche Fehler nur im Falle offensichtlicher Betrugsversuche bestraft werden;

50.

vertritt die Auffassung, dass einander widersprechende Rechtsvorschriften (wie z. B. die Umweltschutzvorschriften und die Betriebsprämienregelung) berichtigt werden sollten, bevor sie für die Landwirte angewandt werden;

51.

ist der Ansicht, dass die Definitionen in den Rechtsvorschriften über die Entwicklung des ländlichen Raums überprüft, und, falls erforderlich, erweitert werden sollten, um sicherzustellen, dass sie in Einklang mit den Rechtsvorschriften über die Direktzahlungen stehen;

52.

ist der Ansicht, dass die Transparenz bei den Sanktionen und den Verpflichtungen für die Landwirte erhöht werden sollte;

53.

fordert die Einführung einer genauen Definition der Pflichten der Landwirte, um den Mangel an Transparenz hinsichtlich der verhängten Strafen zu beseitigen;

54.

wünscht für die Kontrolle dieser Regelungen die Anwendung eines weiter gefassten, längerfristigen Konzepts, das sich nicht auf spezifische Fehlerquoten konzentriert, die sich aus Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums bzw. Umweltschutzmaßnahmen ergeben, sondern bei dem stattdessen größeres Gewicht auf die letztendlichen Auswirkungen und Resultate gelegt wird;

55.

betont, dass das derzeitige komplexe Indikatorensystem überprüft und vereinfacht werden muss und dass durch das Monitoringsystem, die Jahresberichte sowie durch Ex-ante-, Halbzeit- und Ex-post-Bewertungen ein viel zu komplexes Indikatoren- und Berichtssystem entstanden ist;

56.

fordert die Kommission auf, die künftige Nutzung von ergebnisorientierten Übereinkommen als ein einfaches und effizienteres Mittel für die Bereitstellung öffentlicher Güter zu prüfen;

57.

fordert die Einführung eines vereinfachten und einheitlichen Indikatorensystems, das einfacher zu verstehen und anzuwenden ist sowie sachdienliche Beurteilungen erleichtern und zu einem Abbau von Bürokratie beitragen würde;

58.

ist der Ansicht, dass die Vorschriften für die Förderfähigkeit der Mehrwertsteuer, die im Rahmen der zweiten Säule der GAP zu finanzieren ist, insbesondere für die Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, mit den Vorschriften für die Strukturfonds harmonisiert werden sollten;

59.

betont, dass die Vereinfachung der GAP mit einer Vereinfachung ihrer Durchführung einhergehen muss, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die bürokratischen Formalitäten zu minimieren, die von potenziellen Begünstigten der GAP, insbesondere im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums, verlangt werden;

60.

fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer nationalen Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes potenziellen Begünstigten Systeme zur Verfügung zu stellen, die Transparenz gewährleisten, und ihnen die nötige Zeit einzuräumen, um Beihilfeanträge auszufüllen und den unterschiedlichen Kriterien der Beihilferegelungen zu genügen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass diese Angelegenheit in den bilateralen Gesprächen mit den Mitgliedstaaten dauerhaft präsent ist;

Kennzeichnung von Tieren

61.

fordert die Kommission auf, das in den einzelnen Mitgliedstaaten verwendete System zur Kennzeichnung von Tieren zu prüfen und auf ein einheitliches System zur Kennzeichnung von Tieren hinzuwirken, mit dem sichergestellt wird, dass unnötige Rechtsvorschriften beseitigt werden, und dabei insbesondere die Erzeuger- und die Betriebsnummern, die Zahl der erforderlichen Register und die Unterscheidung zwischen Erzeuger und Betrieb zu prüfen;

62.

fordert eine weitgehende Harmonisierung der derzeit sehr differenzierten Tierkennzeichnungsvorschriften;

63.

vertritt die Ansicht, dass die Erfassung der Verbringung von Schafen und Ziegen und die Informationsübermittlung an die Datenbanken und Behörden möglichst stark vereinfacht werden sollte, wobei alle verfügbaren Kommunikationsmittel, einschließlich neuer Technologien, zulässig sein sollten;

64.

ist der Auffassung, dass für Schafe und Ziegen, ähnlich wie bei Schweinen, eine Herdenkennzeichnung ausreichend ist;

65.

fordert angesichts der Wirtschaftskrise und der hohen Kosten, die mit der elektronischen Kennzeichnung von Schafen und Ziegen verbunden sind, einen Aufschub dieser zum 31. Dezember 2009 eingeführten Pflicht;

66.

fordert eine Amnestie von drei Jahren für Cross-Compliance-Sanktionen hinsichtlich der elektronischen Kennzeichnung von Schafen und Ziegen, da es sich dabei um eine neue und komplexe Technik handelt und die Landwirte einige Zeit benötigen werden, um sich an diese Technik zu gewöhnen und sie zu erproben; fordert die Kommission außerdem auf, eine eingehende Überprüfung der Regelung vorzunehmen;

*

* *

67.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/38


Dienstag, 18. Mai 2010
Neue Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen

P7_TA(2010)0173

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu neuen Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen (2009/2175(INI))

2011/C 161 E/06

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und unter besonderer Berücksichtigung der Änderungen durch den Vertrag von Lissabon,

unter Hinweis auf die Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG zur Vergabe öffentlicher Aufträge und der Richtlinie 2007/66/EG zu Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. November 2009„Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften“ (KOM(2009)0615),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Mai 2009„Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: Die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte“ (KOM(2009)0215),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Juli 2008„Umweltorientiertes Öffentliches Beschaffungswesen“ (KOM(2008)0400),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen vom 5. Februar 2008 in Bezug auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen auf institutionalisierte Öffentlich Private Partnerschaften (IÖPP) (K(2007)6661),

unter Hinweis auf den Leitfaden für bewährte Verfahren zur Erleichterung des Zugangs kleiner und mittlerer Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen (Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SEK(2008)2193),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen vom 1. August 2006 in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen (1),

unter Hinweis auf folgende Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH):

19. April 2007, Rechtssache C-295/05 (Tragsa),

18. Dezember 2007, Rechtssache C-532/03, Kommission / Irland (Irische Rettungsdienste),

13. November 2008, Rechtssache C-324/07 (Coditel Brabant),

9. Juni 2009 Rechtssache C-480/06, Kommission / Deutschland (Stadtreinigung Hamburg),

10. September 2009, Rechtssache C-206/08 (Eurawasser),

9. Oktober 2009, Rechtssache C-573/07 (Sea Srl),

15. Oktober 2009, Rechtssache C-196/08 (Acoset),

15. Oktober 2009, Rechtssache C-275/08, Kommission / Deutschland (Datenzentrale Baden-Württemberg),

25. März 2010, Rechtssache C-451/08 (Helmut Müller),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 10. Februar 2010 zum Thema „Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: Die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte“ (RELEX-IV-026),

unter Hinweis auf folgende Studien:

„Evaluation of Public Procurement Directives Markt/2004/10/D Final Report“, Europe Economics vom 15. September 2006,

„The Institutional Impacts of EU Legislation on Local and Regional Governments: A Case Study of the 1999/31/EC Landfill Waste and 2004/18/EC Public Procurement Directives“, European Institute of Public Administration (EIPA) vom September 2009,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Februar 2009 zu vorkommerzieller Auftragsvergabe: Innovationsförderung zur Sicherung tragfähiger und hochwertiger öffentlicher Dienste in Europa (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Juni 2007 zu den spezifischen Problemen bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Oktober 2006 zu öffentlich-privaten Partnerschaften und die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2006 zu fairem Handel und Entwicklung (5),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel und des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0151/2010),

A.

in der Erwägung, dass die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise die große wirtschaftliche Bedeutung der Vergabe öffentliche Aufträge deutlich gemacht hat, in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Krise auf die Kommunen bereits deutlich sichtbar sind, und in der Erwägung, dass die öffentlichen Verwaltungen dennoch nur dann ihre Aufgaben im allgemeinen Interesse gut erfüllen können, wenn sie dabei die erforderliche Rechtssicherheit genießen und die Vergabeverfahren nicht zu komplex sind,

B.

in der Erwägung, dass ein gut funktionierender Vergabemarkt für den Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung ist, um den staatenübergreifenden Wettbewerb anzuregen, Anreize für Innovationen zu schaffen, eine Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen zu fördern und einen optimalen Wert für die staatlichen Behörden zu erzielen,

C.

in der Erwägung, dass die Rechtsvorschriften über öffentliche Aufträge dazu dienen, den korrekten und effizienten Umgang mit öffentlichen Mitteln zu gewährleisten und interessierten Unternehmen die Möglichkeit zu geben, öffentliche Aufträge in einem fairen Wettbewerb zu erhalten,

D.

in der Erwägung dass die Überarbeitung der Richtlinien über öffentliche Aufträge aus dem Jahr 2004 zu einfacheren, moderneren und flexibleren Verfahren sowie zu größerer Rechtssicherheit führen sollte,

E.

in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon erstmals das Selbstverwaltungsrecht von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Primärrecht der Europäischen Union anerkannt, das Subsidiaritätsprinzip gestärkt und das Recht auf Klage vor dem EuGH für sowohl die nationalen Parlamente als auch den Ausschuss der Regionen eingeführt hat,

F.

in der Erwägung, dass es in diesem Bereich unverhältnismäßig viele Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegeben hat, was darauf schließen lässt, dass viele Mitgliedstaaten sich mit der Einhaltung der Richtlinien über öffentliche Aufträge schwer getan haben,

G.

in der Erwägung, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Begriff der sozialen Marktwirtschaft, eine Sozialklausel und ein Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse mit Definitionen der gemeinsamen Werte der Union enthält, damit gewährleistet wird, dass sich die europäische Politik entsprechend den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger Europas entwickelt,

H.

in der Erwägung, dass nach dem IAO-Übereinkommen 94 allgemeine öffentliche Aufträge Klauseln enthalten müssen, die eine angemessene Entlohnung sowie Arbeitsbedingungen gewährleisten, die nicht schlechter sind als die Bedingungen, die z. B. aufgrund eines Tarifvertrags gelten,

Allgemeines und Empfehlungen

1.

bedauert, dass die Ziele, die mit der Revision der Richtlinien über öffentliche Aufträge aus dem Jahr 2004 angestrebt wurden, bisher insbesondere hinsichtlich der Vereinfachung des Auftragswesens sowie der Herstellung größerer Rechtssicherheit nicht erreicht wurden; hofft aber, dass die jüngsten EuGH-Urteile zu einer Klärung der offenen Rechtsfragen beitragen und dass die Zahl der Beschwerdeverfahren zurückgehen wird; fordert die Kommission auf, bei jeglicher Überprüfung der europäischen Regelungen die Ziele der Vereinfachung und der Straffung des Verfahrens der Vergabe öffentlicher Aufträge im Blick zu haben und nachdrücklich zu verfolgen;

2.

bedauert, dass die geltenden Vorschriften – verbunden mit unvollständigen Durchführungsmaßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene, der Vielzahl von Soft-law-Vorschlägen der Kommission sowie der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen durch europäische und nationale Gerichte – zu einem komplexen und unübersichtlichen Rechtsregime geführt hat, das vor allem öffentliche Körperschaften, Privatunternehmen, aber auch die Erbringer von Diensten von allgemeinem Interesse vor schwierige Rechtsprobleme stellt, die sie ohne erhöhten Aufwand oder externe Rechtsberatung nicht mehr bewältigen können; fordert die Kommission eindringlich auf, Abhilfe zu schaffen und im Rahmen der Initiative für eine bessere Rechtsetzung auch die Auswirkungen von Soft-law-Vorschlägen zu untersuchen, solche Vorschläge auf die wesentlichen Aspekte zu begrenzen und sie im Sinn von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der fünf Grundsätze des Weißbuchs „Europäisches Regieren“ (Offenheit, Partizipation, Rechenschaftspflicht, Effektivität und Kohärenz) zu begutachten;

3.

weist darauf hin, dass die öffentlichen Beschaffer infolge dieser Entwicklung häufig der Rechtssicherheit Vorrang vor politischen Erfordernissen geben und angesichts des Drucks auf die öffentlichen Haushalte den Auftrag bzw. die Dienstleistung oft an den billigsten Anbieter anstatt an den Anbieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot vergeben müssen; befürchtet, dass dadurch die Innovationsgrundlage der EU und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf der Welt geschwächt werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, diesem Zustand abzuhelfen und strategische Fördermaßnahmen zu entwickeln, durch die die öffentlichen Beschaffer die Befugnis erhalten, Aufträge an die wirtschaftlichsten und höchstwertigen Angebote zu vergeben;

4.

macht deutlich, dass europäische Initiativen im Bereich der öffentlichen Aufträge besser koordiniert werden müssen, um nicht die Kohärenz mit den Richtlinien über öffentliche Aufträge zu gefährden und die Anwender vor rechtliche Probleme zu stellen; fordert deshalb eine verbindliche Koordination innerhalb der Kommission unter Führung der für öffentliche Aufträge zuständigen Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen und unter Beteiligung der weiteren einschlägigen Generaldirektionen; fordert eine einheitliche Webpräsenz und eine regelmäßige Unterrichtung der öffentlichen Auftraggeber, um die Transparenz und Anwenderfreundlichkeit der Rechtsetzung zu verbessern;

5.

beklagt die mangelnde Transparenz hinsichtlich der Zusammensetzung und der Arbeitsergebnisse der kommissionsinternen Beratungsgruppe für öffentliche Auftragsvergabe (BAÖA) oder der Rolle und der Zuständigkeiten des Beratenden Ausschusses für die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens (BAÖÖA) und fordert die Kommission auf, für eine ausgewogene Zusammensetzung – einschließlich der Gewerkschaften und der Vertreter des Wirtschaftslebens, insbesondere der KMU – sowohl bei diesem Ausschuss als auch bei dem neugeplanten Beratenden Ausschuss zu öffentlich-privaten Partnerschaften und für Transparenz zu sorgen; fordert, das Europäische Parlament ordnungsgemäß zu unterrichten und es in jeder Phase und am Ende des Prozesses mit allen verfügbaren Informationen zu versorgen;

6.

ist der Ansicht, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge transparent sein und öffentlicher Überwachung unterliegen sollte, da sie öffentliche Mittel betrifft; ersucht die Kommission um Klarstellung, um sicherzustellen, dass die örtlichen und anderen Verwaltungen Rechtssicherheit haben und die Bürger über ihre vertraglichen Verpflichtungen unterrichten können;

7.

betont, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge transparent und unter Gleichbehandlung aller Interessenten erfolgen muss und dass das ausschlaggebende Kriterium das Preis-Leistungs-Verhältnis ist, damit das beste – nicht nur das billigste – Angebot den Zuschlag erhält;

8.

fordert die Kommission auf, eine Ex-post-Bewertung der Richtlinien über öffentliche Aufträge vorzunehmen und dabei die Positionen dieses Berichts zu berücksichtigen; erwartet, dass diese Überprüfung unter breiter Beteiligung aller interessierten Kreise und in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament erstellt wird; befürwortet bei einer Revision die Berücksichtigung des gesamten Rahmens und die Einbeziehung der Richtlinie über Rechtsmittel bei öffentlichen Aufträgen sowie einer Analyse der nationalen Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie über Rechtsmittel bei öffentlichen Aufträgen, um einer weiteren Zersplitterung des Rechts der Vergabe öffentlicher Aufträge entgegenzutreten; ist der Ansicht, dass sich die praktischen Auswirkungen dieser Richtlinie derzeit noch nicht beurteilen lassen, da sie noch nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt ist;

Öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit

9.

erinnert daran, dass der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon erstmals im Primärrecht der Europäischen Union das Recht auf regionale und kommunale Selbstverwaltung anerkennt (Artikel 4 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union); hebt hervor, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren Urteilen das kommunale Selbstverwaltungsrecht bereits aufgegriffen und darauf verwiesen hat, „dass eine öffentliche Stelle ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen kann“ (Urteil in der Rechtssache C-324/07); verweist zudem auf das Urteil der Großen Kammer des EuGH vom 9. Juni 2009 (Rechtssache C-480/06), das ergänzend festgehalten hat, dass das Gemeinschaftsrecht den öffentlichen Stellen für die gemeinsame Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben keine spezielle Rechtsform vorschreibt; sieht öffentlich-öffentliche Partnerschaften, wie die kommunalen Kooperationen und Formen der innerstaatlichen Zusammenarbeit, infolgedessen unter folgenden kumulativen Kriterien als vergaberechtsfrei an:

es handelt sich um die Erbringung einer allen beteiligten Kommunen obliegenden öffentlichen Aufgabe,

die Aufgabe wird ausschließlich durch öffentliche Stellen, also ohne Beteiligung Privater, wahrgenommen,

die Tätigkeit wird im Wesentlichen für die beteiligten öffentlichen Stellen verrichtet;

10.

weist auf die Klarstellung der Kommission hin, wonach nicht jede Maßnahme der öffentlichen Verwaltungen dem Vergaberecht unterliegt, und stellt fest, dass den Mitgliedstaaten, soweit die EU-Rechtsvorschriften nicht die Schaffung eines Marktes in einem bestimmten Bereich zwingend erforderlich machen, die Entscheidung überlassen bleibt, ob und in welchem Umfang sie öffentliche Aufgaben selbst wahrnehmen wollen;

11.

weist darauf hin, dass die Schlussfolgerungen des EuGH in der genannten Entscheidung nicht nur unmittelbar der Zusammenarbeit von Kommunen gelten, sondern allgemeingültig sind, sodass sie auf die Kooperation anderer öffentlicher Auftraggeber zu übertragen sind;

12.

weist darauf hin, dass der EuGH in seinem Urteil vom 10. September 2009 (Rechtssache C-573/07) entschieden hat, dass die reine Möglichkeit einer Öffnung des Kapitals einer bisher öffentlichen Gesellschaft für private Investoren nur dann im Hinblick auf eine Vergaberechtspflicht zu berücksichtigen ist, wenn sich die Art der öffentlichen Kapitalgesellschaft während der Geltungsdauer der Vergabe und damit die Grundvoraussetzung der Vergabe ändern und ein neues Ausschreibungsverfahren erforderlich wird; stellt fest, dass die Vorschriften im Bereich der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit auf Grund der Rechtsprechung des EuGH eine bedeutende Entwicklung erfahren haben, und begrüßt die jüngsten Urteile des Gerichtshofs in diesem Bereich; fordert deshalb die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Informationen über die rechtlichen Konsequenzen dieser Urteile allgemein zu verbreiten;

Dienstleistungskonzessionen

13.

weist darauf hin, dass Dienstleistungskonzessionen nach Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 2004/17/EG und Artikel 4 der Richtlinie 2004/18/EG Verträge sind, bei denen „die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“; betont, dass Dienstleistungskonzessionen von den Richtlinien über öffentliche Aufträge ausgenommen wurden, um Auftraggebern und Auftragnehmern mehr Flexibilität zu ermöglichen; erinnert daran, dass auch der EuGH in mehren Urteilen bekräftigt hat, dass Dienstleistungskonzessionen nicht unter diese Richtlinien fallen, jedoch unter die allgemeinen Grundsätze des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Verbot der Diskriminierung, Gleichbehandlungsgebot und Transparenz), und dass es öffentlichen Auftraggebern freistehen muss, Dienstleistungen mittels einer Konzession erbringen zu lassen, wenn sie der Auffassung sind, dass die Erbringung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Leistung so am besten sicherzustellen ist, und zwar selbst dann, wenn das mit der Nutzung verbundene Risiko aufgrund der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Dienstleistung zwar erheblich eingeschränkt ist, dieses eingeschränkte Betriebsrisiko aber vollständig übertragen wird (Urteil in der Rechtssache C-206/08 vom 10. September 2009, Randnummern 72–75);

14.

nimmt die Mitteilung der Kommission vom 19. November 2009 zum Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften zur Kenntnis und sieht der entsprechenden Folgeeinschätzung mit großem Interesse entgegen; erwartet, dass die Kommission Lehren aus dem Scheitern der öffentlich-privaten Partnerschaften zieht; betont, dass sowohl die Komplexität der Verfahren als auch die großen Unterschiede in Rechtskultur und Rechtspraxis in den Mitgliedstaaten bei Dienstleistungskonzessionen angemessen berücksichtigt werden müssen; ist der Auffassung, dass die Richtlinien über öffentliche Aufträge aus dem Jahr 2004 und die ergänzende Rechtsprechung des EuGH bestimmend für die Definition der Dienstleistungskonzession und deren rechtlichen Rahmen gewesen sind; erklärt mit Nachdruck, dass ein Vorschlag für einen Rechtsakt über Dienstleistungskonzessionen nur dann gerechtfertigt wäre, wenn durch ihn Verzerrungen beim Funktionieren des Binnenmarkts abgestellt werden sollen; weist darauf hin, dass derartige Verzerrungen bisher noch nicht festgestellt worden sind, und dass ein Rechtsakt über Dienstleistungskonzessionen deshalb nicht erforderlich ist, solange er nicht eine merkliche Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts bezweckt;

Öffentlich-private Partnerschaften

15.

begrüßt die rechtliche Klärung der Bedingungen, unter denen das Vergaberecht bei institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften Anwendung findet, gerade angesichts der großen Bedeutung, die die Kommission ihnen in ihrer Mitteilung vom 19. November 2009 bei der Bekämpfung des Klimawandels, der Förderung regenerativer Energiequellen und des nachhaltigen Verkehrs beimisst; weist darauf hin, dass die Richtlinien über öffentliche Aufträge immer dann Anwendung finden, wenn ein Unternehmen mit einem noch so geringen privaten Anteil beauftragt werden soll; betont aber, dass sowohl die Kommission in ihrer Mitteilung vom 5. Februar 2008 als auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Oktober 2009 (Rechtssache C-196/08) festgestellt haben, dass für die Beauftragung und Übertragung bestimmter Aufgaben an eine neu gegründete öffentlich-private Partnerschaft keine doppelte Ausschreibung notwendig ist; hebt jedoch hervor, dass folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, damit die Übertragung einer Konzession auf ein zuvor für diesen Zweck gegründetes gemischt öffentlich-privates Unternehmen ausschreibungsfrei möglich ist:

die Auswahl des privaten Gesellschafters erfolgt mittels eines transparenten Verfahrens einschließlich der Veröffentlichung vor dem Auftrag, nachdem die finanziellen, technischen, operativen und verwaltungstechnischen Anforderungen sowie die Charakteristika des Angebots hinsichtlich der zu erbringenden Dienstleistung überprüft worden sind;

das gemischt öffentlich-private Unternehmen behält während der gesamten Dauer der Konzession seinen Gesellschaftszweck unverändert bei; eine wesentliche Änderung des Gesellschaftszwecks oder der übertragenen Aufgabe hätte nach Ansicht des EuGH die Verpflichtung zur erneuten Ausschreibung zur Folge;

hält deshalb auch die Frage der Anwendung des Vergaberechts auf institutionalisierte öffentlich-private Partnerschaften für geklärt und bittet die Kommission und die Mitgliedstaaten dies entsprechend zu kommunizieren;

16.

betont jedoch, dass die Finanzkrisen der jüngsten Zeit die Art und Weise, in der öffentlich-private Partnerschaften finanziert und die finanziellen Risiken gemeinsam getragen werden, in einem neuen Licht erscheinen lassen; fordert die Kommission auf, die mit der Errichtung von ÖPP verbundenen finanziellen Risiken angemessen zu bewerten;

Städteplanung/Stadtentwicklung

17.

begrüßt das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-451/08; ist der Auffassung, dass die weit gesteckten und ehrgeizigen Zielsetzungen der Richtlinie, obwohl sie bei der Auslegung der Richtlinie berücksichtigt werden müssen, nicht zu der Auffassung führen dürfen, dass deren Anwendungsbereich unter Berufung auf ihr Ziel unbegrenzt ausgedehnt werden könnte, weil sonst die Gefahr bestünde, dass jede städtebauliche Tätigkeit unter die Richtlinie fällt, da die Maßnahmen, mit denen die Bebauungsmöglichkeit geregelt wird, definitionsgemäß – und auch substanziell – den Wert der Grundstücke ändern, auf die sie sich beziehen; ist der Auffassung, dass das Vergaberecht in den letzten Jahren in Bereiche eingedrungen ist, die originär nicht der hoheitlichen Beschaffung zuzurechnen sind, und regt daher an, das Merkmal der Beschaffung bei der Anwendung der Vergaberechtsvorschriften wieder stärker in den Vordergrund zu rücken;

Auftragsvergabe unterhalb des Schwellenwerts

18.

erinnert daran, dass sich das Europäische Parlament der Klage Deutschlands gegen die Kommission vor dem EuGH vom 14. September 2006 gegen die Mitteilung der Kommission vom 1. August 2006 zu „Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen“ angeschlossen hat, und erwartet eine baldige Entscheidung;

Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen

19.

fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Richtlinien über öffentliche Aufträge auf Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen zu bewerten, vor allem in deren Eigenschaft als Unterauftragnehmer, und im Hinblick auf eine künftige Überarbeitung der Richtlinien zu beurteilen, ob wir weitere Vorschriften für die Vergabe von Unteraufträgen benötigen, um insbesondere zu verhindern, dass KMU als Unterauftragnehmer schlechtere Bedingungen erhalten als der Hauptauftragnehmer des öffentlichen Auftrags;

20.

fordert die Kommission auf, die Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu vereinfachen, um es sowohl den Gebietskörperschaften als auch den Unternehmen zu ersparen, viel Zeit und Geld nur für bürokratische Formalitäten aufzuwenden; betont, dass KMU dank einer Vereinfachung der Verfahren leichter Zugang erhalten und sich in gleichberechtigterer und fairerer Weise beteiligen können;

21.

vertritt die Auffassung, dass die Vergabe von Unteraufträgen eine Form der Arbeitsorganisation ist, die den fachspezifischen Aspekten der Ausführung von Arbeiten entspricht; betont, dass in die Verträge über Unteraufträge alle Verpflichtungen der Hauptauftragnehmer, insbesondere in Bezug auf das Arbeitsrecht und die Arbeitssicherheit, übernommen werden müssen. ist der Ansicht, dass es zu diesem Zweck angebracht wäre, eine zwischen Auftragnehmer und Unterauftragnehmer wechselseitig verknüpfte Verantwortung herzustellen;

22.

spricht sich für die systematische Zulassung von Alternativangeboten (oder Varianten) aus; erinnert daran, dass die Ausschreibungsbedingungen, insbesondere die Zulassung von Alternativangeboten, für die Förderung und Verbreitung innovativer Lösungen entscheidend sind; betont, dass Bedarfsbeschreibungen mit Verweis auf leistungsmäßige und funktionale Anforderungen und die ausdrückliche Zulassung von Varianten den Bietern die Möglichkeit geben, innovative Lösungen vorzuschlagen;

23.

tritt dafür ein, dass ein zentrales Interneteingangsportal für den Zugang zu sämtlichen Informationen über die Vergabe öffentlicher Aufträge eingerichtet wird, das als Netzwerk vor jeder Ausschreibung genutzt werden kann; stellt fest, dass angestrebt werden sollte, Schulungen und Informationen bereitzustellen, die Unternehmen auf die Vergaben auszurichten und den geltenden Rechtsrahmen zu erläutern, vor allem für die KMU (die im Allgemeinen nicht über eine große Anzahl von Human- und Verwaltungsressourcen verfügen, die sich mit der Terminologie und den Verfahren im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge auskennen), und dass sie auch durch spezielle Helpdesks dabei unterstützt werden könnten, ihre tatsächliche Fähigkeit, die Ausschreibungsbedingungen zu erfüllen, realistisch einzuschätzen und gegebenenfalls ihre Bieterunterlagen entsprechend zu erstellen;

24.

stellt fest, dass die KMU um den Zugang zum Markt der öffentlichen Beschaffung gekämpft haben und dass die Entwicklung einer „KMU-Strategie“ intensiver betrieben werden müsste; fordert die Mitgliedstaaten deshalb als Teil seiner Strategie auf, zusammen mit den vergebenden Einrichtungen darauf hinzuarbeiten, gegebenenfalls die Möglichkeiten zur Unterauftragsvergabe zu fördern, bewährte Methoden zu entwickeln und zu verbreiten, übermäßig mit Vorschriften versehene Vorqualifizierungsverfahren zu vermeiden, in Ausschreibungsunterlagen Standards zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Lieferanten nicht bei null anfangen müssen, und ein zentrales Werbeportal für Aufträge einzurichten; fordert die Kommission außerdem auf, eine Bestandsaufnahme der Initiativen der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet vorzunehmen und die umfassendere Verbreitung des Europäischen Kodex bewährter Praktiken des „Small Business Act“ zu fördern;

25.

bestärkt die Mitgliedstaaten darin, sich für die Schaffung eines Entwicklungsprogramms für Lieferanten einzusetzen, wie es in einigen Ländern bereits besteht; stellt fest, dass ein derartiges Instrument eingesetzt werden kann, um den Dialog zwischen Lieferanten und Beschaffern zu fördern und die Akteure in die Lage zu versetzen, bereits in einem frühen Stadium eines Beschaffungsverfahrens zusammenzutreffen; betont, dass ein derartiger Mechanismus für die Belebung der Innovation und die Verbesserung des Zugangs der KMU zu den Beschaffungsmärkten von wesentlicher Bedeutung ist;

26.

fordert die Kommission auf, mehr für eine gestärkte Rolle europäischer KMU im Rahmen internationaler öffentlicher Aufträge zu tun und sich intensiver darum zu bemühen, Diskriminierung zum Nachteil europäischer KMU zu unterbinden, indem sie Bestimmungen einführt, die den gezielten Bestimmungen entsprechen, die von einzelnen Vertragsparteien des Übereinkommens (wie Kanada und USA) angewandt werden; weist darauf hin, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz einzelstaatlicher Beschaffungsmärkte und des Zugangs zu ihnen den KMU helfen würden, Zugang zu solchen Märkten zu finden;

27.

fordert die Kommission auf, die Aufnahme einer Klausel in das neu ausgehandelte WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen zu veranlassen, durch die die Europäische Union bei der Auftragsvergabe den KMU Vorrang einräumen darf, und zwar nach dem Muster der Klauseln, die von anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens bereits angewendet werden;

Grüne Auftragsvergabe

28.

verweist auf die große Bedeutung des öffentlichen Beschaffungswesens für Klima- und Umweltschutz, Energieeffizienz, Innovation und Förderung des Wettbewerbs und bekräftigt, dass die öffentlichen Verwaltungen ermutigt und in die Lage versetzt werden sollen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ökologische, soziale und andere Kriterien zugrunde zu legen; begrüßt praktische Hilfestellungen, die Behörden und andere öffentliche Einrichtungen bei der nachhaltigen Beschaffung unterstützen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, das umweltorientierte öffentliche Beschaffungswesen als Instrument für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen;

29.

bekräftigt die bereits in seinem Bericht vom Februar 2009 enthaltene Forderung an die Kommission, ein Handbuch über die vorkommerzielle Auftragsvergabe herauszugeben, in dem praktische Beispiele der Nutzen-Risiko-Teilung gemäß den Marktbedingungen erläutert werden sollten; ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Rechte am geistigen Eigentum den Unternehmen zugewiesen werden müssen, die sich an der vorkommerziellen Auftragsvergabe beteiligen, wodurch das Verständnis bei den öffentlichen Verwaltungen gefördert und die Lieferanten ermutigt würden, sich an vorkommerziellen Beschaffungsverfahren zu beteiligen;

30.

begrüßt die Einrichtung des EMAS-Helpdesk der Europäischen Kommission, das Unternehmen und andere Organisationen mit praktischen Informationen und Unterstützung versorgt, um sie bei der Bewertung ihrer umweltorientierten Leistungen, der Berichterstattung darüber und ihrer Verbesserung im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge zu unterstützen; fordert die Kommission auf, die Entwicklung eines stärker themenbezogenen Onlineportals in Betracht zu ziehen, das praktische Ratschläge und Unterstützung für die Nutzer des öffentlichen Beschaffungsverfahrens, insbesondere die Akteure, die an komplexen und Gemeinschaftsarbeit erfordernden Beschaffungsverfahren teilnehmen, bieten könnte;

Sozial verantwortliches öffentliches Auftragswesen

31.

stellt die mangelnde Klarheit im Bereich des sozial verantwortlichen öffentlichen Auftragswesens heraus und fordert die Kommission auf, für diesen Bereich Hilfen in Form von Handbüchern bereit zu stellen; verweist in diesem Zusammenhang auf die veränderten Rahmenbedingen durch den Vertrag von Lissabon sowie die Charta der Grundrechte und erwartet, dass dies durch die Kommission entsprechend umgesetzt wird; macht auf die immanente Problematik deutlich, dass sich soziale Kriterien im Wesentlichen auf den Herstellungsprozess beziehen, sie im Endprodukt deshalb meist nicht erkennbar und bei globalisierter Produktion und komplexen Lieferketten nur schwer kontrollierbar sind; erwartet daher auch für den Bereich des sozial verantwortlichen öffentlichen Auftragswesens die Entwicklung präziser und überprüfbarer Kriterien bzw. die Entwicklung einer Datenbank mit produktspezifischen Kriterien; weist auf die Schwierigkeit und die Kosten für öffentliche Beschaffungsstellen hin, die Einhaltung dieser Kriterien zu verifizieren und fordert die Kommission auf, entsprechende Hilfestellungen anzubieten sowie Instrumente zu fördern, um die Verlässlichkeit von Lieferketten zu zertifizieren;

32.

fordert die Kommission auf, klarzustellen, dass die öffentlichen Verwaltungen ihr Auftragswesen sozialen Kriterien wie etwa der Einhaltung der Tariflöhne unterwerfen können; fordert die Kommission auf, Leitlinien oder andere praktische Hilfestellungen für öffentliche Verwaltungen und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften im Bereich der nachhaltigen Beschaffung zu erstellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, regelmäßige Schulungen und Sensibilisierungskampagnen durchzuführen; unterstützt einen transparenten Prozess unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten und lokalen Gebietskörperschaften zur weiteren Entwicklung der einschlägigen Kriterien; weist darauf hin, dass gerade im Bereich der sozialen Kriterien ein solcher Prozess erfolgversprechend ist;

33.

fordert die Kommission auf, die öffentlichen Verwaltungen darin zu bestärken, in ihren öffentlichen Ausschreibungen und ihrer Beschaffungspolitik Kriterien für den fairen Handel auf der Grundlage der Definition des fairen Handels gemäß der Entschließung des Europäischen Parlaments zu fairem Handel und Entwicklung vom 6. Juli 2006 und der jüngsten Mitteilung der Kommission vom 5. Mai 2009 zugrunde zu legen; bekräftigt ihre bereits früher ergangene Aufforderung an die Kommission, die Anwendung dieser Kriterien zum Beispiel durch die Ausarbeitung konstruktiver Leitlinien für die Beschaffung nach den Grundsätzen des fairen Handels zu fördern; begrüßt die einhellige Annahme der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 11. Februar 2010, in der eine gemeinsame europäische Strategie des fairen Handels für lokale und regionale Gebietskörperschaften gefordert wird;

Praktische Hilfe: Datenbank und Schulungskurse

34.

fordert den Aufbau einer laufend aktualisierten Datenbank für Standards, insbesondere für Umwelt- und Sozialkriterien, die den öffentlichen Verwaltungen zur Verfügung steht, um sicherzustellen, dass den Beschaffern eine angemessene Handreichung und ein eindeutiges Regelwerk bei der Ausarbeitung von Ausschreibungen vorliegen, um deren Übereinstimmung mit dem jeweiligen Standard leicht überprüfen zu können; erwartet, dass die Mitgliedstaaten und alle Beteiligten dabei voll einbezogen werden; betont, dass bei diesem Verfahren von unten nach oben die wertvollen Erfahrungen und das Wissen, die häufig auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene vorhanden sind, berücksichtigt werden sollten; macht ferner auf die negativen Auswirkungen eines fragmentierten Marktes durch die Vielzahl von regionalen, nationalen, europäischen und internationalen Labeln aufmerksam, die insbesondere in den Bereichen Innovation und Forschung bestehen;

35.

weist auf die Bedeutung von Standards für öffentliche Aufträge insofern hin, als sie den öffentlichen Beschaffern bei der Erreichung ihrer Ziele behilflich sein können und es ihnen ermöglichen, bewährte und erprobte Verfahren für die Beschaffung von Erzeugnissen und Dienstleistungen einzusetzen, was zu einer wirtschaftlicheren Ausschreibung führt und gewährleistet, dass die Auftragsvergabe mit anderen politischen Zielen wie der Nachhaltigkeit oder der Beauftragung kleiner Unternehmen übereinstimmt;

36.

erkennt an, dass Schulungskurse sowie der Erfahrungsaustausch zwischen öffentlichen Verwaltungen und Kommission für die Überwindung einiger der komplexen Gegebenheiten des Markts für öffentliche Aufträge von wesentlicher Bedeutung sind; ist jedoch darüber besorgt, dass derartige Initiativen durch immer knapper werdende Haushaltsmittel untergraben werden könnten; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission deshalb auf, die vorhandenen Ressourcen und Mechanismen, die in der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen sind, wie etwa Peer-Reviews, zu nutzen, um kleine Teams von Beschaffungsexperten aus einer Region dazu zu bewegen, die Aktivitäten einer anderen EU-Region zu überprüfen, was zur Vertrauensbildung und zur Handhabung bewährter Praktiken in verschiedenen Mitgliedstaaten beitragen könnte;

37.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Schulungen und Kampagnen zur Sensibilisierung der lokalen Gebietskörperschaften und politischen Entscheidungsträger unter Einbeziehung der anderen Interessenträger, insbesondere der Erbringer sozialer Dienstleistungen, durchzuführen;

Regionale Entwicklung

38.

betont, dass der Rechnungshof in seinen Jahresberichten zum EU-Haushalt regelmäßig darauf hinweist – so auch in seinem Jahresbericht zum Haushaltsjahr 2008 – dass die Nichteinhaltung von EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen zu den beiden häufigsten Gründen für Fehler und Mängel bei der Umsetzung europäischer Projekte, die aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds kofinanziert werden, zählt; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass Unregelmäßigkeiten oftmals durch eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Vorschriften und durch abweichende Regelungen in den Mitgliedstaaten zustande kommen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften die verschiedenen Vorschriften, die im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe angewendet werden, zu vereinheitlichen und den gesamten Rechtsrahmen für öffentliche Aufträge zu vereinfachen, um insbesondere das Fehlerrisiko zu minimieren und eine effizientere Nutzung der Strukturfonds zu erreichen;

39.

vertritt die Auffassung, dass nicht nur Kosten und Komplexität abschrecken können, sondern auch der erhebliche Zeitaufwand für ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und das Risiko gerichtlicher Prozesse in Form langwieriger Berufungsverfahren, die häufig durch diverse Akteure behindert werden; begrüßt daher die Tatsache, dass dank des europäischen Konjunkturprogramms insbesondere 2009 und 2010, wie in den Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen vorgesehen, beschleunigte Verfahren für öffentliche Großprojekte angewendet werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Verfahren anzuwenden und den regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung und Anwendung dieser Verfahren behilflich zu sein und sie – stets entsprechend den Standardvorschriften und Verordnungen für öffentliche Aufträge – zu unterstützen;

40.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob auch über das Jahr 2010 hinaus beschleunigte Verfahren im Rahmen der Strukturfonds sowie eine Verlängerung der zeitlich befristeten Erhöhung der Schwellenwerte insbesondere zur Beschleunigung von Investitionen angewandt werden sollten;

Internationaler Handel

41.

weist darauf hin, dass der Binnenmarkt und die internationalen Märkte zunehmend miteinander verflochten sind; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Organe, die EU-Binnenmarkt-Rechtsvorschriften erlassen, und die EU-Verhandlungsführer im Bereich des internationalen Handels sich bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeiten durchweg der möglichen beiderseitigen Auswirkungen bewusst sein und eine kohärente Politik verfolgen müssen, die durchweg darauf auszurichten ist, in der Auftragsvergabepolitik EU-Werte wie Transparenz, eine grundsätzliche Ablehnung der Korruption und die Förderung der sozialen Rechte und der Menschenrechte zur Geltung zu bringen; beauftragt seine Ausschüsse für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und für internationalen Handel, zwecks Stärkung von Synergien gemeinsame Informationssitzungen abzuhalten;

42.

betont, dass ein tragfähiger Rahmen für das öffentliche Auftragswesen Voraussetzung für einen gerechten und freien Wettbewerbsmarkt ist und zur Bekämpfung der Korruption beiträgt;

43.

hebt im Zusammenhang mit den Verpflichtungen der Europäischen Union im Bereich des internationalen öffentlichen Auftragswesens die Bedeutung hervor, die die Stärkung von Mechanismen der Korruptionsbekämpfung im Bereich der öffentlichen Aufträge hat, und betrachtet es als notwendig, Schwerpunkte auf Transparenz und Gerechtigkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel zu legen;

44.

fordert die 22 Staaten, die im Ausschuss des Übereinkommens Beobachterstatus haben, auf, das Verfahren des Beitritts zum Übereinkommen zu beschleunigen;

45.

fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu begutachten, in Übereinkünfte mit internationalen Partnern über öffentliche Aufträge Bestimmungen aufzunehmen, die die Einhaltung der Verpflichtungen in Bezug auf die in Konventionen und internationalen Übereinkommen niedergelegten grundlegenden Menschenrechte vorschreiben;

46.

lehnt zwar protektionistische Maßnahmen im öffentlichen Auftragswesen auf weltweiter Ebene entschieden ab, erklärt sich jedoch nachdrücklich vom Grundsatz der Gegenseitigkeit und der Verhältnismäßigkeit in diesem Bereich überzeugt; fordert die Kommission auf, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezielte Beschränkungen des Zugangs zu Teilen des EU-Marktes für öffentliche Aufträge in Erwägung zu ziehen, und zwar in Bezug auf diejenigen Handelspartner, die Nutzen aus dem offenen EU-Markt ziehen, aber keine Bereitschaft zeigen, ihre eigenen Märkte für EU-Unternehmen zu öffnen, damit unsere Partner einen Anreiz erhalten, auf der Basis der Gegenseitigkeit und der Verhältnismäßigkeit Marktzugangsregeln zugunsten europäischer Unternehmen anzubieten;

47.

verweist auf die Bestimmungen der Artikel 58 und 59 der Richtlinie 2004/17/EG; fordert die Mitgliedstaaten auf, uneingeschränkten Gebrauch von der Möglichkeit zu machen, die Kommission auf Probleme des Zugangs ihrer Unternehmen zu Drittstaatmärkten hinzuweisen; fordert die Kommission auf, wirkungsvolle Maßnahmen zu treffen, damit EU-Unternehmen tatsächlich Zugang zu Drittstaatmärkten erhalten;

*

* *

48.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 179 vom 1.8.2006, S. 2.

(2)  ABl. C 67 E vom 18.3.2010, S. 10.

(3)  ABl. C 146 E vom 12.6.2008, S. 227.

(4)  ABl. C 313 E vom 20.12.2006, S. 447.

(5)  Angenommene Texte, P6_TA(2006)0320.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/47


Dienstag, 18. Mai 2010
Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung - politischer Rahmen für ein gemeinsames Konzept der Europäischen Union

P7_TA(2010)0174

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Konzept der EU für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und „Öffentliche Entwicklungshilfe-plus“ (2009/2218(INI))

2011/C 161 E/07

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Ziffern 9 und 35 der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union: „Der Europäische Konsens“ (1),

unter Hinweis auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union und insbesondere Artikel 21 Absatz 2, in dem die Grundsätze und Ziele der Union im Bereich der internationalen Beziehungen festgelegt sind, sowie auf Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Vertrag von Lissabon), in dem bekräftigt wird, dass die Union bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung zu tragen hat,

unter Hinweis auf Artikel 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Vertrag von Lissabon), in dem bekräftigt wird, dass die EU auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen achtet und dabei ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung trägt,

unter Hinweis auf Artikel 12 des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens (Abkommen von Cotonou),

unter Hinweis auf die Gemeinsame Strategie EU-Afrika, die im Dezember 2007 in Lissabon angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung: Beschleunigung des Prozesses zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele“ (KOM(2005)0134 – SEK(2005)0455),

unter Hinweis auf den ersten zweijährlichen Bericht der EU über Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (KOM(2007)0545) und das dazugehörige Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen (SEK(2007)1202),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament mit dem Titel „EU-Verhaltenskodex im Hinblick auf die Arbeitsteilung im Bereich der Entwicklungspolitik“ (KOM(2007)0072),

unter Hinweis auf den Bericht 2009 der EU über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (KOM(2009)0461) und auf das dazugehörige Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen (SEK(2009)1137),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung – politischer Rahmen für ein gemeinsames Konzept der Europäischen Union“ (KOM(2009)0458),

unter Hinweis auf das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen „Policy Coherence for Development Work Programme 2010- 2013“ (SEK(2010)0421) zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Ausschuss der Regionen,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Zwölfpunkte-Aktionsplan der EU zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele“ (KOM(2010)0159),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Krise“ (KOM(2009)0160),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission über die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (KOM(2009)0163),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2010 zum Grünbuch „Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik“ (2),

unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 24. April 2009 zu dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (3) und insbesondere auf die Änderung zu Anhang I,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates für Landwirtschaft und Fischerei vom 21. und 22. Dezember 2004,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 24. Mai 2005 zur Beschleunigung des Fortschritts in Richtung der Millenniums-Entwicklungsziele,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Oktober 2006 zur Einbindung entwicklungspolitischer Belange in die Entscheidungsfindung des Rates,

unter Hinweis auf Ziffer 49 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 14. und 15. Dezember 2006,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. und 20. November 2007 zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,

unter Hinweis auf Ziffer 61 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes der Tagung des Europäischen Rates vom 19. und 20. Juni 2008,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 18. Mai 2009 zum Thema „Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Krise“,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. November 2009 zu Politikkohärenz für Entwicklung und dem Handlungsrahmen für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe,

unter Hinweis auf das Strategiedokument der OECD von 1996 „Shaping the 21st Century: the Contributions of Development Cooperation“ (Das 21. Jahrhundert gestalten: Beitrag der Entwicklungszusammenarbeit) und die Erklärung der OECD-Minister von 2002 „Action for a Shared Development Agenda“ (Maßnahmen für eine gemeinsame Entwicklungsagenda) und ihren Bericht von 2008 mit dem Titel „Building Blocks for Policy Coherence for Development“ (Bausteine für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung),

in Kenntnis der Erklärung von Paris über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe und des Aktionsplans von Accra,

unter Hinweis auf die Erklärung der OECD-Minister vom 4. Juni 2008 zu Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,

unter Hinweis auf die Millenniumserklärung der Vereinten Nationen von 2000 und das achte Millenniums-Entwicklungsziel,

unter Hinweis auf das WTO-Ministertreffen von November 2001 und auf den Monterrey-Konsens von 2002,

unter Hinweis auf das Weltgipfeltreffen zu nachhaltiger Entwicklung von 2002 und die Resolution der Generalversammlung, die im Rahmen des Weltgipfeltreffens von 2005 angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Entschließung zu der Rolle des Partnerschaftsabkommens von Cotonou im Hinblick auf die Nahrungsmittel- und Finanzkrise in den AKP-Staaten der 17. Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU (4), die vom 4. bis 9. April 2009 in Prag stattfand,

unter Hinweis auf seine auf Berichten seines Entwicklungsausschusses beruhenden Entschließungen vom 23. März 2006 zu den Auswirkungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) auf die Entwicklung (5), vom 1. Februar 2007 zur Einbeziehung der Nachhaltigkeit in die Politik der Entwicklungszusammenarbeit (6), vom 25. Oktober 2007 zum Stand der Beziehungen EU-Afrika (7), vom 17. Juni 2008 zu der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und die Auswirkungen der Ausbeutung bestimmter biologischer natürlicher Ressourcen durch die Europäische Union auf die Entwicklung in Westafrika (8), vom 29. November 2007 zu dem Thema „Eine neue Dynamik für die afrikanische Landwirtschaft – Vorschlag für die Entwicklung der Landwirtschaft und für Nahrungsmittelsicherheit in Afrika“ (9) sowie vom 22. Mai 2008 über die Folgemaßnahmen zur Pariser Erklärung von 2005 über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe (10),

unter Hinweis auf seine auf Berichten seines Ausschusses für internationalen Handel beruhenden Entschließungen vom 23. Mai 2007 zur handelsbezogenen Hilfe der EU (11) und vom 1. Juni 2006 zu Handel und Armut: Konzipierung von handelspolitischen Maßnahmen zur Optimierung des Beitrags des Handels zur Armutsminderung (12),

unter Hinweis auf den CONCORD-Bericht 2009 mit dem Titel „Spotlight on Policy Coherence“ (Politikkohärenz im Brennpunkt),

unter Hinweis auf die ActionAid-Studie von 2003 mit dem Titel „Policy (in)coherence in European Union support to developing countries: a three country case study“ (Politik(in)kohärenz bei der Unterstützung der Europäischen Union für die Entwicklungsländer: eine Fallstudie über drei Länder),

unter Hinweis auf die Studie von Guido Ashoff von 2006 mit dem Titel „Enhancing policy coherence for development: conceptual issues, institutional approaches and lessons from comparative evidence“ (Förderung der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung: konzeptionelle Fragen, institutionelle Ansätze und Lehren aus dem Vergleich empirischer Daten),

unter Hinweis auf den Bericht des ECDPM von 2007 mit dem Titel „The EU institutions & Member States’ mechanisms for promoting policy coherence for development: final report“ (Die Mechanismen der EU-Organe und der Mitgliedstaaten zur Förderung von Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung – Schlussbericht),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Entwicklungsausschusses und der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0140/2010),

A.

in der Erwägung, dass laut der von der OECD vorgeschlagenen Definition Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (PCD) bedeutet, darauf hinzuarbeiten, dass die Ziele und Ergebnisse regierungsamtlicher Entwicklungspolitik nicht von anderen Maßnahmen derselben Regierung beeinträchtigt werden, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken, und dass diese anderen Maßnahmen die Entwicklungsziele unterstützen, wo immer es möglich ist (13); in der Erwägung, dass die EU ein PCD-Konzept aufgestellt hat, das darauf abzielt, Synergien zwischen den EU-Politikbereichen zu schaffen, und in der Erwägung, dass sich ein Ausbleiben politischer Maßnahmen zu diesem Zweck nachteilig auf das für die Entwicklungszusammenarbeit erhoffte Ergebnis auswirken könnte,

B.

in der Erwägung, dass die Europäische Union ihre Entschlossenheit bekundet hat, im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von 2005 (14) Maßnahmen zur Förderung der PCD zu ergreifen,

C.

in der Erwägung dass ein Unterschied zwischen Politikkohärenz (Vermeidung von Widersprüchen zwischen verschiedenen Bereichen der Außenpolitik) und Kohärenz im Interesse der Entwicklung (Verpflichtung, bei sämtlichen Maßnahmen der EU, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken, Entwicklungszielen Rechnung zu tragen) besteht,

D.

in der Erwägung, dass durch Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Reduzierung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut zum vorrangigen Ziel der EU-Entwicklungspolitik erklärt wird, und in der Erwägung, dass die PCD mit all ihren politischen Maßnahmen auf die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit der Union gerichtet ist,

E.

in der Erwägung, dass es Fälle flagranter Inkohärenz bei den Maßnahmen der EU in den Bereichen Handel, Landwirtschaft, Fischerei, Klimapolitik, Rechte an geistigem Eigentum, Migration, Finanzen, Waffen- und Rohstoffhandel gibt, und in der Erwägung, dass die PCD durch Ermittlung grundlegender Synergien zwischen Politikfeldern der EU zur Reduzierung der Armut führen kann,

F.

in der Erwägung, dass die PCD Zwängen unterliegt wie etwa dem Mangel an politischer Unterstützung, unklaren Mandaten, unzureichenden Ressourcen, dem Fehlen von effizienten Monitoring-Instrumenten und -Indikatoren sowie fehlender Prioritätensetzung, mit der der PCD der Vorrang vor mit ihr kollidierenden Interessen gegeben würde,

G.

in der Erwägung, dass die von der Union im Rahmen der partnerschaftlichen Fischereiabkommen gewährten Ausgleichszahlungen nicht zum Ausbau der Fischereipolitik der Partnerländer beigetragen haben, und dies vor allem, weil die Umsetzung dieser Abkommen nicht weiterverfolgt und die Unterstützung nur schleppend gewährt oder manchmal auch gar nicht in Anspruch genommen wurde,

H.

in der Erwägung, dass das wichtigste Millenniums-Entwicklungsziel darin besteht, die Zahl der Hunger leidenden Menschen bis 2015 zu halbieren, es allerdings fast einer Milliarde Menschen an täglicher Nahrung fehlt, während gleichzeitig genug Nahrung auf der Erde erzeugt wird, um den Bedarf aller Menschen zu decken,

I.

in der Erwägung, dass die Agrarexportsubventionen der Union verheerende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und den Aufbau eines lebensfähigen Agrarsektors in den Entwicklungsländern haben,

J.

in der Erwägung, dass die EU sich der Erreichung des UN-Ziels verpflichtet hat, dem zufolge bis 2015 0,7 % des BNE in die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) fließen sollen, wobei das Zwischenziel für die Hilfeleistungen bezogen auf die EU insgesamt für 2010 bei 0,56 % liegt,

K.

in der Erwägung, dass einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom November 2008 zufolge bei den Maßnahmen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in den Entwicklungsländern der Entwicklung Priorität vor jedweden wirtschaftlichen und politischen Zielen einzuräumen ist,

L.

in der Erwägung, dass sich die ODA in der Krise als einziges Instrument erwiesen hat, dessen Zielgruppe die ärmsten Länder sind und das Finanzmittel für die Entwicklung auf besser vorhersagbare Weise und verlässlicher zur Verfügung stellt als dies bei anderen Finanzströmen der Fall ist,

M.

in der Erwägung, dass eine Vielzahl von Studien ergeben hat, dass aus den Entwicklungsländern pro Jahr etwa 900 Mrd. EUR illegal abfließen, was zu massiven Steuerausfällen in diesen Ländern führt und letztlich ihre Möglichkeiten zur Entwicklung aus eigener Kraft gravierend beeinträchtigt,

1.

begrüßt die erhöhte Aufmerksamkeit und Unterstützung der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (PCD) durch die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten, wie sie in den zweijährlichen Berichten zum Ausdruck kommt;

2.

bekräftigt sein eigenes Engagement, die PCD in der EU und in seiner eigenen Parlamentsarbeit zu fördern;

3.

betont, dass die Europäische Union bei weitem der größte Geber von Hilfe weltweit ist (die EU-Hilfe stieg 2008 auf 49 Milliarden Euro, was 0,40 % des BNE entspricht) und dass erwartet wird, dass der Umfang der Hilfe 2010 auf 69 Milliarden Euro ansteigen wird, um das kollektive Versprechen von 0,56 % des EU-BNE, was beim G8-Gipfel 2005 in Gleneagles gegeben wurde, zu erfüllen; weist darauf hin, dass dadurch zusätzliche 20 Milliarden Euro für Entwicklungsziele freigeben würden;

4.

weist darauf hin, dass im Oktober 2007 die EU-Strategie für Handelshilfe beschlossen wurde, die die Verpflichtung enthält, die gemeinsame handelsbezogene Hilfe der EU bis 2010 auf zwei Milliarden Euro jährlich (jeweils eine Milliarde Euro von der Gemeinschaft und von den Mitgliedstaaten) zu erhöhen;

5.

fordert die Entwicklungsländer, insbesondere diejenigen, die am meisten von der EU-Hilfe profitieren, auf, für eine verantwortungsvolle Staatsführung in allen öffentlichen Angelegenheiten und vor allem bei der Verwaltung der erhaltenen Hilfe Sorge zu tragen, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine transparente und effiziente Hilfe zu gewährleisten;

6.

begrüßt das Arbeitsprogramm 2010-2013 für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung als Leitlinie für die EU-Organe und Mitgliedstaaten und anerkennt seine Rolle als Frühwarnsystem für künftige Politikinitiativen; begrüßt ebenfalls die Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Politikfeldern;

7.

bekräftigt erneut die Verantwortung der Europäischen Union für die Wahrnehmung der Interessen der Entwicklungsländer und ihrer Bürger;

8.

ist der Auffassung, dass alle EU-Politikbereiche mit Außenwirkung so gestaltet werden müssen, dass die Bekämpfung der Armut und die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele sowie die Durchsetzung der Menschenrechte einschließlich sozialer, wirtschaftlicher und Umweltrechte und die Gleichstellung der Geschlechter gefördert und nicht konterkariert werden;

9.

betont die Notwendigkeit, relevante Aspekte der PCD in bilateralen und regionalen Handelsabkommen und multilateralen Handelsabkommen, die fest in dem auf Regeln basierenden WTO-System verankert sind, zu berücksichtigen, und fordert in diesem Zusammenhang die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich mit allen anderen wichtigen WTO-Partnern aktiv zu engagieren, die dazu beitragen können, ein ausgewogenes, ehrgeiziges und entwicklungsorientiertes Ergebnis der Doha-Runde in naher Zukunft zu Stande zu bringen;

10.

unterstreicht die Tatsache, dass die sogenannten „Singapur-Themen“, beispielsweise die Liberalisierung von Dienstleistungen, Investitionen und öffentlichen Aufträgen, die Einführung von Wettbewerbsregeln und die strengere Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum, dem Erreichen des achten Millenniums-Entwicklungsziel nicht förderlich sind;

11.

fordert nachdrücklich, dass die Europäische Union, die Mitgliedstaaten und die EIB eine zentrale Rolle in diesem Bereich spielen und Investitionen unter Ausnutzung von Steueroasen weniger attraktiv machen, indem sie Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und die Bereitstellung öffentlicher Mittel erlassen, die verhindern, dass ein in einer Steueroase registriertes Unternehmen bzw. eine Bank oder eine sonstige Einrichtung öffentliche Gelder erhalten; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission und die Mitgliedstaaten zur Durchführung der Halbzeitüberprüfung der Darlehenstätigkeit der EIB in Drittländern als einen konkreten Schritt auf, um ihre Kapazitäten zur Bewertung ihrer Darlehensempfänger zu verbessern und sicherzustellen, dass ihre Investitionen in den Entwicklungsländern wirksam zur Beseitigung der Armut beitragen, und hierüber jährlich Fortschrittsberichte zu veröffentlichen;

12.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine allgemeine Einschätzung der partnerschaftlichen Fischereiabkommen mit Drittstaaten abzugeben, um die Außenpolitik der Union im Bereich der Fischerei vollständig mit ihrer Entwicklungspolitik in Einklang zu bringen, indem das Vermögen der EU-Partnerländer zur Gewährleistung einer nachhaltigen Fischerei in ihren eigenen Gewässern gestärkt wird, wodurch sich die Ernährungssicherheit und die lokale Beschäftigung in diesem Sektor verbessern wird;

13.

verweist darauf, dass Entwicklungshilfe für Drittländer in keiner Weise an die Bedingung geknüpft sein sollte, dass die EU Zugang zu den Fischbeständen dieser Ländern erhält;

14.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, neben den Sozialklauseln auch Menschenrechtsklauseln in alle FPA aufzunehmen, damit die Europäische Union bei nachweislichen Verletzungen der Menschenrechte in Drittländern, die FPA mit der Union geschlossen haben, geeignete Maßnahmen ergreifen kann;

15.

weist darauf hin, dass 75 % der armen Bevölkerung der Welt in ländlichen Gebieten leben, dass aber nur 4 % der öffentlichen Entwicklungshilfe für die Landwirtschaft bereitgestellt wird; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Entwicklungsländer auf, die Frage der Landwirtschaft im Rahmen ihrer Entwicklungspolitik deshalb vorrangig zu behandeln;

16.

ist besorgt angesichts der negativen Auswirkungen des Gebarens von Finanzinstitutionen, die sich gezielt der Steuerhinterziehung widmen, auf die Entwicklung in den Drittstaaten; fordert die Kommission vor diesem Hintergrund auf, die steuerpolitische Zusammenarbeit insbesondere mit den in Anhang 1 gemäß seinem Standpunkt vom 24. April 2009 (A6-0244/2009) aufgeführten Ländern, die EU-Entwicklungsgelder erhalten, zu verbessern;

17.

begrüßt die in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2008 enthaltene Empfehlung, in Handelsabkommen eine Klausel über das verantwortungsvolle Handeln im Steuerwesen aufzunehmen, als ersten Schritt zur Bekämpfung steuerlicher Bestimmungen und Praktiken, die Steuerhinterziehung und Steuerbetrug Vorschub leisten; fordert die Kommission auf, eine solche Klausel umgehend bei den Verhandlungen über künftige Handelsabkommen zur Sprache zu bringen;

18.

fordert die Europäische Kommission und die AKP-Staaten auf, ihren Dialog über die Einwanderung fortzusetzen, um den Grundsatz der zirkulären Migration zu stärken und diese durch die Ausstellung von „zirkulären Visa“ zu erleichtern; hebt hervor, dass die Menschenrechte und die faire Behandlung der Staatsangehörigen von AKP-Staaten durch bilaterale Rückübernahmeabkommen mit Transitländern – im Zusammenhang mit der Externalisierung der Verwaltung von Migrantenströmen von Seiten Europas – ernsthaft gefährdet ist, da sie die Rechte der Migranten nicht gewährleisten und zu aufeinander folgenden Rückübernahmen führen können, die die Sicherheit und das Leben der Migranten gefährden;

19.

legt dem Rat nahe, zügig zu einer weitestmöglichen Einigung über den Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über die Besteuerung von Zinserträgen und insbesondere in Bezug auf die in Anhang 1 dieses Vorschlags aufgeführten Länder, die EU-Entwicklungsgelder erhalten, zu gelangen;

20.

betonte die Notwendigkeit, den EEF als Hauptfinanzierungsinstrument der EU-Entwicklungszusammenarbeit in den Rahmen der PCD einzubeziehen; bekräftigt seine Unterstützung für eine voll umfängliche Einbeziehung des EEF in den Haushaltsplan unter demokratischer parlamentarischer Kontrolle und transparenter Durchführung, wobei insbesondere der wachsenden Bedeutung entwicklungspolitischer Maßnahmen der EU zur Schaffung spezifischer Einrichtungen (wie im Fall der EU-Afrika-Strategie) Rechnung zu tragen ist;

21.

fordert die Kommission auf, nicht nur die Ziele hinsichtlich des Wirtschaftswachstums zu überwachen, sondern besonderes Augenmerk auf die Verringerung der Ungleichheiten bei der Einkommensverteilung sowohl innerhalb der einzelnen Länder als auch weltweit zu richten, und zwar insbesondere auf die Verbreitung partizipativer Prozesse der nachhaltigen Selbsthilfe durch genossenschaftliche Vereinigungsformen und PRA-Methoden (PRA – Participatory Reflection and Action), die, da sie auf dem Konsens und der Mitwirkung der örtlichen Gemeinschaften beruhen, wirksamere Organisationsmodelle mit nachhaltigen Auswirkungen gewährleisten, indem die Rolle der Sozialwirtschaft bei der Entwicklung aufgewertet wird;

22.

fordert die Kommission auf, Entwicklungshilfemaßnahmen zu fördern, die die Auswirkungen der Finanzkrise berücksichtigen und somit verhindern können, dass Unsicherheit und Konflikte, politische und weltwirtschaftliche Instabilität sowie erzwungene Migration („Hungerflüchtlinge“) zunehmen;

23.

fordert die Entwicklungsländer auf, zur Förderung der Ernährungssicherheit und der Bekämpfung der Armut grundlegende öffentliche Dienstleistungen bereitzustellen und den Zugang zu Grund und Boden, einschließlich Darlehen für Kleinbauern, zu gewährleisten, wodurch die Konzentration von Großbetrieben und die intensive Nutzung der Ressourcen für Spekulationszwecke, was mit der Zerstörung der Ökosysteme einhergeht, eingedämmt werden kann; fordert die Kommission ferner auf, diese oben genannten politischen Maßnahmen zu unterstützen;

24.

fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung der digitalen Kluft zwischen reichen und armen Ländern vorzunehmen, mit besonderer Schwerpunktsetzung auf die Risiken der Informationstechnologien, die offenbar einer diskriminierenden Logik gehorchen, da sie diejenigen ausgrenzen, die aus sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gründen vom Zugang zu diesen neuen Produkten, die Träger der neuen IT-Revolution sind, ausgeschlossen sind;

25.

fordert klare Mandate zur Bewertung der PCD, für klare und präzise operative Ziele und für detaillierte Verfahren zur Durchführung dieses Auftrags;

26.

betont, dass die PCD unbedingt als langfristige Herausforderung empfunden werden muss, damit sie dauerhaft unterstützt werden kann; betont die Bedeutung einer frühzeitigen Bewertung der Maßnahmen, damit negative Auswirkungen auf die Entwicklungsländer vermieden werden; fordert zu diesem Zweck, die Folgen der Tätigkeiten europäischer und nichteuropäischer privater Akteure unter besonderer Berücksichtigung der multinationalen Unternehmen zu prüfen;

27.

fordert dazu auf, Ansatz, Methoden und Ergebnisse der Kooperations- und Hilfestrategien von Drittstaaten sowie das entsprechende Niveau internationaler Zusammenarbeit in einer Vergleichsanalyse zu bewerten und dabei besonderes Gewicht auf die Maßnahmen Chinas in Afrika zu legen;

28.

weist darauf hin, dass der Beschluss des Rates, sich für 2009 im Rahmen der PCD auf fünf große Bereiche zu konzentrieren, nicht an die Stelle der Weiterverfolgung der zwölf herkömmlichen Politikbereiche – Handel, Umwelt, Klimawandel, Sicherheit, Landwirtschaft, bilaterale Fischereiabkommen, Sozialpolitik (Beschäftigung), Migration, Forschung/Innovation, Informationstechnologien, Verkehr und Energie – treten darf; fordert die Kommission ferner auf, Inkohärenzen aufzudecken, wo immer politische Maßnahmen der Union sich nachteilig auf die Entwicklung auswirken, und Lösungen vorzuschlagen; fordert die Kommission auf, Mechanismen zur Einbeziehung neuer Politikbereiche zu schaffen, die nur schwer in die zwölf bestehenden Bereiche einbezogen werden können, wie beispielsweise die Rohstoffe;

29.

verweist auf seine verbindlich eingegangenen internationalen Verpflichtungen zur Vergabe öffentlicher Entwicklungshilfe von 0,7 % des BNE bis 2015, die ausschließlich zur Beseitigung der Armut einzusetzen ist; bringt seine Besorgnis zum Ausdruck, dass der ODA-plus-Ansatz den Beitrag der EU im Rahmen der öffentlichen Entwicklungshilfe zur Bekämpfung der Armut schmälern könnte; ist besorgt, dass die im Rahmen des ODA-plus-Ansatzes bereitgestellten Mittel rechtlich nicht verbindlich an die Bekämpfung der Armut oder die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele geknüpft sind;

30.

stellt mit Besorgnis fest, dass der durch inkohärente Politiken verursachte Kapitalabfluss aus Entwicklungsländern in die EU im „ODA-plus-Konzept“ keine Erwähnung findet und die Schäden, die den Entwicklungsländern durch unfairen Steuerwettbewerb und illegale Kapitalflucht zugefügt werden, nicht berücksichtigt werden;

31.

ist besorgt darüber, dass der Schwerpunkt beim „ODA-plus-Konzept“ allein auf den finanziellen Zuflüssen aus der EU in den Süden liegt und die Abflüsse aus dem Süden in die EU übergangen werden, entsteht doch so ein falsches Bild von den Fließrichtungen der Finanzströme;

32.

fordert die Kommission auf, das gemeinsame Konzept der Europäischen Union und dessen Auswirkungen auf die EU-Entwicklungspolitik weiter zu erläutern; äußert sich besorgt darüber, dass dieser Ansatz in die nächste Finanzielle Vorausschau aufgenommen werden könnte;

33.

fordert die europäischen Mitglieder des Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) der OECD auf, jeden Versuch der Ausweitung der ODA-Definition abzulehnen, wonach die vor kurzem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Konzepte „Ein gemeinsames Konzept der Europäischen Union“ und „ODA-plus“ sowie Elemente, die nicht unter die Entwicklungshilfe fallen, wie Finanzströme, Militärausgaben, Schuldenerlass, insbesondere Streichung von Exportkreditschulden, und die in Europa für Studenten und Flüchtlinge aufgewendeten Gelder, einbezogen werden könnten;

34.

räumt ein, dass die Erfüllung der ODA-Verpflichtungen zwar zwingend notwendig ist, jedoch nicht ausreicht, was die Bewältigung des Entwicklungsnotstands angeht, und wiederholt seine Forderung an die Kommission, dringend zusätzliche innovative Quellen für die Finanzierung der Entwicklung ausfindig zu machen und Vorschläge für die Einführung einer internationalen Abgabe auf Finanztransaktionen zu unterbreiten, um zusätzliche Ressourcen zu schaffen, damit die schlimmsten Folgen der Krise überwunden werden können und die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele weiterverfolgt werden kann;

35.

weist die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich darauf hin, dass die ODA der Grundpfeiler der auf die Beseitigung der Armut ausgerichteten europäischen Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bleiben muss; unterstreicht daher, dass innovative Quellen zur Finanzierung der Entwicklung nur unter der Bedingung umfassend propagiert werden können, dass sie zusätzlich sind, auf einem Konzept zugunsten der Armen beruhen und auf keinen Fall als Ersatz für die ODA verwendet werden dürfen;

36.

stellt fest, dass die MDG-Zielvorgaben in den meisten Entwicklungsländern bis 2015 nicht erfüllt werden können; fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, ihr kollektives Ziel zu erreichen und verbindliche Rechtsvorschriften zu erlassen und jährliche Zeitpläne für die Erfüllung der von ihnen geleisteten Zusagen zu erstellen; begrüßt in diesem Zusammenhang den von der britischen Regierung im Januar 2010 vorgelegten „Draft International Development Bill“;

37.

schlägt als das Organ, das gemäß der Regelung im jetzigen institutionellen Rahmen der EU die Bürgerinnen und Bürger vertritt, vor, einen „ständigen Berichterstatter für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung“ einzusetzen, dem das Mandat erteilt wird, Inkohärenzen in den EU-Politikbereichen nachzugehen und seinen Entwicklungsausschuss darüber zu informieren;

38.

fordert die Kommission auf, systematische, klare Benchmarks und regelmäßig aktualisierte Indikatoren zur Messung der PCD einzusetzen, beispielsweise die Indikatoren für nachhaltige Entwicklung, sowie die Transparenz gegenüber dem Europäischen Parlament, den Empfängerländern und der Zivilgesellschaft zu verbessern;

39.

fordert die Mitgliedstaaten zur Festlegung länderspezifischer Indikatoren auf, die auf allgemeinen EU-Indikatoren zur Messung der PCD abgestimmt sind, um die tatsächlichen Bedürfnisse und Leistungen der Länder im Bereich der Entwicklung bewerten zu können;

40.

ist der Auffassung, dass eine Verletzung einer Verpflichtung vorliegt, wenn Aktionen und Maßnahmen der EU-Entwicklungspolitik nicht im Einklang mit den in Artikel 208 des Lissabon-Vertrags und Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union genannten Grundsätzen und Zielen des außenpolitischen Handelns der Union stehen, gegen die gemäß den Artikeln 263 und 265 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein Rechtsbehelf vor dem Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegt werden kann;

41.

betont, wie wichtig die Kohärenz zwischen Handels- und Entwicklungspolitik für eine bessere Entwicklung und eine spürbare Umsetzung ist, und begrüßt diesbezüglich den Bericht 2009 der EU über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (KOM(2009)0461);

42.

verweist auf die notwendige Kohärenz der Handelspolitik mit anderen Politikfeldern (Umwelt und Soziales), insbesondere im Rahmen der Handelsabkommen, die Anreize zur Herstellung von Agrarkraftstoffen in den Entwicklungsländern enthalten;

43.

erinnert daran, wie wichtig die politische Kohärenz zwischen Handel und Entwicklung ist, und betont, dass die Umsetzung der Kapitel über eine nachhaltige Entwicklung in den Handelsabkommen die Chance für die Kommission bieten muss, eine verantwortungsvolle Staatsführung und die Verwirklichung der europäischen Grundwerte zu fördern;

44.

hält die jüngste Entscheidung der EU, die Exportbeihilfen für Milchpulver und andere Molkereierzeugnisse wiedereinzuführen, wovon im Wesentlichen die Agrarwirtschaft in Europa auf Kosten armer Landwirte in Entwicklungsländern profitiert, für einen eklatanten Verstoß gegen die Kerngrundsätze der PCD und fordert den Rat und die Kommission auf, diese Entscheidung unverzüglich rückgängig zu machen;

45.

fordert die Einstellung der Exportbeihilfen; verweist diesbezüglich auf die 2001 in Doha von sämtlichen WTO-Mitgliedern eingegangene Verpflichtung, eine Verhandlungsrunde über die Entwicklung abzuschließen, die darauf abzielt, die gegenwärtigen Ungleichgewichte im Handelssystem zu korrigieren und den Handel in den Dienst der Entwicklung zu stellen sowie einen Beitrag zur Beseitigung der Armut und zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu leisten;

46.

fordert die Kommission auf, die Vorbedingungen des Parlaments für die Erteilung seiner Zustimmung zum Abschluss von Handelsabkommen gebührend zu berücksichtigen, damit gewährleistet ist, dass die GD Handel ein kohärentes Mandat für die Handelsverhandlungen wahrnimmt;

47.

fordert die Kommission auf, alle verfügbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die vom Auslaufen des Zuckerprotokolls und der anstehenden Reform der EU-Zuckerregelung betroffenen Partner vor etwaigen vorübergehenden Marktturbulenzen zu schützen;

48.

schlägt vor, bestehende EU-Instrumente zur Senkung der Zolltarife wie das APS-/APS+-Schema und Kapitel in FHA und WPA weiterzuentwickeln und international abgestimmte arbeitsrechtliche Vorschriften und Umweltstandards weiter mit diesen Instrumenten zu koppeln;

49.

fordert die Kommission erneut auf, die ASP- und ASP+-Mechanismen umfassend für den Aufbau der institutionellen Kapazität in den Entwicklungsländern zu nutzen, um deren eigene interne Kohärenz bei der Erarbeitung von Entwicklungsstrategien zu verbessern;

50.

betont, dass eine systematische Anhörung von Arbeitnehmerorganisationen und Gewerkschaften zur Umsetzung der Sozial- und Umweltstandards in den Drittländern es ermöglichen würde, gerade vor dem Abschluss von WPA oder der Gewährung des APS+ eine bessere Kohärenz der handelspolitischen Maßnahmen im Dienste der nachhaltigen Entwicklung der Entwicklungsländer zu gewährleisten;

51.

räumt ein, dass gemäß dem Monitoring-Bericht der Kommission über handelsbezogene Hilfe 2009 (KOM(2009)0160, S. 30) die Mittelbindungen der EU für handelsbezogene Hilfe für die Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums (AKP) von 2 975 Mrd. EUR im Jahre 2005 auf 2 097 Mrd. EUR im Jahr 2007 zurückgegangen sind, dass der Anteil der AKP-Länder an den gesamten Mittelbindungen der EU für handelsbezogene Hilfe im selben Zeitraum von 50 % auf 36 % gefallen ist und dass dies nicht im Einklang mit früheren Versprechen steht, der Beseitigung von Armut und der Förderung von Entwicklung Vorrang einzuräumen;

52.

begrüßt in diesem Zusammenhang alle auf dem Gebiet des Handels mit Entwicklungsländern auf EU- und WTO-Ebene bestehenden Initiativen, insbesondere die „Alles außer Waffen“-Initiative, APS und APS+, die Asymmetrie und die Übergangsfristen in allen bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) und das Aid-for-Trade Work Programme 2010-2011, und fordert dessen Überprüfung im Hinblick darauf, es zu einem stärkeren Hebel für die Förderung nachhaltigen Wachstums zu machen;

53.

anerkennt die wichtige Rolle, die das ASP+-System der EU bei der Ermutigung zur verantwortungsvollen Staatsführung und nachhaltigen Entwicklung innerhalb der Entwicklungsländer spielen kann, und ermutigt die Kommission, dafür Sorge zu tragen, dass dieses Instrument wirksam wird und dass die Übereinkommen der IAO und der UNO vor Ort ordnungsgemäß umgesetzt werden;

54.

wiederholt, dass die EU diejenigen Entwicklungsländer unterstützten sollte, die die „Flexibilitäten“ des TRIPS-Übereinkommens nutzen, um in der Lage zu sein, Arzneimittel zu erschwinglichen Preisen im Rahmen ihrer innerstaatlichen öffentlichen Gesundheitsprogramme zur Verfügung zu stellen;

55.

begrüßt die Schutzklausel zur Ernährungssicherheit, die in die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aufgenommen wurde, und ermutigt die Kommission, für ihre tatsächliche Umsetzung zu sorgen;

56.

bedauert die in das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen CARIFORUM-EG und in die Abkommen, über die derzeit mit den Ländern der Andengemeinschaft und Mittelamerikas verhandelt wird, aufgenommenen TRIPS+-Bestimmungen, die Hemmnisse für den Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln errichten;

57.

dringt darauf, dass die Kommission ihre derzeitige TRIPS-plus-orientierte Verhandlungsposition in den WPA-Verhandlungen in Hinblick auf Arzneimittel und Medikamente aufgibt und es den Entwicklungsländern ermöglicht, im Rahmen inländischer Programme zur Förderung der öffentlichen Gesundheit Medikamente zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen;

58.

hebt hervor, dass keine der bei den ACTA-Verhandlungen beschlossenen Maßnahmen, die der Stärkung der Befugnisse im Hinblick auf grenzübergreifende Kontrollen und die Beschlagnahme von Waren dient, den allgemeinen Zugang zu legalen, erschwinglichen und sicheren Arzneimitteln nicht behindern sollte;

59.

ist besorgt wegen der jüngsten Fälle der Beschlagnahme von in europäischen Häfen und Flughäfen im Transit befindlichen Generika durch mitgliedstaatliche Zollbehörden und unterstreicht, dass ein solches Verhalten die WTO-Erklärung über den Zugang zu Arzneimitteln untergräbt; fordert die betroffenen EU-Mitgliedstaaten auf, diesen Praktiken umgehend ein Ende zu machen; fordert die Kommission auf, dem Parlament zuzusichern, dass den Entwicklungsländern der Zugang zu Arzneimitteln durch das derzeit verhandelte ACTA nicht verwehrt wird;

60.

ist der Überzeugung, dass der Herausforderung des Klimawandels mit Strukturreformen begegnet werden muss, und fordert eine systematische Risikofolgenabschätzung des Klimawandels, die alle Aspekte politischer Planung und Entscheidung einschließlich Handel, Landwirtschaft, Ernährungssicherheit abdeckt; verlangt, dass die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung als Grundlage für die Erarbeitung klarer und schlüssiger Länder- und Regionalstrategiepapiere sowie bei allen Entwicklungsprogrammen und -vorhaben herangezogen werden;

61.

begrüßt die jüngsten Aussagen der Kommission, dass sie sich erneut mit der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 befassen wird, die unbeabsichtigte Folgen für den Transit von Generika durch die EU hatte, die letztendlich für die Entwicklungsländer bestimmt waren;

62.

ist der Auffassung, dass Initiativen wie der Patent-Pool von UNITAID für HIV-Medikamente dazu beitragen können, die Politik der EU in Bezug auf Gesundheit und geistiges Eigentum kohärenter zu machen;

63.

begrüßt die Unterstützung von Vorschlägen durch die Kommission, indigenen Gemeinschaften dabei zu helfen, ihr traditionelles Wissen und ihre genetischen Ressourcen zu nutzen und davon zu profitieren;

64.

begrüßt die Aussagen der Kommission, wonach die EU zusammen mit gleichgesinnten Ländern Zölle auf umweltfreundliche Waren senken könnte, falls innerhalb der WTO keine Vereinbarung erzielt wird;

65.

unterstützt die Kommission dabei, den Technologietransfer an die Entwicklungsländer zu erleichtern, insbesondere von kohlenstoffarmer und klimaschonender Technologie, die für die Anpassung an den Klimawandel von wesentlicher Bedeutung ist;

66.

anerkennt die wirtschaftliche Bedeutung von Geldüberweisungen an die Entwicklungsländer, hält es jedoch für notwendig, das Thema des Braindrain bei der Umsetzung von bilateralen Handelsabkommen, insbesondere innerhalb des Gesundheitswesens, aufzugreifen;

67.

hebt die Arbeit hervor, die zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft bezüglich der Steuerflucht von multinationalen Unternehmen der EU in den Entwicklungsländern leisten, und fordert die Kommission auf, deren Empfehlungen bei künftigen Verhandlungen zu berücksichtigen;

68.

begrüßt die Mechanismen zur Förderung der PCD in der Kommission, insbesondere das System dienststellenübergreifender Konsultationen, den Folgenabschätzungsprozess, die Folgenabschätzung zur Nachhaltigkeit und die dienststellenübergreifende Qualitätsmanagementgruppe sowie gegebenenfalls die strategische Umweltprüfung; fragt jedoch, welche Kriterien die Generaldirektion Entwicklung zugrunde gelegt hat, als sie beschloss, inkohärente Politikinitiativen zu kippen, und fordert mehr Transparenz hinsichtlich der Ergebnisse dienststellenübergreifender Konsultationen; fordert, dass ihm die in der Folgenabschätzung zusammengetragenen Informationen in verständlicherer Form zur Verfügung gestellt werden; fordert ferner, dass das Europäische Parlament sowie die Parlamente der Mitgliedstaaten und Entwicklungsländer enger in diese Mechanismen eingebunden werden;

69.

fordert, dass alle Entwicklungsländer von der Strategie „Aid for Trade“ profitieren und nicht nur diejenigen, die eine stärkere Liberalisierung ihrer Märkte zugesichert haben; fordert die Kommission auf, in Handelsgesprächen, insbesondere im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, nicht gegen den Willen der Entwicklungsländer auf Verhandlungen über „Singapur-Themen“ und Finanzdienstleistungen zu bestehen, und keine Abkommen dieser Art abzuschließen, solange diese Länder keinen angemessenen Rechts- und Überwachungsrahmen auf nationaler Ebene geschaffen haben;

70.

ersucht die Kommission, systematisch rechtsverbindliche Sozial- und Umweltstandards in die von der Europäischen Union ausgehandelten Handelsverträge aufzunehmen, um die Verwirklichung des angestrebten Handels im Dienste der Entwicklung zu fördern;

71.

fordert die Kommission auf, die Folgenabschätzungen früher, d. h. bevor der Prozess der Gestaltung politischer Initiativen weit fortgeschritten ist, zu beginnen und diese auf bereits vorliegende oder gezielt durchgeführte empirische Studien zu stützen, und systematisch soziale, Umwelt- und Menschenrechtsaspekte einzubeziehen, da eine prospektive Analyse angesichts fehlender Daten und der Komplexität der PCD am hilfreichsten und besten handhabbar ist; fordert die Kommission auf, die Ergebnisse der Folgenabschätzungen in die Regional- und Länderstrategiepapiere des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen sowie Vorschläge für Folgemaßnahmen vorzulegen;

72.

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass von den 82 Folgenabschätzungen, die die Kommission 2009 durchführte, nur eine einzige das Thema Entwicklung betraf; betont die Notwendigkeit eines systematischen Ansatzes für die Messung der PCD-Leistung; fordert die Kommission daher auf, dem Referat „Zukunftsforschung und Politikzusammenhang“ der GD Entwicklung eine zentrale Rolle bei der besseren Berücksichtigung der PCD zuzuweisen;

73.

fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament in den Prozess der Ausarbeitung des PCD-Berichts der Kommission einzubinden, etwa was den Fragebogen, ein besseres Zeitmanagement und die Berücksichtigung der Initiativberichte des Parlaments betrifft;

74.

fordert die Kommission auf, die EU-Delegationen bei ihrer Arbeit im Zusammenhang mit der PCD zu unterstützen, indem sie in jeder Delegation Ansprechpartner benennt, die für diese zuständig sind und die Auswirkungen der EU-Politik auf der Ebene des Partnerlands beobachten sollen; fordert, dass die PCD in die Personalfortbildung aufgenommen wird; fordert die Kommission auf, jährlich die Ergebnisse von Beratungen zu veröffentlichen, die durch die EU-Delegationen erfolgen müssen; fordert die Kommission zu diesem Zweck auf, dafür Sorge zu tragen, dass die EU-Delegationen über ausreichende Kapazitäten für die umfassende Beratung von örtlichen Gebietskörperschaften und Parlamenten sowie für die Hinzuziehung nichtstaatlicher Akteure und der Zivilgesellschaft zum Thema PCD verfügen;

75.

regt Schulungen für Mitarbeiter der Kommission und der Delegationen des Rates zum Thema PCD an, um deren Bewusstsein für dieses politische Ziel zu schärfen;

76.

fordert die Kommission auf, dem für Entwicklung zuständigen Kommissionsmitglied die alleinige Zuständigkeit für Länderhilfen, Länder-, Regional- und Themenstrategiepapiere, nationale und mehrjährige Richtprogramme sowie jährliche Aktionsprogramme und für die Umsetzung von Hilfe in allen Entwicklungsländern zu übertragen und dabei eng mit der Hohen Vertreterin und der Kommissarin für humanitäre Hilfe zusammenzuarbeiten, um inkohärente Ansätze im Kollegium und im Rat zu verhindern;

77.

fordert die Mitgliedstaaten und ihre nationalen Parlamente auf, PCD durch ein spezifisches Arbeitsprogramm mit verbindlichen Zeitplänen zu fördern, um Verbesserungen im europäischen PCD-Arbeitsprogramm und bei den Hilfemaßnahmen zu erreichen und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass dies den Entwicklungsstrategien der Partnerländer nicht zuwiderläuft;

78.

schlägt vor, dass PCD in den Halbzeitbericht des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit, besonders in die einschlägigen thematischen Programme, aufgenommen wird;

79.

schlägt die Einbeziehung spezifischer PCD-Verpflichtungen in die Arbeitsprogramme aller Präsidentschaften vor;

80.

regt an, dass der Rat die Tätigkeit der bestehenden Strukturen zur Förderung der PCD verbessert, indem er beispielsweise mehr gemeinsame Treffen der Arbeitsgruppen abhält und das Arbeitsprogramm öffentlich zugänglich macht;

81.

schlägt vor, selbst alle zwei Jahre einen Bericht über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung auszuarbeiten; schlägt all seinen Ausschüssen vor, Berichte auszuarbeiten, die ihre eigene Entwicklungsperspektive zum Thema haben;

82.

unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit seiner eigenen Ausschüsse; schlägt daher vor, bei der Erörterung eines die PCD betreffenden sensiblen Themas die anderen einschlägigen Ausschüsse eng einzubeziehen und im Falle der Vorbereitung einer Expertenanhörung zu einem die PCD betreffenden sensiblen Thema durch einen Ausschuss die anderen einschlägigen Ausschüsse an der Vorbereitung zu beteiligen;

83.

ersucht um institutionelle Erläuterung der Mitteilung der Kommission zur Politikkohärenz (KOM(2009)0458) in dem Punkt vertiefte Partnerschaft und verstärkter Dialog mit den Entwicklungsländern über PCD; fragt, ob diese vertiefte Partnerschaft auch einen Mechanismus für die Beratung von Entwicklungsländern in Bezug auf die Frage, was sie selbst zur Förderung der PCD tun können, und einen Plan zur Schaffung von Kapazitäten für die Durchführung von PCD-Bewertungen auf Länderebene umfasst;

84.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 46 vom 24.2.2006, S. 1.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0039.

(3)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0325.

(4)  AKP-EU/100.568/09/endg.

(5)  ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 121.

(6)  ABl. C 250 E vom 25.10.2007, S. 77.

(7)  ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 633.

(8)  ABl. C 286 E vom 27.11.2009, S. 5.

(9)  ABl. C 297 E vom 20.11.2008, S. 201.

(10)  ABl. C 279 E vom 19.11.2009, S. 100.

(11)  ABl. C 102 E vom 24.4.2008, S. 291.

(12)  ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 261.

(13)  „Policy Coherence for Development: Institutional Approaches: Technical Workshop“: Workshop der OECD, der am 13. Oktober 2003 in Paris stattfand.

(14)  Artikel 35 der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union: „Der Europäische Konsens“ (2006)/C 46/01).


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/58


Dienstag, 18. Mai 2010
Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr

P7_TA(2010)0175

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr (2009/2154(INI))

2011/C 161 E/08

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Berichts der Kommission zur Analyse der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr (KOM(2009)0225),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A7-0130/2010),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Union in den letzten Jahren durch die Annahme der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie der Richtlinie 2006/22/EG ein System von Sozialvorschriften im Straßenverkehr geschaffen hat, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten,

B.

in der Erwägung, dass die Sanktionssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union historisch gewachsen sind und daher große Unterschiede aufweisen, wobei die Bußgelder im Extremfall in einem Land zehnmal höher als in einem anderen sein können,

C.

in der Erwägung, dass die Rechtslage bei internationalen Transporten für Unternehmer und insbesondere auch für Fahrer schwer durchschaubar geworden ist; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Regelungen vor großen Herausforderungen stehen und die derzeitige Situation mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist,

D.

besorgt angesichts von Informationen über Mängel an digitalen Fahrtenschreibern, die sie äußerst anfällig für Manipulationen machen,

Allgemeine Anmerkungen

1.

begrüßt den Bericht der Kommission über die Analyse der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr; bedauert jedoch, dass der Bericht aufgrund fehlender Daten einzelner Mitgliedstaaten keine vollständige Analyse der derzeitig bestehenden Situation in Europa darstellt; fordert die Kommission auf, die fehlenden Informationen bei den Mitgliedstaaten einzufordern;

2.

stellt fest, dass sich der Bericht der Kommission auf die Kategorisierung von Verstößen nach dem neuen Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG der Kommission bezieht, ohne die Implementierungsfrist gemäß Artikel 2 Absatz 1 Richtlinie 2009/5/EG der Kommission zu berücksichtigen;

3.

fordert daher die Kommission auf, schon im Jahr 2010 einen aktualisierten und vollständigen Bericht über die Implementierung des neuen Anhangs III der Richtlinie 2006/22/EG vorzulegen;

4.

weist darauf hin, dass es in den vergangenen Berichtsperioden zu starken zeitlichen Verzögerungen gekommen ist, sodass zum Beispiel im aktuellen Bericht (24. Bericht der Kommission über die Durchführung von Sozialvorschriften im Straßenverkehr) vom 3. August 2009 erst das Zahlenmaterial aus dem Zeitraum 2005 und 2006 aufgearbeitet wurde und somit kaum Rückschlüsse auf den tatsächlichen Stand der Harmonisierung der Sozialbestimmungen für Straßenverkehrsnutzer gezogen werden können;

5.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihr Möglichstes zu tun, um sicherzustellen, dass den Zielsetzungen des Artikels 17 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 rascher entsprochen wird, um aktuellere Statistiken für künftige Harmonisierungsmaßnahmen zur Verfügung zu haben;

6.

weist darauf hin, dass es auch im Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 eine Auflistung von schwerwiegenden Verstößen im Sinne dieser Verordnung gibt; meint daher, dass eine harmonisierte Kategorisierung von schwerwiegenden Verstößen gegen die Sozialvorschriften dringend notwendig ist;

Erhebliche Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten

7.

stellt fest, dass die Unterschiede der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr sich nicht nur in der Höhe der Bußgelder, sondern auch in der Art und der Einstufung der Sanktionen unterscheiden;

8.

weist darauf hin, dass diese Unterschiede außer durch wirtschaftliche und geographische Bedingungen auch durch die unterschiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten bei der Verfolgung von Strafsachen und durch die unterschiedlichen politischen Ansätze in Sachen Straßenverkehrssicherheit erklärt werden können;

9.

stellt fest, dass die Sozialvorschriften im Straßenverkehr, insbesondere die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie die Richtlinie 2006/22/EG, den Mitgliedstaaten sehr viel Raum für Interpretation lassen; bedauert, dass die zahlreichen unpräzisen Formulierungen in den europäischen Regelungen zwingend zu einer uneinheitlichen Umsetzung in den Mitgliedstaaten führen; vertritt die Auffassung, dass zunächst eine einheitliche und verbindliche Auslegung dieser Verordnungen und der Richtlinie erforderlich ist, um eine weitere Harmonisierung zu erreichen;

10.

bedauert, dass einige Mitgliedstaaten keine Staffelung der Sanktionen in Bezug auf die Schwere des Verstoßes vorsehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Rechtsvorschriften zu beschließen, die eine zielgerichtete, angemessene und abschreckende Wirkung haben und die Schwere des Verstoßes berücksichtigen;

Eine weitere Harmonisierung

11.

unterstreicht, dass ein wirksames, ausgewogenes und abschreckend wirkendes Sanktionssystem nur auf klaren, transparenten und zwischen den Mitgliedstaaten vergleichbaren Sanktionen basieren kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, legislative und praktische Lösungen zu finden, um die zum Teil sehr großen Unterschiede bei der Art und Höhe der Sanktionen zu reduzieren;

12.

fordert die Kommission auf, nach Konsultationen mit den Kontrollorganen und den Vertretern des Verkehrssektors eine einheitliche und verbindliche Auslegung der Verordnung über die Lenk- und Ruhezeiten zu erarbeiten; weist darauf hin, dass die Kontrollorgane diese Auslegung berücksichtigen sollten;

13.

ist der Auffassung, dass für eine weitere Annäherung bei den Arten der Sanktionen und bei der Höhe der Bußgelder eine Kategorisierung der Bußgelder in Verbindung mit einer Kategorisierung der Sanktionen notwendig ist und Mindest- und Höchststrafen bei den einzelnen Verstößen gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr festgelegt werden sollen; unterstreicht, dass bei der Umgestaltung der Sanktionen die Notwendigkeit, dass gerechte Bußgelder in den einzelnen Mitgliedstaaten in Abhängigkeit von objektiven Kriterien (beispielsweise des BIP oder geografischer Faktoren) bemessen werden, gegen eine effiziente Abschreckung vor schwerwiegenden Verstößen abgewogen werden muss;

14.

weist darauf hin, dass der mit der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission eingeführte neue Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als Grundstein für einen einheitlichen Ansatz bei der Einordnung der Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu bewerten ist; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, die für eine rasche Umsetzung der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen;

15.

erinnert darüber hinaus, dass mit dem Vertrag von Lissabon ein neuer Artikel 83 Absatz 2 über die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingefügt wurde; ersucht die Kommission, diese neuen legislativen Mittel in dem Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zu untersuchen und innerhalb von zwölf Monaten dem Rat und dem Europäischen Parlament einen Bericht über die möglichen Harmonisierungsmaßnahmen zu übermitteln, der auch Aspekte der Straßenverkehrssicherheit und der grenzübergreifenden Gültigkeit von Bußgeldern umfasst, sofern dies bislang nicht der Fall war;

16.

begrüßt, dass die Kommission gemäß Artikel 22 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der einzelstaatlichen Auslegung und Anwendung dieser Verordnung „Leitlinien“ vorbereitet hat; stellt aber fest, dass diese nicht rechtsverbindlich sind und daher ihr Ziel der einheitlichen Umsetzung in den Mitgliedstaaten nicht erreicht haben;

17.

ist der Auffassung, dass zur Umsetzung eines Verkehrsbinnenmarktes und zur Erhöhung der Rechtssicherheit für Fahrer und Unternehmen das Verständnis der Anwendung der Sozialvorschriften angeglichen werden sollte; fordert die Kommission vor diesem Hintergrund auf, in Zusammenarbeit mit Corte, Tispol und Euro Contrôle Route Vorschläge vorzulegen, um der diskriminierenden Anwendung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ein Ende zu setzen; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen, artikelweisen Auslegung der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 hin;

18.

ersucht die Mitgliedstaaten, diese Leitlinien bei der Implementierung der Sozialvorschriften heranzuziehen, damit eine harmonisierte Umsetzung erfolgen kann;

Kontrollen

19.

weist ausdrücklich darauf hin, dass nur durch eine konsequente und nicht-diskriminierende Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften unlauterer Wettbewerb unterbunden und die Straßenverkehrssicherheit gewährleistet werden können; weist mit Nachdruck darauf hin, dass für die Umsetzung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ein harmonisiertes und wirksames Konzept für Kontrollen erforderlich ist;

20.

macht darauf aufmerksam, dass die Verkehrslage im Hinblick auf Infrastruktur, Verkehrsaufkommen und Verkehrsbelastung in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist, und vertritt daher die Ansicht, dass diese Faktoren u.a. bei der Bestimmung der Häufigkeit der Kontrollen berücksichtigt werden könnten, wobei der Tatsache Rechnung getragen werden sollte, dass eines der Hauptziele die Einhaltung der Sozialvorschriften ist;

21.

ist überzeugt, dass die Kommission zur Behebung der Hindernisse für den europäischen Binnenmarkt und zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit solche harmonisierten Konzepte für Kontrollen fördern und regulierend eingreifen sollte; fordert die Kommission auf, zur Erreichung dieser Ziele ein wirksames und angemessenes Koordinierungsinstrument auf europäischer Ebene zu schaffen;

22.

fordert die Kommission auf, Empfehlungen und europäische Mindeststandards für die Ausbildung von Kontrollorganen und für die Koordinierung der Zusammenarbeit unter den Kontrollorganen zu erarbeiten; fordert die Kommission auf, die Erhebung statistischer Daten für eine aussagekräftigere Analyse der wirksamen Durchsetzung zu verbessern und ein harmonisiertes Vorgehen der Mitgliedstaaten in Durchsetzungsfragen zu fördern;

23.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre für Kontrollen zuständigen Mitarbeiter stets nach den neusten Entwicklungen in der Datenerhebung zu schulen und in der Umsetzung gemeinsamer Standards eng mit der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten, um ein harmonisiertes Konzept von Kontrollen zu fördern und damit Rechtssicherheit zu schaffen;

24.

ist der Auffassung, dass häufigere und gründlichere Kontrollen auf der Straße und auf dem Betriebsgelände von Unternehmen erfolgen müssen; fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die Anzahl der durchzuführenden Kontrollen gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 2006/22/EG einhalten; fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über die weitere Vorgehensweisen hinsichtlich dieser Kontrollen zu informieren;

25.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich einen Bericht über die Überwachung der Mängel an digitalen Kontrollgeräten und die Maßnahmen zur Vermeidung dieser Schwachpunkte vorzulegen;

26.

unterstreicht, dass der digitale Fahrtenschreiber gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 als Kontrollgerät verbessert werden sollte: die Kommission sollte prüfen, wie die Kontrollbehörden die Daten rascher vom digitalen Fahrtenschreiber herunterladen könnten;

27.

verweist auf die von Euro Contrôle Route eingerichtete Meldestelle für unverhältnismäßige Sanktionen und fordert Fahrer und Verkehrsunternehmen auf, der Stelle Fälle von unangemessener und diskriminierender Anwendung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu melden;

Andere Initiativen

28.

ist der Meinung, dass eine allgemein verständliche Broschüre in allen Amtssprachen der Europäischen Union für die Unternehmen und LKW-Fahrer nützlich wäre; betont, dass diese Broschüre die betroffenen Fahrer und Unternehmen über die geltenden Sozialvorschriften und die damit verbundenen Sanktionen in den einzelnen Mitgliedstaaten besser informieren sollte; meint, dass derartige Informationen auch für Unternehmen und Fahrer aus Drittstaaten zur Verfügung stehen sollten; unterstreicht den Nutzen der Verwendung intelligenter Verkehrssysteme, um den Fahrern diese Informationen in Echtzeit übermitteln zu können;

29.

ist davon überzeugt, dass im Rahmen des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationstechnologien sowie von Intelligenten Transportsystemen die Möglichkeit für Unternehmen und Fahrer bestehen sollte, sich über geltende Sozialvorschriften und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Sanktionen zu informieren;

30.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit auf Basis von bereits existierenden Strukturen, wie Euro Contrôle Route, zu stärken und damit die Koordinierung von gemeinsamen Kontrollen, den Austausch von nachahmenswerten Methoden und die gemeinsame Organisation von Schulungen für Kontrollorgane zu verbessern;

31.

ist der Auffassung, dass die gesamte vorhandene Technik genutzt werden sollte, um die Lkw-Fahrer, einschließlich der Fahrer aus Nachbarländern, in Echtzeit über die maßgeblichen sozialen Bestimmungen und Sanktionen zu informieren, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten angewendet werden, beispielsweise unter Verwendung des GPS oder anderer bestehender Instrumente;

32.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine entsprechende Infrastruktur, einschließlich ausreichender und sicherer Parkplätze, im europäischen Straßennetz zu sorgen, damit Fahrer die Vorschriften über die Lenk- und Ruhezeiten tatsächlich einhalten und Kontrollen effizient durchgeführt werden können; weist darauf hin, dass der Sicherheitsaspekt bei diesen Einrichtungen einen besonderen Stellenwert einnehmen muss; fordert die Kommission auf, regelmäßig in der dafür angemessensten Form die entlang des europäischen Straßennetzes zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Einrichtungen bekannt zu geben, um Personen, die beruflich auf den Straßen unterwegs sind, über die angebotenen Dienstleistungen zu informieren;

33.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Projekte für den Bau von sicheren Parkplätzen zu fördern und zu finanzieren, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass die Fahrer die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 einhalten können;

*

* *

34.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/62


Dienstag, 18. Mai 2010
Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Korruption

P7_TA(2010)0176

Erklärung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu den Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Korruption

2011/C 161 E/09

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 123 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Korruption die Rechtsstaatlichkeit untergräbt, zum Missbrauch von EU-Steuergeldern und zu Wettbewerbsverzerrungen führt und in der derzeitigen Wirtschaftskrise eine Rolle gespielt hat,

B.

in der Erwägung, dass die Union das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ratifiziert hat, und 78 % der EU-Bürger Korruption in ihrem Land für ein großes Problem halten (Eurobarometer, Dezember 2009),

C.

unter Hinweis darauf, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung zum Programm von Stockholm für einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betont hat, wie wichtig die Bekämpfung der Korruption ist,

D.

unter Hinweis auf den Internationalen Tag gegen die Korruption (9. Dezember), an dem diese Erklärung initiiert wurde,

1.

fordert die europäischen Institutionen auf, umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption anzunehmen und einen eindeutigen Mechanismus festzulegen, mit dem die Lage in den Mitgliedstaaten regelmäßig beobachtet werden kann;

2.

fordert die Kommission auf, alle erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, damit dieser Kontrollmechanismus auch eingeführt wird, und zu gewährleisten, dass den Schlussfolgerungen und Erkenntnissen wirksame Maßnahmen folgen;

3.

fordert die Kommission und die einschlägigen Agenturen der Union auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der Bereitstellung ausreichender Ressourcen, um zu gewährleisten, dass es bei der Inanspruchnahme der Mittel der EU nicht zu Korruption kommt, und abschreckende Sanktionen einzuführen, wenn Korruption und Betrug festgestellt werden;

4.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Erklärung mit den Namen der Unterzeichner (1) dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  Die Liste der Unterzeichner wird in Anlage 1 des Protokolls vom 18. Mai 2010 veröffentlicht (P7_PV(2010)05-18(ANN1)).


Mittwoch, 19. Mai 2010

31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/63


Mittwoch, 19. Mai 2010
Andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel (Thrombin vom Rind und/oder vom Schwein)

P7_TA(2010)0182

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Entwurf einer Richtlinie der Kommission zur Änderung der Anhänge der Richtlinie 95/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/374/EG

2011/C 161 E/10

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (1), insbesondere auf Artikel 31 und Artikel 28 Absatz 4,

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 95/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 1995 über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel (3) und auf die Richtlinie 89/107/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (4), die durch die oben genannte Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 aufgehoben und ersetzt wurden,

unter Hinweis auf den Entwurf einer Richtlinie der Kommission zur Änderung der Anhänge der Richtlinie 95/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/374/EG,

gestützt auf Artikel 5a Absatz 3 Buchstabe b des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (5),

gestützt auf Artikel 88 Absatz 2 und Absatz 4 Buchstabe b seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Kommission gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 bis zur Fertigstellung der Gemeinschaftslisten von Lebensmittelzusatzstoffen gemäß Artikel 30 dieser Verordnung Maßnahmen zur Änderung bestimmter Anhänge, unter anderem der Richtlinie 95/2/EG, erlassen kann,

B.

in der Erwägung, dass Anhang IV der Richtlinie 95/2/EG eine Liste der Lebensmittelzusatzstoffe, die in der Europäischen Union verwendet werden dürfen sowie eine Beschreibung der Verwendungsbedingungen für diese Stoffe enthält,

C.

in der Erwägung, dass zudem die allgemeinen Kriterien für die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen in Anhang II der Richtlinie 89/107/EWG festgelegt wurden und diese Kriterien seit der Aufhebung und Ersetzung dieser Richtlinie durch die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 nun unter anderem in Artikel 6 dieser Verordnung, der die allgemeinen Bedingungen für die Aufnahme von Lebensmittelzusatzstoffen in Gemeinschaftslisten sowie für deren Verwendung betrifft, aufgeführt sind,

D.

in der Erwägung, dass in Artikel 6 dieser Verordnung festgelegt ist, dass ein Lebensmittelzusatzstoff in der EU nur verwendet werden darf, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt – so dürfen beispielsweise gemäß Absatz 1 Buchstabe c die Verbraucher durch die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffs nicht irregeführt werden, und gemäß Absatz 2 muss der Lebensmittelzusatzstoff Vorteile für die Verbraucher bringen,

E.

in der Erwägung, dass in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung auch festgelegt ist, dass die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nur zugelassen werden darf, wenn dieser für die Verbraucher gesundheitlich unbedenklich ist,

F.

zudem in der Erwägung, dass in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 („Allgemeines Lebensmittelrecht“) und insbesondere in Artikel 8 dieser Verordnung unter anderem festgelegt ist, dass das Lebensmittelrecht den Schutz der Verbraucherinteressen zum Ziel hat und den Verbrauchern die Möglichkeit bieten muss, in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, eine sachkundige Wahl zu treffen, wobei alle Praktiken, die den Verbraucher irreführen könnten, verhindert werden müssen,

G.

in der Erwägung, dass der Entwurf einer Richtlinie der Kommission und insbesondere Erwägung 25 und Nummer 3 Buchstabe h des Anhangs dieses Entwurfs die Aufnahme eines auf Thrombin und Fibrinogen basierenden Enzympräparats als Lebensmittelzusatzstoff zur Rekonstitution von Lebensmitteln in Anhang IV der Richtlinie 95/2/EG vorsehen,

H.

in der Erwägung, dass Thrombin, sofern es aus den essbaren Teilen von Tieren stammt, als eine Art „Fleischkleber“ fungiert und seine Aufgabe als Lebensmittelzusatzstoff darin besteht, einzelne Fleischstücke zu einem einzigen Fleischprodukt zu verbinden,

I.

in der Erwägung, dass Thrombin verwendet wird, um dem Verbraucher mehrere Fleischstücke als ein ganzes Fleischprodukt anzubieten, und die Gefahr der Irreführung der Verbraucher also offensichtlich ist,

J.

in der Erwägung, dass selbst in Erwägung 25 des Entwurfs einer Richtlinie der Kommission eingeräumt wird, dass die Verwendung von Thrombin mit Fibrinogen als Lebensmittelzusatzstoff den Verbraucher in Bezug auf den Zustand des letztendlich vorliegenden Lebensmittels irreführen könnte,

K.

in der Erwägung, dass in Nummer 3 Buchstabe h des Anhangs des Entwurfs einer Richtlinie der Kommission vorgesehen ist, Rinder- und/oder Schweinethrombin, das in für den Endverbraucher bestimmten Fertigpackungen mit Fleischzubereitungen und Fertigpackungen mit Fleischprodukten in einer Konzentration von höchstens 1 mg/kg enthalten ist, in die Liste der zulässigen Lebensmittelzusatzstoffe in Anhang IV der Richtlinie 95/2/EG aufzunehmen, wenn es in Kombination mit Fibrinogen verwendet wird und das Lebensmittel in unmittelbarer Nähe zum Handelsnamen mit der Information „Formfleisch“ gekennzeichnet ist,

L.

in der Erwägung, dass obwohl die Verwendung von Thrombin als Lebensmittelzusatzstoff in Fleischprodukten, die in Restaurants oder anderen Lebensmittel servierenden öffentlichen Einrichtungen angeboten werden, gemäß dem Entwurf einer Richtlinie der Kommission nicht zulässig ist, eindeutig die Gefahr besteht, dass mit Thrombin angereichertes Fleisch seinen Weg in Fleischprodukte findet, die in Restaurants oder anderen Lebensmittel servierenden öffentlichen Einrichtungen angeboten werden, da mit Fleischstücken ein höherer Gewinn erzielt werden kann, wenn sie als ganzes Fleischprodukt angeboten werden,

M.

in der Erwägung, dass daher unklar ist, ob das Verbot der Verwendung von Thrombin in Fleischprodukten, die in Restaurants oder anderen Lebensmittel servierenden öffentlichen Einrichtungen angeboten werden, dazu führen würde, dass in der Praxis verhindert wird, dass solche Fleischprodukte in Restaurants oder anderen Lebensmittel servierenden öffentlichen Einrichtungen angeboten und dem Endverbraucher als ganze Fleischprodukte verkauft werden,

N.

in der Erwägung, dass durch die vorstehend genannten im Entwurf einer Richtlinie der Kommission enthaltenen Kennzeichnungsbedingungen nicht verhindert würde, dass den Verbrauchern, was das Vorliegen eines ganzen Fleischprodukts betrifft, ein falscher oder irreführender Eindruck vermittelt wird, und daher die Gefahr besteht, dass die Verbraucher irregeführt und davon abgehalten werden, eine fundierte Entscheidung bezüglich des Verzehrs von Fleischprodukten, die Thrombin enthalten, zu treffen,

O.

in der Erwägung, dass bisher nicht nachgewiesen wurde, dass sich für die Verbraucher aus der Verwendung von Thrombin Vorteile ergeben,

P.

in der Erwägung, dass sich durch das Zusammensetzen vieler einzelner Fleischstücke die Oberfläche, die von krankheitserregenden Bakterien (wie Clostridien und Salmonellen) befallen werden kann, erheblich vergrößert, und diese Bakterien bei einem solchen Verfahren auch ohne Sauerstoff überleben und sich vermehren können,

Q.

in der Erwägung, dass die Gefahr eines Befalls mit krankheitserregenden Bakterien besonders groß ist, weil das Zusammenfügen in kaltem Zustand, ohne Zugabe von Salz und ohne eine anschließende Erhitzung durchgeführt werden kann und daher die Sicherheit des Endprodukts nicht garantiert werden kann,

R.

in der Erwägung, dass daher der Entwurf einer Richtlinie der Kommission diesbezüglich nicht den Kriterien für die Aufnahme von Lebensmittelzusatzstoffen in Anhang IV der Richtlinie 95/2/EG genügt,

1.

ist der Ansicht, dass der Entwurf einer Entscheidung der Kommission mit Ziel und Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 unvereinbar ist;

2.

spricht sich gegen die Annahme des Entwurfs einer Richtlinie der Kommission zur Änderung der Anhänge der Richtlinie 95/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/374/EG aus;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 16.

(2)  ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

(3)  ABl. L 61 vom 18.3.1995, S. 1.

(4)  ABl. L 40 vom 11.2.1989, S. 27.

(5)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/65


Mittwoch, 19. Mai 2010
Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015)

P7_TA(2010)0183

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu der Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“ (2009/2104(INI))

2011/C 161 E/11

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 184 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (KOM(2008)0818),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015): Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“ (KOM(2008)0819),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (1),

unter Hinweis auf die Leitsätze der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Organtransplantation beim Menschen,

unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats über Menschenrechte und Biomedizin sowie das dazugehörige Zusatzprotokoll über die Transplantation von Organen und Geweben menschlichen Ursprungs,

unter Hinweis auf die Konferenz über Qualität und Sicherheit von Organspenden und -transplantationen in der Europäischen Union vom 17./18. September 2003 in Venedig,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A7-0103/2010),

A.

in der Erwägung, dass in der EU zurzeit 56 000 Patienten auf ein geeignetes Spenderorgan warten und Schätzungen zufolge täglich 12 Patienten sterben, während sie auf ein Transplantat warten,

B.

in der Erwägung, dass der Bedarf der Patienten an Transplantaten in Europa aufgrund der begrenzten Anzahl verfügbarer Organe verstorbener oder uneigennütziger Lebendspender nicht gedeckt ist,

C.

in der Erwägung, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten verzeichneten Raten an postmortalen Organspenden – mit 34,2 Spenden pro Million Einwohner in Spanien und 1,1 Spenden pro Million Einwohner in Bulgarien – große Abweichungen aufweisen, und dass der Organmangel die Transplantationsprogramme in wesentlichem Maße beeinträchtigt,

D.

in der Erwägung, dass sich die einzelstaatliche Politik und der Regulierungsrahmen für Organspenden und Transplantationen in den einzelnen Mitgliedstaaten aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen, kulturellen, administrativen und organisatorischen Gegebenheiten wesentlich voneinander unterscheiden,

E.

in der Erwägung, dass Organspende und -transplantation sensible und komplexe Sachverhalte sind, die auch wichtige ethische Aspekte umfassen, zu deren Weiterentwicklung die Mitwirkung der gesamten Gesellschaft und die Einbeziehung aller maßgeblichen Akteure gefordert ist,

F.

in der Erwägung, dass Organtransplantationen die Möglichkeit bieten, Leben zu retten bzw. die Lebensqualität von Patienten zu verbessern, dass sie beispielsweise bei Nierentransplantationen im Vergleich zu anderen Ersatztherapien das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten und es den Patienten ermöglichen, sich stärker am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen und einer Arbeit nachzugehen,

G.

in der Erwägung, dass der Organaustausch zwischen den Mitgliedstaaten bereits gängige Praxis ist, wenngleich bei der Zahl der Organe, die zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, große Unterschiede bestehen, sowie in der Erwägung, dass der Austausch von Organen zwischen den Mitgliedstaaten durch den Aufbau von Einrichtungen für den internationalen Organaustausch, wie Eurotransplant und Scandiatransplant, wesentlich erleichtert wurde,

H.

in der Erwägung, dass es derzeit weder eine Datenbank mit Informationen zu den für Spende und Transplantation vorgesehenen Organen oder zu Lebendspendern oder postmortalen Spenden in der gesamten Europäischen Union, noch ein gesamteuropäisches Zertifizierungssystem gibt, mit dem die Legalität von dem menschlichen Körper entnommenen Organen und Geweben bescheinigt werden kann,

I.

in der Erwägung, dass es außer in Spanien nur in wenigen anderen Mitgliedstaaten gelungen ist, die Zahl postmortaler Organspenden wesentlich zu erhöhen, und dass nachgewiesen werden konnte, dass solche zahlenmäßigen Steigerungen auf die Einführung ganz bestimmter organisatorischer Verfahren zurückzuführen sind, die die Erkennung potenzieller Spender durch die Systeme ermöglichen und dazu beitragen, dass sich möglichst viele Menschen zur postmortalen Organspende bereiterklären,

J.

in der Erwägung, dass mit der Richtlinie 2004/23/EG ein eindeutiger Rechtsrahmen für Organspenden und -transplantationen in der Europäischen Union festgelegt wird, der dazu führen wird, dass in jedem Mitgliedstaat eine zuständige nationale Behörde geschaffen oder benannt wird, damit die Einhaltung der einschlägigen Qualitäts- und Sicherheitsstandards der EU sichergestellt wird,

K.

in der Erwägung, dass es sich bei Organhandel und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme um schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte handelt,

L.

in der Erwägung, dass zwischen illegalem Organhandel und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme auf der einen und dem für Organspenden geltenden Rechtsrahmen auf der anderen Seite ein enger Zusammenhang besteht, weil einerseits der bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bestehende Organmangel illegalen Machenschaften Vorschub leistet, und andererseits die illegalen Machenschaften die Glaubwürdigkeit der für die Organspende geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen schwer beschädigen,

M.

in der Erwägung, dass die ablehnende Haltung gegenüber Organspenden in Europa unterschiedlich stark ausgeprägt ist, und dass dies möglicherweise damit zu erklären ist, dass das Ausbildungsniveau und der Kenntnisstand des medizinischen Personals in den Bereichen Kommunikation und Angehörigenbetreuung sehr unterschiedlich sind, in Bezug auf die Einwilligung zur Organspende und deren praktische Umsetzung verschiedene legislative Ansätze zur Anwendung kommen und weitere wichtige kulturelle, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Faktoren die gesellschaftliche Wahrnehmung der Vorzüge von Organspenden und -transplantationen beeinflussen,

N.

in der Erwägung, dass bei Patienten, für die kein postmortal gespendetes Organ zur Transplantation zur Verfügung steht, Lebendspenden eine wertvolle zusätzliche Möglichkeit sein können, wobei jedoch betont werden muss, dass Lebendspenden nur in Erwägung gezogen werden dürfen, wenn illegale Handlungen oder eine Bezahlung im Zusammenhang mit der Spende absolut ausgeschlossen sind,

O.

in der Erwägung, dass medizinische Eingriffe nur vorgenommen werden dürfen, wenn die betreffende Person sich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage damit einverstanden erklärt hat; in der Erwägung, dass die betreffende Person vorab angemessen über den Zweck und die Art des Eingriffs sowie über dessen Folgen und Risiken aufgeklärt werden sollte, sowie in der Erwägung, dass die betreffende Person ihre Zustimmung jederzeit freiwillig zurückziehen kann,

P.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass zur Transplantation bestimmte Organe beim Verstorbenen erst entnommen werden dürfen, nachdem gemäß den geltenden einzelstaatlichen Bestimmungen der Tod festgestellt wurde,

Q.

in der Erwägung, dass Lebendspenden eine Ergänzung zur postmortalen Spende darstellen sollten,

R.

in der Erwägung, dass die therapeutische Verwendung von Organen mit der Gefahr der Übertragung ansteckender und anderer Krankheiten verbunden ist,

S.

in der Erwägung, dass die steigende Lebenserwartung zu einer Verschlechterung der Organqualität führt und dadurch – auch in Mitgliedstaaten mit einer hohen Spenderzahl – weniger Transplantate eingesetzt werden können,

T.

in der Erwägung, dass das öffentliche Bewusstsein und die öffentliche Meinung für die Steigerung der Organspenderaten eine überaus wichtige Rolle spielen,

U.

in der Erwägung, dass die Öffentlichkeit durch die Arbeit, die Wohltätigkeitsverbände und andere ehrenamtliche Organisationen in den Mitgliedstaaten leisten, für diese Thematik sensibilisiert wird und dass die Bemühungen dieser Organisationen letztendlich dazu beitragen, dass die Zahl der als Organspender registrierten Personen steigt,

1.

begrüßt den von der Kommission im Dezember 2008 angenommenen europäischen Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009-2015), in dem das Konzept der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verankert wird, und zwar in Form einer Reihe vorrangiger Maßnahmen, die auf der Feststellung und Weiterentwicklung gemeinsamer Zielsetzungen und der Bewertung von Spende- und Transplantationstätigkeiten anhand vereinbarter Indikatoren basieren, die als Anhaltspunkte für Qualitätsmaßstäbe und bewährte Verfahren dienen können;

2.

äußert seine Besorgnis darüber, dass das Angebot an menschlichen Transplantationsorganen zur Deckung des Bedarfs nicht ausreicht; stellt fest, dass der gravierende Mangel an Organspendern den vollständigen Ausbau der Transplantationsdienste nach wie vor erheblich beeinträchtigt und im Bereich der Organtransplantation die größte Herausforderung an die Mitgliedstaaten darstellt;

3.

stellt fest, dass Systeme, in deren Rahmen den Bürgern ermöglicht wird, sich im Anschluss an bestimmte Verwaltungsverfahren, wie Beantragung eines Reisepasses oder des Führerscheins, direkt in ein Organspenderegister einzutragen, zum Erfolg führen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Einführung solcher Systeme ernsthaft zu prüfen, damit sich mehr Menschen in die Spenderegister eintragen;

4.

ist der Ansicht, dass es für die Verwendung von Organen, die zu therapeutischen Zwecken bereitgestellt werden, einen eindeutig festgelegten Rechtsrahmen geben muss und dass die Gesellschaft keine Vorbehalte gegenüber den Spende- und Transplantationssystemen hegen darf, wenn verhindert werden soll, dass verfügbare Organe vergeudet werden;

5.

weist auf die Bedeutung der organisatorischen Aspekte der Organbeschaffung hin und betont, dass der Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten in Ländern mit geringem Organangebot zur Verbesserung der Spenderaten beitragen wird, wie das Beispiel jener Länder sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU zeigt, in denen die Organspenderaten nach teilweiser Übernahme des spanischen Modells gestiegen sind;

6.

betont die Bedeutung von Transplantationskoordinatoren und der Bestellung von Transplantationskoordinatoren auf Krankenhausebene; weist darauf hin, dass die Rolle des Transplantationskoordinators als ein Schlüsselfaktor bei der Verbesserung sowohl der Effizienz des Prozesses der Organspende und -transplantation als auch der Qualität und Sicherheit der für die Transplantation vorgesehenen Organe anerkannt werden sollte;

7.

betont, dass durch organisatorische Änderungen bei der Organspende und -beschaffung merklich höhere Organspenderaten erreicht und auf Dauer gehalten werden können;

8.

unterstreicht, dass die Erkennung potenzieller Spender einer der wichtigsten Schritte bei der postmortalen Organspende ist; betont, dass es für eine bessere Erkennung von Spendern und die Steigerung der Spenderaten ausschlaggebend ist, auf Krankenhausebene einen primären Ansprechpartner für die Belange der Organspende (Transplantationskoordinator) zu bestellen, der in erster Linie dafür zuständig ist, ein Programm für die proaktive Spenderdetektion zu erarbeiten und den gesamten Prozess der Organspende zu optimieren;

9.

weist auf die Bedeutung des grenzüberschreitenden Organaustauschs hin, da jeweils passende Spender und Empfänger gefunden werden müssen und folglich ein großer Spenderkreis notwendig ist, um den Erfordernissen der auf den Wartelisten stehenden Patienten zu genügen; ist der Ansicht, dass ohne einen Austausch von Organen zwischen den Mitgliedstaaten Empfänger, die ein Organ mit seltenen Merkmalen benötigen, sehr geringe Aussichten auf ein geeignetes Organ haben und gleichzeitig manche Spender nicht berücksichtigt werden, weil es keinen kompatiblen Empfänger auf den Wartelisten gibt;

10.

würdigt die von Eurotransplant und Scanditransplant geleistete Arbeit, weist jedoch darauf hin, dass der Austausch von Organen außerhalb dieser Systeme und zwischen diesen beiden Systemen gerade im Hinblick auf Patienten in kleinen Ländern noch maßgeblich verbessert werden kann;

11.

betont, dass sich ein hohes Maß an Gesundheitsschutz für Patienten in der gesamten EU nur durch die Festlegung gemeinsamer, verbindlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards erreichen lässt;

12.

betont, dass die Spende freiwillig und unentgeltlich sowie in einem genau festgelegten rechtlichen und ethischen Rahmen erfolgen sollte;

13.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Organe den Empfängern anhand transparenter, diskriminierungsfreier und wissenschaftlicher Kriterien zugeteilt werden;

14.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass eine eindeutige rechtliche Grundlage für die rechtskräftige Zustimmungs- oder Widerspruchserklärung geschaffen wird, die seitens eines Verstorbenen oder seiner Angehörigen vorliegen muss und dafür Sorge zu tragen, dass Organe bei einem Verstorbenen nur entnommen werden dürfen, wenn der Tod der Person gemäß den geltenden einzelstaatlichen Bestimmungen festgestellt worden ist;

15.

befürwortet Maßnahmen, die auf den Schutz von Lebendspendern abzielen und sicherstellen, dass Organspenden uneigennützig und freiwillig sowie ohne jegliche andere Vergütung erfolgen als die Entschädigung für die im Zusammenhang mit der Spende entstehenden Ausgaben, wie Reisekosten, Kinderbetreuungskosten, entgangenes Einkommen oder Genesungskosten, und dass finanzielle Anreize für potenzielle Spender oder deren finanzielle Benachteiligung verboten sind; fordert die Mitgliedstaaten dringend dazu auf, die Bedingungen für die Vergütung festzulegen;

16.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob gewährleistet werden kann, dass Lebendspender in allen Mitgliedstaaten versicherungsrechtlich abgesichert sind; fordert die Kommission auf, die verschiedenen Systeme der Gesundheitsfürsorge für Lebendspender in allen Mitgliedstaaten zu analysieren, um Anhaltspunkte für bewährte Verfahren in der gesamten EU zu erhalten;

17.

betont, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass Lebendspender anhand ihrer Gesundheit und Anamneseerhebung, einschließlich, falls dies für notwendig erachtet wird, einer psychologischen Beurteilung, durch qualifiziertes oder geschultes und kompetentes Personal, ausgewählt werden;

18.

betont, dass die Einführung gut strukturierter Systeme für den organisatorischen Ablauf und die Förderung erfolgreicher Modelle auf nationaler Ebene von größter Bedeutung sind; regt an, dass diese Systeme grundsätzlich einen geeigneten Rechtsrahmen, die fachliche und logistische Infrastruktur sowie die organisatorische Unterstützung umfassen und an ein funktionierendes Zuteilungssystem gekoppelt sein sollten;

19.

fordert die Mitgliedstaaten auf, an allen Krankenhäusern mit Organspendenpotenzial die Erarbeitung von Qualitätsverbesserungsprogrammen für die Organspende zu fördern, die zunächst auf einer internen Bewertung des gesamten Organspendeprozesses durch intensivmedizinisches Fachpersonal und den Transplantationskoordinator des betreffenden Krankenhauses basieren und bei Bedarf und nach Möglichkeit auf eine Ergänzung durch externe Betriebsprüfungen der Zentren ausgelegt sind;

20.

betont, dass in allen Mitgliedstaaten die kontinuierliche Wissensvermittlung ein zentraler Bestandteil der Kommunikationsstrategien in diesem Bereich sein sollte; regt insbesondere an, die Menschen verstärkt aufzuklären und dazu zu ermutigen, über die Möglichkeit einer Organspende zu sprechen und ihren Angehörigen ihre diesbezüglichen Absichten mitzuteilen; weist darauf hin, dass bisher offenbar nur 41 % der europäischen Bürger mit ihren Angehörigen über eine mögliche Organspende gesprochen haben;

21.

fordert die Mitgliedstaaten auf, es potenziellen Spendern durch die Möglichkeit der Online-Eintragung in ein nationales und/oder europäisches Spenderegister zu erleichtern, ihre Bereitschaft zu einer Organspende zu erklären, um die Verfahren zur Feststellung der Spendebereitschaft zu beschleunigen;

22.

fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und den einschlägigen Akteuren zu prüfen, ob ein System entwickelt werden kann, mit dem es möglich wird, den Wünschen jener Bürger, die sich bereiterklärt haben im Todesfall Organe zu spenden, in möglichst vielen Mitgliedstaaten nachzukommen;

23.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für die Einführung von leicht zugänglichen Systemen und damit zusammenhängenden Registern zu sorgen, in denen die Wünsche von künftigen Spendern registriert werden können;

24.

fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, mit einem Zusatz in Form eines Vermerks oder eines Zeichens auf dem Personalausweis oder der Fahrerlaubnis von Spendern dafür zu sorgen, dass Organspender leichter als solche zu erkennen sind;

25.

fordert die Mitgliedstaaten demzufolge auf, Wissensstand und Kommunikationskompetenz der Angehörigen der Gesundheitsberufe zu verbessern und Selbsthilfegruppen im Bereich Organtransplantation zu fördern; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die zivilgesellschaftlichen Organisationen auf, an der Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für Organspenden mitzuwirken, ohne dabei die kulturellen Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten außer Acht zu lassen;

26.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial für postmortale Spenden durch die Einführung effizienter Systeme zur Erkennung von Organspendern und durch Unterstützung der Transplantationskoordinatoren an europäischen Krankenhäusern voll auszuschöpfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, ob eventuell auch Organe eines „erweiterten“ Spenderkreises (das heißt Spender fortgeschrittenen Alters oder mit bestimmten Krankheiten) in Frage kommen, und häufiger auf sie zurückzugreifen, wobei die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards zur Anwendung kommen und das Abstoßungsrisiko insbesondere dank der jüngsten Fortschritte im Bereich der Biotechnologie gemindert wird;

27.

hält es für notwendig, dass einerseits der Schutz des Spenders in Bezug auf seine Anonymität und die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und andererseits die Rückverfolgbarkeit der Organspenden zu medizinischen Zwecken in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden, damit Organspenden gegen Entgelt und der Handel mit Organen unterbunden werden;

28.

betont, dass Lebendspender bei gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck, Nierenversagen und den Auswirkungen dieser Probleme, die infolge der Transplantation auftreten können, dem höchsten medizinischen Standard entsprechend und ohne persönliche finanzielle Belastung behandelt werden sollten, und dass Einkommensverluste infolge der Transplantation oder diesbezügliche gesundheitliche Probleme vermieden werden sollten; mahnt an, dass Spender im Rahmen des Sozialsystems vor Diskriminierung geschützt werden sollten;

29.

ist der Ansicht, dass alle für Transplantationssysteme geltenden Bestimmungen (Zuteilung, Zugang zu Transplantationsdiensten, Daten zu Abläufen usw.) der Öffentlichkeit zugänglich sein und ordnungsgemäß überwacht werden sollten, um eine etwaige ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in Bezug auf den Zugang zu den Wartelisten für Transplantationen und/oder therapeutischen Verfahren zu vermeiden;

30.

nimmt zur Kenntnis, dass es kein umfassendes Datenerfassungssystem für die verschiedenen Arten von Transplantationen und die jeweils erzielten Resultate gibt, obwohl mehrere Mitgliedstaaten die Erfassung von Transplantationsvorgängen verbindlich eingeführt haben und auch einige freiwillig eingerichtete Register bestehen;

31.

unterstützt demzufolge nachdrücklich den Aufbau nationaler und EU-weiter Register sowie die Festlegung einer Methode zum Vergleich der Ergebnisse der für Organempfänger geführten Nachsorgeregister, wobei die bestehenden europäischen Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten einzuhalten sind;

32.

unterstützt, dass unter der Verantwortung der jeweiligen Operationsteams, Pathologen und Spezialisten in anderen Bereichen spezielle EU-weit geltende Verfahrensprotokolle für die verschiedenen operativen und postoperativen Phasen entwickelt werden;

33.

unterstützt die Schaffung nationaler und EU-weiter Nachsorgeregister für Lebendspender, damit diesen ein besserer Gesundheitsschutz gewährt werden kann;

34.

betont, dass jegliche kommerzielle Nutzung von Organen, die einen gleichberechtigten Zugang zu Transplantation verwehrt, ethisch nicht vertretbar und mit den meisten menschlichen Grundwerten unvereinbar ist, einen Verstoß gegen Artikel 21 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin darstellt und durch Artikel 3 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der EU verboten ist;

35.

weist darauf hin, dass zwischen dem Organmangel auf der einen und dem Organhandel und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme auf der anderen Seite ein zweifacher Zusammenhang besteht: Erstens würde ein verbessertes Organangebot in den Mitgliedstaaten dazu beitragen, dass diese Machenschaften besser unter Kontrolle gebracht werden können, da EU-Bürger nicht länger in Betracht ziehen müssten, sich außerhalb der EU um eine Organspende zu bemühen, und zweitens wird die Glaubwürdigkeit des für Organspenden geltenden Rechtsrahmens durch diese illegalen Machenschaften schwer beschädigt;

36.

verweist nochmals auf die im Bericht Adamou über „Organspende und -transplantation“ (2) enthaltenen Empfehlungen zur Bekämpfung des Organhandels und vertritt die Ansicht, dass die Kommission diesen Empfehlungen bei der Aufstellung des Aktionsplans umfassend Rechnung tragen sollte; weist nachdrücklich darauf hin, dass die Kommission und Europol stärker für dieses Problem sensibilisiert werden müssen;

37.

hebt hervor, dass die für Mai 2010 angesetzte Weltgesundheitsversammlung von großer Bedeutung ist, und fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich dazu auf, sich in der WHO entschieden für den Grundsatz der freiwilligen und unentgeltlichen Spende einzusetzen;

38.

begrüßt die gemeinsame Studie des Europarats und der Vereinten Nationen zum Handel mit Organen, Geweben und Zellen und Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme;

39.

weist auf den Bericht von David Matas und David Kilgour hin, wonach Falun Gong-Anhänger zum Zweck der Organentnahme getötet wurden, und fordert die Kommission auf, dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die von den Autoren erhobenen Behauptungen sowie über vergleichbare Fälle vorzulegen;

40.

fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, Mechanismen vorzusehen, die ihnen ein Eingreifen ermöglichen, wenn Angehörige der Gesundheitsberufe, Einrichtungen oder Versicherungsunternehmen Bürgern der Europäischen Union empfehlen, das benötigte Organ über Drittländer und unter Verstrickung in den Organhandel oder den Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme zu erwerben; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, Vorkommnisse dieser Art in ihrem Hoheitsgebiet zu überwachen; legt den Mitgliedstaaten dringend nahe, mit gesetzgeberischen Maßnahmen, einschließlich Sanktionen, gegen Personen vorzugehen, die derartige Aktivitäten fördern bzw. mitbetreiben;

41.

verurteilt das Verhalten einiger Krankenversicherungen, die Patienten zum Transplantationstourismus ermutigen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ein derartiges Verhalten streng zu überwachen und zu bestrafen;

42.

betont, dass Patienten, die auf illegale Weise in den Besitz eines Organs gelangt sind, in der Europäischen Union die medizinische Versorgung nicht verweigert werden darf; weist darauf hin, dass es – wie in anderen Fällen auch – zwischen der Bestrafung illegaler Machenschaften und der Notwendigkeit einer Behandlung zu unterscheiden gilt;

43.

betont, dass die Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol und Europol verstärken sollten, um wirksamer gegen das Problem des Organhandels vorzugehen;

44.

räumt ein, dass die Verbesserung der Qualität und der Sicherheit von Organspende und -transplantation von entscheidender Bedeutung ist; weist darauf hin, dass sich dadurch die Risiken von Transplantationen verringern und somit später auch weniger Komplikationen auftreten werden; stellt fest, dass sich Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der Sicherheit auf die Verfügbarkeit von Organen auswirken könnten und umgekehrt; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten beim Ausbau der Kapazitäten zur Schaffung und Entwicklung nationaler Regelwerke zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit bei Organspende und -transplantation zu unterstützen;

45.

betont, dass eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen medizinischen Fachkräften und nationalen Behörden oder sonstigen befugten Organisationen notwendig und mit einem Mehrwert verbunden ist;

46.

weist darauf hin, wie wichtig die Nachsorge nach erfolgter Transplantation, einschließlich Anwendung geeigneter Abstoßungstherapien, für den Erfolg von Transplantationen ist; weist darauf hin, dass sich durch die optimierte Anwendung von Abstoßungstherapien ein langfristig besserer Gesundheitszustand bei den Patienten und eine bessere Transplantatfunktion erreichen lassen, wodurch entsprechend mehr Organe zur Verfügung stehen, da die Transplantation in weniger Fällen wiederholt werden muss, und erklärt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen sollten, dass die Patienten Zugang zu den besten Behandlungsmöglichkeiten haben;

47.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 48.

(2)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. April 2008 zu Organspende und -transplantation: Maßnahmen auf EU-Ebene (Angenommene Texte, P6_TA(2008)0130).


31.5.2011   

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Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/72


Mittwoch, 19. Mai 2010
Institutionelle Aspekte des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

P7_TA(2010)0184

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu den institutionellen Aspekten des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (2009/2241(INI))

2011/C 161 E/12

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, Artikel 216 Absatz 2 und Artikel 218 Absätze 6, 8 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie das Protokoll zu Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

unter Hinweis auf den Beschluss der Konferenz der Präsidenten vom 14. Januar 2010, die Anwendung des Artikels 50 der Geschäftsordnung (Verfahren mit assoziierten Ausschüssen) zu genehmigen (1),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0144/2010),

A.

in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner ständigen Rechtsprechung auf der Grundlage der Urteile in den Rechtssachen Internationale Handelsgesellschaft vom 17. Dezember 1970 (2) und Nold vom 14. Mai 1974 (3) festgestellt hat, dass die Grundrechte ein integraler Bestandteil der allgemeinen Rechtsgrundsätze sind, deren Wahrung der Gerichtshof sichert,

B.

in der Erwägung, dass sich der Gerichtshof dabei an den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten und den internationalen Instrumenten des Schutzes der Menschenrechte orientiert, welchen die Mitgliedstaaten beigetreten sind, wie etwa der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachfolgend EMRK),

C.

in der Erwägung, dass der Kern dieser Rechtsprechung durch den Maastrichter Vertrag über die Europäische Union von 1993 im Primärrecht verankert wurde,

D.

in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union besondere Aufmerksamkeit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schenkt, wofür die wachsende Zahl von Urteilen, die eine Bezugnahme auf Bestimmungen des EMRK enthalten, ein Beleg sind,

E.

in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte grundsätzlich von der Vermutung der Vereinbarkeit des Verhaltens eines Mitgliedstaates der Union mit der EMRK ausgeht, wenn dieser Staat lediglich das Unionsrecht umsetzt,

F.

in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Gutachten vom 28. März 1996 festgestellt hat, dass die Europäische Gemeinschaft der EMRK nicht ohne vorherige Änderung des Vertrags beitreten konnte, da die Gemeinschaft weder explizit noch implizit über eine solche Befugnis verfügte,

G.

in der Erwägung, dass bei einem Beitritt die im Vertrag von Lissabon und in den dazugehörigen Protokollen festgelegten Grenzen und insbesondere Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union und das Protokoll Nr. 8 des Vertrags von Lissabon eingehalten werden müssen; in der Erwägung, dass diese Regelungen nicht nur eine Option darstellen, die es der Union erlaubt beizutreten, sondern dass die Organe der Union dementsprechend zu handeln haben; ferner in der Erwägung, dass in der Übereinkunft über den Beitritt der Union zur EMRK dafür Sorge getragen werden muss, dass die besonderen Merkmale der Union und des Unionsrechts erhalten bleiben,

H.

in der Erwägung, dass mit dem Abschluss des Protokolls Nr. 14 zur Änderung der EMRK die Staaten, die Mitglieder der EMRK sind, der Union nun den Beitritt ermöglicht haben und dass die Bedingungen und Modalitäten zum Zeitpunkt des Beitritts zwischen der Union und den Staaten, die Mitglieder der EMRK sind, vereinbart werden müssen,

I.

in der Erwägung, dass in einer solchen Vereinbarung auch administrative und technische Fragen geregelt werden müssen, wie zum Beispiel das Prinzip eines Beitrags der Union zu den Kosten der Arbeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines autonomen Budgets des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Betracht gezogen werden sollte, um die Festlegung der jeweiligen Beiträge zu erleichtern,

J.

in der Erwägung, dass die Union durch den Beitritt zur EMRK in deren System zum Schutz der Grundrechte eingebunden sein und zusätzlich zu dem internen Schutz dieser Rechte durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes über eine externe Schutzinstanz von internationalem Rang verfügen wird,

K.

in der Erwägung, dass die EMRK nicht nur durch die Zusatzprotokolle, sondern auch durch andere Konventionen, Chartas und Vereinbarungen ergänzt und so zu einem sich ständig entwickelnden System zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde,

1.

hebt die Hauptargumente für den Beitritt der Union zur EMRK hervor, die wie folgt zusammengefasst werden können:

der Beitritt stellt einen Fortschritt im europäischen Integrationsprozess dar und bedeutet einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer politischen Union,

während das System der Union für den Schutz der Grundrechte durch die Aufnahme der Grundrechtscharta in das Primärrecht der Union vervollständigt und gestärkt wurde, wird ihr Beitritt zur EMRK ein starkes Zeichen in Bezug auf die Kohärenz zwischen der Union und den Ländern, die dem Europarat und dessen paneuropäischem System im Bereich der Menschenrechte angehören, setzen; dieser Beitritt wird zugleich die Glaubwürdigkeit der Union in den Augen von Drittstaaten erhöhen, von denen sie in ihren bilateralen Beziehungen die Einhaltung der EMRK fordert;

der Beitritt zur EMRK wird den Bürgern in einer ähnlichen Weise Schutz gegenüber Handlungen der Union bieten, wie sie ihn derzeit bereits gegenüber Handlungen aller Mitgliedstaaten genießen; dies hat umso mehr Gewicht, als die Mitgliedstaaten wichtige Zuständigkeiten an die Union abgetreten haben;

die in den Bereichen Rechtsetzung und Rechtsprechung in Bezug auf die Menschenrechte erfolgende Angleichung zwischen den Rechtsordnungen der Union und der EMRK wird, insbesondere aufgrund der zunehmenden Notwendigkeit eines Dialogs und der Zusammenarbeit, zu einer harmonischen Entwicklung der beiden europäischen Gerichtshöfe im Bereich der Menschenrechte beitragen und wird zu einem einheitlichen System führen, in dem die beiden Gerichtshöfe einmütig vorgehen;

der Beitritt wird in gewissem Maße auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Zuständigkeit des Gerichtshofs in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik sowie Polizei und Sicherheitspolitik etwas begrenzt ist, indem er für eine sinnvolle externe gerichtliche Aufsicht über alle Tätigkeiten der EU sorgt;

der Beitritt wird in keiner Weise das Prinzip der Autonomie des Unionsrechts in Frage stellen, da der Gerichtshof weiterhin das einzige Gericht der obersten Instanz sein wird, das über Fragen mit Bezug zum Unionsrecht und die Gültigkeit von Rechtsakten der Union entscheidet, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann nur als Instanz angesehen werden, die außen überwacht, dass die Union die Verpflichtungen internationalen Rechts, die sie durch den Beitritt zum EMRK eingegangen ist, erfüllt; ein Gerichtshof ist also dem anderen nicht untergeordnet, sondern beide sind auf unterschiedliche Bereiche spezialisiert; der Gerichtshof wird demnach im Verhältnis zum Gerichtshof für Menschenrechte einen Status haben, der dem gegenwärtigen Status der Obersten Gerichte der Mitgliedstaaten entspricht;

2.

erinnert daran, dass der Beitritt gemäß Artikel 6 EUV sowie Protokoll Nr. 8 keine Erweiterung der Befugnisse der Union bedeutet und insbesondere der Union damit keine allgemeine Zuständigkeit im Bereich der Menschenrechte übertragen wird und dass gemäß Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 3 EUV die Wahrung der Verfassungstraditionen und der kulturellen Identität der Mitgliedstaaten aufrecht erhalten wird;

3.

bekräftigt, dass gemäß Artikel 2 des Protokolls Nr. 8 zum Vertrag von Lissabon die Übereinkunft über den Beitritt der Union zur EMRK gewährleisten muss, dass der Beitritt unbeschadet der besonderen Situation der Mitgliedstaaten in Bezug auf die EMRK und in Bezug auf ihre Protokolle im allgemeinen sowie in Bezug auf eventuelle in Abweichung getroffene Maßnahmen und Vorbehalte im Besonderen erfolgt und dass derartige Gegebenheiten keinen Einfluss auf die Stellung haben sollten, die die Union gegenüber der EMRK einnimmt;

4.

stellt fest, dass das System der EMRK durch eine Reihe von Zusatzprotokollen in Bezug auf den Schutz von Rechten, die von der EMRK nicht abgedeckt sind, ergänzt wurde, und empfiehlt, dass die Kommission damit beauftragt wird, auch einen Beitritt zu allen Protokollen auszuhandeln, die Rechte betreffen, welche der Charta der Grundrechte entsprechen, und zwar unabhängig von deren Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten der Union;

5.

weist darauf hin, dass in Anbetracht der Tatsache, dass der Beitritt der EU zur EMRK einen Beitritt einer nichtstaatlichen Partei zu einem Rechtsinstrument für Staaten darstellt, dieser Beitritt ohne Änderung der Eigenschaften der EMRK erfolgen sollte und Modifizierungen ihres Rechtssystems so gering wie möglich gehalten werden sollten; hält es im Interesse der Rechtssuchenden sowohl innerhalb der Union als auch in Drittstaaten für wichtig, den Beitrittsmodalitäten den Vorzug zu geben, die den geringsten Einfluss auf die Arbeitsbelastung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben werden;

6.

unterstreicht, dass es neben dem politischen Bekenntnis besonders darauf ankommt, dass für die wichtigsten technischen Fragen angemessene Antworten und Lösungen gefunden werden, damit sich der Beitritt der EU zur EMRK zum Nutzen der Bürger auswirkt; weist darauf hin, dass ungelöste und unklare Details Verwirrung schaffen und damit das Anliegen des Beitritts selbst gefährden können; betont gleichwohl, dass technische Hindernisse den Prozess nicht verzögern dürfen;

7.

betont, dass die Union durch ihren Beitritt zur EMRK nicht zu einem Mitglied der Europarates wird, dass aber eine Beteiligung der Union in einem gewissen Rahmen an den Gremien der Konvention vonnöten ist, um eine ordentliche Einbindung der Union in das System der Konvention zu gewährleisten, weswegen die Union dort über bestimmte Rechte verfügen sollte, insbesondere:

das Recht, eine Liste mit drei Kandidaten für das Richteramt vorzulegen, von denen einer von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für die Union gewählt wird und sich an der Arbeit des Gerichts gleichberechtigt mit den anderen Richtern beteiligt; dabei ist das Europäische Parlament an der Aufstellung der Liste der Kandidaten beteiligt, die nach einem ähnlichen Verfahren wie in Artikel 255 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union für die Bewerber um die Ausübung des Amts eines Richters beim Gerichtshof vorgesehen werden,

das Recht, über die Europäische Kommission an Sitzungen des Ministerausschusses mit Stimmrecht im Namen der EU teilzunehmen, wenn dieser seine Funktion als Organ der Überwachung der Vollstreckung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausübt oder wenn er darüber entscheidet, ob eine Stellungnahme des Gerichts einzuholen ist, sowie das Recht, im Lenkungsausschuss für Menschenrechte (ein dem Ministerausschuss untergeordnetes Gremium) vertreten zu sein,

das Recht des Europäischen Parlaments, eine bestimmte Anzahl von Vertretern in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu ernennen und dorthin zu entsenden, wenn diese Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wählt;

8.

ist der Ansicht, dass sich die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Beitritts zur EMRK untereinander und in ihren gegenseitigen Beziehungen zur Union dazu verpflichten sollten, keine Staatenbeschwerde wegen Verletzung der Konvention gemäß Artikel 33 der EMRK zu erheben, wenn die Handlung oder die Unterlassung, die Gegenstand des Streites ist, den Geltungsbereich des Unionsrechts betrifft, da dies im Widerspruch zu Artikel 344 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union stünde;

9.

ist der Ansicht, dass der größte zusätzliche Nutzen des Beitritts der EU zur EMRK darin besteht, dass der Einzelne gegen die Rechtsakte zur Umsetzung des Unionsrechts durch ihre Organe oder durch die Mitgliedstaaten einen Rechtsbehelf einlegen kann, und dass folglich alle Beschwerden einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Handlung oder eine Unterlassung eines Organs oder einer Behörde der Union sich allein gegen dieses Organ oder diese Behörde richten sollten; und dass sich gleichermaßen alle Beschwerden gegen eine Maßnahme, durch die ein Mitgliedstaat Unionsrecht umsetzt, allein gegen diesen Mitgliedstaat richten sollten, unbeschadet des Grundsatzes, dass bei einem Zweifel in Bezug auf die Aufteilung der Zuständigkeit eine Beschwerde gleichzeitig gegen die Union und den Mitgliedstaat eingelegt werden kann;

10.

ist der Ansicht, dass der Beschwerdeführer, um die Bedingung der Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe nach Artikel 35 der EMRK zu erfüllen, die Rechtsbehelfe des betreffenden Staates sowie das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof in Luxemburg ausgeschöpft haben muss. Dieses Verfahren gilt als ausgeschöpft, wenn der nationale Richter nach Beschwerdeerhebung durch den Beschwerdeführer die Beschwerde für unzulässig erklärt;

11.

stellt fest, dass es nach dem Beitritt der EU zur EMRK vorkommen könnte, dass in bestimmten Fällen sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zuständig sind, und weist darauf hin, dass gleichzeitige Befassungen der beiden Gerichtshöfe nicht zulässig sein werden;

12.

erachtet es für zweckmäßig, dass sich die Union im Interesse einer ordentlichen Rechtspflege und unbeschadet des Artikels 36 Absatz 2 EMRK an jeder Rechtssache beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, bei der die Möglichkeit besteht, dass eine Frage mit Bezug zum Unionsrecht aufgeworfen wird, die sich gegen einen Mitgliedstaat richtet, als Mitbeklagte beteiligen darf, und dass sich jeder Mitgliedstaat an jeder Rechtssache, die sich gegen die Union richtet, unter den gleichen Bedingungen als Mitbeklagter beteiligen darf; diese Möglichkeit muss in den Beitrittsbestimmungen eindeutig, aber auch hinreichend umfassend definiert werden;

13.

ist der Auffassung, dass durch die Einrichtung der Institution des Mitbeklagten (co-defendant) die anderen indirekten Möglichkeiten, die die EMRK bietet (Artikel 36 Absatz 1), wie etwa das Recht der EU, sich bei Beschwerden von EU-Bürgern als Dritte am Verfahren zu beteiligen, nicht beeinträchtigt werden;

14.

ist der Ansicht, dass die Union angesichts der Anerkennung des Geltungsbereichs der EMRK über die EU-Grenzen hinaus durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte danach streben muss, dieser Verpflichtung in ihren Außenbeziehungen und ihrem außenpolitischen Handeln in vollem Umfang gerecht zu werden;

15.

erachtet es als unangebracht, die Beziehungen zwischen dem Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durch die Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens bei letzterem Gericht oder durch die Einsetzung eines Gremiums oder „Panels“ zu formalisieren, das zu entscheiden hätte, wenn einer der beiden Gerichtshöfe beabsichtigen sollte, eine Auslegung der EMRK vorzunehmen, die sich von der des anderen Gerichtshofes unterscheidet; erinnert in diesem Zusammenhang an die Entschließung Nr. 2 zu Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, in der festgestellt wird, dass es einen regelmäßigen Dialog zwischen dem Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gibt, der sich mit dem Beitritt der Union zur EMRK noch intensivieren dürfte;

16.

ist sich der Tatsache durchaus bewusst, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem bereits vom EuGH entschiedenen Fall eine Verletzung feststellen kann, und betont, dass dadurch keinesfalls die Glaubwürdigkeit des EuGH als höchste Instanz im EU-Rechtssystem in Zweifel gezogen würde;

17.

betont, dass nach dem Beitritt zur EMRK diese die Mindestschutznorm im Hinblick auf die Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa darstellt und insbesondere in den Fällen, in denen der von der EU gewährte Schutz geringer ist als der von der EMRK gebotene Schutz, zwingenden Charakter hat; weist darauf hin, dass die EMRK den Schutz der durch die Charta anerkannten Rechte, die in ihren Anwendungsbereich fallen, verstärkt und dass die Charta auch andere Rechte und Grundsätze anerkennt, die nicht in der EMRK sondern in Zusatzprotokollen und in mit der EMRK verknüpften Instrumenten enthalten sind;

18.

erinnert daran, dass die Förderung der Achtung der Menschenrechte – einem im Gründungsvertrag der EU verankerten Grundwert der Union – eine gemeinsame Grundlage für die Beziehungen mit Drittstaaten bildet; vertritt deshalb die Ansicht, dass dieser Beitritt das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union und die Glaubwürdigkeit der Union im Rahmen des Menschenrechtsdialogs mit den Drittländern erhöhen wird; betont ferner, dass die einheitliche und uneingeschränkte Anwendung der Charta der Grundrechte auf EU-Ebene ebenfalls von grundlegender Bedeutung für die Gewährleistung der Glaubwürdigkeit der Union im Rahmen dieses Dialogs ist;

19.

stellt fest, dass die EMRK eine wichtige Funktion bei der Auslegung der Charta der Grundrechte insofern einnimmt, als die von der Charta garantierten Rechte, die Rechten entsprechen, welche von der EMRK anerkannt sind, im Einklang mit der Konvention auszulegen sind und dass sich der Gerichtshof nach Artikel 6 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union bei der Formulierung allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts an der EMRK orientieren muss; stellt ebenso fest, dass die Konvention gemäß ihrem Artikel 53 nicht als Beschränkung oder Minderung der Rechte, die in der Charta der Grundrechte anerkannt sind, ausgelegt werden darf, sodass die Charta ihre volle Rechtskraft behält,

20.

unterstreicht die Bedeutung der EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) bei der Schaffung eines Rechtsrahmens und der Ausarbeitung von Leitlinien für gegenwärtige und künftige Maßnahmen der EU im Bereich bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, insbesondere angesichts der neuen Formen der Integration und Harmonisierung in Bezug auf bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, die durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und die Annahme des Programms von Stockholm entwickelt werden;

21.

betont, dass der Beitritt zuallererst zu einem kohärenteren internen Menschenrechtssystem in der Europäischen Union beitragen wird; ist der Auffassung, dass die EU durch den Beitritt in den Augen ihrer Bürger an Glaubwürdigkeit im Bereich des Schutzes der Menschenrechte gewinnen wird, da die volle und wirksame Achtung der Grundrechte gesichert sein wird, wo immer es um EU-Recht geht;

22.

betont, dass im Anschluss an diesen Beitritt die Zuständigkeit des EGMR bei der Beurteilung von Fragen, die unter die EMRK fallen, nicht auf der Grundlage der internen Struktur des EU-Rechts angefochten werden kann; unterstreicht ferner, dass sich die Zuständigkeit des EGMR nicht auf europäische Bürger oder auf den geografischen Bereich der Europäischen Union beschränken darf (beispielsweise im Falle von Missionen oder Delegationen);

23.

stellt fest, dass den Unionsbürgern mit dem Beitritt der EU zur EMRK ein zusätzlicher Mechanismus zur Durchsetzung ihrer Rechte geboten wird, nämlich die Möglichkeit, Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Bezug auf Handlungen oder unterlassene Handlungen eines EU-Organs oder eines Mitgliedstaats einzulegen, mit denen EU-Recht umgesetzt wird und die zugleich in den Anwendungsbereich der EMRK fallen; betont aber, dass sich das derzeitige System der gerichtlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht ändert und dass das Erfordernis, zunächst alle innerstaatlichen Rechtsmittel auszuschöpfen, Zugangsvoraussetzung für jede Antragstellung bleibt; fordert, dass Anträge und Beschwerden innerhalb einer angemessenen Frist bearbeitet werden; ermutigt die Kommission, in Abstimmung mit dem EuGH und dem EGMR eine Anleitung dafür zu geben, was geeignete innerstaatliche Rechtsmittel innerhalb der Union sind und welche Vorabentscheidungen nach EU-Recht vorgesehen sind; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass sichergestellt werden muss, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten Rechtssachen in strittigen Grundrechtsfragen an den Gerichtshof der Europäischen Union verweisen;

24.

betont, dass der Beitritt zugleich eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen einzelstaatlichen Gerichten, dem EuGH und dem EGMR beim Schutz der Grundrechte erforderlich macht; stellt fest, dass die Zusammenarbeit zwischen beiden europäischen Gerichtshöfen die Entwicklung eines kohärenten Rechtsprechungssystems auf dem Gebiet der Menschenrechte fördern wird;

25.

begrüßt außerdem, dass gemäß Artikel 1 der EMRK nicht nur EU-Bürger und andere Personen auf dem Gebiet der EU geschützt würden, sondern auch alle Personen, die außerhalb des Gebiets der EU der Rechtsprechung der Union unterstehen;

26.

ist sich der Tatsache bewusst, dass der Beitritt als solcher die außerordentlich schwerwiegenden Probleme, mit denen das System der EMRK konfrontiert ist – das heißt zum einen die übermäßige Arbeitsbelastung aufgrund eines exponentiellen Anstiegs von Individualbeschwerden und zum anderen die Reform der Struktur und Funktionsweise des Gerichtshofs, um dies bewältigen zu können – nicht lösen wird; stellt fest, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Umstand anerkennt, dass er in einem rechtlich und politisch komplexen Umfeld tätig ist, und stellt fest, dass das Inkrafttreten des Protokolls Nr. 14 am 1. Juni 2010 sicherlich zu einer Verringerung der Zahl nicht abgeschlossener Verfahren beitragen, nicht aber zu deren vollständigen Beseitigung führen wird; hebt im Zusammenhang mit der Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Bedeutung der Erklärung von Interlaken hervor, insbesondere im Hinblick auf deren Punkt 4, der einen gebotenen Hinweis auf eine einheitliche und strikte Anwendung der Kriterien betreffend die Zulässigkeit und die Zuständigkeit des Gerichtshofs enthält;

27.

hält es für unbedingt erforderlich, dass die personal- und haushaltspolitische Unabhängigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gewahrt wird;

28.

weist darauf hin, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union angesichts der verfassungsrechtlichen Tragweite des Beitritts der Union zur EMRK diesen Beitritt an strenge Auflagen knüpft, nach denen der Rat den Beschluss zum Abschluss der Übereinkunft einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments erlassen muss und dass diese Übereinkunft in Kraft tritt, nachdem die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt haben;

29.

ermutigt die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten, klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass sie willens und bereit sind, den Beitrittsprozess zu erleichtern, indem sie ihre nationalen Gerichte und das Justizministerium einbeziehen;

30.

stellt fest, dass der Beitritt der Union zur EMRK die Anerkennung des gesamten Systems für den Schutz der Menschenrechte durch die EU bedeutet, wie es in zahlreichen Dokumenten und Gremien des Europarats entwickelt und kodifiziert wurde; in diesem Sinne ist der Beitritt der Union zur EMRK ein bedeutender erster Schritt ist, der in der Folge unter anderem durch den Beitritt zu der am 18. Oktober 1961 in Turin unterzeichneten und am 3. Mai 1996 in Straßburg revidierten Europäischen Sozialcharta ergänzt werden sollte, was im Einklang mit dem in der Charta der Grundrechte und der sozialen Gesetzgebung der Union verankerten Besitzstand stünde;

31.

fordert die Union darüber hinaus auf, den Gremien des Europarates, wie dem Komitee zur Verhütung von Folter (CPT), der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) oder der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ), beizutreten; hebt auch die Notwendigkeit der Beteiligung der Union an der Arbeit des Kommissars für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte (ECSR), des Regierungsausschusses der Sozialcharta und des Europäischen Komitees für Migration hervor und fordert, dass es ordnungsgemäß über die Schlussfolgerungen und Entscheidungen dieser Gremien unterrichtet wird;

32.

vertritt die Auffassung, dass zugunsten der Bürger, der Demokratie und der Menschenrechte in Europa und der EU sowie zur Gewährleistung der Achtung und des Schutzes der Menschenrechte die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der Europäischen Union und den Fachgremien des Europarats ausgebaut werden müsste, um zu einer stärkeren Kohärenz und einer größeren Komplementarität im Bereich der Menschenrechte auf gesamteuropäischer Ebene beizutragen;

33.

schlägt vor, dass der Europarat und die EU Leitlinien mit klaren Erläuterungen aller Folgen und Auswirkungen des Beitritts ausarbeiten sollten, um die Bürger verstärkt über den zusätzlichen Nutzen des Beitritts zu informieren; bekräftigt, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten den EU-Bürgern die Informationen zur Verfügung stellen sollten, die gewährleisten, dass sie umfassend darüber unterrichtet sind, was die zusätzlichen Mechanismen bedeuten und wie sie in geeigneter Weise eingesetzt werden;

34

betont, dass ein informelles Gremium für die Koordinierung des Informationsaustauschs zwischen dem Europäischen Parlament und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats eingerichtet werden muss;

35.

betont, dass aufgrund der Tatsache, dass der Beitritt zur EMRK nicht nur die Organe der EU, sondern auch ihre Bürger betrifft, das Europäische Parlament angehört und in den gesamten Verhandlungsprozess einbezogen werden muss sowie gemäß Artikel 218 Absatz 10 AEUV in allen Phasen der Verhandlungen unverzüglich und umfassend zu unterrichten ist;

36.

begrüßt die Zusage des spanischen Ratsvorsitzes, den Beitritt „als dringliche Angelegenheit“ zu behandeln, und die positive und kooperative Haltung des Europarats in dieser Hinsicht; fordert den belgischen und den ungarischen Ratsvorsitz auf, alles in ihrer Kraft Stehende zu unternehmen, um den Beitritt zum frühestmöglichen Zeitpunkt und so einfach und verständlich wie möglich zu vollziehen, damit die Unionsbürger so rasch wie möglich vom Beitritt der EU zur EMRK profitieren können;

37.

fordert unter Berücksichtigung der wichtigen Rolle, die dem Europäischen Parlament gemäß dem Vertrag in Bezug auf den Abschluss des Beitrittsabkommens zukommt, dass das Europäische Parlament ordnungsgemäß über die Festlegung des Verhandlungsmandats über den Beitritt zur EMRK informiert und eng in die Vorgespräche und auch die Verhandlungen über den Text gemäß Artikel 218 AEUV eingebunden wird;

38.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  Protokoll der Sitzung der Konferenz der Präsidenten, PE 432.390/CPG, Punkt 9.1).

(2)  Slg. 1970, S. S. 1125.

(3)  Slg. 1974, S. 491.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/78


Mittwoch, 19. Mai 2010
Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda

P7_TA(2010)0185

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda

2011/C 161 E/13

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Beschluss der Versammlung der Vertragsstaaten auf ihrer 8. Vollversammlung vom 26. November 2009 (1), die Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 31. Mai bis 11. Juni 2010 in Kampala, Uganda, einzuberufen,

unter Hinweis auf die früheren Entschließungen und Berichte zur Überprüfungskonferenz und insbesondere die Resolution ICC-ASP/7/Res.2 zum Verfahren der Ernennung und Wahl der Richter, des Anklägers und der stellvertretenden Ankläger des IStGH,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Internationalen Strafgerichtshof, besonders die Entschließungen vom 19. November 1998 (2), 18. Januar 2001 (3) und 28. Februar 2002 (4), vom 4. Juli 2002 zum Gesetz zum Schutze der Angehörigen der US-amerikanischer Streitkräfte (5) vom 26. September 2002 (6) sowie vom 22. Mai 2008 (7),

in Kenntnis des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), das am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist,

unter Hinweis auf die Erklärung, die der Ratsvorsitz am 1. Juli 2002 im Namen der Europäischen Union zum Internationalen Strafgerichtshof abgegeben hat,

unter Hinweis auf die Bedeutung, die sowohl der IStGH als auch die EU der Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und des internationalen humanitären Rechts, der Erhaltung des Friedens und der Stärkung der internationalen Sicherheit im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und den Bestimmungen von Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Europäische Union beimessen,

unter Hinweis darauf, dass der Rat am 16. Juni 2003 den Gemeinsamen Standpunkt 2003/444/GASP zum Internationalen Strafgerichtshof angenommen hat (8), in dem er feststellt, dass die schweren Straftaten, für die der Gerichtshof zuständig ist, ein Anliegen aller Mitgliedstaaten sind und diese entschlossen sind zusammenzuarbeiten, um diese Straftaten zu verhüten und dem Umstand, dass die Täter straffrei ausgehen, ein Ende zu setzen, die effiziente Arbeitsweise des Gerichtshofs zu unterstützen und die universelle Unterstützung für ihn dadurch zu fördern, dass auf die größtmögliche Beteiligung am Römischen Statut hingewirkt wird,

unter Hinweis auf den Aktionsplan zur Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts (9), der von der EU am 4. Februar 2004 paraphiert wurde, um die Initiativen der EU zu koordinieren, die Universalität und Integrität des Römischen Statuts zu fördern und die Unabhängigkeit und effektive Arbeitsweise des IStGH zu gewährleisten,

unter Hinweis auf die von der EU angenommenen „Leitprinzipien“ (10), in denen Mindestnormen festgelegt sind, welche von den IStGH-Vertragsparteien beim Abschluss bilateraler Nichtüberstellungsabkommen eingehalten werden müssen,

unter Hinweis auf die vom Rat auf dem Gebiet der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts angenommenen Beschlüsse (11) zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen auf nationaler Ebene,

unter Hinweis auf das Stockholmer Programm, in dem die EU-Organe aufgerufen werden, die Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Straflosigkeit und von Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu unterstützen und zu fördern und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem Internationalen Strafgerichtshof zu verstärken,

unter Hinweis auf die erheblichen Fortschritte, die seit der Ernennung der ersten Richter und Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs gemacht wurden, sowie auf die Ermittlungen, die der IStGH derzeit in fünf Ländern (Kenia, DR Kongo, Sudan/Darfur, Uganda and Zentralafrikanische Republik) durchführt,

unter Hinweis darauf, dass die IStGH-Überprüfungskonferenz ein geeigneter Anlass zur Reflexion über die Fortschritte des Internationalen Strafgerichtshofs und seine Bemühungen um die Verhinderung und Lösung bewaffneter Konflikte sein könnte, insbesondere mit Blick auf die Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über Frauen, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf die Begründung zum Römischen Statut, in dem die Gerichtsbarkeit des IStGH definiert wird und Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft, erzwungene Sterilisation und jede andere Form vergleichbar schwerer sexueller Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert werden,

unter Hinweis auf die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die EU eine entschiedene Befürworterin des IStGH ist und die Universalität des Römischen Statuts fördert und seine Integrität verteidigt, um die Unabhängigkeit, Legitimität und Wirksamkeit der internationalen Strafgerichtsbarkeit zu schützen und zu fördern,

B.

in der Erwägung, dass die weitestmögliche Ratifizierung und Umsetzung des Römischen Statuts auch während der Erweiterungsverhandlungen und in der Phase des Beitritts neuer EU-Mitgliedstaaten ein Ziel der EU gewesen ist,

C.

in der Erwägung, dass sich die EU systematisch für die Aufnahme einer den Internationalen Strafgerichtshof betreffenden Klausel in die Verhandlungsmandate und Abkommen mit Drittstaaten einsetzt,

D.

in der Erwägung, dass die Achtung, die Förderung und die Wahrung der universellen Menschenrechte Teil des ethischen und rechtlichen Besitzstands der Europäischen Union und einer der Eckpfeiler der europäischen Einheit und Integration sind (12),

E.

in der Erwägung, dass die EU in den letzten Jahrzehnten immer mehr die Rolle eines „Global Player“ übernommen hat,

F.

in der Erwägung, dass die EU-Sonderbeauftragten die Politik und die Interessen der EU in unruhigen Regionen und Ländern fördern und eine aktive Rolle bei den Bemühungen um die Konsolidierung des Friedens, der Stabilität und der Rechtsstaatlichkeit spielen,

G.

in der Erwägung, dass die EU im April 2006 zur ersten regionalen Organisation wurde, die mit dem IStGH ein Abkommen über Zusammenarbeit und Unterstützung unterzeichnete (13),

H.

in der Erwägung, dass die EU im Rahmen des EIDHR-Finanzierungsinstruments in einem Zeitraum von 10 Jahren mehr als 40 Millionen EUR für Vorhaben zur Unterstützung des IStGH und der internationalen Strafgerichtsbarkeit bereitgestellt hat,

I.

in der Erwägung, dass die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU sich aktiv dafür eingesetzt hat, dass die internationale Strafgerichtsbarkeit in das geänderte AKP-EU-Partnerschaftsabkommen (Cotonou-Abkommen) aufgenommen wird, und in mehreren Entschließungen gefordert hat, dass die Bekämpfung der Straflosigkeit in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und dem einschlägigen politischen Dialog zu einem Hauptthema wird,

J.

in der Erwägung, dass diese Überprüfungskonferenz für die Vertragsstaaten, nichtstaatliche Vertragsparteien, die Zivilgesellschaft und andere Beteiligte eine entscheidende Gelegenheit bietet, ihr Engagement für Gerechtigkeit und die Übernahme von Verantwortung en nachdrücklich zu bekräftigen,

K.

in der Erwägung, dass die Vertragsstaaten die Überprüfungskonferenz als Gelegenheit genutzt haben, über die vorgeschlagenen Änderungen des Römischen Statuts hinaus eine Bestandsaufnahme des IStGH über zehn Jahre nach seiner Gründung vorzunehmen und die Situation der internationalen Strafgerichtsbarkeit umfassender zu bewerten, wobei die folgenden vier Themenbereiche im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollten: Komplementarität, Zusammenarbeit, Auswirkungen des Systems des Römischen Statuts auf Opfer und betroffene Gemeinschaften sowie Frieden und Sicherheit,

L.

unter Hinweis darauf, dass trotz einer Zahl von 111 IStGH-Vertragsstaaten einige Regionen wie der Nahe Osten, Nordafrika und Asien nach wie vor unterrepräsentiert sind,

M.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen den Staaten, internationalen Organisationen und dem IStGH für die Wirksamkeit und den Erfolg der internationalen Strafgerichtsbarkeit, besonders im Hinblick auf die Kapazitäten im Bereich der Strafverfolgung, von wesentlicher Bedeutung ist,

N.

in der Erwägung, dass der IStGH am 19. April 2010 zum ersten Mal seit seinem Bestehen mit einem Antrag befasst wurde, der die mangelnde Bereitschaft eines Staates zur Zusammenarbeit betrifft,

O.

in der Erwägung, dass beim Grundsatz der Komplementarität, auf den sich das Römische Statut stützt, davon ausgegangen wird, dass der Staat selbst gegen Personen, die im Verdacht stehen, Verstöße gegen das Völkerrecht begangen zu haben, Ermittlungen und gegebenenfalls eine strafrechtliche Verfolgung einleitet,

P.

in der Erwägung, dass in den meisten Konfliktsituationen, in denen eine strafrechtliche Aufarbeitung nicht Bestandteil des Friedensprozesses war, eine Rückkehr zur Gewalt festzustellen war,

1.

bekräftigt seine entschiedene Unterstützung für den IStGH und seine Ziele; betont, dass das Römische Statut von allen EU-Mitgliedstaaten als wesentlicher Bestandteil der demokratischen Grundsätze und Werte der Europäischen Union ratifiziert wurde, und ruft die Mitgliedstaaten in diesem Sinne auf, den Bestimmungen des Statuts als Teil des Besitzstands der EU in vollem Umfang nachzukommen;

2.

betont die Wichtigkeit der Wahl eines afrikanischen Landes, Uganda, zum Gastgeber dieser Überprüfungskonferenz und bekundet seine Unterstützung für den Antrag des Gerichtshofs, unter Anerkennung der universellen Dimension des „Systems des Römischen Statuts“ in Addis Abeba ein Verbindungsbüro zur Afrikanischen Union zu eröffnen;

3.

betont die Wichtigkeit des Grundsatzes der Universalität des Römischen Statuts und fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, sich aktiv für den Beitritt zum Statut und seine Ratifizierung einzusetzen;

4.

bekräftigt seinen Standpunkt, wonach kein Immunitätsabkommen die Straflosigkeit von Personen ermöglichen sollte, die wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord angeklagt sind; begrüßt die Ankündigung der amerikanischen Regierung, dass keine neuen Immunitätsabkommen geschlossen werden sollen, und ruft die USA und ihre Partner auf, die bestehenden Abkommen dieser Art außer Kraft zu setzen;

5.

fordert die Mitgliedstaaten auf, auf höchstmöglicher Ebene einschließlich ihrer Staats- und Regierungschefs an der Überprüfungskonferenz teilzunehmen und ihr Engagement für den IStGH öffentlich zu bekräftigen;

6.

ermutigt die Mitgliedstaaten, konkrete Zusicherungen zu machen, indem sie ihr Engagement für den IStGH bekräftigen und praktische Maßnahmen nennen, die sie zu seiner Unterstützung zu ergreifen beabsichtigen, unter anderem das Versprechen zur Umsetzung des Römischen Statuts, zur Ratifizierung und Umsetzung des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs, zur Zusammenarbeit mit anderen Staaten, die geringere Kapazitäten haben, um die universelle Akzeptanz des Gerichtshofs zu fördern, und ihren Beitrag zur Stärkung des Systems der Komplementarität und Zusammenarbeit zu bekräftigen, besonders im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Opfer und betroffenen lokalen Gemeinschaften wie auch andere Bereiche des Römischen Statuts;

7.

unterstützt nachdrücklich, dass das Verbrechen der Aggression durch Artikel 5 Absatz 1 des Römischen Statuts in die materielle Zuständigkeit des IStGH aufgenommen wurde; stellt fest, dass das Verbrechen der Aggression laut Beschluss der Sonderarbeitsgruppe der Vertragsstaaten des Römischen Statuts definiert ist als „Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung eines Akts der Aggression, der aufgrund seines Charakters, seiner Schwere und seines Ausmaßes einen eindeutigen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellt, durch eine Person, die in der Lage ist, wirksam Kontrolle über das politische oder militärische Handeln eines Staates auszuüben oder dieses zu leiten“;

8.

bekräftigt nachdrücklich, dass jeder Beschluss über die Definition eines Verbrechens der Aggression die Unabhängigkeit des Gerichtshofs achten muss; empfiehlt, dass die Staaten den Vorschlag annehmen sollten, wonach keine zusätzliche gerichtliche Prüfung notwendig ist, um festzustellen, ob ein Akt der Aggression vorliegt, bevor der Ankläger des IStGH ein Ermittlungsverfahren einleiten kann; bekräftigt, dass sie, falls auf der Überprüfungskonferenz beschlossen wird, dass eine solche zusätzliche gerichtliche Prüfung vorgesehen werden muss, verlangen sollten, dass die Entscheidung darüber, ob ein Akt der Aggression vorliegt, von der entsprechenden Kammer im Rahmen der bereits im Römischen Statut vorgesehenen gerichtlichen Verfahren getroffen wird;

9.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich konstruktiv an der „Bestandsaufnahme“ zu beteiligen, indem sie aktiv an den offiziellen Podiumsdiskussionen und den von der Zivilgesellschaft (und anderen Beteiligten) am Rand der offiziellen Konferenz organisierten Veranstaltungen teilnehmen;

10.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die durch die Überprüfungskonferenz gebotene Möglichkeit zu nutzen, ihr Engagement für den Internationalen Strafgerichtshof durch konkrete Zusagen im Bereich der vier Schwerpunktthemen der derzeitigen Bestandsaufnahme zu bekräftigen und diese Zusagen einzuhalten;

11.

unterstützt den IStGH während dieser Überprüfungskonferenz bei der Bestandsaufnahme der Umsetzung und der Auswirkungen des Römischen Statuts in jeder einzelnen Phase unter Berücksichtigung der Perspektive der Opfer und betroffenen lokalen Gemeinschaften;

12.

äußert Sorge im Hinblick auf die Auswirkungen des Systems des Römischen Statuts auf die Opfer, die Einzelpersonen und Gemeinschaften, die von den Verbrechen betroffen sind, welche der Zuständigkeit des IStGH unterliegen; hält es für wichtig, sicherzustellen, dass Opfer und betroffene Gemeinschaften Zugang zur Informationen über die Arbeit des Strafgerichts haben und dessen Tätigkeit verstehen, und dass die Rechte und Interessen der Opfer für die Gemeinschaft des Römischen Statuts in Anbetracht der Tatsache, dass der IStGH ein Justizorgan ist, das die primäre Aufgabe der Staaten ergänzt, Opfern von Straftaten individuell oder kollektiv Schutz, Zugang zum Recht sowie effektive Wiedergutmachung zu bieten, ein vorrangiges Anliegen sein sollten; vertritt die Ansicht, dass die Mitgliedstaaten

aktiv zusammenarbeiten sollten, wenn gegen eine Person ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, um die Überstellung dieser Person an den IStGH zur Verurteilung zu beschleunigen;

die innovativen Instrumente anerkennen sollten, die dem IStGH zur Verfügung stehen, um den Opfern zur Wahrnehmung ihres Rechts auf Gerechtigkeit zur verhelfen, einschließlich der Möglichkeit ihrer Teilnahme an Gerichtsverfahren des IStGH und der Beantragung von Wiedergutmachung unter Berücksichtigung der ergänzenden Funktion des Treuhandfonds des IStGH für Opfer bei der Vergabe von Wiedergutmachungsleistungen und anderen Hilfen einschließlich des Opferschutzes; sicherstellen sollten, dass den Opfern und ihren Anwälten ausreichende Rechtshilfe und Rechtsschutz gewährt werden;

die Fortschritte anerkennen sollten, die der Strafgerichtshof bis heute bei der Unterstützung betroffener Gemeinschaften erzielt hat, und ihn in der Fortführung dieser Tätigkeit bestärken und die Bedeutung der Einsätze des Strafgerichtshofs vor Ort bekräftigen sollten, die die Wirkungsmöglichkeiten des IStGH zugunsten der Opfer und betroffenen Gemeinschaften verstärken;

besondere Aufmerksamkeit denjenigen Gruppen schenken sollten, die von jeher ausgegrenzt wurden, wie Kinder, Frauen sowie indigene Bevölkerungsgruppen, um sicherzustellen, dass die internationale Strafgerichtsbarkeit nicht zur Aufrechterhaltung des Unrechts und der Stereotypisierung instrumentalisiert wird, unter denen diese möglicherweise gelitten haben;

dem Treuhandfonds für die Opfer einen substanziellen finanziellen Beitrag zusagen;

während der Überprüfungskonferenz mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten sollten, um sicherzustellen, dass ihre Positionen angemessen vertreten sind, indem sie etwa an den vom Human Rights Network organisierten Veranstaltungen im Rahmen des People’s Space teilnehmen;

13.

wiederholt seine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, in Einklang mit Artikel 86 des Römischen Statuts die uneingeschränkte Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten, den Unterzeichnerstaaten und dem Gerichtshof zu gewährleisten, um dem Ziel und dem Zweck gemäß seiner Präambel zu entsprechen, „dass die schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, nicht unbestraft bleiben dürfen“, indem sie

nationale Gesetze zur Zusammenarbeit in Einklang mit Teil IX des Römischen Statuts erlassen, sofern sie dies noch nicht getan haben;

ihre Zusage bekräftigen, dem Gerichtshof vorbehaltlos jede notwendige Zusammenarbeit und Unterstützung zukommen zu lassen;

den Abschluss von Ad-hoc-Vereinbarungen mit dem Gerichtshof über die Umsiedlung von Opfern und Zeugen und die Durchsetzung der Urteile des Gerichtshofs in Erwägung ziehen;

sicherstellen, dass die Zusammenarbeit zu einem festen Punkt auf der Tagesordnung der Versammlung der Vertragsstaaten des IStGH wird, die aktuellen Aufgaben und Bedürfnisse des Gerichtshofs erörtert werden und die Fortschritte der Staaten bewertet werden;

14.

begrüßt die Revision und Diskussion über Artikel 124 („Übergangsbestimmung“) des Römischen Statuts, der es den Staaten erlaubt, sich dafür zu entscheiden, dass ihre Staatsbürger innerhalb von sieben Jahren nach der Ratifizierung nicht der Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs unterstellt werden, und fordert die unverzügliche Streichung dieser Bestimmung aus dem Statut, damit das Gesetz einheitlich auf alle Personen angewandt wird, denen vorgeworfen wird, Kriegsverbrechen im Hoheitsgebiet von Vertragsstaaten des Statuts begangen zu haben, oder die als Staatsangehörige von Vertragsstaaten des Statuts mutmaßlich Kriegsverbrechen begangen haben;

15.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich in Einklang mit dem belgischen Vorschlag für eine Änderung von Artikel 8 des Römischen Statuts, der auf der 8. Tagung der Versammlung der Vertragsstaaten vorgelegt wurde, vorrangig für die Einstufung des Einsatzes bestimmter Waffen im Rahmen eines nicht internationalen bewaffneten Konflikts als Kriegsverbrechen, das unter die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, einzusetzen, und demzufolge den Tatbestand des Kriegsverbrechens auf die Verwendung von Gift, vergifteten Waffen, erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie aller vergleichbaren Flüssigkeiten, Materialien und Geräte sowie die Verwendung von Munition, die sich im Körper ausdehnt oder verflacht, in nicht internationalen bewaffneten Konflikten auszudehnen;

16.

betont die Wirksamkeit des Grundsatzes der Komplementarität des Gerichtshofs als Fundament des unfassenden Systems der internationalen Strafgerichtsbarkeit (System des Römischen Statuts), demzufolge die primäre Pflicht der Vertragsstaaten zur Ermittlung und Strafverfolgung völkerrechtlicher Verbrechen eindeutig durch die ergänzende (subsidiäre) Zuständigkeit des IStGH verstärkt wird,

17.

ist zutiefst überzeugt, dass die Mitgliedstaaten während der Debatten in Kampala

ihre primäre Verpflichtung zur Ermittlung und Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekräftigen und sich verpflichten sollten, in ihren Gesetzgebungen Definitionen von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Einklang mit dem Römischen Statut zu verankern;

eine „positive Komplementarität“ anstreben sollten, indem sie unter anderem die Notwendigkeit wirksamer einzelstaatlicher Verfahren betonen, auch in Ländern, in denen ein großer Bedarf an Gerichtsbarkeit besteht, wie Ländern, die Gegenstand von Ermittlungen des IStGH sind, und Ländern, die einer Vorabkontrolle des IStGH unterstellt sind;

die Notwendigkeit der Einleitung und Durchführung wirksamer Verfahren auf nationaler Ebene betonen und sich insbesondere mit dem Thema der mangelnden politischen Bereitschaft einiger Staaten befassen sollten;

die entscheidende Bedeutung der Entwicklung des politischen Willens der Staaten, ihren Verpflichtungen gemäß dem Grundsatz der Komplementarität nachzukommen, betonen und Schritte unternehmen sollten, um die Staaten zu ermutigen, für Gerechtigkeit und gegen Straflosigkeit Stellung zu beziehen;

18.

fordert alle Vertragsstaaten des Römischen Statuts, besonders die EU-Mitgliedstaaten, auf, nationale Rechtsvorschriften zu erlassen oder umzusetzen, mit denen sichergestellt ist, dass sie uneingeschränkt mit dem IStGH zusammenarbeiten können;

19.

fordert alle Vertragsstaaten des Römischen Statuts auf, Vereinbarungen mit dem Gerichtshof über die Umsiedlung von Opfern und Zeugen und die Durchsetzung von Urteilen zu schließen;

20.

fordert die Union, die Mitgliedstaaten und andere internationale Geber auf, Reformprozesse und nationale Bemühungen zum Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen mit dem Ziel, die unabhängige Gerichtsbarkeit, die für die Durchsetzung des Rechts zuständigen Stellen und das System des Strafvollzugs in allen direkt von Verbrechen im Sinne des Römischen Statuts betroffenen Entwicklungsländern zu unterstützen und damit die wirksame Umsetzung des Grundsatzes der Komplementarität und die Einhaltung der Beschlüsse des Gerichtshofs durch die Staaten sicherzustellen;

21.

fordert die Vertragsstaaten auf, auf der Grundlage der Erörterungen in Kampala eine Resolution anzunehmen, in der betont wird, wie wichtig es ist, den Opfern im Rahmen gerechter und unvoreingenommener Verfahren zu ihrem Recht zu verhelfen;

22.

fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, sich auch in Zukunft für den IStGH zu engagieren;

23.

unterstützt den Vorschlag hochrangiger Vertreter der Vertragsstaaten des Römischen Statuts des IStGH, den 17. Juli, welches der Tag ist, an dem 1998 das Römische Statut verabschiedet wurde, zum Tag der Internationalen Strafjustiz zu erklären;

24.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer zu übermitteln.


(1)  Resolution ICC-ASP/8/Res. 6.

(2)  ABl. C 379 vom 7.12.1998, S. 265.

(3)  ABl. C 262 vom 18.9.2001, S. 262.

(4)  Angenommene Texte, P5_TA(2002)0082.

(5)  Angenommene Texte, P5_TA(2002)0367.

(6)  Angenommene Texte, P5_TA(2002)0449.

(7)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0238.

(8)  ABl. L 150 vom 18.6.2003, S. 67.

(9)  Ratsdokument 5742/04.

(10)  Leitprinzipien für Vereinbarungen zwischen einem Vertragsstaat des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und den Vereinigten Staaten über die Bedingungen für die Überstellung von Personen an den Gerichtshof.

(11)  Beschluss 2002/494/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind (ABl. L 167 vom 26.6.2002, S. 1). Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1); Beschluss 2003/335/JI des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (ABl. L 118 vom 14.5.2003, S. 12).

(12)  Artikel 2, Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 6 EUV.

(13)  ABl. L 115 vom 28.4.2006, S. 50.


Donnerstag, 20. Mai 2010

31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/84


Donnerstag, 20. Mai 2010
Vollendung des Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger

P7_TA(2010)0186

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (2010/2011(INI))

2011/C 161 E/14

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

unter Hinweis auf den Bericht von Professor Mario Monti an die Kommission über die Wiederbelebung des Binnenmarktes (1),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Eine bürgernahe Agenda – Konkrete Ergebnisse für Europa“ (KOM(2006)0211),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0724) und des dazugehörigen Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen über die Erfolge des Binnenmarktes (SEK(2007)1521), unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 4. September 2007 zur Überprüfung des Binnenmarkts (2) und des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen zur Binnenmarktüberprüfung: Ein Jahr danach (SEK(2008)3064),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität: eine neue gesellschaftliche Vision für das Europa des 21. Jahrhunderts“ (KOM(2007)0726) und der Mitteilung der Kommission „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einschluss von Sozialdienstleistungen: Europas neues Engagement“ (KOM(2007)0725) und unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 27. September 2006 zu dem Weißbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (3),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 29. Juni 2009 zu Maßnahmen zur Optimierung der Funktionsweise des Binnenmarktes (4) und die Empfehlung der Kommission vom 12. Juli 2004 zur Umsetzung der binnenmarktrelevanten Richtlinien in innerstaatliches Recht (5),

unter Hinweis auf den Binnenmarktanzeiger von Juli 2009 (SEK(2009)1007) und die Entschließungen des Parlaments vom 9. März 2010 (6) und vom 23. September 2008 (7) zu dem Binnenmarktanzeiger,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss mit dem Titel „Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) – Stärkung der Verbraucher – Verbesserung des Verbraucherwohls – besserer Verbraucherschutz“ (KOM(2007)0099) und unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 20. Mai 2008„Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013)“ (8),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 28. Januar 2009 mit dem Titel „Überwachung von verbraucherrelevanten Ergebnissen im Binnenmarkt: Zweite Ausgabe des Verbraucherbarometers“ (KOM(2009)0025) sowie des begleitenden Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission mit dem Titel „Zweites Verbraucherbarometer“ (SEK(2009)0076),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 2. Juli 2009 zum Stand der Durchsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM(2009)0330) und des Berichts der Kommission vom 2. Juli 2009 über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“) (KOM(2009)0336),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zum Verbraucherschutz (9),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über grenzüberschreitenden elektronischen Handelsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern in der EU (KOM(2009)0557),

in Kenntnis des Berichts des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, Fachgruppe „Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch“ über Hindernisse für den europäischen Binnenmarkt 2008 (10),

unter Hinweis auf den SOLVIT-Jahresbericht 2008 über die Entwicklung und Leistung des SOLVIT-Netzes (SEK(2009)0142), das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 8. Mai 2008 zu einem Aktionsplan für einen integrierten Ansatz für die Erbringung von Binnenmarkt-Unterstützungsdiensten für Bürger und Unternehmen (SEK(2008)1882) und die Entschließung des Parlaments vom 9. März 2010 zu SOLVIT (11),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten, mit der ein allgemeiner Rahmen an Regelungen und Grundsätzen für die Akkreditierung und die Marktüberwachung geschaffen werden soll,

gestützt auf Artikel 26 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), in dem es heißt, dass der „Binnenmarkt … einen Raum ohne Binnengrenzen [umfasst], in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist“,

gestützt auf Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), der vorsieht, dass die Union auf „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinwirkt,

gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wie sie durch Artikel 6 EUV in die Verträge aufgenommen worden ist,

gestützt auf Artikel 9 AEUV, der vorsieht, dass die Union „bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen … den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung“ trägt,

gestützt auf Artikel 11 AEUV, der vorsieht, dass die „Erfordernisse des Umweltschutzes … bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ müssen,

gestützt auf Artikel 12 AEUV, der vorsieht, dass den „Erfordernissen des Verbraucherschutzes … bei der Festlegung und Durchführung der anderen Unionspolitiken und -maßnahmen Rechnung getragen“ wird,

gestützt auf Artikel 14 AEUV und das diesem beigefügte Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A7-0132/2010),

A.

in der Erwägung, dass Bürger, Verbraucher und KMU durch zu viele Hindernisse aufgrund mangelnder Informationen über Rechte und Möglichkeiten, einer bruchstückhaften Regulierung, mangelnder Gesetzgebungsinitiativen in einigen Schlüsselbereichen, mangelhafter Umsetzung, unzureichender Anwendung und Durchsetzung von Vorschriften und mangelnder administrativer Koordinierung und Zusammenarbeit daran gehindert werden, mit dem gleichen Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens wie im eigenen Mitgliedstaat grenzübergreifend umzuziehen, einzukaufen, zu verkaufen oder Handel zu treiben,

B.

in der Erwägung, dass gleichzeitig die Bemühungen um eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel der Überwindung dieser Hindernisse mitunter zu einer Überregulierung geführt haben, die sich auf die Mehrzahl der KMU, insbesondere Kleinstbetriebe, die sich nicht auf dem europäischen Markt betätigen wollen, sondern ihre lokale Ausrichtung beibehalten wollen, sowie auf lokale Behörden nachteilig auswirkte, so dass eine bessere Rechtsetzung mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand geboten ist,

C.

in der Erwägung, dass sich nur ein kleiner Teil der Arbeitskräfte, Dienstleistungserbringer und qualifizierten Fachkräfte in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt, unter anderem weil dies aufgrund des damit verbundenen bürokratischen Aufwandes und der Gefahr, soziale Rechte einzubüßen, zu kompliziert und zu kostenaufwändig ist,

D.

in der Erwägung, dass wegen Sprachbarrieren, mangelnder Sicherheit im Hinblick auf Investitionen, Zahlungen und Haftung sowie wegen der unterschiedlichen rechtlichen, administrativen, sozialen und kulturellen Traditionen der einzelnen Mitgliedstaaten nur wenige Unternehmer und KMU ihre Waren und Dienstleistungen außerhalb ihres Heimatmarktes anbieten,

E.

in der Erwägung, dass der Binnenmarkt nicht isoliert von anderen horizontalen Politikbereichen, vor allem Gesundheit, soziale Sicherheit und Verbraucherschutz, Arbeitsrecht, Umwelt, nachhaltige Entwicklung und externe Politikbereiche, gesehen werden darf,

F.

in der Erwägung, dass die EU-Strategie bis 2020 realistische Ziele für die Entwicklung einer ökologischen, wissensbasierten, sozialen Marktwirtschaft und ein nachhaltiges Wachstum bis 2020 setzen sowie Arbeitsplätze, u. a. im Umweltbereich, schaffen sollte; in der Erwägung, dass der europäische Binnenmarkt mit den Herausforderungen der sozialen Gerechtigkeit und des Wirtschaftswachstums der Eckpfeiler der EU-Strategie bis 2020 sein und auf Vorteile für die Bürger, den Schutz der Verbraucher und KMU ausgerichtet sein sollte,

G.

in der Erwägung, dass Fragen des Binnenmarktes und des internationalen Handels in enger Beziehung zueinander stehen und sich gegenseitig beeinflussen,

H.

in der Erwägung, dass viele europäische Bürger nicht wissen, wie sie selbst konkret vom Binnenmarkt profitieren, da zu wenig Informationen über den Binnenmarkt bereit stehen, und diese Informationen nicht gut genug vermittelt werden,

Allgemeine Bemerkungen

1.

ist der Auffassung, dass die Union an einem besonders problematischen Zeitpunkt in der Geschichte der Integration des europäischen Binnenmarktes angelangt ist; vertritt den Standpunkt, dass die aktuellen und die künftigen Herausforderungen einheitlich, entschlossen, engagiert und gezielt mit der notwendigen Sensibilität und einem Sinn für die praktische Umsetzbarkeit sowie im Geiste der Zusammenarbeit und Solidarität in Angriff genommen werden müssen; hebt hervor, dass dafür Führungsstärke und ausgeprägte Initiativbereitschaft bei der Kommission und der politische Wille des Rates, der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments erforderlich sind;

2.

betont, dass der Binnenmarkt nicht nur eine Wirtschaftsstruktur ist, sondern die Binnenmarktrechtsvorschriften spezifische Grundrechte der Bürger, wie Sicherheit und Privatsphäre, schützen und bewahren, und dass daher ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt angesichts der zahlreichen wirtschaftlichen und sonstigen Herausforderungen, denen sich die EU derzeit gegenübersieht, im Interesse der europäischen Bürger, Verbraucher und KMU liegt;

3.

unterstreicht, dass der europäische Binnenmarkt trotz der wirtschaftlichen, technologischen und legislativen Schwächen seiner Struktur zusammen mit der Eurozone die wahre Bedeutung der wirtschaftlichen Integration und Einheit der EU am besten veranschaulicht und für die EU-Bürger zweifellos die sichtbarste Errungenschaft der europäischen Integration darstellt;

4.

hebt hervor, dass der Binnenmarkt in den Bereichen Forschung und Innovation neue Horizonte eröffnen sollte, indem mehr zur Förderung der Entwicklung von Waren und Dienstleistungen unternommen wird, wobei das Hauptaugenmerk hierbei auf Wissen und Technologie – den treibenden Kräften für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung – liegen sollte;

5.

begrüßt und unterstützt die Absicht der Kommission, „all jene wieder ins Zentrum des Binnenmarktes zu rücken, die in ihm leben und ihn täglich nutzen“, sowie ihre Entschlossenheit, den Binnenmarkt durch umfassende Nutzung ihrer Durchsetzungsbefugnisse zu verteidigen und eine soziale und ökologische Vision des Binnenmarktes auf der Grundlage der Verpflichtungen im Rahmen des Vertrags von Lissabon zu entwickeln;

Der Integrationsprozess des Binnenmarktes ist nicht unumkehrbar

6.

betont, dass die Integration in den Binnenmarkt kein unumkehrbarer Prozess ist und dass der Fortbestand des Binnenmarktes keine Selbstverständlichkeit darstellt;

7.

äußert seine Besorgnis darüber, dass die Rückkehr zu wirtschaftlichem Protektionismus auf nationaler Ebene höchstwahrscheinlich eine Zersplitterung des Binnenmarktes bewirken würde und daher verhindert werden muss; befürchtet, dass die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise in verschiedenen Mitgliedstaaten als Rechtfertigung für die Wiederbelebung protektionistischer Maßnahmen genutzt werden könnte, wogegen die Rezession vielmehr gemeinsame Schutzmechanismen erfordert;

8.

vertritt die Auffassung, dass die Krise den Integrationsprozess des Binnenmarktes beträchtlich verlangsamt hat und sich Ablehnung und Misstrauen gegenüber dem Binnenmarkt infolge der Mängel und Ungleichgewichte in Bezug auf die Wirtschaftssysteme der Mitgliedstaaten verstärkt haben;

9.

erinnert daran, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise nicht den Prozess der Integration des Binnenmarktes beeinträchtigen, sondern vielmehr eine Chance bieten sollten, die derzeitige Struktur des Binnenmarktes zu reformieren, zu konsolidieren und zu verbessern, das Potenzial einer ökologischen Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu erschließen, und das Vertrauen und die Zuversicht der Bürger und vor allem der Verbraucher und KMU wiederherzustellen;

10.

betont, dass die Wiederankurbelung des Binnenmarktes nicht ausschließlich von der gegenwärtigen Rezession diktiert werden darf und dass die Wiederbelebung über die grundlegenden Lehren, die aus der Krise gezogen wurden, hinausgehen muss;

11.

unterstreicht, dass mit der Wiederankurbelung des Binnenmarkts konkrete, messbare, erreichbare, sachgerechte und zeitlich festgelegte Ziele verfolgt werden sollten, die mit Hilfe von geeigneten und effektiven politischen Instrumenten auf der Grundlage der vier Freiheiten, die allen EU-Bürgern zustehen, erreicht werden müssen;

12.

verweist mit Nachdruck darauf, dass der europäische Binnenmarkt dringend neuer Impulse bedarf und dass die europäischen Organe, insbesondere die Kommission, Führungsstärke und die Mitgliedstaaten politisches Verantwortungsbewusstsein beweisen müssen, damit Glaubwürdigkeit und Vertrauen in Bezug auf den Binnenmarkt wiederhergestellt werden können;

Notwendigkeit eines ganzheitlichen und gemeinschaftlichen Ansatzes für den Binnenmarkt

13.

vertritt die Ansicht, dass das bisherige Konzept des Binnenmarkts ergänzt werden sollte, um ihn solidarischer zu gestalten; betont, dass all jene, die an der Gestaltung und Verwirklichung des Binnenmarktes beteiligt sind, einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgen sollten, in dem die Bedenken der Bürger umfassend integriert werden sollten;

14.

betont, dass ein stärkerer, tiefgreifender und erweiterter Binnenmarkt für Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen von entscheidender Bedeutung ist;

15.

betont, dass der Binnenmarkt bei den Bemühungen um die Erreichung des Ziels einer nachhaltigen und in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft im Rahmen der langfristigen Vision der EU-Strategie bis 2020 eine zentrale Rolle spielen sollte;

16.

ist der Auffassung, dass der Binnenmarkt eine grundlegende Voraussetzung für den Erfolg der EU-Strategie bis 2020 ist; schlägt daher vor, dass sämtliche Strategien und Maßnahmen zur Wiederbelebung des europäischen Binnenmarktes von den europäischen Organen koordiniert werden sollten und dass ihnen eine pragmatische, umfassende und weitreichende Regelung zugrunde liegen sollte, die von allen Mitgliedstaaten unterstützt wird und in deren Mittelpunkt in erster Linie Prioritäten stehen, die sich die Mitgliedstaaten wirklich zu eigen machen und effektiv auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene umsetzen werden;

17.

betont, dass der Binnenmarkt auch weiterhin Vorteile für die Verbraucher bieten sollte, also höhere Qualität, größere Vielfalt, erschwingliche Preise sowie sichere Waren und Dienstleitungen;

18.

fordert ein neues Paradigma des politischen Denkens, wobei Bürgern, Verbrauchern und KMU eine zentrale Rolle bei der Wiederbelebung des europäischen Binnenmarktes zukommen sollte; vertritt die Ansicht, dass dies möglich ist, wenn man die europäischen Bürger in den Mittelpunkt der politischen Entscheidungsfindung der EU stellt;

19.

unterstreicht, dass die Wiederbelebung des Binnenmarktes die effektive Umsetzung angemessenerer Kontrollmechanismen und mehr Dialog erfordert, um zu gewährleisten, dass die Bedürfnisse der Bürger und Verbraucher hinreichend berücksichtigt werden; ist der Auffassung, dass es der Union mit einem faktengestützten und bürgernahen Ansatz gelingen wird, das Vertrauen der Bürger in den europäischen Binnenmarkt zurückzugewinnen und die richtige Formel für die Erarbeitung von Initiativen zu finden, die der Union den dringend benötigten Wettbewerbsvorsprung verschafft, ohne der sozialen Dimension zu schaden;

20.

weist erneut darauf hin, dass eine aussagekräftige Bewertung der sozialen, verbraucherbezogenen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Binnenmarktes – die Bestandteil sämtlicher Binnenmarktvorschläge sein sollte – wesentlich für die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens ist und eine realistische Integration sozialer, verbraucher-, umwelt- und wirtschaftspolitischer Ziele gewährleistet;

21.

ist der Auffassung, dass die Abschaffung der Grenzen im Binnenmarkt die Wettbewerbsfähigkeit Europas in einer globalisierten Welt weiter erhöht hat;

22.

hebt hervor, dass das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts untrennbar mit der Rolle verbunden ist, die Europa als globalem Wirtschaftsteilnehmer notwendigerweise zukommt; ist der Auffassung, dass die Europäische Union ihr soziales und ökologisches Modell schützen muss, indem sie unnachgiebig ihre Rechtsvorschriften für importierte Waren und Dienstleistungen durchsetzt und entschlossen für die Anwendung dieser Rechtsvorschriften eintritt, vor allem in multilateralen Foren, und insbesondere bei Streitbeilegungsverfahren der WTO;

23.

betont, dass sich der Binnenmarkt und die gemeinsame Währung als Schutzschild für Europa erwiesen haben, der die negativen Auswirkungen der Finanzkrise auf die Unternehmen und Bürger in Europa verringert hat;

Herausforderungen und Chancen, die in der Binnenmarktpolitik berücksichtig werden sollten

24.

ist der Ansicht, dass die größte Herausforderung für die Union darin besteht, das richtige Maß zu finden zwischen einer offenen Wirtschaft, die in der Lage ist, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung anzukurbeln und die großen Herausforderungen von morgen (Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Entwicklung, Industriepolitik, demographische Herausforderungen, Umwelt, Technologien, usw.) umfassend zu bewältigen, und einem Wirtschaftssystem, das gleichermaßen in der Lage ist, für Verbraucherschutz und die sozialen und ökologischen Garantien zu sorgen, die die Bürger benötigen;

25.

betont, dass die Binnenmarktregelungen immer noch ungleichmäßig angewendet werden, da die Marktnetze nicht ausreichend miteinander verbunden sind, was bedeutet, dass Unternehmen wie Bürger tagtäglich bei grenzübergreifenden Aktivitäten mit anhaltenden Schwierigkeiten konfrontiert sind, da für eine einzige Transaktion u.U. 27 unterschiedliche Rechtssysteme gelten;

26.

unterstreicht die Bedeutung einer ökologischen Binnenmarktpolitik für neue kohlenstoffemissionsarme und umweltfreundliche Technologien, Dienstleistungen und Produkte durch die Entwicklung EU-weiter Normen für Kohlenstoffemissionen; stellt fest, dass klare Normen und eine eindeutige Kennzeichnung für energieeffiziente Produkte schrittweise verbindlich EU-weit vorgeschrieben werden müssen; weist darauf hin, dass bei der Entwicklung neuer Normen für Kohlenstoffbilanzen die bestehenden Methoden und Normen berücksichtigt werden sollten; hebt hervor, dass solche Normen nicht dazu führen dürfen, dass insbesondere für KMU übermäßig belastende Anforderungen geschaffen werden;

27.

betont, dass die Union im digitalen Zeitalter das Potenzial und die Chancen, die das Internet, der elektronische Geschäftsverkehr und die Verbreitung der IKT in KMU und Behörden bieten, für die Weiterentwicklung des Binnenmarktes umfassend nutzen und allen EU-Bürgern zugänglich machen muss; hebt hervor, dass bei der Entwicklung neuer Technologien der Schutz von Bürgern, Verbrauchern, KMU und derjenigen, die sich in einer besonders schutzbedürftigen Lage befinden, berücksichtigt werden muss;

28.

betont, wie wichtig es ist, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, bei denen die Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten eine angemessene Vergütung erhalten und gleichzeitig der Zugang der Verbraucher zu kreativen Inhalten im Internet nicht unnötig eingeschränkt wird;

29.

unterstützt Initiativen der Kommission zur vorrangigen Berücksichtigung von Forschung, Wissen und Innovation in künftigen Strategien; erwartet, dass künftige Haushalte der Union ausreichend Mittel für die Inangriffnahme dieser wichtigen Angelegenheiten vorsehen werden; erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die offene Frage des Gemeinschaftspatents dringend gelöst werden muss; schlägt vor, dass die Kommission Möglichkeiten prüft, wie konkrete Referenzwerte für die Erfassung der Fortschritte in den Bereichen Forschung, Wissen und Innovation ermittelt werden können;

30.

befürwortet die Bemühungen der Kommission zur Förderung der Sicherheit von Industriegütern im Rahmen der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten;

Bürger und Verbraucher im Binnenmarkt

31.

ist der Überzeugung, dass die meisten europäischen Bürger teilweise in Ermangelung des politischen Engagements und aufgrund geringer Sensibilisierung der Öffentlichkeit über geringe, keine oder sehr unklare Kenntnisse über die Prinzipien des Binnenmarkts verfügen und diesen sogar als negativ wahrnehmen; ist der Auffassung, dass konsequente Maßnahmen erforderlich sind, um die künftige Binnenmarktpolitik der Europäischen Union nach den Erwartungen und Bedürfnissen der Bürger, insbesondere der Verbraucher und KMU, auszurichten und ihnen greifbare Ergebnisse zu liefern;

32.

unterstreicht, dass es nur dann möglich sein wird, die soziale und wirtschaftliche Unterstützung zu gewinnen und die europäischen Bürger zur Mitarbeit zu bewegen, wenn die EU und die Mitgliedstaaten intensiv für die Chancen werben, die sich aus der wirtschaftlichen Integration Europas ergeben, und sie die Wahrnehmung des Binnenmarktes durch die Bürger verändern, indem sie den Bürgern die Vorzüge des Binnenmarktes und die Verfahren bewusst und verständlich machen, mit deren Hilfe sie ihre Rechte wirksam geltend machen können; vertritt daher die Auffassung, dass es wichtig ist, dass Sektoren, die sich unmittelbar auf das Alltagsleben der Bürger und die Bedürfnisse der Verbraucher auswirken, Kernbereiche des Binnenmarkt sein sollten;

33.

vertritt die Auffassung, dass die Bürger vor allem im Dienstleistungssektor insbesondere vor folgenden ungelösten Aufgaben stehen, die vorrangig in Angriff genommen werden müssen, damit rasche Lösungen erzielt werden: (1) Zugang zu sicheren Produkten und hochwertigen Dienstleistungen, (2) Zugang zu verlässlichen, vergleichbaren und objektiven Informationen, einschließlich Preisvergleichen, (3) mehr Rechtssicherheit und -klarheit in vertraglichen Beziehungen, (4) mehr Sicherheit in Bezug auf Bezahlung, (5) Zugang zu geeignetem, erschwinglichem und effizientem Rechtsschutz, und (6) Maßnahmen zur Vermittlung besserer Kenntnisse über das System und zur Stärkung des Vertrauens in das System;

34.

vertritt den Standpunkt, dass die Bürger nicht genügend Informationen über die Binnenmarktrechtsvorschriften sowie ihre Rechte und deren Durchsetzung erhalten; unterstreicht, dass die entsprechenden Internetseiten, SOLVIT und die Anlaufstellen besser organisiert werden müssen; vertritt die Auffassung, dass eine bessere Koordinierung und Vermittlung dieser Initiativen erforderlich ist, da sie bisher ihre Zielgruppe nicht erreicht haben; verweist nachdrücklich auf die Rolle von „Your Europe“, dem Informationsportal der Kommission für Bürger und Unternehmen über Fragen zu dem Leben, der Erwerbstätigkeit und den Geschäftsmöglichkeiten in der Europäischen Union; schlägt vor, bestehende Angebote auszubauen, anstatt neue Anlaufstellen zu schaffen;

35.

ist der Auffassung, dass eine verantwortungsvolle Haltung der Unternehmer sowie die Achtung des Grundsatzes der sozialen Verantwortung, der Wettbewerbsregeln sowie der finanziellen Interessen der Verbraucher zur Schaffung von Vertrauen bei den Verbrauchern beitragen wird, was eine Mindestanforderung für eine Verstärkung des Verbraucherschutzes darstellt;

36.

vertritt den Standpunkt, dass sich die Initiativen zur wirtschaftlichen Integration besser entwickeln werden, wenn die Bürger davon überzeugt sind, dass ihre sozialen Rechte geschützt werden und sich die Binnenmarktpolitik positiv auf die Sozialpolitik auswirkt;

37.

bedauert die Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Bürger, Verbraucher und KMU Kenntnis von bestehenden alternativen Rechtsbehelfen hat oder weiß, wie bei der Kommission eine Beschwerde eingelegt werden kann; weist darauf hin, dass bestehende Systeme zur Problemlösung für Bürger und Unternehmen wie SOLVIT gemäß dem Bericht des Parlaments vom 2. März 2010 über SOLVIT (2009/2138(INI)) ausgebaut werden müssen; fordert die Kommission auf, ein beschleunigtes Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, wenn eine ungelöste SOLVIT-Beschwerde einen offensichtlichen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht aufdeckt; bedauert ferner, dass trotz der Empfehlungen der Kommission zu diesem Thema alternative Mechanismen zur Streitbeilegung bislang nicht korrekt umgesetzt wurden oder nur unzulänglich funktionieren;

38.

unterstreicht die zentrale Bedeutung von Verbraucherverbänden bei der Aufklärung der Verbraucher über deren Rechte, bei der Unterstützung der Verbraucher im Falle von Verbraucherrechtsstreitigkeiten sowie bei der Durchsetzung von Verbraucherinteressen im Zuge der Errichtung des Binnenmarktes;

Kleine und mittlere Unternehmen im Binnenmarkt

39.

bekräftigt, dass KMU ein tragendes Element der europäischen Wirtschaft und die wichtigsten Triebkräfte für die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wirtschaftswachstum, die Umstellung auf eine ökologische Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt in Europa sind; stellt fest, dass die aktive Mitarbeit der KMU in einer erweiterten EU zur Schaffung eines innovativeren und wettbewerbsfähigeren Binnenmarktes zwingend erforderlich ist, und betont, dass größere Anstrengungen unternommen werden müssen, damit KMU einen besseren Zugang zum Binnenmarkt erhalten, ihre Entwicklung gefördert wird und sie in die Lage versetzt werden, ihr unternehmerisches Potenzial vollständig auszuschöpfen;

40.

vertritt die Auffassung, dass die Barrieren für den Zugang von KMU zu öffentlichen Ausschreibungen weiter abgebaut werden sollten, um die Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt zu fördern, insbesondere durch die Vereinfachung der Auflagen für KMU in Ausschreibungen von öffentlichen Auftraggebern;

41.

ermuntert zu künftigen gemeinsamen Initiativen der Kommission und der Mitgliedstaaten, die zum Ziel haben: (1) EU-weit grenzüberschreitend tätige kleine Unternehmen zu unterstützen, (2) gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine spürbare Verringerung des Verwaltungsaufwands und der finanziellen und bürokratischen Belastung und insbesondere der administrativen Hürden, die KMU überwinden müssen, zu bewirken, unabhängig davon, ob diese ihre Geschäfte auf lokaler, nationaler oder europäischer Ebene abwickeln; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission diesbezüglich auf, entsprechend dem „Small Business Act“ konsequent den Grundsatz des „Think Small First“ umzusetzen und anzuwenden;

42.

fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um KMU bei der Überwindung sprachlicher Hürden zu unterstützen, die sie oft davon abhalten, in anderen Mitgliedstaaten, als denen, in den sie ansässig sind, Handel zu treiben, indem sie alle Informationen und Dienste im Binnenmarkt in sämtlichen Amtssprachen der Europäischen Union anbietet;

43.

verpflichtet sich weiterhin zu einem Abbau des „Gold plating“ (Regulierung über die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegten Mindestanforderungen hinaus) in neuen Binnenmarktrechtsvorschriften, und fordert die Mitgliedstaaten und insbesondere deren Parlamente auf, sich bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften weiterhin zu einer Bekämpfung des „Gold Plating“ zu verpflichten, da diese Sonderbelastungen bei KMU besonders ins Gewicht fallen;

44.

teilt die Ansicht, dass die ordnungsgemäße Umsetzung des „Small Business Act“ – insbesondere mit Bezug auf eine konsequente Durchführung des KMU-Tests durch die Kommission bei der Unterbreitung neuer Vorschläge für Binnenmarktvorschriften – und die Einführung eines Statuts der Europäischen Privatgesellschaft die praktische Integration von KMU in ein einheitliches europäisches System, das sachgerecht und funktionsfähig ist, garantieren wird;

45.

unterstützt nachdrücklich die Verordnung betreffend Übersetzungsanforderungen für das künftige EU-Patent, auf deren Grundlage dem EU-Patent endlich konkrete Gestalt verliehen und Europas Rolle als weltweite Triebkraft für Innovation und Wettbewerb gestärkt wird; unterstützt überdies die Überprüfung des Markensystems der Gemeinschaft, um die Qualität und die Zukunftsaussichten dieses Systems zu verbessern;

46.

weist darauf hin, dass der Zugang zu Kapital für KMU in Zeiten der Wirtschaftskrise das Hauptproblem darstellt; bedauert, dass der Rückzug großer Banken aus ländlichen und unterbevölkerten bzw. wirtschaftlich unterentwickelten Gebieten KMU hinsichtlich des Zugangs zu Kapital vor erhebliche Schwierigkeiten stellt; begrüßt die Schlüsselrolle von Sparkassen und verschiedenen Genossenschaftsbewegungen mit Bezug auf die Finanzierung der regionalen Wirtschaft und ihren Beitrag zur sozialen Marktwirtschaft durch die Förderung von ethischen und sozialen Projekten;

47.

teilt die Ansicht, dass das mit der Richtlinie 98/34/EG eingeführte Verfahren der Notifizierung ein sehr wirksames Instrument zur Verbesserung der nationalen Rechtsvorschriften einerseits und andererseits zum Abbau von Barrieren im Binnenmarkt, insbesondere für KMU, darstellt; vertritt die Auffassung, dass die Kommission den Mechanismus durch die Einleitung eines beschleunigten Vertragsverletzungsverfahrens stärken sollte, wenn ein Mitgliedstaat sich nicht an eine ausführliche Stellungnahme der Kommission hält oder auf eine ausführliche Stellungnahme eines Mitgliedstaates nicht reagiert;

48.

vertritt die Auffassung, dass die verschiedenen Wirtschafts- und Sozialpolitiken wie Haushalts-, Steuer-, Bildungs- und Forschungspolitik auf EU-Ebene koordiniert werden müssen;

Identifizierung mit den Binnenmarktrechtsvorschriften und deren Durchsetzung sowie bessere Rechtsetzung

49.

bekräftigt, dass gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität ein beträchtlicher Teil der administrativen und rechtlichen Verantwortung für den Binnenmarkt in den Händen der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls deren regionalen und lokalen Gebietskörperschaften liegt, die sich deshalb gemeinsam mit anderen EU-Institutionen den europäischen Binnenmarkt und seine Verwaltung zu eigen machen müssen;

50.

stellt fest, dass aus den Binnenmarktanzeigern eindeutig hervorgeht, dass die Mitgliedstaaten nach wie die Binnenmarktrechtsvorschriften nicht ordnungsgemäß umsetzen, anwenden und durchsetzen und dass es bei der Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften zu Verzögerungen gekommen ist, wodurch gleiche Wettbewerbsbedingungen insbesondere im Dienstleistungssektor untergraben werden, die unerlässlich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sind;

51.

merkt an, dass eine allmähliche Rechtszersplitterung und Widersprüchlichkeiten bei der Durchführung der Rechtsvorschriften in der EU die Vollendung des Binnenmarktes immer stärker behindern; stellt fest, dass die Annahme von untereinander kohärenten Politiken zur Beseitigung direkter und indirekter Barrieren für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes in der EU noch immer aussteht;

52.

begrüßt die Initiative der Kommission für eine „bessere Rechtsetzung“, die die Wirksamkeit von Rechtsvorschriften und deren ordnungsgemäße Anwendung durch die Mitgliedstaaten stärkt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, in ihren Bemühungen nicht nachzulassen, da die rasche Umsetzung dieser Strategie wesentlich zur erfolgreichen Wiederbelebung des Binnenmarktes beitragen würde;

53.

nimmt das in der Mitteilung der Kommission zu EUROPA 2020 eingeführte neue Konzept der „intelligenten Regulierung“ zur Kenntnis;

Zu erreichende Ziele

Stärkung der institutionellen Rolle bei der Erarbeitung und Umsetzung der Binnenmarktrechtsvorschriften

54.

schlägt vor, dass die Kommission im Hinblick auf die Verbesserung der Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Binnenmarktrechtsvorschriften eine Partnerschaft zwischen allen an der Gestaltung, Durchführung und Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften Beteiligten herstellt und dazu neue Mechanismen wie das vorgeschlagene Binnenmarktforum nutzt;

55.

fordert die Kommission auf, die ordnungsgemäße Durchführung und Umsetzung durch eine systematischere unabhängige Überwachung zu gewährleisten, um Vertragsverletzungsverfahren zu beschleunigen und voranzutreiben; stellt fest, dass sich Verzögerungen bei der Beilegung von Vertragsverletzungsverfahren nachteilig auf die Interessen der Bürger im Binnenmarkt auswirken werden;

56.

ersucht die Kommission, neben den formellen Vertragsverletzungsverfahren neue Wege zu entwickeln, um die Umsetzung und Durchsetzung von Binnenmarktrechtsvorschriften zu verbessern; fordert sie in diesem Zusammenhang auf, innovative Mechanismen wie das in der Dienstleistungsrichtlinie angestrebte Verfahren der gegenseitigen Überprüfung in Betracht zu ziehen, um Peer-Review und die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten zu fördern, sowie informelle Mechanismen zur Problemlösung wie SOLVIT und EU-PILOT zu verbessern, die von erheblichem Vorteil für Bürger wären, die täglich Enttäuschungen im Binnenmarkt erleben;

57.

fordert die Kommission auf, der systematischen Bewertung und Vereinfachung der bestehenden Binnenmarktrechtsvorschriften mehr Bedeutung beizumessen und – wo immer möglich – Bürokratie abzubauen, wovon Bürger und Unternehmen gleichermaßen profitieren;

58.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine ordnungsgemäße Koordinierung zu gewährleisten und bei der Überwachung des Warenmarktes und der grenzübergreifenden Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften mit dem Parlament und den Regierungen der Mitgliedstaaten sowie wichtigen Handelspartnern und Wirtschafts- und Verbraucherverbänden zusammenzuarbeiten und die europäischen Bürger und Verbraucher wirksamer zu informieren;

59.

empfiehlt der Kommission, im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung die 20 wichtigsten Quellen für die Zufriedenheit und Unzufriedenheit der Bürger mit dem Binnenmarkt im Alltag zu ermitteln, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, in Bezug auf den elektronischen Geschäftsverkehr, die grenzüberschreitende Gesundheitsfürsorge, den Kauf und das Mieten von Fahrzeugen, die Übertragbarkeit von Rentenansprüchen, die gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen, das Sorgerecht für Kinder, Adoption, Unterhalt und Beihilfen;

60.

fordert die Kommission auf, sich mit Nachdruck für die Schaffung eines besseren Mechanismus einzusetzen, mit dem überprüft werden kann, wie die Binnenmarktrechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten in der Praxis auf den einzelnen Ebenen angewandt werden und wie Bürger und Unternehmen in die Lage versetzt werden, ihre Binnenmarktrechte wahrzunehmen;

61.

ersucht die Kommission, die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls ihre regionalen und lokalen Gebietskörperschaften stärker zu unterstützen, um ihnen die ordnungsgemäße Einhaltung der EU-Standards zu erleichtern; betont, dass die Organe der EU insgesamt die Vorschriften verschärfen und die Mitgliedstaaten zu einer ordnungs- und fristgemäßen Umsetzung der Rechtsvorschriften anhalten müssen, damit EU-weit dieselben Vorschriften gelten;

62.

ruft zu einer Stärkung der Rolle des Parlaments in den Bereichen der Anwendung, Durchsetzung und Überwachung der Binnenmarktrechtsvorschriften auf; vertritt die Ansicht, dass die im Vertrag von Lissabon vorgesehene Stärkung der Rolle des EP und der nationalen Parlamente für eine Verbesserung der Synergien zwischen den beiden parlamentarischen Ebenen sorgen sollte;

63.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine bessere Koordinierung und den Austausch bewährter Praktiken im Binnenmarkt zu sorgen, insbesondere durch das Binnenmarkt-Informationssystem und die Schulung von Sachverständigen für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene;

64.

besteht gegenüber der Kommission auf folgenden Maßnahmen: unabhängige Prüfung von Gesetzgebungsvorschlägen auf ihre Qualität; Annahme von Ex-ante- und Ex-post-Mechanismen zur Überprüfung der Wirksamkeit der Gesetzgebung; Nutzung von Referenzwerten für den Vergleich international bewährter Verfahren; Nutzung der Konformitätsbewertung zur Beurteilung der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf EU-Ebene und nationaler Ebene;

Maßnahmen, um die Bürger und KMU im Binnenmarkt besser zu informieren und ihren Handlungsspielraum zu erweitern

65.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine gezielte Kommunikationsstrategie zu entwickeln, in deren Mittelpunkt die alltäglichen Probleme, denen sich Bürger bei der Übersiedlung in einen anderen Mitgliedstaat zum Zwecke der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sowie beim grenzübergreifenden Umzug, Einkauf und Verkauf gegenübersehen, sowie Normen in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Verbraucherschutz und Umweltschutz, auf die sie sich verlassen können; vertritt die Auffassung, dass diese Kommunikationsstrategie auch ausdrücklich Methoden der Problemlösung wie etwa SOLVIT mit einschließen sollte;

66.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um zu gewährleisten, dass innerhalb des Binnenmarkts verwendete Produktnormen zum wichtigsten internationalen Standard werden, damit für gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen, und insbesondere für KMU, die sich über den Binnenmarkt hinaus betätigen wollen, gesorgt ist;

67.

drängt die Kommission, sich bei der Planung ihres jährlichen Arbeitsprogramms vorrangig auf „verbraucherfreundliche“ Rechtsvorschriften mit Bezug zum Binnenmarkt, die das Alltagsleben der Bürger Europas stark beeinflussen, zu konzentrieren; vertritt die Auffassung, dass dieser Schwerpunktsetzung angemessene Aufklärungskampagnen folgen müssen, damit der Binnenmarkt stärker von den Bürgern wahrgenommen wird;

68.

weist darauf hin, dass parallel zu den öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen der EU-Institutionen oder der Mitgliedstaaten dezentral auch Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden muss, in deren Rahmen lokale Akteure besser mit landesweiten, regionalen und lokalen Medien vernetzt werden (wobei vor allem die lokalen Medien von Bedeutung sind), die sich den Problemen der Verbraucher im Alltag viel stärker widmen (z. B. Bankkosten in einem anderen Mitgliedstaat, Studien zu den Möglichkeiten des Wechsels von Betreibern, Vergleiche von Telefongebühren);

69.

ersucht die Kommission, regelmäßig Studien durchzuführen, in denen die Beziehung zwischen dem Binnenmarkt und dem europäischen Durchschnittsbürger erforscht wird und insbesondere die Kosten und die Nutzeffekte, die sich aus dieser Beziehung ergeben, sowie die alltäglichen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert werden, im Mittelpunkt stehen;

70.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mit Unterstützung der Kommission die Leistungsfähigkeit von Problemlösungsmechanismen – vor allem von SOLVIT – zu verbessern, indem sie zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen bereitstellen und deren Mandat überprüfen um sicherzustellen, dass die vielfältigen Probleme, mit denen Bürger und Unternehmen konfrontiert sind, mit solchen Mechanismen erfolgreich bewältigt werden können; fordert die Kommission auf, das Projekt der Binnenmarkt-Unterstützungsdienste (SMAS) vorrangig abzuschließen, damit die Informationen und die Beratung, die Bürger und Unternehmen benötigen, um Lösungen für die Probleme zu finden, mit denen sie konfrontiert sind, leicht zugänglich sind;

71.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, durch Aufklärungskampagnen und strengere Kontrollen ihre Anstrengungen aufrechtzuerhalten und zu intensivieren, das Vertrauen der Verbraucher in die CE-Kennzeichnung – ein grundlegendes Instrument zur Gewährleistung von Verbraucherrechten und Qualitätsnormen auf dem Binnenmarkt – zu stärken;

72.

weist auf die wesentliche Rolle des Enterprise Europe Network dabei hin, die Chancen des Binnenmarkts für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nutzbar zu machen; betont, dass bürokratische Auflagen wertvolle Ressourcen binden und damit eine stärkere Konzentration auf die Kernaufgabe des Enterprise Europe Network, maßgeschneiderte Unterstützung für KMU zu bieten, verhindern; fordert die Kommission auf, das Enterprise Europe Network noch stärker zur zielgerichteten Verteilung von Informationen heranzuziehen und den Bürokratieaufwand für die Netzwerkpartner zu reduzieren;

Strategische Berichte und Vorschläge

73.

schlägt der Kommission vor, dass die Binnenmarktstrategie zumindest folgende vier Phasen umfassen sollte: (1) Evaluierung oder „Gesundheitscheck“ der aktuellen Lage, um das Maß der Verzerrung und die Belastungen zu ermitteln, unter denen die verschiedenen Akteure im Binnenmarkt insbesondere infolge der Krise zu leiden haben; (2) Einleitung eines Konsolidierungsprozesses und Klärung offener Fragen; (3) Entwicklung und Verbesserung des Binnenmarktes und (4) Überlegungen zur langfristigen Entwicklung des Marktes (EU-Strategie bis 2020);

74.

vertritt die Auffassung, dass sowohl Finanzdienstleistungen als auch der Zugang zu Kapital in der EU-Strategie bis 2020 berücksichtigt werden müssen;

75.

schlägt vor, dass die Kommission in der ersten Phase des oben erwähnten „Gesundheitschecks“ eine Prüfung der Rechnungsführung des EU-Haushalts durchführt und vorrangig mehr Mittel zur Förderung von Bildung, Innovation und Forschung zur Verfügung stellt; fordert die Mitgliedstaaten auf, die gleichen vorrangigen Schwerpunkte für ihre Haushaltsausgaben zu setzen;

76.

vertritt die Auffassung, dass die Kommission zur Schaffung eines wirksamen Binnenmarkts klare politische Prioritäten festlegen muss, indem sie eine „Binnenmarktinitiative“ erlässt, die ähnlich wie der „Small Business Act“ sowohl legislative als auch nichtlegislative Vorschläge enthält, die auf eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale und ökologische Marktwirtschaft abzielen;

77.

legt der Kommission nahe, diese Initiative bis Mai 2011 – weit vor dem 20. Jahrestag des Binnenmarktprogramms von 1992 – zu präsentieren und dabei Bürger, Verbraucher und KMU in den Mittelpunkt des Binnenmarktes zu stellen; unterstreicht, dass diese als Grundlage für künftige Maßnahmen angesehen werden sollte, wenn eine wissensbasierte, in hohem Maße wettbewerbsfähige, soziale, umweltfreundliche und ökologische Marktwirtschaft geschaffen werden soll, die eine glaubwürdige und ausgewogene Chancenverteilung gewährleistet;

78.

fordert die Kommission auf, spezifische Maßnahmen in die „Binnenmarktinitiative“ aufzunehmen, mit denen u. a. folgende Ziele angestrebt werden:

die in Artikel 12 AEUV erwähnten Interessen der Verbraucher und die in Artikel 9 AEUV verankerte Sozialpolitik als Kern des Binnenmarktes;

Gewährleistung der Zukunftstauglichkeit des Binnenmarktes durch einen verbesserten Zugang der Verbraucher und KMU zum elektronischen Geschäftsverkehr und zu digitalen Märkten;

Förderung der Schaffung eines nachhaltigen Binnenmarktes auf der Grundlage von Artikel 11 AEUV durch die Entwicklung einer solidarischen, kohlenstoffemissionsarmen, umweltverträglichen, wissensbasierten Wirtschaft, einschließlich Maßnahmen zur Förderung sämtlicher Innovationen bei umweltfreundlicheren Technologien;

Gewährleistung des Schutzes der Dienste von allgemeinen wirtschaftlichem Interesse auf der Grundlage von Artikel 14 AEUV und Protokoll 26;

Entwicklung einer Strategie der besseren Vermittlung der sozialen Vorzüge des Binnenmarktes;

79.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Erarbeitung des Rechtsakts für den Binnenmarkt die Konsultationen und Berichte der verschiedenen EU-Institutionen (EU 2020, Berichte Monti, Gonzales und IMCO usw.) zu berücksichtigen und eine zusätzliche breit angelegte öffentliche Konsultation in Gang zu setzen, die zur Vorlage eines koordinierten Vorschlags für einen kohärenteren und besser funktionierenden Binnenmarkt beitragen soll;

80.

empfiehlt, eine Studie zu erstellen, um Möglichkeiten für die Einbeziehung von Verbraucherinteressen in relevante Politikbereiche der EU zu prüfen, damit der Verbraucherschutz bei der Erarbeitung entsprechender EU-Rechtsakte automatisch berücksichtigt wird;

81.

weist erneut auf die Bedeutung der Dienstleistungsrichtlinie für die Vollendung des Binnenmarktes und deren enormes Potential zugunsten der Verbraucher und KMU hin; hebt hervor, dass zur erfolgreichen Umsetzung dieser Rechtsvorschrift ein nachhaltiges politisches Engagement und Unterstützung aller Akteure auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene erforderlich sind; ist der Auffassung, dass die Kommission eine Evaluierung der Dienstleistungsrichtlinie durchführen sollte um festzustellen, ob sie ihr Hauptziel erreicht hat; fordert diesbezüglich eine klare Einbeziehung des Europäischen Parlaments und besteht darauf, dass ein ausgewogenes Verhältnis gewahrt werden muss, zwischen dem Bedürfnis, den Binnenmarkt für Dienstleistungen zu verbessern und gleichzeitig ein hohes Maß an sozialem Schutz zu gewährleisten;

82.

vertritt die Auffassung, dass die ordnungsgemäße Durchführung der Binnenmarktrechtsvorschriften (wie die Richtlinie über Berufsqualifikationen, die Dienstleistungsrichtlinie und die Verordnung zur Marktüberwachung) für die neue Kommission weiterhin einen Schwerpunkt bilden sollte;

83.

stellt fest, dass die EU-weit geltenden Rechtsbehelfsmechanismen nur wenig bewirkt haben, und fordert die Kommission daher dringend auch, einen Gesetzgebungsvorschlag vorzulegen, um bis Mai 2011 die Einführung eines erschwinglichen, zweckmäßigen und zugänglichen EU-weiten Systems des kollektiven Rechtsschutzes zu gewährleisten;

84.

legt der Kommission nahe, die Verabschiedung einer „Bürgercharta“ in Betracht zu ziehen, in der die verschiedenen Gesichtspunkte des Rechts, überall in der EU leben und arbeiten zu können, enthalten sind; ist der Auffassung, dass dieses Recht allen Bürgern gewährt werden muss; betont, dass innerhalb des Binnenmarktes weiterhin arbeitsrechtliche Beschränkungen für Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten bestehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, in Erwägung sämtlicher Vor- und Nachteile einer Öffnung der nationalen Märkte, über eine Beseitigung der bestehenden Beschränkungen nachzudenken;

85.

fordert die Kommission auf, dem Europäischen Parlament und dem Rat in der laufenden Wahlperiode einen Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft und des Europäischen Vereins vorzulegen;

86.

fordert die Kommission auf, die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um umgehend eine Durchführbarkeitsstudie und eine Konsultation vorzuschlagen, die auf die Einführung einer Satzung für eine Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft abzielen;

87.

fordert die Kommission auf, sich stärker auf die Überwachung des Marktes zu konzentrieren, insbesondere in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Versicherungswesen, Fernsprechwesen, Bankdienstleistungen und kommunale Dienstleistungen, und ist der Auffassung, dass eine wirksame Überwachung der Märkte den lauteren Wettbewerb stärken, deren Leistungsfähigkeit steigern und damit sowohl der Wirtschaft als auch den Verbrauchern zugute kommen wird;

88.

vertritt die Auffassung, dass der Verbraucherschutz im Bereich der Finanzdienstleistungen stark verbessert werden muss;

89.

vertritt die Ansicht, dass die nachhaltige Weiterentwicklung des Binnenmarktes abhängt: (1) von der dauerhaften Verpflichtung der Kommission zu sämtlichen marktpolitischen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Position und den Wettbewerbsvorsprung der EU auf dem Weltmarkt zu fördern und deutlich zu verbessern; (2) von der Verabschiedung eines Gesamtrahmens, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt wirklich allen Akteuren zugute kommt, und (3) vor allem davon, dass der Binnenmarkt auch die Bürger erreicht;

*

* *

90.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  Erwartet im April 2010.

(2)  ABl. C 187 E vom 24.7.2008, S. 80.

(3)  ABl. C 306 E vom 15.12.2006, S. 277.

(4)  ABl. L 176 vom 7.7.2009, S. 17.

(5)  ABl. L 98 vom 16.4.2005, S. 47.

(6)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0051.

(7)  ABl. C 309 E vom 4.12.2008, S. 46.

(8)  ABl. C 180 E vom 17.7.2008, S. 26.

(9)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0046.

(10)  http://www.eesc.europa.eu/smo/news/Obstacles_December-2008.pdf.

(11)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0047.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/95


Donnerstag, 20. Mai 2010
Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft: Eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen

P7_TA(2010)0187

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft: eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen Europas (2009/2099(INI))

2011/C 161 E/15

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 2. April 2009„Eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen: EU-Forum für den Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft“ (KOM(2009)0158),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 10. Mai 2006„Das Modernisierungsprogramm für Universitäten umsetzen: Bildung, Forschung und Innovation“ (KOM(2006)0208),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Lissabon vom 23. und 24. März 2000,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes in Anschluss an die Tagung des Europäischen Rates vom 13. und 14. März 2008, insbesondere auf den Abschnitt „Investieren in Menschen und Modernisieren der Arbeitsmärkte“,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes in Anschluss an die Tagung des Europäischen Rates vom 19. und 20. März 2009, insbesondere auf den Abschnitt „Vollen Nutzen aus der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ziehen“,

unter Hinweis auf die Entschließung des Rates vom 15. November 2007 zu den neuen Kompetenzen für neue Beschäftigungen (1),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“) (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2008 zum Thema „Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus“ (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. September 2008 zu dem Bologna-Prozess und der Mobilität der Studierenden (4),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 4. Dezember 2009 zum Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft (5) und die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 17. Dezember 2009 (6),

unter Hinweis auf die vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie zur weiteren Entwicklung des Dialogs zwischen Hochschule und Wirtschaft,

gestützt auf die Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung und der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A7-0108/2010),

A.

in der Erwägung, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 19. und 20. März 2009 die Mitgliedstaaten aufforderte, Partnerschaften zwischen Wirtschaft, Forschung sowie allgemeiner und beruflicher Bildung zu fördern,

B.

in der Erwägung, dass das Kommuniqué der Konferenz der für die Hochschulbildung zuständigen europäischen Minister vom 28. bis 29. April 2009 die Politik dazu auffordert, dass „der Wert der verschiedenen Aufgaben der Hochschulbildung – von der Lehre und Forschung über Dienste zugunsten der Gemeinschaft bis hin zum Engagement für den sozialen Zusammenhalt und die kulturelle Entwicklung – vollumfänglich anerkannt wird“,

C.

in der Erwägung, dass die Hochschulen in Anbetracht ihrer dreifachen Funktion (Bildung, Forschung und Innovation) eine wesentliche Rolle für die Zukunft der Europäischen Union und die Bildung ihrer Bürger übernehmen müssen, und in der Erwägung, dass die Funktion der Hochschulbildung darin besteht, eine Lernumgebung anzubieten, die die Selbstständigkeit, Kreativität und Nutzung von Wissen fördert,

D.

in der Erwägung, dass die Verantwortung für die Bildungspolitik Angelegenheit der Mitgliedstaaten bleibt, die für die Organisation, den Inhalt und die Reform ihrer Bildungssysteme verantwortlich sind,

E.

in der Erwägung, dass die unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Niveaus der Bürger in den verschiedenen Teilen Europas eine Angleichung der Bildungschancen aller Bürger der Europäischen Union sowie die Förderung mittelloser, begabter Jugendlicher erforderlich machen,

F.

in der Erwägung, dass die andauernde Wirtschaftskrise, die den Verlust von Arbeitsplätzen mit sich bringt, die Bedeutung einer hocheffektiven Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen und Wirtschaft erhöht,

G.

in der Erwägung, dass die Umsetzung, Koordinierung und Förderung eines abgestimmten Vorgehens aller Länder, die den Bologna-Prozess unterzeichnet haben, dringend erforderlich ist, insbesondere in Bezug auf die Mobilität der Studierenden und die umfassende Anerkennung von Diplomen, und dass dafür eine geeignete Bestandsaufnahme dieses Prozesses erforderlich ist, die die Schwierigkeiten und Hemmnisse aufzeigt,

H.

in der Erwägung, dass die Europäische Kommission eine wichtige Rolle bei der Erleichterung des Austauschs von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten der EU und den Nachbarstaaten der EU übernehmen muss,

I.

in der Erwägung, dass wegen des breiten Spektrums der Hochschuleinrichtungen, der Unternehmen und der Arten der Zusammenarbeit die Einigung auf ein ideales Kooperationsmodell, das den Profilen, Prioritäten und Anforderungen jeder Einrichtung in Europa entspricht, schwierig ist, in der Erwägung, dass die Autonomie der Hochschulen und die Möglichkeit der Auswahl des für ihre Zwecke bestgeeigneten Partnerschaftsmodells unter allen Umständen erhalten bleiben sollte,

J.

in der Erwägung, dass Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und sich daher der Staat seiner finanziellen Verantwortung nicht entziehen darf,

K.

in der Erwägung, dass die Hochschulbildung eine öffentliche Aufgabe bleibt und deshalb öffentliche Mittel für Hochschulen benötigt werden, um die gleichmäßige Finanzierung aller Fachrichtungen, d. h. auch der Geisteswissenschaften, zu gewährleisten; in der Erwägung, dass es wichtig ist, die Hochschulen finanziell (zum Beispiel durch Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor) zu unterstützen, während gleichzeitig ihre Autonomie und Qualitätssicherung zu gewährleisten sind,

L.

in der Erwägung, dass allgemeine und berufliche Bildung, die zum Erwerb der Grundlagen der allgemeinen und staatsbürgerlichen Kultur führen sollte, ein wichtiges Hilfsmittel der Heranführung strukturschwacher Regionen und über die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit hinaus wesentlich für die kulturelle und intellektuelle Vielfalt und staatsbürgerliches Leben ist,

M.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft von vielen EU-Programmen unterstützt, aber nicht immer zwischen den beteiligten Organen abgestimmt wird,

1.

begrüßt die oben genannte Mitteilung der Kommission „Eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen Europas: EU-Forum für den Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft“ und die Bereiche, die diese als Kern zukünftiger Zusammenarbeit vorschlägt;

2.

begrüßt die Mitteilung der Kommission, in der diese eine Bilanz der ersten drei Jahre der Arbeit des EU-Forums Hochschule und Wirtschaft zieht und zukünftige Aufgaben wie die Förderung von Innovation, Forschung, Unternehmertum und Wissenstransfer und die Steigerung der Attraktivität des europäischen Arbeitsmarkts für Nachwuchswissenschaftler benennt;

3.

räumt ein, dass die in der Mitteilung genannten Aufgaben nicht neu sind und dass sie bislang noch nicht erfolgreich angegangen wurden; glaubt jedoch, dass ein ständiger Dialog und eine fortgesetzte Zusammenarbeit auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene, die den Austausch bewährter Verfahren im Hinblick auf Programme und Instrumente einschließen, eine entscheidende Rolle spielen, um engere Beziehungen und Partnerschaften zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft herzustellen und auf diese Weise sowie mögliche Barrieren kultureller, institutioneller und funktionaler Art zu überwinden, eine wissensbasierte Gesellschaft aufzubauen, die angewandte Forschung zu entwickeln und Hochschulabsolventen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren;

4.

räumt ein, dass es große Unterschiede zwischen den europäischen Hochschulen hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Ressourcen, ihrer Lehr- und Forschungsbereiche, ihrer Organisationsweise, ihrer nationalen Prägung und ihres Typus gibt; ist jedoch der Überzeugung, dass jede Hochschule auf ihre eigene Art und Weise von einer nationalen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Wirtschaftskreisen profitieren kann, vorausgesetzt, es gibt ein klares Bewusstsein vom Entwicklungsstand der eigenen Kapazitäten in Forschung und Lehre; ist der Meinung, dass auch auf regionaler Ebene ein wichtiger Beitrag geleistet wird, um die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft zu fördern;

5.

begrüßt das Kommuniqué der Konferenz der für die Hochschulbildung zuständigen europäischen Minister vom 28. bis 29. April 2009 und das darin bekundete Engagement, sich „für die Ziele des Europäischen Hochschulraums einzusetzen, in dem die Hochschulbildung als eine vom Staat wahrzunehmende Aufgabe betrachtet wird und in dem alle Hochschulen mit ihrem vielfältigen Angebot auf die breit gefächerten Bedürfnisse der Gesellschaft eingehen“;

6.

unterstützt die Ansicht, dass der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Hochschuleinrichtungen ebenso wie der Dialog und die Zusammenarbeit mit allen anderen Bereichen der Gesellschaft eine der Prioritäten für die nahe Zukunft bleiben sollte, damit all diese Akteure von den kulturellen, wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen profitieren können, die von Hochschuleinrichtungen hervorgebracht und verbreitet werden; unterstreicht, dass die geistige und finanzielle Unabhängigkeit der Hochschulen gegenüber der Wirtschaft bestehen bleiben muss und kein Abhängigkeitsverhältnis der Hochschulen zur Wirtschaft entstehen darf; betont, dass die Hochschulen unter allen Umständen die Entscheidungshoheit über ihre Studienpläne und Leitungsstrukturen behalten sollten;

7.

fordert Bewusstseinsschärfung und konkrete Maßnahmen der Mitgliedstaaten, in denen die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen die Bemühungen der Hochschulen um Zusammenarbeit mit der Wirtschaft noch immer nicht belohnen oder sogar hemmen;

8.

betont, dass der Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft nicht nur auf den Bildungsbereich Mathematik, Wissenschaft und Technologie (MWT) ausgerichtet sein sollte, sondern alle Fachbereiche, beispielsweise die Geisteswissenschaften, umfassen sollte;

9.

ist der Auffassung, dass die Interdisziplinarität und Transdisziplinarität der Bildungs- und Forschungsprogramme ebenso zu stärken sind wie die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und dass aus dieser Sicht die IKT ein wesentliches Instrument darstellen;

10.

fordert eine Leistungssteigerung der europäischen Hochschulen durch die Umsetzung des Grundsatzes des Wissensdreiecks (Forschung – Bildung – Innovation) unter Berücksichtigung der Notwendigkeit besserer Verbindungen zwischen Wirtschaft und Hochschulen, wie das Beispiel der Wissens- und Innovationsgemeinschaften (KIC) am Europäischen Innovations- und Technologieinstitut (EIT) verdeutlicht; fordert die Hochschulen gleichzeitig dazu auf, in ihren Forschungs- und Innovationsprogrammen die soziale und wirtschaftliche Umgebung innerhalb ihres Haupteinflussbereiches zu berücksichtigen;

11.

betont, dass durch eine Vertiefung des Dialogs und eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen der potentielle Nutzen für beide Seiten steigt, da dies nicht nur das wirtschaftliche Wachstum anregt, sondern auch die ständige Weiterentwicklung der Wissensgesellschaft voranbringt und damit Mehrwert in einem umfassenderen gesellschaftlichen Sinn schafft;

12.

betont, dass in diesem Zusammenhang die Ausweitung des Dialogs und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen gleichermaßen nützlich wäre sowohl für die Vertiefung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und nationalen, europäischen und internationalen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen als auch für die Verbesserung der Interaktion zwischen Hochschulen und der Gesellschaft im Allgemeinen;

13.

fordert nationale, regionale und lokale Behörden auf, in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor Verfahren zu testen und zu finanzieren, die die Interaktion zwischen Hochschulen und Unternehmen verstärken, und administrative Hindernisse, die dem entgegenstehen, zu beseitigen; weist darauf hin, dass in der Verordnung über die Strukturfonds vorgesehen ist, Fördersystemen für KMU finanzielle Unterstützung zu gewähren, ähnlich wie beim „Wissensgutscheinsystem“, das in einigen Mitgliedstaaten angewendet wird;

14.

schlägt vor, dass ein besonderer Schwerpunkt darauf gelegt werden sollte, durch mehr öffentliche Gelder und weniger Bürokratie sicherzustellen, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Zugang zur Hochschulbildung und -forschung haben;

15.

betont die Notwendigkeit der Würdigung von und Anreizschaffung für Untersuchung und Forschung nicht nur in wissenschaftlichen und technischen Bereichen, sondern auch in gesellschafts- und geisteswissenschaftlichen Bereichen, in denen wertvolles Wissen für die moderne Wirtschaft bereitgestellt wird;

16.

unterstützt die Rolle kleiner und mittlerer Forschungsprojekte gegenüber Exzellenznetzen auf der Grundlage integrierter Großprojekte;

17.

ruft Unternehmen und Hochschulen auf, im gemeinsamen Handeln darauf hinzuwirken, dass die an einigen Hochschulfakultäten unausgewogene Geschlechterverteilung ausgeglichen wird;

Lebenslanges Lernen

18.

erinnert an die Bedeutung der Definition des lebenslangen Lernens und die zahlreichen davon erfassten Konzepte, die von der allgemeinen Bildung bis hin zu nicht-formalem und informellem Lernen sowie wirtschaftlicher, sozialer, kultureller, staatsbürgerlicher und beruflicher Aus- und Weiterbildung reichen;

19.

betont, dass lebenslanges Lernen ein ständiger Kontakt nicht nur mit allgemeiner und beruflicher Bildung, sondern auch mit Kultur ist und dass es deshalb für die EU von zentraler Bedeutung ist, Sorge dafür zu tragen, dass die Einbeziehung der Geisteswissenschaften in die Bildungspläne von den Mitgliedstaaten unterstützt und von den öffentlichen Hochschulen beibehalten und gefördert wird;

20.

erinnert daran, dass eine der Hauptaussagen die Erhöhung der Investitionen in die Humanressourcen Europas ist, um dem wichtigsten Gut der EU – den Menschen, die sich den ständig ändernden Bedingungen des Arbeitsmarktes anpassen können – Vorrang einzuräumen;

21.

weist auf die Notwendigkeit hin, Angebote für lebenslanges Lernen so weit wie möglich an die Bedürfnisse des Einzelnen und benachteiligter sozialer Gruppen sowie des Arbeitsmarktes anzupassen, und betont, dass die sich beständig ändernde Art dieser Bedürfnisse ständige Weiterbildung zu einer unvermeidlichen Notwendigkeit macht, und legt dabei besonderes Augenmerk auf die damit zusammenhängenden sozialen und finanziellen Herausforderungen; erinnert daran, dass es keinen „Arbeitsplatz auf Lebenszeit“ mehr gibt und dass Schulung und Umschulung von wesentlicher Bedeutung sind; bekräftigt, dass vorteilhafte Bedingungen geschaffen werden müssen, um eine positive Lernhaltung von Kindheit an zu begünstigen;

22.

betont, dass lebenslanges Lernen, Information, Fort- und Weiterbildung nicht nur wichtige Qualifikationen für den Arbeitsmarkt liefern, sondern auch Voraussetzungen für geistige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung darstellen;

23.

betont die Bedeutung der Schaffung und Förderung fortschrittlicher Techniken lebenslangen Lernens durch das Internet, damit die Ausbildung hauptsächlich für Arbeitnehmer in Unternehmen direkter und weniger zeitraubend wird;

24.

fordert die Hochschulen angesichts des demografischen Wandels in Europa (in eine alternde Gesellschaft) und angesichts der sich wandelnden Arbeitsmarktbedingungen infolge der Wirtschafts-, Gesellschafts- und Beschäftigungskrise auf, den Zugang zum Lernen zu verbreitern und die Studienpläne entsprechend den neuen Herausforderungen zu modernisieren, um die Befähigungen der europäischen Arbeitskräfte zu verbessern;

25.

fordert angesichts der Tatsache, dass die Bildung eines der wichtigsten und wirksamsten Mittel für die soziale Eingliederung und den Kampf gegen Armut und Ungleichheit ist, die Hochschulen ferner auf, den Zugang zum Lernen und zu internationalen Austauschprogrammen auch für Menschen mit Behinderungen zu verbreitern;

26.

bekräftigt die Bedeutung der Übermittlung und des Austausches von Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen der Erwachsenen als ein Mittel der Begleitung jüngerer Generationen in den Arbeitsmarkt (beispielsweise durch Mentor-Systeme);

27.

schlägt die weitergehende Verwendung neuer Bildungsmethoden mit vorrangiger Ausrichtung auf experimentelles Lernen, Fernlernen, e-Learning und Mischformen des Lernens vor;

28.

betont, dass eine bessere Lernkultur geschaffen, gefördert und verstärkt werden muss und dass Weiterbildung und Umschulung in allen Lebensphasen wichtig für die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa ist;

29.

betont die Notwendigkeit, der Förderung der Anpassungsfähigkeit an den sich ändernden Arbeitsmarkt als einem vorrangigen Ziel der Europäischen Union, insbesondere angesichts der gegenwärtigen Rezession, mehr Raum einzuräumen, indem lebenslanges Lernen gefördert wird, insbesondere durch die Entwicklung von Fernlehrgängen, die in erster Linie zugeschnitten sind auf neue Technologien und auf Personen, die älter als 45 Jahre sind, da diese in einer schwächeren Position und am ehesten durch soziale Ausgrenzung gefährdet sind;

30.

ermutigt die Unternehmen, ihren Angestellten mehr Anreize für Weiterbildungen zu bieten, zum Beispiel durch ständige Seminare und Beihilfen für Aufbaustudien;

31.

schlägt einen neuen Ansatz für die Begleitung durch das Leben vor, mit der die Hochschulen, die Studierenden und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kreise in ihrer ganzen Vielfalt von der persönlicheren Betreuung junger Hochschulabsolventen zur Bewertung des sozialen und wirtschaftlichen Nutzens von Bildungsprogrammen profitieren würden;

32.

erinnert an die Notwendigkeit einer weiteren Erhöhung der Attraktivität und Verfügbarkeit virtueller Lernangebote;

Mobilität, Partnerschaften und Lehrpläne

33.

bekräftigt, dass Mobilität ein Eckstein des Europäischen Hochschulraumes ist, in dem europäische Hochschulen aufgefordert sind, innovative, weit reichende und methodische Studienplanreformen durchzuführen; bekräftigt, dass dies im Zusammenhang mit der Neubestimmung der wichtigsten Ziele des Bologna-Prozesses nach 2010 politisch vorrangig sein sollte;

34.

betont, dass die Mobilität zwischen Ländern sowie zwischen Hochschulen und Wirtschaft ein Schlüssel zur engeren Zusammenarbeit zwischen den beiden Welten ist;

35.

ersucht die Kommission, einen Rechtsrahmen vorzuschlagen, der die Mobilität zwischen Hochschule und Wirtschaft sowie zwischen Studierenden und Dozenten unterstützt und vereinfacht sowie die Notwendigkeit der Anerkennung und Zertifizierung dieser Art des Lernens und Lehrens unterstreicht;

36.

setzt sich nicht nur für den Ausbau und die Ausweitung von Programmen zur Förderung der individuellen Mobilität, wie zum Beispiel „Erasmus für junge Unternehmer“ und „Erasmus für Auszubildende“, ein, sondern auch für die Organisation von „European Master of Excellence“-Aufbaustudiengängen, an denen sich sowohl verschiedene Hochschulen als auch Unternehmen aktiv beteiligen und im Rahmen derer Stipendien für Studenten und materielle Anreize für Wissenschaftler vorgesehen werden; ist davon überzeugt, dass solche Programme auch die Mobilität, das Erlernen von Fremdsprachen und den Erwerb multikultureller und unternehmerischer Erfahrungen fördern können;

37.

betont die Notwendigkeit, dass von Hochschuleinrichtungen angesichts der überragenden Bedeutung des Erwerbs neuer Sprachen für die Förderung und Unterstützung der Mobilität und des Austauschs von Studierenden, Forschern, Lehrern und Angehörigen der Wirtschaft mehr Möglichkeiten zum Erlernen anderer Sprachen außerhalb der Studienpläne vorzusehen sind;

38.

fordert die Hochschulen zur Auslotung neuer Methoden der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft auf, insbesondere durch gemeinsame öffentlich-private Innovationsfonds, um die Mobilität in allen Bereichen zu verbessern;

39.

unterstreicht die Notwendigkeit, dass Studenten Fähigkeiten im Bereich neuer Technologien erwerben, damit sich ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz erhöhen;

40.

schlägt unter Hinweis auf bewährte Methoden anderer Länder im Bereich des Schulwesens vor, die nicht zur Europäischen Union gehörenden Länder zur Teilnahme am EU-Forum einzuladen, um ihre Erfahrungen und Bedenken zu teilen und zu diskutieren, wobei diese Diskussionen sich auf bestimmte Ziele, Terminologie und Konzepte stützen sowie auf bestimmte Tätigkeitsbereiche konzentrieren sollten;

41.

betont die Notwendigkeit einer angemessenen Aus- und Weiterbildung von Lehrern, die im Rahmen des Unterrichts Wissen über unternehmerische Initiative vermitteln; unterstützt die Idee, Unternehmenskultur in die Lehrpläne einzubeziehen (bereits früh mit Lehrplänen für die Grundschulbildung beginnend);

42.

ermutigt die Wirtschaft, aktiv an der Erarbeitung von Unterrichtsmaterial zur Funktionsweise unternehmerischen Handelns, das auf allen Bildungsstufen zur Verfügung gestellt werden sollte, teilzunehmen, wobei die Bildungseinrichtungen autonom über deren Einsatz entscheiden können, und regelmäßig die Beschäftigungsmöglichkeiten, die sie Studierenden anbieten können, vorzustellen;

43.

ermutigt die Wirtschaft, sich an der Anpassung von Studienplänen durch die Initiierung und Finanzierung von spezifischen Kursen zu beteiligen, um die Studenten mit unternehmerischen Anforderungen vertraut zu machen;

44.

fordert, die Mitarbeit von Hochschullehrern in den Unternehmen und ebenso die Mitarbeit von Unternehmern in den Universitäten zu erproben und zu fördern;

45.

betont die Bedeutung der neuen Technologien, die die Mobilität und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Studierenden, Lehrkräften und Forschern erleichtern;

46.

erinnert daran, dass für junge Hochschulabsolventen das Unternehmertum mit Erwerbszweck in seinen verschiedenen Formen als eine der beruflichen Alternativen zu erwägen ist und dass es zwingend notwendig ist, dass Hochschuleinrichtungen ihren Studierenden vertiefte Kenntnisse über alle unternehmerischen Formen einschließlich Sozial- und Solidarwirtschaft vermitteln, indem sie die Studierenden beispielsweise ermutigen, ihre eigenen ausgegliederten Unternehmen zu gründen;

47.

betont, dass der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft auf Gegenseitigkeit, Vertrauen, wechselseitigem Respekt und Transparenz beruhen und den Unternehmergeist an Hochschulen und wissensbasiertes Handeln in Unternehmen stärken soll; betont erneut, dass dies beispielsweise durch die Einführung eines „Wissensgutscheinsystems“, das in einigen Mitgliedstaaten gegenwärtig angewendet wird und wodurch vor allem die KMU ihre Forschungskapazitäten erweitern können, erreicht werden kann, ohne die Unabhängigkeit, Autonomie und den Charakter der Hochschulen als öffentliche Einrichtungen zu beeinträchtigen;

48.

erkennt an, dass die multidisziplinäre Herangehensweise an Wissen in Lehre und Forschung verstärkt werden muss; ist daher der Ansicht, dass sowohl Hochschulen als auch Unternehmen von der gemeinsamen Entwicklung multi- und interdisziplinärer sowie unternehmerischer Fähigkeiten profitieren würden, wenn man bei der Konzeption von Studiengängen, Fachgebieten und Spezialisierungen flexibel auf die Bedürfnisse der Wirtschaft, darunter auch auf die kleiner und mittlerer Unternehmen, eingehen würde; hebt erfolgreiche Initiativen wie Praktika für Studierende und Angestellte, Gastprofessuren für Unternehmer, duale Kurse und gemeinsames Personal hervor;

49.

betont, dass es für die Entwicklung des Unternehmergeists von Studenten von Bedeutung ist, dass alle beteiligten Personen (wissenschaftliche Mitarbeiter, Studierende und Geschäftsleute) gut über die Instrumente und Mechanismen informiert sind, die sie nützen können, um die Zusammenarbeit effizienter, effektiver und zu beiderseitigem Nutzen auszubauen; ist der Überzeugung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass einerseits die Ausbildung der Hochschullehrer in diesem Bereich durch Maßnahmen wie lebenslanges Lernen verbessert wird und dass andererseits die Universitäten ihre Türen für Unternehmen und Arbeitgeber öffnen, damit diese Empfehlungen zu Lehrinhalten und der Ausbildung, den Kenntnissen und den Fähigkeiten geben können, die Studierende besitzen sollten;

50.

empfiehlt die vollständige institutionelle Konsolidierung der universitären Berufsberatungsbüros, ihren weiteren Ausbau und eine engere Verknüpfung mit dem Arbeitsmarkt;

51.

betont, dass es wichtig ist, Möglichkeiten für betriebliche Praktika in Unternehmen als Teil des Studienplans – insbesondere für Studierenden an Hochschulen – umfassend bereitzustellen und diese finanziell oder im Rahmen des „Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen“ zu vergüten;

52.

fordert die Kommission auf, ein Europäisches „Doktoren in der Industrie-Programm“ vergleichbar mit den in Europa bestehenden Programmen als Teil der Marie-Curie-Maßnahmen innerhalb des Rahmenprogramms ins Leben zu rufen, um gezielte und bezahlbare Forschung für europäische Unternehmen sowie Zuarbeiten aus der Wirtschaft für europäische Hochschulen zu unterstützen;

53.

schlägt vor, dass die Unternehmensverbände mit den Hochschulen zusammenarbeiten, um Studienpläne aufzustellen, die eine rasche Anpassung der Studierenden an die Unternehmenswelt ermöglichen;

54.

betont, dass es wichtig ist, dass Unternehmen Hochschulen finanziell unterstützen, und ermutigt Unternehmen, Stipendien zu gewähren, die es den Studierenden ermöglichen, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerrben, die auf dem Arbeitsmarkt besonders wertvoll sind;

55.

unterstreicht den grundlegenden Wert, den die Weitergabe des aus der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft gewonnenen Wissens sowie der Ergebnisse dieser Zusammenarbeit an die Gesellschaft hat;

56.

fordert Unternehmen auf, ihre Unterstützung für junge Talente über Stipendien zu verstärken;

Forschung

57.

betont die Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre Aufnahmefähigkeit für die Nutzung und Umwandlung wissenschaftlicher Erkenntnisse, die von Hochschulen hervorgebracht werden, vergrößern, indem sie interne Forschung, lebenslanges Lernen und Weiterbildung fördern, der Wissenschaftswelt gegenüber eine aktive Informationspolitik hinsichtlich ihrer Bedürfnisse betreiben sowie promovierte und habilitierte Wissenschaftler aktiv einstellen;

58.

betont den Bedarf von Forschungseinrichtungen an qualifiziertem Personal, das in der Lage ist, Wissensressourcen mit kommerziellem Potenzial zu identifizieren und zu verwalten;

59.

misst dem Wissenstransfer in einem offenen Umfeld große Bedeutung bei; erkennt an, dass es verschiedene Instrumente gibt, um dies zu erreichen, z. B. Publikationen und Seminare, Technologietransferstellen, regionale Zusammenarbeit, Förderung von Unternehmensneugründungen und Neugründungen aus Forschungsinstituten, Zusammenarbeit in der Forschung und Mobilität von Wissenschaftlern; ist jedoch der Überzeugung, dass die soziale und menschliche Seite der Zusammenarbeit außerordentlich wichtig ist, und unterstützt daher nachdrücklich Initiativen, die persönliche Kontakte zwischen Hochschulen und Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, fördern;

60.

begrüßt die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Netzwerks von Gründer- und Innovationszentren, das die Dienstleistungen bündelt, die gegenwärtig die Euro-Info-Zentren (EIC) und Innovationszentren (IRC) anbieten;

61.

sieht sowohl kurz- als auch langfristig eine größere Mobilität der Wissenschaftler über nationale Grenzen hinweg sowie zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – unter angemessener Berücksichtigung des Nichtdiskriminierungsgrundsatzes – als erforderlich an, um den Wissenstransfer zu verstärken; fordert daher die Mitgliedstaaten und die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die vorhandenen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sorgfältig zu überprüfen und unnötige Mobilitätsbarrieren zu beseitigen, wobei besonderes Augenmerk auf die Verfahren zur Anerkennung von Hochschulabschlüssen und den Abbau von Bürokratie gelegt werden sollte; fordert die Hochschulen auf, flexiblere und parallele Laufbahnen für ihr Personal einzuführen;

62.

fordert die Kommission auf, Anreize für die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen EU-Marktes für die Rechte am geistigen Eigentum zu schaffen, der es Hochschulen, öffentlichen Forschungseinrichtungen und KMU ermöglichen würde, Partner und Investoren für ihre Rechte am geistigem Eigentum, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen zu finden; weist darauf hin, dass die Verwaltung von Rechten am geistigem Eigentum an den meisten Hochschulen professioneller gehandhabt werden könnte;

63.

betont die Notwendigkeit, die Bemühungen um die Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Patents, das insbesondere KMU kostengünstigen, effizienten, wirksamen und qualitativ hochwertigen Rechtsschutz für innovative Produkte und Dienstleistungen bietet, und eines einheitlichen europäischen Systems für die Beilegung von Streitigkeiten in Patentfragen zu intensivieren;

64.

weist darauf hin, dass die gemeinsame Teilnahme von Hochschulen und Unternehmen an öffentlich-privaten Partnerschaften, wie den Europäischen Technologieplattformen, gemeinsamen Technologieinitiativen und Wissens- und Innovationsgemeinschaften, die Nutzung von Wissen verstärken und der EU helfen kann, die großen Herausforderungen zu bewältigen; verweist in diesem Zusammenhang auf den Leitfaden der Initiative „Responsible Partnering“ (Verantwortungspartnerschaften);

65.

erkennt zwar an, dass jede Zusammenarbeit eine individuelle Herangehensweise erforderlich macht und verschiedene Arten von Kooperationsmechanismen existieren, ist jedoch der Auffassung, dass man von erfolgreichen Strukturen, Beispielen, Vorzeigeprojekten und Modellen lernen kann und dass die Verbreitung von Beispielen für bewährte Verfahren und Erfolgsgeschichten verstärkt und der Zugang dazu verbessert werden sollten; betont besonders die Notwendigkeit, bewährte Verfahren, die von innovativen Unternehmen umgesetzt wurden, sowie Wissen, das im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms für Forschung hinsichtlich der Zusammenarbeit in der Doktorandenausbildung erlangt wurde, zu berücksichtigen;

66.

ist der Ansicht, dass – wenn die Beziehungen zwischen Unternehmen, Forschung und Hochschulen gefördert werden sollen – die Mitgliedstaaten ebenso wie die Kommission günstigere Bedingungen für Stiftungen, Kliniken, öffentliche und private Universitäten schaffen müssen, damit diese sich in den Ausbildungsprozess und in die der Forschungsförderung einbringen können.

Bewährte Verfahren

67.

stellt fest und begrüßt Beispiele bewährter Verfahren innerhalb und außerhalb der EU, die den Wert dieser Art von Zusammenarbeit für alle Beteiligten zeigen, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Beispiele benötigt werden, um zur Entwicklung angemessener Bedingungen für den Dialog und zur Verbesserung der Erfolgsaussichten beizutragen;

68.

begrüßt die Initiative der Kommission, ein Verzeichnis bewährter Verfahren anzulegen, und ersucht die Kommission, dieses Verzeichnis allen interessierten Parteien durch Verbreitung aller neuartigen Verfahren zur Verfügung zu stellen;

69.

fordert die Kommission auf, neue Formen einer strukturierten Partnerschaft zwischen Unternehmen, Hochschulen und anderen Bildungs- und Ausbildungsbereichen, insbesondere weiterführende Schulen und Einrichtungen für berufliche Bildung, zu fördern, auch mit dem Ziel der Fortbildung der Dozenten, wobei auch Branchenorganisationen diese Partnerschaften einbezogen werden können;

70.

schlägt die Einrichtung einer Website zum Austausch und zur Verbreitung von Erfahrungen und für die Kommunikation vor, die sich auf den Austausch bewährter Verfahren konzentriert und den Besuchern Ideen, konkrete Instrumente und Mechanismen für die Ausarbeitung und die Umsetzung von Kooperationsprojekten an die Hand gibt, und weist darauf hin, welche wichtige Rolle die Nutzung neuer Technologien bei der Förderung einer engeren Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen spielt;

71.

schlägt auf der Grundlage der bereits in einigen Mitgliedstaaten existierenden bewährten Verfahren die Einrichtung eines Europäischen Tags der jungen Erfinder, d. h. für Innovationen, Erfindungen oder Patente junger Europäer, vor;

72.

ermutigt die Kommission, die Förderung des Dialogs auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene mit einem Schwerpunkt auf bewährten Verfahren fortzusetzen, wobei sicherzustellen ist, dass an diesem Dialog alle interessierten Parteien (zum Beispiel die Sozialpartner) und alle Unternehmensformen (KMU, sozial- und solidarwirtschaftliche Unternehmen usw.), aber auch Vertreter von Drittländern (NRO usw.) beteiligt sind, um den wirtschaftlichen und sozialen Mehrwert der Zusammenarbeit zwischen den beiden Welten Hochschule und Wirtschaft hervorzuheben;

73.

fordert die Kommission auf, zur Gewährleistung der Konsistenz der Maßnahmen der EU und zur Vermeidung von Doppelarbeit eine GD-übergreifende „Task Force“ einzurichten und Synergien zwischen diesem Dialog und anderen Initiativen zu entwickeln, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Diskussionen sowohl politische Prioritäten als auch Finanzierungsmöglichkeiten beinhalten sollten;

*

* *

74.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 290 vom 4.12.2007, S. 1.

(2)  ABl. C 119 vom 28.5.2009, S. 2.

(3)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0013.

(4)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0423.

(5)  CdR 157/2009 endg.

(6)  SOC/347.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/104


Donnerstag, 20. Mai 2010
Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union

P7_TA(2010)0189

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu der Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union (2009/2243(INI))

2011/C 161 E/16

Das Europäische Parlament,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere die Titel XVII, XVIII und XIX,

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (1),

unter Hinweis auf die Entscheidung 2006/702/EG des Rates vom 6. Oktober 2006 über strategische Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft (2),

unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 über das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013) (3),

unter Hinweis auf den Beschluss Nr.1639/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013) (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2007 zu dem Beitrag der künftigen Regionalpolitik zur Innovationsfähigkeit der Europäischen Union (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Mai 2007 zu dem Thema „Kenntnisse in die Praxis umsetzen: Eine breit angelegte Innovationsstrategie für die EU“ (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zu dem Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt und zum Stand der Diskussion über die künftige Reform der Kohäsionspolitik (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zu bewährten Methoden im Bereich der Regionalpolitik und Hindernissen bei der Inanspruchnahme der Strukturfonds (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zur Umsetzung der Verordnung für die Strukturfonds 2007-2013: Ergebnisse der Verhandlungen über kohäsionspolitische Strategien und operationelle Programme (9),

unter Hinweis auf die vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie „Synergies between the EU 7th Research Framework Programme, the Competitiveness and Innovation Framework Programme and the Structural Funds“ (Synergien zwischen dem Siebten Forschungsrahmenprogramm, dem Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und den Strukturfonds),

unter Hinweis auf die vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie „Moving towards a territorialisation of European R&D and Innovation policies“ (Auf dem Weg zu einer Territorialisierung europäischer Maßnahmen im Bereich FuE und Innovation),

unter Hinweis auf die vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie „Structural Funds’ support for innovation – implementation challenges for 2007 - 2013 and beyond“ (Förderung der Innovation durch die Strukturfonds – Herausforderungen bei der Umsetzung im Zeitraum von 2007 - 2013 und darüber hinaus),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. August 2007„Wettbewerbsfähige europäische Regionen durch Forschung und Innovation - Ein Beitrag zu mehr Wachstum sowie zur qualitativen und quantitativen Verbesserung der Beschäftigungslage“ (KOM(2007)0474),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2007 zur Umsetzung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung durch die Mitgliedstaaten und Regionen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik, 2007-2013 (KOM(2007)0798),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Mai 2008 zu den Ergebnissen der Verhandlungen über kohäsionspolitische Strategien und Programme im Programmplanungszeitraum 2007-2013 (KOM(2008)0301),

unter Hinweis auf den 20. Jahresbericht der Kommission vom 21. Dezember 2009 über die Durchführung der Strukturfonds (2008) (KOM(2009)0617),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission vom 14. November 2007„Regions delivering innovation through cohesion policy“ (Verwirklichung der Innovation durch die Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik) (SEK(2007)1547),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommission vom 24. November 2009 zur Konsultation über die künftige EU-Strategie bis 2020 (KOM(2009)0647),

unter Hinweis auf den fünften Zwischenbericht der Kommission vom 19. Juni 2008 über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt – Wachsende Regionen, wachsendes Europa (KOM(2008)0371) (Fünfter Zwischenbericht),

unter Hinweis auf den sechsten Zwischenbericht der Kommission vom 25. Juni 2009 über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt – Kreative und innovative Regionen (KOM(2009)0295) (Sechster Zwischenbericht),

unter Hinweis auf den Vermerk des Ausschusses für wissenschaftliche und technische Forschung (Crest) vom 4. Dezember 2006 zum Bericht „Lessons for R&D policies on the basis of the national reform programmes and the 2006 Progress Reports“ (Lehren für die FuE-Politik auf Grundlage der nationalen Reformprogramme und der Zwischenberichte 2006) (CREST1211/06),

unter Hinweis auf den Leitfaden der Kommission „Wettbewerbsfähige europäische Regionen durch Forschung und Entwicklung – Praktischer Leitfaden für Fördermöglichkeiten der EU im Bereich Forschung und Innovation“,

unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen „European Roadmap for Research Infrastructures Report 2006“ (Bericht 2006 über den Europäischen Fahrplan für Forschungsinfrastrukturen),

unter Hinweis auf den im Auftrag der Kommission erstellten unabhängigen Bericht „An Agenda for a Reformed Cohesion Policy“ (Eine Agenda für eine reformierte Kohäsionspolitik) (Bericht Fabrizio Barca) (2009),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung und der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A7-0138/2010),

A.

in der Erwägung, dass die erneuerte Lissabon-Strategie der Forschung und Innovation hohe Priorität einräumt, um auf Herausforderungen wie den Klimawandel und den wachsenden globalen Wettbewerb zu reagieren; in der Erwägung, dass in der Zeit nach der Krise die Neubelebung von Wachstum und Beschäftigung durch Forschung und Innovation immer wichtiger wird und dies ein Kernziel der vorgeschlagenen EU-Strategie für 2020 darstellt,

B.

in der Erwägung, dass die Durchführung von Forschung und Innovation für alle sozialen Schichten notwendig sind und ihr Ziel darin bestehen muss, die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen für die Bevölkerung zu verbessern,

C.

in der Erwägung, dass die europäische Förderung für Forschung und Innovation überwiegend durch die Forschungs-, Innovations- und Kohäsionspolitik erfolgt, deren Hauptinstrumente die Strukturfonds, das Siebte Forschungsrahmenprogramm (RP7) und das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) bilden,

D.

in der Erwägung, dass die Kohäsionspolitik eine wesentliche Säule im Prozess der europäischen Integration und eine der erfolgreichsten EU-Politiken ist, die die Konvergenz zwischen sich immer stärker unterscheidenden Regionen erleichtert und Wachstum und Beschäftigung neu belebt,

E.

in der Erwägung, dass sich Innovation aufgrund der Nähe der Handlungstragenden (Universitäten, öffentliche Forschungseinrichtungen und Industrie), die Partnerschaften für die Zwecke des Wissenstransfers und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Regionen begünstigen, am wirksamsten auf regionaler Ebene fördern lässt,

F.

in der Erwägung, dass die zweite strategische Kohäsionsleitlinie der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013 auf die Förderung von Wissen und Innovation für Wachstum Bezug nimmt und dementsprechend 25 % der Gesamtausstattung in den Haushalt eingestellt wurden,

G.

in der Erwägung, dass die Komplexität der heutigen Herausforderungen einen integrierten Mix aus diesen Politikbereichen verlangt; in der Erwägung, dass die Wissensgesellschaft mehr als die einfache Zusammenführung der Tätigkeiten verschiedener Bereiche verlangt, da eine Synergie zwischen den verschiedenen Akteuren und Instrumenten von ausschlaggebender Bedeutung ist, damit sie sich gegenseitig verstärken, die nachhaltige Durchführung von Forschungs- und Innovationsprojekten unterstützen und eine bessere Verwertung von Forschungsergebnissen in Form von konkreten Produktideen in den Regionen bewirken,

H.

in der Erwägung, dass sich zwar einige Bestandteile der Architektur dieser Instrumente, so z. B. die Übereinstimmung mit dem Zeitrahmen und der Ausrichtung der Lissabon-Agenda, für Synergien eignen, dass jedoch nach wie vor Unterschiede bestehen, so etwa unterschiedliche Rechtsgrundlagen, ein thematischer im Gegensatz zu einem territorialen Schwerpunkt sowie geteilte im Gegensatz zu zentraler Verwaltung,

Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Forschungs- und Innovationsziele

1.

erkennt an, dass alle Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2007-2013 entsprechend der zweiten strategischen Kohäsionsleitlinie der Gemeinschaft einen erheblichen Anteil ihrer Gesamtmittelausstattung für FuE, Innovation und die Entwicklung einer wissensbasierten Gesellschaft verwendet haben und dadurch 246 nationale oder regionale operationelle Programme zustande gekommen sind, in deren Rahmen rund 86 Milliarden EUR für Forschung und Innovation bereitgestellt wurden, wovon 50 Milliarden EUR bereits für Grundlagenforschung und technologische Entwicklung (F&E) und Innovation zugewiesen wurden; nimmt zur Kenntnis, dass die Kohäsionspolitik zu einer wichtigen Quelle der europäischen Unterstützung für diesen Bereich geworden ist und dass die dafür aufgewandten Mittel der Ausstattung des RP7 (50,5 Milliarden EUR) und des CIP (3,6 Milliarden EUR) gleichkommen; stellt fest, dass es sinnvoll und möglich wäre, quantitative Ziele für die Beträge festzulegen, die für Ausgaben in den Bereichen Forschung und Entwicklung bereitgestellt werden;

2.

begrüßt, dass es neue Finanzierungsmethoden gibt, und unterstreicht die erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten, die innovativen Unternehmen mit der Initiative JEREMIE sowie der Finanzierungsfazilität mit Risikoteilung der Kommission und der Europäischen Investitionsbank-Gruppe geboten werden; empfiehlt regionalen Akteuren, diese neuen Möglichkeiten zusätzlich zu Strukturfondsmitteln zu nutzen; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer wirksamen Koordinierung öffentlicher und privater Investitionen;

3.

erwartet den in Artikel 30 Absatz 2 der allgemeinen Verordnung angekündigten Strategiebericht der Kommission; ist der Auffassung, dass der Bericht eine umfassende Übersicht über die Leistungen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Ziele für den Zeitraum 2007 - 2009 geben und die Grundlage für eine Erörterung der Zukunftsaussichten der Kohäsionspolitik bilden wird;

4.

bekräftigt die Notwendigkeit eines integrierten Mehrebenen-Governance-Ansatzes für bestimmte Politiken in der EU; betont, dass ein funktionales Mehrebenen-Governance-System Voraussetzung für die Festlegung und wirksame Umsetzung von Zweckbindungszielen ist; weist darauf hin, dass die Zuständigkeit für die Durchführung der Strukturfonds bei den nationalen und regionalen Behörden liegt, während das CIP und das RP7 zentral von der Kommission verwaltet werden; berücksichtigt die Verschiedenheit der Verwaltungssysteme auf Ebene der Mitgliedstaaten und vertritt die Auffassung, dass nach der Beschlussfassungsebene gesucht werden sollte, die für die Bürger am effizientesten ist;

5.

hält es für wichtig, die Gemeinschaftspolitiken, die bei der Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kohäsion eine Rolle spielen, zu koordinieren; hält es für erforderlich, die territorialen Auswirkungen dieser Politiken und ihre Auswirkungen auf den Zusammenhalt besser zu analysieren, um wirksame Synergien zu fördern und EU-weit die besten Maßnahmen zu ermitteln und zu fördern, um Investitionen in die Innovation auf lokaler und regionaler Ebene zu unterstützen; erinnert daran, dass die unterschiedliche sozioökonomische Situation dreier Arten von Regionen (Konvergenzregion, Übergangsgebiet, wettbewerbsfähige Region) und die unterschiedliche kreative, innovative und unternehmerische Fähigkeit berücksichtigt werden müssen; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass Investitionen in die Forschung und Entwicklung sowie in Innovation, Bildung und Technologie bei effektivem Einsatz der Mittel sowohl den traditionellen Sektoren und ländlichen Gebieten Nutzen bringen wird wie auch den Wirtschaftszweigen, die hochqualifizierte Dienstleistungen erbringen und daher den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt stärken werden;

6.

betont das große Potenzial der Städte in den Bereichen Forschung und Innovation; ist der Auffassung, dass eine intelligentere Städtepolitik auf der Grundlage technischer Fortschritte und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die europäische Bevölkerung zu 80 % in den Städten lebt und sich dort die größten sozialen Unterschiede konzentrieren, zu nachhaltigem wirtschaftlichen Wachstum beitragen würde; fordert deshalb, die städtische Dimension in künftigen kohäsionspolitischen Maßnahmen stärker zu berücksichtigen;

Synergien zwischen Strukturfonds, RP7 und CIP

7.

erkennt an, dass die Kohäsionspolitik dank der Zweckbindungsbestimmungen für 2007-2013 besser darauf eingestellt ist, Synergien mit der Forschungs- und der Innovationspolitik zu schaffen, und dass gleichzeitig die territoriale Dimension im RP7 und CIP zunehmend an Bedeutung gewinnt; fordert, einen strafferen ergebnisorientierten Zweckbindungsmechanismus mit einem stärkeren thematischen Schwerpunkt in Betracht zu ziehen, der geeignete politische Maßnahmen als Antwort auf die neuen Herausforderungen zulässt;

8.

stellt fest, dass die Ausgaben für FuEuI des Rahmenprogramms nach den Exzellenzkriterien verteilt werden, was einen wettbewerbsbetonteren Zugang für die Beteiligten bedeutet und hohe technische Fähigkeiten sowie eine umfassende Kenntnis der administrativen und finanziellen Verfahren erfordert; betont, dass sich im Ergebnis dessen eine hohe räumliche Konzentration in Wirtschaftsclustern und hoch entwickelten Regionen der Gemeinschaft beobachten lässt, was die Schaffung von positiven Synergien in Regionen und Staaten einschränkt, die auf dem richtigen Weg sind, das Ziel aber noch nicht erreicht haben; betont, dass die Vergrößerung regionaler Unterschiede beim Forschungs- und Innovationspotenzial und die Gewährleistung einer tatsächlichen Kohärenz Probleme sind, für die man nicht nur im Rahmen der Kohäsionspolitik sondern auch im Bereich der Forschungs- und Innovationspolitik Lösungen suchen sollte, und zwar unabhängig davon, dass die Stellen für die Umsetzung der betreffenden EU-Instrumente auf verschiedenen Ebenen (supranational, national und subnational) angesiedelt sind und unterschiedliche Ziele verfolgen (z. B. Kohäsion gegenüber Exzellenz);

9.

hält daran fest, dass innovative Effektivität von der Intensität der geschaffenen Synergien abhängt, und bedauert, dass die vorhandenen Gelegenheiten für Synergien bei der Finanzierung noch immer wenig bekannt sind; fordert die Regionen als die wichtigsten Akteure in Bezug auf die Information und Analysefähigkeit sowie die Mitgliedstaaten zu verstärkten Anstrengungen zur Verbesserung der Kommunikation auf; unterstreicht, dass wirksame Synergien vielgestaltige Beziehungen zwischen den Akteuren erfordern, die unterschiedliche Arten des Wissens produzieren, verbreiten, fördern und anwenden; betont, dass die unterschiedlichen, an der Verwaltung des RP7, des CIP sowie der Strukturfonds beteiligten nationalen, regionalen und lokalen Stellen die Möglichkeiten, die jedes dieser Instrumente bietet, kennen müssen, und fordert eine bessere Koordinierung zwischen diesen Akteuren und Maßnahmen;

10.

betont, dass Maßnahmen zur Förderung von Forschung und Innovation die regionalen Vorteile und Kapazitäten nutzen und Teil einer regionalen Innovationsstrategie auf der Grundlage intelligenter Innovation sein müssen; ist der Auffassung, dass die Rolle der Städte und Regionen in der Gemeinschaft bei derartigen Strategien sowie auch bei der nationalen Festlegung und Umsetzung von Prioritäten stärker berücksichtigt werden muss; regt deshalb mit Blick auf die Förderung regionaler Innovationsstrategien an, die Möglichkeit einer Wiederaufnahme innovativer Maßnahmen in die Strukturfonds zu erwägen;

11.

nimmt zur Kenntnis, dass Möglichkeiten für eine kombinierte Finanzierung bestehen, betont jedoch, dass eine Mischfinanzierung zwischen den Strukturfonds und den Rahmenprogrammen nicht zulässig ist; betont, dass die Instrumente so kombiniert werden können, dass sie entweder für einander ergänzende, aber getrennte Aktivitäten wie im Fall der Forschungsinfrastruktur oder für aufeinanderfolgende Teile zusammenhängender Projekte wie etwa Entwicklung und Weiterverfolgung einer neuen Forschungsidee sowie für Projekte innerhalb desselben Netzes oder Clusters eingesetzt werden;

12.

glaubt, dass die Tatsache, dass eine Mischfinanzierung aus Strukturfonds und den Rahmenprogrammen nicht zulässig ist, Regionen daran hindert, beide Instrumente gleichzeitig in Anspruch zu nehmen, und dass wirksame strategische „bottom up“-Prozesse sowohl auf regionaler als auch auf nationaler Ebene zur Vermeidung von Lücken und Überschneidungen bei Finanzierungen aus Mitteln der SF, des FP7 und des CIP beitragen könnten;

13.

hebt hervor, dass Synergien besonders beim Aufbau von Kapazitäten wirksam sind; verweist in diesem Zusammenhang auf das Projektfinanzierungsmanagement im Europäischen Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) und die Notwendigkeit einer Koordinierung der EU-Finanzierungsschwerpunkte für die Forschung auf regionaler und nationaler Ebene;

14.

betont, dass die Synergie über eine ergänzende Projektfinanzierung hinausgeht; ist der Auffassung, dass Kapazitätsaufbau, Networking und Wissenstransfer eine wichtige Form von Synergie darstellen, und nimmt zur Kenntnis, dass alle Instrumente Möglichkeiten für einen derartigen Austausch bieten;

15.

stellt fest, dass die Erzielung echter Synergien aus Sicht der direkt Begünstigten von deren Organisations- und Strategiekapazität abhängt, die Förderung durch verschiedene EU-Instrumente zu kombinieren; fordert die regionalen Akteure auf, regionale Strategien zu entwerfen, die es erleichtern können, Finanzierungen zu kombinieren;

16.

empfiehlt den Mitgliedstaaten und der Kommission, ausreichende Mittel aus den SF für Forschung und Innovation – insbesondere nachhaltige Innovationen – vorzusehen und die Forschungskapazitäten zu stärken; betont die Notwendigkeit, erfolgreiche Modelle beim Wissensdreieck zu fördern und anzuwenden und die nachhaltige Entwicklung regionaler Forschung und strategischer Rahmen für Innovation in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Forschungszentren, Universitäten und Behörden; hebt das Potenzial wissensintensiver regionaler Innovationscluster zur Mobilisierung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit hervor und begrüßt die Einbeziehung der Clusterentwicklung sowohl in das CIP als auch in das RP7 (Initiative Wissensregionen im RP7); weist auf die im Rahmen des Europäischen Technologieinstituts (ETI) geschaffenen neuen „Wissens- und Innovationsgemeinschaften“ (KIC) hin, die die wichtigsten wissensintensiven regionalen Technologiecluster Europas miteinander vernetzen; nimmt zur Kenntnis, dass der Wissensaustausch in regionalen Clustern auch durch die Strukturfonds erleichtert werden kann; betont, dass solche Cluster vor allem für benachteiligte Regionen eine große Chance darstellen;

17.

fordert die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, die SF besser zu nutzen und Forschungs-, Wissens- und Innovationskapazitäten in ihren Regionen aufzubauen, beispielsweise durch die Einrichtung von Forschungsinfrastrukturen, um sie in die Lage zu versetzen, an den Forschungs- und Innovationsaktivitäten der EU teilzunehmen; empfiehlt den Regionen, Prioritäten für SF F&E als Ergänzung derjenigen des FP7 festzulegen und fordert eine langfristige Planung auf regionaler Ebene, um Synergien zu erreichen, die sich dadurch ergeben, dass sich die Finanzierungsinstrumente thematisch ergänzen;

18.

hebt die Bedeutung hervor, die der Analyse, der gemeinsamen Nutzung und der Einbindung der bewährten Methoden auf dem Gebiet der Synergien zwischen den Politikinstrumenten zukommt; begrüßt in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Kommission zur Verbesserung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit und fordert sie auf, das Potenzial und die Erfordernisse der Forschung und Innovation, insbesondere im Zusammenhang mit der Erfassung der verfügbaren qualitativen Daten, auf regionaler Ebene eingehender zu analysieren ebenso wie in eine der Bewertungen von einem der drei Instrumente Analysen der Wechselwirkung mit anderen Instrumenten aufzunehmen, um in der Lage zu sein, gemeinsame Leitlinien zur Verfügung zu stellen;

19.

nimmt den Praktischen Leitfaden für Fördermöglichkeiten der EU im Bereich Forschung und Innovation mit Genugtuung zur Kenntnis; empfiehlt, derartige Leitlinien in Zukunft unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Rechtsrahmens bereitzustellen; erwartet das Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission mit praktischen Synergiebeispielen; fordert die Kommission auf, als Katalysator zu wirken, indem sie den Austausch bewährter Verfahren fördert, und die Möglichkeit zu prüfen, zusätzliche fachliche Unterstützung betreffend die Verfügbarkeit von Gemeinschaftsmitteln durch im Vorfeld gegebene erläuternde Hinweise sowie ein „Nutzerhandbuch“ mit praktischen Anleitungen für die Leitung und Verwaltung von Forschungs- und Innovationsprojekten zur Verfügung zu stellen, um die angestrebten Ergebnisse zu verwirklichen;

20.

fordert die Kommission auf, die Verwaltung des Forschungsrahmenprogramms (RP7) und des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) zu vereinfachen, um die Synergiewirkungen mit den Strukturfonds zu verstärken;

21.

regt eine Studie durch die Kommission an, wie die Antragsstellung der verschiedenen Förderprogramme im Rahmen von Computerprogrammen mit einheitlichen Handbüchern vereinfacht werden kann;

22.

bestärkt die Kommission darin, ihre Aktivitäten zur Förderung der Synergie fortzusetzen und das Europäische Parlament über deren weitere Entwicklung auf dem Laufenden zu halten, insbesondere über den Stand der vertikalen Zusammenarbeit zwischen der EU und den nationalen und regionalen Gebietskörperschaften;

23.

unterstützt eine engere Zusammenarbeit zwischen den nationalen FP7-Kontaktstellen und denjenigen, die F&E-Programme und Innovationsagenturen leiten, damit die Finanzierung unterschiedlicher Aspekte oder Phasen von Projekten der Forschung und Innovation aus unterschiedlichen Quellen finanziert werden können;

Empfehlungen im Hinblick auf den nächsten Programmplanungszeitraum

24.

begrüßt, dass im Entwurf der EU-Strategie für 2020 großes Gewicht auf die Wechselbeziehung zwischen Politiken, die Bedeutung der Politikvernetzung und die Notwendigkeit besserer Synergien sowie einer stärkeren Partnerschaft bei der Gestaltung und Verwirklichung öffentlicher Politiken gelegt wird; fordert, die von den Städten und Regionen angesprochene Notwendigkeit eines umfassenderen Rahmens in den drei Politikbereichen zu berücksichtigen, auch mittels einer technischen Verbindungseinrichtung innerhalb der Kommission selbst, die in der Lage ist, die Synergien bezüglich der Innovations-, Forschungs- und Entwicklungsprogramme zu überwachen und zu koordinieren, sowie die Notwendigkeit ihrer Einbeziehung in die Gestaltung und Umsetzung der EU-Finanzierungsinstrumente und Verordnungen über staatliche Beihilfen zu berücksichtigen; fordert ebenso, dass die territoriale Kohäsion dabei eine besondere Rolle spielt;

25.

ist der Auffassung, dass künftige FuEuI-Programme nationale Bemühungen ergänzen, ihnen Orientierung und Impulse geben müssen, um wieder zur Triebkraft für die Wissensverbreitung, Innovation, Entwicklung und für nationale Investitionen in FuEuI zu werden;

26.

weist darauf hin, dass es für die Verfestigung des Wissens und der Innovation als Triebkräfte für das künftige Wirtschaftswachstum notwendig ist, die Qualität der Bildung zu erhöhen, die Forschungsergebnisse zu untermauern, die Innovation und den Wissenstransfer in der gesamten Union zu fördern, die Informations- und Kommunikationstechnologien vollständig auszuschöpfen, sicherzustellen, dass aus innovativen Ideen neue Produkte und Dienstleistungen werden, die Wachstum und hochwertige Beschäftigung bewirken und helfen, die sich aus den sozialen Veränderungen in Europa und in der Welt ergebenden Herausforderungen zu bewältigen, den Unternehmergeist zu fördern, das Hauptaugenmerk auf die Bedürfnisse der Nutzer und auf die Marktchancen zu legen und zugängliche und ausreichende Finanzierungsmittel zu garantieren, bei denen die Strukturfonds eine wesentliche Rolle spielen;

27.

unterstützt die drei beispielhaften Initiativen der Strategie EU 2020 für ein intelligentes Wachstum „Innovationsunion“, „Jugend in Bewegung“ und „Eine digitale Agenda für Europa“, bei deren Umsetzung die Strukturfonds eine sehr wichtige Rolle spielen werden;

28.

ist der Auffassung, dass eine starke und finanziell gut ausgestattete Regionalpolitik der EU, die allen Regionen in der EU zugute kommt, Voraussetzung dafür ist, die Ziele der EU-Strategie für 2020, ein intelligentes, nachhaltiges und integrierendes Wachstum mit einem hohen Niveau der Beschäftigung und Produktivität sowie den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt zu erreichen; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung, die in der Strategie EU 2020 der Forschung und Innovation beigemessen wird,

29.

dringt auf die Notwendigkeit, die Rolle der EU-Instrumente zur Unterstützung der Innovation zu überprüfen und zu festigen – Strukturfonds, Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung, CIP, SET-Plan – um die Verwaltungsverfahren zu rationalisieren, insbesondere den KMU den Zugang zu Finanzierungsmitteln zu erleichtern, Mechanismen innovativer Anreize für das Erreichen der Ziele in Verbindung mit dem intelligenten, nachhaltigen und integrierenden Wachstum zu schaffen und um eine stärkere Zusammenarbeit mit der EIB zu fördern;

30.

ist der Auffassung, dass die Strukturfonds das richtige Instrument sind, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ihren Bemühungen zur Förderung der Kreativität und Innovation zu unterstützen; betont jedoch, dass dafür eine größere Flexibilität vonnöten ist, damit die Zuweisungen aus den Strukturfonds schnell für die Förderung unternehmerischer Initiativen verfügbar gemacht werden können; betont den durch die Kohäsionspolitik insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen auf breiter Basis erbrachten Mehrwert, etwa durch niederschwellige Förderangebote und einen verbesserten Zugang zu anwendungsbezogener Forschung, Technologietransfer und Innovation;

31.

empfiehlt, alle in einer Region im Sinne der Bestimmungen Nummer 2 und 3 nicht ausgegebenen Mittel wieder in Projekte auf regionaler Basis und Gemeinschaftsinitiativen zu überführen;

32.

weist darauf hin, dass der territoriale Zusammenhalt horizontalen, multisektoralen Charakter hat und die Unionspolitiken deshalb zu seinem Zustandekommen beitragen müssen; bekräftigt, dass sich dieses Konzept nicht auf die Auswirkungen der Regionalpolitik beschränkt, sondern auch die Koordinierung mit anderen Unionspolitiken betrifft, die auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sind und spürbare Auswirkungen auf regionaler Ebene haben, um das spezifische regionale Potenzial zu entwickeln und voll auszuschöpfen und seine Auswirkungen vor Ort zu steigern, die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Regionen zu erhöhen und territorialen Zusammenhalt zu erreichen; ist der Auffassung, dass „Konzentration, Kooperation und Konnexion“ die Eckpfeiler des territorialen Zusammenhalts sind, um eine ausgewogenere territoriale Entwicklung in der Europäischen Union zu gewährleisten;

33.

hebt die Notwendigkeit standortspezifischer Strategien hervor und ist der Auffassung, dass die Städte und Regionen eine Spezialisierung auf intelligente und grüne Lösungen anstreben und dazu einige Innovationsprioritäten auf der Grundlage der EU-Ziele und ihrer in den Regionalen Innovationsstrategien festgestellten Bedürfnisse festlegen sowie die zweckgebundenen EU-Mittel auf diese festgelegten Prioritäten konzentrieren sollten; ist der Auffassung, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region entscheidend von der Fähigkeit der regionalen Entscheidungsträger und Unternehmer abhängt, Fachkräfte zu rekrutieren und Wissen so zu nutzen, dass ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil entsteht, der darüber hinaus für die umgebenden Regionen – auch in benachbarten Mitgliedstaaten – einen Mehrwert mit sich bringt;

34.

weist darauf hin, dass Forschung und Innovation, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung kohlenstoffarmer oder kohlenstofffreier Emissionen und Energieeinsparungen von entscheidender Bedeutung für die Bewältigung weltweiter Herausforderungen sind, wie etwa des Klimawandels und der Energieversorgungssicherheit, und auch für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf regionaler und lokaler Ebene;

35.

unterstützt den Vorschlag des Ausschusses der Regionen, ein „virtuelles Kreativitätsnetz“ zu schaffen, das allen offen steht – Unternehmen, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, zentralen öffentlichen Einrichtungen, dem Privatsektor und den Bürgern – , und das Beratung, Unterstützung und Zugang zu Risikokapital und Dienstleistungen bieten würde; verweist darauf, dass der zusätzliche Vorteil eines virtuellen Netzes darin besteht, dass es der Bevölkerung von Inseln, Gebieten in äußerster Randlage, ländlichen Gebieten, Bergregionen und dünn besiedelten Gebieten einen leichteren Zugang zur Beratung durch Experten, zu Bildung und Wissen, zur Hilfe für Unternehmen und zur finanziellen Orientierung verschaffen würde;

36.

weist darauf hin, dass die transnationale Zusammenarbeit das Wesen des RP7 und des CIP ausmacht und dass die territoriale Zusammenarbeit (durch transnationale, interregionale und grenzübergreifende Programme) bei den Strukturfonds durchgängig berücksichtigt wird; fordert die Kommission auf, das Ziel der europäischen territorialen Zusammenarbeit durch die stärkere Verankerung dieses Aspekts in allen ihren Programmen zu stärken; ersucht die Kommission, die Möglichkeiten der Verbesserung der territorialen Zusammenarbeit im Bereich der Innovation für jedes kohäsionspolitische Ziel zu prüfen; unterstreicht, dass eine bessere Kenntnis der Ergebnisse des RP7 und des CIP auf regionaler Ebene die praktische Koordination zwischen der EU-Regionalpolitik und diesen Programmen erleichtern würde; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dieser Abstimmung hohe Aufmerksamkeit zu schenken; ermuntert die Mitgliedstaaten, weitere Maßnahmen zu einer wirksamen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu ergreifen, indem sie kohärente regionale oder nationale Strategien zur Erreichung von Synergien entwickeln; ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, die Erfassung und Zugänglichkeit von Daten in diesem Bereich zu fördern;

37.

hebt hervor, dass die transnationale Zusammenarbeit in unterschiedlicher Form innerhalb und außerhalb der EU im Rahmen des RP7 unterstützt wird, und zwar in einer Reihe von Themen aus den wesentlichen Wissens- und Technikbereichen, in denen Spitzenforschung unterstützt und gefördert werden muss, damit die Herausforderungen, vor denen Europa im sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und industriellen Bereich steht, bewältigt werden können;

38.

ruft die Kommission auf, im Hinblick auf die Vorbereitung des künftigen Rechtsrahmens die Auswirkungen von vereinfachenden Maßnahmen, die bereits bei der Verwaltung der Strukturfonds zur Anwendung kommen, zu analysieren;

39.

erkennt an, dass sowohl die geteilte als auch die zentrale Verwaltung besondere Regeln erfordern und dass sowohl der zentral verwaltete Ansatz bei RP7 und CIP (top-down) als auch der dezentrale Ansatz (bottom-up) der Strukturfonds ihre jeweilige Berechtigung haben; betont jedoch die Notwendigkeit einer Harmonisierung der Regeln, Verfahren und Methoden (bei den Vorschriften zur Förderfähigkeit, Standardeinheitskosten, Pauschalbeträgen) für bestimmte Instrumente sowie einer besseren Abstimmung (bei den Zeitplänen von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen, den Themen und Arten von Aufforderungen usw.); fordert die Kommission auf, diesbezügliche Möglichkeiten unbeschadet der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und Regionen im Rahmen der geteilten Verwaltung zu sondieren und eine administrative Kultur zu fördern, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit durch gemeinsame themenübergreifende Ansätze in verschiedenen Themenbereichen und einen kontinuierlichen Dialog zwischen den verschiedenen politischen Kreisen zur Stärkung der Kohärenz der Politik fördert, fordert die Kommission auf, die Verwaltung der betreffenden Fonds zu vereinfachen und fordert, dass die jeweils spezifischen Vorteile der beiden Fördersäulen besser zur Geltung gebracht werden und gleichzeitig Synergien genutzt und ihre Auswirkungen gesteigert werden;

40.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass der geplante Forschungs- und Innovationsplan im Hinblick auf eine Stärkung der Synergien zwischen den Strukturfonds und den Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation (FP7, CIP) entworfen wird;

41.

bekräftigt seine Aufforderung an die Kommission, spezifische Evaluierungskriterien für die Bewertung innovativer Projekte zu entwickeln und die Einbringung künftiger Regelungsanreize für die Durchführung von Innovationsmaßnahmen zu erwägen;

42.

stellt fest, dass es offenkundig auf regionaler Ebene stärkerer Befugnisse in Bezug auf Finanzierungsanträge, Verwaltungs- und Finanzverfahren, Mittelverwaltung und Finanzierungstechniken bedarf; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit einer zusätzlichen fachlichen Unterstützung und einer engeren Zusammenarbeit zwischen Enterprise Europe Network und den Verwaltungsbehörden der Strukturfonds sowie einer engeren Verknüpfung zwischen der Leitmarkt-Initiative, Technologieplattformen und regionalen technologischen Ablaufplänen zu prüfen;

43

unterstreicht, wie wichtig es ist, bei der Bewertung der Zulässigkeit von Projekten die Chancengleichheit und den Zugang zu Finanzierungsmitteln aus dem Strukturfonds und anderen Gemeinschaftsinstrumenten mit einzubeziehen;

44.

betont die Bedeutung einer verbesserten Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen und Programmen, die eine verstärkte Synergie innerhalb der Kette „Forschungs- und Entwicklungsinfrastrukturen – Innovation - Schaffung von Arbeitsplätzen“ bewirken;

45.

ist der Überzeugung, dass umfangreiche, mit Strukturfondsmitteln kofinanzierte Forschungsprojekte einer international vergleichenden Überprüfung durch ein übergeordnetes Gremium unterzogen werden sollten und dass dies positive Auswirkungen auf die effiziente Verwendung zugeteilter Strukturfondmittel haben würde;

46.

ist davon überzeugt, dass das Engagement der politischen Führung sowohl eine notwendige Voraussetzung für die Kohärenz der Politik im Bereich Forschung und Innovation als auch ein Hilfsmittel zu ihrer Stärkung ist; fordert unter diesem Gesichtspunkt die Einrichtung eines strategischen politischen Rahmens für Forschung und Innovation, der so angepasst ist, dass dem Fortschritt, neuen Informationen und sich ändernden Umständen Rechnung getragen werden kann, und der mit nationalen Zielen und Prioritäten für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Einklang steht;

47.

bekräftigt, dass die informellen Strukturen zur Steuerung des territorialen Zusammenhalts und der Raumplanung im Rat durch formellere Strukturen ersetzt werden sollten; ist der Auffassung, dass diese Entwicklung zusammen mit der Schaffung und Stärkung integrierter und themenübergreifender Strukturen zu einer besseren Koordinierung der politischen Maßnahmen beitragen wird;

*

* *

48.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25.

(2)  ABl. L 291 vom 21.10.2006, S. 11.

(3)  ABl. L 412 vom 30.12.2006, S. 1.

(4)  ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 15.

(5)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0184.

(6)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0212.

(7)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0163.

(8)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0156.

(9)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0165.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/112


Donnerstag, 20. Mai 2010
Langfristig tragfähige öffentliche Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft

P7_TA(2010)0190

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft (2010/2038(INI))

2011/C 161 E/17

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen „Die öffentlichen Finanzen in der WWU – 2009“ vom 12. August 2009 (SEK(2009)1120),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Langfristig tragfähige öffentliche Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft“ vom 14. Oktober 2009 (KOM(2009)0545),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 28. Januar 2009 für eine Empfehlung des Rates zu den 2009 aktualisierten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft und zur Umsetzung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten (KOM(2009)0034),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. November 2008 zu der WWU@10: zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2009 zu einem europäischen Konjunkturprogramm (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Januar 2009 zu den öffentlichen Finanzen in der WWU 2007-2008 (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juli 2008 zu dem Jahresbericht der EZB für 2007 (4),

unter Hinweis auf die in der Abschlusserklärung des G20-Gipfels in Pittsburgh enthaltene Empfehlung, die Konjunkturprogramme bis zur nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung fortzusetzen,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Haushaltsausschusses (A7-0147/2010),

A.

in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung ihre Besorgnis hinsichtlich langfristig tragfähiger öffentlicher Finanzen im Zusammenhang mit hohen Defiziten und Schuldenständen – insbesondere angesichts der Überalterung der Bevölkerung –ausgedrückt hat; ferner in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Überalterung der Bevölkerung auf die Tragfähigkeitslücke nach Schätzungen der meisten Mitgliedstaaten fünf bis zwanzig Mal größer sind als die der gegenwärtigen Wirtschaftskrise,

B.

in der Erwägung, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) ungeachtet seiner Überarbeitung im Jahre 2005 nicht ausreichte, um die gegenwärtige Krise zu verhindern,

C.

in der Erwägung, dass es dringend notwendig ist, das Phänomen der sinkenden Geburtenraten in der Europäischen Union sowie seiner Ursachen und Folgen tiefgreifender zu untersuchen, um diese Besorgnis erregende Entwicklung aufzuhalten,

D.

in der Erwägung, dass Finanzpolitik langfristig nicht tragfähig ist, wenn sie mit der Zeit eine übermäßige Anhäufung öffentlicher Schulden einschließt,

E.

in der Erwägung, dass – unter Berücksichtigung der in der Mitteilung geäußerten Prognosen und der Tatsache, dass die Überalterung der Bevölkerung schwerwiegende Auswirkungen auf die langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen der europäischen Länder hat – eine politische Planung bis 2060 angemessen ist,

F.

in der Erwägung, dass der Anstieg von Schuldenstand und Defizit in den Mitgliedstaaten während der Krise und die projizierte Bevölkerungsentwicklung die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zur akuten Herausforderung machen,

G.

in der Erwägung, dass langfristige demografische Veränderungen, insbesondere die Bevölkerungsalterung, in allen Mitgliedstaaten der EU Auswirkungen auf die Finanzierung der einzelstaatlichen Altersversorgungssysteme haben,

H.

in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Senkung ihrer Verwaltungsausgaben, die Eindämmung ihrer Gesundheitsausgaben und die Reform ihrer Gesundheits- und Rentensysteme nicht genug getan haben; ferner in der Erwägung, das alle Mitgliedstaaten hierfür bewährte Verfahren anwenden sollten,

I.

in der Erwägung, dass die Defizite und der Verschuldungsgrad sämtlicher Mitgliedstaaten im Laufe des Jahres 2009 infolge des durch die Krise bedingten Einbruchs der Steuereinnahmen und der Umsetzung von Sondermaßnahmen angestiegen sind,

J.

in der Erwägung, dass angesichts der ersten Zeichen des Aufschwungs der Europäische Rat schon im September 2009 empfahl, dass „die Finanzpolitik Schritt für Schritt wieder auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden [muss]“ und „es … erforderlich [ist], Ausstiegsstrategien festzulegen und diese auf koordinierte Weise umzusetzen, sobald die wirtschaftliche Erholung greift, wobei den spezifischen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern Rechnung zu tragen ist“,

K.

in der Erwägung, dass in jüngster Zeit ein positiver Zusammenhang zwischen gesunden öffentlichen Finanzen und der Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaft eines Landes festgestellt werden konnte,

L.

in der Erwägung, dass die zunehmende Staatsverschuldung künftigen Generationen hohe Lasten aufbürdet,

M.

in der Erwägung, dass die Staatsverschuldung in einigen Mitgliedstaaten derart angestiegen ist, dass sie die Stabilität untergräbt und aufgrund von Zinszahlungen zu hohen Staatsausgaben auf Kosten der zunehmend bedeutenden Ausgaben für die Gesundheits- und Rentensysteme geführt hat,

N.

in der Erwägung, dass steigende Staatsanleihen dadurch, dass sie die Zinssätze in die Höhe treiben, die Finanzmärkte verzerren, was negative Auswirkungen auf die Haushalte wie auch auf die Investitionen in neue Arbeitsplätze hat,

O.

in der Erwägung, dass ein Mangel an effektiver statistischer Governance bzw. an unabhängigen Statistikämtern in den Mitgliedstaaten die Integrität und Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen untergräbt,

P.

in der Erwägung, dass andere Teile der Welt, die bis vor kurzem noch den Wettbewerb durch die Produktion von Waren minderwertiger Qualität geführt haben, jetzt in die hochwertigen Segmente eintreten und dass diese Wettbewerber moderne Technologien verwenden, aber nach wie vor moderate Stundenlöhne zahlen und nicht mit einer negativen demografischen Entwicklung zu kämpfen haben, wobei der Einzelne während seines Lebens eine hohe Anzahl Arbeitsstunden absolviert; ferner in der Erwägung, dass Vollbeschäftigung in Europa zum letzten Mal vor der Ölkrise von 1973 erreicht wurde; in der Erwägung, dass die Vollbeschäftigung aber dennoch ein Ziel darstellt, auf das die EU im Geiste der Verträge hinarbeitet muss, ohne jedoch den hohen Grad an sozialem Schutz und menschlicher Entwicklung in Europa aufzugeben,

Q.

in der Erwägung, dass es verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der Tragfähigkeitslücke gibt, wie die Steigerung der Gesamtproduktivität und vor allem die Erhöhung der Produktivität der sozialen Dienstleistungen, die Anhebung des Rentenalters, die Steigerung der Geburtenrate oder eine verstärkte Einwanderung,

R.

in der Erwägung, dass die demografische Entwicklung von der Entwicklung der Geburtenrate, die in hohem Maße von Mutterschaftsanreizen und -hilfen abhängig ist, und der Migrationsströme abhängt,

S.

in der Erwägung, dass die gegenwärtigen Defizite und Schuldenstände eine Gefahr für die Existenz des Sozialstaates darstellen,

T.

in der Erwägung, dass das Unvermögen, Strukturreformen und die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren, negative Auswirkungen auf die Ausgaben für Gesundheitswesen, Altersversorgung und Beschäftigung hat,

U.

in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht nachkommen und dass eine angemessene Einhaltung die negativen Auswirkungen der Krise abgeschwächt hätte,

V.

in der Erwägung, dass die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen nicht nur für Europa allgemein, sondern auch speziell für den Haushaltsplan der Europäischen Union von ausschlaggebender Bedeutung ist,

W.

in der Erwägung, dass die allgemeinen Grundsätze und zugrundeliegenden Annahmen der „Nachhaltigkeit“ auch auf den Haushaltsplan der Europäischen Union Anwendung finden sollten, selbst wenn dieser auf etwa 1 % des Gesamtbetrags des europäischen BNE beschränkt ist,

1.

äußert seine tiefe Besorgnis bezüglich der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen im Gefolge der Wirtschafts- und Finanzkrise; erinnert daran, dass die Anstrengungen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor der Krise in sehr hohem Maße auf die Bewältigung der wachsenden demografischen Herausforderungen ausgerichtet waren; stellt fest, dass viele dieser Anstrengungen durch die Notwendigkeit zunichte gemacht wurden, die Staatsausgaben drastisch zu erhöhen, um einen weltweiten Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern und um die sozialen Folgen dieses Zusammenbruchs abzufedern;

2.

bedauert, dass einige Mitgliedstaaten bereits vor Beginn der Krise bei der Konsolidierung ihrer öffentlichen Finanzen trotz günstiger wirtschaftlicher Bedingungen nicht sehr erfolgreich waren; weist darauf hin, dass dies eine Verletzung der präventiven Komponente des SWP darstellte, insbesondere nach seiner Überarbeitung im Jahr 2005, und die Möglichkeiten eines antizyklischen Eingreifens der Mitgliedstaaten in der Krise drastisch verringerte sowie größere Unsicherheit, höhere Arbeitslosigkeit und umfassendere soziale Probleme verursachte;

3.

ist sich bewusst, dass die öffentlichen Ausgaben in ihrer gegenwärtigen Höhe nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden können; begrüßt den Beschluss des Europäischen Rates, auf eine Entscheidung über ein Nachfolgepaket von Hilfsmaßnahmen zu verzichten, bis die Ergebnisse des aktuellen Pakets sorgfältig analysiert wurden und die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen klar nachgewiesen wurde;

4.

stellt fest, dass die Maßnahmen zur Verhinderung eines Zusammenbruchs des Finanzsektors erfolgreich waren, obzwar nach wie vor größte Wachsamkeit unerlässlich ist; erwartet, dass die finanzielle Last im Zusammenhang mit der Rettung des Bankensektors geringer werden wird; bekundet sein Lob für das koordinierte Vorgehen der Zentralbanken zum Erreichen dieses Ziels; steht mit seinem ganzen Gewicht hinter der Reform des Aufsichtssystems und der Umgestaltung des Rahmens der Finanzarchitektur;

5.

weist besonders darauf hin, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt im Laufe der Zeit eine Ausgeglichenheit oder einen Überschuss zum Ziel haben muss, wobei ein Überschuss in wirtschaftlich guten Zeiten ebenso gefordert werden muss wie eine transparente Finanzierung der Altersversorgungssysteme im Rahmen der öffentlichen Haushalte oder durch kapitalgedeckte private Systeme;

6.

weist darauf hin, dass die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen von entscheidender Bedeutung für Stabilität und Wachstum sowie für die Aufrechterhaltung angemessener Niveaus der öffentlichen Ausgaben ist; unterstreicht, dass hohe Defizite und Schuldenstände die Tragfähigkeit bedrohen und negative Auswirkungen auf Gesundheitswesen, Altersversorgung und Beschäftigung haben;

7.

äußert seine tiefe Besorgnis über die hohen Defizite und Schuldenstände in den Mitgliedstaaten; warnt davor, die Krise als Vorwand zu nutzen, um die öffentlichen Finanzen nicht zu konsolidieren, die öffentlichen Ausgaben nicht zu senken und keine Strukturreformen durchzuführen – Aufgaben, die allesamt von entscheidender Bedeutung für eine Rückkehr zu Wachstum und Beschäftigung sind;

8.

weist darauf hin, dass die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und der Abbau der Defizite und Schuldenstände unerlässlich für den Erhalt des modernen Sozialstaats und eines Verteilungssystems sind, das den Bedürfnissen der Gesellschaft als Ganzes gerecht wird, aber insbesondere ihre weniger privilegierten Teile unterstützt;

9.

unterstreicht, dass bei einer weiteren Erhöhung des öffentlichen Schuldenstands und der Zinsen die Kosten in Form von Zinszahlungen durch gegenwärtige und künftige Generationen nicht mehr getragen werden können, ohne das Modell des Sozialstaats zu gefährden;

10.

ist tief besorgt darüber, dass viele Mitgliedstaaten den Stabilitäts- und Wachstumspakt verletzen; bedauert, dass die Mitgliedstaaten ihre öffentlichen Finanzen nicht vor der Krise in wirtschaftlich günstigen Zeiten konsolidiert haben; teilt die Auffassung der Kommission, dass die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden in den Überwachungsverfahren eine deutlich hervorgehobene und explizite Rolle einnehmen sollte; fordert die Kommission auf, auf die strenge Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu achten;

11.

warnt vor einem abrupten Ende der Unterstützung der Realwirtschaft, um einen erneuten Abschwung zu vermeiden; verweist auf die unerwünschten nachteiligen Folgen einer verfrühten Einstellung der Hilfsmaßnahmen oder eines zu langen Wartens beim Ergreifen von Korrekturmaßnahmen bezüglich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen; weist darauf hin, dass diese Maßnahmen explizit rechtzeitig, zielgerichtet und befristet sein sollten; begrüßt die Arbeit der Kommission an der Ausstiegsstrategie aus den gegenwärtigen Krisenmaßnahmen; unterstützt den Ansatz der Kommission, Ausstiegsstrategien festzulegen, die sich in Zeit und Umfang zwischen den einzelnen Ländern unterscheiden; geht davon aus, dass die Einstellung der Hilfsmaßnahmen für die ersten Länder 2011 beginnt; ermutigt die Mitgliedstaaten dazu, alles zu tun, um die Ausstiegsstrategien so schnell und entschieden wie möglich umzusetzen;

12.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über die Geburtenraten in der Europäischen Union zu erarbeiten, in dem nicht nur die Ursachen und Folgen der sinkenden Geburtenraten genannt, sondern auch Lösungen und Alternativen für dieses Problem aufgezeigt werden;

13.

ist der Ansicht, dass die finanzpolitische Ausstiegsstrategie vor der geldpolitischen Ausstiegsstrategie beginnen sollte, damit letztere korrekt umgesetzt werden kann und die EZB, die erfolgreich ein Abgleiten in eine deflationäre Entwicklung verhindert hat, ebenso erfolgreich gewährleisten kann, dass der Wirtschaftsaufschwung nicht durch die Inflation zunichte gemacht wird; erkennt an, dass die EZB angedeutet hat, dass ihre Straffung der Geldpolitik aufgrund einer fehlenden rechtzeitigen finanzpolitischen Kontrolle leider stärker als erwartet ausfallen muss;

14.

weist besonders darauf hin, dass eine Rücknahme der finanzpolitischen Impulse mit Anstrengungen verbunden werden muss, den Binnenmarkt dynamischer, wettbewerbsfähiger und attraktiver für Investitionen zu machen;

15.

unterstreicht, dass ein schrittweiser und kontrollierter Ausstieg aus den Defiziten von entscheidender Bedeutung ist, um die Zinssätze niedrig zu halten und die Schuldenlast zu begrenzen, um so die Möglichkeit zu bewahren, die Sozialausgaben und den Lebensstandard der Haushalte aufrecht zu erhalten;

16.

hebt hervor, dass niedrige Zinssätze Investitionen und der Erholung dienlich sind; weiß um die Auswirkungen der intensiven staatlichen Anleihetätigkeit auf die Zinssätze; bedauert zutiefst, dass dies zu höheren Zinsspannen innerhalb EU geführt hat; ermahnt die Mitgliedstaaten, die Auswirkungen ihrer haushaltspolitischen Entscheidungen auf die Zinssätze des Marktes zu berücksichtigen; ist der Ansicht, dass gesunde öffentliche Finanzen eine Voraussetzung für sichere Arbeitsplätze sind; erinnert daran, dass die Staaten durch die Erhöhung der Anleihekosten auch die Belastung ihrer eigenen Haushalte vergrößern;

17.

verweist darauf, dass die antizyklischen Effekte des Stabilitäts- und Wachstumspakts nur dann greifen können, wenn die Mitgliedstaaten in guten Zeiten effektiv einen Haushaltsüberschuss erreichen; fordert in diesem Zusammenhang auch eine bessere Umsetzung der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts; fordert eine Abkehr von der Haltung „erst ausgeben, dann zurückzahlen“ hin zu dem Grundsatz „für eventuelle Notfälle sparen“; erinnert daran, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt von den Mitgliedstaaten mittelfristig ausgewogene oder überschüssige Haushalte verlangt, was bedeutet, dass ein Defizit von 3 % auch nach dem reformierten Pakt kein Ziel, sondern der gerade noch zulässige äußerste Grenzwert ist;

18.

fordert parallel zur Abwicklung der Hilfspakete die Durchführung von Strukturreformen, um zukünftige Krisen zu verhüten und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu stärken, das Wachstum anzukurbeln und die Beschäftigung zu stärken;

19.

betont, dass angesichts der Notwendigkeit gesunder öffentlicher Finanzen alle Mitgliedstaaten spätestens 2011 mit der Reduzierung ihrer Tragfähigkeitslücke beginnen sollten;

20.

stellt fest, dass sich finanzpolitische Impulse und uneingeschränkt wirkende automatische Stabilisatoren als erfolgreich erwiesen haben, und schlägt vor, dass die Kommission die Mitgliedstaaten auffordert, einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben, indem sie die primären Überschüsse zur Schuldentilgung verwenden, wenn die Wirtschaft eine Tendenz zur nachhaltigen Belebung zeigt;

21.

weist auf die besondere Bedeutung von Maßnahmen zur Förderung von Beschäftigung und langfristigen Investitionen hin, die auf eine Steigerung des Wachstumspotentials und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft abzielen;

22.

betont, dass angesichts der gegenwärtigen demografischen Herausforderungen, mit denen sich die EU konfrontiert sieht, Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise die öffentlichen Haushalte nicht langfristig belasten sollten, da diese Kosten gegenwärtige und künftige Generationen tragen müssten;

23.

unterstützt die Vorstellung, dass eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitiken innerhalb der Europäischen Union eine unerlässliche Vorbedingung ist und zusätzliche Synergien einbringt;

24.

erkennt an, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt kein ausreichendes Instrument für die Harmonisierung der finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten ist;

25.

unterstützt deshalb eine Überarbeitung der Mechanismen, die notwendig sind, um die nationalen Volkswirtschaften innerhalb der EU wieder auf einen Konvergenzpfad zu bringen;

26.

regt an, dass die Kommission einen geeigneten Mechanismus für die Zusammenarbeit mit dem IWF in besonderen Fällen schafft, in denen Mitgliedstaaten Zahlungsbilanzunterstützung aus dem IWF erhalten;

27.

verweist darauf, dass die Inflation keine Antwort auf die Notwendigkeit einer finanzpolitischen Anpassung ist, weil sie beträchtliche wirtschaftliche Kosten mit sich bringt und Risiken für ein nachhaltiges und integratives Wachstum schaffen würde;

28.

teilt die Auffassung der Kommission, dass „eine erfolgreiche expansive Finanzpolitik zur Abwehr der Rezession […] kein Widerspruch zu langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen [ist]“, weist aber auf die Risiken einer übermäßigen und künstlichen Expansion hin, die auf höheren öffentlichen Ausgaben beruht, durch die sie in Gefahr geraten könnte;

29.

ist der Auffassung, dass die Verwaltung der öffentlichen Gelder innerhalb einer Folge spezifischer kurzer Fristen die langfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen bedingen wird und dass das Problem der Nachhaltigkeit der Staatsverschuldung im Rahmen dieser Folge kurzer Fristen und deren Strukturierung gestellt werden muss;

30.

ist der Auffassung, dass die Haushaltspolitik in erster Linie in der Lage sein muss, die Spareinlagen durch Umverteilung in wachstumsträchtige Investitionen umzuwandeln, beispielsweise Investitionen in Forschung und Entwicklung, die Modernisierung der industriellen Basis, Entwicklung einer ökologischeren, intelligenteren, innovativeren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft der Europäischen Union und Bewältigung der Herausforderung einer angemessenen Bildungspolitik;

31.

betont, dass ein beträchtlicher Anteil der öffentlichen und sozialen Ausgaben produktive Ausgaben sein können, wenn sie auf Projekte ausgerichtet werden, die sich positiv auf die Schaffung von Sach- und Humankapital sowie auf die Förderung von Innovation auswirken; unterstreicht die Notwendigkeit, den Anstieg der Schuldenlast nicht ausufern zu lassen, um sicherzustellen, dass die steigenden Zinsaufwendungen nicht die wichtigen Sozialausgaben beschneiden; unterstreicht, dass es angesichts immer knapperer Mittel unerlässlich ist, die Qualität der öffentlichen Ausgaben zu verbessern;

32.

betont, dass die Sozialversicherungssysteme, welche der sozialen Abfederung dienen, sich in Krisenzeiten als besonders wirksam erwiesen haben; weist besonders darauf hin, dass eine Stabilität der öffentlichen Finanzen eine Voraussetzung dafür ist, dass dies auch in Zukunft der Fall ist;

33.

weist darauf hin, dass die langfristige Nachhaltigkeit der gesetzlichen Rentensysteme nicht nur von der Bevölkerungsentwicklung, sondern auch von der Produktivität der (die potenzielle Wachstumsrate beeinflussenden) erwerbstätigen Bevölkerung, dem tatsächlichen Renteneintrittsalter sowie dem für die Finanzierung dieser Systeme aufgewendeten BIP-Anteil abhängt; betont ferner, dass die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und die Senkung der Defizite und Schuldenstände wichtige Faktoren für die Nachhaltigkeit darstellen;

34.

stellt fest, dass aufgrund des demografischen Wandels, insbesondere der Bevölkerungsalterung, die öffentlichen Rentensysteme in vielen Mitgliedstaaten vor allem im Hinblick auf die Beitragsgrundlage von Zeit zu Zeit reformiert werden müssen, um sie finanziell tragfähig zu halten;

35.

weist darauf hin, dass die Schuldenlast steigt, wenn der Realzins über dem BIP-Wachstum liegt, und dass die Märkte die Risiken höher bewerten, wenn die Schuldenlast ansteigt;

36.

ist der Auffassung, dass die Höhe der Zinssätze der Staatsanleihen die Bewertung der nachhaltigen Verschuldung eines Mitgliedstaats durch den Markt widerspiegelt;

37.

weist darauf hin, dass steigende Defizite Anleihen teurer machen, teilweise aufgrund der Tatsache, dass die Märkte die Risiken höher bewerten, wenn die Schuldenlast schneller ansteigt als das Wirtschaftswachstum und die Möglichkeiten der Darlehenstilgung;

38.

unterstreicht, dass die gegenwärtige Finanzkrise überaus deutlich die direkte Verbindung zwischen der Stabilität der Finanzmärkte und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aufgezeigt hat; betont in diesem Zusammenhang besonders die Notwendigkeit von verstärkten und integrierten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen für die Finanzmärkte, die starke Mechanismen für den Verbraucher- und Anlegerschutz enthalten;

39.

fordert die Kommission auf, Studien durchzuführen, die die Qualität der Schulden der Mitgliedstaaten bewerten;

40.

stellt fest, dass – wenn die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten glaubwürdig sein sollen – ein effizientes und tatsächlich unabhängiges Statistikwesen und eine ordnungsgemäße Aufsicht der Kommission erforderlich sind;

41.

empfiehlt insbesondere, dass die Kommission eine Bewertung der Auswirkungen der Steuerausgaben der Mitgliedstaaten zur Ankurbelung ihrer Volkswirtschaften mit Blick auf die Produktion und die öffentlichen Finanzen sowie die Stimulierung und den Schutz der Beschäftigung – sowohl kurz- als auch langfristig – durchführt;

42.

stellt fest, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt nach wie vor das Rückgrat der Disziplin bildet, die notwendig ist, um eine langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu erreichen, und dass die Mitgliedstaaten in „guten Zeiten“ einen Überschuss in ihren öffentlichen Finanzen erreichen sollten und Defizite nur in „schlechten Zeiten“;

43.

unterstreicht, dass die jüngsten spekulativen Angriffe auf verschiedene europäische Wirtschaften sich in erster Linie gegen den Euro selbst und die europäische wirtschaftliche Konvergenz richten; ist in dieser Hinsicht überzeugt davon, dass europäische Probleme europäische Lösungen erfordern, die mit eigenen Mitteln erfolgen sollten, um jedes Ausfallrisiko zu vermeiden, wobei nationale Steuerdisziplin mit einem Mechanismus der finanziellen Unterstützung als letzten Ausweg verbunden werden könnten;

44.

fordert, dass das strukturelle Defizit ein Indikator zur Bestimmung langfristig tragfähiger öffentlicher Finanzen sein soll;

45.

betrachtet eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung als zentralen Faktor für tragfähige öffentliche Finanzen in der Europäischen Union; ist der Auffassung, dass die Europäische Union eine Modernisierung ihrer Wirtschaft und insbesondere ihrer industriellen Basis benötigt; fordert eine Neuverteilung von Mitteln im Gemeinschaftshaushalt sowie in den Haushalten der Mitgliedstaaten zugunsten größerer Investitionen in Forschung und Innovation; weist darauf hin, dass die neue Europa 2020-Strategie verbindliche Rechtsinstrumente benötigt, um zu einem Erfolg zu werden;

46.

weist auf die Notwendigkeit hin, die Stabilität der öffentlichen Haushalte in den Ländern der EU ständig zu überwachen, um Probleme langfristig einschätzen zu können, sowie regelmäßig Informationen nicht nur über die offensichtlichen Verpflichtungen der öffentlichen Haushalte, sondern auch über die Verpflichtungen der Sozialsysteme, z. B. der Rentensysteme, zu veröffentlichen;

47.

fordert die Kommission auf, die Reduzierung der langfristigen Tragfähigkeitslücken der öffentlichen Finanzen als wesentlichen Bestandteil der EU 2020-Strategie in Erwägung zu ziehen;

48.

fordert die Mitgliedstaaten auf, nach dem Füllen ihrer Tragfähigkeitslücken ihre öffentliche Schuldenquote auf maximal 60 % des BIP zu senken;

49.

erinnert daran, dass die Zinssätze auf den Kapitalmärkten die stärksten Indikatoren für die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten sind;

50.

ist äußerst beunruhigt über die qualitativen Unterschiede in den Statistiken, die innerhalb der EU im Allgemeinen und der Eurozone im Speziellen zu beobachten sind;

51.

weist darauf hin, dass die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen ebenfalls auf grundlegende Weise mit dem EU-Haushalt und seiner Finanzierung verknüpft ist;

52.

unterstreicht die sehr positive – wenn auch durch den MFR stark eingegrenzte – Rolle des EU-Haushalts bei der Abmilderung der Auswirkungen der Krise durch die Finanzierung des europäischen Konjunkturprogramms und die Umschichtung von Mitteln hin zu prioritären Bereichen; bedauert jedoch den Mangel an einer angemessenen Koordinierung zwischen der Wirtschafts- und der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten zwecks Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise und zwecks Gewährleistung der langfristigen Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen;

Die Auswirkungen der Strategie zur Konjunkturbelebung auf die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt

53.

weist darauf hin, dass der durch die Wirtschaftskrise bedingte Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Staatsschulden sowie der Wachstumsrückgang dem Ziel tragfähiger öffentlicher Finanzen zuwiderlaufen; nimmt zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten ihre Finanzen konsolidieren und die Liquidität der öffentlichen Finanzen verbessern müssen, um die Kosten des Schuldendienstes zu senken; ist sich aber auch bewusst, dass dies in ausgewogener Weise und innerhalb eines vernünftigen Zeitraums geschehen muss, wobei die besonderen Bedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind; hebt jedoch hervor, dass sich wahllose Kürzungen im Bereich der öffentlichen Investitionen, der Forschung, Bildung und Entwicklung nachteilig auf ein angestrebtes Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum und die Aussichten für die soziale Eingliederung auswirken, und ist daher der Ansicht, dass langfristige Investitionen in diesen Bereichen weiterhin gefördert und gegebenenfalls ausgebaut werden müssen;

54.

betont, dass der gegenwärtige Aufschwung noch nicht stabil ist und die Arbeitslosigkeit in den meisten Mitgliedstaaten weiterhin ansteigt, wovon Jugendliche besonders stark betroffen sind; ist fest davon überzeugt, dass das Ende der Wirtschaftskrise erst verkündet werden kann, wenn die Arbeitslosenzahlen deutlich und nachhaltig zurückgehen und unterstreicht die Tatsache, dass die europäischen Wohlfahrtsstaaten ihre Bedeutung unter Beweis gestellt haben, indem sie Stabilität gewährleistet und zum Aufschwung beigetragen haben;

55.

erachtet es für erforderlich, die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt angemessen zu bewerten sowie auf europäischer Ebene eine Konsolidierungsstrategie zu entwerfen, die sich auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, auf Bildung, auf Investitionen, die zu reger Wirtschaftstätigkeit führen, auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Unternehmen, insbesondere der KMU, und auf neuen Impulsen für die Industrie bei gleichzeitiger Sicherstellung eines Übergangs zu einer wettbewerbsfähigen nachhaltigen Volkswirtschaft gründet; ist der Auffassung, dass diese Ziele im Mittelpunkt der Strategie „Europa 2020“ stehen sollten;

56.

ist der Ansicht, dass die Strategie zur Konjunkturbelebung keinesfalls zu strukturellen Ungleichgewichten und großen Einkommensdisparitäten führen darf, die die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beeinträchtigen, sondern vielmehr die notwendigen Reformen zur Beseitigung dieser Ungleichgewichte beinhalten muss; vertritt die Auffassung, dass die finanz- und steuerpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten das Niveau der Löhne, Altersbezüge, Arbeitslosenbezüge und der Kaufkraft der Haushalte aufrechterhalten müssen, ohne die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Erbringung künftiger unerlässlicher Dienstleistungen zu gefährden;

57.

stellt fest, dass die absehbare Überalterung der Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten eine beispiellose Herausforderung für die EU-Mitgliedstaaten darstellt; ist daher der Ansicht, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise grundsätzlich keine langfristigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen haben und künftige Generationen, die für neu eingegangene Verbindlichkeiten werden aufkommen müssen, nicht über Gebühr belasten sollten;

58.

hält es für notwendig, dass die Anstrengungen zur Konjunkturbelebung von politischen Maßnahmen begleitet werden, die sich gegen strukturelle Arbeitslosigkeit insbesondere unter jungen und älteren Menschen, Behinderten und Frauen richten und darauf abzielen, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, um so die Produktivität der Arbeit und den Wirkungsgrad von Investitionen zu steigern; hält in diesem Zusammenhang Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Humankapitals, so beispielsweise im Bildungs- oder Gesundheitswesen, die auf eine höhere Produktivität und eine längere Arbeitsfähigkeit der Arbeitskräfte abzielen, sowie politische Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit für wichtig; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission dazu auf, die politischen Programme und Maßnahmen für Beschäftigung und den Arbeitsmarkt zu stärken und sie in den Mittelpunkt der Strategie „EU 2020“ zu rücken;

Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und die Strategie für Beschäftigung

59.

vertritt die Auffassung, dass tragfähige öffentliche Finanzen zum größten Teil davon abhängen, ob es gelingt, die Beschäftigungsrate zu erhöhen, um so angemessen auf die Herausforderungen in Bezug auf die demografische Entwicklung und die wachsende Staatsverschuldung besonders im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit der Rentensysteme reagieren zu können; ist der Ansicht, dass das vorhandene europäische Humankapital mittelfristig durch eine angemessene Einwanderungspolitik, die zur Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt und den Erwerb der Staatsangehörigkeit führt, unterstützt werden kann;

60.

betont, dass der Beschäftigungsaufbau für die EU unabdingbar ist, um den Problemen einer immer älter werdenden Bevölkerung Rechnung zu tragen, und hebt hervor, dass eine hohe Erwerbsquote eine Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, soziale Eingliederung sowie eine nachhaltige und wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft ist;

61.

ist der Ansicht, dass die Strategie „Europa 2020“ auf einen „Pakt für die Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik“ hinauslaufen muss, der darauf ausgerichtet ist, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu fördern, und in dessen Mittelpunkt die Arbeitsmarktintegration jedes Einzelnen steht, die den besten Schutz der Bürger vor sozialer Ausgrenzung darstellt; betont, dass sich sämtliche politische Maßnahmen gegenseitig verstärken sollten, um positive Synergien zu erzielen; vertritt die Auffassung, dass sich die Strategie auf Leitlinien und soweit möglich auf Indikatoren und Referenzgrößen stützen sollte, die auf nationaler und europäischer Ebene messbar und vergleichbar sind;

Die Stabilität der sozialen Sicherungssysteme

62.

betrachtet eine auf europäischer Ebene koordinierte Finanzpolitik der Mitgliedstaaten mit den Zielen eines nachhaltigen Wachstums, der Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze sowie der Annahme von Reformen, die notwendig sind, um die Tragfähigkeit der sozialen Schutzsysteme zu gewährleisten, als eine der notwendigen Antworten, um den Konsequenzen der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der sozialen Krise und den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Globalisierung zu begegnen;

63.

weist darauf hin, dass das langfristige Gleichgewicht der gesetzlichen Rentensysteme nicht nur von der demografischen Entwicklung abhängt, sondern auch von der Produktivität der Berufstätigen, die einen Einfluss auf die potentielle Wachstumsrate sowie auf den Anteil des BIP haben, der für die Finanzierung dieser Systeme vorgesehen ist;

64.

verweist auf die Bedeutung des Grünbuchs über die Reform der Altersversorgung, das in Kürze veröffentlicht wird, und hält den Aufbau eines nachhaltigen, sicheren und breit angelegten Rentensystems mit verschiedenen Finanzierungsquellen, die sich nach der Arbeitsmarktentwicklung und den Finanzmärkten ausrichten und die Form von betrieblichen Modellen annehmen können, in die öffentliche, ergänzende arbeitgebergestützte und individuelle Versorgungssysteme einfließen, für unerlässlich und meint, dass ein solches System durch vertragliche oder steuerliche Anreize gefördert werden sollte; erkennt daher an, wie wichtig es ist, dass die EU-Bürger über die Rententhematik unterrichtet sind;

65.

betont, dass auf lange Sicht implizite Rentenverbindlichkeiten einen nicht unwesentlichen Teil der Staatsverschuldung ausmachen werden und dass die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer gemeinsam vereinbarten Methode regelmäßig Informationen über ihre impliziten Rentenverbindlichkeiten veröffentlichen sollten;

66.

ist der Ansicht, dass die Notwendigkeit sowohl von tragfähigen öffentlichen Finanzen als auch von Sozialsystemen, die einen ausreichenden Schutz bieten und niemanden ausgrenzen, eine Erhöhung der Qualität und Effizienz von Verwaltung und öffentlichen Ausgaben erfordert; ist ferner der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten dazu angeregt werden sollten, Maßnahmen zu erwägen, um die Steuerlast gleichmäßiger zu verteilen, indem man die Besteuerung der Arbeit und der KMU Schritt für Schritt merklich zurückfährt; weist darauf hin, dass dies zu einem Rückgang der Armut sowie zu einer Bewahrung des sozialen Zusammenhalts und zur Steigerung des Wirtschaftswachstums und der Produktivität – wesentliche Faktoren für die Wettbewerbfähigkeit und Tragfähigkeit des europäischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells – beitragen kann;

*

* *

67.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der EZB und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 16 E vom 22.1.2010, S. 8.

(2)  Angenommene Texte P6_TA(2009)0123.

(3)  Angenommene Texte P6_TA(2009)0013.

(4)  Angenommene Texte P6_TA(2008)0357.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/120


Donnerstag, 20. Mai 2010
Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020

P7_TA(2010)0191

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020 (2009/2235(INI))

2011/C 161 E/18

Das Europäische Parlament,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf dessen Artikel 174 bis 178,

in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (1),

in Kenntnis der Entscheidung 2006/702/EG des Rates vom 6. Oktober 2006 über strategische Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zu der Umsetzung der Verordnung für die Strukturfonds 2007 - 2013: Ergebnisse der Verhandlungen über kohäsionspolitische Strategien und operationelle Programme (3),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. August 2007 mit dem Titel „Wettbewerbsfähige europäische Regionen durch Forschung und Innovation - Ein Beitrag zu mehr Wachstum sowie zur qualitativen und quantitativen Verbesserung der Beschäftigungslage“ (KOM(2007)0474),

in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission vom 14. November 2007 mit dem Titel „Regions delivering innovation through Cohesion Policy“ (Regionen liefern Innovation durch Kohäsionspolitik) (SEK(2007)1547),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze - Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon“, KOM(2005)0024,

in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission mit dem Titel „Lisbon Strategy evaluation document“ (SEK(2010)0114),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2007 mit dem Titel „Umsetzung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung durch die Mitgliedstaaten und Regionen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik, 2007-2013“ (KOM(2007)0798),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 14. Mai 2008 mit dem Titel „Ergebnisse der Verhandlungen über kohäsionspolitische Strategien und Programme im Programmplanungszeitraum 2007-2013“ (KOM(2008)0301),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 21. Dezember 2009 über den 20. Jahresbericht über die Durchführung der Strukturfonds (Durchführungsjahr 2008) (KOM(2009)0617),

in Kenntnis der Ex-post-Bewertungen des Programmplanungszeitraums 2000-2006,

in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission vom 24. November 2009 mit dem Titel „Konsultation über die künftige EU-Strategie bis 2020“ (KOM(2009)0647),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des informellen Treffens des Europäischen Rates vom 11. Februar 2010,

in Kenntnis der von der Kommission durchgeführten Konsultation der Öffentlichkeit zur Strategie „Europa 2020“ und deren Ergebnis (SEK(2010)0116),

in Kenntnis des Kommissionsvorschlags vom 3. März 2010„Europa 2020. Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

in Kenntnis des Strategieberichts der Kommission vom 31. März 2010 zur Förderung der Diskussion in der EU über Kohäsion,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0129/2010),

A.

in der Erwägung, dass berücksichtigt werden muss, dass die Kohäsionspolitik letztendlich die Verringerung der Entwicklungsunterschiede zwischen den einzelnen Regionen sowie des Entwicklungsrückstands der am stärksten benachteiligten Regionen bzw. Inselgebiete, einschließlich der ländlichen Gebiete, zum Ziel hat, dass die Strukturfondsverordnungen seit 2007 für die EU-15 eine obligatorische Zweckbindung für die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie beinhalten und dass die EU-12 auf freiwilliger Basis einen ähnlichen nicht verbindlichen Zweckbindungsmechanismus angewendet haben, wobei die im Rahmen der Kohäsionspolitik vorgesehenen Mittel auf die Stärkung der Anziehungskraft der Mitgliedstaaten und Regionen sowie auf Wachstum und Beschäftigung abzielen,

B.

in der Erwägung, dass – insbesondere während der aktuellen Rezession – die Kohäsionspolitik eines der wichtigsten Instrumente darstellt, um Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in der EU zu fördern, was unter anderem ihrer stabilen Finanzierung langfristiger Entwicklungsprogramme und politischer Maßnahmen, dem dezentralisierten Verwaltungssystem und der Aufnahme der Prioritäten der Gemeinschaft für die nachhaltige Entwicklung in ihre vorrangigen Ziele zu verdanken ist,

C.

in der Erwägung, dass zwei Drittel der EU-weiten öffentlichen Ausgaben auf regionaler und lokaler Ebene getätigt werden, dass sich in den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften oftmals beträchtliche politische Befugnisse bündeln und dass diese wichtige Akteure bei der Erfüllung sowohl der gegenwärtigen Lissabon-Strategie als auch der künftigen EU-Strategie bis 2020 sind,

D.

in der Erwägung, dass die Kohäsionspolitik und die EU-Strategie bis 2020 integriert werden sollten, weil die Kohäsionspolitik in den Vertrag von Lissabon aufgenommen wurde, um das Wachstum, die Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigung zu fördern, was Hauptziele der Strategie sind,

E.

in der Erwägung, dass den verschiedenen Entwicklungsständen der Regionen und Mitgliedstaaten in der vorgeschlagenen EU-Strategie bis 2020, ähnlich wie in der Lissabon-Strategie, nicht hinreichend Rechnung getragen wird und dass daher der wirtschaftliche Zusammenhalt in der erweiterten EU nicht deutlich genug hervorgehoben wird,

Kohäsionspolitik und Lissabon-Strategie

1.

stellt fest, dass von den Mittelzuweisungen für 2007-2013 innerhalb des Siebenjahreszeitraums etwa 228 Mrd. Euro für die Schwerpunkte der Lissabon-Strategie vorgesehen sind; betont, dass die Gesamtmittelzuweisungen, auch in der EU-12, die vorgeschlagenen Prozentsätze übertreffen;

2.

stellt fest, dass die Mittelzuweisungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat und von Zielsetzung zu Zielsetzung stark variieren; unterstreicht, dass es keine Einheitspolitik für alle Bereiche geben kann und dass ein entsprechender Versuch zu einer mangelnden Eigenverantwortung für bzw. Identifizierung mit jeglicher Wachstumsstrategie führen würde, so dass diese im Ergebnis nur unzureichend umgesetzt würde;

3.

verweist darauf, dass bereits im Zeitraum 2000-2006 Programme der Kohäsionspolitik eng mit der Lissabon-Strategie verknüpft waren und 10,2 Mrd. Euro in Forschung und Innovation investiert wurden, obwohl kein Zweckbindungsmechanismus vorhanden war;

4.

ist der Auffassung, dass die ursprüngliche Lissabon-Strategie, die sich ausschließlich auf die offene Koordinierungsmethode stützte, ihre erklärten Ziele strukturell nicht erreichen konnte und dass erst in Verbindung mit der Kohäsionspolitik greifbare Ergebnisse erzielt wurden; betont, dass sich dieser Fehler bei der vorgeschlagenen EU-Strategie bis 2020 nicht wiederholen darf;

5.

bedauert, dass aufgrund der Anlaufverzögerungen bei den Programmen und der dementsprechend unvollständigen Daten über Ausgaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht überprüft werden kann, ob die Mittelzuweisungen im Rahmen der Programme und die tatsächlichen Ausgaben einander entsprechen, und dass auch vor allem bei den Programmen der am wenigsten entwickelten Länder die Qualität der Investitionen im Rahmen der Lissabon-Strategie nicht analysiert werden kann; begrüßt die Veröffentlichung des Strategieberichts der Kommission und fordert auf dieser Grundlage eine interinstitutionelle Diskussion auf hoher Ebene, um den Beitrag der Kohäsionspolitik zu den Zielen der Lissabon-Strategie zu analysieren und die künftigen Wechselbeziehungen zu bewerten;

6.

kritisiert das Fehlen einer Gesamtbewertung der Auswirkungen der Kohäsionsausgaben auf die regionale Entwicklung; fordert die Kommission dazu auf, die territorialen Auswirkungen der Zweckbindung der Strukturfonds an die Lissabon-Strategie zu bewerten und zu beurteilen, ob dieses System tatsächlich zu einer ausgewogenen und kohärenten regionalen Entwicklung beiträgt;

7.

ist der Auffassung, dass eine effektive Auswertung auf Indikatoren basieren muss, die den Vergleich und die Aggregation der Daten nach Regionen gestatten; fordert die Kommission auf, bis 2012 einen Vorschlag zu Bewertungsindikatoren auszuarbeiten, die es ermöglichen, die erzielten Auswirkungen auch in Bezug auf die Quantität und die Qualität zu beurteilen und die erforderlichen Anpassungen für den nächsten Programmplanungszeitraum vorzunehmen;

8.

bedauert, dass ungeachtet der Hauptzielsetzungen der Lissabon-Agenda, die ursprünglich Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und den sozialen Zusammenhalt umfassten, die Neuauflage der Strategie 2005 ein weniger ambitioniertes Programm beinhaltet;

9.

ist der Auffassung, dass unzureichende Multi-Level-Governance eines der Haupthindernisse für die Lissabon-Strategie darstellt, da die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und die Zivilgesellschaft zu wenig in die Gestaltung, Umsetzung, Kommunikation und Bewertung der Strategie einbezogen werden; empfiehlt deren künftige stärkere Einbindung in alle Phasen;

10.

betont, dass mit der Verankerung des Partnerschaftsprinzips in der Lissabon-Strategie das Gefühl der Verantwortlichkeit für die Zielsetzungen sowohl bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als auch bei den Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft gestiegen ist und eine höhere Nachhaltigkeit der Interventionen sichergestellt werden konnte; fordert die Kommission auf, die Umsetzung des Partnerschaftsprinzips in den Mitgliedstaaten besser zu kontrollieren;

11.

stellt fest, dass die Regionen und Städte Europas als Schlüsselakteure in den Bereichen Innovation, Forschung und Bildungspolitik eine grundlegende Rolle bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie spielen, dass sie mehr als ein Drittel der öffentlichen Investitionen der EU tätigen und dass sie sich bei der Verwendung der Strukturfondsmittel immer stärker auf Wachstums- und Beschäftigungsziele konzentrieren;

12.

weist darauf hin, dass insbesondere die regionale und lokale Ebene eine ausschlaggebende Rolle dabei spielt, die zahllosen Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft, die in Europa leben und produzieren, vor allem die KMU, zu erreichen und die allgemeine und berufliche Bildung sowie Forschung, Innovation und Entwicklung zu fördern;

13.

bedauert die geringen Synergieeffekte zwischen den nationalen strategischen Rahmenplänen und den nationalen Reformprogrammen im Rahmen der Strategie; empfiehlt einen stärkeren und regelmäßigen Dialog auf allen Ebenen, einschließlich der Gemeinschaftsebene, zwischen den für die Kohäsionspolitik und die Lissabon-Strategie/EU-Strategie bis 2020 zuständigen Verwaltungen und den betroffenen Partnern aus dem Begleitausschuss;

14.

begrüßt die Ergebnisse, die bisher durch die Finanzierungsinstrumente und die Zusammenarbeit mit der EIB bei der Förderung von Innovation und Forschung durch verlängerbare Finanzierungsformen erzielt wurden, und dringt darauf, dass die verschiedenen Finanzierungsinstrumente der EU besser mit denen der EIB verknüpft werden; erkennt deren Mobilisierungspotenzial für Investitionen und fordert deren Stärkung, insbesondere im Hinblick auf JEREMIE und JESSICA, um eine bessere Unterstützung für die Wirtschaft, speziell für KMU, zu gewährleisten; empfiehlt, die Vorschriften zur Regelung dieser Instrumente zu vereinfachen, um ihre umfassendere Nutzung durch die Empfänger von Fördermitteln zu ermöglichen;

Kohäsionspolitik und die EU-Strategie bis 2020

15.

begrüßt die Diskussion über die EU-Strategie bis 2020; unterstreicht den langfristigen Charakter dieser Strategie, die darauf abzielt, Rahmenbedingungen für ein stabiles Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa zu schaffen und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu vollziehen, und stimmt den festgelegten Prioritäten zu; betont, dass es notwendig ist, danach einen Ansatz der Multi-Level-Governance für den territorialen Zusammenhalt zu entwickeln, den Europa so dringend braucht;

16.

bedauert, dass diese Strategie vor dem Abschluss der Prüfung der derzeitigen Lissabon-Strategie vorgelegt wurde; empfiehlt der Kommission nachdrücklich, eine ehrliche Bestandsaufnahme der Schwächen bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie vorzulegen; betont, dass die Empfehlungen dieses parlamentarischen Berichts in die endgültige Fassung der neuen Strategie aufgenommen werden sollten;

17.

betont die Notwendigkeit, im Hinblick auf wirtschaftliche Entwicklung und verbesserte Kohäsion für eine effiziente und umfassende Infrastruktur durch die Modernisierung der Verkehrssysteme, die Schaffung umweltfreundlicher Verkehrslösungen, die Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser, Kanalisationsnetzen und Abfallmanagementsystemen, die Einführung eines effektiveren Umweltmanagements sowie die Sicherstellung der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und der erneuerbaren Energien zu sorgen;

18.

fordert die EU auf, konkrete Vorschriften und Maßnahmen festzulegen, die den besonderen Bedürfnissen von Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie z. B. Küstenregionen, Insel- und Berggebiete, Grenzregionen sowie Regionen in äußerster Randlage, unter Berücksichtigung der Rechtsgrundlage für den territorialen Zusammenhalt im neuen Vertrag von Lissabon Rechnung tragen;

19.

begrüßt, dass die soziale Dimension in dem Vorschlag berücksichtigt wird, weist aber darauf hin, dass die wirtschaftliche Säule die zentrale Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen spielt und dass es daher von größter Bedeutung ist, den freien, offenen und funktionsfähigen Binnenmarkt zu vollenden, der es den Unternehmern ermöglicht, flexibel auf makroökonomische Entwicklungen zu reagieren; unterstreicht, dass die aktuelle Krise gezeigt hat, dass in keiner Wachstumsstrategie die Ziele der sozialen Sicherheit, des Zugangs zu Dienstleistungen, der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie der Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze missachtet werden dürfen;

20.

begrüßt die Forderung nach mehr nachhaltigen, intelligenten Arbeitsplätzen, räumt jedoch ein, dass ein neues Wirtschaftsmodell zu einer ungleichen Kosten-Nutzen-Verteilung zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen führen könnte; um dies zu verhindern, wird die Union aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und Schlüsselbereiche aufzuzeigen, in denen ein Tätigwerden auf europäischer Ebene gemäß dem Subsidiaritätsprinzip am besten geeignet ist, um optimale Ergebnisse für alle Beteiligten zu erzielen;

21.

unterstreicht, dass Forschung und Innovation Schlüsselinstrumente für die Weiterentwicklung der EU sind und diese angesichts der globalen Herausforderungen wettbewerbsfähiger machen können; ist der Auffassung, dass in diesen Bereichen regelmäßige Investitionen sowie auch regelmäßige Auswertungen der Fortschritte, die auf der Grundlage der Ergebnisse erzielt wurden, erforderlich sind; fordert diesbezüglich eine bessere Koordinierung der Strukturfonds und des Rahmenprogramms, um die Vorteile der Finanzierung von Forschung und Innovation künftig noch besser nutzen zu können, und die Entwicklung von regionalen Innovationsclustern innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen ihnen;

22.

ist davon überzeugt, dass allgemeine und berufliche Bildung die Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung der EU ist und diese angesichts der globalen Herausforderungen wettbewerbsfähiger machen kann; glaubt, dass in diesem Bereich regelmäßig für Investitionen gesorgt werden muss und dass die erzielten Ergebnisse regelmäßig bewertet werden müssen;

23.

erkennt an, dass sich die bestehende Zielstruktur in den strukturpolitischen Maßnahmen in ihren ersten Jahren als gelungen erwiesen hat; fordert aus Gründen der Planungssicherheit das Fortbestehen dieser Struktur und des Grundsatzes der geteilten Verwaltung; erkennt an, dass zur Angleichung an die Ziele bis 2020 möglicherweise eine Anpassung der Zielinhalte erforderlich werden könnte;

24.

stellt fest, dass in einigen Teilen, insbesondere in den ländlichen Regionen, immer noch Infrastrukturdefizite vorhanden sind, die das europäische Wachstumspotenzial und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes blockieren; hebt in dieser Hinsicht die Bedeutung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit hervor und ist der Auffassung, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen in der Verkehrs-, Energie-, Telekommunikations- und IT-Infrastruktur geschaffen werden müssen und dass diese in die Strategie aufgenommen und weiterhin unverzichtbarer Bestandteil der Kohäsionspolitik sein sollten;

25.

erkennt an, dass dem EU-Haushalt bei der Erreichung der Ziele der EU-Strategie bis 2020 eine entscheidende Rolle zukommen muss; ist der Auffassung, dass die Kohäsionspolitik aufgrund ihres strategischen Schwerpunktes, ihrer starken und verbindlichen Konditionalität, ihrer maßgeschneiderten Interventionsmöglichkeiten, ihrer Kontrollmechanismen und ihrer technischen Unterstützung ein wirksames und effizientes Instrument zur Erfüllung der EU-Strategie bis 2020 darstellt;

26.

stellt fest, dass gerade im Bereich der Breitbandversorgung große Defizite im ländlichen Raum vorhanden sind und diese – gemäß dem Anspruch aus der Digitalen Agenda – behoben werden müssen, um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen zu unterstützen;

27.

begrüßt die Anerkennung der Rolle der Strukturfonds für die Erfüllung der Ziele der EU-Strategie bis 2020; unterstreicht jedoch, dass die Kohäsionspolitik nicht nur Quelle stabiler Mittelzuwendungen ist, sondern auch ein wirksames Instrument für die wirtschaftliche Entwicklung aller europäischen Regionen; ihre Hauptziele – Überwindung der Unterschiede zwischen den Regionen und Schaffung eines echten wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in Europa – und ihre Grundprinzipien – ein integrierter Ansatz, Multi-Level-Governance und echte Partnerschaft – sind ergänzende Schlüsselelemente für den Erfolg der Strategie und sollten mit ihr abgestimmt werden;

28.

betont, dass eine starke und solide finanzierte Kohäsionspolitik, die alle europäischen Regionen erfasst, ein Schlüsselelement der EU-Strategie bis 2020 sein muss; ist der Auffassung, dass diese Politik mit ihrem horizontalen Konzept eine Voraussetzung ist für die erfolgreiche Umsetzung der Ziele der EU-Strategie bis 2020 und ebenso für den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt in der EU; lehnt alle Versuche ab, die Kohäsionspolitik zu renationalisieren, und fordert, die regionale Dimension bei der Überprüfung des EU-Haushalts umfassend zu unterstützen;

29.

betont, dass die zeitnahe Festlegung von Instrumenten zur Erreichung der Ziele für den Erfolg der EU-Strategie bis 2020 von entscheidender Bedeutung ist;

30.

unterstreicht, dass die Kohäsionspolitik gegenüber der EU-Strategie bis 2020 nicht nachrangig ist; betont, dass die Schwerpunkte der Kohäsionspolitik zwar mit den Zielen der EU-Strategie bis 2020 in Einklang gebracht werden sollten, dennoch aber eine ausreichende Flexibilität gestattet werden sollte, um regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen und die schwächeren und bedürftigsten Regionen zu unterstützen, damit diese ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme überwinden und ihre naturbedingten Nachteile und Ungleichheiten ausgleichen können;

31.

fordert für die EU-Strategie bis 2020 ein verglichen mit der Lissabon-Strategie verbessertes Governance-System; empfiehlt dessen Gestaltung und Umsetzung unter Einsatz des Kohäsionsfonds und der Strukturfonds nach dem Grundsatz der Multi-Level-Governance, um die stärkere Einbindung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und Akteure der Zivilgesellschaft sicherzustellen; unterstreicht, dass zu dieser Einbindung auch die Annahme von Multi-Level-Governance-Vereinbarungen gehören könnte;

32.

ist der Auffassung, dass die EU-Strategie bis 2020 ein integraler Bestandteil der Erfüllung des Ziels des territorialen Zusammenhalts sein muss, der als neues Ziel im Vertrag von Lissabon verankert wurde; ist der Ansicht, dass das Potenzial der lokalen Initiativen im Bereich der grenzübergreifenden Zusammenarbeit für den territorialen Zusammenhalt noch unzureichend genutzt wird; fordert die Kommission auf, die Rolle der Strategien für Makroregionen in ihren Vorschlägen für die künftigen Vereinbarungen über die territoriale Zusammenarbeit ausführlicher darzulegen;

33.

weist darauf hin, dass eine stärkere territoriale Dimension der Strategie – unter Berücksichtigung der Besonderheiten und unterschiedlichen Entwicklungsniveaus der europäischen Regionen – mit direkter Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und Partnern im Sinne der Strukturfonds-Verordnung in die Planung und Umsetzung der relevanten Programme zu einem größeren Verantwortungsgefühl für die Ziele der Strategie auf allen Ebenen führen und vor Ort ein stärkeres Bewusstsein für die Zielsetzungen und Ergebnisse gewährleisten würde; auch die Regionen sollten durch die Entwicklung von innovativen Finanzierungsinstrumenten unterstützt werden, damit sie weiterhin ihren Beitrag zur Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie leisten können;

34.

hebt hervor, wie wichtig die Kenntnis des Territoriums auf lokaler und regionaler Ebene für die Ziele der EU-Strategie bis 2020 ist; hierfür ist es von grundlegender Bedeutung, die Bereitstellung gemeinsamer Statistiken und die Fähigkeit zum Verständnis der auch auf die lokale und regionale Ebene bezogenen Indikatoren zu gewährleisten;

35.

weist auf die Schlüsselrolle der Städte bei der Erreichung der Ziele der EU-Strategie bis 2020 hin; fordert nachdrücklich dazu auf, deren Erfahrung und Mitwirkung bei der Umsetzung der Prioritäten der EU-Strategie bis 2020 zu berücksichtigen, besonders in Bezug auf den Klimawandel, die soziale Integration, die demografische Entwicklung und Investitionen in eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, Energie, Verkehr, Wasserwirtschaft, Gesundheitswesen, öffentliche Sicherheit usw.; teilt den im Entwurf der Schlussfolgerungen des Rates geäußerten Standpunkt, dass die Regionen in die künftige Wachstums- und Beschäftigungsstrategie eingebunden werden müssen; schlägt vor, dass die Kommission und der Rat die Empfehlung des Ausschusses der Regionen bezüglich der EU-Strategie bis 2020 berücksichtigen, da die Umsetzung einer Strategie in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit den Regionen und Städten erfolgen muss;

36.

erwartet von der Kommission konkrete Vorschläge zur Schaffung von Synergieeffekten zwischen der Kohäsionspolitik und vorhandenen Sektorpolitiken gemäß einem umfassenden Konzept; empfiehlt eine Rationalisierung der Ziele, Instrumente und Verwaltungsverfahren der Programme sowie eine Angleichung der Programmlaufzeit dieser Politiken;

37.

ist jedoch der Auffassung, dass die Union den Kohäsionsfonds und die Strukturfonds weiterhin als Hauptfinanzierungsinstrumente nutzen sollte, da diese über bewährte und wirksame Mechanismen zur Erfüllung der gesetzten Ziele verfügen; hält die Einrichtung neuer separater thematischer Fonds zur Befassung mit den Zielen der EU-Strategie bis 2020 für überflüssig und ist stattdessen der Ansicht, dass sie in die Kohäsionspolitik und die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes eingegliedert werden sollten;

38.

empfiehlt die Annahme eines vereinfachten Konzepts für die Nutzung der Strukturfonds innerhalb des künftigen Regelungsrahmens; betont, dass die Harmonisierung von Vorschriften und Verfahren sowie die Berücksichtigung von Modellen für vorbildliche Verfahren möglicherweise zu einer Vereinfachung der Vergabeverfahren führt und potenzielle Empfänger von Fördermitteln zu einer Beteiligung an von der EU kofinanzierten Programmen ermutigt;

39.

empfiehlt der Kommission, die im Rahmen der EU-Strategie bis 2020 festgelegten Prioritäten in Abhängigkeit von den bei der Umsetzung der Strategie erreichten Ergebnissen und den veränderten Ausgangsbedingungen jährlich neu zu bewerten und neue Prioritäten aufzustellen, die auf die ständigen lokalen, regionalen und weltweiten Veränderungen abgestimmt sind;

40.

fordert die Kommission auf, sobald wie möglich dem Parlament ein strukturiertes Arbeitsprogramm zur Durchführung der Strategie vorzulegen und ihm in Zukunft klare Durchführungsbewertungen zu übermitteln; fordert außerdem die Ausarbeitung eines eindeutigen Arbeitspapiers, in dem die Beziehung zwischen der Strategie und der Kohäsionspolitik festgelegt wird;

41.

ist der Ansicht, dass der Ausschuss der Regionen über seine Monitoring-Plattform für die Lissabon-Strategie auch weiterhin die Fortschritte bei der EU-Strategie bis 2020 kontrollieren sollte und dass die Mitgliedstaaten aufgefordert werden sollten, jährlich in strukturierter Weise über die erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten;

*

* *

42.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25.

(2)  ABl. L 291 vom 21.10.2006, S. 11.

(3)  Angenommene Texte, P6_TA(2009)0165.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/126


Donnerstag, 20. Mai 2010
Union für den Mittelmeerraum

P7_TA(2010)0192

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Union für den Mittelmeerraum (2009/2215(INI))

2011/C 161 E/19

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die auf der Europa-Mittelmeer-Konferenz der Außenminister vom 27. und 28. November 1995 angenommene Erklärung von Barcelona, durch die eine Europa-Mittelmeer-Partnerschaft begründet wurde,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat unter dem Titel „Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum“ (KOM(2008)0319),

unter Hinweis darauf, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 13. und 14. März 2008 in Brüssel der Initiative „Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum“ zugestimmt hat,

unter Hinweis auf die Erklärung des Pariser Mittelmeergipfels vom 13. Juli 2008,

unter Hinweis auf die Abschlusserklärung des Treffens der Außenminister der Union für den Mittelmeerraum, das am 3. und 4. November 2008 in Marseille stattgefunden hat,

unter Hinweis auf die Erklärungen des Präsidiums der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer (PVEM) von Paris (12. Juli 2008), Kairo (22. November 2009) und Rabat (22. Januar 2010),

unter Hinweis auf die konstituierende Sitzung der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) vom 21. Januar 2010 in Barcelona,

unter Hinweis auf die Abschlusserklärung des Gipfeltreffens Europa-Mittelmeer der Wirtschafts- und Sozialräte und vergleichbaren Institutionen vom 19. Oktober 2009 in Alexandria,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Mittelmeerpolitik der Europäischen Union, insbesondere auf jene vom 15. März 2007 (1) und vom 5. Juni 2008 (2) sowie seine Entschließung vom 19. Februar 2009 (3) zum Barcelona-Prozess: Union für den Mittelmeerraum,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der zweiten Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenz zur Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft vom 11./12. November 2009 in Marrakesch,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zur Stärkung der europäischen Nachbarschaftspolitik (4),

unter Hinweis auf die Empfehlungen der Ausschüsse der PVEM, die auf der sechsten Plenartagung vom 13. und 14. März 2010 in Amman angenommen wurden,

unter Hinweis auf die Empfehlung der PVEM vom 13. Oktober 2008 in Jordanien, die an das erste Treffen der Außenminister des Barcelona-Prozesses: Union für den Mittelmeerraum in Marseille übermittelt wurde,

unter Hinweis auf die Satzung des Generalsekretariats der Union für den Mittelmeerraum vom 3. März 2010,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A7-0133/2010),

A.

in der Erwägung, dass der Mittelmeerraum für die EU von zentraler Bedeutung ist und dass in einer multipolaren und durch Verflechtung geprägten Welt integrierte große regionale Einheiten am ehesten in der Lage sein werden, die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, ökologischen, demografischen, politischen und die Sicherheit betreffenden Herausforderungen zu bewältigen,

B.

in der Erwägung, dass sich die Europäische Union eine strategische Vision zu Eigen machen muss, die all diesen Herausforderungen in den Beziehungen zu ihren südlichen Nachbarn Rechnung trägt, wobei der sozialen, wirtschaftlichen und demokratischen Entwicklung der Region Vorrang einzuräumen ist,

C.

in der Erwägung, dass die Union nach Artikel 8 EUV besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft entwickelt, um einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit auszeichnet,

D.

in der Erwägung, dass es die Union für den Mittelmeerraum (UfM) gestattet, die regionale und multilaterale Dimension der Beziehungen zwischen Europa und den Mittelmeerländern weiter zu stärken und die Aussicht auf die Errichtung eines Raums des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstands für 800 Millionen Bewohner wiederzubeleben, und den idealen Rahmen bietet, um die sozioökonomischen Herausforderungen zu bewältigen, die regionale Integration zu fördern und die gemeinsame Entwicklung der Partnerstaaten zu gewährleisten,

E.

in der Erwägung, dass die Nachbarschaftspolitik aufgrund der vorrangigen Orientierung auf differenzierte bilaterale Beziehungen alleine nicht geeignet ist, zu einem gemeinsamen und umfassenden Reform- und Integrationsprozess in der Region beizutragen, in Erwägung der sich in diesem Rahmen durch die Gründung der UfM bietenden Gelegenheit, die Komplementarität zwischen den bilateralen Kooperationsmaßnahmen einerseits und den regionalen Maßnahmen andererseits zu verstärken, um die Ziele der Zusammenarbeit zwischen Europa und dem Mittelmeerraum, die auf der wechselseitigen Anerkennung gemeinsamer Werte wie der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der verantwortungsvollen Staatsführung und der Achtung der Menschenrechte beruhen, wirksamer umzusetzen, und in der Erwägung, dass es angebracht ist, darauf zu beharren, dass sich die Mitgliedstaaten verpflichten, die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) gemäß Artikel 8 des EUV kohärent und glaubwürdig zu verfolgen,

F.

in der Erwägung, dass vom Besitzstand des Barcelona-Prozesses ausgegangen werden muss, dessen Ziele und Erfolge gemäß der Pariser Erklärung vom 13. Juli 2008 durch die UfM verstärkt werden müssen, und dass die vorhandenen politischen Instrumente und institutionellen Ebenen weder ausgeweitet noch zusammengelegt werden dürfen, damit die Effektivität und Kohärenz der zahlreichen Instrumente der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer gewahrt wird,

G.

in der Erwägung, dass die Mittelmeerländer seit rund fünfzehn Jahren eine rasche Diversifizierung ihrer Handels- und Wirtschaftsbeziehungen (z. B. mit Russland, China, Brasilien und den Golfstaaten) erleben und dass ihre Gesellschaften wesentliche Veränderungen (Konsumverhalten, Mobilität, demografischer Übergang usw.) durchlaufen, die nicht ohne Folge für das innere Gleichgewicht, insbesondere das territoriale Gleichgewicht, bleiben,

H.

in der Erwägung, dass der begrenzte kulturelle Austausch allein die Völker des Mittelmeers einander nicht näherbringen kann und dass Europa in kultureller Hinsicht für seine Mittelmeerpartner allmählich an Bedeutung einbüßt,

I.

in Erwägung der erheblichen zunehmenden Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Drittländern des Mittelmeerraums sowie der beunruhigenden strukturellen Schwierigkeiten sozioökonomischer und institutioneller Art, die im gemeinsamen Interesse aller Mitgliedstaaten der UfM nach entschlossenen gemeinsamen Antworten verlangen; in der Erwägung, dass das wirtschaftliche Wachstumspotenzial der Drittländer des Mittelmeerraums in dieser Hinsicht ermutigt; in Erwägung der Notwendigkeit einer besseren regionalen Süd-Süd-Integration,

J.

in der Erwägung, dass der regionale Kontext, in dem sich die UfM gestaltet, von Konflikten und politischen Spannungen gekennzeichnet bleibt, die ein Vorankommen seit dem Gipfel von Paris vom Juli 2008 untergraben und verzögert haben, in der Erwägung, dass der Friedensprozess im Nahen Osten zum Stillstand gekommen ist,

K.

in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise die in den Partnerländern bereits bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Problem der Arbeitslosigkeit, verstärkt haben; in der Erwägung, dass es im gemeinsamen Interesse dieser Länder und der EU liegt, die Arbeitslosenraten in der Region zu verringern und ihrer Bevölkerung, insbesondere den Frauen, jungen Menschen und der ländlichen Bevölkerung, Hoffnung für die Zukunft zu vermitteln,

L.

in der Erwägung, dass die Wiederaufnahme des Friedensprozesses im Nahen Osten und die konkreten Aussichten auf eine dauerhafte umfassende Lösung für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Europa und dem Mittelmeerraum sowie für das Funktionieren und die Umsetzung der Projekte der UfM von größter Bedeutung sind,

M.

in der Erwägung, dass die beiden wesentlichen Neuerungen der UfM – die institutionelle (Ko-Präsidentschaft, gemeinsamer ständiger Ausschuss, Sekretariat der UfM) und die operationelle Neuerung (Integrationsprojekte) – effizient und transparent funktionieren müssen, um die Lebensbedingungen der Bürger als der wichtigsten Nutznießer dieses Vorhabens zu verbessern,

N.

in der Erwägung, dass das Generalsekretariat zur treibenden Kraft des Instruments bestimmt ist, dass seine Effizienz von der Fähigkeit seines Personals, unabhängig zu arbeiten, abhängen wird und dass darüber hinaus die Anwesenheit eines hohen israelischen und eines hohen palästinensischen Beamten, die in einer internationalen Organisation auf regionaler Ebene zusammenarbeiten, beispiellos und Hoffnung versprechend ist,

O.

in der Erwägung, dass die Mittelmeerregionen von den transnationalen Herausforderungen, wie nachhaltige Entwicklung, Sicherheit der Energieversorgung, Migrationsströme sowie kultureller und touristischer Austausch, direkt betroffen sind und dass sie auch mit grenzübergreifenden Problematiken wie dem Wassermanagement und dem Zugang zum Wasser, der Umweltverschmutzung, der Entwicklung der Verkehrswege konfrontiert sind und dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften daher als Schaltstellen fungieren, wenn es um die Herausbildung einer nachhaltigen und an die lokalen Besonderheiten angepassten Territorialpolitik und die Durchführung konkreter und integrativer Projekte geht,

P.

in der Erwägung, dass die Landwirtschaft in den Mittelmeerländern aufgrund ihrer sozioökonomischen Bedeutung, ihrer Umweltauswirkungen und ihrer Folgen für das territoriale Gleichgewicht eine große Herausforderung darstellt,

Q.

in der Erwägung, dass sich auf den Süden des Mittelmeerbeckens und den Nahen Osten 60 % der an Wassermangel leidenden Weltbevölkerung konzentrieren und nach Berichten des UNDP über die arabische Welt und dem Aktionsplan für den Mittelmeerraum („Blue Plan“) 63 Millionen Menschen bis zum Jahr 2025 von Wasserknappheit betroffen sein könnten,

R.

unter Hinweis auf den Beschluss der Ministerkonferenz der UfM vom 4. November 2008 in Marseille, die digitale Kluft zwischen den beiden Seiten des Mittelmeers zu verringern, der zu dem Vorschlag für „BB-MED“ (Breitbanddienste für den Mittelmeerraum) führte,

S.

in der Erwägung, dass die im Rahmen der UfM angekündigten Projekte in diesem Stadium seit dem Gipfel von Paris an einer allgemeinen Unterfinanzierung leiden, die ihre Umsetzung zu verzögern droht,

T.

in Erwägung der großen Migrationsströme und der verschiedenen Herausforderungen, die sie in menschlicher, sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht auf beiden Seiten des Mittelmeers mit sich bringen,

U.

in Erwägung der immensen Bedeutung der Geldströme, die von den Migranten durch Rücküberweisung zu den Bevölkerungen der Länder des südlichen Mittelmeerraums fließen,

V.

in Erwägung sowohl des kürzlichen Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon und der damit verbundenen institutionellen Änderungen als auch der nach wie vor ungeklärten Fragen bezüglich der Arbeitsweise und Finanzierung der UfM, die das Europäische Parlament zum Anlass nimmt, die Entwicklungen der UfM eingehend zu verfolgen, um seinen Beitrag zum vollen Erfolg des Gipfels von Barcelona zu leisten,

1.

fordert die am 7. Juni 2010 in Barcelona zusammenkommenden Staats- und Regierungschefs der UfM auf, alles zu unternehmen, um dieses Treffen nach zwei schwierigen Jahren zu einem Erfolg für den Start der Institutionen der UfM, die Umsetzung der Großprojekte und für Fortschritte in allen Bereichen der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer zu machen;

2.

ist trotz der Schaffung der UfM nach wie vor besorgt angesichts des Fehlens einer klaren Definition der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union und einer langfristig angelegten strategischen Vision der Entwicklung und Stabilisierung dieser Region; betont, dass der Integrationsprozess Europa-Mittelmeer wieder eine Priorität der politischen Agenda der Europäischen Union werden muss;

3.

ermuntert die Regierungen der Mitgliedstaaten der UfM, den politischen Dialog eingehend zu überprüfen und zu verstärken; betont, dass Achtung und Verständnis auf beiden Seiten wesentliche Elemente dieses Dialogs sind, und weist darauf hin, dass die Förderung und die Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, seien sie bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Art, sowie der kollektiven Rechte eindeutig zu den Zielen dieser neuen Initiative gehören müssen, wofür vor allem die bestehenden Mechanismen gestärkt werden müssen; beharrt in diesem Rahmen darauf, dass die Freiheit der Meinungsäußerung sowie die Gedanken- und Glaubensfreiheit gewahrt und die Rechte der Minderheiten einschließlich der religiösen Minderheiten, geschützt werden müssen; betont, dass den Frauenrechten, der Geschlechtergleichstellung und dem Kampf gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung besondere Aufmerksamkeit gebührt; bekräftigt seine Unterstützung für die demokratischen politischen Organisationen und die Organisationen der Zivilgesellschaft am südlichen Ufer des Mittelmeers und würdigt die wertvolle Arbeit der Frauenorganisationen;

4.

ist der Ansicht, dass die politischen Spannungen und regionalen Konflikte im Mittelmeerraum nicht die Möglichkeit behindern dürfen, konkrete Schritte in Richtung einer sektorbezogenen und multilateralen Zusammenarbeit zu unternehmen, und dass die UfM nur durch die Verwirklichung der großen Vorhaben im Bereich der Integration und eines offenen politischen Dialogs dazu beitragen kann, im Geist der Solidarität und des Friedens ein Klima des Vertrauens zu entwickeln, das sich gedeihlich auf die Ziele der Gerechtigkeit und der gemeinsamen Sicherheit auswirkt; unterstreicht jedoch, dass es ohne eine Beilegung der verschiedenen regionalen Konflikte unter Achtung des Völkerrechts, die aus dem Mittelmeerraum einen einheitlichen Raum des Friedens macht, keinen uneingeschränkten Erfolg der UfM geben kann;

5.

fordert nachdrücklich, zu einer gerechten und dauerhaften Lösung des Nahostkonflikts zu gelangen, und plädiert für ein entschlossenes Engagement der EU und aller Mitgliedstaaten der UfM in diesem Sinne; bekräftigt seine Forderung nach Wiederaufnahme substanzieller Verhandlungen im Rahmen des Friedensprozesses, um zur Koexistenz zweier Staaten – eines unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staates und des Staates Israel, – die in Frieden, Sicherheit und international anerkannten Grenzen nebeneinander leben, zu gelangen; befürwortet den wichtigen Beitrag, den die UfM zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde unter anderem durch die Zusammenarbeit zwischen israelischen und palästinensischen Vertretern im Rahmen der UfM leisten kann;

6.

bedauert, dass der Prozess der Entkolonisierung der Westsahara immer noch nicht abgeschlossen ist;

7.

begrüßt die Ernennung des Generalsekretärs und die Annahme der Satzung des Sekretariats und empfiehlt mit Blick auf den Barcelona-Gipfel, die institutionelle und funktionelle Architektur der UfM anhand folgender Leitlinien abschließend festzulegen:

angemessene Ausstattung des Sekretariats mit finanziellen und satzungsmäßigen Mitteln, die ihm ein wirksames und unabhängiges Arbeiten ermöglicht; beharrlicher Einsatz für die kurzfristige Erreichung uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit des Sekretariats und für die Auswahl seines Personals nach dem Kriterium der Leistung, wobei der Grundsatz der geografischen Verteilung und eines ausgewogenen Verhältnisses von Frauen und Männern angemessen zu berücksichtigen ist;

Klärung der Entscheidungs-, Finanzierungs- und Umsetzungskriterien für die großen Projekte, insbesondere die Festlegung der Prioritäten für die nächsten drei Jahre;

Sicherung einer dem Vertrag von Lissabon entsprechenden gemeinsamen Vertretung der europäischen Beteiligten (Mitgliedstaaten, Rat und Kommission) bei gleichzeitiger Förderung des aktiven Mitwirkens aller Drittländer des Mittelmeerraums;

Wahrung der demokratischen Legitimität der UfM durch Bestätigung der PVEM als Bestandteil des institutionellen Gefüges;

Stärkere Koordinierung mit den Gemeinschaftsprojekten und -programmen, die durch die einschlägigen Ministerkonferenzen bestätigt wurden, unter besonderer Berücksichtigung von Synergiemöglichkeiten;

Ermöglichung von Kooperationen in unterschiedlicher Konstellation und deren Öffnung für Länder und multilaterale Institutionen, die zusammen an Projekten von gemeinsamem Interesse arbeiten wollen;

Gewährleistung einer guten Zusammenarbeit zwischen dem Sekretariat und der Europäischen Kommission sowie einer klaren Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten; Aufforderung an die Kommission zur aktiven Mitarbeit in der UfM und zu größerer Klarheit in Bezug auf ihre Beteiligung an dieser neuen institutionellen Struktur;

Entwicklung von Kommunikationsmaßnahmen, um die Tätigkeit der UfM öffentlichkeitswirksam zu gestalten; Unterrichtung der Bürger über die großen Vorhaben und die Fortschritte der UfM, insbesondere über eine umfassende und reichhaltige Internetsite;

Wahrung der demokratischen Legitimität der UfM, indem die Entscheidungen transparent getroffen und das Europäische Parlament, die PVEM und die nationalen Parlamente in den Entscheidungsprozess einbezogen werden; Betonung des Standpunkts, dass die PVEM als Teil der UfM anerkannt werden sollte, der die parlamentarische Komponente verkörpert;

Einbeziehung aller Akteure (Kommunalbehörden und Organisationen der Zivilgesellschaft) in den Entscheidungsprozess zu den wichtigsten Projekten und Dialog mit diesen Akteuren;

8.

erinnert daran, dass der Gipfel von Paris sechs große horizontale Strategiebereiche festgelegt hat (Zivilschutz, Meeresautobahnen und Autobahnen an Land, Bekämpfung der Verschmutzung des Mittelmeeres, Solarprogramm für den Mittelmeerraum, Mittelmeer-Initiative für Unternehmensförderung und Europa-Mittelmeer-Universität), in denen in der Mehrzahl bereits Projekte im Rahmen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer in Angriff genommen wurden; betont daher, dass im Rahmen der Partnerschaft zwischen Europa und dem Mittelmeerraum bereits durchgeführte Vorhaben und eingesetzte Mittel einer gründlichen Evaluierung unterzogen werden müssen, und wünscht, dass sich die Auswahl der im Rahmen der UfM finanzierten Vorhaben auf das Kriterium des Mehrwerts sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene stützt; fordert nachdrücklich die Umsetzung dieser vorrangigen Projekte;

9.

erachtet es für wesentlich, dass die Finanzierung der vorgesehenen Projekte durch Kombination öffentlicher und privater Mittel gewährleistet, erhöht und mobilisiert wird; in diesem Rahmen

fordert es die Mitglieder der UfM auf, die Projekte mit Mitteln in der erforderlichen Höhe auszustatten, und erwartet von den Teilnehmern des Gipfels von Barcelona ein zukunftsweisendes Engagement;

weist es darauf hin, dass jedwede finanzielle Unterstützung der Union während des Zeitraums vor dem Abschluss der Finanziellen Vorausschau 2007–2013 unbeschadet der laufenden oder geplanten regionalen Programme Europa-Mittelmeer erfolgen muss; unterstreicht es die Notwendigkeit einer erheblichen Aufstockung der Mittel, die in der neuen Finanziellen Vorausschau 2014–2020 der EU für die südliche Komponente der Europäischen Nachbarschaftspolitik sowie für die Beiträge der EU zu den Projekten der UfM bestimmt sind, allerdings unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise;

begrüßt es das Wirken nationaler, europäischer (EIB-FEMIP, EBWE) und internationaler (Weltbank) Finanzinstitutionen, die in der Region bereits tätig sind; unterstreicht die Notwendigkeit, für die großen Projekte Synergien zu finden, und schlägt die Schaffung einer Investitions- und Entwicklungsbank Europa-Mittelmeer vor, um den paritätischen Nord-Süd-Charakter der UfM zu stärken;

weist es mit Nachdruck auf die Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) hin, die die Koordinierung von drei der sechs vorrangigen Vorhaben (Umweltsanierung im Mittelmeerraum, Solarprogramm, Meeresautobahnen und Autobahnen an Land) sicherstellt;

betont es die Notwendigkeit, die Bedingungen für eine stärkere Zusammenarbeit und eine bessere finanzielle und wirtschaftliche Integration zwischen den Mitgliedstaaten der UfM, insbesondere zwischen den Staaten des südlichen Mittelmeerraums, zu schaffen;

begrüßt es die kürzliche Auflegung von Investitionsfonds, die zur Finanzierung der Projekte der UfM bestimmt sind, darunter den für Infrastrukturprojekte vorgesehenen „InfraMed“-Fonds, und fordert die verschiedenen Beteiligten auf, die Entwicklung vergleichbarer Initiativen und die Zusammenarbeit zwischen Investoren, insbesondere zwischen Langzeitinvestoren, zu fördern;

wünscht es die Auflegung von Investitionsfonds, die zur Finanzierung der Projekte der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich der nachhaltigen Entwicklung bestimmt sind;

10.

regt an, auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen und juristischen Rahmenbedingungen der Drittländer hinzuwirken, insbesondere auf die Schaffung existenzfähiger und zuverlässiger subregionaler Finanzinstitutionen, die in der Lage sind, ausländische Investitionen anzuziehen; fordert gleichfalls

durch die Einführung einer für die Drittländer des Mittelmeerraums gemeinsamen Investitionsschutzcharta den Schutz der Investitionen zu harmonisieren und zu verbessern und die Investitionstätigkeit zu fördern;

die Schaffung eines Versicherungs- und Finanzgarantiesystems für Investoren, das sich am Vorbild der Multilateralen Investitionsgarantie-Agentur (MIGA) orientiert und dem Kontext Europa-Mittelmeer angepasst ist;

Reformen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands und insbesondere zur Verbesserung und Vereinfachung der Vertragsausführung;

die Förderung einer schrittweisen und effektiven Harmonisierung des Arbeitsrechts unter Achtung der Arbeitnehmerrechte in den Mitgliedstaaten der UfM;

die Verbesserung des Zugangs zu Krediten für KMU sowie des Angebots an Kredit- und Mikrokreditprodukten;

11.

strebt die Verbesserung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in der Region an, die eine unverzichtbare Garantie für künftige Investitionen darstellen; betont die Bedeutung des Ziels der Entwicklung der Humanressourcen und der Beschäftigung entsprechend den Millenniums-Entwicklungszielen im Bereich der Bekämpfung der Armut; unterstreicht, dass die Erhaltung und der Ausbau starker öffentlicher Dienstleistungen eine weitere wichtige Voraussetzung für die Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung in der Region sind;

12.

vertritt die Auffassung, dass eine verstärkte bilaterale und multilaterale wirtschaftliche Süd-Süd-Zusammenarbeit konkrete Vorteile für die Bürger mit sich bringen und das politische Klima in der Region verbessern würde;

13.

weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, den Süd-Süd-Handel auszubauen, der bislang lediglich 6 % des Handelsverkehrs ausmacht, und damit zur Ausweitung des Agadir-Abkommens beizutragen; erinnert an das Interesse dieser Länder an einer Intensivierung ihrer Beziehungen und ihres Handels untereinander, um einen geeinten, starken und für Investoren attraktiven Wirtschaftsraum zu schaffen, der es ermöglicht, die Interessen der Region zu verteidigen und die Bemühungen um ihre Entwicklung zu verstärken; unterstreicht, dass die UfM eine einfachere Bescheidung von Anträgen auf technische und finanzielle Unterstützung ermöglichen muss, um die Süd-Süd-Wirtschaftsintegration zu fördern; ist der Ansicht, dass die Ausweitung der Vereinfachung der europaweiten Ursprungskumulierung dabei helfen könnte;

14.

betont die Wichtigkeit der derzeitigen Verhandlungen über die Freihandelszone Europa-Mittelmeerraum und ermutigt die Mitgliedstaaten der UfM zusammenzuarbeiten, um ihre Standpunkte im Rahmen der WTO-Verhandlungen einander anzunähern;

15.

fordert die Kommission auf, während der Aushandlung von Handelsabkommen die Ergebnisse der bestehenden Folgenabschätzungen zu berücksichtigen und die Auswirkungen des Liberalisierungsprozesse vor dem Hintergrund des Klimawandels und der wirtschaftlichen und sozialen Krise zu beurteilen sowie im Bedarfsfall eine schrittweise und asymmetrische Umsetzung zu ermöglichen, wobei auf beiden Seiten des Mittelmeers vergleichbare Produktionen geschützt werden, für die die Konkurrenz durch eine fortschreitende Liberalisierung die größte Gefahr in sich birgt; fordert die UfM auf, Projekte hauptsächlich entsprechend sozialen und wirtschaftlichen Erfordernissen und der Notwendigkeit der ökologischen Schadensbegrenzung auszuwählen;

16.

wünscht, dass die Assoziierungsabkommen unter Berücksichtigung der sich aus der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise und den Lebensmittel- und Energiekrisen ergebenden neuen Anforderungen überarbeitet werden; weist darauf hin, dass eines der wichtigsten Ziele der Errichtung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer auch weiterhin ein Handel im Dienste der Entwicklung und der Armutsverringerung sein muss, und hofft dass der am 9. Dezember 2009 vom Gipfel auf Ministerebene angenommene „Fahrplan“ die Verwirklichung dieses Ziels ermöglichen wird;

17.

bedauert, dass die sozioökonomischen, Handels- und Energieversorgungsaspekte wie z. B. ausländische Direktinvestitionen, Beschäftigung, Energieeffizienz, informelle Wirtschaft und Armutsbekämpfung, in der Pariser Erklärung vernachlässigt wurden, und verlangt, dass dies auf dem Barcelona-Gipfel korrigiert wird;

18.

weist darauf hin, dass die Migrationspolitik eine der Prioritäten der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft darstellt, und fordert die Staaten und Institutionen der UfM auf, der koordinierten Steuerung der Migrationsströme besondere Aufmerksamkeit zu schenken; betont, dass der Aufbau der UfM untrennbar mit einer Aufwertung der Humanressourcen und dem Austausch zwischen den Bevölkerungen des Mittelmeerbeckens verknüpft ist, und fordert dazu auf, neben der Regulierung der Migrationsströme und der Bekämpfung der illegalen Einwanderung den freien Personenverkehrs zwischen beiden Seiten des Mittelmeers schrittweise zu erleichtern, die Mechanismen zur Integration von Einwanderern zu verstärken, aktive Maßnahmen zugunsten der Beschäftigung auszuarbeiten und die Bedingungen für die Wahrnehmung des Asylrechts zu verbessern; ist der Auffassung, dass der am 19. November 2007 in Albufeira abgehaltenen Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenz über Migration Kontinuität verliehen werden sollte;

19.

fordert die Mitglieder der UfM auf, die Rücküberweisung von Geldern der Migranten an die Bevölkerung der südlichen Mittelmeerländer zu erleichtern und insbesondere auf eine Verringerung der dabei anfallenden Kosten hinzuwirken;

20.

bekräftigt die Bedeutung des sogenannten vierten Kapitels (Migration, soziale Integration, Justiz und Sicherheit) der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer und betont, dass die UfM die Zusammenarbeit in diesen Bereichen fördern soll;

21.

unterstreicht die strategische Bedeutung, die den Problemen der Landwirtschaft, der Entwicklung des ländlichen Raums, der Anpassung an den Klimawandel und der rationellen Verwendung von Wasser und Energie in den Mittelmeerländern zukommt, und verlangt, die Zusammenarbeit im Agrarbereich zu einer politischen Priorität zu erheben; ermutigt die Staaten der UfM, im Rahmen der WTO-Verhandlungen eine möglichst weitgehende Angleichung ihrer Positionen anzustreben und vor allem im Hinblick auf die Einhaltung angemessener Standards in den Bereichen Soziales, Nahrungsmittelsicherheit, Pflanzenschutz und Umwelt sowie Produktqualität zu einer größeren Konvergenz der Agrarpolitiken im Europa-Mittelmeer-Raum zu gelangen; vertritt die Auffassung, dass diese Politiken die Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung (einschließlich der Erhaltung der natürlichen Ressourcen) einbeziehen müssen, was mittelfristig das Entstehen regionaler Märkte ermöglicht, wobei der besonderen Lage und der Wettbewerbssituation der Landwirte des Mittelmeerraums sowie der notwendigen Bewahrung eines starken Agrarsektors Rechnung getragen werden muss;

22.

betont die Notwendigkeit einer regionalen Agrarpolitik im Sinne des Europa-Mittelmeer-Fahrplans für die Landwirtschaft, die die lokale Nahrungsmittelproduktion und die Ernährungssicherheit schützt und die Produktion, den Vertrieb und die Diversifizierung typischer Mittelmeererzeugnisse sowie die Entwicklung kleiner und mittlerer Betriebe fördert und auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist; fordert die Kommission angesichts der zunehmenden Ernährungsunsicherheit in vielen Mittelmeerpartnerländern auf, Anträge der Partnerländer auf verlängerte Schutzmaßnahmen und Verfahren für eine schnelle Umsetzung in Zeiten von Lebensmittelkrisen zu akzeptieren;

23.

bekräftigt seine Unterstützung für die Umweltdimension der UfM und weist auf die Bedeutung der Europa-Mittelmeer-Initiative zur Bekämpfung der Verschmutzung des Mittelmeeres hin; begrüßt in diesem Zusammenhang den Start der zweiten Phase des Investitionsprogramms für Problemgebiete des Mittelmeerraums – Fazilität zur Vorbereitung und Durchführung von Projekten (MeHSIP PPIF); ist der Auffassung, dass es dringend erforderlich ist, Fortschritte im Bereich der Verhinderung der Meeresverschmutzung zu erzielen, und dass dem Mittelmeer als einem Binnenmeer besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss; weist darauf hin, dass sämtliche UfM-Projekte im Einklang mit den bestehenden Programmen geplant und durchgeführt werden sollten, insbesondere was den Mittelmeer-Aktionsplan des UNEP betrifft, der im Rahmen des Übereinkommens von Barcelona umgesetzt werden soll;

24.

fordert die Partnerstaaten auf, im Rahmen der Großprojekte der UfM im Bereich des Land- und Seeverkehrs die Infrastruktur zu verbessern, um den Personen- und Warenverkehr im Mittelmeerraum zu verbessern und eine Verkehrspolitik unter Berücksichtigung der Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung, der Verringerung der Treibhausgasemissionen, der Energieeffizienz und der Intermodalität zu fördern; betont, dass diese Anstrengungen insbesondere in Verbindung mit der Umwelt-, der Industrie-, der Gesundheits- und der Raumordnungspolitik durchgeführt werden müssen; unterstreicht die Notwendigkeit, Projekte für den Bau von Meeresautobahnen zu entwickeln, um Verkehrsverlagerungen zu fördern und sichere, umweltverträgliche und nachhaltige Handelswasserstraßen zu schaffen;

25.

ist der Auffassung, dass der Ausbau der Infrastruktur der Seehäfen und des Landverkehrs einen Faktor für die Wirtschaftsentwicklung darstellen und den Handel zwischen den Euromed-Ländern fördern kann;

26.

unterstreicht die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit im Energiesektor zu verstärken, und fordert dazu auf, unverzüglich Entwicklungsprogramme auf den Weg zu bringen, mit denen die Diversifizierung der Energiequellen und -leitungen gefördert wird, womit ein entscheidender Beitrag für die Sicherheit der Energieversorgung im Mittelmeerraum geleistet würde;

27.

erinnert an das hohe Potenzial an erneuerbaren Energiequellen in der Region Europa-Mittelmeer, insbesondere was die Wind- und Solarenergie betrifft; unterstützt eine rasche und koordinierte Umsetzung des Mittelmeersolarplans, dessen Hauptziel die Schaffung von 20 GW an neuen Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie im Mittelmeerraum bis 2020 ist, und von Wirtschaftsinitiativen wie etwa DESERTEC sowie die Annahme einer Europa-Mittelmeer-Strategie für Energieeffizenz; wünscht, dass die Vorhaben vorrangig den Bedürfnissen der Lieferstaaten entsprechen, und betont diesbezüglich die Auswirkungen der Verstärkung der Netzstrukturen, insbesondere am südlichen Ufer, der schrittweisen Schaffung eines durch Verflechtung geprägten regionalen Marktes und der Schaffung eines neuen Industriezweigs, beispielsweise der Herstellung von Solarkomponenten, auf die Partnerländer im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung;

28.

fordert die weitere Förderung und Unterstützung der „Solar for Peace“-Initiative im Rahmen des „Euro-Mediterranean Energy Market Integration Project“ (MED-EMIP);

29.

empfiehlt, dass die Länder, die am Europa-Mittelmeer-Prozess teilnehmen, sich der im Rahmen des Strategieplans für Energietechnologie geplanten „Smart Cities“-Initiative anschließen;

30.

unterstützt die Förderung der Trans-Europa-Mittelmeer-Verbundnetze für Strom, Erdgas und Erdöl mit dem Ziel, die Sicherheit der Energieversorgung zu stärken; betont die Notwendigkeit, den Kreislauf der Stromversorgung im Mittelmeerraum zu schließen, und unterstützt die Entwicklung eines südlichen Erdgaskorridors; befürwortet die Nutzung der Leitungen in beiden Fließrichtungen in den Fällen, in denen dies sowohl sicher als auch kosteneffektiv und praktikabel ist;

31.

betont, dass die „20-20-20“-Klimaziele erhebliche Auswirkungen auf die Nachfrage nach Erdgas haben werden und dass die Ausarbeitung eines LNG-Aktionsplans für die Mitglieder der UfM die Diversifizierung und Sicherheit der Versorgung besonders für Länder, die auf einen einzigen Lieferanten angewiesen sind, verbessern würde;

32.

betont die Bedeutung von Fortschritten im Bereich der LNG-Technologie und von Investitionen in die Transportkapazität von LSG-Tankern und in LNG-Wiederverdampfungsterminals; stellt fest, dass neben der Infrastrukturentwicklung auch die Sicherheit im Seeverkehr eine Notwendigkeit ist;

33.

betont, dass eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des Zivilschutzes im Mittelmeerraum aufgebaut werden muss, um Naturkatastrophen, insbesondere Erdbeben, Überschwemmungen und Waldbrände, zu bekämpfen; regt die Schaffung eines Europa-Mittelmeer-Instituts an, das sich mit der Waldbrandproblematik befasst;

34.

betont, dass es wichtig ist, im Rahmen der UfM neue Projekte für Bildung, Schüler- und Studentenaustausch und Forschung zu entwickeln, die einen Beitrag zur Annäherung zwischen den Völkern der beiden Seiten des Mittelmeers leisten können; erachtet die Schaffung eines echten Raums der Hochschulbildung, der Wissenschaft und der Forschung im Europa-Mittelmeer-Gebiet mit aktiver Einbindung der Zivilgesellschaft als vorrangig und in diesem Zusammenhang:

begrüßt es die Vernetzung der Europa-Mittelmeer-Universität EMUNI und fordert die Partnerinstitutionen auf, ihr Engagement für den Ausbau ihrer Tätigkeiten zu intensivieren;

fordert es eine Aufstockung der Studentenaustauschprogramme wie „Erasmus Mundus“ und eine bessere Information über die bestehenden Austauschprogramme; fordert es insbesondere dazu auf, die Erfahrungen mit dem europäischen Programm Averroës als Anregung zu nutzen;

fordert es die Einrichtung eines ehrgeizigen Europa-Mittelmeer-Programms Erasmus Junior, das die Intensivierung des Schüleraustauschs zwischen den Mitgliedstaaten der UfM ermöglicht;

fordert es eine stärker strukturierte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschulbildung und Forschung, um die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, die Einführung gemeinsamer Diplome und die Einrichtung gemeinsamer Doktorandenkollegs zu fördern, womit insbesondere die Mobilität der Forscher gesteigert werden soll, zusammen mit Maßnahmen gegen die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte;

wünscht es, dass der Annäherung der Bildungs-, Forschungs- und Innovationstätigkeiten besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, wobei der Dialog zwischen Universitäten und Unternehmen sowie die öffentlich-privaten Forschungspartnerschaften besonders zu betonen sind;

35.

fordert, dass neue Initiativen zur Förderung des kulturellen Austauschs und des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Gesellschaften sehr rasch auf die Tagesordnung der UfM gesetzt werden, insbesondere durch Annahme einer Europa-Mittelmeer-Strategie auf dem Gebiet der Kultur und die Entwicklung des Dialogs zwischen den Kulturen und Religionen; ruft dazu auf, die Vorhaben der Ständigen Konferenz der Fernsehproduktion der Mittelmeerländer (COPEAM) umzusetzen, insbesondere das eines Fernsehkanals Europa-Mittelmeer sowie die Wiederbelebung gelungener Initiativen wie der Arabischen Woche und von EuroMedScola; begrüßt die Initiativen der Bibliothek von Alexandria, des Instituts der Arabischen Welt und der Anna-Lindh-Stiftung und insbesondere die von Letzterer veranstaltete Tagung des Forums für den Dialog zwischen den Kulturen im März 2010 in Barcelona; fordert die der UfM angehörenden Staaten und Institutionen auf, ihr Engagement im Rahmen der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen fortzusetzen;

36.

begrüßt es, dass mit Marseille-Provence eine Bewerberin zur Europäischen Kulturhauptstadt 2013 gekürt wurde, deren Konzept entschlossen auf eine euro-mediterrane Dimension ausgerichtet ist und die Völker auf beiden Seiten des Mittelmeers einander näherbringen soll; unterstreicht, dass im Rahmen dieses sehr symbolträchtigen Konzepts konkrete innovative Maßnahmen im Dienste des Dialogs der Kulturen Europas und des Mittelmeerraums durchgeführt werden sollen;

37.

betont die Notwendigkeit, industriepolitische Maßnahmen einzuführen, um mehr größenbedingte Kosteneinsparungen zu ermöglichen, und gleichzeitig kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen und Spitzentechnologiesektoren zu stärken; fordert die Mitgliedstaaten und Institutionen der UfM auf, eine aktive Rolle bei der Unterstützung von KMU zu übernehmen und dabei ein besonderes Augenmerk auf wirksame Finanzdienstleistungen und technische und verwaltungstechnische Hilfe zu richten und so eine starke Unternehmensbasis besonders in Sektoren zu schaffen, die zum Wirtschaftswachstum in den Mittelmeerländern beitragen;

38.

betont, dass die PVEM dazu berufen ist, die demokratische parlamentarische Versammlung der UfM und Träger ihrer demokratischen Legitimität zu werden, und unterstützt den auf der sechsten Plenartagung der PVEM am 13. und 14. März 2010 in Amman angenommen Vorschlag, den Namen der PVEM in „Parlamentarische Versammlung – Union für den Mittelmeerraum (PV-UfM)“ zu ändern;

39.

bekräftigt seine Befugnisse im Haushaltsverfahren der Europäischen Union und weist auf die gestiegene Verantwortung der PVEM in ihrer ab sofort wahrzunehmenden Rolle als Berater und demokratisches Kontrollorgan bei der Festlegung der Arbeitsschwerpunkte, der Überwachung der in Angriff genommenen Projekte und im Haushaltsvollzug hin; legt eine regelmäßige Anhörung des Generalsekretärs und seiner Stellvertreter durch die verschiedenen zuständigen Ausschüsse der PVEM nahe; ist der Ansicht, dass diese Einbeziehung in die Verantwortung gleichwohl mit einer Verbesserung der Funktionsweise und der Arbeitsmethoden der PVEM, einschließlich der Bereitstellung der erforderlichen Personal- und Finanzausstattung, sowie einer besseren Abstimmung der Arbeit der PVEM mit derjenigen der anderen Organe der UfM einhergehen muss; begrüßt die entsprechenden Beschlüsse, die auf der sechsten Plenartagung der PVEM am 13. und 14. März 2010 in Amman angenommen wurden;

40.

begrüßt die kürzliche Schaffung der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) und verlangt eine gute Abstimmung zwischen der Tätigkeit der ARLEM und der PVEM, insbesondere durch gemeinsame Sitzungen und die Einladung der Mitglieder der Präsidien zu den jeweiligen Arbeitssitzungen; betont den Nutzen im Zusammenhang mit der Tatsache, dass diese Versammlungen gewählte Vertreter von beiden Seiten des Mittelmeers zusammenführen, die den Austausch bewährter Verfahren fördern;

41.

verweist darauf, dass die Zivilgesellschaft, die Sozialpartner und die zahlreichen, im Rahmen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer entstandenen professionellen und sozioprofessionellen Netze regelmäßig konsultiert und in die Aktivitäten und Projekte der UfM einbezogen werden müssen; und befürwortet

die Versammlung Europa-Mittelmeer der Wirtschafts- und Sozialräte und vergleichbaren Institutionen zur Prüfung der Einrichtung eines Wirtschafts- und Sozialrates Europa-Mittelmeer;

die Entwicklung von Vorhaben zur Förderung von Geschäftsbeziehungen, Investitionen und Partnerschaften von Unternehmen zwischen beiden Seiten des Mittelmeers wie das Programm „Invest in Med“;

die Vernetzung der Handelskammern und der Gewerkschaftsbünde und Arbeitgeberdachverbände Europas und der Mittelmeerstaaten;

die Ausweitung der Gruppe zur industriellen Zusammenarbeit, deren Aufgabe es ist, die Europa-Mittelmeer-Charta für Unternehmen umzusetzen, auf Organisationen, die kleine und mittlere Unternehmen vertreten, um sie zu einem Instrument zur Beseitigung von Hindernissen für das Wachstum und die Entwicklung der KMU zu machen;

42.

begrüßt das anlässlich der zweiten Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenz zur Stärkung der Rolle der Frau in der Gesellschaft (Marrakesch, 11. und 12. November 2009) bekräftigte Engagement, die Gleichstellung von Frauen und Männern de jure und de facto, die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und die Achtung der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Frauen und Männern zu fördern; erwartet nachdrücklich konkrete Schritte in diese Richtung und empfiehlt die Annahme eines Projekts im Rahmen der UfM zugunsten der unternehmerischen Initiative von Frauen und für deren stärkere Einbeziehung ins öffentliche Leben; erinnert an seine unverbrüchliche Haltung, wonach die Achtung der Traditionen und Bräuche kein Vorwand für die Verletzung der Grundrechte von Frauen bilden darf;

43.

fordert den Rat, die Vizepräsidentin der Kommission/die Hohe Vertreterin der EU, die Europäische Kommission und den neuen Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Beteiligung der EU an der UfM kohärent zu gestalten und das Europäische Parlament in die Festlegung der europäischen Politik einzubeziehen;

44.

begrüßt die kürzlich erfolgte Aufnahme auch von Ländern des westlichen Balkans, die EU-Beitrittskandidaten sind, in die UfM;

45.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat der Europäischen Union, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Ko-Präsidentschaft und dem Generalsekretär der UfM sowie den Regierungen und den Parlamenten der Partnerländer zu übermitteln.


(1)  ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 210.

(2)  ABl. C 285 E vom 26.11.2009, S. 39.

(3)  ABl. C 76 E vom 25.3.2010, S. 76.

(4)  ABl C 282 E vom 6.11.2008, S. 443.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/136


Donnerstag, 20. Mai 2010
Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus

P7_TA(2010)0193

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu der Notwendigkeit einer EU-Strategie für den Südkaukasus (2009/2216(INI))

2011/C 161 E/20

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Südkaukasus, einschließlich seiner Entschließung vom 15. November 2007 zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) (1) sowie vom 17. Januar 2008 zu einer wirkungsvolleren EU-Politik für den Südkaukasus (2) und zu einem neuen Ansatz in der Politik für den Schwarzmeerraum (3),

unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen vom 17. Dezember 2009 zu Aserbaidschan: Recht der freien Meinungsäußerung (4), vom 3. September 2008 zu Georgien (5), vom 5. Juni 2008 zur Verschlechterung der Lage in Georgien (6), und vom 13. März 2008 zu Armenien (7),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. Dezember 2008 an das Europäische Parlament und den Rat über die „Östliche Partnerschaft“ (KOM(2008)0823),

unter Hinweis auf die am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen der Partnerschaft Ost in Prag abgegebene Gemeinsame Erklärung,

unter Hinweis auf die mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien im November 2006 abgeschlossenen ENP-Aktionspläne sowie auf das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI), das in engem Zusammenhang mit der Umsetzung der ENP-Aktionspläne steht,

unter Hinweis auf die ENP-Fortschrittsberichte über Armenien, Aserbaidschan und Georgien, die die Kommission am 23. April 2009 angenommen hat,

unter Hinweis auf die Länderstrategiepapiere 2007-2013 sowie die nationalen Richtprogramme für Armenien, Aserbaidschan und Georgien im Rahmen des ENPI,

unter Hinweis auf die Halbzeitbewertung der ENPI-Programmplanungsdokumente für Armenien, Aserbaidschan und Georgien,

in Kenntnis der Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, die mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien 1996 geschlossen wurden,

unter Hinweis auf die einschlägigen Monitoringberichte der Parlamentarischen Versammlung des Europarats,

unter Hinweis auf den am 30. September 2009 veröffentlichten Bericht der Internationalen Untersuchungskommission über den Konflikt in Georgien (Bericht Tagliavini),

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0123/2010),

A.

in der Erwägung, dass die EU auf dem Treffen des Rates für auswärtige Angelegenheiten vom 8. Dezember 2009 ihre Absicht bekräftigt hat, im gesamten Südkaukasus Stabilität, Zusammenarbeit, Wohlstand und vernünftige Regierungsführung zu fördern, auch durch technische Hilfsprogramme,

B.

in der Erwägung, dass die EU sich nach dem Krieg in Georgien im August 2008 und ihrer erfolgreichen Einmischung für den Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens, der jedoch dringend ein weiteres Engagement erfordert, wenn der Waffenstillstand vollständig umgesetzt werden soll, zu einem wichtigen sicherheitspolitischen Akteur in der Region entwickelt hat, und zwar durch die Stationierung der EU-Beobachtungsmission, die Einleitung eines großen Hilfsprogramms für die Zeit nach dem Krieg und die Einleitung einer Untersuchungsmission über die Ursachen und den Verlauf des Krieges,

C.

in der Erwägung, dass die Verhandlungen zur Beilegung des Konflikts in Berg-Karabach unter Vermittlung der Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Laufe des Jahres 2009 intensiver geführt wurden,

D.

in der Erwägung, dass den Menschen, die aus den Konfliktzonen im Südkaukasus gewaltsam vertrieben wurden, noch immer das Recht auf Rückkehr in ihre Häuser verweigert wird; in der Erwägung, dass ungeachtet der von den drei Ländern auf den Weg gebrachten Programme für die Integration ihrer Flüchtlinge und Binnenvertriebenen an den Orten, an denen sie Zuflucht gefunden haben, noch immer zahlreiche Hindernisse für deren Erfolg bestehen; in der Erwägung, dass Flüchtlinge und Binnenvertriebene von den zuständigen Behörden in Konflikten nicht politisch instrumentalisiert werden dürfen,

E.

in der Erwägung, dass Armenien und die Türkei im Oktober 2009 Protokolle über die Aufnahme und den Ausbau diplomatischer Beziehungen und über die Öffnung ihrer gemeinsamen Grenze unterzeichnet haben, und dass dies ein vielversprechender Schritt war, dass eine Ratifizierung bisher jedoch noch nicht stattgefunden hat,

F.

in der Erwägung, dass die festgefahrenen Konflikte die wirtschaftliche und soziale Entwicklung beeinträchtigen und eine Verbesserung des Lebensstandards der Regionen des Südkaukasus sowie die volle Entfaltung der östlichen Partnerschaft der ENP behindern; in der Erwägung, dass eine friedliche Lösung des Konflikts für die Stabilität in der Nachbarschaft der EU maßgeblich ist; in der Erwägung, dass weitere Anstrengungen unternommen werden sollten, um gemeinsame Interessenbereiche zu ermitteln, in denen Divergenzen überwunden werden können, der Dialog erleichtert und die regionale Zusammenarbeit und Entwicklungsmöglichkeiten gefördert werden können,

G.

in der Erwägung, dass die EU in ihren Beziehungen mit den Südkaukasusstaaten die Grundsätze der Souveränität und der territorialen Integrität respektiert,

H.

in der Erwägung, dass durch die östliche Partnerschaft neue Möglichkeiten zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen geschaffen werden und ebenfalls eine multilaterale Zusammenarbeit eingeführt wird,

I.

in der Erwägung, dass die östliche Partnerschaft darauf abzielt, die Reformen, die Annäherung der Rechtsvorschriften und die wirtschaftliche Integration zu beschleunigen, und konkrete Unterstützung für die Festigung der Staatlichkeit und der territorialen Integrität der Partnerländer bietet und sich dabei auf die Grundsätze Konditionalität, Differenzierung und gemeinsame Handhabung stützt, und dass in diesem Rahmen die Aushandlung neuer Assoziierungsabkommen in Erwägung gezogen wird, die der Zustimmung des Europäischen Parlaments bedürfen,

J.

in der Erwägung, dass die Parlamentarische Versammlung EU-Europäische Nachbarschaft-OST (EURONEST) offiziell als entscheidender multilateraler Mechanismus für einen vertieften interparlamentarischen Dialog zwischen dem Europäischen Parlament und den sechs östlichen Partnern der EU, einschließlich Armenien, Aserbaidschan und Georgien, eingerichtet werden soll mit dem Ziel, diese Länder näher an die EU heranzuführen,

K.

in der Erwägung, dass die Lage in der Region Südkaukasus eine zunehmend offensive Politik des Engagements der EU in der Region erfordert, sowie in der Erwägung, dass die Einleitung der östlichen Partnerschaft und das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon eine gute Gelegenheit bieten, eine EU-Strategie für den Südkaukasus zu entwickeln,

1.

weist mit Nachdruck auf die Hauptzielsetzung der EU in der Region hin, nämlich die Förderung der Entwicklung Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens zu offenen, friedlichen, stabilen und demokratischen Staaten, die zur Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen bereit und fähig sind, den Südkaukasus in eine Region des dauerhaften Friedens, der Stabilität und des Wohlstands umzuwandeln, mit dem Ziel, die Integration dieser Länder in die europäische Politik zu verbessern; ist der Auffassung, dass die EU zur Verwirklichung dieses Ziels zunehmend politisch aktiv werden und im Einvernehmen mit den Ländern der Region eine Strategie entwickeln muss, bei der sie sanften Druck mit einem entschlossenen Vorgehen kombiniert, und die von bilateralen Maßnahmen ergänzt wird;

Sicherheitsfragen und friedliche Konfliktlösung

2.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Beibehaltung des Status quo bei jedem Konflikt in der Region inakzeptabel und auf Dauer nicht tragbar ist, da in einer solchen Situation die ständige Gefahr einer Eskalation der Spannungen und des Wiederaufflammens der bewaffneten Auseinandersetzungen gegeben ist; ist der Auffassung, dass alle Seiten sich aktiv für Frieden und Stabilität einsetzen sollten; befürwortet den Einsatz von grenzübergreifenden Programmen und einen Dialog zwischen den Bürgergesellschaften zur Konfliktbewältigung und Vertrauensbildung über Gräben hinweg; betont, dass die EU durch ihren Beitrag zur Dialogkultur in der Region sowie durch Sicherstellung der Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, einschließlich der Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, eine wichtige Aufgabe übernehmen muss;

3.

stellt fest, dass Konfliktbewältigung und Konfliktlösung sowie grundsätzliche Dialogfähigkeit unter anderem die Anerkennung der Rechte und der legitimen Interessen aller betreffenden Parteien und Gemeinschaften erfordern, die Offenheit, Vorstellungen in Bezug auf vergangene Ereignisse zu überdenken und zu einem gemeinsamen Verständnis vergangener Ereignisse zu gelangen, den Willen, den Hass und die Angst zu überwinden, die Bereitschaft, bei maximalistischen Standpunkten Kompromisse einzugehen und von revanchistischen Einstellungen abzulassen, und die Bereitschaft, echte Zugeständnisse auszuhandeln, um Stabilität und Wohlstand festigen zu können;

4.

weist darauf hin, wie wichtig Konfliktverhütung, auch durch die Achtung der Rechte aller Angehöriger nationaler Minderheiten, religiöse Toleranz und Bemühungen zur Stärkung des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts sind;

5.

weist mit Nachdruck auf die Verantwortung externer Akteure hin, ihre Macht und ihren Einfluss im Einklang mit dem Völkerrecht, auch den Menschenrechtsvorschriften, zu nutzen; ist der Auffassung, dass eine weiter reichende und ausgewogene Zusammenarbeit zwischen den externen Akteuren in der Region angestrebt werden sollte, um zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts beizutragen; betrachtet es als nicht hinnehmbar, dass irgendwelche externen Akteure Bedingungen für die Achtung der Souveränität und der territorialen Integrität der Staaten des südlichen Kaukasus stellen;

Der Konflikt um Berg-Karabach

6.

begrüßt das dynamische Tempo der Verhandlungen zum Konflikt in Berg-Karabach, das die sechs Treffen der Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan im Geiste der Erklärungen von Moskau im Laufe des Jahres 2009 kennzeichnete; fordert die Parteien auf, ihre Bemühungen bei den Friedensgesprächen zu verstärken und auf eine Einigung hinzuarbeiten, sich konstruktiver aufzustellen und die Neigung aufzugeben, den durch mit Gewalt herbeigeführten Status quo zu festigen, der jeglicher internationaler Legitimität entbehrt und auf diese Weise Instabilität verursacht und das Leiden der kriegsgeschüttelten Bevölkerung vor Ort verlängert; verurteilt den Gedanken einer militärischen Lösung und die schlimmen Folgen der bereits eingesetzten militärischen Gewalt und fordert beide Parteien auf, weitere Verletzungen des Waffenstillstands von 1994 zu vermeiden;

7.

unterstützt vorbehaltlos die Vermittlungsbemühungen der Minsk-Gruppe der OSZE, die Grundsätze von Madrid und die Erklärung der Ko-Vorsitzenden der Ländern der Minsk-Gruppe der OSZE vom 10. Juli 2009 am Rande des G8-Gipfels in L’Aquila; fordert die internationale Gemeinschaft auf, Mut und politischen Willen zu zeigen, um mitzuhelfen, die verbleibenden Punkte, die einer Vereinbarung im Wege stehen, zu überwinden;

8.

ist zutiefst besorgt darüber, dass Hunderttausende von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, die während des Kriegs in Berg-Karabach oder im Zusammenhang mit diesem Krieg aus ihren Häusern geflüchtet sind, nach wie vor vertrieben sind und ihnen ihre Rechte verwehrt werden, einschließlich des Rechts auf Rückkehr, des Rechts auf Eigentum und des Rechts auf persönliche Sicherheit; fordert alle Parteien auf, diese Rechte, die Notwendigkeit ihrer raschen Inanspruchnahme und einer baldigen Lösung dieses Problems unter Einhaltung der Grundsätze des Völkerrechts unmissverständlich und bedingungslos anzuerkennen; fordert in diesem Zusammenhang den Rückzug der armenischen Truppen aus allen besetzten Gebieten Aserbaidschans und – zur Gewährleistung der notwendigen Sicherheit während einer Übergangsphase unter Achtung der Charta der Vereinten Nationen – den Einsatz internationaler Streitkräfte, mit dem die Sicherheit der Bevölkerung von Berg-Karabach gewährleistet und die Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Häuser ermöglicht wird sowie weitere, durch Obdachlosigkeit verursachte Konflikte vermieden werden; fordert die staatlichen Stellen in Armenien und Aserbaidschan und die führenden Politiker der betreffenden Gemeinschaften auf, durch praktische Vorbereitungen für die Rückkehr der Vertriebenen zu zeigen, dass sie sich der Schaffung friedlicher Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen verpflichtet fühlen; ist der Auffassung, dass die Binnenvertriebenen und die Flüchtlinge nach internationalen Standards behandelt werden sollten, und verweist in diesem Zusammenhang unter anderem auf die jüngste Empfehlung 1877/(2009) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates mit dem Titel „Europas vergessene Menschen: die Achtung der Menschenrechte der Langzeitvertriebenen in Europa“;

9.

betont, dass ernsthafte Anstrengungen vonnöten sind, um den Weg für dauerhaften Frieden zu ebnen; fordert alle betroffenen Behörden auf, provozierende Maßnahmen und Rhetorik, Hetztiraden und Geschichtsmanipulationen zu vermeiden; fordert die führenden Politiker von Armenien und Aserbaidschan auf, verantwortungsvoll zu handeln, den Ton ihrer Aussagen abzumildern und in der Bevölkerung die Grundlage für eine öffentliche Meinung zu schaffen, die die Vorteile einer umfassenden Einigung akzeptiert und in ihrer Gänze versteht;

10.

ist der Auffassung, dass der Standpunkt, dass Berg-Karabach alle besetzten aserbaidschanischen Gebiete in der Umgebung von Berg-Karabach umfasst, rasch aufgegeben werden sollte; stellt fest, dass der Interimsstatus für Berg-Karabach bis zur Festlegung des endgültigen Status einen Lösungsansatz liefern könnte, und dass ein solcher Status die provisorischen Rahmenbedingungen für ein friedliches Miteinander und für Zusammenarbeit von armenischen und aserbaidschanischen Bevölkerungsgruppen in der Region schafft;

11.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass Sicherheit für alle ein unerlässlicher Bestandteil jeder Lösung ist; erkennt an, wie wichtig geeignete friedenserhaltende Maßnahmen in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards sind, die zivile und militärische Aspekte umfassen; fordert den Rat auf, zu prüfen, ob der Friedensprozess mit Hilfe von Instrumenten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterstützt werden kann, einschließlich der Entsendung einer großen Beobachtermission, die die Einrichtung einer internationalen Friedenstruppe erleichtern könnte, sobald eine politische Lösung gefunden wurde;

Annäherung Armenien–Türkei

12.

begrüßt die Protokolle über die Aufnahme und Entwicklung diplomatischer Beziehungen zwischen Armenien und der Türkei, die u. a. die Aussicht auf eine Öffnung der gemeinsamen Grenzen vorsehen; fordert beide Seiten auf, diese Gelegenheit zu ergreifen und ihre Beziehungen ohne Vorbedingungen und innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens im Wege der Ratifizierung und Umsetzung zu verbessern; betont, dass die Annäherung zwischen Armenien und der Türkei und die Verhandlungen im Rahmen der Minsk-Gruppe der OSZE zwei gesonderte Prozesse darstellen, die sich ihrer eigenen Logik folgend weiterentwickeln sollten; stellt jedoch fest, dass ein Fortschritt in einem der beiden Prozesse weitreichende und sehr positive Auswirkungen in der Region als Ganzes haben könnte;

Die Konflikte in Georgien

13.

bekräftigt seine bedingungslose Unterstützung für die Souveränität und die Unverletzbarkeit der international anerkannten Grenzen von Georgien und fordert Russland auf, diese zu achten; ermutigt die georgischen Staatsorgane, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um eine Beilegung von Georgiens internen Konflikten in Abchasien und Südossetien zu erreichen; begrüßt den Bericht Tagliavini und schließt sich den wichtigsten Beobachtungen und Schlussfolgerungen des Berichts an; erwartet, dass die ausführlichen Hintergrundinformationen in diesem Bericht für rechtliche Schritte beim Internationalen Strafgerichtshof und von den einzelnen Bürgern im Hinblick auf Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verwendet werden können; unterstützt das Mandat der EU-Überwachungsmission (EUMM) und fordert dessen weitere Ausweitung; fordert Russland und die De-facto-Regierung der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien auf, die Blockierung von Teilen seiner Umsetzung zu beenden;

14.

stellt mit Zufriedenheit fest, dass die internationale Gemeinschaft nahezu geschlossen die einseitige Unabhängigkeitserklärung Südossetiens und Abchasiens ablehnt; bedauert die Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens durch die Russische Föderation und betrachtet sie als einen Verstoß gegen das Völkerrecht; fordert alle Parteien auf, das Waffenstillstandsabkommen von 2008 zu respektieren und den sicheren und freien Zugang des Personals der EU-Überwachungsmission vor Ort zu gewährleisten, und fordert Russland auf, seine Zusage einzuhalten und seine Truppen auf die Positionen zurückzuziehen, die sie vor Ausbruch des Kriegs im August 2008 innehatten; stellt mit Besorgnis fest, dass die Vereinbarung zwischen der Russischen Föderation und der De-facto-Regierung von Abchasien vom 17. Februar 2010 über die Einrichtung einer russischen Militärbasis in Abchasien ohne die Zustimmung der georgischen Regierung zustande kam, und stellt fest, dass solch ein Abkommen den Waffenstillstandsabkommen vom 12. August und 8. September 2008 widerspricht;

15.

hält es für überaus wichtig, die Sicherheit und die Rechte aller Menschen, die in den abtrünnigen Regionen leben, zu schützen, die Achtung des Rechts der ethnischen Georgier, unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen zurückzukehren, zu fördern, die zwangsweise Ausstellung (russischer) Pässe einzustellen, die Situation an den de facto geschlossenen Grenzen zu verbessern und der EU und anderen internationalen Akteuren die Möglichkeit zu verschaffen, die Menschen in den beiden Regionen zu unterstützen; unterstreicht, dass in diesem Zusammenhang mehr klar definierte kurz- und mittelfristige Ziele formuliert werden müssen; fordert Georgien auf, seinen Aktionsplan für Binnenvertriebene weiter durchzuführen und die Binnenvertriebenen in seinem Gebiet zu unterstützen;

16.

betont die Notwendigkeit, sich mit der georgisch-abchasischen und georgisch-südossetischen Dimension der Konflikte zu befassen und sicherzustellen, dass die Rechte und Belange aller beteiligten Bevölkerungen gleichermaßen berücksichtigt werden; weist mit Nachdruck auf die Tatsache hin, dass sich die Isolierung Abchasiens und Südossetiens kontraproduktiv auf die Lösung des Konflikts ausgewirkt hat, und begrüßt die am 27. Januar 2010 angenommene Strategie des Staates zur Einbindung durch Zusammenarbeit; fordert die staatlichen Stellen Georgiens auf, alle Beteiligten in Bezug auf die Vorbereitung eines Aktionsplans zur Umsetzung dieser Strategie zu konsultieren; betont die Wichtigkeit vertrauensbildender Maßnahmen und menschlicher Kontakte über den Konflikt hinaus; fordert die EU darüber hinaus auf, Projekte zu fördern damit die betroffenen Menschen sich über die Verwaltungsgrenzen hinweg frei bewegen können;

17.

misst den Gesprächen von Genf große Bedeutung zu, da sie das einzige Forum sind, in dem alle Konfliktparteien vertreten sind und drei maßgebliche internationale Akteure – die EU, die OSZE und die UN – gemeinsam eng auf Sicherheit und Stabilität der Region hinarbeiten; bedauert, dass das Potenzial dieses Forums bisher noch keine konkreten Ergebnisse gezeitigt hat und dass an der Waffenstillstandslinie nach wie vor Zwischenfälle zu verzeichnen sind, obschon ein Frühwarnmechanismus zur Konfliktprävention eingeführt wurde, was eigentlich zu begrüßen ist; fordert die Parteien auf, den Mechanismus und dessen Potenzial zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens vollständig auszuschöpfen; fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Gesprächen neuen Schwung und Antrieb zu verleihen mit dem Ziel, eine zufriedenstellende Stabilisierung der Lage zu erreichen und das Waffenstillstandsabkommen vom August 2008 in vollem Maße umzusetzen;

Fortschritte bei der Demokratisierung, der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit

18.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass Demokratisierung, gute Regierungsführung, politischer Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit sowie Menschenrechte und Grundfreiheiten von höchster Bedeutung für die zukünftigen Beziehungen Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens mit der EU sind; fordert verstärkte Bemühungen dieser Länder, den ENP-Aktionsplan uneingeschränkt umzusetzen, und fordert die Kommission auf, sie weiterhin bei diesen Bemühungen zu unterstützen; ist besorgt über die geringen Fortschritte, mit denen die Länder in der Südkaukasusregion den Fortschrittsberichten der Kommission von 2009 und den Empfehlungen des Europarates zufolge bisher aufwarten können; begrüßt die Einleitung des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und Georgien und Armenien, und fordert Aserbaidschan und die EU auf, die Diskussionen über eine ähnlich strukturierte Kooperation abzuschließen;

19.

misst dem weiteren Einsatz für demokratische Reformen, dem politischen Dialog und der Zusammenarbeit als Schlüssel zur Entwicklung eines nationalen Konsenses entscheidende Bedeutung bei; hält es für wichtig, unabhängigere, transparentere und stabilere demokratische Institutionen zu stärken, wozu auch die Unabhängigkeit der Justiz gehört, die Kontrolle der Exekutive durch das Parlament zu verbessern und den demokratischen Machtwechsel zu gewährleisten, die Zivilgesellschaft zu unterstützen und ihr mehr Einfluss zuzugestehen und im Zuge der Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit die zwischenmenschliche Kontakte zu fördern; nimmt zur Kenntnis, dass trotz der gegebenen Zusagen bei der Demokratisierung nur langsam Fortschritte gemacht wurden;

20.

weist darauf hin, dass Korruption in der Region nach wie vor an der Tagesordnung ist, und fordert die Behörden auf, die Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Korruption zu intensivieren, da diese das Wirtschaftswachstum und die soziale und politische Entwicklung der betreffenden Länder gefährdet; ist der Auffassung, dass der Bekämpfung von Monopolen sowie der Beschäftigungspraxis im öffentlichen Dienst größere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte; begrüßt die von Georgien erreichten Fortschritte im Bereich Korruptionsbekämpfung;

21.

nimmt die in den Ländern der Region jüngst abgehaltenen Wahlen zur Kenntnis; hält die Abhaltung freier und fairer Wahlen entsprechend den internationalen Zusagen und Standards für enorm wichtig, und ist der Ansicht, dass diese Länder bei der Annahme und Durchführung von Reformen weitere Anstrengungen unternehmen müssen, damit sie diese Standards erreichen, auch im Hinblick auf eine Stärkung der Kontrollmechanismen nach den Wahlen und die Gewährleistung, dass mögliche Gewaltausbrüche nach den Wahlen angemessen untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; weist nachdrücklich darauf hin, dass die EU technische Hilfe leisten und eine internationale und unabhängige Beobachtung der Wahlen gewährleisten sollte; bekräftigt den Standpunkt, dass die EU die konstitutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Wahlen in den abtrünnigen Gebieten stattfinden, nicht anerkennt, und verteidigt die politischen Rechte der Vertriebenen;

22.

ist der Auffassung, dass die freie Meinungsäußerung ein Grundrecht und ein Grundprinzip ist, dass die Rolle der Medien von wesentlicher Bedeutung ist und dass die Medien frei und unabhängig sein müssen; ist besorgt über die Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und den Mangel an Medienvielfalt in den Ländern des Südkaukasus und fordert die Behörden auf, beides zu gewährleisten; bedauert die anhaltende Belästigung und Einschüchterung von Medienvertretern sowie die Übergriffe auf Journalisten von denen manche Folter und Misshandlung ausgesetzt waren; ist der Auffassung, dass Grundsätze und Mechanismen der Selbstregulierung, die ein wichtiges Element der freien Meinungsäußerung sind, durch kompetente, sachkundige Stellen verbessert und gestärkt werden müssen;

ist besorgt über Übergriffe auf Journalisten in Armenien und insbesondere über die anhaltende Inhaftierung des oppositionellen Aktivisten und Journalisten Nikol Pashinian, trotz der erfreulicherweise erfolgten Amnestie vom 18. Juni 2009;

ist nach wie vor besorgt über die Verschlechterung des Medienumfelds in Aserbaidschan; begrüßt zwar die Begnadigung von 99 Häftlingen am 25. Dezember 2009 und 62 Häftlingen am 17. März 2010 durch den Präsidenten, bedauert jedoch die Inhaftierung und Verurteilung von zwei jugendlichen Aktivisten und Bloggern, Emin Milli und Adnan Hajizade;

fordert daher, dass sie freigelassen werden; fordert die georgischen Behörden auf, die Situation mit Blick auf die Medieneigentümerschaft und die Ausstellung von Medienlizenzen zu klären; nimmt die Initiative des georgischen Parlaments zur Vergrößerung des Aufsichtsrates des staatlichen Fernsehens mit dem Ziel, mehr Vertreter der Opposition und der Zivilgesellschaft einzubeziehen, zur Kenntnis, und erwartet in dieser Hinsicht mehr Ergebnisse;

23.

ist der Auffassung, dass die Versammlungsfreiheit gewährleistet werden muss, da diese für die Entwicklung einer freien, demokratischen und lebendigen Zivilgesellschaft von wesentlicher Bedeutung ist; nimmt mit Besorgnis die direkten und indirekten Schwierigkeiten zur Kenntnis, mit der die Zivilgesellschaft konfrontiert wird, wenn sie sich organisieren will, und ist besorgt über die Annahme von Rechtsvorschriften und über Praktiken, die die Versammlungsfreiheit indirekt einschränken könnten, wozu auch behördliche Schikanen in steuerrechtlichen Angelegenheiten gehören; betont, dass die Zivilgesellschaft für die Demokratisierung, den Frieden und die Aussöhnung in der Region eine wichtige Rolle spielt;

24.

fordert die Länder in der Region auf, aktiv an der Arbeit der Parlamentarischen Versammlung EURONEST teilzunehmen und ihr Potenzial als Rahmen für multilaterale und bilaterale Gespräche sowie für die Angleichung der Rechtsvorschriften an EU-Standards und die parlamentarische Kontrolle demokratischer Reformen, ausgiebig zu nutzen; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass eine Vertiefung des Dialogs zwischen den Abgeordneten der Länder in der Region von entscheidender Bedeutung ist; hofft, dass dadurch ein Rahmen für bilaterale Treffen zwischen den Mitgliedern des armenischen und des aserbaidschanischen Parlaments geschaffen werden kann, um einen parlamentarischen Dialog in Gegenwart von Mitgliedern des Europäischen Parlaments einzuleiten; fordert die jeweiligen nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten der EU und das Europäische Parlament darüber hinaus auf, die parlamentarische Zusammenarbeit mit den Parlamenten der Region zu intensivieren, um ihre Rolle und ihre Kapazitäten für die Politikgestaltung zu verbessern;

Wirtschaftliche Fragen und soziale Entwicklung

25.

ist der Auffassung, dass eine umfassendere Zusammenarbeit auf regionaler Ebene und mit der EU in Bereichen wie Wirtschaft, Verkehr, Energie und Umwelt für eine optimale Entwicklung der Sektoren selbst sowie für die Stabilität in der Region entscheidend ist, dass Zusammenarbeit jedoch auch den Aufbau von Humanressourcen in der gesamten Region als langfristige Investition umfassen sollte; begrüßt, dass alle drei Länder Nutznießer des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU sind, und stellt fest, dass sie alle für das ASP+ für nachhaltige Entwicklung und gute Regierungsführung in Frage kommen; stellt fest, dass die regionale Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Polizei und die Errichtung eines integrierten Grenzschutzes für die weitere Förderung des freien Personenverkehrs in der Region und in die EU betrifft von wesentlicher Bedeutung ist; bedauert, dass die Umsetzung regionaler Projekte unter Beteiligung aller drei Länder immer noch durch das Fortbestehen ungelöster Konflikte behindert wird;

26.

weist mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig es ist, ein für Unternehmen günstiges Umfeld zu schaffen und den Privatsektor zu entwickeln; nimmt zur Kenntnis, dass das bemerkenswerte Wirtschaftswachstum Aserbaidschans sich vor allem auf Öl- und Gaseinnahmen stützt; unterstützt den Reformprozess, wodurch die Wirtschaft für ausländische Investoren attraktiver geworden ist; ermutigt die Regierung von Aserbaidschan, die Verhandlungen über einen Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO zu beschleunigen, und ruft die Kommission auf, Aserbaidschan dabei weiter zu unterstützen; begrüßt die Fortschritte bei der Umsetzung wirtschaftlicher Reformen in Armenien und Georgien; stellt jedoch fest, dass die wirtschaftliche Entwicklung Armeniens und Georgiens durch die weltweite Wirtschaftskrise beeinträchtigt wurde, und begrüßt, dass die EU Ende 2009 beschlossen hat, den beiden Ländern makrofinanzielle Hilfe zu gewähren;

27.

zeigt sich besorgt über die rasch ansteigenden Militär- und Verteidigungsausgaben im Südkaukasus sowie über den Aufbau von Militärarsenalen; erklärt, dass dieser wichtige Teil der öffentlichen Haushalte eine erhebliche Menge an Finanzmitteln von dringlicheren Bereichen wie der Armutsbekämpfung, der sozialen Sicherheit und der wirtschaftlichen Entwicklung abzieht; fordert den Rat und die Kommission in diesem Zusammenhang auf, zu verhindern, dass die makrofinanzielle Hilfe der EU indirekt den militärischen Aufbau der Region finanziert;

28.

nimmt die strategische geopolitische Lage des Südkaukasus zur Kenntnis sowie seine zunehmende Bedeutung als Korridor für Energie, Verkehr und Kommunikation, der die Kaspische Region und Zentralasien mit Europa verbindet; hält es daher für besonders wichtig, dass der Zusammenarbeit der EU mit dem Südkaukasus, nicht zuletzt in energiepolitischen Angelegenheiten, hohe Priorität eingeräumt wird; unterstreicht die Rolle der drei Länder als entscheidend für den Transit von Energieressourcen sowie für die Diversifizierung der Energieversorgung und Energierouten der EU; weist vor diesem Hintergrund erneut darauf hin, dass die Europäische Union konkrete Schritte unternehmen muss, um die politische Stabilität der Region sicherzustellen; begrüßt die Bereitschaft Aserbaidschans und Georgiens, weiterhin eine aktive Rolle bei der Förderung einer marktorientierten Energieversorgung und Transitdiversifizierung in der Region zu spielen; empfiehlt den beteiligten Ländern und der Kommission jedoch nachdrücklich, Armenien in die betreffenden Energieprojekte einzubeziehen und die Isolation des Landes zu beenden;

29.

erkennt die Bedeutung der Region für die Zusammenarbeit im Bereich der Energie für die EU und die Sicherheit der Energieversorgung der EU, insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung des südlichen Korridors (Nabucco und White Stream) an; weist mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig es ist, die Partnerschaft zwischen der EU und Aserbaidschan im Energiesektor zu vertiefen; nimmt zudem den großen Wert der Energieressourcen Aserbaidschans zur Kenntnis sowie die wichtige Rolle, die diese in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes spielen; unterstreicht, dass gewährleistet werden muss, dass die Gewinne aus der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen gerecht verteilt und in die Entwicklung des Landes insgesamt investiert werden, damit es sich vor den negativen Auswirkungen eines möglichen Rückgangs in der Ölproduktion wappnen kann; nimmt die Vertiefung der Partnerschaft zwischen Aserbaidschan und Russland, insbesondere im Energiesektor, zur Kenntnis, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Absicht Aserbaidschans, seine Wirtschaft zu diversifizieren; unterstreicht die Bedeutung eines transparenten Energiesektors in dieser Region als Grundvoraussetzung die für das Vertrauen der Investoren zu gewinnen, und lobt Aserbaidschan für seine Teilnahme an der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft;

30.

erkennt an, dass die Entwicklung neuer Infrastrukturen und Verkehrskorridore, Projekte, die das Kaspische Meer und die Ostseeregionen durch den oder ab dem Südkaukasus verbinden, von entscheidender Bedeutung ist, wie auch in der Mitteilung über die zweite Überprüfung der Energiestrategie erwähnt wird; unterstützt in diesem Zusammenhang alle Initiativen, die dazu beitragen, einen intensiveren Dialog zwischen Produzenten und Verbrauchern und mit den Transitländern zu führen, wozu auch der Austausch von Fachwissen über Regelungen für den Energiebereich und über Rechtsvorschriften betreffend die Versorgungssicherheit und ein Austausch bewährter Methoden gehören sollte, einschließlich Mechanismen zur Förderung der Transparenz und der Solidarität und der Entwicklung von Frühwarnmechanismen im Falle von Unterbrechungen der Energieversorgung; ist der Auffassung, dass dies Hand in Hand mit der Konvergenz der ordnungspolitischen Strukturen, der Marktintegration und der diskriminierungsfreien Regelung in Bezug auf grenzüberschreitende Übertragungsinfrastrukturen geht;

31.

hält es für ausgesprochen wichtig, Energieeffizienzmaßnahmen zu fördern, in erneuerbare Energiequellen zu investieren und zu gewährleisten, dass die Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden; erkennt an, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, eine diversifizierte Versorgung zu schaffen, was nur durch verstärkte Zusammenarbeit mit den Nachbarländern erreicht werden kann; vertritt die Auffassung, dass das Regionale Umweltzentrum für den Kaukasus angemessen finanziert und unterstützt werden muss, damit es auch zuverlässige grenzüberschreitende Projekte durchführen kann; hält die Pläne Aserbaidschans, die Entwicklung alternativer Energiequellen zu einer Priorität der Regierung zu machen, für lobenswert und ermutigt sie, diese Ziele auch in Zukunft anzustreben; begrüßt den Beschluss Armeniens, die Atomanlage in Medzamor stillzulegen, und fordert die staatlichen Stellen Armeniens auf, nach nachhaltigen alternativen Lösungen für die Energieversorgung entsprechend der Forderung der Europäischen Union zu suchen; begrüßt die Bemühungen der georgischen Regierung um die Entwicklung des Wasserkraftsektors und hält eine Unterstützung durch die EU in diesem Bereich für notwendig;

32.

hält es für wesentlich, dass der soziale Zusammenhalt und der soziale Dialog durch Einbeziehung aller sozialen Akteure und die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frau gefördert werden, in Bildung und Gesundheit investiert wird, die Humanressourcen aufgebaut und angemessene Lebensbedingungen gewährleistet werden, damit lebendige demokratische Gesellschaften entstehen können; nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die drei Länder ihre jeweiligen Programme zur Bekämpfung der Armut angenommen haben, und fördert die gründliche Umsetzung dieser Programme;

EU-Strategie

33.

begrüßt die Östliche Partnerschaft und nimmt die damit in Zusammenhang stehenden Initiativen und Sitzungen zur Kenntnis; betont, dass sie zur Förderung der Glaubwürdigkeit mit konkreten Projekten und geeigneten Initiativen einhergehen sollte; möchte die parlamentarische Dimension der Partnerschaft weiter ausbauen;

34.

begrüßt die Möglichkeit, die die Östliche Partnerschaft durch neue vertragliche Beziehungen in Form von Assoziierungsabkommen zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen zwischen den Ländern des Südkaukasus und der EU bietet; unterstreicht die Bedeutung der Aufnahme von Etappenzielen und Benchmarks in die Nachfolgedokumente zu den derzeitigen Aktionsplänen; erinnert daran, dass als Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen einen ausreichend hohen Stand bei Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten aufweisen müssen, und fordert die Kommission auf, gegebenenfalls technische Hilfe zu leisten, um die Länder bei der Erfüllung der Vorbedingungen zu unterstützen; begrüßt insbesondere das Umfassende Programm für den Institutionenaufbau, das die Östliche Partnerschaft als ein innovatives Instrument zur Unterstützung der Ländern bei der Erfüllung dieser Vorbedingungen anbietet; verweist erneut auf das Recht des Europäischen Parlaments auf unverzügliche und umfassende Information in allen Abschnitten der Verhandlungen über die Assoziierungsabkommen, zumal es seine Zustimmung zu deren Abschluss geben muss; erwartet, dass die Umsetzung von Assoziierungsabkommen durch alle Länder des Südkaukasus den Prozess der wirtschaftlichen Integration und der politischen Kooperation mit der EU beschleunigen wird;

35.

ist der Auffassung, dass die ENP-Aktionspläne sowie die Durchführung dieser Pläne eine wichtige Grundlage bilden, anhand der zu prüfen ist, ob die Zusagen eingehalten wurden, inwieweit die bilateralen Beziehungen zur EU Fortschritte zu verzeichnen haben und ob die Abkommen mit den betreffenden Ländern aktualisiert werden können; nimmt das Engagement Armeniens und Georgiens für die Umsetzung der ENP-Aktionspläne zur Kenntnis und fordert Aserbaidschan auf, seine Bemühungen in dieser Hinsicht zu beschleunigen; ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament in diesen Prozess eingebunden werden sollte; nimmt die unterschiedlichen Fortschritte der drei Länder bei der Umsetzung der jeweiligen ENP-Aktionspläne zur Kenntnis; ist der Auffassung, dass diese Unterschiede und die unterschiedlichen Ziele sowie die regionale Dimension bei den Verhandlungen über die neuen Assoziierungsabkommen berücksichtigt werden sollten und dass die Länder gleich behandelt werden müssen;

36.

ist der Ansicht, dass die regionale Dimension der EU-Strategie für den Südkaukasus angemessen gestärkt werden sollte; begrüßt in diesem Zusammenhang die Zuweisung zusätzlicher Mittel für das ENPI im Rahmen der Östlichen Partnerschaft für regionale Entwicklungsprogramme und die multilaterale Zusammenarbeit; fordert die Kommission zur Festlegung einer Reihe von regionalen und grenzübergreifenden Projekten und Programmen für die drei Länder des Südkaukasus in Bereichen wie Verkehr, Umwelt, Kultur und Zivilgesellschaft auf, um konkrete Anreize für die Verbesserung der Zusammenarbeit und die Stärkung des Vertrauens bei den Beteiligten zu schaffen;

37.

weist darauf hin, dass alle Länder des südlichen Kaukasus auch Teil der Initiative „Schwarzmeersynergie“ sind, die das Vertrauen der Partnern untereinander durch Förderung der regionalen Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen, auch durch den Einsatz grenzübergreifender Programme, verbessert; unterstreicht die Bedeutung der Schwarzmeerregion für die EU und ersucht Rat und Kommission und insbesondere die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin, Ideen und Strategien für eine engere Zusammenarbeit zwischen allen Schwarzmeerländern und für den Ausbau der Beziehungen zur Europäischen Union zu entwickeln; empfiehlt daher die Errichtung einer institutionalisierten Struktur in Form einer Union für den Schwarzmeerraum;

38.

bekräftigt, dass der Standpunkt Russlands, der Türkei und der USA bei der Konfliktlösung auf dem Territorium des Südkaukasus eine wichtige Rolle spielt; weist darauf hin, dass die Entwicklung der Östlichen Partnerschaft nicht auf eine Isolierung Russlands abzielt, sondern Frieden, Stabilität und nachhaltigen wirtschaftlichen Fortschritt für alle Beteiligten zum Ziel hat und der gesamten Region und den Nachbarländern zugute kommen soll;

Sicherheitsfragen und friedliche Konfliktlösung

39.

hält es für außerordentlich wichtig, den Prozess der Konfliktlösung zu unterstützen, und glaubt, dass die EU geeignet ist, den Aufbau von Vertrauen, den Wiederaufbau und die Rehabilitation zu unterstützen, und den betroffenen Gemeinschaften dabei behilflich sein kann; hält in diesem Zusammenhang die Schaffung von Räumen für das zivilgesellschaftliche Engagement nicht nur führender Vertreter, sondern auch von Organisationen der Zivilgesellschaft für entscheidend; hält es außerdem für wesentlich, dass alle Konflikte in der Region von der internationalen Gemeinschaft nach wie vor sorgfältig beobachtet werden, damit sie rasch gelöst werden können; ist sich darüber im Klaren, dass die regionale Zusammenarbeit eine notwendige Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen und die Stärkung der Sicherheit im Einklang mit den Schwerpunkten der ENP darstellt; fordert alle Parteien auf, sich umfassend an der multilateralen Zusammenarbeit im Rahmen der Östlichen Partnerschaft zu beteiligen, ohne die endgültige Lösung der Konflikte daran zu knüpfen;

40.

betont die mögliche Gefahr einer Ausbreitung festgefahrener Konflikte in der Region; empfiehlt in diesem Zusammenhang die Schaffung einer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit im Südkaukasus, die die betroffenen Länder und die einschlägigen regionalen und globalen Akteure umfassen sollte, damit ein Stabilitätspakt für den Südkaukasus entwickelt werden kann;

41.

nimmt zur Kenntnis, dass die EU sich am Konfliktlösungsprozess in der Region beteiligt, und ist der Auffassung, dass das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon eine wichtigere Rolle für die EU rechtfertigt; unterstützt in vollem Maße den Sondergesandten der EU für den Südkaukasus, Peter Semneby; begrüßt die Tätigkeit der EU-Beobachtungsmission in Georgien und fordert, dass die EU mehr unternimmt, um Russland und die jeweilige de-facto-Regierung davon zu überzeugen, der Beobachtungsmission der EU nicht länger den Zugang zu Südossetien und Abchasien zu verweigern; ist der Auffassung, dass die EU jetzt die Gelegenheit hat, die Beilegung des Konflikts in Berg-Karabach zu unterstützen, und weist nachdrücklich darauf hin, wie wichtig der Beitrag der EU in diesem Zusammenhang ist; hält daher eine Aufwertung der Rolle der EU in der Minsk-Gruppe für unumgänglich, d.h. dem französischen Ko-Vorsitz der Minsk-Gruppe ist ein EU-Mandat zu erteilen; fordert die Kommission auf zu prüfen, ob der Bevölkerung von Berg-Karabach sowie den Binnenvertriebenen und den Flüchtlingen, die aus der Region geflohen sind, humanitäre Hilfe und Unterstützung gewährt werden kann; fordert die Kommission und den Sonderbeauftragten der EU, Semneby, auf, zu prüfen, ob die Hilfsprogramme und Programme zur Verbreitung von Informationen, die Abchasien und Ossetien zuteilwerden, auch auf Berg-Karabach ausgedehnt werden können;

42.

fordert die Vizepräsidentin/die Hohe Vertreterin der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Entwicklungen in der Region sorgfältig zu beobachten und sich aktiv an der Konfliktlösung zu beteiligen; erkennt die Arbeit des Sonderbeauftragten für den Südkaukasus an und spricht die Hoffnung aus, dass der Hohe Vertreter die Kontinuität und die Konsequenz dieser Arbeit gewährleisten wird; fordert den Rat auf, zu prüfen, ob er möglicherweise Instrumente im Rahmen der GSVP nutzen kann, um seine Beteiligung am Aufbau des Friedens und an der Konfliktbewältigung zu intensivieren;

43.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob es möglich ist, erhebliche finanzielle und technische Unterstützung für vertrauensbildende Maßnahmen zu gewähren und das Vertrauen zwischen und unter den Bevölkerungen zu fördern sowie an der Rehabilitation und am Wiederaufbau in allen vom Konflikt betroffenen Regionen teilzunehmen, zum Beispiel durch Einkommen generierende Projekte und Projekte zur sozioökonomischen Integration der Binnenvertriebenen und der Flüchtlinge, sowie zur Sanierung des Wohnungswesens und durch Dialog und Vermittlung, und weiterhin Projekte der Zivilgesellschaft auszubauen und zu unterstützen, die darauf abzielen, die Aussöhnung sowie Kontakte zwischen den Bevölkerungen und den Menschen vor Ort zu fördern;

Demokratisierung, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit

44.

unterstützt die finanzielle und technische Unterstützung der EU für die Region zur Förderung dieser Grundsätze und Prozesse und ist der Auffassung, dass diese Hilfe der EU an politische Auflagen gebunden werden sollte, zum Beispiel in Bezug auf Fortschritte beim politischen Dialog sowie bei Reform- und Demokratisierungsprozessen; warnt davor, dass die Regierungen die Konflikte missbrauchen könnten, um das Interesse der internationalen Gemeinschaft von innenpolitischen Fragen abzulenken;

45.

fordert die Kommission und den Rat auf, zu gewährleisten, dass die Zusagen, die mit einer politischen Auflagenbindung versehen wurden, auch tatsächlich eingehalten werden, zum Beispiel die besondere Zusage der georgischen Regierung, den demokratischen Reformen neuen Auftrieb zu verleihen, die in der von der Kommission und Georgien im Januar 2009 geschlossenen Vereinbarung über eine Unterstützung seitens der EU für die Zeit nach dem Konflikt festgelegt worden waren, und dem Europäischen Parlament regelmäßig über die Fortschritte zu berichten;

46.

begrüßt die Arbeit der Hochrangigen Beratergruppe der EU für Armenien; begrüßt die Möglichkeit der verstärkten finanziellen Unterstützung im Rahmen der Östlichen Partnerschaft, einschließlich der Unterstützung zur Vorbereitung der Verhandlungen über neue Assoziierungsabkommen mit der EU, und fordert die Kommission auf zu prüfen, ob eine maßgeschneiderte Hilfe auch für Aserbaidschan und Georgien möglich ist;

47.

ist der Ansicht, dass die Rechte von Minderheiten und sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen besondere Aufmerksamkeit verdienen, und ermutigt Armenien, Aserbaidschan und Georgien, öffentliche Aufklärungsprogramme im Bereich der Menschenrechte durchzuführen, die Werte wie Toleranz, Pluralismus und Vielfalt einschließlich der Achtung der Rechte sexueller Minderheiten und anderer ausgegrenzter und stigmatisierter Gruppen fördern;

48.

ist in Sorge über die Weigerung von Eutelsat, den russischsprachigen Dienst des georgischen Fernsehens zu übertragen, da diese Weigerung politisch motiviert zu sein scheint; stellt fest, dass damit das Monopol für die Ausstrahlung von Sendungen für das russischsprachige Publikum der Region de facto an Intersputnik und dessen wichtigsten Kunden, die Gazprom Media Group, fällt; betont, dass es darauf ankommt, dass die Ausstrahlung von Sendungen unabhängiger Medien in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft nicht behindert wird;

49.

erkennt an, dass das zivilgesellschaftliche Forum der Östlichen Partnerschaft maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung einer echten Zivilgesellschaft und die Stärkung seiner Rolle in der Region nehmen kann, und fordert die Kommission auf, zu gewährleisten, dass das Forum hinreichend finanzielle Unterstützung erhält; hält es für wichtig, Projekte der Zivilgesellschaft zu finanzieren, und misst der Rolle der EU-Delegationen in der Region bei der Auswahl dieser Projekte große Bedeutung bei, zumal diese Projekte für die Förderung der Kontakte auf regionaler Ebene wichtig sein können;

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und soziale Entwicklung

50.

ist der Auffassung, dass die EU nach wie vor die wirtschaftliche Entwicklung, den Handel und die Investitionen in der Region unterstützen sollte, dass die Handelspolitik ein wichtiger Faktor der Stabilitäts- und Wachstumspolitik ist und zu einem Rückgang der Armut im Südkaukasus führen wird; glaubt, dass die Aushandlung und die Errichtung einer weitreichenden und umfassenden Freihandelszone eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt; fordert die Kommission auf, Mittel und Wege zu finden, um die Länder in der Region künftig bei der Vorbereitung, Aushandlung und Umsetzung zu unterstützen, auch damit sie in der Lage sind, Zusagen einzuhalten, die in künftigen weitreichenden und umfassenden Freihandelsabkommen möglicherweise vorgesehen sind, und diese anschließend umzusetzen und beizubehalten, sowie zum gegebenen Zeitpunkt eine umfassende Evaluierung der sozialen und ökologischen Auswirkungen dieser Abkommen vorzulegen; ermutigt die Länder des Südkaukasus ferner, die Schaffung einer eigenen Freihandelszone in Betracht zu ziehen;

51.

hebt hervor, dass Armenien, Georgien und Aserbaidschan im Verhältnis zur Europäischen Union, zur Türkei als EU-Beitrittsland, zu Russland und Iran geopolitisch eine strategische Lage haben; hält die Handelspolitik für eines der entscheidenden Elemente der Politik der EU zur generellen Förderung der politischen Stabilität, der Achtung der Menschenrechte, des nachhaltigen Wachstums und des Wohlstands, und ist der Auffassung, dass die regionale Dimension der EU-Strategie für den Südkaukasus ein regionales Herangehen an die Verhandlungen über Handelsabkommen verlangt; fordert die Kommission auf, gemeinsame wirtschaftliche Interessengebiete zu ermitteln, um die Meinungsunterschiede zu überwinden, den Dialog zu fördern und die regionale Zusammenarbeit voranzubringen; fordert die EU auf, sich stärker für die Integration in der Region einzusetzen, da die Gemeinschaft jetzt exklusiv die Befugnis in Bezug auf die Handelspolitik besitzt;

52.

begrüßt den Abschluss der Durchführbarkeitsstudien für Georgien und Armenien vom Mai 2008, aus denen hervorgeht, dass weit reichende und umfassende Freihandelsabkommen diesen Ländern und auch der EU erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen und es der Kommission so ermöglichen würden, in eine vorbereitende Phase für künftige Verhandlungen über weit reichende und umfassende Freihandelsabkommen einzutreten; fordert Georgien, Armenien und Aserbaidschan auf, größere Fortschritte zu erzielen, was die Erfüllung ihrer jeweiligen ENP-Aktionspläne und die Befolgung der Empfehlungen der Kommission betrifft, insbesondere, die Verbesserung ihrer administrativen und institutionellen Kapazitäten und die Reformen der Rechtsvorschriften (besonders in Bezug auf den geringen Schutz der Rechte am geistigen Eigentum in allen drei Ländern), da dies zu den notwendigen Voraussetzungen gehört, damit solche ehrgeizigen Freihandelsabkommen wirklich umgesetzt werden können und auf Dauer Wirkung zeigen; ist der Auffassung, dass der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Georgien, Armenien und Aserbaidschan nicht nur zu wirtschaftlichem Wachstum führen, sondern auch die Auslandsinvestitionen erhöhen, neue Arbeitsplätze schaffen und die Armut beseitigen könnte;

53.

weist darauf hin, dass die Sicherheit der Energieversorgung ein gemeinsames Anliegen ist; fordert die EU daher mit Nachdruck auf, die Energieprojekte in der Region entschlossener und in Übereinstimmung mit europäischen Normen zu unterstützen, u.a. durch Projekte zur Förderung der Energieeffizienz und der Erschließung alternativer Energiequellen, ihre Zusammenarbeit in Energiefragen zu vertiefen und entschlossen auf die Fertigstellung des südlichen Energie-Korridors hinzuarbeiten, wozu auch die möglichst rasche Vollendung der Nabucco-Pipeline gehört; fordert die Kommission ebenfalls auf, zu gewährleisten, dass die energie- und verkehrsbezogenen Projekte im Südkaukasus die Beziehungen zwischen den drei Ländern fördern und nicht bestimmte Gemeinschaften ausschließen; bekräftigt die Bedeutung der Initiative von Baku und der entsprechenden Hilfsprogramme INOGATE und TRACECA;

54.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass politische Stabilität für eine zuverlässige und ununterbrochene Lieferung von Energieressourcen von entscheidender Bedeutung ist, damit angemessene Bedingungen für die Entwicklung der Infrastruktur gewährleistet sind; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der durch die Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan und die Pipeline Baku-Tiflis-Erzerum gebildete doppelte Energiekorridor die Annäherung zwischen der EU und der Kaspischen Region fördert; fordert die Überarbeitung der bilateralen Abkommen oder der Vereinbarungen, die mit den drei südkaukasischen Ländern im Energiesektor geschlossen wurden, einschließlich einer Klausel über die Sicherheit der Energieversorgung, in der ein Verhaltenskodex und besondere Maßnahmen im Falle einer Unterbrechung der Energieversorgung festgelegt werden; ist der Auffassung, dass Bestimmungen über die Energieversorgung und den Transport Bestandteil der Verhandlungen über weit reichende Assoziierungsabkommen mit diesen Ländern sein sollten;

55.

bekräftigt die Bedeutung der zwischenmenschlichen Kontakte und der Programme zur Förderung der Mobilität, die besonders auf die Jugend ausgerichtet sind, sowie von Partnerschaftsprogrammen mit Regionen und lokalen Gemeinschaften der EU, in denen nationale Minderheiten mit einem hohen Maß an Autonomie leben; weist auf die Notwendigkeit hin, wesentlich mehr Studierende, Lehrende und Wissenschaftler in die Programme zur Förderung der Mobilität einzubinden; begrüßt den Abschluss der Visaerleichterungs- und Rückführungsabkommen mit Georgien und fordert den Rat und die Kommission auf, die Visaerleichterungs- und Rückführungsabkommen mit Armenien und Aserbaidschan voranzutreiben;

56.

bekräftigt, dass die EU eine Strategie für den Südkaukasus entwickeln muss, angesichts der Bedeutung der Region für die EU und der potenziellen Rolle der EU bei der Förderung der Entwicklung in der Region und der Konfliktlösung;

*

* *

57.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens zu übermitteln.


(1)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 443.

(2)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 53.

(3)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 64.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2009)0120

(5)  ABl. C 295 E vom 4.12.2009, S. 26.

(6)  ABl. C 285 E vom 26.11.2009, S. 7.

(7)  ABl. C 66 E vom 20.3.2009, S. 67.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/147


Donnerstag, 20. Mai 2010
Religionsfreiheit in Pakistan

P7_TA(2010)0194

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Religionsfreiheit in Pakistan

2011/C 161 E/21

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Menschenrechten und Demokratie in Pakistan, insbesondere die Entschließungen vom 12. Juli (1), 25. Oktober (2) und 15. November 2007 (3),

unter Hinweis auf die vom Rat am 16. November 2009 angenommenen Schlussfolgerungen zur Religions- und Glaubensfreiheit, in denen er die strategische Bedeutung dieser Freiheit und die Notwendigkeit der Bekämpfung religiöser Intoleranz hervorgehoben hat,

unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der EU und Pakistans vom 17. Juni 2009, in der beide Seiten die Bedeutung einer integrierten langfristigen Strategie, einschließlich der sozioökonomischen Entwicklung und Rechtsstaatlichkeit, sowie der Bekämpfung des Terrorismus mit nichtmilitärischen Mitteln betont haben,

in Erwartung des zweiten Gipfeltreffens EU–Pakistan am 4. Juni 2010,

unter Hinweis auf die mit knapper Mehrheit angenommene Resolution des UN-Menschenrechtsrates vom 26. März 2009 über die Bekämpfung der Diffamierung von Religionen, die jedes Jahr von Pakistan im Namen der Organisation der Islamischen Konferenz vorgeschlagen wird,

unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin der Europäischen Union, Catherine Ashton, vom 4. April 2010 zu den Übergriffen in Pakistan und vom 20. April 2010 zur Annahme der 18. Verfassungsänderung,

unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,

unter Hinweis auf die UN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung aus dem Jahr 1981,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass gemäß Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union die Förderung der Demokratie sowie der Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehört und eine gemeinsame Grundlage für ihre Beziehungen mit Drittstaaten bildet,

B.

in der Erwägung, dass die Mehrheit der Bevölkerung Pakistans dem sunnitischen Islam angehört, der gleichzeitig Staatsreligion ist, und dass es daneben religiöse Minderheiten und Glaubensgruppen gibt, die aus Christen, Hindus, Sikhs, Schiiten, Ahmadis, Buddhisten, Parsis und Bahai und anderen bestehen,

C.

in der Erwägung, dass Pakistan eines der wichtigsten Länder im Hinblick auf den Kampf gegen Terrorismus und die Verbreitung von gewalttätigem Extremismus ist,

D.

in der Erwägung, dass die innere Stabilität und die demokratischen Institutionen durch die zunehmende Zahl gewalttätiger Übergriffe von Extremisten, die fast täglich stattfinden, einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt sind,

E.

in der Erwägung, dass die unaufhörlichen Drohungen der radikalen muslimischen Kräfte auf beiden Seiten der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan konzertierte internationale Bemühungen dringend erforderlich machen, um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Pakistan zu unterstützen und zu stärken,

F.

in der Erwägung, dass gleiche Rechte für Minderheiten eine Vision des Gründervaters von Pakistan, Mohammed Ali Jinnah, war, die sich auch in seiner Rede auf der verfassungsgebenden Versammlung im Jahr 1947 widerspiegelt: „Zu welcher Religion, welcher Kaste oder welchem Glauben man auch gehören mag – dies hat nichts mit dem Staat zu tun… Wir gehen von dem Grundsatz aus, dass wir alle Bürger sind und zwar Bürger eines Staates.“,

G.

in der Erwägung, dass das in der Verfassung Pakistans von 1973 enthaltene Kapitel zu den Grundrechten die Freiheit, sich zu einer Religion zu bekennen und eine religiöse Einrichtung zu verwalten (Artikel 20), die Gleichberechtigung aller Bürger (Artikel 25) und die legitimen Rechte und Interessen von Minderheiten (Artikel 26) garantiert,

H.

in der Erwägung, dass andererseits Artikel 260 der Verfassung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen unterscheidet und somit der Diskriminierung aus Gründen der Religion den Boden bereitet,

I.

in der Erwägung, dass Berichte und Umfragen unabhängiger Agenturen zeigen, dass Minderheiten in Pakistan grundlegender bürgerlicher Freiheiten und der Chancengleichheit in Bezug auf Arbeit, Bildung und politische Vertretung beraubt sind,

J.

in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge über 85 % der Frauen in Pakistan häuslicher Gewalt (physischer und psychischer Gewalt) ausgesetzt sind, sowie in der Erwägung, dass die Gewalt gegen Mädchen und Frauen einschließlich Vergewaltigungen, häusliche Gewalt und Zwangsheirat nach wie vor ernstzunehmende Probleme darstellen, von denen einige auf die Gesetze der Scharia zurückzuführen sind,

K.

in der Erwägung, dass die pakistanische Regierung im November 2008 Shahbaz Bhatti, Sprecher der Minderheiten und Mitglied des Parlaments, zum Bundesminister für Angelegenheiten der Minderheiten ernannt hat und diese Position erstmalig im Kabinett vertreten ist,

L.

in der Erwägung, dass die pakistanische Regierung seit November 2008 eine Quote von 5 % für an Minderheiten zu vergebende Arbeitsplätze im föderalstaatlichen Sektor geschaffen, nicht-muslimische Feiertage anerkannt, den 11. August zum Nationalen Tag der Minderheiten erklärt und Sitze für Vertreter der Minderheiten im Senat bereitgestellt hat,

M.

in der Erwägung, dass Präsident Asif Ali Zardari am 25. Dezember 2009 das Versprechen der Pakistanischen Volkspartei wiederholte, das Recht aller Angehöriger von Minderheiten als gleichberechtigte Bürger behandelt zu werden, zu achten,

N.

in der Erwägung, dass die Verpflichtung der pakistanischen Regierung zur Religionsfreiheit und ihre führende Rolle in der Organisation der Islamischen Konferenz, die die Kampagne zur „Bekämpfung der Diffamierung der Religion“ bei den Vereinten Nationen unterstützt, im Widerspruch zueinander stehen,

O.

in der Erwägung, dass die durch die Verfassung zugesicherten grundlegenden Religions- und Minderheitenrechte durch die in den Jahren 1982 und 1986 eingeführten Rechtsvorschriften, auch bekannt als „Blasphemie-Gesetze“, untergraben werden, und in der Erwägung, dass gemäß Artikel 295 C des pakistanischen Strafgesetzbuches für Blasphemie die Todesstrafe oder lebenslängliche Haft vorgesehen ist,

P.

in der Erwägung, dass die Blasphemie-Gesetze von extremistischen Gruppen und von denjenigen, die persönliche Rekorde aufstellen wollen, für ihre Zwecke missbraucht werden und zu einer Zunahme der Gewalt gegen Mitglieder religiöser Minderheiten geführt hat, insbesondere gegen Ahmadis aber auch gegen Christen, Hindus, Sikhs, Schiiten, Buddhisten, Parsis, Bahai und kritische Bürger, die es wagten, gegen diese Ungerechtigkeit zu protestieren,

Q.

in der Erwägung, dass die überwiegende Mehrheit der nach den Blasphemie-Gesetzen Angeklagten Muslime sind, jedoch Anklagen gegen Angehörige religiöser Minderheiten eine unverhältnismäßige Gewalt gegen ihre gesamte Gemeinschaft hervorrufen können, und in der Erwägung, dass die Vorwürfe wegen Blasphemie zu den gegen Christen gerichteten gewalttätigen Ausschreitungen in Gojra und Korian im Sommer 2009 geführt haben, bei denen acht Menschen getötet und mindestens hundert Häuser zerstört wurden,

R.

in der Erwägung, dass im Jahr 2009 in 25 registrierten Fällen 76 Personen der Blasphemie beschuldigt wurden, von denen 17 Personen gemäß Artikel 295C des pakistanischen Strafgesetzbuches angeklagt wurden,

S.

in der Erwägung, dass Anwälte und Menschenrechtsaktivisten in Pakistan regelmäßig Todesdrohungen erhalten und schikaniert werden, und Verteidiger in Blasphemie-Fällen diesen Gefahren besonders ausgesetzt sind, und in der Erwägung, dass selbst diejenigen, die freigesprochen wurden, für den Rest ihres Lebens untertauchen müssen,

T.

in der Erwägung, dass der pakistanische Premierminister Gilani im August 2009 die Schaffung eines Ausschusses ankündigte, der sich mit der Überprüfung und Verbesserung von „sich nachteilig auf die religiöse Harmonie auswirkenden Gesetzen“ beschäftigen soll, womit er auf die Blasphemie-Gesetze von 1982 und 1986 anspielte, und in der Erwägung, dass bis zum heutigen Tage eine solche Überprüfung jedoch nicht stattgefunden hat,

U.

in der Erwägung, dass Ahmadiyya-Muslime in Pakistan unter ständiger Diskriminierung und Verfolgung zu leiden haben, die durch die gegen Ahmadiyya-Muslime gerichteten Bestimmungen in Artikel 298 des pakistanischen Strafgesetzbuches gestützt werden, wie das jüngste Beispiel – die Ermordung eines pensionierten Ahmadi-Professor durch maskierte Bewaffnete am 5. Januar 2010 – zeigt,

V.

in der Erwägung, dass die Regierung Pakistans im Begriff ist, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 zu ratifizieren,

1.

begrüßt die von der Regierung Pakistans seit November 2008 im Interesse der religiösen Minderheiten ergriffenen Maßnahmen wie die Schaffung einer Quote von 5 % im föderalstaatlichen Sektor für an Minderheiten zu vergebende Arbeitsplätze, die Anerkennung nicht-muslimischer Feiertage und die Ausrufung des Nationalen Tags der Minderheiten;

2.

unterstützt vollumfänglich die Bemühungen des pakistanischen Bundesministers für Angelegenheiten der Minderheiten zur Schaffung eines Netzwerks von Lokalen Komitees für interreligiöse Harmonie, um den Dialog zu fördern und religiöse Spannungen abzubauen; ruft alle anderen Regierungsebenen, einschließlich der Staaten, auf, diese Maßnahmen vollumfänglich zu unterstützen;

3.

begrüßt die durch den pakistanischen Premierminister abgegebene Verpflichtung, den Bewohnern von Minderheitenslums in Islamabad Eigentumsrechte zu garantieren;

4.

begrüßt die Zusage der pakistanischen Regierung, Sitze für Vertreter der Minderheiten im Senat einschließlich solcher für weibliche Vertreter der Minderheiten im Senat bereitzustellen und hofft, dass diese Verpflichtungen eingehalten werden;

5.

fordert die Regierung Pakistans auf, die Praxis der Aufnahme der religiösen Zugehörigkeit ihrer Bürger in alle neuen Reisepässe zu überdenken, um alle diskriminierenden Praktiken zu vermeiden;

6.

bringt seine Solidarität mit der pakistanischen Regierung im Kampf gegen Terrorismus und die Verbreitung von gewalttätigem Extremismus zum Ausdruck;

7.

bekundet seine tiefe Besorgnis darüber, dass die Blasphemie-Gesetze, die in Pakistan zur Todesstrafe führen können und die oft zur Rechtfertigung von Zensur, Kriminalisierung, Verfolgung und – in bestimmten Fällen – Mord an Angehörigen politischer, rassischer und religiöser Minderheiten benutzt werden, missbraucht werden können, wobei von diesem möglichen Missbrauch Menschen aller Religionen in Pakistan betroffen sein können;

8.

fordert die Regierung Pakistans auf, die Blasphemie-Gesetze und ihre gegenwärtige Anwendung sowie – unter anderem – Artikel 295 C des Strafgesetzbuches, in dem die obligatorische Todesstrafe für jeden, der der Blasphemie schuldig gesprochen wird, verankert ist, eingehend zu prüfen und in der Zwischenzeit Änderungen, wie sie vom pakistanischen Bundesminister für Angelegenheiten der Minderheiten vorgeschlagen wurden, umzusetzen;

9.

fordert die Regierung auf, ihrem im Jahr 2008 gegebenen Versprechen, als einen ersten Schritt in Richtung der Abschaffung der Todesstrafe alle Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln, nachzukommen;

10.

erinnert an die als Antwort auf schriftliche parlamentarische Anfragen wiederholt abgegebene Erklärung der Kommission, wonach sie die Reaktionen der pakistanischen Regierung auf die gewalttätigen Ausschreitungen nach den Vorwürfen der Blasphemie in Gojra und Korian aufmerksam verfolgt; fordert die Kommission auch auf, Einzelheiten konkreter Fortschritte zu verlangen, insbesondere im Hinblick darauf, die Täter vor Gericht zu bringen;

11.

äußert seine besondere Sorge über die anhaltende Diskriminierung und Verfolgung der Ahmadiyya-Bewegung in Pakistan, und ruft die Regierung Pakistans auf, Artikel 298 des pakistanischen Strafgesetzbuches aufzuheben, der das tägliche Leben dieser Gruppe erheblich behindert sowie aufhetzenden Ereignissen wie der Konferenz zum „Ende des Prophetentums“ in Lahore entgegenzutreten;

12.

fordert die pakistanischen Behörden auf, das Urteil des Obersten Gerichtshofs Pakistans zur Gewährleistung der Einschreibung aller Wahlberechtigten in die neuen Wählerverzeichnisse, einschließlich der Ahmadiyya-Muslime, vollständig umzusetzen;

13.

ist besorgt über den möglichen Missbrauch der Kampagne „Bekämpfung der Diffamierung der Religion“ bei den Vereinten Nationen und weist auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. November 2009 hin;

14.

fordert die Regierung Pakistans auf, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 vollständig und ohne Vorbehalte zu ratifizieren; ist der Ansicht, dass die Glaubensfreiheit, wie sie im Übereinkommen der Vereinten Nationen verankert ist, die geeigneten Rahmenbedingungen und Leitlinien bereithält, die alle Unterzeichner einhalten sollten und die ihre Bürger schützt, um ihnen die freie Ausübung ihres Glaubens zu ermöglichen;

15.

fordert die Regierung auf, die Menschenrechte von Minderheiten zu gewährleisten, wie sie in der Verfassung und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – insbesondere in Artikel 18 dieser Erklärung – niedergelegt sind, wonach jeder „das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit“ hat;

16.

unterstützt alle Initiativen, die auf die Förderung des Dialogs und des gegenseitigen Respekts zwischen den Gemeinschaften gerichtet sind; fordert die politisch und religiös Verantwortlichen auf, Toleranz zu fördern und Maßnahmen gegen Hass und gewalttätigen Extremismus zu ergreifen;

17.

fordert die pakistanische Regierung eindringlich auf, die vorgeschlagenen Reformen des Bildungssystems umzusetzen und die Medressen zu regulieren und zu kontrollieren; fordert die pakistanischen Behörden auf, jegliche Propaganda zur Förderung des Hasses, der religiösen Überlegenheit und der Verleumdung von Religionen aus den Lehrbüchern zu entfernen, die von der für die nationalen Lehrpläne verantwortlichen Abteilung des Bildungsministeriums genehmigt wurden;

18.

fordert die Regierung Pakistans auf, den Besuch der UN-Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit, Frau Asma Jahangir, in Pakistan zu ermöglichen;

19.

fordert den Rat und die Kommission auf, die Rechte der Minderheiten in Pakistan in die Tagesordnung des bevorstehenden Gipfeltreffens aufzunehmen, um eine zeitnahe Reform der diskriminierenden Blasphemie-Gesetzgebung anzuregen;

20.

fordert den Rat auf, das Thema der religiösen Toleranz in der Gesellschaft in seinen Dialog mit Pakistan über Terrorismusbekämpfung aufzunehmen, da diese Frage von zentraler Bedeutung für den langfristigen Kampf gegen religiösen Extremismus ist;

21.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die finanzielle Unterstützung für Menschenrechtsorganisationen und -aktivisten fortzusetzen und praktische Maßnahmen zur Unterstützung des wachsenden Engagements der Zivilgesellschaft in Pakistan gegen die Blasphemie-Gesetze und andere diskriminierende Rechtsvorschriften zu skizzieren;

22.

erinnert an die als Antwort auf schriftliche parlamentarische Anfragen wiederholt abgegebene Erklärung der Kommission, wonach sie die Reaktionen der pakistanischen Regierung auf die Gewalt gegen Christen in Gojra und Korian aufmerksam verfolgt, und fordert die Kommission auf, Einzelheiten konkreter Fortschritte zu verlangen, insbesondere im Hinblick darauf, die Täter vor Gericht zu bringen;

23.

fordert den Rat und die Kommission auf, nicht davon abzurücken, dass die Regierung Pakistans die Demokratie- und Menschenrechtsklausel des Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Islamischen Republik Pakistan beachtet; fordert die Kommission auf, einen Bericht über die Umsetzung des Kooperationsabkommens und die Demokratie- und Menschenrechtsklausel vorzulegen;

24.

fordert den Rat auf, die Regierung Pakistans beim Aufbau seines Ministeriums für Menschenrechte und bei der Schaffung einer sinnvollen, unabhängigen und maßgeblichen Nationalen Menschenrechtskommission zu unterstützen;

25.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament Pakistans zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0351.

(2)  ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 666.

(3)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S.434.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/152


Donnerstag, 20. Mai 2010
Lage in Thailand

P7_TA(2010)0195

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu Thailand

2011/C 161 E/22

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

unter Hinweis auf die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen von 1990,

unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton vom 8. und 13. April 2010 zur politischen Lage in Thailand,

unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der ASEAN vom 12. April 2010 zur Lage in Thailand,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass es in Thailand zu einem gewaltsamen Konflikt zwischen den „Rothemden“ einerseits und der von den „Gelbhemden“ unterstützten Regierung und Armee andererseits gekommen ist, welcher bereits zu über 60 Todesopfern und über 1 700 Verletzten geführt hat,

B.

in der Erwägung, dass in über 20 thailändischen Provinzen der Ausnahmezustand verfügt wurde,

C.

in der Erwägung, dass es in Bangkok am 10. April 2010 zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen ist,

D.

in der Erwägung, dass Premierminister Abhisit Vejjajiva am 3. Mai 2010 einen Fahrplan mit einem Fünf-Punkte-Plan mit dem Ziel allgemeiner Wahlen am 14. November 2010 vorgelegt hat,

E.

in der Erwägung, dass in Bangkok seit dem 13. Mai 2010 eine neue Welle gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen militanten Demonstranten und Sicherheitskräften zu verzeichnen ist,

F.

in der Erwägung, dass der von der thailändischen Regierung verfügte Ausnahmezustand zur Zensur eines Satellitenfernsehsenders, mehrerer Radio- und Fernsehsender sowie von Websites geführt hat und dass die Europäische Union tief besorgt über die Gefährdung der Medienfreiheit ist und auf die Freiheit der Meinungsäußerung als ein in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankertes Grundrecht pocht,

G.

in der Erwägung, dass die Armeeoperation vom 19. Mai 2010 zum Zweck der verstärkten Abriegelung des Hauptversammlungsorts der Demonstranten zu mehreren Todesopfern, unter denen sich auch ein italienischer Journalist befand, und Duzenden Verletzten geführt hat,

H.

in der Erwägung, dass UN-Generalsekretär Ban Ki-moon seine Besorgnis über den Gewaltausbruch äußerte und sowohl die Demonstranten als auch die thailändischen Behörden aufgefordert hat, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um weitere Gewalt und Todesopfer zu vermeiden; in der Erwägung, dass Vietnam, das zurzeit den Vorsitz in der ASEAN führt, seine Besorgnis über die Verschärfung der Lage in Thailand geäußert und alle Parteien zur Gewaltvermeidung und Versöhnung aufgefordert hat,

1.

ist tief besorgt über den gewaltsamen Konflikt zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Thailand, welcher eine Gefahr für die Demokratie im Land darstellt, und erklärt seine Solidarität mit dem thailändischen Volk und allen Familien, die in den vergangenen Wochen den Verlust von Angehörigen zu beklagen hatten;

2.

weist darauf hin, dass nach den Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen „Beamte mit Polizeibefugnissen […] bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten soweit als möglich nichtgewaltsame Mittel einzusetzen [haben], bevor sie Gewalt anwenden oder von Schusswaffen Gebrauch machen“ und „wenn der rechtmäßige Einsatz von Gewalt oder Schusswaffen unabwendbar ist, […] Zurückhaltung bei dem Einsatz zu üben und die Verhältnismäßigkeit gegenüber der Schwere der Straftat und dem legitimen Handlungsziel zu wahren [haben]“;

3.

fordert alle Parteien auf, sich äußerste Selbstbeherrschung aufzuerlegen und die politische Gewalt zu beenden;

4.

begrüßt den Beschluss der thailändischen Regierung zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses unter Teilnahme forensischer Sachverständiger und wissenschaftlicher Einrichtungen zur Aufklärung der Todesfälle vom 10. April 2010 und fordert die Regierung auch zur Untersuchung der jüngsten Todesfälle auf; begrüßt die vom thailändischen Ministerium für soziale Entwicklung und menschliche Sicherheit angekündigte Einrichtung einer Hilfsstelle für Verletzte und Angehörige der Todesopfer bei den Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern der United Front for Democracy against Dictatorship;

5.

anerkennt den von Premierminister Abhisit Vejjajiva am 3. Mai 2010 vorgelegten Fahrplan;

6.

fordert die thailändische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass der von ihr verfügte Ausnahmezustand die Grundrechte und persönlichen Freiheiten nicht unverhältnismäßig beschränkt, und die Zensur und Einschränkung der freien Meinungsäußerung zu beenden;

7.

fordert alle Parteien zu einem sofortigen konstruktiven Dialog mit dem Ziel einer raschen ausgehandelten Konfliktbeilegung und Lösung der gegenwärtigen Krise auf friedlichem und demokratischem Weg auf;

8.

begrüßt die von der nationalen Menschenrechtskommission ergriffene Initiative zu einem Konsultativtreffen von Intellektuellen, Vertretern der sozialen Bewegungen, religiösen Würdenträger sowie den vier ehemaligen Premierministern Anand Panyarachun, Banharn Silapa-acha, Chavalit Yongchaiyudh und Chuan Leekpai zwecks Erarbeitung eines Vorschlags zur Beilegung der Krise;

9.

bekräftigt seine Bereitschaft zur Unterstützung der Demokratie in Thailand unter Berücksichtigung der ausgezeichneten Beziehungen der EU zu diesem Land und dessen Rolle bei der Schaffung von Wohlstand und Stabilität in dieser Weltgegend;

10.

fordert die internationale Gemeinschaft auf, alles in ihrer Macht Stehende zur Beendigung der Gewalt zu tun; fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die politische Lage in Thailand genau zu verfolgen und gemeinsame Initiativen mit der ASEAN zur Förderung des Dialogs und Stärkung der Demokratie in Thailand zu koordinieren;

11.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der thailändischen Regierung, dem Generalsekretär der ASEAN sowie dem UN-Generalsekretär zu übermitteln.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/154


Donnerstag, 20. Mai 2010
Birma

P7_TA(2010)0196

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Lage in Birma/Myanmar

2011/C 161 E/23

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Birma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Artikel 18 bis 21 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen Tomás Ojea Quintana vom 5. Mai 2010,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Birma/Myanmar, die auf der 3009. Tagung des Rates für auswärtige Angelegenheiten vom 26. April 2010 in Luxemburg angenommen wurden,

unter Hinweis auf die Stellungnahme der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 1. März 2010 zu der Ablehnung der Berufung Aung San Suu Kyis durch den Obersten Gerichtshof von Birma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Vorsitzenden des 16. ASEAN-Gipfeltreffens, das am 9. April 2010 in Hanoi stattfand,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. Juni 2009 bezüglich einer Erklärung zu Birma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Birma/Myanmar, die auf der 2938. Tagung des Rates für allgemeine Angelegenheiten vom 27. April 2009 in Luxemburg angenommen wurden,

unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes der Europäischen Union vom 23. Februar 2009, in der zu einem umfassenden Dialog zwischen den Behörden und den demokratischen Kräften in Birma/Myanmar aufgerufen wird,

unter Hinweis auf den Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28. August 2009 über die Lage der Menschenrechte in Birma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Resolution des UN-Menschenrechtsrats vom 26. März 2010 zu der Lage der Menschenrechte in Birma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Erklärung der Ratspräsidentschaft vom 14. Mai 2009 im Namen der Europäischen Union zur Inhaftierung von Daw Aung San Suu Kyi,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in Anbetracht der Ankündigung der Behörden von Birma/Myanmar, dass 2010 die ersten landesweiten Wahlen seit 1990 stattfinden sollen,

B.

in der Erwägung, dass die fünf Wahlgesetze und vier Wahldekrete in der veröffentlichten Form sämtliche demokratischen Grundsätze verletzen und die Abhaltung freier Wahlen unmöglich machen, da sie insbesondere die 2 200 bekannten politischen Gefangenen des Landes ausschließen; in der Erwägung, dass Mitglieder religiöser Gemeinschaften, darunter auch schätzungsweise 400 000 buddhistische Mönche in Birma/Myanmar, ausdrücklich von der Wahl ausgeschlossen sind, was ein Zeichen für die stetige Diskriminierung durch die Militärjunta wegen Religion oder Status ist,

C.

in der Erwägung, dass diese Gesetze die Grundsätze der Meinungs- und Versammlungsfreiheit verletzen; in der Erwägung, dass im Ausland angesiedelte birmesische Medien, die für das Volk von Birma die Hauptnachrichtenquelle darstellen, immer noch nicht in Birma/Myanmar arbeiten dürfen,

D.

in der Erwägung, dass diese Gesetze auf der Verfassung von 2010 beruhen, die Straffreiheit für die Verbrechen des derzeitigen Regimes garantiert und eine völlige Aussetzung der Grundrechte während des Ausnahmezustands auf unbestimmte Zeit vorsieht; in der Erwägung, dass die neue Verfassung von Birma/Myanmar so gestaltet ist, dass die Diktatur in einem zivilen Gewand erhalten wird, und sie weder die Menschenrechte schützt noch Aussichten auf einen wirklichen Wechsel bietet,

E.

in der Erwägung, dass jede abweichende politische Meinungsäußerung systematisch brutal verfolgt wird (beispielsweise durch willkürliche Verhaftungen, ungerechte Prozesse, Gefängnisstrafen, Folter und Tötungen ohne Gerichtsurteil),

F.

in der Erwägung, dass Wahlen nicht als frei und gleich betrachtet werden können, solange die Opposition nicht einbezogen wird,

G.

in der Erwägung, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD), der eindeutige Sieger der letzten demokratischen Wahlen, beschlossen hat, die für 2010 angekündigten Wahlen aufgrund der Voraussetzungen für die Teilnahme zu boykottieren; in der Erwägung, dass die NLD per Gesetz vom 6. Mai 2010 aufgelöst wurde, nachdem sie sich für die Wahlen nicht registrieren lassen hatte,

H.

in der Erwägung, dass in der Erklärung des 16. ASEAN-Gipfeltreffens die Bedeutung einer Aussöhnung und der Abhaltung freier, regelkonformer, allgemeiner und für alle offener Wahlen betont wird,

I.

in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zu Birma/Myanmar „umfassende und systematische“ Menschenrechtsverletzungen, die von dem Diktaturregime Birmas/Myanmars begangen wurden, verurteilt und erklärt hat, diese stellten „eine staatliche Politik dar, die die Behörden in der Exekutive, das Militär und die Jurisdiktion auf allen Ebenen einschließen“, und dass er die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Vereinten Nationen für von dem Diktaturregime begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert hat,

J.

in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar dem EU-Sonderbeauftragten für Birma/Myanmar weiterhin die Einreise ins Land und die Aufnahme eines Dialogs verweigert, obwohl monatelang immer wieder darum ersucht wurde,

K.

in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar seit 2003 sämtliche Vorschläge der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft für die Reform ihres siebenteiligen „Fahrplans für Demokratie“ abgelehnt hat,

L.

in der Erwägung, dass derzeit 2 200 namentlich bekannte politische Gefangene aufgrund ihrer gewaltlosen Aktivitäten in Birma/Myanmar inhaftiert sind, und in der Erwägung, dass mehr als 140 politischen Gefangenen vorsätzlich jede medizinische Versorgung verweigert wird; zu ihnen gehört auch der Studentenführer Ko Mya Aye der Generation 88, der an einer lebensbedrohlichen Herzerkrankung leidet,

M.

in der Erwägung, dass das Militär seine Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten in ethnischen Konfliktgebieten einschließlich Tötungen ohne Gerichtsurteil, Zwangsarbeit und sexueller Gewalt unvermindert fortsetzt,

N.

in der Erwägung, dass die Angriffe gegen Zivilisten ethnischer Minderheiten in Ostbirma/-Myanmar fortdauern und zu hunderttausenden Vertriebenen geführt haben, von denen viele aufgrund der durch die Diktatur verhängten Restriktionen für humanitäre Hilfe nur durch grenzüberschreitende Hilfe aus Nachbarländern erreicht werden können,

O.

in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi, die Führerin der oppositionellen NLD, seit 2003 unter Hausarrest steht; in der Erwägung, dass die Behörden sie am 14. Mai 2009 verhafteten und ihr vorwarfen, sie habe die Auflagen ihres Hausarrests verletzt, indem sie den Besuch des Amerikaners John Yettaw zuließ; in der Erwägung, dass ein Strafgericht im Insein-Gefängnis in Rangun Aung San Suu Kyi am 11. August 2009 wegen der Verletzung ihres Hausarrests zu drei Jahren Gefängnis verurteilte – dieses Urteil wurde in der Folge in 18 Monate Hausarrest umgewandelt; in der Erwägung, dass das Oberste Gericht von Birma/Myanmar Aung San Suu Kyis Berufung gegen das ungerechte Urteil von 2009 am 1. März 2010 ablehnte,

P.

in der Erwägung, dass die EU nach wie vor ein wichtiger Geber für Birma/Myanmar ist und gewillt ist, ihre Unterstützung für das Volk des Landes zu erhöhen, um dessen soziale und wirtschaftliche Lage zu verbessern,

Q.

in der Erwägung, dass ECHO die Mittel für die Flüchtlinge an der thailändisch-birmesischen Grenze gekürzt hat, obwohl die Zahl der Flüchtlinge fast gleich geblieben ist, und die Unterstützung von Internatsschulen in Flüchtlingslagern eingestellt hat,

R.

in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die Europäische Union und zahlreiche Regierungen erklärt haben, die Lösung für die Probleme von Birma sei ein echter dreiseitiger Dialog zwischen Aung San Suu Kyi und der NLD, legitimen Vertretern der ethnischen Minderheiten und der Regierung von Birma/Myanmar; in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar einen solchen Dialog immer noch verweigert,

1.

bekräftigt sein beharrliches Engagement für das Volk von Birma/Myanmar;

2.

verurteilt die Abhaltung von Wahlen unter vollkommen undemokratischen Bedingungen und auf der Grundlage von Regeln, durch die die wichtigste demokratische Oppositionspartei ausgeschlossen und im Rahmen eines eindeutigen Versuchs, sämtliche oppositionellen Kräfte des Landes von der Wahl fernzuhalten, hunderttausenden birmesischen Bürgern ihr aktives und passives Wahlrecht aberkannt wird;

3.

bedauert, dass dem Militär durch die neue Verfassung mindestens 25 % der Parlamentssitze garantiert werden und die Befugnis eingeräumt wird, die bürgerlichen Freiheiten und die Gesetzgebungsvollmacht außer Kraft zu setzen, wann immer ihm dies im Interesse der nationalen Sicherheit notwendig erscheint;

4.

fordert die Regierung von Birma/Myanmar nachdrücklich auf, unverzüglich die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ein freies, gerechtes und transparentes Wahlverfahren unter Einbeziehung aller Wähler, aller politischen Parteien und aller anderen einschlägigen Interessengruppen zu gewährleisten sowie der Anwesenheit internationaler Beobachter zuzustimmen; fordert die Aufhebung der im März 2010 verkündeten Wahlgesetze, durch die die Abhaltung freier und transparenter Wahlen unmöglich wird;

5.

fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, den Aufrufen der internationalen Gemeinschaft Folge zu leisten, Aung San Suu Kyi und allen anderen aus Gewissensgründen inhaftierten Personen die Teilnahme am politischen Prozess zu gestatten;

6.

fordert die internationale Gemeinschaft dringend auf, alles zu unternehmen um zu gewährleisten, dass freie und demokratische Wahlen abgehalten werden;

7.

fordert die Regierung von Birma/Myanmar nachdrücklich auf, die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit sowie der Bewegungs- und Ausdrucksfreiheit aufzuheben und auch freie und unabhängige Medien zuzulassen, unter anderem, indem Internet- und Mobiltelefondienste allgemein verfügbar gemacht werden und die Zensur abgeschafft wird;

8.

verurteilt energisch die anhaltenden und systematischen Verstöße gegen die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die grundlegenden demokratischen Rechte der Bevölkerung von Birma/Myanmar; fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, die Verletzungen der international geltenden Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts einzustellen;

9.

fordert die Regierung von Birma/Myanmar dringend auf, alle aus Gewissensgründen Inhaftierten unverzüglich bedingungslos und unter vollständiger Wiederherstellung ihrer politischen Rechte freizulassen und auf weitere politisch motivierte Verhaftungen zu verzichten;

10.

fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Mitgliedstaaten auf, öffentlich ihre Unterstützung dafür geltend zu machen, dass gemäß der Empfehlung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Birma/Myanmar durch die Vereinten Nationen eine Untersuchungskommission für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Birma/Myanmar eingerichtet und dieses Ersuchen in den Entwurf einer Resolution, der im Jahre 2010 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen debattiert werden soll, aufgenommen wird;

11.

hebt hervor, dass die politischen und sozioökonomischen Herausforderungen, vor denen Birma/Myanmar steht, nur bewältigt werden können, wenn ein echter Dialog zwischen allen Beteiligten, einschließlich der ethnischen Gruppen und der Opposition, geführt wird;

12.

bekräftigt die grundlegende Bedeutung eines echten Dialogprozesses und der nationalen Versöhnung für den Übergang zur Demokratie; fordert die Regierung von Birma/Myanmar auf, unverzüglich einen eingehenden Dialog mit allen Parteien und ethnischen Gruppierungen aufzunehmen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Vermittlungsbemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und des UN-Sonderberichterstatters für Birma/Myanmar;

13.

fordert die Regierungen von China, Indien und Russland nachdrücklich auf, ihr erhebliches wirtschaftliches und politisches Gewicht gegenüber den birmesischen Behörden geltend zu machen, um substantielle Verbesserungen in Birma/Myanmar herbeizuführen, und die Lieferung von Waffen und anderen strategischen Ressourcen an das Land einzustellen; fordert die Regierungen der ASEAN-Staaten und Chinas, zwischen denen und Birma/Myanmar eine „privilegierte Partnerschaft“ besteht, auf, den Versuch zu unternehmen, Birma insbesondere zur Aufgabe seiner Politik der ethnischen Säuberungen gegenüber den Rohingya zu bewegen, die dazu führt, dass hunderttausende Menschen über die Grenze nach Bangladesch fliehen und sich das Elend der in extremer Armut lebenden Einwohner des Distrikts Cox's Bazaar verschärft;

14.

bringt seine nachdrückliche Unterstützung der fortdauernden Tätigkeit des EU-Sonderbeauftragten zum Ausdruck und fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, uneingeschränkt mit ihm zusammenzuarbeiten;

15.

begrüßt den Beschluss des Rates, die in dem geltenden EU-Beschluss festgelegten restriktiven Maßnahmen um ein weiteres Jahr zu verlängern, und betont seine Bereitschaft, die bereits beschlossenen Maßnahmen vor dem Hintergrund der Entwicklungen vor Ort zu überprüfen, abzuändern oder zu verstärken;

16.

fordert die Kommission auf, Kürzungen bei der Bereitstellung finanzieller Mittel für die Flüchtlinge in Grenzgebiet zwischen Thailand und Birma rückgängig zu machen und umgehend mit der Finanzierung grenzüberschreitender Hilfeleistungen, insbesondere medizinischer Unterstützung, zu beginnen;

17.

bekräftigt seine Forderung nach einer Lösung des Problems der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch; fordert die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, deren offizielle Registrierung als Flüchtlinge zuzulassen, und dringt darauf, dass die Behörden von Birma/Myanmar jede Form von Verfolgung der Rohingya einstellen und die Grundrechte dieser religiösen und ethnischen Minderheit uneingeschränkt respektieren;

18.

begrüßt die Unterstützung der Europäischen Union für ein weltweites Waffenembargo und fordert die europäischen Regierungen und die Kommission dringend auf, damit zu beginnen, sich aktiv für die Herbeiführung eines weltweiten Konsenses zugunsten eines solchen Embargos einzusetzen;

19.

unterstützt die Vermittlungsbemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und begrüßt seinen Einsatz für die Lösung dieses Problems;

20.

beauftragt seine Delegationen für die Beziehungen zur ASEAN, zu China, Russland, den Vereinigten Staaten, Indien, den Ländern Südasiens und Japan, Birma/Myanmar auf die Tagesordnung ihrer Treffen mit ihren Partnern und Gesprächspartnern in den genannten Ländern zu setzen;

21.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem EU-Sonderbeauftragten für Birma, dem birmesischen Staatsrat für Frieden und Entwicklung, den Regierungen der Mitgliedstaaten der ASEAN und der ASEM, dem Sekretariat der ASEM, dem Interparlamentarischen Gremium der ASEAN-Staaten für Myanmar („ASEAN Inter-Parliamentary Myanmar Caucus“), Daw Aung San Suu Kyi, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte in Birma/Myanmar zu übermitteln.


III Vorbereitende Rechtsakte

Europäisches Parlament

Dienstag, 18. Mai 2010

31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/158


Dienstag, 18. Mai 2010
Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen ***II

P7_TA(2010)0158

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (16626/2/2009 – C7-0049/2010 – 2009/0027(COD))

2011/C 161 E/24

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (16626/2/2009 – C7-0049/2010),

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2009)0066),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2, Artikel 63 Absatz 1 Nummern 1 und 2 und Artikel 66 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0071/2009),

unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung (1),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 7, Artikel 74 und Artikel 78 Absätze 1 und 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 72 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für die zweite Lesung (A7-0118/2010),

1.

billigt den Standpunkt des Rates;

2.

stellt fest, dass der Gesetzgebungsakt entsprechend dem Standpunkt erlassen wird;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Gesetzgebungsakt mit dem Präsidenten des Rates gemäß Artikel 297 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu unterzeichnen;

4.

beauftragt seinen Generalsekretär, den Gesetzgebungsakt zu unterzeichnen, nachdem überprüft worden ist, dass alle Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, und im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Rates die Veröffentlichung des Gesetzgebungsakts im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte vom 7.5.2009, P6_TA(2009)0379.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/159


Dienstag, 18. Mai 2010
Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) ***II

P7_TA(2010)0159

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) (05386/3/2010 – C7-0095/2010 – 2008/0223(COD))

2011/C 161 E/25

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (05386/3/2010 – C7-0095/2010),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2008)0780),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 175 Absatz 1 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0413/2008),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 7 und Artikel 194 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung (1),

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 14. Mai 2009 (2),

in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 21. April 2009 (3),

gestützt auf Artikel 72 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie für die zweite Lesung (A7-0124/2010),

1.

billigt den Standpunkt des Rates;

2.

billigt die dieser Entschließung beigefügte gemeinsame Erklärung des Parlaments, des Rates und der Kommission;

3.

nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis;

4.

stellt fest, dass der Gesetzgebungsakt entsprechend dem Standpunkt des Rates erlassen wird;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, den Gesetzgebungsakt mit dem Präsidenten des Rates gemäß Artikel 297 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu unterzeichnen;

6.

beauftragt seinen Generalsekretär, den Gesetzgebungsakt zu unterzeichnen, nachdem überprüft worden ist, dass alle Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, und im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Rates die Veröffentlichung des Gesetzgebungsakts im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

7.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte vom 23.4.2009, P6_TA(2009)0278.

(2)  ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 75.

(3)  ABl. C 200 vom 25.8.2009, S. 41.


Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG

Erklärung

zur Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung)

Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu Artikel 290 AEUV

„Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erklären, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2010/31/EU unbeschadet des künftigen Standpunkts der Organe zur Umsetzung von Artikel 290 AEUV oder einzelnen Gesetzgebungsakten, die derartige Bestimmungen enthalten, gelten.“

Erklärung der Kommission zu den Ferienzeiten der Organe

„Die Europäische Kommission nimmt zur Kenntnis, dass das Europäische Parlament und der Rat außer in den Fällen, in denen der Gesetzgebungsakt ein Dringlichkeitsverfahren vorsieht, davon ausgehen, dass bei der Notifizierung delegierter Rechtsakte den Ferienzeiten der Organe (Winter, Sommer und Europawahlen) Rechnung getragen wird, um sicherzustellen, dass das Europäische Parlament und der Rat in der Lage sind, ihre Befugnisse innerhalb der in den einschlägigen Gesetzgebungsakten festgesetzten Fristen auszuüben, und ist bereit, dementsprechend zu handeln.“

Erklärung der Kommission zur Finanzierung der Energieeffizienz in Gebäuden

„Die Kommission unterstreicht die entscheidende Rolle der Finanzierungsinstrumente bei der erfolgreichen Umgestaltung der europäischen Baubranche zu einem energieeffizienten und kohlenstoffarmen Sektor. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten weiterhin zu einer breiten Nutzung der vorhandenen Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ermuntern (derzeit können bis zu 4 % der nationalen Gesamtbeträge des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, die sich auf 8 Milliarden EUR belaufen, für die Steigerung der Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien im Wohnungssektor verwendet werden, und zwar zusätzlich zur bereits bestehenden unbeschränkten Förderung nachhaltiger Energien in öffentlichen und Gewerbe-/Industriegebäuden). Außerdem wird die Kommission die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, alle vorhandenen Mittel und Finanzierungsmöglichkeiten besser als Hebel für die Förderung von Investitionen in die Energieeffizienz einzusetzen.

Überdies wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, alle bestehenden Initiativen wie die Initiative ‚intelligente Städte‘ (SET-Plan, KOM(2009)0519) auszubauen oder Haushaltsmittel des Programms ‚Intelligente Energie – Europa II‘ einzusetzen, z. B. für den Wissensaustausch und die technische Unterstützung bei der Einrichtung nationaler Umlauffonds.

Darüber hinaus wird die Kommission eine Übersicht und Analyse der gegenwärtig in den Mitgliedstaaten bestehenden Finanzierungsmechanismen erstellen und sich entsprechend den Ergebnissen um die Verbreitung der beispielhaften Praxis in der gesamten EU bemühen.

Schließlich wird die Kommission auf der Grundlage der in Artikel 10 Absatz 5 der Richtlinie 2010/31/EU vorgesehenen Analyse Überlegungen zur Möglichkeit der künftigen Schaffung finanzieller Anreize (u. a. im Hinblick auf die hierzu in Artikel 10 Absatz 5 Buchstabe a genannten Gemeinschaftsinstrumente) und deren optimaler Verwendung zugunsten von Investitionen in eine höhere Energieeffizienz von Gebäuden anstellen.“


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/161


Dienstag, 18. Mai 2010
Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG) ***I

P7_TA(2010)0160

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/904/EG des Rates (KOM(2009)0456 – C7-0123/2009 – 2009/0127(COD))

2011/C 161 E/26

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2009)0456),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 63 Absatz 2 Buchstabe b des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0123/2009),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 sowie Artikel 78 Absatz 2 und Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0125/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


Dienstag, 18. Mai 2010
P7_TC1-COD(2009)0127

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses Nr. …/2010/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 und Artikel 80,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Angesichts der Einrichtung eines gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der Europäischen Union, mit dem die Wirkung der Neuansiedlungsbemühungen in der Union zum Schutz von Flüchtlingen gesteigert und die strategische Wirkung der Neuansiedlung durch die stärkere Berücksichtigung von Personen, deren Neuansiedlung am dringendsten ist, erhöht werden sollen, sollten auf Unionsebene regelmäßig gemeinsame Prioritäten für die Neuansiedlung festgelegt werden.

(2)

Um die Ziele der Entscheidung Nr. 573/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) zu erreichen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen gemeinsame jährliche Prioritäten der Union bezüglich geografischer Regionen, Staatsangehörigkeiten und bestimmter Kategorien neu anzusiedelnder Flüchtlinge festgelegt werden. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission bei ihren vorbereitenden Arbeiten angemessene Konsultationen – auch auf Expertenebene – durchführt.

(3)

Unter Berücksichtigung des Neuansiedlungsbedarfs, der in dem Beschluss der Kommission über die gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union im Einklang mit dem vorliegenden Beschluss festgelegt wird, ist es auch erforderlich, zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Neuansiedlung von Personen in Bezug auf ▐ geografische Regionen und Staatsangehörigkeiten und für bestimmte Kategorien neu anzusiedelnder Flüchtlinge, deren Neuansiedlung als das geeigneteste Mittel zur Befriedigung ihrer besonderen Bedürfnisse angesehen wird, zur Verfügung zu stellen.

(4)

In diesem Zusammenhang ist es angebracht, den Zeitplan hinsichtlich der Frist für die Übermittlung der für die Berechnung der jährlichen Mittelzuweisungen an die Mitgliedstaaten erforderlichen Angaben, der Frist für die Vorlage der Jahresprogramme durch die Mitgliedstaaten und der Frist für die Annahme der Finanzierungsbeschlüsse durch die Kommission anzupassen.

(5)

Um mehr Mitgliedstaaten zu ermutigen, sich an Neuansiedlungsmaßnahmen zu beteiligen, sollten Mitgliedstaaten, die sich erstmals am Neuansiedlungsprogramm beteiligen, zusätzliche wirtschaftliche Unterstützung erhalten.

(6)

Außerdem ist es erforderlich, Regeln für die Förderfähigkeit der Ausgaben für die zusätzliche finanzielle Unterstützung der Neuansiedlung festzulegen -

HABEN FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Entscheidung Nr. 573/2007/EG wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 13 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 5 wird Absatz 3.

b)

Absatz 3 wird Absatz 4 und erhält folgende Fassung:

„(4)   Die Mitgliedstaaten erhalten einen Festbetrag von 4 000 EUR für jede ▐ Person ▐, die nach den gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union , die gemäß den Absätzen 6 und 7 nach geografischen Regionen und Staatsangehörigkeiten ▐ festgelegt werden , neu angesiedelt wurde .

Die folgenden Kategorien schutzbedürftiger Flüchtlingsgruppen gelten als gemeinsame jährliche Prioritäten der Union gemäß den Absätzen 6 und 7, unabhängig von jährlichen Prioritäten bezüglich geografischer Regionen und Staatsangehörigkeiten:

Kinder und Frauen, denen insbesondere psychische, physische oder sexuelle Gewalt oder Ausbeutung droht;

unbegleitete Minderjährige, deren Neuansiedlung im Interesse ihres Wohls ist, in Übereinstimmung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes;

Personen, die umfangreiche medizinische Betreuung benötigen oder die sich in einem Zustand befinden, der nur nach einer Neuansiedlung behandelt werden kann;

Überlebende von Gewalt und Folter;

Personen, die aus rechtlichen Gründen oder Schutzgründen dringend neu angesiedelt werden müssen.

c)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(4a)     Mitgliedstaaten, die erstmals Finanzmittel gemäß diesem Artikel beantragen, erhalten für jede neu angesiedelte Person einen Festbetrag von 6 000 EUR im ersten Kalenderjahr und von 5 000 EUR im zweiten Kalenderjahr. In den darauffolgenden Jahren liegt der Festbetrag für jede neu angesiedelte Person bei EUR 4 000. Der zusätzliche Betrag, den neu teilnehmende Mitgliedstaaten in den ersten zwei Jahren ihrer Teilnahme erhalten, ist für Investitionen in die Entwicklung eines nachhaltigen Neuansiedlungsprogramms bestimmt.“

d)

Absatz 4 wird Absatz 5 und erhält folgende Fassung:

„(5)   Siedelt ein Mitgliedstaat eine Person neu an, die unter mehr als eine der Kategorien fällt, die in den gemäß den Absätzen 6 und 7 festgelegten gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union für Neuansiedlungsmaßnahmen genannt sind, so erhält er den Festbetrag für die betreffende Person nur einmal.“

e)

Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„(6)    Um die Ziele dieses Beschlusses zu erreichen und die Neuansiedlung zu einem wirksamen Schutzinstrument zu machen, erlässt die Kommission einen Beschluss, der die gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union für Neuansiedlungsmaßnahmen durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 52a und unter den in den Artikeln 52b und 52c genannten Bedingungen festlegt.

f)

Folgende Absätze werden angefügt:

„(7)     In einem unvorhergesehenen Notfall, der eine rasche Aktualisierung der gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union für Neuansiedlungsmaßnahmen erforderlich macht, findet das Verfahren gemäß Artikel 52d für delegierte Rechtsakte, die gemäß diesem Artikel erlassen worden sind, Anwendung.

(8)    Innerhalb von zwanzig Kalendertagen nach Bekanntmachung des Beschlusses der Kommission über die Festlegung der gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union für Neuansiedlungsmaßnahmen gemäß den Absätzen 6 und 7 legen die Mitgliedstaaten der Kommission Schätzungen der Zahl der Personen vor, die sie im Laufe des darauffolgenden Kalenderjahres gemäß jenem Beschluss neu ansiedeln werden. Die Kommission teilt diese Schätzungen dem Europäischen Parlament und dem Rat mit.

(9)    Die Ergebnisse und Auswirkungen des finanziellen Anreizes für Neuansiedlungsmaßnahmen gemäß den gemeinsamen jährlichen Prioritäten der Union werden von den Mitgliedstaaten in ihren Berichten gemäß Artikel 50 Absatz 2 und von der Kommission in ihrem Bericht gemäß Artikel 50 Absatz 3 mitgeteilt.“

2.

Artikel 20 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Bis zum Jahr 2013 teilt die Kommission den Mitgliedstaaten bis zum 1. September jedes Jahres die Beträge mit, die ihnen für das nächste Kalenderjahr aus den Gesamtmitteln, die dem Fonds im Zuge des jährlichen Haushaltsverfahrens zugewiesen werden, berechnet nach den Modalitäten des Artikels 13, voraussichtlich zustehen.“

b)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Bis zum Jahr 2013 legen die Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 1. Dezember jedes Jahres den Entwurf des Jahresprogramms für das nächste Jahr vor, der nach Maßgabe des Mehrjahresprogramms ausgearbeitet wurde und aus Folgendem besteht:

a)

den allgemeinen Modalitäten für die Auswahl der im Rahmen des Jahresprogramms zu finanzierenden Projekte;

b)

einer Beschreibung der Maßnahmen, die im Rahmen des Jahresprogramms unterstützt werden sollen;

c)

der vorgeschlagenen finanziellen Verteilung des Beitrags des Fonds auf die verschiedenen Maßnahmen des Programms sowie die Angabe des Betrags, der für die technische Hilfe gemäß Artikel 16 zur Durchführung des Jahresprogramms beantragt wird.“

c)

Absatz 5 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

„Die Kommission erlässt den Finanzierungsbeschluss zur Billigung des Jahresprogramms bis zum 1. April des betreffenden Jahres. In dem Beschluss werden der dem betreffenden Mitgliedstaat zugewiesene Betrag sowie der Zeitraum angegeben, in dem die Erstattung von Ausgaben möglich ist.“

3.

In Artikel 35 wird folgender Absatz angefügt:

„(5)   Der den Mitgliedstaaten bewilligte Festbetrag von 4 000 EUR für jede neu angesiedelte Person wird als Pauschalbetrag für jede tatsächlich neu angesiedelte Person gewährt.“

4.

Folgende Artikel werden eingefügt:

„Artikel 52a

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)     Die Befugnis zum Erlass der in Artikel 13 Absätze 6 und 7 genannten Rechtsakte wird der Kommission für den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Zeitraum übertragen.

(2)     Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(3)     Die der Kommission übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte unterliegt den in den Artikeln 52b und 52c genannten Bedingungen. Wenn Gründe äußerster Dringlichkeit es erfordern, findet Artikel 52d Anwendung.

Artikel 52b

Widerruf der Befugnisübertragung

(1)     Die in Artikel 13 Absätze 6 und 7 genannte Befugnisübertragung kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden.

(2)     Das Organ, das ein internes Verfahren eingeleitet hat, um zu beschließen, ob die Befugnisübertragung widerrufen werden soll, bemüht sich, das andere Organ und die Kommission zu unterrichten, unter Nennung der übertragenen Befugnisse, die widerrufen werden könnten, sowie der etwaigen Gründe für einen Widerruf.

(3)     Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnisse. Er wird sofort oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird davon nicht berührt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 52c

Einwände gegen delegierte Rechtsakte

(1)     Das Europäische Parlament oder der Rat können gegen einen delegierten Rechtsakt innerhalb einer Frist von einem Monat ab dem Datum der Übermittlung Einwände erheben. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um einen Monat verlängert.

(2)     Haben bei Ablauf dieser Frist weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erhoben, so wird dieser im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt zu dem darin genannten Zeitpunkt in Kraft.

(3)     Erheben das Europäische Parlament oder der Rat Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt, so tritt dieser nicht in Kraft. Das Organ, das Einwände erhebt, gibt die Gründe für seine Einwände an.

Artikel 52d

Dringlichkeitsverfahren

(1)     Delegierte Rechtsakte, die gemäß diesem Artikel erlassen werden, treten unverzüglich in Kraft und finden Anwendung, solange keine Einwände gemäß Absatz 2 erhoben werden. Bei der Übermittlung eines gemäß diesem Artikel erlassenen delegierten Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat werden die Gründe für den Rückgriff auf das Dringlichkeitsverfahren angegeben.

(2)     Das Europäische Parlament und der Rat können gegen einen gemäß diesem Artikel erlassenen delegierten Rechtsakt innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Datum der Übermittlung Einwände erheben. In diesem Fall wird der Rechtsakt unanwendbar. Das Organ, das Einwände erhebt, gibt die Gründe für seine Einwände an.“

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010.

(2)  ABl. L 144 vom 6.6.2007, S. 1.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/166


Dienstag, 18. Mai 2010
Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1104/2008) *

P7_TA(2010)0161

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 des Rates über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (KOM(2009)0508 – C7-0244/2009 – 2009/0136(NLE))

2011/C 161 E/27

(Konsultation)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0508),

gestützt auf die Artikel 66 und 67 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage es vom Rat konsultiert wurde (C7-0244/2009),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 74 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und der Stellungnahme des Haushaltsausschusses (A7-0126/2010),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.

behält sich ungeachtet der Tatsache, dass der Rat das SIS 1+RE als Notfallplan für ein eventuelles Scheitern des SIS II behandelt, als Mitgesetzgeber für die Einrichtung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (1) und als Haushaltsbehörde das Recht vor, die für die Entwicklung des SIS II zuzuweisenden Mittel in die Reserve des Jahreshaushaltsplans 2011 einzustellen, um eine uneingeschränkte parlamentarische Überwachung und Kontrolle des Verfahrens zu gewährleisten;

3.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 293 Absatz 2 AEUV entsprechend zu ändern;

4.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

5.

fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

6.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

VORSCHLAG DER KOMMISSION

GEÄNDERTER TEXT

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 3

(3)

Die Voraussetzungen für die Migration werden bis zum 30. Juni 2010 nicht erfüllt sein. Die Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 und der Beschluss 2008/839/JI sollten weiter gelten, bis die Migration abgeschlossen ist, damit das SIS II gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und dem Beschluss 2007/533/JI in Betrieb gehen kann.

(3)

Die Voraussetzungen für die Migration werden bis zum 30. Juni 2010 nicht erfüllt sein. Die Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 und der Beschluss 2008/839/JI sollten weiter gelten, bis die Migration abgeschlossen ist, damit das SIS II gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und dem Beschluss 2007/533/JI in Betrieb gehen kann. Bei einem Scheitern des laufenden SIS-II-Projekts nach den Tests sollte nach einer alternativen technischen Lösung gesucht werden, und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen sollten allen betroffenen Parteien bekanntgegeben werden.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 4

(4)

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten in allen Phasen der Migration weiter eng zusammenarbeiten, um diese erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Im derzeitigen organisatorischen Aufbau sollte zusätzlich eine Expertengruppe vorgesehen werden.

(4)

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten in allen Phasen der Migration weiter eng zusammenarbeiten, um diese erfolgreich zum Abschluss zu bringen. In den Schlussfolgerungen des Rates zum SIS II vom 26./27. Februar 2009 und vom 4./5. Juni 2009 wurde ein informelles, aus Experten der Mitgliedstaaten bestehendes Gremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board“ mit dem Ziel eingesetzt, die Zusammenarbeit zu fördern und dem zentralen SIS II direkte Unterstützung durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen. Zur Ergänzung des derzeitigen organisatorischen Aufbaus sollte daher mit dieser Verordnung formell eine als „Global Programme Management Board“ (GPMB) bezeichnete Expertengruppe vorgesehen werden. Um Effizienz und Kosteneffektivität zu gewährleisten, sollten die Mitglieder des GPMB endgültig ernannt werden und in ihrer Anzahl beschränkt sein.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 6

(6)

Für die Bereitstellung der SIS-II-Funktionen sollte ein technischer Notfallplan vorgesehen werden. Die Beschreibung der technischen Komponenten der Migrationsinfrastruktur sollte daher so angepasst werden, dass eine technische Alternativlösung für die Entwicklung des zentralen SIS II möglich wird.

(6)

Der Rechtsrahmen muss angepasst werden, um die Umstellung auf etwaige alternative technische Lösungen zu ermöglichen, falls Tests zeigen, dass das SIS II nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Die Beschreibung der technischen Komponenten der Migrationsinfrastruktur sollte so angepasst werden, dass eine technische Alternativlösung für die Entwicklung des Zentralen SIS II möglich wird. Jede alternative technische Lösung sollte sich auf die beste verfügbare Technologie stützen, kostenwirksam sein und nach einem geeigneten und genauen Zeitplan umgesetzt werden. Die Kommission sollte rechtzeitig eine gründliche budgetäre Bewertung der mit einer solchen alternativen technischen Lösung verbundenen Kosten vorlegen. Es sollte klar sein, dass der Rechtsrahmen, der durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 geschaffen wurde, auf jede Lösung Anwendung finden sollte, unabhängig von ihrer technischen Art.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 16 a (neu)

 

(16a)

Da das Europäische Parlament als Mitgesetzgeber für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II nach der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 verantwortlich ist und da die Migration aus dem Unionshaushalt finanziert wird, für den das Europäische Parlament ebenfalls mitverantwortlich ist, sollte das Europäische Parlament in den Entscheidungsprozess über die Migration einbezogen werden. Es sollte eine befürwortende Stellungnahme des Europäischen Parlaments auf der Grundlage der von der Kommission zur Verfügung gestellten Informationen über die Testergebnisse erforderlich sein, bevor die Umstellung auf ein neues Schengener Informationssystem erfolgt.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer -1 (neu)

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 1 – Absatz 1

 

(-1)

Artikel 1 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Das Schengener Informationssystem (SIS), das gemäß Titel IV des Schengener Durchführungsübereinkommens von 1990 errichtet wurde (SIS 1+), wird durch ein neues System, das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) oder eine alternative technische Lösung, die sich auf die beste verfügbare Technologie stützt und im Hinblick auf einen klaren Zeitplan für ihre Umsetzung und ihre Kostenwirksamkeit vernünftig ist, ersetzt. Einrichtung, Betrieb und Nutzung des neuen Systems werden durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 geregelt.“

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer -1 a (neu)

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 1 – Absatz 1 a (neu)

 

(-1a)

In Artikel 1 wird folgender Absatz eingefügt:

„(1a)     Wenn das derzeitige SIS-II-Projekt nicht weitergeführt wird und eine alternative technische Lösung umgesetzt wird, gelten die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf SIS II als Verweise auf diese alternative technische Lösung.“

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 11 – Absatz 2

(2)   Die an SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten migrieren mittels der Übergangsarchitektur mit Unterstützung Frankreichs und der Kommission von N.SIS zu N. SIS II.

(2)   Die an SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten migrieren mittels der Übergangsarchitektur mit Unterstützung Frankreichs und der Kommission bis spätestens 31. Dezember 2011 von N.SIS zu N.SIS II. Sollte eine alternative technische Lösung im Sinne von Artikel 11 Absatz 5a umgesetzt werden, kann dieser Zeitpunkt gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 Absatz 2 geändert werden .

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 a (neu)

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 11 – Absatz 5

 

(3a)

Artikel 11 Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5)    Der im Rahmen der Migration vorgesehene Umstieg erfolgt nach der Validierung gemäß Artikel 8 Absatz 7 und nachdem das Europäische Parlament eine befürwortende Stellungnahme auf der Grundlage der von der Kommission nach Artikel 55 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 gelieferten Informationen über die Testergebnisse abgegeben hat.“

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 b (neu)

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 11 – Absatz 5 a (neu)

 

(3b)

In Artikel 11 wird folgender Absatz eingefügt:

„(5a)     Die Entwicklung des SIS II kann durch die Umsetzung einer alternativen technischen Lösung erreicht werden.“

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 c (neu)

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 14 – Absatz 5 a (neu)

 

(3c)

In Artikel 14 wird folgender Absatz angefügt:

„(5a)     Die Kommission entwickelt ein Paket mit zusätzlichen Maßnahmen und setzt dieses um, um den Verlust personenbezogener Daten aus der Datenbank durch ein Datenleck zu vermeiden und den Schutz personenbezogener Daten für die gesamte Testphase und Migration vom SIS I zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) zu gewährleisten.“

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 17 a – Absatz 1

1.   Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben der Kommission, Frankreichs und der am SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten wird ein Sachverständigengremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board “(GPMB) eingerichtet. Das GPMB koordiniert die Projekte für das Zentrale SIS II und die nationalen SIS II.

1.   Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben der Kommission, Frankreichs und der am SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten wird ein Sachverständigengremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board “(GPMB) eingerichtet. Das GPMB unterstützt die Entwicklung des zentralen SIS II. Es fördert die Kohärenz zwischen den Projekten für das zentrale SIS II und die nationalen SIS II und sorgt für deren Koordinierung .

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 17 a – Absatz 2

2.   Das GPMB setzt sich aus höchstens 10 Mitgliedern zusammen. Die Mitgliedstaaten im Rat benennen höchstens acht Experten und ebenso viele stellvertretende Mitglieder . Zwei Experten und zwei Stellvertreter werden vom Generaldirektor der zuständigen Generaldirektion der Kommission aus den Reihen der Kommissionsbediensteten benannt. Andere an den Arbeiten beteiligte Kommissionsbedienstete können an den GPMB-Sitzungen teilnehmen.

2.   Das GPMB setzt sich aus höchstens 10 Mitgliedern zusammen , die qualifiziert sind, aktiv zur Entwicklung des SIS II beizutragen, und regelmäßig zusammentreten . Die Mitgliedstaaten im Rat benennen höchstens acht Mitglieder und ebenso viele stellvertretende Mitglieder. Höchstens zwei Mitglieder und zwei Stellvertreter werden vom Generaldirektor der zuständigen Generaldirektion der Kommission aus den Reihen der Kommissionsbediensteten benannt. Interessierte Mitglieder des Europäischen Parlaments oder betroffene Parlamentsmitarbeiter, Experten aus den Mitgliedstaaten und Kommissionsbedienstete , die unmittelbar an der Entwicklung der SIS-II-Projekte beteiligt sind, können auf Kosten ihrer jeweiligen Verwaltung oder Institution an den GPMB-Sitzungen teilnehmen. Das GPMB kann gemäß seinem Mandat weitere Experten auf Kosten ihrer jeweiligen Verwaltung, Einrichtung oder ihres jeweiligen Betriebs zu GPMB-Sitzungen einladen.

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 17a – Absatz 5

5.   Das GPMB legt sein Mandat fest. Es tritt nach befürwortender Stellungnahme des Generaldirektors der zuständigen Generaldirektion der Kommission in Kraft.

5.   Das GPMB legt sein Mandat fest. Es tritt nach befürwortender Stellungnahme des Generaldirektors der zuständigen Generaldirektion der Kommission in Kraft. Das Mandat des GPMB umfasst die Verpflichtung, regelmäßige Berichte zu veröffentlichen und diese Berichte dem Europäischen Parlament zur Verfügung zu stellen, um eine umfassende parlamentarische Überwachung und Kontrolle zu gewährleisten.

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 17a – Absatz 6

6.   Unbeschadet Artikel 15 Absatz 2 werden die Verwaltungs- und Reisekosten für die Tätigkeiten des GPMB aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanziert, soweit sie nicht von anderen Stellen übernommen werden. Für die Erstattung der Reisekosten der von den Mitgliedstaaten im Rat benannten Experten des GPMB und der gemäß Absatz 3 geladenen Experten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des GPMB gilt die Regelung der Kommission für die Erstattung der Kosten von nicht der Kommission angehörenden Personen, die als Sachverständige einberufen werden.

6.   Unbeschadet Artikel 15 Absatz 2 werden die Verwaltungs- und Reisekosten für die Tätigkeiten des GPMB aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanziert, soweit sie nicht von anderen Stellen übernommen werden. Für die Erstattung der Reisekosten der von den Mitgliedstaaten im Rat benannten Experten des GPMB und der gemäß Absatz 3 geladenen Experten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des GPMB gilt die Regelung der Kommission für die Erstattung der Kosten von nicht der Kommission angehörenden Personen, die als Sachverständige einberufen werden. Die Aufwendungen für die Sitzungen des GPMB werden aus den Mitteln finanziert, die derzeit in der Finanzplanung 2010-2013 für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) bereitgestellt werden.

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 5

Verordnung (EG) Nr. 1104/2008

Artikel 19

Ihr Geltungsdauer endet an dem vom Rat gemäß Artikel 55 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 festzulegenden Zeitpunkt.

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Ihre Geltungsdauer endet an dem vom Rat gemäß Artikel 55 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 festzulegenden Zeitpunkt , auf jeden Fall spätestens am 31. Dezember 2013 .


(1)  Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4).


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/172


Dienstag, 18. Mai 2010
Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (Änderung des Beschlusses 2008/839/JI) *

P7_TA(2010)0162

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung des Beschlusses 2008/839/JI über die Migration vom Schengener Informationssystem (SIS 1+) zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (KOM(2010)0015 – C7-0040/2010 – 2010/0006(NLE))

2011/C 161 E/28

(Konsultation)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2010)0015),

gestützt auf Artikel 74 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C7-0040/2010),

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und der Stellungnahme des Haushaltsausschusses (A7-0127/2010),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.

behält sich ungeachtet der Tatsache, dass der Rat das SIS 1+RE als Notfallplan für ein eventuelles Scheitern des SIS II behandelt, als Mitgesetzgeber für die Einrichtung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (1) und als Haushaltsbehörde das Recht vor, die für die Entwicklung des SIS II zuzuweisenden Mittel in die Reserve des Jahreshaushaltsplans 2011 einzustellen, um eine uneingeschränkte parlamentarische Überwachung und Kontrolle des Verfahrens zu gewährleisten;

3.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 293 Absatz 2 AEUV entsprechend zu ändern;

4.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

5.

fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

6.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

VORSCHLAG DER KOMMISSION

GEÄNDERTER TEXT

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 3

(3)

Die Voraussetzungen für die Migration werden bis zum 30. Juni 2010 nicht erfüllt sein. Die Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 und der Beschluss 2008/839/JI sollten weiter gelten, bis die Migration abgeschlossen ist, damit das SIS II gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und dem Beschluss 2007/533/JI in Betrieb gehen kann.

(3)

Die Voraussetzungen für die Migration werden bis zum 30. Juni 2010 nicht erfüllt sein. Die Verordnung (EG) Nr. 1104/2008 und der Beschluss 2008/839/JI sollten weiter gelten, bis die Migration abgeschlossen ist, damit das SIS II gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und dem Beschluss 2007/533/JI in Betrieb gehen kann. Bei einem Scheitern des laufenden SIS-II-Projekts nach den Tests sollte nach einer alternativen technischen Lösung gesucht werden, und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen sollten allen betroffenen Parteien mitgeteilt werden.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 4

(4)

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten in allen Phasen der Migration weiter eng zusammenarbeiten, um diese erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Im derzeitigen organisatorischen Aufbau sollte zusätzlich eine Expertengruppe vorgesehen werden.

(4)

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten in allen Phasen der Migration weiter eng zusammenarbeiten, um diese erfolgreich zum Abschluss zu bringen. In den Schlussfolgerungen des Rates zum SIS II vom 26./27. Februar 2009 und vom 4./5. Juni 2009 wurde ein informelles, aus Experten der Mitgliedstaaten bestehendes Gremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board“ mit dem Ziel eingesetzt, die Zusammenarbeit zu fördern und dem zentralen SIS II direkte Unterstützung durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen. Zur Ergänzung des derzeitigen organisatorischen Aufbaus sollte daher mit dieser Verordnung formell eine als „Global Programme Management Board“ bezeichnete Expertengruppe vorgesehen werden. Um Effizienz und Kosteneffektivität zu gewährleisten, sollten die Mitglieder des GPMB endgültig ernannt und in ihrer Anzahl beschränkt sein.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 6

(6)

Für die Bereitstellung der SIS-II-Funktionen sollte ein technischer Notfallplan vorgesehen werden. Die Beschreibung der technischen Komponenten der Migrationsinfrastruktur sollte daher so angepasst werden, dass eine technische Alternativlösung für die Entwicklung des zentralen SIS II möglich wird.

(6)

Der Rechtsrahmen muss angepasst werden, um die Umstellung auf etwaige alternative technische Lösungen zu ermöglichen, falls Tests zeigen, dass das SIS II nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Die Beschreibung der technischen Komponenten der Migrationsinfrastruktur sollte so angepasst werden, dass eine technische Alternativlösung für die Entwicklung des zentralen SIS II möglich wird. Jede alternative technische Lösung sollte sich auf die beste verfügbare Technologie stützen, kostenwirksam sein und nach einem geeigneten und genauen Zeitplan umgesetzt werden. Die Kommission sollte rechtzeitig eine gründliche budgetäre Bewertung der mit einer solchen alternativen technischen Lösung verbundenen Kosten vorlegen. Es sollte klar sein, dass der Rechtsrahmen, der durch den Beschluss Nr. 2007/533/JI geschaffen wurde, auf jedwede Lösung Anwendung finden sollte, unabhängig von ihrer technischen Art.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Erwägung 16 a (neu)

 

(16a)

Da das Europäische Parlament als Mitgesetzgeber für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II nach der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 verantwortlich ist und da die Migration aus dem Unionshaushalt finanziert wird, für den das Europäische Parlament ebenfalls mitverantwortlich ist, sollte das Europäische Parlament in den Entscheidungsprozess über die Migration einbezogen werden. Es sollte eine befürwortende Stellungnahme des Europäischen Parlaments auf der Grundlage der von der Kommission zur Verfügung gestellten Informationen über die Testergebnisse erforderlich sein, bevor die Umstellung auf ein neues Schengener Informationssystem erfolgt.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer -1 (neu)

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 1 – Absatz 1

 

(-1)

Artikel 1 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„1.   Das Schengener Informationssystem (SIS 1+), das gemäß Titel IV des Schengener Durchführungsübereinkommens errichtet wurde, wird durch ein neues System, das Schengener Informationssystem II (SIS II) oder eine alternative technische Lösung, die sich auf die beste verfügbare Technologie stützt und im Hinblick auf einen klaren Zeitplan für ihre Umsetzung und ihre Kostenwirksamkeit vernünftig ist, ersetzt. Einrichtung, Betrieb und Nutzung des neuen Systems werden durch den Beschluss 2007/533/JI geregelt.“

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer -1 a (neu)

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 1 – Absatz 1 a (neu)

 

(-1a)

In Artikel 1 wird folgender Absatz eingefügt:

„1a.     Wenn das derzeitige SIS-II-Projekt nicht weitergeführt wird und eine alternative technische Lösung umgesetzt wird, gelten die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf SIS II als Verweise auf diese alternative technische Lösung.“

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 11 – Absatz 2

2.   Die an SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten migrieren mittels der Übergangsarchitektur mit Unterstützung Frankreichs und der Kommission von N.SIS zu N. SIS II.

2.   Die an SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten migrieren mittels der Übergangsarchitektur mit Unterstützung Frankreichs und der Kommission bis spätestens 31. Dezember 2011 von N.SIS zu N. SIS II. Sollte eine alternative technische Lösung im Sinne von Artikel 11 Absatz 5a umgesetzt werden, kann dieser Zeitpunkt gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 Absatz 2 geändert werden.

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 a (neu)

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 11 – Absatz 5

 

(3a)

Artikel 11 Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„5.    Der im Rahmen der Migration vorgesehene Umstieg erfolgt nach der Validierung gemäß Artikel 8 Absatz 7 und nachdem das Europäische Parlament eine befürwortende Stellungnahme auf der Grundlage der von der Kommission nach Artikel 71 Absatz 4 des Beschlusses 2007/533/JI gelieferten Informationen über die Testergebnisse abgegeben hat.“

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 b (neu)

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 11 – Absatz 5 a (neu)

 

(3b)

Artikel 11 wird folgender Absatz angefügt:

„5a.     Die Entwicklung des SIS II kann durch die Umsetzung einer alternativen technischen Lösung erreicht werden.“

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 3 c (neu)

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 14 – Absatz 5 a (neu)

 

(3c)

In Artikel 14 wird folgender Absatz angefügt:

„5a.     Die Kommission entwickelt ein Paket mit zusätzlichen Maßnahmen und setzt dieses um, um den Verlust personenbezogener Daten aus der Datenbank durch ein Datenleck zu vermeiden und den Schutz personenbezogener Daten für die gesamte Testphase und Migration vom SIS I zum Schengener Informations system der zweiten Generation (SIS II) zu gewährleisten.“

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 17a – Absatz 1

1.   Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben der Kommission, Frankreichs und der am SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten wird ein Sachverständigengremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board“ (GPMB) eingerichtet. Das GPMB koordiniert die Projekte für das Zentrale SIS II und die nationalen SIS II.

1.   Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben der Kommission, Frankreichs und der am SIS 1+ teilnehmenden Mitgliedstaaten wird ein Sachverständigengremium mit der Bezeichnung „Global Programme Management Board“ (GPMB) eingerichtet. Das GPMB unterstützt die Entwicklung des zentralen SIS II. Es fördert die Kohärenz zwischen den Projekten für das zentrale SIS II und die nationalen SIS II fördern und sorgt für deren Koordinierung .

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 17a – Absatz 2

2.   Das GPMB setzt sich aus höchstens 10 Mitgliedern zusammen. Die Mitgliedstaaten im Rat benennen höchstens acht Experten und ebenso viele stellvertretende Mitglieder. Zwei Experten und zwei Stellvertreter werden vom Generaldirektor der zuständigen Generaldirektion der Kommission aus den Reihen der Kommissionsbediensteten benannt. Andere an den Arbeiten beteiligte Kommissionsbedienstete können an den GPMB-Sitzungen teilnehmen.

2.   Das GPMB setzt sich aus höchstens 10 Mitgliedern zusammen , die qualifiziert sind, aktiv zur Entwicklung des SIS II beizutragen, und regelmäßig zusammentreten . Die Mitgliedstaaten im Rat benennen höchstens acht Mitglieder und ebenso viele stellvertretende Mitglieder. Höchstens zwei Mitglieder und zwei Stellvertreter werden vom Generaldirektor der zuständigen Generaldirektion der Kommission aus den Reihen der Kommissionsbediensteten benannt. Interessierte Mitglieder des Europäischen oder betroffene Parlamentsmitarbeiter, Experten aus den Mitgliedstaaten und Kommissionsbedienstete , die unmittelbar an der Entwicklung der SIS-II-Projekte beteiligt sind, können auf Kosten ihrer jeweiligen Verwaltung oder Institution an den GPMB-Sitzungen teilnehmen . Das GPMB kann gemäß seinem Mandat weitere Experten auf Kosten ihrer jeweiligen Verwaltung, Einrichtung oder ihres jeweiligen Betriebs zu GPMB-Sitzungen einladen.

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 17 a – Absatz 5

5.   Das GPMB gibt sich eine Geschäftsordnung. Sie tritt nach befürwortender Stellungnahme des Generaldirektors der zuständigen Generaldirektion der Kommission in Kraft.

5.   Das GPMB legt sein Mandat fest. Es tritt nach befürwortender Stellungnahme des Generaldirektors der zuständigen Generaldirektion der Kommission in Kraft. Das Mandat des GPMB umfasst die Verpflichtung vor, regelmäßige Berichte zu veröffentlichen und diese Berichte dem Europäischen Parlament zur Verfügung zu stellen, um eine umfassende parlamentarische Überwachung und Kontrolle zu gewährleisten.

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 4

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 17 a – Absatz 6

6.   Unbeschadet Artikel 15 Absatz 2 werden die Verwaltungs- und Reisekosten für die Tätigkeiten des GPMB aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanziert, soweit sie nicht von anderen Stellen übernommen werden. Für die Erstattung der Reisekosten der von den Mitgliedstaaten im Rat benannten Experten des GPMB und der gemäß Absatz 3 geladenen Experten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des GPMB gilt die Regelung der Kommission für die Erstattung der Kosten von nicht der Kommission angehörenden Personen, die als Sachverständige einberufen werden.

6.   Unbeschadet Artikel 15 Absatz 2 werden die Verwaltungs- und Reisekosten für die Tätigkeiten des GPMB aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanziert, soweit sie nicht von anderen Stellen übernommen werden. Für die Erstattung der Reisekosten der von den Mitgliedstaaten im Rat benannten Experten des GPMB und der gemäß Absatz 3 geladenen Experten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des GPMB gilt die Regelung der Kommission für die Erstattung der Kosten von nicht der Kommission angehörenden Personen, die als Sachverständige einberufen werden. Die Aufwendungen für die Sitzungen des GPMB werden aus den Mitteln finanziert, die derzeit in der Finanzplanung 2010-2013 für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) bereitgestellt werden.

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung – Änderungsrechtsakt

Artikel 1 – Nummer 5

Beschluss 2008/839/JI des Rates

Artikel 19

Seine Geltungsdauer endet an dem vom Rat gemäß Artikel 71 Absatz 2 des Beschlusses 2007/533/JI festzulegenden Zeitpunkt.

Dieser Beschluss tritt am dritten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Seine Geltungsdauer endet an dem vom Rat gemäß Artikel 71 Absatz 2 des Beschlusses 2007/533/JI festzulegenden Zeitpunkt , auf jeden Fall spätestens am 31. Dezember 2013 .


(1)  Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4).


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/177


Dienstag, 18. Mai 2010
Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben ***II

P7_TA(2010)0167

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG (17279/3/2009 – C7-0075/2010 – 2008/0192(COD))

2011/C 161 E/29

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (17279/3/2009 – C7-0075/2010),

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2008)0636),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 141 Absatz 3 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0341/2008),

unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung (1),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 7 und Artikel 157 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gestützt auf Artikel 66 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter für die zweite Lesung (A7-0146/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in zweiter Lesung fest;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte vom 6.5.2009, P6_TA(2009)0364.

(2)  ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 107.


Dienstag, 18. Mai 2010
P7_TC2-COD(2008)0192

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in zweiter Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2010/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie 2010/41/EU.)


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/179


Dienstag, 18. Mai 2010
Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen ***I

P7_TA(2010)0168

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen (KOM(2009)0031 – C6-0048/2009 – 2009/0006(COD))

2011/C 161 E/30

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2009)0031),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 95 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0048/2009),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 16. Dezember 2009 (1),

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A7-0122/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


Dienstag, 18. Mai 2010
P7_TC1-COD(2009)0006

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bezeichnung und Etikettierung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates, der Richtlinie 96/73/EG und der Richtlinie 2008/121/EG

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 73/44/EWG des Rates vom 26. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die quantitative Analyse von ternären Textilfasergemischen (3), die Richtlinie 96/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über bestimmte Methoden der quantitativen Analyse von binären Textilfasergemischen (4) und die Richtlinie 2008/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 zur Bezeichnung von Textilerzeugnissen (Neufassung) (5) wurden bereits mehrfach geändert. Da weitere Änderungen notwendig sind, sollten diese Rechtsakte aus Gründen der Klarheit ersetzt und in einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst werden.

(2)

Die Vorschriften der Union über die Bezeichnung von Textilerzeugnissen und die damit zusammenhängende Etikettierung von Textilerzeugnissen sind inhaltlich höchst technisch und enthalten detaillierte Bestimmungen, die einer regelmäßigen Aktualisierung bedürfen. Um zu vermeiden, dass die Mitgliedstaaten die technischen Änderungen in nationales Recht umsetzen müssen, und um so den Verwaltungsaufwand für die nationalen Behörden zu verringern, und damit neue Textilfaserbezeichnungen rascher angenommen und gleichzeitig in der gesamten Union angewandt werden können, bietet sich eine Verordnung als zweckmäßigster Rechtsakt zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften an.

(3)

Um Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts, die sich aus abweichenden Vorschriften der Mitgliedstaaten für die Bezeichnung, Zusammensetzung und Etikettierung von Textilerzeugnissen ergeben können, zu beseitigen, müssen die Bezeichnungen von Textilfasern und die Angaben auf Etiketten, Kennzeichnungen und Unterlagen vereinheitlicht werden, die Textilerzeugnisse auf verschiedenen Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen begleiten.

(4)

Es ist angezeigt, Vorschriften festzulegen, bei deren Befolgung die Hersteller beantragen können, dass eine neue Textilfaserbezeichnung in das Verzeichnis zulässiger Faserbezeichnungen aufgenommen wird.

(5)

Es sollten auch bestimmte Erzeugnisse einbezogen werden, die nicht ausschließlich aus Textilien bestehen, deren textiler Anteil jedoch wesentlicher Bestandteil des Erzeugnisses ist oder durch besondere Angaben der Wirtschaftsakteure hervorgehoben wird.

(6)

Die Toleranz bei Fremdfasern , die nicht auf Etiketten anzugeben sind, sollte sowohl für Reinerzeugnisse als auch für Mischerzeugnisse gelten.

(7)

Die Angabe der Zusammensetzung auf den Etiketten sollte zwingend sein, damit für alle Verbraucher in der Union einheitlich gewährleistet ist, dass sie korrekte Informationen erhalten. Bei Erzeugnissen, deren Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung technisch schwierig zu bestimmen ist, sollten lediglich die zu diesem Zeitpunkt bekannten Fasern im Etikett angegeben werden müssen, sofern sie einen bestimmten prozentualen Anteil des Enderzeugnisses ausmachen.

(8)

Um in der Praxis Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden, ist es erforderlich, die Art und Weise der Etikettierung bestimmter Textilerzeugnisse festzulegen, die aus zwei oder mehreren Bestandteilen bestehen, und die Bestandteile von Textilerzeugnissen anzugeben, die bei der Etikettierung und der Analyse nicht zu berücksichtigen sind.

(9)

Textilerzeugnisse, die nur mit einer globalen Etikettierung versehen zu werden brauchen, und Textilien, die als Meter- oder Schnittware verkauft werden, sind so auf dem Markt bereitzustellen , dass der Verbraucher von den Angaben auf der Gesamtverpackung oder auf der Rolle tatsächlich Kenntnis nehmen kann.

(10)

Für den Gebrauch von Zusätzen und Bezeichnungen, die bei den Benutzern und Verbrauchern besonderes Ansehen genießen, sollten bestimmte Auflagen gelten. Damit die Benutzer und Verbraucher Informationen erhalten, ist es zudem angezeigt, dass die Textilfaserbezeichnungen auf die Eigenschaften der Faser Bezug nehmen.

(11)

Für die Marktüberwachung bei den unter diese Verordnung fallenden Erzeugnissen in den Mitgliedstaaten sind die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (6) und die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten  (7) maßgeblich ▐.

(12)

Es ist notwendig, Verfahren für die Probeentnahme und die Analyse von Textilien vorzusehen, um jede Möglichkeit von Beanstandungen der angewandten Verfahren auszuschließen. In den Mitgliedstaaten sollten für die amtlichen Tests zur Bestimmung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen aus binären und ternären Gemischen einheitliche Methoden sowohl zur Vorbehandlung der Probe als auch zu ihrer quantitativen Analyse angewandt werden. Deshalb sollten in dieser Verordnung einheitliche Analyseverfahren für die meisten im Handel befindlichen Textilerzeugnisse aus binären und ternären Gemischen festgelegt werden. Um allerdings diese Verordnung zu vereinfachen und solche einheitlichen Methoden an den technischen Fortschritt anzupassen, ist es zweckmäßig, dass die in dieser Verordnung festgelegten Methoden zu europäischen Normen werden. Hierfür sollte die Kommission den Übergang vom derzeitigen System, dessen Methoden in dieser Verordnung beschrieben sind, zu einem europäischen System, das sich auf Normen gründet, organisieren.

(13)

Im Fall von Fasergemischen , für die es kein einheitliches Analyseverfahren auf Unionsebene gibt, sollte das für den Test verantwortliche Labor die Zusammensetzung bestimmen dürfen, ▐ wobei im Analysebericht die erzielten Ergebnisse sowie das eingesetzte Verfahren und seine Genauigkeit ▐ anzugeben sind .

(14)

In dieser Verordnung sollten die vereinbarten Zuschläge aufgeführt werden, die auf die Trockenmasse jeder Faser für die Bestimmung der Faserzusammensetzung der Textilerzeugnisse anzuwenden sind, und es sollten zwei unterschiedliche vereinbarte Zuschläge für die Berechnung der Zusammensetzung der gekämmten oder gekrempelten Erzeugnisse, die Wolle und/oder Tierhaare enthalten, vorgesehen werden. Da sich nicht immer feststellen lässt, ob ein Erzeugnis gekämmt oder gekrempelt wurde, und die Anwendung der Toleranzen während der Überprüfung der Konformität von Textilerzeugnissen in der Union infolgedessen zu uneinheitlichen Ergebnissen führen kann, sollten die Labors, die diese Überprüfung vornehmen, die Erlaubnis erhalten, in Zweifelsfällen einen einzigen vereinbarten Zuschlag anzuwenden.

(15)

Es sollten Bestimmungen für Erzeugnisse festgelegt werden, die von den allgemeinen Etikettierungsanforderungen dieser Verordnung ausgenommen sind, insbesondere für die Einwegerzeugnisse oder solche, für die eine globale Etikettierung ausreicht.

(16)

Es ist angebracht, ein Verfahren, einschließlich spezieller Anforderungen, einzurichten, das von allen Herstellern bzw. von allen für sie handelnden Personen einzuhalten ist, die eine neue Textilfaserbezeichnung in das einheitliche Verzeichnis von Textilfaserbezeichnungen gemäß Anhang I aufnehmen lassen möchten . ▐

(17)

Um sicherzustellen, dass die Ziele dieser Verordnung erreicht werden und mit dem technischen Fortschritt Schritt gehalten wird, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union delegierte Rechtsakte zu erlassen, die eine Ergänzung oder Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen der Anhänge I, II, IV, V, VI, VII, VIII und IX dieser Verordnung bewirken.

(18)

Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 25. November 2009 zur Ursprungskennzeichnung (8) darauf hingewiesen, dass zum Schutz der Verbraucher transparente und kohärente Handelsvorschriften erforderlich sind, wozu auch Ursprungskennzeichnungen gehören. Das Ziel solcher Angaben sollte darin bestehen, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, sich des genauen Ursprungs der Erzeugnisse, die sie kaufen, in vollem Umfang bewusst zu sein, um die Verbraucher vor betrügerischen, unzutreffenden oder irreführenden Angaben zu schützen. Hierfür sollte eine vereinheitlichte Regelung hinsichtlich Textilerzeugnissen getroffen werden. Bei eingeführten Erzeugnissen sollte diese Regelung in Form verbindlicher Etikettierungsvorschriften erfolgen. Hinsichtlich Erzeugnissen, für die auf Unionsebene keine Angabe des Ursprungs auf dem Etikett verbindlich vorgeschrieben ist, sollte eine Regelung vorgesehen werden, die sicherstellt, dass etwaige Behauptungen über den Ursprung nicht falsch oder irreführend sind.

(19)

Die in dieser Verordnung für den spezifischen Sektor der Textilerzeugnisse vorgesehenen Vorschriften zur Angabe des Ursprungs der Erzeugnisse sollten kein Präjudiz für die laufenden Diskussionen über ein allgemein anwendbares System für die Ursprungskennzeichnung von aus Drittstaaten eingeführten Erzeugnissen, das als Teil der gemeinsamen Handelspolitik der Union eingeführt werden soll, sein.

(20)

Da die Ziele der zu treffenden Maßnahme, nämlich der Erlass einheitlicher Vorschriften für die Verwendung von Textilbezeichnungen und die damit zusammenhängende Etikettierung von Textilerzeugnissen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs der Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(21)

Verbraucher sollten, um gut informiert ihre Wahl treffen zu können, beim Kauf eines Textilerzeugnisses wissen, ob dieses Erzeugnis nichttextile Teile tierischen Ursprungs enthält. Deshalb ist es von wesentlicher Bedeutung, dass auf dem Etikett ein Hinweis auf Material tierischen Ursprungs vorhanden ist.

(22)

Diese Verordnung beschränkt sich auf Vorschriften für die Harmonisierung von Textilfaserbezeichnungen und die Etikettierung der Zusammensetzung von Textilerzeugnissen. Um mögliche Hindernisse für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts, die sich aus abweichenden Vorschriften oder Praktiken der Mitgliedstaaten ergeben, zu beseitigen, und um mit der Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs Schritt halten zu können und um künftige Herausforderungen im Markt für Textilerzeugnisse bewältigen zu können, sollte die Harmonisierung oder Normung anderer Aspekte der Etikettierung von Textilien geprüft werden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht zu möglichen neuen Etikettierungsvorschriften vorlegen, die auf Unionsebene im Hinblick auf die Erleichterung des freien Verkehrs von Textilerzeugnissen im Binnenmarkt und die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union eingeführt werden sollen. In dem Bericht sollten insbesondere die Ansichten der Verbraucher hinsichtlich der Anzahl der Angaben, die auf dem Etikett von Textilerzeugnissen enthalten sein sollten, geprüft werden und untersucht werden, auf welche andere Weise als Etikettierung den Verbrauchern zusätzliche Angaben gemacht werden können. Der Bericht sollte auf einer umfassenden Konsultation aller Beteiligten, Verbraucherumfragen und einer gründlichen Kosten-Nutzen-Analyse basieren, und ihm sollten gegebenenfalls Gesetzgebungsvorschläge beigefügt werden. In dem Bericht sollten insbesondere der zusätzliche Verbrauchernutzen von möglichen Etikettierungsvorschriften hinsichtlich Pflegebehandlung, Größe, gefährlichen Stoffen, Entflammbarkeit und Umwelteigenschaften von Textilerzeugnissen, die Benutzung sprachunabhängiger Symbole zur Ermittlung der Textilfasern, Sozialgütesiegel und elektronische Etikettierung sowie die Aufnahme einer Identifikationsnummer auf dem Etikett, um zusätzliche Informationen auf Abruf über die Merkmale der Erzeugnisse, insbesondere im Internet, zu erhalten, geprüft werden.

(23)

Die Richtlinien 73/44/EWG, 96/73/EG und 2008/121/EG sollten aufgehoben werden –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Kapitel 1

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Gegenstand

In dieser Verordnung sind die Vorschriften für die Verwendung von Textilfaserbezeichnungen , die Etikettierung von Textilerzeugnissen und die Bestimmung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen durch einheitliche Methoden der quantitativen Analyse festgelegt, um den freien Verkehr im Binnenmarkt zu verbessern und den Verbrauchern zutreffende Informationen zur Verfügung zu stellen .

Artikel 2

Geltungsbereich

1.   Diese Verordnung gilt für Textilerzeugnisse.

Für die Zwecke dieser Verordnung werden die folgenden Erzeugnisse genauso behandelt wie Textilerzeugnisse :

a)

Erzeugnisse mit einem Gewichtsanteil an Textilfasern von mindestens 80 %;

b)

Bezugsmaterial für Möbel, Regen- und Sonnenschirme mit einem Gewichtsanteil an textilen Teilen von mindestens 80 %;

c)

die textilen Teile von mehrschichtigen Fußbodenbelägen, von Matratzen und Campingartikeln sowie wärmendes Futter von Schuhen und Handschuhen, sofern diese Teile bzw. dieses Futter einen Gewichtsanteil von wenigstens 80 % des gesamten Erzeugnisses ausmachen;

d)

Textilien, die in andere Waren eingearbeitet sind und zu deren Bestandteil werden, sofern ihre Zusammensetzung angegeben ist.

2.   Diese Verordnung gilt nicht für Textilerzeugnisse, die

a)

zur Ausfuhr in Drittländer bestimmt sind;

b)

zum Zweck der Durchfuhr unter Zollaufsicht in die Mitgliedstaaten verbracht werden;

c)

aus Drittländern zur aktiven Veredelung eingeführt werden;

d)

ohne Übereignung an Heimarbeiter oder selbständige Unternehmen zur Weiterverarbeitung übergeben werden;

e)

als Sonderanfertigung an einzelne Endverbraucher geliefert werden.

Artikel 3

Definitionen

1.   Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Textilerzeugnisse“ alle Erzeugnisse, die im rohen, halbbearbeiteten, bearbeiteten, halbverarbeiteten, verarbeiteten, halbkonfektionierten oder konfektionierten Zustand ausschließlich Textilfasern enthalten, unabhängig von dem zu ihrer Mischung oder Verbindung angewandten Verfahren.

b)

„Textilfaser“

i)

ein Erzeugnis, das durch seine Flexibilität, seine Feinheit und seine große Länge im Verhältnis zum Höchstquerschnitt gekennzeichnet ist und sich somit zur Herstellung von Textilerzeugnissen eignet;

ii)

flexible Bänder oder Schläuche mit einer Normalbreite von höchstens 5 mm, einschließlich der Bänder, die von breiteren Bändern oder Bahnen abgeschnitten werden, hergestellt auf der Grundlage der zur Herstellung der in Anhang I Tabelle 2 aufgeführten Fasern dienenden Stoffe und geeignet zur Herstellung von Textilerzeugnissen;

c)

„Normalbreite“ die Breite des Bandes oder des Schlauches in gefalteter, abgeflachter, gepresster oder gedrehter Form, oder bei nicht einheitlicher Breite die Durchschnittsbreite;

d)

„Textilkomponente“ einen Teil eines Textilerzeugnisses mit einem anderen Fasergehalt;

e)

„Fremdfasern“ Fasern, die nicht auf dem Etikett angegeben sind;

f)

„Futter“ ein separates Erzeugnis, das bei der Fertigung von Kleidungsstücken und anderen Erzeugnissen verwendet wird und aus ein- oder mehrschichtigem Textilmaterial besteht, das an einem oder mehreren Säumen lose befestigt ist;

g)

„Etikettierung“ die Angabe der erforderlichen Informationen auf dem Textilerzeugnis durch die Anbringung eines Etiketts an dem Erzeugnis oder durch Aufnähen, Aufsticken, Drucken, Prägen oder den Einsatz einer anderen Technik des Anbringens;

h)

„globale Etikettierung“ eine Etikettierungsweise, bei der ein einziges Etikett für mehrere Textilerzeugnisse oder -komponenten verwendet wird;

i)

„Einwegartikel“ Textilerzeugnisse, die dazu bestimmt sind, einmal oder kurzfristig verwendet zu werden und deren normale Verwendung eine Wiederinstandsetzung für den gleichen Verwendungszweck oder für einen späteren ähnlichen Verwendungszweck ausschließt.

2.     Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Definitionen der Begriffe „Bereitstellung auf dem Markt“, „Inverkehrbringen“, „Hersteller“, „Bevollmächtigter“, „Einführer“, „Händler“, „Wirtschaftsakteure“, „Harmonisierte Norm“, „Marktüberwachung“ und „Marktüberwachungsbehörde“ gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008.

Artikel 4

Allgemeine Vorschriften

1.   Textilerzeugnisse dürfen nur dann auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn sie etikettiert sind oder ihnen Handelsdokumente im Einklang mit dieser Verordnung beiliegen .

2.    Wenn in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, bleiben die in den Mitgliedstaaten oder in der Union geltenden Bestimmungen betreffend den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums, die Herkunftsbezeichnung, die Angabe des Warenursprungs und die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs auf Textilerzeugnisse anwendbar .

Kapitel 2

Textilfaserbezeichnungen und damit zusammenhängende Etikettierungsvorschriften

Artikel 5

Textilfaserbezeichnungen

1.   Für die Angabe der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen dürfen nur die Textilfaserbezeichnungen gemäß Anhang I verwendet werden.

2.   Die Verwendung der Bezeichnungen gemäß Anhang I ist jenen Fasern vorbehalten, die in ihren Eigenschaften der Beschreibung nach diesem Anhang entsprechen.

Für andere Fasern sind diese Bezeichnungen weder alleinstehend noch in Wortverbindungen oder als Eigenschaftswort zulässig.

Die Verwendung des Begriffs „Seide“ ist zur Angabe der Form oder besonderen Aufmachung von Textilfasern als Endlosfasern nicht zulässig.

Artikel 6

Anträge auf Aufnahme neuer Textilfaserbezeichnungen

Jeder Hersteller oder jede für ihn handelnde Person kann beantragen, dass die Kommission eine neue Textilfaserbezeichnung in die Liste gemäß Anhang I aufnimmt.

Der Antrag muss ein technisches Dossier enthalten, das gemäß Anhang II zusammengestellt wurde.

Artikel 7

Reinerzeugnisse

1.   Nur Textilerzeugnisse, die ausschließlich aus einer Faser bestehen, dürfen den Zusatz „100 %“, „rein“ oder „ganz“ tragen.

Für andere Erzeugnisse dürfen diese oder ähnliche Formulierungen nicht verwendet werden.

2.   Ein Textilerzeugnis kann bis zu einem Gewichtsanteil an Fremdfasern von 2 % als ausschließlich aus einer Faser gelten , sofern dieser Anteil dadurch gerechtfertigt ist, dass er bei guter Herstellungspraxis technisch unvermeidbar und nicht Ergebnis einer systematischen Hinzufügung ist.

Unter dieser Bedingung kann ein im Streichverfahren gewonnenes Textilerzeugnis bis zu einem Gewichtsanteil an Fremdfasern von 5 % als ausschließlich aus einer Faser bestehend gelten .

Artikel 8

Wollerzeugnisse

1.   Ein Wollerzeugnis darf nur dann mit einer der in Anhang III aufgeführten Bezeichnungen etikettiert werden, wenn es ausschließlich aus einer Wollfaser besteht, die niemals in einem Fertigerzeugnis enthalten war und die weder einem anderen als dem zur Herstellung des Erzeugnisses erforderlichen Spinn- und/oder Filzprozess unterlegen hat noch einer faserschädigenden Behandlung oder Benutzung ausgesetzt wurde.

2.   Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anhang III genannten Bezeichnungen für die in einem Fasergemisch enthaltene Wolle verwendet werden, wenn

a)

die gesamte in dem Gemisch enthaltene Wolle den Voraussetzungen des Absatzes 1 entspricht;

b)

der Anteil dieser Wolle am Gesamtgewicht des Gemischs nicht weniger als 25 % beträgt;

c)

die Wolle im Fall eines intimen Fasergemischs nur mit einer einzigen anderen Faser gemischt ist.

Die vollständige prozentuale Zusammensetzung eines solchen Gemischs ist anzugeben.

3.    Der Gewichtsanteil von Fremdfasern bei den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Erzeugnissen, einschließlich im Streichverfahren gewonnener Wollerzeugnisse, darf 0,3 % ihres Gesamtgewichts nicht überschreiten und muss dadurch gerechtfertigt sein , dass er bei guter Herstellungspraxis technisch unvermeidbar ist .

Artikel 9

Multifaser-Textilerzeugnisse

1.    Auf dem Etikett von Textilerzeugnissen werden die Bezeichnung und der Gewichtshundertteil aller im Erzeugnis enthaltenen Fasern in absteigender Reihenfolge angegeben.

2.    Abweichend von Absatz 1 und unbeschadet des Artikels 7 Absatz 2 können Fasern, deren Anteil am Gesamtgewicht des Textilerzeugnisses einzeln bis zu 3 % beträgt, oder Fasern, deren Anteil am Gesamtgewicht zusammen bis zu 10 % beträgt, als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden, wobei ihr Gewichtshundertteil hinzuzufügen ist, vorausgesetzt, dass sie zum Zeitpunkt der Herstellung schwierig zu bestimmen sind.

3.   Erzeugnisse mit einer Kette aus reiner Baumwolle und einem Schuss aus reinem Leinen, bei denen der Hundertsatz des Leinens mindestens 40 % des Gesamtgewichts des entschlichteten Gewebes ausmacht, können als „Halbleinen“ bezeichnet werden, wobei die Angabe der Zusammensetzung „Kette reine Baumwolle – Schuss reines Leinen“ hinzugefügt werden muss.

4.    Unbeschadet des Artikels 5 Absatz 1 dürfen für Textilerzeugnisse, deren Zusammensetzung zum Zeitpunkt ihrer Herstellung schwierig zu bestimmen ist, ▐ die Bezeichnungen „diverse Faserarten“ oder „Erzeugnisse unbestimmter Zusammensetzung“ verwendet werden.

5.    Abweichend von Absatz 1 können Fasern, die nicht in Anhang I aufgeführt sind, als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden, wobei ihr gesamter Gewichtshundertteil hinzuzufügen ist, vorausgesetzt, dass ein Antrag auf Aufnahme in Anhang I gemäß Artikel 6 gestellt wurde.

Artikel 10

Fasern mit dekorativer Wirkung und antistatische Fasern

Sichtbare und isolierbare Fasern, mit denen eine rein dekorative Wirkung erzielt werden soll und die nicht mehr als 7 % vom Gewicht des Fertigerzeugnisses ausmachen, brauchen nicht in der in den Artikeln 7 und 9 vorgesehenen prozentualen Faserzusammensetzung aufgeführt zu werden.

Dies gilt ebenfalls für Metallfasern und andere Fasern, die zur Erzielung einer antistatischen Wirkung zugesetzt werden und deren Anteil 2 % des Gewichts des Fertigerzeugnisses nicht übersteigt.

Im Fall der in Artikel 9 Absatz 3 genannten Erzeugnisse werden Prozentsätze getrennt für das Gewicht der Schussfäden und der Kettfäden berechnet.

Artikel 11

Material tierischen Ursprungs

1.     Enthält ein Textilerzeugnis nichttextile Teile tierischen Ursprungs, so ist es mit einem Etikett zu versehen, auf dem angegeben ist, dass solche Teile aus Material tierischen Ursprungs hergestellt wurden. Die Etikettierung darf nicht irreführend sein und hat so zu erfolgen, dass für den Verbraucher ohne Schwierigkeiten erkennbar ist, auf welchen Teil des Erzeugnisses sich die auf dem Etikett angegebenen Hinweise beziehen.

2.     Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission bis zum … (9) und anschließend immer dann, wenn dies in Anbetracht neuer Entwicklungen erforderlich ist, über die Analysemethoden, die sie zur Identifizierung von Material tierischen Ursprungs anwenden.

3.     Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 25 und 26, durch die Form und Modalitäten der Etikettierung der in Absatz 1 erwähnten Textilerzeugnisse im Einzelnen bestimmt und die Analysemethoden, die zur Identifizierung von Material tierischen Ursprungs anzuwenden sind, festgelegt werden.

Artikel 12

Etikettierung ▐

1.   Textilerzeugnisse müssen etikettiert sein, wenn sie auf dem Markt bereitgestellt werden .

Die Etikettierung muss leicht zugänglich, sichtbar und fest am Textilerzeugnis angebracht sein. Sie muss während der gesamten normalen Nutzungsdauer des Erzeugnisses lesbar bleiben. Die Etikettierung und die Art ihrer Anbringung erfolgen so, dass der Komfort des Verbrauchers möglichst wenig beeinträchtigt wird, wenn er das Erzeugnis trägt.

Diese Etikettierung ▐ kann jedoch durch begleitende Handelsdokumente ersetzt oder ergänzt werden, wenn die Erzeugnisse Wirtschaftsakteuren in der Lieferkette oder ▐ zur Erfüllung eines Auftrags eines öffentlichen Auftraggebers im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge  (10) geliefert werden.

Die in den Artikeln 5, 7, 8 und 9 genannten Bezeichnungen und Beschreibungen werden in solchen begleitenden Handelsdokumenten deutlich angegeben.

Die Verwendung von Abkürzungen ist nicht zulässig; eine Ausnahme gilt für Lochkartenschlüssel und für Abkürzungen, die in international anerkannten Normen definiert sind, sofern die Bedeutung der Abkürzungen in demselben Handelsdokument erläutert wird.

2.    Bringt ein Hersteller ein Textilerzeugnis in Verkehr, trägt er oder, falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist , der Einführer , ▐ für die Etikettierung und die Richtigkeit der darin enthaltenen Informationen Sorge.

Stellt ein Händler ein Textilerzeugnis auf dem Markt bereit, gewährleistet er , dass es die entsprechende Kennzeichnung gemäß dieser Verordnung trägt .

Ein Händler gilt für die Zwecke dieser Verordnung als Hersteller, wenn er ein Erzeugnis unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Handelsmarke auf dem Markt bereitstellt, das Etikett anbringt oder den Inhalt des Etiketts ändert.

Die in Unterabsätzen 1 und 2 genannten Wirtschaftsakteure stellen sicher, dass alle ▐ Informationen , die vorgelegt werden, wenn Textilerzeugnisse auf dem Markt bereitgestellt werden, nicht mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Bezeichnungen und Beschreibungen verwechselt werden können.

Artikel 13

Die Verwendung der Bezeichnungen und Beschreibungen

1.    Wird ein Textilerzeugnis auf dem Markt bereitgestellt, werden die in den Artikeln 5, 7, 8 und 9 genannten Bezeichnungen und Beschreibungen ▐ in Katalogen, in Prospekten, auf Verpackungen und Etikettierungen so angegeben, dass sie leicht zugänglich, sichtbar und lesbar sind, sowie mit einheitlicher Schriftgröße für Buchstaben und Zahlen und in einheitlichem Stil und einheitlicher Schriftart . Diese Informationen müssen für den Verbraucher vor dem Kauf deutlich sichtbar sein, und zwar auch in Fällen, in denen der Kauf auf elektronischem Wege erfolgt .

2.   Markenzeichen oder Firmenbezeichnungen dürfen den in Artikel 5, 7, 8 und 9 genannten Bezeichnungen und Beschreibungen unmittelbar vor- oder nachgestellt werden.

Enthält jedoch ein Markenzeichen oder eine Firmenbezeichnung alleinstehend, als Eigenschaftswort oder in Wortverbindungen eine der in Anhang I aufgeführten Bezeichnungen oder eine Bezeichnung, die leicht damit zu verwechseln ist, ist ein solches Markenzeichen oder eine solche Firmenbezeichnung den in den Artikeln 5, 7, 8 und 9 genannten Bezeichnungen und Beschreibungen unmittelbar vor- oder nachzustellen.

Andere Informationen werden stets getrennt davon aufgeführt.

3.   Die Etikettierung ▐ hat in einer Amtssprache der Union zu erfolgen, die von dem Endverbraucher in dem Mitgliedstaat, in dem die Textilerzeugnisse ▐ angeboten ▐ werden, leicht verstanden wird . Gegebenenfalls können Textilfaserbezeichnungen durch verständliche sprachunabhängige Symbole ersetzt oder mit ihnen kombiniert werden.

Bei Nähgarn, Stopfgarn oder Stickgarn, die auf Spulen, Fadenrollen, in Strähnen, Knäueln oder in einer sonstigen kleinen Einheit angeboten werden, gilt Unterabsatz 1 für die globale Etikettierung gemäß Artikel 16 Absatz 3. Werden solche Erzeugnisse einzeln dem Endverbraucher verkauft, können sie in einer beliebigen Amtssprache der Union etikettiert sein , sofern sie auch eine globale Etikettierung aufweisen . Gegebenenfalls können Textilfaserbezeichnungen durch verständliche sprachunabhängige Symbole ersetzt oder mit ihnen kombiniert werden.

Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 25 und 26, durch die die Bedingungen hinsichtlich der Verwendung der in diesem Absatz erwähnten Symbole im Einzelnen festgelegt werden.

Artikel 14

Mehrkomponenten-Textilerzeugnisse

1.   Jedes Textilerzeugnis, das aus zwei oder mehr Teilen besteht, ist mit einem Etikett zu versehen, das für jeden Teil den Fasergehalt angibt.

Diese Etikettierung ist für die Bestandteile nicht notwendig, aus denen die Hauptfutterstoffe bestehen oder die weniger als 30 % des Gesamtgewichts des Erzeugnisses ausmachen.

2.   Zwei oder mehrere Textilerzeugnisse mit demselben Fasergehalt, die nach den Gepflogenheiten ein einheitliches Ganzes bilden, brauchen nur mit einem Etikett versehen zu werden.

Artikel 15

Sonderbestimmungen

Die Faserzusammensetzung der in Anhang IV aufgeführten Erzeugnisse ist nach den Etikettierungsvorschriften dieses Anhangs anzugeben.

Artikel 16

Ausnahmeregelungen

1.   Abweichend von den Artikeln 12, 13 und 14 gelten die Vorschriften der Absätze 2, 3 und 4 dieses Artikels.

Die in den Absätzen 3 und 4 dieses Artikels genannten Erzeugnisse sind stets so auf dem Markt bereitzustellen, dass der Endverbraucher sich über die Zusammensetzung dieser Erzeugnisse umfassend unterrichten kann.

2.   Die Angabe der Textilfaserbezeichnungen oder der Faserzusammensetzung auf der Etikettierung oder Kennzeichnung der in Anhang V aufgeführten Textilerzeugnisse ist nicht vorgeschrieben.

Enthält jedoch ein Markenzeichen oder eine Firmenbezeichnung eine der in Anhang I aufgeführten Bezeichnungen oder eine damit verwechselbare Bezeichnung alleinstehend, als Eigenschaftswort oder in Wortverbindungen, gelten die Artikel 12, 13 und 14.

3.   Sind in Anhang VI aufgeführte Textilerzeugnisse von der gleichen Art und weisen sie die gleiche Zusammensetzung auf, dürfen sie mit einer globalen Etikettierung zusammen auf dem Markt bereitgestellt werden.

4.   Das Etikett mit der Zusammensetzung von Textilerzeugnissen, die als Meterware verkauft werden, braucht sich nur auf dem auf dem Markt bereitgestellten Stück oder auf der Rolle zu befinden.

Kapitel 3

Marktüberwachung ▐

Artikel 17

Marktüberwachungsvorschriften

1.   ▐ Die Marktüberwachungsbehörden überprüfen gemäß dieser Verordnung , ob die Zusammensetzung der Textilerzeugnisse mit der angegebenen Zusammensetzung übereinstimmt.

2.    Zum Zwecke der Bestimmung der Zusammensetzung von Textilerzeugnissen erfolgen die Überprüfungen nach Absatz 1 ▐ unter Anwendung der Methoden oder harmonisierten Normen gemäß Anhang VIII.

Zu diesem Zweck werden die in den Artikeln 7, 8 und 9 genannten Hundertanteile der Fasern unter Anwendung des in Anhang IX vorgesehenen vereinbarten Zuschlages auf die Trockenmasse jeder Faser berechnet, nachdem die in Anhang VII aufgeführten Teile ausgesondert wurden.

Bei der Bestimmung der Zusammensetzung gemäß den Artikeln 7, 8 und 9 werden die in Anhang VII aufgeführten Teile nicht berücksichtigt.

3.   Jedes Labor, das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten für den Test von Textilgemischen ▐, für die es kein einheitliches Analyseverfahren auf Unionsebene gibt, akkreditiert und zugelassen ist, bestimmt deren Faserzusammensetzung , wobei im Analysebericht die erzielten Ergebnisse sowie das eingesetzte Verfahren und seine Genauigkeit ▐ anzugeben sind .

Artikel 18

Toleranzen

1.   Für die Zwecke der Ermittlung der Zusammensetzung von Textilerzeugnissen, die für den Endverbraucher bestimmt sind, gelten die Toleranzen gemäß den Absätzen 2, 3 und 4.

2.   Die Angabe von Fremdfasern in der Zusammensetzung gemäß Artikel 9 ist nicht erforderlich, wenn der prozentuale Anteil dieser Fasern folgende Werte nicht erreicht:

a)

2 % des Gesamtgewichts des Textilerzeugnisses, sofern dieser Anteil dadurch gerechtfertigt ist, dass er bei guter Herstellungspraxis technisch unvermeidbar und nicht Ergebnis einer systematischen Hinzufügung ist;

b)

unter derselben Bedingung 5 % des Gesamtgewichts bei Textilerzeugnissen, die im Streichverfahren gewonnen wurden.

Buchstabe b dieses Absatzes lässt Artikel 8 Absatz 3 unberührt.

3.   Eine Herstellungstoleranz von 3 % zwischen dem Faseranteil, der gemäß Artikel 9 anzugeben ist, und dem Faseranteil, der mit der gemäß Artikel 17 durchgeführten Analyse ermittelt wird, bezogen auf das Gesamtgewicht der im Etikett angegebenen Fasern, ist zulässig. Diese Toleranz gilt auch für:

a)

Fasern, die gemäß Artikel 9 Absatz 2 ohne Angabe ihres Hundertsatzes aufgeführt sind,

b)

den Gewichtshundertteil von Wolle gemäß Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b.

Für die Zwecke der Analyse werden die Toleranzen einzeln berechnet. Das für die Berechnung der Toleranz nach diesem Absatz heranzuziehende Gesamtgewicht ist das Gewicht der Fasern des Fertigerzeugnisses, wobei Fremdfasern ausgeschlossen sind, die bei der Anwendung der Toleranz gemäß Absatz 2 möglicherweise festgestellt wurden.

Die Kumulierung der Toleranzen nach Absatz 2 und 3 ist nur zulässig, wenn sich herausstellt, dass die bei der Anwendung der Toleranz nach Absatz 2 durch die Analyse möglicherweise festgestellten Fremdfasern von der gleichen chemischen Art sind wie eine oder mehrere der im Etikett angegebenen Fasern.

4.   Für besondere Erzeugnisse, deren Herstellungsverfahren höhere Toleranzen erfordert als in den Absätzen 2 und 3 angegeben, kann die Kommission bei der Kontrolle der Übereinstimmung der Erzeugnisse nach Artikel 17 Absatz 1 höhere Toleranzen nur in Ausnahmefällen und bei entsprechender Begründung durch den Hersteller zulassen.

Der Hersteller stellt dazu einen ausreichend begründeten Antrag, in dem er außergewöhnliche Umstände bei der Herstellung nachweist.

Kapitel 4

Ursprungsangabe für Textilerzeugnisse

Artikel 19

Ursprungsangabe für aus Drittländern eingeführte Textilerzeugnisse

1.     Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnen die Begriffe „Ursprung“ und „mit Ursprung in“ den nichtpräferentiellen Ursprung im Sinne der Artikel 35 und 36 der Verordnung (EG) Nr. 450/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft (Modernisierter Zollkodex)  (11).

2.     Die Einfuhr oder das Inverkehrbringen von Textilerzeugnissen, die aus Drittländern eingeführt werden, ausgenommen Textilerzeugnisse mit Ursprung in der Türkei oder den Vertragsparteien des EWR-Abkommens, ist nur zulässig, wenn auf dem Etikett der Ursprung unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen angegeben ist.

3.     Das Ursprungsland der Textilerzeugnisse ist auf dem Etikett dieser Erzeugnisse anzugeben. Sind Erzeugnisse verpackt, ist die Angabe gesondert auf der Verpackung zu machen. Die Angabe des Ursprungslandes darf nicht durch eine entsprechende Angabe in begleitenden Handelsdokumenten ersetzt werden.

4.     Die Kommission kann delegierte Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 25 und 26 erlassen, um die Fälle festzulegen, in denen die Ursprungsangabe auf der Verpackung anstelle einer Etikettierung auf den Erzeugnissen selbst zulässig ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Erzeugnisse normalerweise in ihrer üblichen Verpackung zum Endverbraucher oder -verwender gelangen.

5.     Der Ursprung des Textilerzeugnisses ist mit den Worten „Hergestellt in“ und der Bezeichnung des Ursprungslands anzugeben. Die Etikettierung kann in einer Amtssprache der Europäischen Union vorgenommen werden, die in dem Mitgliedstaat, in dem das Erzeugnis auf dem Markt bereitgestellt werden soll, vom Endverbraucher leicht verstanden wird.

6.     Die Angabe des Ursprungs auf dem Etikett muss aus gut lesbaren, dauerhaften Buchstaben bestehen, bei normaler Handhabung sichtbar sein, sich von anderen Angaben abheben und so angebracht sein, dass sie nicht irreführend ist und keinen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs der Waren hervorrufen kann.

7.     Die Textilerzeugnisse müssen bei der Einfuhr die erforderliche Kennzeichnung tragen. Eine solche Etikettierung darf nicht entfernt werden, und es darf an ihr nicht manipuliert werden, bis die Erzeugnisse an den Endverbraucher oder -verwender verkauft worden sind.

Artikel 20

Ursprungsangabe für andere Textilerzeugnisse

1.     Ist der Ursprung von Textilerzeugnissen, die nicht zu denen gehören, die in Artikel 19 genannt sind, auf dem Etikett angegeben, unterliegt eine solche Angabe den Bedingungen, die in diesem Artikel festgelegt sind.

2.     Das Erzeugnis gilt als Ursprungserzeugnis des Landes, in dem es mindestens zwei der folgenden Herstellungsschritte unterzogen wurde:

Spinnen;

Weben;

Appretur;

Konfektionierung.

3.     Das Textilerzeugnis darf in der Etikettierung nur als ein Erzeugnis beschrieben werden, das insgesamt seinen Ursprung in einem Land hat, wenn es alle in Absatz 2 genannten Herstellungsphasen in diesem Land durchlaufen hat.

4.     Der Ursprung des Textilerzeugnisses ist mit den Worten „Hergestellt in“ und der Bezeichnung des Ursprungslands anzugeben. Die Etikettierung kann in einer Amtssprache der Europäischen Union vorgenommen werden, die in dem Mitgliedstaat, in dem das Erzeugnis auf dem Markt bereitgestellt werden soll, vom Endverbraucher leicht verstanden wird.

5.     Die Angabe des Ursprungs auf dem Etikett muss aus gut lesbaren, dauerhaften Buchstaben bestehen, bei normaler Handhabung sichtbar sein, sich von anderen Angaben abheben und so angebracht sein, dass sie nicht irreführend ist und keinen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs der Waren hervorrufen kann.

Artikel 21

Delegierte Rechtsakte

Die Kommission kann delegierte Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 25 und 26 erlassen, um

Form und Modalitäten der Angabe des Ursprungs auf dem Etikett im Einzelnen zu regeln;

eine Liste der Begriffe in allen Amtssprachen der Union aufzustellen, die deutlich zum Ausdruck bringen, dass es sich bei den Erzeugnissen um Ursprungserzeugnisse aus dem in der Etikettierung angegebenen Land handelt;

die Fälle festzulegen, in denen gebräuchliche Abkürzungen unmissverständlich das Ursprungsland bezeichnen und für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden können;

die Fälle festzulegen, in denen Waren aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht etikettiert werden können oder nicht etikettiert zu werden brauchen;

sonstige Bestimmungen festzulegen, die erforderlich sein könnten, wenn festgestellt wird, dass Erzeugnisse nicht dieser Verordnung entsprechen.

Artikel 22

Gemeinsame Bestimmungen

1.     Bei den in Artikel 19 genannten Textilerzeugnissen wird davon ausgegangen, dass sie dieser Verordnung nicht entsprechen, wenn

sie kein Etikett tragen, aus dem sich der Ursprung ergibt;

die Ursprungsangabe auf dem Etikett nicht dem Ursprung der Erzeugnisse entspricht;

die Ursprungsangabe auf dem Etikett verändert oder entfernt oder an ihr in sonstiger Weise manipuliert worden ist, es sei denn, es ist eine Korrektur nach Absatz 5 dieses Artikels verlangt worden.

2.     Bei anderen Textilerzeugnissen als den in Artikel 19 genannten wird davon ausgegangen, dass sie dieser Verordnung nicht entsprechen, wenn

die Ursprungsangabe auf dem Etikett nicht dem Ursprung der Erzeugnisse entspricht;

die Ursprungsangabe auf dem Etikett verändert oder entfernt oder an ihr in sonstiger Weise manipuliert worden ist, es sei denn, es ist eine Korrektur nach Absatz 5 dieses Artikels verlangt worden.

3.     Die Kommission kann delegierte Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 25 und 26 zu Erklärungen und Belegen erlassen, mit denen nachgewiesen werden kann, dass diese Verordnung eingehalten wird.

4.     Die Mitgliedstaaten legen die Bestimmungen über Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sie durchgeführt werden. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten melden der Kommission diese Bestimmungen bis zum … (12) und melden ihr unverzüglich alle späteren Änderungen, die diese Bestimmungen betreffen.

5.     Entsprechen Erzeugnisse nicht dieser Verordnung, so treffen die Mitgliedstaaten ferner die erforderlichen Maßnahmen, um von dem Eigentümer der Erzeugnisse oder einem anderen, der für sie verantwortlich ist, zu verlangen, dass er die Waren nach Maßgabe dieser Verordnung und auf eigene Kosten kennzeichnet.

6.     Soweit dies für die wirksame Anwendung dieser Verordnung erforderlich ist, können die zuständigen Behörden die bei der Kontrolle der Einhaltung dieser Verordnung gewonnenen Daten austauschen, auch mit Behörden und anderen Personen oder Organisationen, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 11 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr (13) ermächtigt haben.

Kapitel 5

Schlussbestimmungen

Artikel 23

Anpassung an den technischen Fortschritt

Änderungen der Anhänge I, II, IV, V, VI, VII, VIII und IX ▐, die zu deren Anpassung an den technischen Fortschritt erforderlich sind, werden von der Kommission durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 24 unter den in den Artikeln 25 und 26 festgelegten Bedingungen erlassen .

Artikel 24

Ausübung der Befugnisübertragung

1.     Die Befugnis zum Erlass der in den Artikeln 11, 13, 19, 21, 22 und 23 genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem … (14) übertragen. Die Kommission legt spätestens sechs Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die übertragenen Befugnisse vor. Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag zur Verlängerung der Dauer der Befugnisübertragung beigefügt.

2.     Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

Artikel 25

Widerruf der Befugnisübertragung

Die in Artikel 11, 13, 19, 21, 22 und 23 vorgesehene Befugnisübertragung kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden.

Artikel 26

Einwände gegen delegierte Rechtsakte

1.     Das Europäische Parlament oder der Rat können gegen einen delegierten Rechtsakt innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Datum der Übermittlung Einwände erheben.

Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

2.     Haben bei Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erhoben oder haben sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Kommission mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigen, Einwände zu erheben, so wird der delegierte Rechtsakt im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt zu dem in dem Rechtsakt genannten Zeitpunkt in Kraft.

Artikel 27

Berichterstattung

Bis zum … (15) legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung vor, bei dem ein Schwerpunkt auf den Anträgen auf neue Textilfaserbezeichnungen und deren Annahme liegt, zusammen mit einem Gesetzgebungsvorschlag, wenn dies gerechtfertigt ist .

Artikel 28

Überprüfung

1.     Bis zum … (16) legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht zu möglichen neuen Etikettierungsvorschriften vor, die auf Unionsebene eingeführt werden sollten, um den Verbrauchern zutreffende, genaue, verständliche und vergleichbare Informationen über die Merkmale von Textilerzeugnissen zu bieten. Der Bericht basiert auf einer umfassenden Konsultation aller Beteiligten, Verbraucherumfragen und einer gründlichen Kosten-Nutzen-Analyse, und ihm werden gegebenenfalls Gesetzgebungsvorschläge beigefügt. In dem Bericht werden unter anderem folgende Fragen geprüft:

ein vereinheitlichtes Etikettierungssystem für die Pflege;

ein EU-weites einheitliches Etikettierungssystem für die Größe für Kleidung und Schuhe;

Angabe von potenziell allergenen oder gefährlichen Stoffen, die bei der Herstellung oder Verarbeitung von Textilerzeugnissen benutzt werden;

umweltbezogene Angaben bei der Etikettierung hinsichtlich der Umwelteigenschaften und der nachhaltigen Herstellung von Textilerzeugnissen;

ein Sozialgütesiegel, um die Verbraucher darüber zu informieren, unter welchen sozialen Bedingungen ein Textilerzeugnis hergestellt wurde;

Warnhinweise zur Entflammbarkeit von Textilerzeugnissen, insbesondere bei leicht entflammbarer Kleidung;

elektronische Etikettierung, einschließlich Radiofrequenz-Identifikation (RFID);

die Aufnahme einer Identifikationsnummer auf dem Etikett, die dazu benutzt wird, zusätzliche Informationen über das Erzeugnis auf Abruf, z. B. im Internet, zu erhalten;

die Benutzung sprachunabhängiger Symbole zur Ermittlung der Fasern, die für die Herstellung eines Textilerzeugnisses benutzt wurden, damit der Verbraucher seine Zusammensetzung und insbesondere die Benutzung von natürlichen oder synthetischen Fasern ohne Schwierigkeiten erkennen kann.

2.     Bis zum … (17) führt die Kommission eine Studie durch, in der bewertet wird, ob die bei der Herstellung oder Verarbeitung von Textilerzeugnissen benutzten Stoffe eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können. In dieser Studie wird insbesondere bewertet, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen allergischen Reaktionen und in Textilerzeugnissen benutzten synthetischen Fasern, Farbstoffen, Bioziden, Konservierungsmitteln oder Nanopartikeln gibt. Die Studie muss sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und die Ergebnisse von Marktüberwachungstätigkeiten berücksichtigen. Auf der Grundlage der Studie legt die Kommission, wenn dies gerechtfertigt ist, Gesetzgebungsvorschläge im Hinblick auf ein Verbot oder eine Beschränkung der Benutzung potenziell gefährlicher Stoffe, die in Textilerzeugnissen benutzt werden, im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union vor.

Artikel 29

Übergangsbestimmungen

Textilerzeugnisse, die der Richtlinie 2008/121/EG entsprechen und vor dem … (18) in Verkehr gebracht wurden, können bis zum … (19) weiterhin in Verkehr gebracht werden.

Artikel 30

Aufhebung

Die Richtlinien 73/44/EWG , 96/73/EG und 2008/121/EG werden mit Wirkung vom … (20) aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang X zu lesen.

Artikel 31

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu

In Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  Stellungnahme vom 16. Dezember 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010.

(3)  ABl. L 83 vom 30.3.1973, S. 1.

(4)  ABl. L 32 vom 3.2.1997, S. 1.

(5)   ABl. L 19 vom 23.1.2009, S. 29 .

(6)  ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4.

(7)   ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30 .

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2009)0093.

(9)  Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung.

(10)   ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114 .

(11)   ABl. L 145 vom 4.6.2008, S. 1 .

(12)  Neun Monate nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung.

(13)   ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22 .

(14)  Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung.

(15)   Drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(16)  Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(17)  Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(18)  Sechs Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(19)  Zwei Jahre und sechs Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(20)  Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG I

TABELLE DER TEXTILFASERN

Nummer

Bezeichnung

Beschreibung der Fasern

1

Wolle

Faser vom Fell des Schafes (Ovis aries) oder ein Gemisch aus Fasern von der Schafschur und aus Haaren der unter Nummer 2 genannten Tiere

2

Alpaka, Lama, Kamel, Kaschmir, Mohair, Angora(-kanin), Vikunja, Yak, Guanako, Kaschgora, Biber, Fischotter, mit oder ohne zusätzliche Bezeichnung „Wolle“ oder „Tierhaar“

Haare nachstehender Tiere: Alpaka, Lama, Kamel, Kaschmirziege, Angoraziege, Angorakanin, Vikunja, Yak, Guanako, Kaschgoraziege, Biber, Fischotter

3

Tierhaar, mit oder ohne Angabe der Tiergattung (z. B. Rinderhaar, Hausziegenhaar, Rosshaar)

Haare von verschiedenen Tieren, soweit diese nicht unter den Nummern 1 und 2 genannt sind

4

Seide

Faser, die ausschließlich aus Kokons seidenspinnender Insekten gewonnen wird

5

Baumwolle

Faser aus den Samen der Baumwollpflanze (Gossypium)

6

Kapok

Faser aus dem Fruchtinneren des Kapok (Ceiba pentandra)

7

Flachs bzw. Leinen

Bastfaser aus den Stängeln des Flachses (Linum usitatissimum)

8

Hanf

Bastfaser aus den Stängeln des Hanfes (Cannabis sativa)

9

Jute

Bastfaser aus den Stängeln des Corchorus olitorius und Corchorus capsulatis. Im Sinne dieser Verordnung sind der Jute gleichgestellt: Fasern aus Hibiscus cannabinus, Hibiscus sabdariffa, Abutilon avicennae, Urena lobata, Urena sinuata

10

Manila

Faser aus den Blattscheiden der Musa textilis

11

Alfa

Faser aus den Blättern der Stipa tenacissima

12

Kokos

Faser aus der Frucht der Cocos nucifera

13

Ginster

Bastfaser aus den Stängeln des Cytisus scoparius und/oder des Spartium junceum

14

Ramie

Faser aus dem Bast der Boehmeria nivea und der Boehmeria tenacissima

15

Sisal

Faser aus den Blättern der Agave sisalana

16

Sunn

Faser aus dem Bast der Crotalaria juncea

17

Henequen

Faser aus dem Bast der Agave Fourcroydes

18

Maguey

Faser aus dem Bast der Agave Cantala

19

Acetat

Faser aus Zellulose-Acetat mit weniger als 92 %, jedoch mindestens 74 % acetylierter Hydroxylgruppen

20

Alginat

Faser aus den Metallsalzen der Alginsäure

21

Cupro

Regenerierte Zellulosefaser nach dem Kupfer-Ammoniak-Verfahren

22

Modal

Nach einem geänderten Viskoseverfahren hergestellte regenerierte Zellulosefaser mit hoher Reißkraft und hohem Modul in feuchtem Zustand. Die Reißkraft (BC) in aufgemachtem Zustand und die Kraft (BM), die erforderlich ist, um in feuchtem Zustand eine Dehnung von 5 % zu erzielen, sind Folgende:

BC (Zentinewton) ≥ 1,3 √T + 2 T

BM (Zentinewton) ≥ 0,5 √T

wobei T die mittlere längenbezogene Masse in Dezitex ist.

23

Eiweiß

Faser aus regeneriertem und durch chemische Agenzien stabilisiertem Eiweiß

24

Triacetat

Aus Zellulose-Acetat hergestellte Faser, bei der mindestens 92 % der Hydroxylgruppen acetyliert sind

25

Viskose

Bei Endlosfasern und Spinnfasern nach dem Viskoseverfahren hergestellte regenerierte Zellulosefaser

26

Polyacryl

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette aus mindestens 85 Gewichtsprozent Acrylnitril aufgebaut wird

27

Polychlorid

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette aus mehr als 50 Gewichtsprozent chloriertem Olefin (z. B. Vinylchlorid, Vinylidenchlorid) aufgebaut wird

28

Fluorfaser

Faser aus linearen Makromolekülen, die aus aliphatischen Fluor-Kohlenstoff-Monomeren gewonnen werden

29

Modacryl

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette aus mehr als 50 und weniger als 85 Gewichtsprozent Acrylnitril aufgebaut wird

30

Polyamid oder Nylon

Faser aus synthetischen linearen Makromolekülen, deren Kette sich wiederholende Amidbindungen aufweist, von denen mindestens 85 % an lineare aliphatische oder zykloaliphatische Einheiten gebunden sind

31

Aramid

Fasern aus linearen synthetischen Makromolekülen mit aromatischen Gruppen, deren Kette aus Amid- oder Imidbindungen besteht, von denen mindestens 85 % direkt an zwei aromatische Kerne gebunden sind und deren Imidbindungen, wenn vorhanden, die Anzahl der Amidbindungen nicht übersteigen darf

32

Polyimid

Faser aus synthetischen linearen Makromolekülen, deren Kette sich wiederholende Imideinheiten aufweist

33

Lyocell

Durch Auflösungs- und Spinnverfahren in organischem Lösungsmittel (Gemisch aus organischen Chemikalien und Wasser) hergestellte regenerierte Zellulosefaser ohne Bildung von Derivaten

34

Polylactid

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette zu mindestens 85 Masseprozent aus Milchsäureestereinheiten besteht, die aus natürlich vorkommenden Zuckern gewonnen werden, und deren Schmelzpunkt bei mindestens 135 °C liegt

35

Polyester

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette zu mindestens 85 Gewichtsprozent aus dem Ester eines Diols mit Terephtalsäure besteht

36

Polyethylen

Faser aus gesättigten linearen Makromolekülen nicht substituierter aliphatischer Kohlenwasserstoffe

37

Polypropylen

Faser aus linearen gesättigten aliphatischen Kohlenwasserstoffen, in denen jeder zweite Kohlenstoff eine Methylgruppe in isotaktischer Anordnung trägt, ohne weitere Substitution

38

Polyharnstoff

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette eine Wiederkehr der funktionellen Harnstoffgruppe (NH-CO-NH) aufweist

39

Polyurethan

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette eine Wiederkehr der funktionellen Urethangruppen aufweist

40

Vinylal

Faser aus linearen Makromolekülen, deren Kette aus Polyvinylalkohol mit variablem Acetalisierungsgrad aufgebaut wird

41

Trivinyl

Faser aus drei verschiedenen Vinylmonomeren, die sich aus Acrylnitril, aus einem chlorierten Vinylmonomer und aus einem dritten Vinylmonomer zusammensetzt, von denen keines 50 % der Gewichtsanteile ausweist

42

Elastodien

Elastische Faser, die aus natürlichem oder synthetischem Polyisopren besteht, entweder aus einem oder mehreren polymerisierten Dienen, mit oder ohne einem oder mehreren Vinylmonomeren, und die, unter Einwirkung einer Zugkraft um die dreifache ursprüngliche Länge gedehnt, nach Entlastung sofort wieder nahezu in ihre Ausgangslage zurückkehrt

43

Elasthan

Elastische Faser, die aus mindestens 85 Gewichtsprozent von segmentiertem Polyurethan besteht, und die, unter Einwirkung einer Zugkraft um die dreifache ursprüngliche Länge gedehnt, nach Entlastung sofort wieder nahezu in ihre Ausgangslage zurückkehrt

44

Glasfaser

Faser aus Glas

45

Bezeichnung entsprechend dem Stoff, aus dem sich die Fasern zusammensetzen, z. B. Metall (metallisch, metallisiert), Asbest, Papier, mit oder ohne Zusatz „Faser“ oder „Garn“

Fasern aus verschiedenen oder neuartigen Stoffen, die vorstehend nicht aufgeführt sind

46

Elastomultiester

Faser, die durch die Interaktion von zwei oder mehr chemisch verschiedenen linearen Makromolekülen in zwei oder mehr verschiedenen Phasen entsteht (von denen keine 85 % Gewichtsprozent übersteigt), die als wichtigste funktionale Einheit Estergruppen enthält (zu mindestens 85 %) und die nach geeigneter Behandlung nach einer Dehnung um die anderthalbfache ursprüngliche Länge sofort wieder nahezu in ihre Ausgangslage zurückkehrt, wenn sie entlastet wird

47

Elastolefin

Für Fasern aus mindestens 95 Gewichtsprozent Makromolekülen, zum Teil quervernetzt, zusammengesetzt aus Ethylen und wenigstens einem anderen Olefin, und die, unter Einwirkung einer Zugkraft um die anderthalbfache ursprüngliche Länge gedehnt, nach Entlastung sofort wieder nahezu in ihre Ausgangslage zurückkehren

48

Melamin

Faser, die zu mindestens 85 Gewichtsprozent aus quervernetzten, aus Melaminderivaten bestehenden Makromolekülen aufgebaut ist

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG II

MINDESTANFORDERUNGEN AN EIN TECHNISCHES DOSSIER DES ANTRAGS AUF AUFNAHME EINER NEUEN TEXTILFASERBEZEICHNUNG

(Artikel 6)

Ein technisches Dossier, mit dem eine neue Textilfaserbezeichnung gemäß Artikel 6 zur Aufnahme in Anhang I vorgeschlagen wird, muss wenigstens die folgenden Angaben enthalten:

Vorgeschlagene Bezeichnung der Faser:

Die vorgeschlagene Bezeichnung muss sich auf die chemische Zusammensetzung beziehen und gegebenenfalls Aufschluss über die Eigenschaften der Faser geben. Sie darf keinerlei Rechtsansprüche enthalten und nicht mit dem Hersteller in Zusammenhang stehen.

Vorgeschlagene Definition der Faser:

Die Eigenschaften, die in der Definition der neuen Faser genannt werden, wie beispielsweise Elastizität, müssen durch Testverfahren überprüfbar sein, die im technischen Dossier zusammen mit den Versuchsergebnissen der Analysen vorzulegen sind.

Identifizierung der Faser: chemische Formel, Unterschiede zu bereits vorhandenen Fasern sowie gegebenenfalls genaue Daten wie Schmelzpunkt, Dichte, Refraktionsindex, Brandverhalten und FTIR-Spektrum.

Vorgeschlagener vereinbarter Zuschlag.

Hinreichend ausgereifte Identifizierungs- und Quantifizierungsverfahren, einschließlich Versuchsdaten:

Der Antragsteller muss beurteilen, ob sich die in Anhang VIII aufgeführten Methoden einsetzen lassen, um die wahrscheinlichsten im Handel zu erwartenden Gemische der neuen Faser mit anderen Fasern zu analysieren, und wenigstens eine dieser Methoden vorschlagen. Im Fall jener Methoden, bei denen die Faser als unlöslicher Bestandteil gelten kann, muss der Antragsteller die Massenkorrekturfaktoren der neuen Faser bewerten. Mit dem Antrag sind sämtliche Versuchsdaten vorzulegen.

Sind die in dieser Verordnung aufgeführten Methoden ungeeignet, muss der Antragsteller dies angemessen begründen und eine neue Methode vorschlagen.

Der Antrag muss alle Versuchsdaten für die vorgeschlagenen Methoden enthalten. Mit dem Dossier müssen auch Daten über die Genauigkeit, Robustheit und Reproduzierbarkeit der Methoden vorgelegt werden.

Ergebnisse von Tests, die im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union durchgeführt wurden, um mögliche allergische Reaktionen und andere schädliche Auswirkungen der neuen Faser auf die menschliche Gesundheit einzuschätzen .

Zur Begründung des Antrags zusätzlich vorzulegende Angaben: Herstellungsverfahren, Bedeutung für den Verbraucher.

Der Hersteller oder sein Vertreter muss bei Aufforderung durch die Kommission repräsentative Proben der neuen, reinen Faser und der einschlägigen Fasergemische bereitstellen, die benötigt werden, um eine Validierung der vorgeschlagenen Identifizierungs- und Quantifizierungsmethoden vorzunehmen.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG III

BEZEICHNUNGEN GEMÄSS ARTIKEL 8 ABSATZ 1

–   Auf Bulgarisch: „необработена вълна“,

–   auf Spanisch: „lana virgen“ oder „lana de esquilado“,

–   auf Tschechisch: „střižní vlna“,

–   auf Dänisch: „ren, ny uld“,

–   auf Deutsch: „Schurwolle“,

–   auf Estnisch: „uus vill“,

–   auf Irisch: „olann lomra“,

–   auf Griechisch: „παρθένο μαλλί“,

–   auf Englisch: „fleece wool“ oder „virgin wool“,

–   auf Französisch: „laine vierge“ oder „laine de tonte“,

–   auf Italienisch: „lana vergine“ oder „lana di tosa“,

–   auf Lettisch: „pirmlietojuma vilna“ oder„cirptā vilna“,

–   auf Litauisch: „natūralioji vilna“,

–   auf Ungarisch: „élőgyapjú“,

–   auf Maltesisch: „suf verġni“,

–   auf Niederländisch: „scheerwol“,

–   auf Polnisch: „żywa wełna“,

–   auf Portugiesisch: „lã virgem“,

–   auf Rumänisch: „lână virgină“,

–   auf Slowakisch: „strižná vlna“,

–   auf Slowenisch: „runska volna“,

–   auf Finnisch: „uusi villa“,

–   auf Schwedisch: „ren ull“.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG IV

BESONDERE KENNZEICHNUNGSVORSCHRIFTEN FÜR BESTIMMTE ERZEUGNISSE

(Artikel 15)

Erzeugnisse

Etikettierungsvorschriften

1.

Bei folgenden Miederwaren:

Der Fasergehalt ist auf dem Etikett entweder durch Angabe der Zusammensetzung des gesamten Erzeugnisses oder global oder getrennt durch Angabe der Zusammensetzung der einzelnen Teile dieser Artikel anzugeben.

a)

Büstenhalter:

äußeres und inneres Gewebe der Schalen und des Rückenteils;

b)

Unterteile (Hüfthalter und Miederhöschen):

Vorderteil, Rückenteil und Seitenteile;

c)

Einteiler (Korsetts und Korseletts):

äußeres und inneres Gewebe der Schalen, der Vorderteile, der Rückenteile und der Seitenteile.

2.

Bei anderen, oben nicht aufgeführten Miederwaren:

Der Fasergehalt ist entweder durch Angabe der Zusammensetzung des gesamten Erzeugnisses oder global oder getrennt durch Angabe der Zusammensetzung der verschiedenen Teile dieser Artikel anzugeben. Diese Etikettierung ist für die Teile nicht vorgeschrieben, die weniger als 10 % des Gesamtgewichts des Erzeugnisses ausmachen.

3.

Bei allen Miederwaren:

Die getrennte Etikettierung der verschiedenen Teile der Miederwaren hat so zu erfolgen, dass für den Endverbraucher ohne Schwierigkeiten erkennbar ist, auf welchen Teil des Erzeugnisses sich die auf dem Etikett angegebenen Hinweise beziehen.

4.

Bei ausgebrannten Textilerzeugnissen:

Hier ist die Faserzusammensetzung für das Gesamterzeugnis anzugeben; sie kann durch getrennte Nennung der Zusammensetzung des Grundmaterials und der der Ausbrennung unterworfenen Teile angegeben werden. Diese beiden Bestandteile sind ausdrücklich zu nennen.

5.

Bei Stickerei-Textilerzeugnissen:

Hier ist die Faserzusammensetzung für das Gesamterzeugnis anzugeben; sie kann durch getrennte Nennung der Zusammensetzung des Grundmaterials und der Stickereifäden angegeben werden. Diese beiden Bestandteile sind ausdrücklich zu nennen. Diese Etikettierung ist nur für die bestickten Teile vorgeschrieben, die mindestens 10 % der Oberfläche des Erzeugnisses ausmachen.

6.

Bei Garn mit einem Kern und einer Umspinnung aus verschiedenen Faserarten, das als solches für den Endverbraucher auf dem Markt bereitgestellt wird:

Hier ist die Zusammensetzung für das Gesamterzeugnis anzugeben; sie kann durch getrennte Nennung der Zusammensetzung des Kerns und der Umspinnung angegeben werden. Diese beiden Bestandteile sind ausdrücklich zu nennen.

7.

Bei Textilerzeugnissen aus Samt und Plüsch oder ähnlichen Stoffen:

Hier ist die Faserzusammensetzung für das Gesamterzeugnis anzugeben; sie kann, wenn diese Erzeugnisse aus einer Grundschicht und einer unterschiedlichen Nutzschicht bestehen und aus verschiedenen Fasern zusammengesetzt sind, getrennt für diese beiden Bestandteile angegeben werden. Diese beiden Bestandteile sind ausdrücklich zu nennen.

8.

Bei Bodenbelägen und Teppichen, bei denen die Grundschicht und die Nutzschicht aus verschiedenen Fasern bestehen:

Hier braucht die Zusammensetzung nur für die Nutzschicht angegeben zu werden. Die Nutzschicht ist ausdrücklich zu nennen.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG V

ERZEUGNISSE, FÜR DIE KEINE ETIKETTIERUNG ODER KENNZEICHNUNG VORGESCHRIEBEN IST

(Artikel 16 Absatz 2)

1.

Hemdsärmelhalter

2.

Armbänder für Uhren, aus Spinnstoffen

3.

Etiketten und Abzeichen

4.

Polstergriffe, aus Spinnstoffen

5.

Kaffeewärmer

6.

Teewärmer

7.

Schutzärmel

8.

Muffe, nicht aus Plüsch

9.

Künstliche Blumen

10.

Nadelkissen

11.

Bemalte Leinwand

12.

Textilerzeugnisse für Verstärkungen und Versteifungen

13.

Gebrauchte, konfektionierte Textilerzeugnisse, sofern sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind

14.

Gamaschen

15.

Verpackungsmaterial, nicht neu und als solches verkauft

16.

Täschner- und Sattlerwaren, aus Spinnstoffen

17.

Reiseartikel, aus Spinnstoffen

18.

Fertige oder noch fertigzustellende handgestickte Tapisserien und Material zu ihrer Herstellung, einschließlich Handstickgarne, die getrennt vom Grundmaterial zum Verkauf angeboten werden und speziell zur Verwendung für solche Tapisserien aufgemacht sind

19.

Reißverschlüsse

20.

Mit Textilien überzogene Knöpfe und Schnallen

21.

Buchhüllen aus Spinnstoffen

22.

Textile Teile von Schuhwaren, ausgenommen wärmendes Futter

23.

Deckchen aus mehreren Bestandteilen mit einer Oberfläche von weniger als 500 cm2

24.

Topflappen und Topfhandschuhe

25.

Eierwärmer

26.

Kosmetiktäschchen

27.

Tabakbeutel aus Gewebe

28.

Futterale bzw. Etuis für Brillen, Zigaretten und Zigarren, Feuerzeuge und Kämme, aus Gewebe

29.

Schutzartikel für den Sport, ausgenommen Handschuhe

30.

Toilettenbeutel

31.

Schuhputzbeutel

32.

Bestattungsartikel

33.

Einwegerzeugnisse, ausgenommen Watte

34.

Den Vorschriften des Europäischen Arzneibuchs unterliegende Textilerzeugnisse, für die ein entsprechender Vermerk aufgenommen wurde, wiederverwendbare medizinische und orthopädische Binden und allgemeines orthopädisches Textilmaterial

35.

Textilerzeugnisse, einschließlich Seile, Taue und Bindfäden (vorbehaltlich Anhang VI Nummer 12), die normalerweise bestimmt sind:

a)

zur Verwendung als Werkzeug bei der Herstellung und der Verarbeitung von Gütern;

b)

zum Einbau in Maschinen, Anlagen (für Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung usw.), Haushaltsgeräte und andere Geräte, Fahrzeuge und andere Transportmittel oder zum Betrieb, zur Wartung oder zur Ausrüstung dieser Geräte, mit Ausnahme von Planen und Textilzubehör für Kraftfahrzeuge, das getrennt von den Fahrzeugen verkauft wird

36.

Textilerzeugnisse für den Schutz und die Sicherheit, wie z. B. Sicherheitsgurte, Fallschirme, Schwimmwesten, Notrutschen, Brandschutzvorrichtungen, kugelsichere Westen, besondere Schutzanzüge (z. B.: Feuerschutz, Schutz vor Chemikalien oder anderen Sicherheitsrisiken)

37.

Ballonhallen (Sport-, Ausstellungs-, Lagerhallen usw.), sofern Angaben über die Leistungen und technischen Einzelheiten dieser Erzeugnisse mitgeliefert werden

38.

Segel

39.

Textilwaren für Tiere

40.

Fahnen und Banner

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG VI

ERZEUGNISSE, FÜR DIE NUR EINE GLOBALE ETIKETTIERUNG ODER KENNZEICHNUNG VORGESCHRIEBEN IST

(Artikel 16 Absatz 3)

1.

Scheuertücher

2.

Putztücher

3.

Bordüren und Besatz

4.

Borten

5.

Gürtel

6.

Hosenträger

7.

Strumpf- und Sockenhalter

8.

Schnürsenkel

9.

Bänder

10.

Gummielastische Bänder

11.

Verpackungsmaterial, neu oder als solches verkauft

12.

Schnüre für Verpackungen und landwirtschaftliche Verwendungszwecke; Schnüre, Seile und Taue, die nicht unter Anhang V Nummer 35 fallen (1)

13.

Deckchen

14.

Taschentücher und Ziertaschentücher

15.

Haarnetze

16.

Krawatten und Fliegen für Kinder

17.

Lätzchen, Seiflappen und Waschhandschuhe

18.

Nähgarne, Stopfgarne und Stickgarne, die in kleinen Einheiten für den Einzelverkauf aufgemacht sind und deren Nettogewicht 1 g nicht überschreiten darf

19.

Gurte für Vorhänge und Jalousien


(1)  Für Erzeugnisse dieser Nummer, die als Schnittstücke verkauft werden, ist die globale Etikettierung diejenige der Rolle. Zu Seilen und Tauen dieser Nummer zählen insbesondere Seile und Taue für den Alpinismus und den Wassersport.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG VII

BEI DER BESTIMMUNG DES FASERGEHALTS NICHT ZU BERÜCKSICHTIGENDE ARTIKEL

(Artikel 17)

Erzeugnisse

Ausgenommene Artikel

a)

bei allen Textilerzeugnissen:

i)

nichttextile Teile, Webkanten, Etikette und Abzeichen, Bordüren und Besatz, die nicht Bestandteil des Erzeugnisses sind, mit Textilien überzogene Knöpfe und Schnallen, Zubehör, Schmuckbesatz, nichtelastische Bänder, an bestimmten, eng begrenzten Stellen eingearbeitete elastische Fäden und Bänder

ii)

Fettstoffe, Bindemittel, Beschwerungen, Appreturen, Imprägniermittel, Färbe- und Druckhilfsmittel sowie sonstige Textilbearbeitungserzeugnisse

b)

bei Fußbodenbelägen und Teppichen

sämtliche Teile außer der Nutzschicht

c)

bei Polstergewebe

Binde- und Füllketten sowie Binde- und Füllschüsse, die nicht Teil der Nutzschicht sind

d)

bei Vorhängen, Gardinen und Übergardinen:

Binde- und Füllketten sowie Binde- und Füllschüsse, die nicht Teil der Vorderseite des Stoffes sind

e)

bei Socken:

Elastikgarn im Bündchen sowie Verstärkungsgarn an Zehen und Ferse

f)

bei Strumpfhosen:

Elastikgarn im Bündchen sowie Verstärkungsgarn an Zehen und Ferse

g)

bei anderen als den unter Buchstabe b bis f genannten Textilerzeugnissen:

Versteifungen, Verstärkungen, Einlagestoffe und Bespannungen, Näh- und Verbindungsfäden, sofern sie nicht die Kette und/oder den Schuss des Gewebes ersetzen, Polsterungen, die anderen Zwecken als denen der Wärmehaltung dienen, sowie vorbehaltlich Artikel 14 Absatz 1 Futterstoffe.

Im Sinne dieser Bestimmung

i)

gelten nicht als auszusondernde Versteifungen: die Grundschichten von Textilerzeugnissen, die als Grundlage für die Nutzschicht dienen, vor allem die Grundgewebe von Decken sowie Doppelgeweben und die Grundschichten von Erzeugnissen aus Samt oder Plüsch und ähnlichen Stoffen;

ii)

gelten als Verstärkung: Fäden oder Stoffe, die an bestimmten, eng begrenzten Stellen des Textilerzeugnisses angebracht werden, um sie zu verstärken, zu versteifen oder zu verdicken.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG VIII

METHODEN FÜR DIE QUANTITATIVE ANALYSE VON BINÄREN UND TERNÄREN TEXTILFASERGEMISCHEN

KAPITEL 1

I.   Vorbereitung der Vorproben und der Analyseproben zur Bestimmung der Zusammensetzung von Textilerzeugnissen

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Kapitel enthält allgemeine Hinweise für die Herstellung von Vorproben geeigneter Größe (d. h. nicht über 100 g) zur Vorbehandlung für quantitative Analysen aus Laboratoriumssammelproben sowie für die Auswahl von Analyseproben aus Vorproben, aus denen die nichtfaserigen Bestandteile in einer Vorbehandlung entfernt worden sind (1).

2.   DEFINITIONEN

2.1.   Prüfgut— Diejenige Materialmenge, die aufgrund einer Reihe von Untersuchungsergebnissen beurteilt werden soll. Dazu kann zum Beispiel das gesamte Material einer Stofflieferung gehören, das gesamte von einer bestimmten Maschine gewebte Gewebe, eine Sendung Garne oder ein Ballen bzw. eine aus mehreren Ballen bestehende Lieferung.

2.2.   Laboratoriumssammelprobe— Teil des Prüfguts, der als repräsentativ aus der Gesamtmenge entnommen worden ist und an das Laboratorium eingesandt wird. Größe und Art der Laboratoriumssammelprobe sind so zu wählen, dass sie die Schwankungen innerhalb der Lieferung richtig wiedergibt und im Laboratorium leicht zu handhaben ist (2).

2.3.   Vorprobe— Teil der Laboratoriumssammelprobe, aus dem in einer Vorbehandlung die nichtfaserigen Bestandteile entfernt und anschließend die Analyseproben entnommen werden. Größe und Art der Vorprobe sind so zu wählen, dass sie die Schwankungen innerhalb der Laboratoriumssammelprobe richtig wiedergibt (3).

2.4.   Analyseprobe— Teil der Vorprobe, der für die quantitative Einzelanalyse erforderlich ist.

3.   PRINZIP

Die Vorprobe wird so ausgewählt, dass sie die Laboratoriumssammelprobe repräsentiert.

Die Analyseproben werden aus der Vorprobe so ausgewählt, dass sie die letztere repräsentieren.

4.   PROBENAHME AUS LOSEN FASERN

4.1.

Ungerichtete Fasern – Die Vorprobe wird aus zufallsbedingt der Laboratoriumssammelprobe entnommenen Büscheln zusammengestellt. Die gesamte Vorprobe mischt man gründlich mit Hilfe einer Laboratoriumskrempel (4). Der Krempelflor sowie die noch in der Krempel hängenden Fasern und der aus der Krempel herausgefallene Faserbruch werden vorbehandelt. Anschließend werden die Analyseproben im jeweiligen Gewichtsverhältnis aus dem Krempelflor, den anhängenden Fasern und den herausgefallenen Fasern entnommen.

Bleibt die Form des Krempelflors durch die Vorbehandlung im Wesentlichen unverändert, so werden die Analyseproben in der unter Punkt 4.2 beschriebenen Weise entnommen. Wird der Krempelflor durch die Vorbehandlung zerstört, so werden für die Restproben mindestens 16 kleine Büschel von geeigneter und unter sich möglichst gleicher Größe aus der vorbehandelten Probe herausgenommen und zu einer Probe zusammengefasst.

4.2.

Gerichtete Fasern (Krempelflor, Kammzug, Vorgarne) – Aus zufällig ausgewählten Teilen der Laboratoriumssammelprobe werden mindestens 10 Schnittproben zu je etwa 1 g hergestellt. Die so entstandene Vorprobe wird vorbehandelt. Dann werden die Schnittproben Kante an Kante aneinandergelegt und daraus die Analyseproben in der Weise hergestellt, dass jeweils ein Schnitt so durch die Muster gelegt wird, dass von jeder der 10 Längen ein Teil erfasst wird.

5.   PROBENAHME AUS GARNEN

5.1.

Garne auf Hülsen oder in Strängen – Es müssen alle Hülsen oder Stränge der Laboratoriumssammelprobe verwendet werden.

Man entnimmt jeder Hülse oder jedem Strang entsprechend zusammenhängende Fäden gleicher Länge, indem man Stränge gleicher Zahl auf eine Haspel (5) aufwindet oder auf andere Weise. Die einzelnen Längen werden zu einem einzigen Strang oder Kabel zusammengelegt, wobei darauf zu achten ist, dass in jedem Strang oder Kabel immer gleiche Fadenlängen von jeder Hülse oder jedem Strang vorhanden sind.

Die auf diese Weise erhaltene Vorprobe wird vorbehandelt.

Zur Entnahme von Analyseproben aus der vorbehandelten Vorprobe werden Fadenabschnitte gleicher Menge aus dem Strang oder Kabel herausgenommen; dabei ist darauf zu achten, dass keiner der darin enthaltenen Fäden ausgelassen wird.

Ist t die Feinheit in „Tex“ und n die Anzahl der Hülsen oder Stränge der Laboratoriumssammelprobe, so beträgt die Fadenlänge von jeder Hülse oder jedem Strang, die eine Vorprobe von 10 g ergibt, 106/nt cm.

Ist nt sehr hoch, zum Beispiel über 2 000, so wird ein schwerer Fadenstrang aufgewunden und in zwei Teile zerschnitten, um einen Strang von geeignetem Gewicht herzustellen. Die Enden einer Probe in Strangform sind vor Beginn der Vorbehandlung sorgfältig zusammenzubinden; die Analyseproben sind an einer Stelle zu entnehmen, die von dem abgebundenen Ende genügend weit entfernt ist.

5.2.

Kettfäden – Die Vorprobe wird in der Weise entnommen, dass man vom Ende der Kette ein Stück abschneidet, das mindestens 20 cm lang ist und alle Kettfäden mit Ausnahme der Webkante enthält, die verworfen wird. Man bündelt einige Fäden an einem Ende zusammen. Ist die Probe zu schwer, um im Ganzen vorbehandelt zu werden, so wird sie in zwei oder mehr Teile unterteilt, wobei jedes Teil vor der Vorbehandlung zusammengebunden wird. Die einzelnen Teile werden getrennt vorbehandelt und danach wieder zusammengefasst. Von der Vorprobe wird eine Analyseprobe von passender Länge in genügendem Abstand von der Bündelung abgeschnitten, wobei darauf zu achten ist, dass keiner der Kettfäden ausgelassen wird. Bei einer Kette mit n Fäden der Feinheit t in „Tex“ beträgt die Länge einer Probe von 1 g Gewicht 105/nt cm.

6.   PROBENAHME AUS TEXTILEN FLÄCHENGEBILDEN

6.1.   Laboratoriumssammelprobe bestehend aus einem einzigen repräsentativen Abschnitt

Man schneidet einen diagonalen Streifen von Ecke zu Ecke und entfernt die Webkanten. Dieser Streifen ist die Vorprobe. Für eine Vorprobe x g beträgt die Fläche des Streifens x104/G cm2.

G = Flächengewicht des Gewebes in g/m2

Nach der Vorbehandlung zerschneidet man den Streifen quer zur Länge in vier gleiche Teile und legt diese übereinander. Man entnimmt Analyseproben aus einem beliebigen Teil des übereinander geschichteten Materials, indem man alle Lagen in der Weise durchschneidet, dass man von jeder Lage eine Analyseprobe mit gleicher Länge erhält.

Enthält der Stoff ein gewebtes Muster, so darf die Breite der Vorprobe, parallel zur Richtung der Kette gemessen, nicht kleiner sein als eine Wiederholung des Musters in der Kette. Ist unter diesen Bedingungen die Vorprobe zu groß, um im Ganzen vorbehandelt zu werden, so muss sie in gleiche Teile zerschnitten werden, die getrennt vorzubehandeln sind; diese Teile sind vor der Herstellung der Analyseprobe übereinanderzulegen, doch ist darauf zu achten, dass entsprechende Teile des Musters nicht zusammenfallen.

6.2.   Laboratoriumssammelproben, die aus mehreren Stoffabschnitten bestehen

Jeder Abschnitt wird gemäß 6.1 analysiert; die Ergebnisse werden getrennt angegeben.

7.   PROBENAHME VON ENDERZEUGNISSEN UND/ODER KONFEKTIONSARTIKELN

Die Laboratoriumssammelprobe besteht in der Regel aus einem ganzen Konfektionsartikel oder aus einem repräsentativen Teilstück des Artikels.

Gegebenenfalls ist der Prozentsatz der verschiedenen Teile zu bestimmen, die nicht den gleichen Fasergehalt haben, damit festgestellt werden kann, ob Artikel 14 anwendbar ist.

Dem Teil des Enderzeugnisses bzw. des Konfektionsartikels, dessen Zusammensetzung durch ein Etikett gekennzeichnet werden soll, ist eine repräsentative Vorprobe zu entnehmen. Trägt der Fertigartikel mehrere Etiketten, so müssen repräsentative Vorproben aus jedem Teil, der durch ein Etikett bezeichnet werden soll, entnommen werden.

Ist der Artikel, dessen Zusammensetzung bestimmt werden soll, nicht homogen, so kann es erforderlich sein, aus jedem Teil des Artikels Vorproben zu entnehmen und den proportionalen Anteil der einzelnen Teile, bezogen auf den ganzen Artikel, zu bestimmen.

Die Prozentsätze werden dann unter Berücksichtigung der verhältnismäßigen Anteile der untersuchten Teile errechnet.

Diese Vorproben werden vorbehandelt.

Anschließend werden den vorbehandelten Vorproben repräsentative Analyseproben entnommen.

II.   Einführung in die Methoden für die quantitative Analyse von Textilfasergemischen

Die quantitativen Analysenmethoden bei Textilfasergemischen stützen sich hauptsächlich auf zwei Verfahren, nämlich auf das der manuellen Trennung und das der chemischen Trennung der Fasern.

Dem manuellen Trennverfahren sollte nach Möglichkeit der Vorzug gegeben werden, denn im Allgemeinen führt es zu genaueren Ergebnissen als das chemische Verfahren. Das manuelle Verfahren lässt sich auf alle Textilerzeugnisse, bei denen die dieses Erzeugnis bildenden Fasern keine untrennbare Mischung darstellen, anwenden, z. B. auf die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Garne, bei denen die einzelnen Bestandteile aus einer einzigen Faserart gebildet werden, sowie auf Gewebe, bei denen die Kette aus einer anderen Faser als der Schuss besteht, oder auf Gewirke, die aus verschiedenartigen Garnen zusammengesetzt sind.

In der Regel stützt sich die quantitative chemische Analysenmethode bei Textilfasergemischen auf die selektive Lösbarkeit der Einzelbestandteile der Mischung. Nach Entfernung eines Bestandteils wird der unlösliche Rückstand gewogen, und der Anteil des löslichen Bestandteils wird unter Zugrundelegung des Gewichtsverlusts berechnet. Im vorliegenden Dokument werden die Angaben, die sich generell bei einer Analyse nach diesem Verfahren ergeben und für die im vorliegenden Anhang genannten Fasergemische jeder Zusammensetzung gelten, zusammengestellt. Dieses Dokument muss daher in Verbindung mit den anderen Texten benutzt werden, die ausführliche Verfahren für besondere Fasergemische enthalten. Es kann vorkommen, dass bestimmte chemische Analysen auf anderen Prinzipien als dem der selektiven Auflösbarkeit beruhen. In diesem Fall werden in dem entsprechenden Teil der einschlägigen Methode ausführliche Angaben hierüber gemacht.

Die während der Herstellung der Textilerzeugnisse benutzten Fasergemische und in geringerem Maße auch die Fasergemische in den fertigen Textilien können oftmals als natürliche Beimengungen oder zur Erleichterung des Verarbeitungsvorganges Fette, Wachse oder Hilfsstoffe bzw. wasserlösliche Stoffe enthalten. Diese nicht zur Faser gehörenden Stoffe müssen vor der Analyse ausgesondert werden. Aus diesem Grund wird ebenfalls eine Methode der Vorbehandlung zwecks Entfernung von Ölen, Fetten, Wachsen und wasserlöslichen Stoffen angegeben.

Textilien können ferner Harze oder andere Stoffe enthalten, die ihnen bestimmte Eigenschaften verleihen sollen. Diese Stoffe, zu denen in Ausnahmefällen auch Farbstoffe gehören, können die Einwirkung des Reagenzes auf die löslichen Bestandteile beeinträchtigen bzw. teilweise oder vollständig durch das Reagenz beseitigt werden. Diese Zusatzstoffe können somit Fehler hervorrufen und müssen vor der Analyse der Probe ausgeschieden werden. Ist dies unmöglich, so sind die in diesem Anhang beschriebenen Methoden für die quantitative Analyse nicht mehr anwendbar.

Farbstoffe in gefärbten Fasern werden als fester Bestandteil der Faser angesehen und nicht entfernt.

Bei diesen Analysen wird von der Trockenmasse ausgegangen, weshalb ein Verfahren zur Bestimmung der Trockenmasse angegeben wird.

Bei der Ergebnisdarstellung werden zur Trockenmasse der einzelnen Fasern die in Anhang IX dieser Verordnung angegebenen Zuschläge zugerechnet.

Die in der Mischung enthaltenen Fasern sind vor der Analyse zu identifizieren. Bei bestimmten Methoden kann der unlösliche Bestandteil von Gemischen teilweise in dem Reagenz aufgelöst werden, das zur Auflösung des löslichen Bestandteils bzw. der löslichen Bestandteile verwendet wird.

Nach Möglichkeit wurden die Reagenzien so gewählt, dass sie nur einen geringen oder überhaupt keinen Einfluss auf die unlöslichen Fasern haben. Ist bei der Analyse mit einem Gewichtsverlust zu rechnen, so müssen die Ergebnisse entsprechend korrigiert werden; Korrekturfaktoren hierfür sind angegeben. Diese wurden in mehreren Laboratorien dadurch bestimmt, dass durch Vorbehandlung gereinigte Fasern mit dem entsprechenden Reagenz unter Befolgung der Analysenmethode behandelt wurden.

Diese Korrekturfaktoren gelten nur für normale Fasern, und weitere Korrekturfaktoren können erforderlich sein, wenn die Fasern vor oder während der Verarbeitung nicht intakt geblieben sind. Die angegebenen chemischen Analysenmethoden gelten für Einzelanalysen.

Es muss sowohl beim manuellen Trennungsverfahren als auch beim chemischen Trennungsverfahren mindestens an zwei getrennten Analyseproben je eine Analyse durchgeführt werden.

In Zweifelsfällen muss, sofern dies nicht technisch unmöglich ist, eine weitere Analyse durchgeführt werden, und zwar nach einem Verfahren, mit dem sich die bei dem ersten Verfahren als Rückstand gebildete Faser auflösen lässt.

KAPITEL 2

Methoden für die quantitative Analyse von bestimmten binären Textilfasergemischen

I.   Allgemeine Angaben zu den Methoden für die quantitative chemischen Analyse von Textilfasergemischen.

I.1.   Anwendungsbereich

Unter dem „Anwendungsbereich“ jeder Methode werden die Fasern aufgeführt, auf die sie anzuwenden ist.

I.2.   Prinzip

Nach Identifizierung der einzelnen Bestandteile eines Fasergemisches werden zunächst durch eine entsprechende Vorbehandlung die nichtfaserigen Bestandteile entfernt, sodann wird einer der Bestandteile entfernt, und zwar in der Regel durch selektive Auflösung (6). Der unlösliche Rückstand wird gewogen und der Anteil des löslichen Bestandteils wird aus dem Gewichtsverlust berechnet. Außer bei technischen Schwierigkeiten ist vorzugsweise die in größerer Menge vorhandene Faser aufzulösen, damit man die in geringerer Menge vorhandene Faser als Rückstand erhält.

I.3.   Erforderliches Material

I.3.1.   Geräte

I.3.1.1.

Filtertiegel und Wägegläser zum Einsetzen von Tiegeln oder andere gleichwertige Geräte

I.3.1.2.

Absaugflasche

I.3.1.3.

Exsikkator mit gefärbtem Kieselgel als Feuchtigkeitsindikator

I.3.1.4.

Trockenofen mit Ventilator zur Trocknung der Analyseproben bei 105 °C ± 3 °C

I.3.1.5.

Analysenwaage, Empfindlichkeit 0,0002 g

I.3.1.6.

Extraktionsapparat Soxhlet oder gleichwertige Apparatur

I.3.2.   Reagenzien

I.3.2.1.

Petrolether, nachdestilliert, Siedebereich 40 °C bis 60 °C

I.3.2.2.

Sonstige Reagenzien sind in den entsprechenden Teilen der Methode angegeben. Alle verwendeten Reagenzien müssen chemisch rein sein.

I.3.2.3.

Destilliertes oder entionisiertes Wasser

I.3.2.4.

Aceton

I.3.2.5.

Orthophosphorsäure

I.3.2.6.

Harnstoff

I.3.2.7.

Natriumbicarbonat

Alle Reagenzien müssen chemisch rein sein.

I.4.   Konditionierungs- und Analysenatmosphäre

Da die Trockenmasse bestimmt wird, ist weder eine Konditionierung der Probe noch eine Untersuchung in klimatisierter Atmosphäre erforderlich.

I.5.   Vorprobe

Es wird eine für die Laboratoriumsprobe repräsentative Vorprobe gewählt, die für sämtliche erforderlichen Analyseproben von jeweils mindestens 1 g ausreicht.

I.6.   Vorbehandlung der Vorprobe (7)

Ist einer der bei der Berechnung der Prozentsätze nicht zu berücksichtigenden Bestandteile vorhanden (siehe Artikel 17 dieser Verordnung), so ist dieser zunächst durch eine geeignete Methode zu entfernen, die jedoch keinen der Faserbestandteile angreifen darf.

Zu diesem Zweck werden die mit Hilfe von Petrolether und Wasser extrahierbaren nichtfaserigen Bestandteile entfernt, indem die luftgetrocknete Probe im Soxhlet-Apparat mit Petrolether während einer Stunde und mit mindestens sechs Umläufen pro Stunde behandelt wird. Anschließend wird der Petrolether der Probe verdampft; danach wird die Probe durch Direktbehandlung extrahiert, das heißt durch einstündiges Eintauchen in Wasser bei Zimmertemperatur mit darauf folgendem einstündigen Eintauchen in Wasser bei 65 °C ± 5 °C unter zeitweiligem Schütteln, Flottenverhältnis 1:100. Danach wird das überschüssige Wasser durch Ausquetschen, Absaugen oder Zentrifugieren entfernt, bis die Probe lufttrocken ist.

Bei Elastolefin oder Fasergemischen, die Elastolefin und andere Fasern enthalten (Wolle, Tierhaare, Seide, Baumwolle, Flachs, Hanf, Jute, Manila, Alfa, Kokos, Ginster, Ramie, Sisal, Cupro, Modal, regenerierte Proteinfasern, Viskose, Polyacryl, Polyamid oder Nylon, Polyester, Elastomultiester), ist das oben beschriebene Verfahren dahingehend leicht abzuändern, dass Petrolether durch Aceton ersetzt wird.

Bei binären Gemischen, die Elastolefin und Acetat enthalten, ist folgende Vorbehandlung durchzuführen. Die Probe wird 10 Minuten lang bei 80 °C mit einer Lösung extrahiert, die 25 g/l 50 %ige Orthophosphorsäure und 50 g/l Harnstoff enthält, Flottenverhältnis 1:100. Die Probe wird in Wasser gewaschen, danach lässt man sie abtropfen und wäscht sie in einer 0,1 %igen Natriumbicarbonat-Lösung sowie abschließend vorsichtig in Wasser.

Falls die nichtfaserigen Bestandteile nicht mit Hilfe von Petrolether und Wasser extrahiert werden können, so müssen sie anstatt mit Wasser, wie oben beschrieben, mit einem geeigneten Stoff entfernt werden, der keinen der Faserbestandteile wesentlich verändert. Bei einigen natürlichen Pflanzen-Rohfasern (wie zum Beispiel Jute-, Kokosfasern) ist zu beachten, dass durch die normale Vorbehandlung mit Petrolether und Wasser nicht alle natürlichen nichtfaserigen Bestandteile ausgesondert werden. Trotzdem werden keine weiteren Vorbehandlungen vorgenommen, soweit die Probe keine in Petrolether und in Wasser unlöslichen Appreturen enthält.

In den Analysenberichten müssen die gewählten Vorbehandlungsmethoden eingehend geschildert werden.

I.7.   Analysengang

I.7.1.   Allgemeine Anweisungen

I.7.1.1.   Trocknung

Alle Trocknungsvorgänge sind mindestens 4 Stunden, jedoch nicht mehr als 16 Stunden bei 105 °C ± 3 °C in einem belüfteten Ofen bei geschlossener Ofentür durchzuführen. Beträgt die Trocknungsdauer weniger als 14 Stunden, muss überprüft werden, ob ein konstantes Gewicht erreicht wurde. Dieses Gewicht kann als erreicht gelten, wenn der Gewichtsunterschied nach einer neuen Trocknung von 60 Minuten weniger als 0,05 % beträgt.

Die Filtertiegel und Wägegläser sowie die Proben oder die Rückstände sollen während des Trocknungs-, Abkühlungs- und Wägevorgangs nicht mit bloßen Händen berührt werden.

Die Analyseproben werden in einem Wägeglas mit abgenommenem Stopfen getrocknet. Nach der Trocknung wird das Wägeglas vor Herausnahme aus dem Ofen geschlossen und so schnell wie möglich in den Exsikkator gebracht.

Der Filtertiegel, der mit seinem Deckel in einem Wägeglas untergebracht ist, wird im Ofen getrocknet. Nach der Trocknung wird das Wägeglas verschlossen und so schnell wie möglich in den Exsikkator gestellt.

Wird ein anderes Gerät als der Filtertiegel verwendet, so trocknet man im Trockenofen, um das Trockengewicht der Fasern ohne Verlust zu bestimmen.

I.7.1.2.   Kühlung

Alle Kühlvorgänge werden in dem neben der Waage aufgestellten Exsikkator ausreichend lange durchgeführt, um ein völliges Abkühlen der Wägegläser zu erreichen, wobei die Abkühldauer mindestens 2 Stunden beträgt.

I.7.1.3.   Wägung

Nach dem Kühlen wird das Wägeglas innerhalb von zwei Minuten nach Herausnahme aus dem Exsikkator gewogen. Wägegenauigkeit 0,0002 g.

I.7.2.   Analysengang

Man entnimmt aus der vorbehandelten Vorprobe eine Analyseprobe von mindestens 1 g Gewicht. Das Garn und die Gewebe werden in Längen von etwa 10 mm ausgeschnitten und so weit wie möglich zerlegt (zerschnitten). Die Analyseprobe wird in einem Wägeglas getrocknet, im Exsikkator gekühlt und gewogen. Die Probe wird in ein Glasgefäß gegeben, das im entsprechenden Teil der Unionsmethode beschrieben ist, anschließend wird das Wägeglas sofort wieder gewogen und das Trockengewicht der Probe durch Differenzbildung ermittelt. Die Analyse wird gemäß den Angaben in dem entsprechenden Teil der Methode zu Ende geführt. Der Rückstand wird mikroskopisch geprüft, um festzustellen, ob durch die Behandlung die lösliche Faser völlig ausgesondert worden ist.

I.8.   Berechnung und Ergebnisdarstellung

Das Gewicht des unlöslichen Bestandteils wird als Prozentsatz des Gesamtgewichts der im Gemisch enthaltenen Fasern ausgedrückt. Der Prozentsatz des löslichen Faseranteils ergibt sich aus der Differenz. Die Ergebnisberechnung erfolgt auf der Basis der Trockengewichte der reinen Fasern, wobei zum einen vereinbarte Zuschläge, zum anderen Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung der Verluste bei der Vorbehandlung und der Analyse angewendet werden. Diese Berechnungen erfolgen nach der unter Punkt I.8.2 angegebenen Formel.

I.8.1.

Berechnung des prozentualen Gewichtsanteils der trockenen und reinen unlöslichen Bestandteile ohne Berücksichtigung des Gewichtsverlusts der Fasern bei der Vorbehandlung

Formula

Dabei gilt:

P1 %

ist der Prozentsatz des trockenen, reinen unlöslichen Faseranteils,

m

ist der Prozentsatz der Trockenmasse der Probe nach der Vorbehandlung,

r

ist die Masse des trockenen Rückstands,

d

ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des Gewichtsverlusts der unlöslichen Bestandteile im Reagenz bei der Analyse. Geeignete Werte für „d“ sind im entsprechenden Textteil der einzelnen Methoden anzugeben.

Selbstverständlich gelten die im Normalfall anwendbaren „d“-Werte nicht für chemisch angegriffene Fasern.

I.8.2.

Berechnung des Prozentsatzes der unlöslichen Komponente nach Anwendung der vereinbarten Zuschläge und etwaiger Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung des Gewichtsverlusts durch die Vorbehandlung

Formula

Dabei gilt:

P1A%

ist der Prozentsatz des unlöslichen Faseranteils unter Berücksichtigung des vereinbarten Zuschlags und des Gewichtsverlusts durch die Vorbehandlung,

P1

ist der Prozentsatz des unlöslichen, trockenen und reinen Faseranteils, errechnet aus der Formel nach I.8.1,

a1

ist der vereinbarte Zuschlag für den unlöslichen Anteil (siehe Anhang IX),

a2

ist der vereinbarte Zuschlag für den löslichen Anteil (siehe Anhang IX),

b1

ist der prozentuale Gewichtsverlust des unlöslichen Faseranteils durch die Vorbehandlung,

b2

ist der prozentuale Gewichtsverlust des löslichen Faseranteils durch die Vorbehandlung.

Der Prozentsatz der zweiten Komponente (P2A%) beträgt 100 – P1A%.

Bei Anwendung einer besonderen Vorbehandlung müssen die Werte b1 und b2 nach Möglichkeit dadurch bestimmt werden, dass alle reinen Faserbestandteile der bei der Analyse angewandten Vorbehandlung unterworfen werden. Als reine Fasern gelten die Fasern, die frei von jeglichen nichtfaserhaltigen Stoffen sind, mit Ausnahme derjenigen Stoffe, die sie normalerweise (aufgrund ihrer Beschaffenheit und des Herstellungsprozesses) in dem Zustand (roh, gebleicht) enthalten, in dem sich die zu analysierende Ware befindet.

Verfügt man nicht getrennt über reine Faserbestandteile, die zur Herstellung der zu analysierenden Ware gedient haben, so sind für b1 und b2 Durchschnittswerte zugrunde zu legen, die aus der Prüfung ähnlicher Fasern ermittelt wurden, wie sie die untersuchte Mischung enthält.

Wird die normale Vorbehandlung durch Extraktion mit Petrolether und mit Wasser durchgeführt, so kann man im allgemeinen auf die Korrekturfaktoren b1 und b2 verzichten, außer im Fall von Rohbaumwolle, Rohflachs und Rohhanf, für die ein durch die Vorbehandlung bedingter Gewichtsverlust von 4 %, im Fall von Polypropylen ein solcher von 1 % konventionell festgelegt ist.

Im Fall anderer Fasern wird konventionell festgelegt, dass der durch die Vorbehandlung bedingte Gewichtsverlust für die Berechnung unberücksichtigt bleibt.

II.   Methode der quantitativen Analyse durch manuelle Trennung

II.1.   Anwendungsbereich

Die Methode lässt sich auf Fasergemische beliebiger Beschaffenheit anwenden, vorausgesetzt, dass sie keine untrennbare Mischung darstellen und dass sie sich manuell trennen lassen.

II.2.   Prinzip

Nach Identifizierung der einzelnen Bestandteile der Fasergemische werden zunächst die nicht faserhaltigen Bestandteile durch eine geeignete Vorbehandlung ausgesondert, anschließend die Fasern von Hand getrennt, getrocknet und zwecks Berechnung des Anteils der einzelnen Faserarten am Gemisch gewogen.

II.3.   Geräte

II.3.1.

Wägeglas bzw. andere Geräte, die gleichartige Ergebnisse liefern

II.3.2.

Exsikkator mit gefärbtem Kieselgel als Feuchtigkeitsindikator

II.3.3.

Trockenofen mit Ventilator zur Trocknung der Analyseproben bei 105 °C ± 3 °C.

II.3.4.

Analysenwaage, Empfindlichkeit 0,0002 g.

II.3.5.

Extraktionsapparat Soxhlet oder gleichwertige Apparatur

II.3.6.

Nadel

II.3.7.

Garndrehungszähler oder gleichwertige Apparatur

II.4.   Reagenzien

II.4.1.

Petrolether, nachdestilliert, Siedebereich 40 - 60 °C

II.4.2.

Destilliertes oder entionisiertes Wasser

II.5.   Konditionierungs- und Analysenatmosphäre

Siehe Punkt I.4.

II.6.   Vorprobe

Siehe Punkt I.5.

II.7.   Vorbehandlung der Vorprobe

Siehe Punkt I.6.

II.8.   Analysengang

II.8.1.   Analyse von Garnen

Eine Analyseprobe von mindestens 1 g wird aus einer vorbehandelten Probe entnommen. Bei sehr feinen Garnen kann die Analyse ungeachtet des Gewichts auf einer Mindestlänge von 30 m durchgeführt werden.

Die Garne sind in Stücke von geeigneter Länge zu schneiden; aus diesen sind die einzelnen Elemente mit Hilfe einer Präpariernadel und, falls erforderlich, mit Hilfe des Garndrehungszählers herauszutrennen. Die auf diese Weise herausgetrennten Elemente werden dann in ein tariertes Wägeglas gegeben und bei 105 °C ± 3 °C getrocknet, bis ein konstantes Gewicht gemäß I.7.1 und I.7.2 erreicht ist.

II.8.2.   Analyse eines Gewebes

Eine Analyseprobe von mindestens 1 g wird aus einer vorbehandelten Probe entnommen, die Analyseprobe wird so ausgeschnitten, dass sie außerhalb der Webkante liegt, exakt geschnittene Ränder ohne Kräuselung aufweist und parallel zu Schuss und Kette bzw. bei Gewirken gleichlaufend längs und quer zu den Maschenreihen geschnitten ist. Die einzelnen Garne werden getrennt und in tarierten Wägegläsern gesammelt; dann wird wie unter Punkt II.8.1 vorgegangen.

II.9.   Berechnung und Ergebnisdarstellung

Das Gewicht jedes Bestandteils wird als Prozentsatz des Gesamtgewichts der im Gemisch enthaltenen Fasern ausgedrückt. Die Berechnung erfolgt auf der Basis des Trockengewichts der reinen Fasern unter Anwendung von vereinbarten Zuschlägen sowie von Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung der während der Vorbehandlung aufgetretenen Gewichtsverluste.

II.9.1.

Berechnung des Prozentsatzes der reinen Trockengewichte ohne Berücksichtigung des Gewichtsverlusts der Fasern durch die Vorbehandlung:

Formula

P1 %

ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faseranteils,

m1

ist die reine Trockenmasse des ersten Faseranteils,

m2

ist die reine Trockenmasse des zweiten Faseranteils.

II.9.2.

Berechnung des Prozentsatzes jeder einzelnen Komponente nach Anwendung der vereinbarten Zuschläge und etwaiger Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung des Gewichtsverlustes durch die Vorbehandlung: siehe Punkt I.8.2.

III.1.   Genauigkeit der Methoden

Die für jede Methode angegebene Genauigkeit bezieht sich auf die Reproduzierbarkeit (Wiederholstreubereich).

Die Reproduzierbarkeit ist der Zuverlässigkeitsgrad, d. h. die Einengung der Übereinstimmung zwischen den Versuchsergebnissen, die in verschiedenen Laboratorien oder zu verschiedenen Zeiten erzielt werden, wenn dabei jeweils nach derselben Methode und an demselben homogenen Prüfgut Einzelergebnisse ermittelt werden.

Die Reproduzierbarkeit wird durch das Konfidenzintervall der Versuchsergebnisse bei einem Konfidenzniveau von 95 % ausgedrückt.

Deshalb darf die Abweichung zwischen den Ergebnissen einer in verschiedenen Laboratorien durchgeführten Analysenreihe bei richtiger und normaler Anwendung der Methode auf eine gleichartige homogene Mischung nur in fünf von 100 Fällen überschritten werden.

III.2.   Analysenbericht

III.2.1.

Angabe, ob die Analyse nach der hier beschriebenen Methode durchgeführt worden ist.

III.2.2.

Detaillierte Angaben über etwaige Spezial-Vorbehandlungen (siehe Punkt I.6).

III.2.3.

Angabe der Einzelergebnisse sowie des arithmetischen Mittels auf eine Dezimalstelle genau.

IV.   Besondere Methoden

ÜBERSICHTSTABELLE

Methode

Anwendungsbereich

Reagenz

Löslicher Bestandteil

Unlöslicher Bestandteil

1.

Acetat

Bestimmte andere Fasern

Aceton

2.

Bestimmte Eiweißfasern

Bestimmte andere Fasern

Hypochlorit

3.

Viskose, Cupro und bestimmte Typen von Modal

Baumwolle, Elastolefin oder Melamin

Ameisensäure-Zinkchlorid

4.

Polyamid oder Nylon

Bestimmte andere Fasern

80 %ige Ameisensäure

5.

Acetat

Triacetat, Elastolefin oder Melamin

Benzylalkohol

6.

Triacetat oder Polylactid

Bestimmte andere Fasern

Dichlormethan

7.

Bestimmte Zellulosefasern

Polyester, Elastomultiester oder Elastolefin

75 %ige Schwefelsäure m/m

8.

Polyacrylfasern, bestimmte Modacrylfasern oder bestimmte Polychloridfasern

Bestimmte andere Fasern

Dimethylformamid

9.

Bestimmte Polychloridfasern

Bestimmte andere Fasern

Schwefelkohlenstoff/Aceton (55,5/44,5) v/v

10.

Acetat

Bestimmte Polychloridfasern, Elastolefin oder Melamin

Eisessig

11.

Seide

Wolle, Tierhaare, Elastolefin oder Melamin

75 %ige Schwefelsäure m/m

12.

Jute

Bestimmte Fasern tierischen Ursprungs

Stickstoffbestimmungsverfahren

13.

Polypropylen

Bestimmte andere Fasern

Xylol

14.

Bestimmte andere Fasern

Polychloridfasern (auf Homopolymerbasis von Vinylchlorid), Elastofin oder Melamin

Konzentrierte Schwefelsäure

15.

Polychloridfasern, bestimmte Modacryle, bestimmte Elastane, Acetate, Triacetate

Bestimmte andere Fasern

Cyclohexanon

16.

Melamin

Baumwolle oder Aramid

90 %ige heiße Ameisensäure

METHODE Nr. 1

ACETAT- UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Aceton-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Mischungen von:

1.

Acetatfasern (19)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Flachs (7) Hanf (8), Jute (9), Manila (10), Alfa (11), Kokos (12), Ginster (13), Ramie (14), Sisal (15), Cupro (21), Modal (22), regenerierten Proteinfasern (23), Viskose (25), Polyacryl (26), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Elastomultiester (46), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Selbstverständlich ist dieses Verfahren nicht auf oberflächen-entacetylierte Acetatfasern anwendbar.

2.   PRINZIP

Die Acetatfasern werden mittels Aceton aus einer bekannten Trockenmasse herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Acetatfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

3.2.   Reagenz

Aceton

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Der Probe, die sich in einem mit einem Glasschliffstopfen versehenen Erlenmeyerkolben von mindestens 200 ml befindet, werden 100 ml Aceton je Gramm Probe zugegeben; der Kolben wird geschüttelt und 30 Minuten lang bei Raumtemperatur unter zeitweiligem Schütteln stehengelassen, anschließend wird die Flüssigkeit über einen gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert.

 

Diese Behandlung wird noch zweimal wiederholt (insgesamt drei Extraktionen), doch jeweils nur 15 Minuten lang, so dass die Gesamtdauer der Acetonbehandlung eine Stunde beträgt. Der Rückstand wird in einen Glasfiltertiegel überführt und danach mit Aceton unter Absaugen ausgewaschen. Der Tiegel wird erneut mit Aceton gefüllt, das man ohne Absaugen von selbst ablaufen lässt.

 

Zum Schluss wird der Tiegel durch Absaugen geleert, zusammen mit dem Rückstand getrocknet, gekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilfasergemischen liegt das Konfidenzintervall der nach diesem Verfahren ermittelten Ergebnisse bei maximal ± 1 mit einem Konfidenzniveau von 95 %.

METHODE Nr. 2

BESTIMMTE EIWEISSFASERN UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Hypochlorit-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Mischungen von:

1.

bestimmten Eiweißfasern wie: Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4) und Proteinfasern (23)

mit

2.

Baumwolle (5), Cupro (21), Viskose (25), Polyacryl (26), Polychlorid (27), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Polypropylen (37), Elastan (43), Glasfasern (44), Elastomultiester (46), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Sind unterschiedliche Eiweißfasern vorhanden, so liefert das Verfahren deren Gesamtmenge, jedoch nicht die prozentualen Anteile.

2.   PRINZIP

Die Eiweißfasern werden mit einer Hypochloritlösung aus einer bekannten Trockenmasse herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine - erforderlichenfalls berichtigte - Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Eiweißfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

Für die Herstellung der Hypochloritlösung kann Lithiumhypochlorit oder Natriumhypochlorit verwendet werden.

Lithiumhypochlorit empfiehlt sich dann, wenn die Zahl der Analysen gering ist oder Analysen in größeren zeitlichen Abständen durchgeführt werden. Der Grund liegt darin, dass festes Lithiumhypochlorit gegenüber Natriumhypochlorit einen nahezu konstanten Hypochloritanteil enthält. Ist dieser Hypochloritanteil bekannt, muss nicht bei jeder Analyse der Hypochloritgehalt jodometrisch überprüft werden, es kann vielmehr mit konstanter Einwaage an Lithiumhypochlorit gearbeitet werden.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

250-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

Thermostat, einstellbar auf 20 °C ± 2 °C

3.2.   Reagenzien

i)   Hypochloritreagenz

a)   Lithiumhypochloritlösung

Diese besteht aus einer frisch zubereiteten Lösung mit 35 g/l (± 2 g/l) aktivem Chlor (etwa 1 M), der 5 g/l (± 0,5 g/l) vorher gelöstes Natriumhydroxid zugegeben wurde. Man löst hierzu 100 g Lithiumhypochlorit mit 35 % aktivem Chlor (bzw. 115 g mit 30 % aktivem Chlor) in etwa 700 ml destilliertem Wasser, fügt 5 g in etwa 200 ml destilliertem Wasser gelöstes Natriumhydroxid hinzu und füllt auf 1 Liter auf. Die frisch hergestellte Lösung braucht nicht jodometrisch überprüft zu werden.

b)   Natriumhypochloritlösung

Diese besteht aus einer frisch zubereiteten Lösung mit 35 g/l (± 2 g/l) aktivem Chlor (etwa 1 M), der 5 g/l (± 0,5 g/l) vorher gelöstes Natriumhydroxid zugegeben wurde.

Vor jeder Analyse ist der Gehalt der Lösung an aktivem Chlor jodometrisch zu überprüfen.

ii)   Verdünnte Essigsäure

5 ml Eisessig werden mit Wasser auf 1 Liter aufgefüllt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen: Etwa 1 g der Probe wird in den 250 ml-Kolben mit etwa 100 ml der Hypochloritlösung (Lithium- oder Natriumhypochlorit) versetzt und gut geschüttelt, um die Probe zu benetzen.

Anschließend wird der Kolben 40 Minuten in einem Thermostat bei 20 °C erwärmt und dabei kontinuierlich oder zumindest häufig geschüttelt. Da die Lösung der Wolle exotherm verläuft, ist die Reaktionswärme durch diese Arbeitsweise zu verteilen und abzuführen. Andernfalls können größere Fehler durch das Anlösen der unlöslichen Fasern entstehen.

Nach 40 Minuten wird der Inhalt des Kolbens durch einen gewogenen Glasfiltertiegel filtriert; etwa zurückgebliebene Fasern werden durch Auswaschen des Kolbens mit etwas Hypochloritreagenz in den Filtertiegel gespült. Der Filtertiegel wird mittels Unterdruck entleert und der Rückstand nacheinander mit Wasser, verdünnter Essigsäure und wieder mit Wasser gewaschen, wobei der Tiegel nach jeder Flüssigkeitszugabe unter Absaugen entleert wird, jedoch erst, nachdem die Flüssigkeit ohne Absaugen durchgelaufen ist.

Zum Schluss wird der Tiegel durch Absaugen geleert, zusammen mit dem Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ hat den Wert 1,00, für Baumwolle, Viskose, Modal und Melamin den Wert 1,01 und für ungebleichte Baumwolle den Wert 1,03.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilfasergemischen liegt das Konfidenzintervall der nach diesem Verfahren ermittelten Ergebnisse bei maximal ± 1 mit einem Konfidenzniveau von 95 %.

METHODE Nr. 3

VISKOSE, CUPRO ODER BESTIMMTE TYPEN VON MODAL UND BAUMWOLLE

(Ameisensäure/Zinkchlorid)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

1.

Viskose (25) oder Cupro (21) sowie bestimmte Typen von Modal (22)

mit

2.

Baumwolle (5), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Wird die Anwesenheit von Modalfasern festgestellt, so ist ein Vorversuch auszuführen, um zu untersuchen, ob diese im Reagenz löslich sind.

Das Verfahren gilt nicht für Gemische, bei denen die Baumwolle durch übermäßigen chemischen Angriff verändert worden ist oder die Viskose- oder Cuprofasern durch Anwesenheit bestimmter Farbstoffe, Reagenzien oder Appreturmittel, die nicht vollständig entfernt werden können, nicht mehr vollständig löslich sind.

2.   PRINZIP

Die Viskose-, Cupro- oder Modalfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mit einem Reagenz aus Ameisensäure und Zinkchlorid herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine - erforderlichenfalls berichtigte - Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Viskose-, Cupro- oder Modalfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

Einrichtung zur Erwärmung des Erlenmeyerkolbens auf 40 °C ± 2 °C

3.2.   Reagenzien

i)

Lösung aus 20 g geschmolzenem wasserfreiem Zinkchlorid und 68 g wasserfreier Ameisensäure, mit Wasser auf 100 g aufgefüllt (d. h. aus 20 Gewichtsteilen geschmolzenem wasserfreiem Zinkchlorid in 80 Gewichtsteilen Ameisensäure, 85 Gewichtsprozent).

Anmerkung:

In diesem Zusammenhang wird auf Punkt I.3.2.2 hingewiesen, der vorschreibt, dass alle verwendeten Reagenzien chemisch rein sein müssen; außerdem darf ausschließlich geschmolzenes wasserfreies Zinkchlorid verwendet werden.

ii)

Ammoniumhydroxidlösung: 20 ml einer konzentrierten Ammoniaklösung (Volumenmasse 0,880 g/ml) werden mit Wasser auf 1 l verdünnt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen: Man gibt die Probe sofort in einen auf 40 °C vorgewärmten Erlenmeyer, versetzt sie mit 100 ml der Ameisensäure-Zinkchloridlösung je Gramm Probe, die auf 40 °C vorgewärmt ist. Der Kolben wird verschlossen und geschüttelt. Der Kolben und sein Inhalt werden 2½ Stunden lang bei 40 °C stehen gelassen und während dieser Zeit zweimal in Intervallen von je 1 Stunde geschüttelt.

Der Inhalt des Kolbens wird über einen gewogenen Glasfiltertiegel filtriert; dabei werden etwa am Kolben haftende Fasern mit Reagenzlösung in den Filtertiegel gespült. Mit 20 ml Reagenz nachspülen.

Man wäscht Filtertiegel und Rückstand gründlich mit Wasser von 40 °C. Danach spült man den Faserrückstand mit ca. 100 ml kalter Ammoniaklösung (3.2. ii)), wobei sichergestellt werden muss, dass dieser Rückstand 10 Minuten lang vollständig in der Lösung eingetaucht bleibt; danach spült man gründlich mit kaltem Wasser.

Keinen Unterdruck anwenden, solange die Spülflüssigkeit nicht von selbst vollständig durchgelaufen ist.

Zum Schluss wird der noch verbleibende Flüssigkeitsüberschuss durch Absaugen entfernt und Tiegel und Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,02 für Baumwolle, 1,01 für Melamin und 1,00 für Elastofelin.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieser Methode bei höchstens ± 2, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 4

POLYAMID ODER NYLON UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Verfahren mit 80 %iger Ameisensäure)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

1.

Polyamid oder Nylon (30)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Baumwolle (5), Cupro (21), Modal (22), Viskose (25), Polyacryl (26), Polychlorid (27), Polyester (35), Polypropylen (37), Glasfasern (44), Elastomultiester (46), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Das Verfahren gilt wie vorstehend angegeben für wollhaltige Gemische, doch ist bei einem Wollgehalt von über 25 % die Methode Nr. 2 anzuwenden, d. h. Auflösung der Wolle in einer alkalischen Natriumhypochlorit-Lösung.

2.   PRINZIP

Das Polyamid wird aus einer bekannten Trockenmasse mittels Ameisensäure herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenem Polyamid oder Nylon wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

3.2.   Reagenzien

i)

Ameisensäure zu 80 Gewichtsprozent, Dichte bei 20 °C: 1,186. 880 ml Ameisensäure zu 90 Gewichtsprozent, Dichte bei 20 °C: 1,204, werden mit Wasser auf 1 l aufgefüllt, oder es werden 780 ml Ameisensäure von 98 bis 100 Gewichtsprozent, Dichte bei 20 °C: 1,220, mit Wasser auf 1 l aufgefüllt.

Zwischen 77 und 83 Gewichtsprozent Ameisensäure ist die Konzentration nicht kritisch.

ii)

Verdünntes Ammoniak: 80 ml konzentriertes Ammoniak (Dichte bei 20 °C: 0,880) werden mit Wasser auf 1 l aufgefüllt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen: Die Probe wird mit einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit 100 ml Ameisensäure je Gramm Probe versetzt, der Kolben wird verschlossen und geschüttelt, um die Probe vollständig zu benetzen; 15 Minuten bei Raumtemperatur unter zeitweiligem Schütteln stehen lassen. Der Inhalt des Erlenmeyerkolbens wird durch einen gewogenen Glasfiltertiegel filtriert; etwa zurückbleibende Fasern werden durch Auswaschen des Kolbens mit etwas Ameisensäurelösung in den Filtertiegel überführt.

Der Filtertiegel wird unter Absaugen entleert und der Rückstand nacheinander mit Ameisensäure, warmem Wasser, verdünntem Ammoniak und schließlich mit kaltem Wasser gewaschen, wobei der Tiegel nach jeder Flüssigkeitszugabe unter Absaugen entleert wird, jedoch erst, nachdem die Flüssigkeit ohne Absaugen durchgelaufen ist.

Zum Schluss wird der Tiegel durch Absaugen geleert, zusammen mit dem Rückstand getrocknet, gekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 5

ACETATFASERN UND TRIACETATFASERN

(Benzylalkohol-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

Acetatfasern (19)

mit

Triacetatfasern (24), Elastolefin (47) und Melamin (48).

2.   PRINZIP

Die Acetatfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse des Gemischs mit Hilfe von Benzylalkohol von 52 °C ± 2 °C herausgelöst.

Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Acetatfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

mechanischer Schüttler

iii)

Thermostat oder anderes Gerät, das den Kolben einer Temperatur von 52 °C ± 2 °C aussetzen kann.

3.2.   Reagenzien

i)

Benzylalkohol

ii)

Ethanol

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Der im Kolben befindlichen Probe werden 100 ml Benzylalkohol je Gramm Probe zugegeben. Der Kolben wird mit einem Stopfen verschlossen und so auf einem Schüttler befestigt, dass er in ein Wasserbad von 52 °C ± 2 °C taucht, wo er mindestens 20 Minuten geschüttelt wird.

(Unter Umständen kann der mechanische Schüttler durch kräftiges Schütteln mit der Hand ersetzt werden.)

 

Die Flüssigkeit wird über einen gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert. Eine neue Portion Benzylalkohol wird hinzugefügt und der Kolben nochmals 20 Minuten lang bei 52 °C ± 2 °C geschüttelt.

 

Dann wird über den Filtertiegel dekantiert. Diese Behandlung wird ein drittes Mal wiederholt.

 

Danach werden die Flüssigkeit und der Rückstand in den Filtertiegel gegossen. Etwa im Kolben zurückbleibende Fasern werden durch Hinzufügung einer zusätzlichen Menge Benzylalkohol von 52 °C ± 2 °C übergespült. Der Tiegel wird nun vollständig trockengeschleudert.

 

Die Fasern werden in einen Kolben überführt; Ethanol wird zum Spülen beigefügt. Nach kräftigem Schütteln mit der Hand wird über den Filtertiegel dekantiert.

 

Dieser Spülvorgang ist zwei- oder dreimal zu wiederholen. Der Rückstand wird in den Tiegel überführt und vollständig trockengeschleudert. Filtertiegel und Rückstand werden getrocknet und nach Abkühlung gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 6

TRIACETATFASERN UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Dichlormethan-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

1.

Triacetat- (24) oder Polylactidfasern (34)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Cupro (21), Modal (22), Viskose (25), Polyacryl (26), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Glasfasern (44), Elastomultiester (46), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Anmerkung:

Triacetatfasern, die durch besondere Behandlung partiell verseift sind, sind im Reagenz nicht mehr voll löslich. In diesem Fall ist das Verfahren nicht anwendbar.

2.   PRINZIP

Die Triacetat- oder Polylactidfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mit Hilfe von Dichlormethan herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine - erforderlichenfalls berichtigte - Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenem Triacetat oder Polylactid wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

3.2.   Reagenz

Dichlormethan.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen befindliche Probe wird mit 100 ml Dichlormethan je Gramm Probe versetzt, der Kolben wird mit dem Stopfen verschlossen, in Abständen von zehn Minuten kräftig geschüttelt zwecks vollständiger Benetzung der Probe und 30 Minuten bei Raumtemperatur unter zeitweiligem, regelmäßigem Schütteln stehen gelassen. Die Flüssigkeit wird über einen gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert. Man gibt 60 ml Dichlormethan in den Kolben mit dem Rückstand, schüttelt von Hand und filtriert den Inhalt des Kolbens über den Glasfiltertiegel. Etwa zurückbleibende Fasern werden durch Spülen mit einer kleinen zusätzlichen Menge von Dichlormethan in den Tiegel überführt. Der Tiegel wird unter Absaugen entleert, dann erneut mit Dichlormethan gefüllt, das man vollständig ablaufen lässt.

 

Schließlich wird der Flüssigkeitsüberschuss unter Absaugen entfernt, der Rückstand zur gänzlichen Entfernung des Lösungsmittels mit kochendem Wasser behandelt, abgesaugt und der Tiegel mit Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Polyester, Elastomultiester, Elastolefin und Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 7

BESTIMMTE ZELLULOSEFASERN UND POLYESTERFASERN

(Verfahren mit 75 %iger Schwefelsäure)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

1.

Baumwolle (5), Flachs (7), Hanf (8), Ramie (14), Cupro (21), Modal (22) und Viskose (25)

mit

2.

Polyester (35), Elastomultiester (46) und Elastolefin (47).

2.   PRINZIP

Die Zellulosefasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mit Hilfe 75 %iger Schwefelsäure herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine — erforderlichenfalls berichtigte — Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Zellulosefasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

500-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

Thermostat oder anderes Gerät zur Erwärmung des Erlenmeyers auf 50 °C ± 5 °C.

3.2.   Reagenzien

i)   Schwefelsäure zu 75 Gewichtsprozent (± 2 %):

Herstellung in der Weise, dass 700 ml Schwefelsäure, Dichte bei 20 °C: 1,84, vorsichtig zu 350 ml destilliertem Wasser zugesetzt werden.

Nach Abkühlung auf Raumtemperatur mit Wasser auf 1 l auffüllen.

ii)   Verdünnte Ammoniaklösung:

80 ml Ammoniaklösung, Dichte bei 20 °C: 0,88, werden mit Wasser auf 1 l aufgefüllt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 500-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen befindliche Probe wird mit 200 ml 75 %iger Schwefelsäure je Gramm Probe versetzt, der Kolben wird mit dem Stopfen verschlossen und vorsichtig geschüttelt, um die Probe vollständig zu benetzen.

 

Der Kolben wird eine Stunde lang auf einer Temperatur von 50 °C ± 5 °C gehalten und in Abständen von etwa 10 Minuten geschüttelt. Danach wird der Inhalt des Kolbens unter Absaugen durch einen Filtertiegel filtriert. Etwa zurückgebliebene Fasern werden durch Spülen des Kolbens mit etwas 75 %iger Schwefelsäure in den Glasfiltertiegel überführt. Der Glasfiltertiegel wird durch Absaugen geleert und der auf dem Filter verbliebene Rückstand durch erneute Zugabe von Schwefelsäure ein erstes Mal ausgewaschen. Es ist erst abzusaugen, nachdem die Flüssigkeit ohne Absaugen hindurchgelaufen ist.

 

Der Rückstand wird nacheinander mehrmals mit kaltem Wasser, zweimal mit verdünnter Ammoniaklösung und dann gründlich mit kaltem Wasser gewaschen, wobei nach jeder Flüssigkeitszugabe abzusaugen ist, jedoch jedes Mal erst, nachdem die Flüssigkeit ohne Absaugen hindurchgelaufen ist. Schließlich wird der Tiegel durch Absaugen entleert, zusammen mit dem Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Verfahren berechnet. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 8

POLYACRYLFASERN, BESTIMMTE MODACRYLFASERN ODER POLYCHLORIDFASERN UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Dimethylformamid-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Beseitigung der Nichtfaserstoffe für binäre Gemische aus:

1.

Acrylfasern (26), bestimmten Modacrylfasern (29) oder bestimmten Polychloridfasern (27) (8)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Cupro (21), Modal (22), Viskose (25), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Elastomultiester (46), Elastolefin (47) und Melamin (48).

Es gilt ferner für Polyacryl- und bestimmte Modacrylfasern, die mit vormetallisierten Farbstoffen, jedoch nicht mit Nachchromierfarbstoffen behandelt sind.

2.   PRINZIP

Die Polyacrylfasern, bestimmte Modacrylfasern oder bestimmte Polychloridfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mittels Dimethylformamid im kochenden Wasserbad herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen. Der Anteil an trockenen Polyacrylfasern, Modacrylfasern oder Polychloridfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen;

ii)

kochendes Wasserbad.

3.2.   Reagenz

Dimethylformamid (Siedepunkt 153 °C ± 1 °C) mit nicht mehr als 0,1 % Wasser.

Da das Reagenz giftig ist, wird empfohlen, unter dem Abzug zu arbeiten.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Schliffstopfen befindliche Probe wird mit 80 ml im kochenden Wasserbad vorgewärmtem Dimethylformamid je Gramm Probe versetzt, der Kolben mit dem Stopfen verschlossen, geschüttelt zwecks vollständiger Benetzung der Probe und eine Stunde lang im kochenden Wasserbad belassen. Während dieser Zeit werden der Kolben und sein Inhalt fünfmal vorsichtig geschüttelt.

 

Die Flüssigkeit wird durch einen gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert, wobei die Fasern im Erlenmeyer zurückgehalten werden. Man gibt erneut 60 ml Dimethylformamid in den Kolben und erwärmt wiederum 30 Minuten im kochenden Wasserbad, wobei der Kolben und sein Inhalt zweimal vorsichtig von Hand geschüttelt werden.

 

Der Inhalt des Kolbens wird durch einen Glasfiltertiegel unter Absaugen filtriert.

 

Die zurückbleibenden Fasern werden durch Ausspülen des Kolbens mit Dimethylformamid in den Glasfiltertiegel überführt. Der Tiegel wird unter Absaugen entleert. Die zurückbleibenden Fasern werden mit etwa 1 Liter Wasser von 70-80 °C Temperatur gewaschen, wobei der Tiegel jedes Mal mit Wasser gefüllt wird.

 

Nach jeder Wasserzugabe wird kurz abgesaugt, allerdings erst dann, wenn das Wasser abgelaufen ist. Läuft das Waschwasser zu langsam durch den Tiegel, kann kurz abgesaugt werden.

 

Zum Schluss wird der Tiegel mit dem Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, außer in den folgenden Fällen:

 

Wolle: 1,01,

 

Baumwolle: 1,01,

 

Cupro: 1,01,

 

Modal: 1,01,

 

Polyester: 1,01,

 

Elastomultiester: 1,01,

 

Melamin: 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 9

BESTIMMTE POLYCHLORIDFASERN UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Verfahren mit Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

bestimmten Polychloridfasern (27), d. h. bestimmten, auch nachchlorierten Polyvinylchloridfasern (9)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Cupro (21), Modal (22), Viskose (25), Polyacryl (26), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Glasfasern (44), Elastomultiester (46) und Melamin (48).

Ist der Gehalt an Wolle oder Seide größer als 25 %, so ist Verfahren Nr. 2 anzuwenden.

Ist der Gehalt an Polyamid oder Nylon größer als 25 %, so ist Verfahren Nr. 4 anzuwenden.

2.   PRINZIP

Die Polychloridfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mit Hilfe einer azeotropischen Mischung von Schwefelkohlenstoff und Aceton herausgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Polyvinylchloridfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

mechanischer Schüttler.

3.2.   Reagenzien

i)

Azeotropische Mischung von Schwefelkohlenstoff und Aceton (55,5 Volumenprozent Schwefelkohlenstoff und 44,5 Volumenprozent Aceton). Da das Reagenz giftig ist, wird empfohlen, unter dem Abzug zu arbeiten.

ii)

Ethanol (92 Volumenprozent) oder Methanol.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Schliffstopfen befindliche Probe wird mit 100 ml azeotropischer Mischung je Gramm Probe versetzt. Der Kolben wird sorgfältig verschlossen und 20 Minuten lang mit dem mechanischen Schüttler oder von Hand kräftig geschüttelt.

 

Die Flüssigkeit wird durch den gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert.

 

Die Behandlung wird mit 100 ml frischem Lösungsmittel wiederholt. Diese Behandlung wird so oft fortgesetzt, bis ein Tropfen Lösungsmittel nach Verdunstung auf einem Uhrglas keinerlei Polymerniederschlag hinterlässt. Der Rückstand wird mit Hilfe einer zusätzlichen Menge Lösungsmittel in den Filtertiegel überführt, der Filtertiegel durch Sauganwendung entleert; Tiegel und Rückstand werden mit 20 ml Alkohol gespült und anschließend dreimal mit Wasser nachgespült. Vor dem Absaugen muss die Spülflüssigkeit vollständig durchgelaufen sein. Tiegel und Rückstand werden getrocknet, abgekühlt und gewogen.

Anmerkung:

Die Proben bestimmter Gemische mit hohem Gehalt an Polychlorid schrumpfen beim Trocknen beträchtlich, was die Beseitigung des Polychlorids durch das Lösungsmittel erschwert.

Jedoch verhindert diese Schrumpfung nicht die vollständige Auflösung des Polyvinylchlorids.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilfasergemischen liegt das Konfidenzintervall der nach diesem Verfahren ermittelten Ergebnisse bei maximal ± 1 mit einem Konfidenzniveau von 95 %.

METHODE Nr. 10

ACETAT- UND BESTIMMTE POLYCHLORIDFASERN

(Essigsäure-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Acetatfasern (19)

mit

2.

bestimmten Polychloridfasern (27) und zwar Polyvinylchloridfasern, auch nachchloriert, Elastolefin (47) und Melamin (48).

2.   PRINZIP

Die Acetatfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mittels Essigsäure aufgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine - erforderlichenfalls berichtigte - Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockenen Acetatfasern wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben, mit Glasschliffstopfen;

ii)

mechanischer Schüttler.

3.2.   Reagenz

Essigsäure (mehr als 99 %). Dieses Reagenz ist sehr ätzend, bei seiner Verwendung ist daher Vorsicht geboten.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Schliffstopfen befindliche Probe wird mit 100 ml Essigsäure je Gramm Probe versetzt. Der Kolben wird sorgfältig verschlossen und bei Raumtemperatur 20 Minuten mit einem mechanischen Schüttler oder von Hand kräftig geschüttelt. Die Flüssigkeit wird durch den gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert. Diese Behandlung wird zweimal unter Verwendung von jeweils 100 ml frischem Lösungsmittel wiederholt, so dass insgesamt drei Extraktionen ausgeführt werden.

 

Der Rückstand wird in den Filtertiegel überführt, der Flüssigkeitsrückstand unter Sauganwendung entleert; Tiegel und Rückstand werden mit 50 ml Essigsäure sowie anschließend dreimal mit Wasser nachgespült. Nach jedem Auswaschen muss die Flüssigkeit von selbst durchlaufen, bevor abgesaugt wird. Tiegel und Rückstand trocknen, abkühlen und wägen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilfasergemischen liegt das Konfidenzintervall der nach diesem Verfahren ermittelten Ergebnisse bei maximal ± 1 mit einem Konfidenzniveau von 95 %.

METHODE Nr. 11

SEIDE UND WOLLE ODER TIERHAARE

(Verfahren mit 75 %iger Schwefelsäure)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Seide (4)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Elastolefin (47) und Melamin (48).

2.   PRINZIP

Die Seidenfasern werden aus einer bekannten Trockenmasse mit Hilfe 75 %iger Schwefelsäure herausgelöst (10).

Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen. Seine — erforderlichenfalls berichtigte — Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an trockener Seide wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

3.2.   Reagenzien

i)

75 %ige Schwefelsäure (± 2 %)

Herstellungsweise: 700 ml Schwefelsäure (Dichte 1,84 bei 20 °C) werden vorsichtig unter Abkühlung zu 350 ml destilliertem Wasser zugesetzt.

Nach Abkühlung auf Raumtemperatur mit Wasser auf 1 l auffüllen.

ii)

Verdünnte Schwefelsäure: 100 ml konzentrierte Schwefelsäure (Dichte 1,84 bei 20 °C) werden langsam zu 1 900 ml destilliertem Wasser zugesetzt.

iii)

Verdünntes Ammoniak: 200 ml konzentriertes Ammoniak (Dichte 0,880 bei 20 °C) werden mit destilliertem Wasser auf 1 000 ml aufgefüllt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Schliffstopfen befindliche Probe wird mit 100 ml 75 %iger Schwefelsäure je Gramm Probe versetzt. Der Kolben wird verschlossen, kräftig geschüttelt und 30 Minuten bei Raumtemperatur stehen gelassen. Erneut schütteln, 30 Minuten stehen lassen.

 

Ein letztes Mal schütteln und den Inhalt des Kolbens in den gewogenen Glasfiltertiegel überführen. Etwa im Kolben zurückbleibende Fasern werden mit 75 %iger Schwefelsäure nachgespült. Der Rückstand wird im Filtertiegel nacheinander mit 50 ml verdünnter Schwefelsäure, 50 ml Wasser und 50 ml verdünntem Ammoniak ausgewaschen. Die Fasern müssen etwa 10 Minuten lang mit der Flüssigkeit in Kontakt bleiben, bevor abgesaugt wird. Schließlich wird mit Wasser nachgewaschen, wobei die Fasern 30 Minuten im Wasser verbleiben.

 

Die Restflüssigkeit wird unter Absaugen entfernt. Tiegel und Rückstand werden getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 0,985 für Wolle, 1,00 für Elastolefin und 1,01 für Melamin.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 12

JUTE UND BESTIMMTE FASERN TIERISCHEN URSPRUNGS

(Verfahren mittels Stickstoffbestimmung)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Jute (9)

mit

2.

bestimmten Fasern tierischen Ursprungs.

Letztere können aus Tierhaaren (2 und 3) oder aus Wolle (1) oder einer Mischung von Tierhaaren und Wolle bestehen. Das Verfahren eignet sich nicht für Textilfasergemische, die nichtfaserige Bestandteile (Farbstoffe, Appreturmittel usw.) auf Stickstoffbasis enthalten.

2.   PRINZIP

Man bestimmt den Stickstoffgehalt der Mischung und berechnet hieraus sowie aus dem bekannten Stickstoffgehalt der beiden Bestandteile der Mischung deren proportionalen Anteil.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

Kjeldahl-Zersetzungskolben von 200 bis 300 ml

ii)

Kjeldahl-Destillationskolben mit Dampferzeuger

iii)

Titriergerät, mit einer Genauigkeit bis zu 0,05 ml

3.2.   Reagenzien

i)

Toluol

ii)

Methanol

iii)

Schwefelsäure (d = 1,84 bei 20 °C)

iv)

Kaliumsulfat

v)

Selendioxyd

vi)

Natriumhydroxydlösung (400 g/l). 400 g Natriumhydroxyd werden in 400 bis 500 ml Wasser aufgelöst und die Flüssigkeit mit Wasser auf 1 Liter verdünnt.

vii)

Indikatormischung. 0,1 g Methylrot werden in 95 ml Ethanol und 5 ml Wasser gelöst; diese Lösung wird mit 0,5 g Bromkresolgrün, das in 475 ml Ethanol und 25 ml Wasser aufgelöst ist, vermischt.

viii)

Borsäurelösung. 20 g Borsäure werden in 1 Liter Wasser gelöst.

ix)

Schwefelsäure 0,02 N (Normvolumenlösung).

4.   VORBEHANDLUNG DER VORPROBE

Anstelle der im allgemeinen Teil beschriebenen Vorbehandlung wird wie folgt vorgegangen:

Die lufttrockene Probe wird in einem Soxhlet-Apparat mit einer Mischung von einem Volumenteil Toluol und drei Volumenteilen Methanol 4 Stunden lang bei mindestens 5 Umläufen pro Stunde extrahiert. Man lässt die Lösungsmittel aus der Probe in Luft verdampfen und entfernt die letzten Spuren in einem Wärmeschrank bei 105 °C ± 3 °C. Sodann wird die Probe im Wasser (50 ml/g Probemenge) durch Sieden mit Rückkühlung 30 Minuten lang extrahiert. Nach dem Filtrieren wird die Probe in den Kolben zurückgegeben und die Extraktion mit einem gleichen Volumen frischen Wassers wiederholt. Nach erneutem Filtrieren wird das überschüssige Wasser durch Ausdrücken, Absaugen oder Zentrifugieren aus der Probe entfernt, die man dann an der Luft trocknen lässt.

Anmerkung:

Toluol und Methanol sind giftig; deshalb sind bei ihrer Verwendung alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

5.   ANALYSENGANG

5.1.   Allgemeine Anweisungen

Hinsichtlich Entnahme, Trocknung und Wägung der Probe sind die im allgemeinen Teil gemachten Angaben zu befolgen.

5.2.   Ausführliche Anleitung

Zu der Probe von mindestens 1 g im Kjeldahl-Kolben werden der Reihe nach 2,5 g Kaliumsulfat, 0,1 bis 0,2 g Selendioxyd und 10 ml Schwefelsäure (d = 1,84) gegeben. Der Kolben wird zunächst schwach erhitzt, bis das ganze Fasermaterial zersetzt ist, sodann wird kräftiger erhitzt, bis die Lösung klar und nahezu farblos geworden ist. Die Erhitzung wird 15 Minuten lang fortgesetzt, dann lässt man den Kolben abkühlen, verdünnt den Inhalt vorsichtig mit 10 bis 20 ml Wasser, kühlt ab, überführt den Inhalt quantitativ in einen 200-ml-Maßkolben und füllt das Volumen mit Wasser auf, um die Analysenlösung herzustellen. In einen 100-ml-Erlenmeyerkolben werden etwa 20 ml Borsäurelösung gegeben; der Kolben wird unter dem Kondensator des Kjeldahl-Destilliergeräts so aufgestellt, dass das Ablaufrohr gerade unter den Spiegel der Borsäurelösung eintaucht. Es werden genau 10 ml Analysenlösung in den Destillierkolben überführt und mindestens 5 ml Natriumhydroxydlösung in den Trichter gegeben. Man hebt den Stopfen leicht an und lässt die Natriumhydroxydlösung langsam in den Kolben fließen. Wenn die Analysenlösung und die Natriumhydroxydlösung zwei getrennte Schichten bilden, so sind sie durch vorsichtiges Schütteln zu vermischen. Der Destillierkolben wird leicht erwärmt und gleichzeitig Dampf aus dem Dampferzeuger in ihn eingeführt. Es werden etwa 20 ml Destillat gesammelt und das Auffanggefäß so weit gesenkt, dass sich das Ende des Ablaufrohrs etwa 20 mm über dem Spiegel der Flüssigkeit befindet, danach wird eine Minute lang weiter destilliert. Das Ende des Ablaufrohrs wird mit Wasser ausgespült und das Reinigungswasser im Erlenmeyer aufgefangen. Der Erlenmeyer wird sodann entfernt und durch einen zweiten Erlenmeyer ersetzt, der etwa 10 ml Borsäurelösung enthält; darin werden etwa 10 ml Destillat aufgesammelt.

Die beiden Destillate werden getrennt mit 0,02-N-Schwefelsäure unter Verwendung der Indikatormischung titriert. Die Ergebnisse für die beiden Destillate werden notiert. Wenn das Bestimmungsergebnis des zweiten Destillats über 0,2 ml liegt, so ist die Bestimmung zu wiederholen; es muss also nochmals mit einem anderen aliquoten Teil der Analysenlösung destilliert werden.

Es wird ein Blindversuch durchgeführt, wobei die Zersetzung und Destillation lediglich unter Verwendung der Reagenzien erfolgt.

6.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

6.1.

Der prozentuale Anteil des Stickstoffs in der trockenen Probe wird folgendermaßen berechnet:

Formula

Dabei sind:

A

=

Prozentsatz Stickstoff im reinen Trockengewicht der Probe

V

=

Gesamtvolumen in ml der Standardschwefelsäure für die Bestimmung

b

=

Gesamtvolumen in ml der Standardschwefelsäure beim Blindversuch

N

=

tatsächlicher Titer der Standardschwefelsäure

W

=

Trockenmasse (g) der Testprobe.

6.2.

Bei Verwendung des Wertes 0,22 % für den Stickstoffgehalt der Jute bzw. 16,2 % für den Stickstoffgehalt der tierischen Fasern — beide Werte auf die Trockenmasse bezogen — berechnet sich die Zusammensetzung der Mischung nach folgender Formel:

Formula

Dabei ist:

PA %

=

Prozentsatz der tierischen Faser im reinen Trockengewicht der Probe.

7.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 13

POLYPROPYLEN UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Xylol-Verfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Polypropylen (37)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Acetat (19), Cupro (21), Modal (22), Triacetat (24), Viskose (25), Polyacryl (26), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Glasfasern (44), Elastomultiester (46) und Melamin (48).

2.   PRINZIP

Die Polypropylenfaser wird aus einer bekannten Menge der Trockenmasse durch Lösung mit kochendem Xylol abgetrennt. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Das Mengenverhältnis des Polypropylen wird aus der Gewichtsdifferenz berechnet.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen;

ii)

Rückflusskühler (geeignet für Flüssigkeiten mit erhöhtem Kochpunkt) mit zum Aufsetzen auf den Erlenmeyerkolben (i) angepasstem geschliffenem Übergangsteil.

3.2.   Reagenz

Xylol, Siedebereich zwischen 137 °C und 142 °C.

Anmerkung:

Dieses Reagenz ist sehr leicht entflammbar und entwickelt giftige Dämpfe. Beim Gebrauch sind entsprechende Schutzvorkehrungen zu treffen.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Zu der in den Erlenmeyerkolben (3.1.i)) eingegebenen Probe werden 100 ml Xylol (3.2) pro Gramm Probe hinzugegeben. Dann wird der Kühler (3.1.ii)) aufgesetzt und der Kolbeninhalt zum Kochen gebracht; Kochdauer 3 Minuten.

 

Die heiße Flüssigkeit wird danach sofort über den tarierten Glasfiltertiegel (siehe Anmerkung 1) dekantiert. Dieser Vorgang wird zweimal unter Verwendung von jeweils 50 ml frischem Lösungsmittel wiederholt.

 

Der im Kolben zurückgebliebene Rückstand wird nacheinander zweimal mit 30 ml kochendem Xylol, dann zweimal mit je 75 ml Petrolether (siehe I.3.2.1 Allgemeiner Teil) ausgewaschen. Nach dem zweiten Waschen mit Petrolether wird der Inhalt des Kolbens durch den Tiegel filtriert; die zurückgebliebenen Fasern werden mittels einer kleinen zusätzlichen Menge Petrolether in den Tiegel überführt. Dann lässt man das Lösungsmittel vollständig verdampfen. Den Tiegel und den Rückstand trocknen, abkühlen und wiegen.

Anmerkungen:

1.

Der Filtertiegel, über den das Xylol dekantiert wird, muss vorgewärmt werden.

2.

Nach den Verfahrensschritten mit dem kochenden Xylol darauf achten, dass der den Rückstand enthaltende Erlenmeyerkolben ausreichend abgekühlt wird, bevor der Petrolether dazugegeben wird.

3.

Um die Gefährdung der Laboranten durch die Entflammbarkeit und Giftigkeit möglichst niedrig zu halten, können Heißextraktionsapparaturen und geeignete Verfahren, die gleichartige Ergebnisse erbringen, angewendet werden (11).

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 14

POLYCHLORIDFASERN (AUF HOMOPOLYMERBASIS VON VINYLCHLORID) UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Verfahren mit konzentrierter Schwefelsäure)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Polychloridfasern (27) auf Homopolymerbasis von Vinylchlorid, auch nachchloriert, sowie Elastolefin (47)

mit

2.

Baumwolle (5), Acetat (19), Cupro (21), Modal (22), Triacetat (24), Viskose (25), bestimmten Polyacrylfasern (26) und Modacrylfasern (29), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (35), Elastomultiester (46) und Melamin (48).

Die betreffenden Modacrylfasern sind diejenigen, die bei Behandlung in konzentrierter Schwefelsäure (relative Dichte 1,84 bei 20 °C) eine klare Lösung ergeben.

Dieses Verfahren kann insbesondere anstelle der Methoden Nr. 8 und 9 angewendet werden.

2.   PRINZIP

Alle Bestandteile außer den Polychlorid- und Elastolefinfasern (d. h. die unter 1.2 genannten Fasern) werden aus einer bekannten Trockenmasse durch Auflösen in konzentrierter Schwefelsäure (relative Dichte 1,84 bei 20 °C) abgetrennt.

Der aus Polychloridfaser oder Elastolefin bestehende Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen; seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Das Mengenverhältnis der zweiten Bestandteile wird aus der Gewichtsdifferenz berechnet.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

Glasstab mit abgeflachtem Ende.

3.2.   Reagenzien

i)

Schwefelsäure (relative Dichte 1,84 bei 20 °C)

ii)

Schwefelsäure, wässrige Lösung etwa 50 % (m/m) Schwefelsäure.

Um dieses Reagenz herzustellen, werden vorsichtig und unter Kühlung 400 ml Schwefelsäure (relative Dichte 1,84 bei 20 °C) zu 500 ml destilliertem oder entionisiertem Wasser hinzugegeben. Wenn die Lösung auf Zimmertemperatur abgekühlt ist, wird mit Wasser auf 1 Liter angefüllt.

iii)

Ammoniak, verdünnte Lösung

60 ml einer konzentrierten Ammoniaklösung (relative Dichte 0,880 bei 20 °C) werden mit destilliertem Wasser zu 1 Liter Lösung verdünnt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

 

Zu der in den Erlenmeyerkolben (3.1.i) eingegebenen Probe werden 100 ml Schwefelsäure (3.2.i) pro Gramm Probe hinzugegeben.

 

10 Minuten lang bei Zimmertemperatur unter häufigerem Umrühren der Probenlösung mit dem Glasstab stehen lassen. Wenn es sich um ein Gewebe oder um gewirkte Ware handelt, so drückt man das Probestück leicht gegen die Kolbenwand, um auf diese Weise die durch die Schwefelsäure ausgelösten Bestandteile abzutrennen.

 

Die Flüssigkeit wird über einen gewogenen Glasfiltertiegel dekantiert. Dann werden erneut 100 ml Schwefelsäure (3.2. i) in den Kolben gegeben und der Vorgang wiederholt. Den Inhalt des Kolbens über dem Tiegel entleeren und hierbei den faserigen Rückstand mit dem Glasstab abtrennen. Erforderlichenfalls etwas konzentrierte Schwefelsäure (3.2. i) in den Kolben nachgeben, um die an den Wänden hängenbleibenden Faserreste zu entfernen. Den Tiegel durch Absaugen entleeren; das Filtrat des Kolbens völlig entfernen oder den Kolben auswechseln, dann den Rückstand im Tiegel nacheinander mit der 50 %igen Schwefelsäure (3.2. ii), destilliertem oder entionisiertem Wasser (I.3.2.3 Allgemeiner Teil) und der Ammoniaklösung (3.2. iii) und schließlich gründlich mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auswaschen, wobei der Tiegel durch Absaugen nach jeder Zugabe vollständig entleert wird (während des Waschvorgangs ist nicht abzusaugen, sondern erst, nachdem die Flüssigkeit durch ihr Eigengewicht abgelaufen ist.) Den Tiegel und den Rückstand trocknen, abkühlen und wiegen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, für Melamin 1,01.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

METHODE Nr. 15

POLYCHLORIDFASERN, BESTIMMTE MODACRYLE, BESTIMMTE ELASTHANE, ACETAT, TRIACETAT UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Cyclohexanonverfahren)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Acetat (19), Triacetat (24), Polychlorid (27), bestimmten Modacrylen (29), bestimmten Elasthanen (43)

mit

2.

Wolle (1), Tierhaaren (2 und 3), Seide (4), Baumwolle (5), Cupro (21), Modal (22), Viskose (25), Polyamid oder Nylon (30), Polyester (26), Glasfasern (44) und Melamin (48).

Sind Modacryl- oder Elasthanfasern vorhanden, so ist ein Vorversuch notwendig, um festzustellen, ob die Fasern in dem Reagenz vollständig löslich sind.

Zur Bestimmung von Gemischen mit Polychloridfasern sind auch die Methoden Nr. 9 oder Nr. 14 anwendbar.

2.   PRINZIP

Ausgehend von einer bekannten Trockenmasse des Gemischs werden Fasern von Acetat, Triacetat, Polychlorid, bestimmten Modacrylen und bestimmten Elasthanen mit Cyclohexanon bei annähernder Siedetemperatur aufgelöst. Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine - erforderlichenfalls berichtigte - Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der Anteil an Polychlorid-, Modacryl-, Elasthan-, Acetat- und Triacetatfasern in Prozent wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

Heißextraktionsgerät, mit dem nach dem in Abschnitt 4 beschriebenen Verfahren gearbeitet werden kann (siehe Abbildung, die eine Variante des in „Milliand Textilberichte“ 56 (1975), S. 643-645, beschriebenen Geräts darstellt)

ii)

Filtertiegel zur Aufnahme der Probe

iii)

poröse Scheidewand, Porosität 1

iv)

für den Destillationskolben geeigneter Rückflusskühler

v)

Heizgerät.

3.2.   Reagenzien

i)

Cyclohexanon, Siedepunkt 156 °C

ii)

Ethanol, verdünnt auf 50 Volumenprozent.

Anmerkung:

Cyclohexanon ist brennbar und toxisch. Beim Gebrauch sind entsprechende Schutzvorkehrungen zu treffen.

4.   ANALYSENGANG

Es ist nach den im allgemeinen Teil angegebenen Anweisungen zu arbeiten und dann folgendermaßen vorzugehen:

 

100 ml Cyclohexanon je Gramm Probe in den Destillationskolben geben, das Extraktionsgefäß ein- bzw. aufsetzen und den Filtertiegel mit der Probe einführen. Auf den Filtertiegel die leicht geneigte poröse Trennwand legen, danach den Rückflusskühler aufsetzen. Das Cyclohexanon bis zum Siedepunkt erwärmen, 60 Minuten bei einer Mindestgeschwindigkeit von etwa 12 Zyklen extrahieren.

 

Nach Extraktion und Abkühlung den Filtertiegel aus dem Extraktionsgefäß nehmen und die poröse Scheidewand entfernen. Den Inhalt des Filtertiegels 3- bis 4-mal mit auf etwa 60 °C erwärmtem 50 %igem Ethanol und anschließend mit 1 Liter Wasser bei 60 °C waschen.

 

Während und zwischen den Waschvorgängen zunächst keinen Unterdruck anwenden, sondern die Flüssigkeit normal ablaufen lassen und erst dann absaugen.

 

Zum Schluss wird der Tiegel mit dem Rückstand getrocknet, abgekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ beträgt 1,00, jedoch bei

Seide und Melamin 1,01,

Acryl 0,98.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 1, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

Image

METHODE Nr. 16

MELAMIN- UND BESTIMMTE ANDERE FASERN

(Verfahren mit heißer Ameisensäure)

1.   ANWENDUNGSBEREICH

Dieses Verfahren gilt nach Entfernung der nichtfaserigen Bestandteile für binäre Gemische von:

1.

Melamin 47

mit

2.

Baumwolle (5) und Aramid (31).

2.   PRINZIP

Das Melamin wird mittels erhitzter Ameisensäure (90 % Massenanteil) aus einer bekannten Trockenmasse herausgelöst.

Der Rückstand wird gesammelt, gewaschen, getrocknet und gewogen, seine – erforderlichenfalls berichtigte – Masse wird in Prozentsätzen der Trockenmasse der Mischung ausgedrückt. Der prozentuale Anteil der zweiten Bestandteile wird aus der Gewichtsdifferenz berechnet.

Anmerkung:

Der empfohlene Temperaturbereich ist unbedingt einzuhalten, weil die Löslichkeit von Melamin äußerst temperaturabhängig ist.

3.   GERÄTE UND REAGENZIEN (neben den im allgemeinen Teil genannten)

3.1.   Geräte

i)

200-ml-Erlenmeyerkolben mit Glasschliffstopfen

ii)

Wasserbadschüttler oder anderes Gerät zum Schütteln und zur Erwärmung des Kolbens auf konstante 90 °C ± 2 °C.

3.2.   Reagenzien

i)

Ameisensäure zu 90 Gewichtsprozent, relative Dichte bei 20 °C: 1,204 g/ml. 890 ml Ameisensäure zu 98 bis 100 Gewichtsprozent (relative Dichte bei 20 °C: 1,220 g/ml) werden mit Wasser auf 1 Liter aufgefüllt.

Heiße Ameisensäure ist äußerst korrosiv, bei ihrer Verwendung ist daher Vorsicht geboten.

ii)

Verdünntes Ammoniak: 80 ml konzentriertes Ammoniak (relative Dichte bei 20 °C: 0,880) werden mit Wasser auf 1 Liter aufgefüllt.

4.   ANALYSENGANG

Es ist der im allgemeinen Teil beschriebene Analysengang zu befolgen und folgendermaßen vorzugehen:

Die in einem 200-ml-Erlenmeyerkolben mit Schliffstopfen befindliche Probe wird mit 100 ml Ameisensäure je Gramm Probe versetzt. Der Kolben wird verschlossen und geschüttelt, um die Probe vollständig zu benetzen. Der Kolben wird so auf dem Schüttler befestigt, dass er in ein Wasserbad von 90 °C ± 2 °C taucht, wo er eine Stunde lang kräftig geschüttelt wird. Nach Abkühlung des Kolbens auf Raumtemperatur wird die Flüssigkeit über den tarierten Glasfiltertiegel dekantiert. Man gibt 50 ml Ameisensäure in den Kolben mit dem Rückstand, schüttelt von Hand und filtriert den Inhalt des Kolbens über den Glasfiltertiegel. Etwa zurückbleibende Fasern werden durch Auswaschen des Kolbens mit etwas Ameisensäurelösung in den Tiegel überführt. Den Tiegel durch Absaugen entleeren, dann den Rückstand mit Ameisensäurelösung, heißem Wasser, verdünntem Ammoniak und schließlich kaltem Wasser auswaschen, wobei der Tiegel nach jeder Flüssigkeitszugabe durch Absaugen vollständig entleert wird. Keinen Unterdruck anwenden, solange die Spülflüssigkeit nicht von selbst vollständig durchgelaufen ist. Zum Schluss wird der Tiegel durch Absaugen geleert, zusammen mit dem Rückstand getrocknet, gekühlt und gewogen.

5.   BERECHNUNG UND ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Ergebnisse werden nach dem im allgemeinen Teil angegebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Der Korrekturfaktor „d“ für Baumwolle und Aramid beträgt 1,02.

6.   GENAUIGKEIT DES VERFAHRENS

Bei homogenen Textilgemischen liegt das Konfidenzintervall der Ergebnisse dieses Verfahrens bei höchstens ± 2, wobei das Konfidenzniveau 95 % beträgt.

KAPITEL 3

Quantitative Analyse ternärer Fasergemische

EINLEITUNG

In der Regel beruht das Verfahren der quantitativen chemischen Analyse auf der selektiven Lösbarkeit der Einzelbestandteile. Für dieses Verfahren ergeben sich vier mögliche Varianten:

1.

Es wird mit zwei verschiedenen Analyseproben gearbeitet, wobei aus der ersten Probe ein Bestandteil (a) und aus der zweiten Probe ein weiterer Bestandteil (b) herausgelöst werden. Die unlöslichen Rückstände jeder Probe werden gewogen und aus dem Massenverlust wird der Prozentsatz jedes der beiden löslichen Bestandteile errechnet. Der Prozentsatz des dritten Bestandteils (c) wird durch Differenzbildung ermittelt.

2.

Es wird mit zwei verschiedenen Analyseproben gearbeitet, wobei aus der ersten Probe ein Bestandteil (a) und aus der zweiten Probe zwei Bestandteile (a und b) herausgelöst werden. Der unlösliche Rückstand der ersten Analyseprobe wird gewogen und aus dem Massenverlust wird der Prozentsatz des Bestandteils (a) errechnet. Der unlösliche Rückstand der zweiten Analyseprobe wird gewogen; er entspricht dem Bestandteil (c). Der Prozentsatz des dritten Bestandteils (b) wird durch Differenzbildung ermittelt.

3.

Es wird mit zwei verschiedenen Analyseproben gearbeitet, wobei aus der ersten Probe zwei Bestandteile (a und b) und aus der zweiten Probe zwei Bestandteile (b und c) herausgelöst werden. Die unlöslichen Rückstände entsprechen jeweils den beiden Bestandteilen (c) und (a). Der Prozentsatz des dritten Bestandteils (b) wird durch Differenzbildung ermittelt.

4.

Es wird mit nur einer Analyseprobe gearbeitet, wobei nach Entfernung eines der Bestandteile der von den beiden anderen Fasern gebildete, unlösliche Rückstand gewogen und aus dem Massenverlust der Prozentsatz des löslichen Bestandteils errechnet wird. Aus dem Rückstand wird eine der beiden Fasern herausgelöst, der unlösliche Bestandteil wird gewogen und der Prozentsatz des zweiten löslichen Bestandteils wird aus dem Massenverlust errechnet.

Besteht eine Wahlmöglichkeit, wird zur Verwendung einer der drei ersten Varianten geraten.

Der mit der Analyse beschäftigte Sachverständige muss jedoch darauf achten, dass bei der chemischen Analyse Methoden gewählt werden, die Lösungsmittel vorschreiben, die nur eine bestimmte Faser bzw. bestimmte Fasern auflösen, die andere bzw. anderen dagegen nicht auflösen.

Als Beispiele sind in Kapitel 3 Abschnitt VI in einer Tabelle eine Reihe von ternären Gemischen aufgeführt sowie Analysenmethoden für binäre Gemische, die grundsätzlich auch für die Analyse dieser ternären Gemische verwendet werden können.

Um die Fehleranfälligkeit zu minimieren, wird empfohlen, die chemische Analyse, soweit möglich, anhand von wenigstens zwei der vier oben beschriebenen Varianten vorzunehmen.

Die in der Mischung enthaltenen Fasern sind vor der Analyse zu identifizieren. Bei bestimmten chemischen Methoden kann der unlösliche Bestandteil von Gemischen teilweise in dem Reagenz aufgelöst werden, das zur Auflösung des löslichen Bestandteils bzw. der löslichen Bestandteile verwendet wird. Nach Möglichkeit wurden die Reagenzien so gewählt, dass sie nur einen geringen oder überhaupt keinen Einfluss auf die unlöslichen Fasern haben. Ist bei der Analyse mit einem Massenverlust zu rechnen, so müssen die Ergebnisse entsprechend korrigiert werden. Korrekturfaktoren hierfür sind angegeben. Diese wurden in mehreren Laboratorien dadurch bestimmt, dass durch Vorbehandlung gereinigte Fasern mit dem entsprechenden Reagenz unter Befolgung der Analysenmethode behandelt wurden. Sie gelten nur für normale Fasern. Weitere Korrekturfaktoren können erforderlich sein, wenn die Fasern vor oder während der Verarbeitung nicht intakt geblieben sind. Wenn die vierte Variante angewandt werden muss, bei der eine Textilfaser der aufeinanderfolgenden Einwirkung von zwei Lösungsmitteln ausgesetzt ist, so ist es notwendig, die etwaigen Massenverluste auf Grund dieser doppelten Behandlung durch Korrekturfaktoren zu berücksichtigen. Sowohl beim manuellen Trennungsverfahren als auch beim chemischen Trennungsverfahren müssen mindestens Doppelbestimmungen durchgeführt werden.

I.   Allgemeines über die Methoden der quantitativen chemischen Analyse von ternären Textilfasergemischen

Allgemeine Angaben zu den Verfahren der quantitativen chemischen Analyse von ternären Textilfasergemischen.

I.1.   Anwendungsbereich

Unter dem Anwendungsbereich wird bei jeder Analysenmethode für binäre Fasergemische aufgeführt, für welche Fasern sie anzuwenden ist. (Siehe Kapitel 2 betreffend bestimmte Methoden der quantitativen Analyse von binären Fasergemischen.)

I.2.   Prinzip

Nach Identifizierung der einzelnen Bestandteile der Fasergemische werden zunächst durch eine entsprechende Vorbehandlung die nichtfaserigen Bestandteile entfernt, sodann werden eine oder mehrere der in der Einleitung beschriebenen vier Varianten des Verfahrens der selektiven Auflösung angewendet. Vorzugsweise sind, sofern keine technischen Schwierigkeiten auftreten, die in größerer Menge vorhandenen Fasern aufzulösen, damit man die in geringster Menge vorhandene Faser als Endrückstand erhält.

I.3.   Geräte und Reagenzien

I.3.1.   Geräte

I.3.1.1.

Filtertiegel und Wägegläser zum Einsetzen von Tiegeln oder andere gleichwertige Geräte

I.3.1.2.

Absaugflasche

I.3.1.3.

Exsikkator mit gefärbtem Kieselgel als Feuchtigkeitsindikator

I.3.1.4.

Trockenofen mit Ventilator zur Trocknung der Analyseproben bei 105 °C ± 3 °C

I.3.1.5.

Analysenwaage, Empfindlichkeit 0,0002 g

I.3.1.6.

Extraktionsapparat Soxhlet oder gleichwertige Apparatur

I.3.2.   Reagenzien

I.3.2.1.

Petrolether, nachdestilliert, Siedebereich 40 °C bis 60 °C.

I.3.2.2.

Sonstige Reagenzien sind in den entsprechenden Teilen der Methode angegeben.

Alle Reagenzien müssen chemisch rein sein.

I.3.2.3.

Destilliertes oder entionisiertes Wasser

I.3.2.4.

Aceton

I.3.2.5.

Orthophosphorsäure

I.3.2.6.

Harnstoff

I.3.2.7.

Natriumbicarbonat

I.4.   Konditionierungs- und Analysenatmosphäre

Da die Trockenmasse bestimmt wird, ist weder eine Konditionierung der Probe noch eine Untersuchung in klimatisierter Atmosphäre erforderlich.

I.5.   Vorprobe

Es wird eine für die Laboratoriumsprobe repräsentative Vorprobe gewählt, die für sämtliche erforderlichen Analyseproben von jeweils mindestens 1 g ausreicht.

I.6.   Vorbehandlung der Vorprobe (12)

Ist einer der bei der Berechnung der Prozentsätze nicht zu berücksichtigenden Bestandteile vorhanden (siehe Artikel 17 dieser Verordnung), so ist dieser zunächst durch eine geeignete Methode zu entfernen, die jedoch keinen der Faserbestandteile angreifen darf.

Zu diesem Zweck werden die mit Hilfe von Petrolether und Wasser extrahierbaren nichtfaserigen Bestandteile entfernt, indem die luftgetrocknete Probe im Soxhlet-Apparat mit Petrolether während einer Stunde und mit mindestens sechs Umläufen pro Stunde behandelt wird. Anschließend wird der Petrolether der Probe verdampft; danach wird die Probe durch Direktbehandlung extrahiert, das heißt durch einstündiges Eintauchen in Wasser bei Zimmertemperatur mit darauf folgendem einstündigen Eintauchen in Wasser bei 65 °C ± 5 °C unter zeitweiligem Schütteln, Flottenverhältnis 1:100. Danach wird das überschüssige Wasser durch Ausquetschen, Absaugen oder Zentrifugieren entfernt, bis die Probe lufttrocken ist.

Bei Elastolefin oder Fasergemischen, die Elastolefin und andere Fasern enthalten (Wolle Tierhaare, Seide, Baumwolle, Flachs, Hanf, Jute, Manila, Alfa, Kokos, Ginster, Ramie, Sisal, Cupro, Modal, regenerierte Proteinfasern, Viskose, Polyacryl, Polyamid oder Nylon, Polyester, Elastomultiester), ist das oben beschriebene Verfahren dahingehend leicht abzuändern, dass Petrolether durch Aceton ersetzt wird.

Falls die nichtfaserigen Bestandteile nicht mit Hilfe von Petrolether und Wasser extrahiert werden können, so müssen sie anstatt mit Wasser, wie oben beschrieben, mit einem geeigneten Stoff entfernt werden, der keinen der Faserbestandteile wesentlich verändert. Bei einigen natürlichen Pflanzen-Rohfasern (wie zum Beispiel Jute-, Kokosfasern) ist zu beachten, dass durch die normale Vorbehandlung mit Petrolether und Wasser nicht alle natürlichen nichtfaserigen Bestandteile beseitigt werden. Trotzdem werden keine weiteren Vorbehandlungen vorgenommen, soweit die Probe keine in Petrolether und in Wasser unlöslichen Appreturen enthält.

In den Analysenberichten müssen die gewählten Vorbehandlungsmethoden eingehend geschildert werden.

I.7.   Analysengang

I.7.1.   Allgemeine Anweisungen

I.7.1.1.   Trocknung

Alle Trockenoperationen sind mindestens 4 Stunden, jedoch nicht mehr als 16 Stunden lang bei 105 °C ± 3 °C in einem belüfteten Ofen bei geschlossener Ofentür durchzuführen. Beträgt die Trocknungsdauer weniger als 14 Stunden, muss überprüft werden, ob eine konstante Masse erreicht wurde. Diese kann als erreicht gelten, wenn der Massenunterschied nach einer neuen Trocknung von 60 Minuten weniger als 0,05 % beträgt

Die Filtertiegel und Wägegläser sowie die Proben oder die Rückstände sollen während des Trocknungs-, Abkühlungs- und Wägevorgangs nicht mit bloßen Händen berührt werden.

Die Analyseproben werden in einem Wägeglas mit abgenommenem Stopfen getrocknet. Nach der Trocknung wird das Wägeglas vor Herausnahme aus dem Ofen geschlossen und so schnell wie möglich in den Exsikkator gebracht.

Der Filtertiegel, der mit seinem Deckel in einem Wägeglas untergebracht ist, wird im Ofen getrocknet. Nach der Trocknung wird das Wägeglas verschlossen und so schnell wie möglich in den Exsikkator gestellt.

Wird ein anderes Gerät als der Filtertiegel verwendet, so trocknet man im Trockenofen, um die Trockenmasse der Fasern ohne Verlust zu bestimmen.

I.7.1.2.   Kühlung

Alle Kühlvorgänge werden in dem neben der Waage aufgestellten Exsikkator ausreichend lange durchgeführt, um ein völliges Abkühlen der Wägegläser zu erreichen, wobei die Abkühldauer mindestens 2 Stunden beträgt.

I.7.1.3.   Wägung

Nach dem Abkühlen wird das Wägeglas innerhalb von zwei Minuten nach Herausnahme aus dem Exsikkator gewogen. Wägegenauigkeit 0,0002 g.

I.7.2.   Verfahren

Man entnimmt aus der vorbehandelten Vorprobe eine Analyseprobe von mindestens 1 g Masse. Das Garn und die Gewebe werden in Längen von etwa 10 mm ausgeschnitten und so weit wie möglich zerlegt (zerschnitten). Die Analyseprobe wird in einem Wägeglas getrocknet, im Exsikkator gekühlt und gewogen. Die Probe wird in ein Glasgefäß gegeben, das im entsprechenden Teil der Unionsmethode beschrieben ist, anschließend wird das Wägeglas sofort wieder gewogen und die Trockenmasse der Probe durch Differenzbildung ermittelt. Die Analyse wird gemäß den Angaben in dem entsprechenden Teil der Methode zu Ende geführt. Der Rückstand wird mikroskopisch geprüft, um festzustellen, ob durch die Behandlung die lösliche Faser völlig ausgesondert worden ist.

I.8.   Berechnung und Ergebnisdarstellung

Die Masse jedes Bestandteils wird als Prozentsatz der Gesamtmasse der im Gemisch enthaltenen Fasern ausgedrückt. Die Ergebnisberechnung erfolgt auf der Basis der Trockenmasse der reinen Fasern unter Anwendung a) der vereinbarten Zuschläge sowie b) von Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung der Verluste nichtfaseriger Bestandteile während Vorbehandlung und Analyse.

I.8.1.   Berechnung des prozentualen Massenanteils der reinen trockenen Fasern ohne Berücksichtigung des Massenverlusts der Fasern durch die Vorbehandlung

I.8.1.1.   VARIANTE 1

Formeln, die dann anzuwenden sind, wenn eine Komponente des Gemischs aus einer Probe und eine andere Komponente aus einer zweiten Probe herausgelöst werden:

Formula

Formula

Formula

 

P1 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils (in der ersten Probe mit dem ersten Reagenz aufgelöste Komponente),

 

P2 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils (in der zweiten Probe mit dem zweiten Reagenz aufgelöste Komponente),

 

P3 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils (in den beiden Proben nicht aufgelöste Komponente),

 

m1 ist die Trockenmasse der ersten Probe nach der Vorbehandlung,

 

m2 ist die Trockenmasse der zweiten Probe nach der Vorbehandlung,

 

r1 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten Komponente aus der ersten Probe mit dem ersten Reagenz,

 

r2 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der zweiten Komponente aus der zweiten Probe mit dem zweiten Reagenz,

 

d1 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das erste Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten zweiten Komponente, (13)

 

d2 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das erste Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten dritten Komponente,

 

d3 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das zweite Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten zweiten Komponente,

 

d4 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das zweite Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der zweiten Probe nicht aufgelösten dritten Komponente.

I.8.1.2.   VARIANTE 2

Formeln, die anzuwenden sind, wenn aus der ersten Probe eine Komponente (a) mit den beiden anderen Komponenten (b + c) als Rückstand und anschließend zwei Komponenten (a + b) mit der dritten Komponente (c) als Rückstand herausgelöst werden.

Formula

Formula

Formula

 

P1 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils (in der ersten Probe mit dem ersten Reagenz aufgelöste Komponente),

 

P2 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils (in der zweiten Probe mit dem zweiten Reagenz zusammen mit der ersten Komponente lösliche Komponente),

 

P3 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils (in den beiden Proben nicht aufgelöste Komponente),

 

m1 ist die Trockenmasse der ersten Probe nach der Vorbehandlung,

 

m2 ist die Trockenmasse der zweiten Probe nach der Vorbehandlung,

 

r1 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten Komponente aus der ersten Probe mit dem ersten Reagenz,

 

r2 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten und zweiten Komponente aus der zweiten Probe mit dem zweiten Reagenz,

 

d1 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das erste Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten zweiten Komponente,

 

d2 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das erste Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten dritten Komponente,

 

d4 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das zweite Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der zweiten Probe nicht aufgelösten dritten Komponente.

I.8.1.3.   VARIANTE 3

Formeln, die dann anzuwenden sind, wenn zwei Komponenten (a + b) einer Probe mit der dritten Komponente als Rückstand und anschließend zwei Komponenten (b + c) mit der ersten Komponente (a) als Rückstand herausgelöst werden:

Formula

Formula

Formula

 

P1 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils (mit dem Reagenz aufgelöste Komponente),

 

P2 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils (mit dem Reagenz aufgelöste Komponente),

 

P3 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils (in der zweiten Probe mit dem Reagenz aufgelöste Komponente),

 

m1 ist die Trockenmasse der ersten Probe nach der Vorbehandlung,

 

m2 ist die Trockenmasse der zweiten Probe nach der Vorbehandlung,

 

r1 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten und zweiten Komponente aus der ersten Probe mit dem ersten Reagenz,

 

r2 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der zweiten und dritten Komponente aus der zweiten Probe mit dem zweiten Reagenz,

 

d2 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das erste Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der ersten Probe nicht aufgelösten dritten Komponente,

 

d3 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des durch das zweite Reagenz bewirkten Massenverlustes der in der zweiten Probe nicht aufgelösten ersten Komponente,

I.8.1.4.   VARIANTE 4

Formeln, die anzuwenden sind, wenn nacheinander zwei Komponenten des Fasergemischs aus der gleichen Probe herausgelöst werden:

Formula

Formula

Formula

 

P1 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils (erste lösliche Komponente),

 

P2 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils (zweite lösliche Komponente),

 

P3 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils (unlösliche Komponente),

 

m ist die Trockenmasse der Probe nach der Vorbehandlung,

 

r1 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten Komponente mit dem ersten Reagenz,

 

r2 ist die Trockenmasse des Rückstands nach Beseitigung der ersten und zweiten Komponente mit dem ersten und zweiten Reagenz,

 

d1 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des Massenverlustes der zweiten Komponente im ersten Reagenz,

 

d2 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des Massenverlustes der dritten Komponente im ersten Reagenz;

 

d3 ist der Korrekturfaktor zur Berücksichtigung des Massenverlustes der dritten Komponente im ersten und zweiten Reagenz.

1.8.2.   Berechnung des Prozentsatzes jeder einzelnen Komponente nach Anwendung der vereinbarten Zuschläge und etwaiger Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung des Massenverlustes durch die Vorbehandlung

Ist:

Formula Formula Formula

dann ist:

Formula

Formula

Formula

 

P1A% ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils, einschließlich Feuchtigkeit und einschließlich Massenverlust durch die Vorbehandlung,

 

P2A% ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils, einschließlich Feuchtigkeit und einschließlich Massenverlust durch die Vorbehandlung,

 

P3A% ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils, einschließlich Feuchtigkeit und einschließlich Massenverlust durch die Vorbehandlung,

 

P1 ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils, wie er sich aus einer der Formeln unter I.8.1 ergibt,

 

P2 ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils, wie er sich aus einer der Formeln unter I.8.1 ergibt,

 

P3 ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils, wie er sich aus einer der Formeln unter I.8.1 ergibt,

 

a1 ist der vereinbarte Zuschlag für die erste Komponente,

 

a2 ist der vereinbarte Zuschlag für die zweite Komponente,

 

a3 ist der vereinbarte Zuschlag für die dritte Komponente,

 

b1 ist der prozentuale Massenverlust der ersten Komponente durch die Vorbehandlung,

 

b2 ist der prozentuale Massenverlust der zweiten Komponente durch die Vorbehandlung,

 

b3 ist der prozentuale Massenverlust der dritten Komponente durch die Vorbehandlung.

Bei Anwendung einer Spezialvorbehandlung müssen die Größen b1, b2 und b3 nach Möglichkeit dadurch bestimmt werden, dass alle reinen Faserbestandteile der bei der Analyse angewandten Vorbehandlung unterworfen werden. Als reine Fasern gelten die Fasern, die frei von allen nichtfaserhaltigen Stoffen sind, mit Ausnahme derjenigen Stoffe, die sie normalerweise (auf Grund ihrer Beschaffenheit oder des Herstellungsprozesses) in dem Zustand (roh, gebleicht) enthalten, in dem sie sich in der zu analysierenden Ware vorfinden.

Sind keine getrennten und reinen Faserbestandteile vorhanden, die zur Herstellung der zu analysierenden Ware gedient haben, so sind für b1, b2 und b3 Durchschnittswerte anzunehmen, die sich aus Prüfungen von ähnlichen wie in der untersuchten Mischung enthaltenen reinen Fasern ergeben.

Wird die normale Vorbehandlung durch Extraktion mit Petrolether und mit Wasser durchgeführt, so kann man im Allgemeinen auf die Korrekturfaktoren b1, b2 und b3 verzichten, außer im Fall von Rohbaumwolle, Rohflachs und Rohhanf, bei denen vereinbarungsgemäß ein durch die Vorbehandlung bedingter Verlust von 4 %, bei Polypropylen von 1 %, zugestanden wird.

Im Fall anderer Fasern bleibt der Verlust vereinbarungsgemäß für die Berechnung unberücksichtigt.

I.8.3.   Anmerkung

Berechnungsbeispiele finden sich in Kapitel 3 Nummer V.

II.   Verfahren der quantitativen Analyse von ternären Textilfasergemischen durch manuelle Trennung

II.1.   Anwendungsbereich

Die Methode lässt sich auf Fasermischungen beliebiger Beschaffenheit anwenden, vorausgesetzt, dass sie keine untrennbare Mischung darstellen und dass sie sich manuell trennen lassen.

II.2.   Prinzip

Nach Identifizierung der einzelnen Bestandteile der Fasergemische werden zunächst die nichtfaserhaltigen Bestandteile durch eine geeignete Vorbehandlung ausgesondert, anschließend die Fasern von Hand getrennt, getrocknet und zwecks Berechnung des Anteils der einzelnen Faserarten am Gemisch gewogen.

II.3.   Geräte

II.3.1.

Wägeglas bzw. andere Geräte, die gleichartige Ergebnisse liefern

II.3.2.

Exsikkator mit gefärbtem Kieselgel als Feuchtigkeitsindikator

II.3.3.

Trockenofen mit Ventilator zur Trocknung der Analyseproben bei 105 °C ± 3 °C

II.3.4.

Analysewaage, Empfindlichkeit 0,0002 g

II.3.5.

Extraktionsapparat Soxhlet oder gleichwertige Apparatur

II.3.6.

Nadel

II.3.7.

Garndrehungszähler oder gleichwertige Apparatur

II.4.   Reagenzien

II.4.1.

Petrolether, nachdestilliert, Siedebereich 40 °C bis 60 °C

II.4.2.

Destilliertes oder entionisiertes Wasser

II.5.   Konditionierungs- und Analysenatmosphäre

Vgl. Punkt I.4.

II.6.   Vorprobe

Vgl. Punkt I.5.

II.7.   Vorbehandlung der Vorprobe

Vgl. Punkt I.6.

II.8.   Analysengang

II.8.1.   Analyse von Garnen

Eine Analyseprobe von mindestens 1 g wird aus einer vorbehandelten Probe entnommen. Bei sehr feinen Garnen kann die Analyse ungeachtet der Masse auf einer Mindestlänge von 30 m durchgeführt werden.

Die Garne sind in Stücke von geeigneter Länge zu schneiden; aus diesen sind mit Hilfe einer Präpariernadel und, falls erforderlich, mit Hilfe des Garndrehungszählers die einzelnen Elemente herauszutrennen. Die auf diese Weise herausgetrennten Elemente werden dann in ein tariertes Wägeglas gegeben und bei 105 °C ± 3 °C getrocknet, bis eine konstante Masse gemäß Punkt I.7.1 und I.7.2 erreicht ist.

II.8.2.   Analyse eines Gewebes

Eine Analyseprobe von mindestens 1 g wird aus einer vorbehandelten Probe entnommen; die Analyseprobe wird so ausgeschnitten, dass sie außerhalb der Webkante liegt, exakt geschnittene Ränder ohne Kräuselung aufweist und parallel zu Schuss und Kette bzw. bei Gewirken gleichlaufend längs und quer zu den Maschenreihen geschnitten ist. Die einzelnen Elemente werden getrennt und in tarierten Wägegläsern gesammelt; dann wird wie unter Punkt II.8.1 vorgegangen.

II.9.   Berechnung und Ergebnisdarstellung

Die Masse jedes Bestandteils wird als Prozentsatz der Gesamtmasse der im Gemisch enthaltenen Fasern ausgedrückt. Die Berechnung erfolgt auf der Basis des Trockengewichts der reinen Fasern unter Anwendung a) der vereinbarten Zuschläge und b) der erforderlichen Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung der während der Vorbehandlung aufgetretenen Massenverluste.

II.9.1.

Berechnung des Prozentsatzes der reinen Trockenmasse ohne Berücksichtigung des Massenverlustes der Fasern durch die Vorbehandlung:

Formula

Formula

Formula

 

P1 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen ersten Faserbestandteils,

 

P2 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen zweiten Faserbestandteils,

 

P3 % ist der Prozentsatz des trockenen und reinen dritten Faserbestandteils,

 

m1 ist die reine Trockenmasse des ersten Faserbestandteils,

 

m2 ist die reine Trockenmasse des zweiten Faserbestandteils,

 

m3 ist die reine Trockenmasse des dritten Faserbestandteils.

II.9.2.

Berechnung des Prozentsatzes jeder einzelnen Komponente nach Anwendung der vereinbarten Zuschläge und etwaiger Korrekturfaktoren zur Berücksichtigung des Massenverlustes durch die Vorbehandlung: siehe Punkt I.8.2.

III.   Verfahren der quantitativen Analyse von ternären Textilfasergemischen mit kombinierter manueller und chemischer Trennung

Die Trennung muss, soweit möglich, manuell vorgenommen werden. Hierbei ist der Prozentsatz der getrennten Teile zu berücksichtigen, bevor von den einzelnen Teilen eine Analyse auf chemischem Wege vorgenommen wird.

IV.1.   Genauigkeit der Verfahren

Die für jedes Verfahren der Analyse binärer Gemische angegebene Genauigkeit bezieht sich auf die Reproduzierbarkeit (siehe Kapitel 2 betreffend bestimmte Methoden der quantitativen Analyse von binären Textilfasergemischen).

Die Reproduzierbarkeit ist der Zuverlässigkeitsgrad, d. h. der Grad der Übereinstimmung zwischen den Versuchsergebnissen, wenn bei diesen Versuchen in verschiedenen Laboratorien oder zu verschiedenen Zeitpunkten nach demselben Verfahren und an Proben aus demselben homogenen Prüfgut jeweils unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden.

Die Reproduzierbarkeit wird durch das Konfidenzintervall der Versuchsergebnisse bei einem Konfidenzniveau von 95 % ausgedrückt.

Dies besagt, dass die Abweichung zwischen zwei Ergebnissen einer in verschiedenen Laboratorien durchgeführten Analysenreihe bei richtiger und normaler Anwendung der Methode auf eine gleichartige homogene Mischung nur in fünf von hundert Fällen überschritten werden darf.

Um die Genauigkeit der Ergebnisse der Analyse eines ternären Fasergemischs zu bestimmen, sind in der Regel diejenigen Werte zugrunde zu legen, die bei den Methoden für binäre Fasergemische angegeben sind, welche für die Analyse des ternären Gemischs benutzt wurden.

Da für die vier Varianten der quantitativen chemischen Analyse von ternären Fasergemischen jeweils die Auflösung von zwei Komponenten vorgesehen ist (aus zwei verschiedenen Proben bei den ersten drei Varianten und aus derselben Probe bei der vierten Variante), berechnet sich, wenn man die Genauigkeit der zwei benutzten Methoden für binäre Gemische mit E1 und E2 bezeichnet, die Genauigkeit der Ergebnisse für jede Komponente nach folgender Tabelle:

Faserkomponente

Varianten

1

2 und 3

4.

a

E1

E1

E1

b

E2

E1+E2

E1+E2

c

E1+E2

E2

E1+E2

Bei Anwendung der vierten Variante kann sich auf Grund einer eventuellen, schwer bestimmbaren Wirkung des ersten Reagenz auf den aus den Komponenten b und c bestehenden Probenrückstand eine geringere Genauigkeit ergeben, als nach dem obigen Verfahren berechnet.

IV.2.   Analysenbericht

IV.1.

Angabe der zur Analyse verwendeten Varianten sowie der verwendeten Reagenzien, Methoden und der Korrekturfaktoren;

IV.2.

Detaillierte Angaben über etwaige Spezialvorbehandlungen (siehe Abschnitt I.6);

IV.3.

Angabe der Einzelergebnisse sowie des arithmetischen Mittels auf eine Dezimalstelle genau;

IV.4.

Nach Möglichkeit sollte die Genauigkeit der Methode für jede Komponente angegeben werden, berechnet nach der Tabelle in Abschnitt IV.1.

V.   Beispiele für die Berechnung der prozentualen Anteile der Komponenten bestimmter ternärer Gemische unter Benutzung unter Punkt 1.8.1 beschriebener Varianten

Gegeben sei der Fall eines Fasergemischs, dessen qualitative Analyse folgende Bestandteile ergeben hat: 1. Wolle (Streichgarn); 2. Polyamid; 3. Rohbaumwolle.

VARIANTE 1

Arbeitet man mit dieser Variante, d. h. mit zwei verschiedenen Analyseproben, wobei ein Bestandteil (a = Wolle) aus der ersten Probe und ein zweiter Bestandteil (b = Polyamid) aus der zweiten Probe herausgelöst wird, so erhält man folgende Ergebnisse:

1.

Trockenmasse der ersten Probe nach der Vorbehandlung (m1) = 1,6000 g

2.

Trockenmasse des Rückstands nach Behandlung mit alkalischem Natriumhypochlorit (Polyamid + Baumwolle) (r1) = 1,4166 g

3.

Trockenmasse der zweiten Probe nach der Vorbehandlung (m2) = 1,8000 g

4.

Trockenmasse des Rückstands nach Behandlung mit Ameisensäure (Wolle + Baumwolle) (r2) = 0,9000 g

Die Behandlung mit alkalischem Natriumhypochlorit verursacht keinerlei Massenverlust bei Polyamid, während die Rohbaumwolle 3 % verliert, so dass d1 = 1,0 und d2 = 1,03 ist.

Die Behandlung mit Ameisensäure verursacht keinerlei Massenverlust bei Wolle und Rohbaumwolle, so dass d3 und d4 = 1,0 ist.

Setzt man in der Formel unter Punkt 1.8.1.1 die durch chemische Analyse erzielten Werte und die Korrekturfaktoren ein, so erhält man:

 

P1 % (Wolle) = [1,03/1,0 – 1,03 × 1,4166/1,6000 + 0,9000/1,8000 × (1 – 1,03/1,0)] × 100 = 10,30

 

P2 % (Polyamid) = [1,0/1,0 – 1,0 × 0,9000/1,8000 + 1,4166/1,6000 × (1 – 1,0/1,0)] × 100 = 50,00

 

P3 % (Baumwolle) = 100 – (10,30 + 50,00) = 39,70

Die prozentualen Anteile der verschiedenen getrockneten und gereinigten Fasern des Gemischs sind folgende:

Wolle

10,30 %

Polyamid

50,00 %

Baumwolle

39,70 %

Diese Prozentsätze müssen nach den Formeln unter Punkt I.8.2 korrigiert werden, um auch die vereinbarten Zuschläge sowie die Korrekturfaktoren für die nach der Vorbehandlung etwa eingetretenen Massenverluste zu berücksichtigen.

Nach Anhang IX sind die vereinbarten Zuschläge folgende: Wolle (Streichgarn) 17,0 %, Polyamid 6,25 %, Baumwolle 8,5 %. Außerdem erfährt Rohbaumwolle einen Massenverlust von 4 % nach Vorbehandlung durch Petrolether und Wasser.

Man erhält infolgedessen:

 

P1A% (Wolle) = 10,30 × [1 + (17,0 + 0,0)/100]/[10,30 × (1 + (17,0 + 0,0)/100) + 50,00 × (1 + (6,25 + 0,0)/100) + 39,70 × (1 + (8,5 + 4,0/100)] × 100 = 10,97

 

P2A% (Polyamid) = 50,0 × (1 + (6,25 + 0,0)/100)/109,8385 × 100 = 48,37

 

P3A% (Baumwolle) = 100 – (10,97 + 48,37) = 40,66

Die Rohstoffzusammensetzung des Garns ist infolgedessen:

Polyamid

48,4 %

Baumwolle

40,6 %

Wolle

11,0 %

 

100,0 %

VARIANTE 4

Gegeben sei der Fall eines Fasergemischs, dessen qualitative Analyse folgende Bestandteile ergeben hat: Wolle (Streichgarn), Viskose, Rohbaumwolle.

Angenommen, dass unter Benutzung der Variante 4, d. h. durch aufeinanderfolgendes Auflösen zweier Bestandteile des Gemischs derselben Analyseprobe, folgende Ergebnisse erhalten wurden:

1.

Trockenmasse der Probe nach der Vorbehandlung (m1) = 1,6000 g

2.

Trockenmasse des Rückstands nach Behandlung mit alkalischem Natriumhypochlorit (Viskose + Baumwolle)

(r1) = 1,4166 g

3.

Trockenmasse des Rückstands nach der zweiten Behandlung des Rückstands r1 mit Ameisensäure/Zinkchlorid (Baumwolle)

(r2) = 0,6630 g

Die Behandlung mit alkalischem Natriumhypochlorit verursacht keinerlei Massenverlust bei Viskose, während die Rohbaumwolle 3 % verliert, so dass d1 = 1,0 und d2 = 1,03 ist.

Durch die Behandlung mit Ameisensäure/Zinkchlorid erhöht sich die Masse der Baumwolle um 4 %, so dass d3 = 1,03 × 0,96 = 0,9888 ≈ 0,99 (es wird daran erinnert, dass d3 der Korrekturfaktor ist, der den Verlust bzw. die Zunahme der Masse des dritten Bestandteils im ersten bzw. zweiten Reagenz berücksichtigt).

Setzt man in der Formel unter Punkt 1.8.1.4 die durch chemische Analyse erzielten Werte und die Korrekturfaktoren ein, so erhält man:

 

P2 % (Viskose) = 1,0 × 1,4166/1,6000 × 100 – 1,0/1,03 × 40,98 = 48,75 %

 

P3 % (Baumwolle) = 0,99 × 0,6630/1,6000 × 100 = 41,02 %

 

P1 % (Wolle) = 100 – (48,75 + 41,02) = 10,23 %

Wie bereits für Variante 1 angegeben, sind diese Prozentsätze nach den unter Punkt I.8.2 angegebenen Formeln zu korrigieren.

P1A % (Wolle) = 10,23 × [1 + (17,0 + 0,0/100)]/[10,23 × (1 + (17,00 + 0,0)/100) + 48,75 × (1 + (13 + 0,0/100) + 41,02 × (1 + (8,5 + 4,0)/100)] × 100 = 10,57 %

P2A % (Viskose) = 48,75 × [1 + (13 + 0,0)/100]/113,2041 × 100 = 48,65 %

P3A % (Baumwolle) = 100 – (10,57 + 48,65) = 40,78 %

Die Rohstoffzusammensetzung des Gemischs ist infolgedessen:

Viskose

48,6 %

Baumwolle

40,8 %

Wolle

10,6 %

 

100,0 %

VI.   Tabelle mit typischen ternären Fasergemischen, die mit Hilfe der Analysemethoden der Union für binäre Gemische analysiert werden können (als Beispiel)

Gemisch Nr.

Faserbestandteile

Varianten

Nr. der verwendeten Methode für binäre Gemische mit Angabe der Reagenzien

1. Bestandteil

2. Bestandteil

3. Bestandteil

1.

Wolle oder Tierhaare

Viskose, Cupro und bestimmte Modalarten

Baumwolle

1 und/oder 4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure)

2.

Wolle oder Tierhaare

Polyamid 6 oder 6-6

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

1 und/oder 4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

3.

Wolle, Tierhaare oder Seide

bestimmte Polychloridfasern

Viskose, Cupro, Modal oder Baumwolle

1 und/oder 4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5)

4.

Wolle oder Tierhaare

Polyamid 6 oder 6-6

Polyester, Polypropylen-, Polyacrylfasern oder Glasfasern

1 und/oder 4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

5.

Wolle, Tierhaare oder Seide

bestimmte Polychloridfasern

Polyester, Polyacrylfasern, Polyamide oder Glasfasern

1 und/oder 4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5)

6.

Seide

Wolle oder Tierhaare

Polyester

2

11 (75 %ige Schwefelsäure) und 2 (alkalisches Natriumhypochlorit)

7.

Polyamid 6 oder 6-6

Polyacrylfasern

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

1 und/oder 4

4 (80 %ige Ameisensäure) und 8 (Dimethylformamid)

8.

bestimmte Polychloridfasern

Polyamid 6 oder 6-6

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

1 und/oder 4

8 (Dimethylformamid) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

oder 9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

9.

Polyacrylfasern

Polyamid 6 oder 6-6

Polyester

1 und/oder 4

8 (Dimethylformamid) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

10.

Acetat

Polyamid 6 oder 6-6

Viskose, Baumwolle, Cupro oder Modal

4

1 (Aceton) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

11.

Bestimmte Polychloridfasern

Polyacrylfasern

Polyamid

2 und/oder 4

9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5) und 8 (Dimethylformamid)

12.

Bestimmte Polychloridfasern

Polyamid 6 oder 6-6

Polyacrylfasern

1 und/oder 4

9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

13.

Polyamid 6 oder 6-6

Viskose, Cupro, Modal oder Baumwolle

Polyester

4

4 (80 %ige Ameisensäure) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

14.

Acetat

Viskose, Cupro, Modal oder Baumwolle

Polyester

4

1 (Aceton) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

15.

Polyacrylfasern

Viskose, Cupro, Modal oder Baumwolle

Polyester

4

8 (Dimethylformamid) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

16.

Acetat

Wolle, Tierhaare oder Seide

Baumwolle, Viskose, Cupro, Modal, Polyamid, Polyester, Polyacrylfasern

4

1 (Aceton) und 2 (alkalisches Natriumhypochlorit)

17.

Triacetat

Wolle, Tierhaare oder Seide

Baumwolle, Viskose, Cupro, Modal, Polyamid, Polyester, Polyacrylfasern

4

6 (Dichlormethan) und 2 (alkalisches Natriumhypochlorit)

18.

Polyacrylfasern

Wolle, Tierhaare oder Seide

Polyester

1 und/oder 4

8 (Dimethylformamid) und 2 (alkalisches Natriumhypochlorit)

19.

Polyacrylfasern

Seide

Wolle oder Tierhaare

4

8 (Dimethylformamid) und 11 (75 %ige Schwefelsäure)

20.

Polyacrylfasern

Wolle, Tierhaare oder Seide

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

1 und/oder 4

8 (Dimethylformamid) und 2 (alkalisches Natriumhypochlorit)

21.

Wolle, Tierhaare oder Seide

Baumwolle, Viskose, Modal, Cupro

Polyester

4

2 (alkalisches Natriumhypochlorit) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

22.

Viskose, Cupro oder bestimmte Modalarten

Baumwolle

Polyester

2 und/oder 4

3 (Zinkchlorid/Ameisensäure) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

23.

Polyacrylfasern

Viskose, Cupro oder bestimmte Modalarten

Baumwolle

4

8 (Dimethylformamid) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure)

24.

Bestimmte Polychloridfasern

Viskose, Cupro oder bestimmte Modalarten

Baumwolle

1 und/oder 4

9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure) oder 8 (Dimethylformamid) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure)

25.

Acetat

Viskose, Cupro oder bestimmte Modalarten

Baumwolle

4

1 (Aceton) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure)

26.

Triacetat

Viskose, Cupro oder bestimmte Modalarten

Baumwolle

4

6. (Dichlormethan) und 3 (Zinkchlorid/Ameisensäure)

27.

Acetat

Seide

Wolle oder Tierhaare

4

1 (Aceton) und 11 (75 %ige Schwefelsäure)

28.

Triacetat

Seide

Wolle oder Tierhaare

4

6 (Dichlormethan) und 11 (75 %ige Schwefelsäure)

29.

Acetat

Polyacrylfasern

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

4

1 (Aceton ) und 8 (Dimethylformamid)

30.

Triacetat

Polyacrylfasern

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

4

6 (Dichlormethan) und 8 (Dimethylformamid)

31.

Triacetat

Polyamid 6 oder 6-6

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

4

6 (Dichlormethan) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

32.

Triacetat

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

Polyester

4

6 (Dichlormethan) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

33.

Acetat

Polyamid 6 oder 6-6

Polyester oder Polyacrylfasern

4

1 (Aceton) und 4 (80 %ige Ameisensäure)

34.

Acetat

Polyacrylfasern

Polyester

4

1 (Aceton) und 8 (Dimethylformamid)

35.

bestimmte Polychloridfasern

Baumwolle, Viskose, Cupro oder Modal

Polyester

4

8 (Dimethylformamid) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

oder 9 (Schwefelkohlenstoff/Aceton 55,5/44,5) und 7 (75 %ige Schwefelsäure)

36.

Baumwolle

Polyester

Elastolefin

2 und/oder 4

7 (75 %ige Schwefelsäure) und 14 (konzentrierte Schwefelsäure)

37.

bestimmte Modacrylfasern

Polyester

Melamin

2 und/oder 4

8 (Dimethylformamid) und 14 (konzentrierte Schwefelsäure)


(1)  Gegebenenfalls kann man direkt die Analyseproben vorbehandeln.

(2)  Für Enderzeugnisse und Konfektionsartikel siehe Punkt 7.

(3)  Siehe Punkt 1.

(4)  Statt mit einer Laboratoriumskrempel kann auch mit einem Fasermischer gearbeitet oder das Verfahren der „ausgekämmten Büschel“ (Hecheln des Doublierens, Teilens und anteiliges Verwerfen) angewendet werden.

(5)  Bei Verwendung in einer geeigneten Haspel können mehrere Hülsen gleichzeitig aufgewunden werden.

(6)  Methode Nr. 12 bildet eine Ausnahme. Sie geht von der Bestimmung eines wesentlichen Faktors eines der beiden Bestandteile aus.

(7)  Siehe Abschnitt 1.1.

(8)  Die Löslichkeit dieser Modacryl- oder Polychloridfasern im Reagenz ist vor der Analyse zu prüfen.

(9)  Die Löslichkeit der Polyvinylchloridfasern im Reagenz ist vor der Analyse zu prüfen.

(10)  Wildseiden, wie zum Beispiel Tussahseide, werden mit 75 %iger Schwefelsäure nicht vollständig herausgelöst.

(11)  Diesbezüglich sei auf die in „Melliand Textilberichte“ 56 (1975), S. 643-645, beschriebene Apparatur hingewiesen.

(12)  Siehe Kapitel 1.1.

(13)  Die Werte für d sind in Kapitel 2 dieses Anhangs betreffend die verschiedenen Analysenmethoden für binäre Gemische angegeben.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG IX

VEREINBARTE ZUSCHLÄGE, DIE ZUR BERECHNUNG DES GEWICHTS DER IN EINEM TEXTILERZEUGNIS ENTHALTENEN FASERN VERWENDET WERDEN MÜSSEN

(Artikel 17 Absatz 2)

Faser Nr.

Fasern

Prozent

1 - 2

Wolle und Tierhaare:

 

gekämmte Fasern

18,25

gekrempelte Fasern

17,00 (1)

3

Tierhaare:

 

gekämmte Fasern

18,25

gekrempelte Fasern

17,00 (1)

Schweif- und Mähnenhaare

 

gekämmte Fasern

16,00

gekrempelte Fasern

15,00

4

Seide

11,00

5

Baumwolle:

 

übliche Fasern

8,50

merzerisierte Fasern

10,50

6

Kapok

10,90

7

Flachs

12,00

8

Hanf

12,00

9

Jute

17,00

10

Manila

14,00

11

Alfa

14,00

12

Kokos

13,00

13

Ginster

14,00

14

Ramie (entfettete Fasern)

8,50

15

Sisal

14,00

16

Sunn

12,00

17

Henequen

14,00

18

Maguey

14,00

19

Acetat

9,00

20

Alginat

20,00

21

Cupro

13,00

22

Modal

13,00

23

Protein

17,00

24

Triacetat

7,00

25

Viskose

13,00

26

Polyacryl

2,00

27

Polychlorid

2,00

28

Fluorfaser

0,00

29

Modacryl

2,00

30

Polyamid oder Nylon:

 

Spinnfaser

6,25

Endlosfaser

5,75

31

Aramid

8,00

32

Polyimid

3,50

33

Lyocell

13,00

34

Polylactid

1,50

35

Polyester:

 

Spinnfaser

1,50

Endlosfaser

1,50

36

Polyethylen

1,50

37

Polypropylen

2,00

38

Polyharnstoff

2,00

39

Polyurethan:

 

Spinnfaser

3,50

Endlosfaser

3,00

40

Vinylal

5,00

41

Trivinyl

3,00

42

Elastodien

1,00

43

Elasthan

1,50

44

Glasfaser:

 

mit einem Durchmesser von über 5 μm

2,00

mit einem Durchmesser von 5 μm oder weniger

3,00

45

Metallfaser

2,00

metallisierte Faser

2,00

Asbest

2,00

Papiergarn

13,75

46

Elastomultiester

1,50

47

Elastolefin

1,50

48

Melamin

7,00


(1)  Der Zuschlag von 17,00 % wird auch angewendet, wenn es nicht möglich ist festzustellen, ob das Textilerzeugnis, das Wolle und/oder Tierhaare enthält, aus gekämmten oder gekrempelten Fasern besteht.

Dienstag, 18. Mai 2010
ANHANG X

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 2008/121/EG

Diese Verordnung

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 4 Absatz 1

Artikel a Absatz 2

Artikel 2 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b einleitender Satzteil

Artikel 3 Absatz 1 einleitender Satzteil

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer ii

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii

Artikel 2 Absatz 2 einleitender Satzteil

Artikel 2 Absatz 1 einleitender Satzteil

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und c

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 3

Artikel 5

Artikel 4

Artikel 7

Artikel 5 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 1 und Anhang III

Artikel 5 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 5 Absatz 3

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 9 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 4

Artikel 9 Absatz 4

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 18

Artikel 7

Artikel 10

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 12 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 13 Absätze 1 und 2

Artikel 8 Absatz 4

Artikel 13 Absatz 3

Artikel 8 Absatz 5

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 3

Artikel 15 und Anhang IV

Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 16 Absatz 2

Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 16 Absatz 3

Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 16 Absatz 4

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 11

Artikel 12 Absatz 2 Unterabsatz 4

Artikel 12

▐ Anhang VII

Artikel 13

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 2

Artikel 4 Absatz 2

Artikel 15 und 16

Artikel 23▐

Artikel 17

Artikel 19 und 20

Anhang I Nummern 1 bis 47

Anhang I Nummern 1 bis 47

Anhang II Nummern 1 bis 47

Anhang IX Nummern 1 bis 47

Anhang III

Anhang V

Anhang III Nummer 36

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe h

Anhang IV

Anhang VI


Richtlinie 96/73/EG

Diese Verordnung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2

Anhang VIII Kapitel 1 Abschnitt I Nummer 2

Artikel 3

Artikel 17 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 4

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 5 Absatz 1

Artikel 5 Absatz 2

Artikel 23

Artikel 6

Artikel 7

Artikel 8

Artikel 9

Anhang I

Anhang VIII Kapitel 1 Abschnitt I

Anhang II Teil 1 Einleitung

Anhang VIII Kapitel 1 Abschnitt II

Anhang II Teil 1 Abschnitte I, II und III

Anhang VIII Kapitel 2 Abschnitte I, II und III

Anhang II Teil 2

Anhang VIII Kapitel 2 Abschnitt IV


Richtlinie 73/44/EWG

Diese Verordnung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2

Anhang VIII Kapitel 1 Abschnitt I

Artikel 3

Artikel 17 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 4

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 5

Artikel 23▐

Artikel 6

Artikel 7

Anhang I

Anhang VIII Kapitel 3 Einleitung und Abschnitte I bis IV

Anhang II

Anhang VIII Kapitel 3 Abschnitt V

Anhang III

Anhang VIII Kapitel 3 Abschnitt VI


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/256


Dienstag, 18. Mai 2010
Makrofinanzhilfe für die Ukraine ***I

P7_TA(2010)0169

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Ukraine (KOM(2009)0580 – C7-0277/2009 – 2009/0162(COD))

2011/C 161 E/31

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0580),

gestützt auf Artikel 308 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0101/2009),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665) und des Addendums zu dieser Mitteilung (KOM(2010)0147),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 212 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 17. Mai 2010 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0058/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


Dienstag, 18. Mai 2010
P7_TC1-COD(2009)0162

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses Nr. …/2010/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Ukraine

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss Nr. 388/2010/EU.)


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/257


Dienstag, 18. Mai 2010
Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006) ***I

P7_TA(2010)0170

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (KOM(2009)0510 – C7-0255/2009 – 2009/0138(COD))

2011/C 161 E/32

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0510),

gestützt auf die Artikel 36 und 37 sowie Artikel 299 Absatz 2 des EG-Vertrags, gemäß denen es vom Rat konsultiert wurde (C7-0255/2009),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3, Artikel 42, Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 17. März 2010 (1),

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0054/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, diesen Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


Dienstag, 18. Mai 2010
P7_TC1-COD(2009)0138

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 18. Mai 2010 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. …/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 247/2006 des Rates über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) Nr. 641/2010.)


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/258


Dienstag, 18. Mai 2010
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2011 - Einzelplan I - Parlament

P7_TA(2010)0171

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Mai 2010 zu dem Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2011 (2010/2005(BUD))

2011/C 161 E/33

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (1), insbesondere auf Artikel 31,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2010 zu den Leitlinien für das Haushaltsverfahren 2011 – Einzelpläne I, II, IV, V, VI, VII, VIII und IX (3),

in Kenntnis des Berichts des Generalsekretärs an das Präsidium über die Aufstellung des Vorentwurfs des Haushaltsvoranschlags des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2011,

unter Hinweis auf den Vorentwurf des Haushaltsvoranschlags, der am 19. April 2010 gemäß Artikel 23 Absatz 6 und Artikel 79 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments vom Präsidium aufgestellt wurde,

unter Hinweis auf den Entwurf des Haushaltsvoranschlags, der gemäß Artikel 79 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Parlaments vom Haushaltsausschuss aufgestellt wurde,

gestützt auf Artikel 79 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0134/2010),

A.

in der Erwägung, dass das Parlament bei der Erfüllung seiner vertraglich festgelegten Aufgaben bestrebt ist, von seinen Vorrechten Gebrauch zu machen und sie voll auszuschöpfen; in der Erwägung, dass dies die Stärkung einer Reihe von prioritären Bereichen erforderlich machen wird, während gleichzeitig ein überzeugenderer Ansatz bei der Verwendung der verfügbaren Mittel erforderlich ist,

B.

in der Erwägung, dass die Haushaltssituation bei der Rubrik 5 (Verwaltungsausgaben) für 2011 diesbezüglich mehr als je zuvor einen vorsichtigen und disziplinierten Ansatz beim Haushaltsplan des Parlaments rechtfertigt, um die politischen Zielvorgaben und ihre Finanzierung in Einklang zu bringen,

C.

in der Erwägung, dass vor zwei Jahren ein Pilotvorhaben zur Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen dem Präsidium und dem Haushaltsausschuss eingeleitet wurde und dieses Vorhaben auch für das Haushaltsverfahren 2011 weitergeführt wurde,

D.

in der Erwägung, dass die Vorrechte des Plenums bezüglich der Annahme des Haushaltsvoranschlags und des endgültigen Haushaltsplans im Einklang mit den Vertragsbestimmungen und der Geschäftsordnung umfassend gewahrt werden,

E.

in der Erwägung, dass am 24. März 2010 und am 13. April 2010 zwei Vorkonzertierungssitzungen von Delegationen des Präsidiums und des Haushaltsausschusses stattgefunden haben, in denen von den beiden Delegationen eine Reihe von Schlüsselfragen erörtert wurde,

Allgemeiner Rahmen und Haushaltsplan generell

1.

stellt fest, dass sich das vom Präsidium empfohlene Volumen des Haushaltsplans 2011 auf einen Betrag von 1 710 547 354 EUR beläuft, was 20,32 % der Rubrik 5 des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) entspricht; stellt fest, dass die empfohlene Steigerungsrate gegenüber dem Haushaltsplan 2010 5,8 % ausmacht, einschließlich des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans (EBH) Nr. 1/2010;

2.

ist sich zwar uneingeschränkt der künftigen Herausforderungen bewusst, vertritt jedoch die Auffassung, dass in diesem Voranschlag die Steigerungsrate und das endgültige Volumen des Haushaltsplans angepasst werden müssen; beschließt, dass sich die Gesamthöhe des Haushaltsplans in dieser Phase auf 1 706 547 354 EUR belaufen soll, was einer Steigerungsrate von 5,5 % entspricht und einen prozentualen Anteil von 20,28 % an Rubrik 5 ausmacht; ist ferner bestrebt, mehrere Punkte zu klären und die vorgeschlagenen Maßnahmen weiter zu prüfen sowie Einsparungen zu ermitteln, ehe es den endgültigen Haushaltsplan im Herbst 2010 aufstellt;

3.

verweist auf seinen Standpunkt, dass seine Ausgaben auf der Grundlage der ursprünglichen MFR-Referenzbeträge, die 2006 ausgehandelt wurden und seit 2007 in Kraft sind, um den traditionellen Grenzwert in Höhe von 20 % herum festgelegt werden sollten, wobei die Erfordernisse der anderen Organe und die verfügbare Marge zu berücksichtigen sind; nimmt in dieser Hinsicht die Forderungen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen nach über 10 Millionen EUR allein für das Jahr 2010 zur Kenntnis; bekräftigt, dass auch der Europäische Auswärtige Dienst eine Auswirkung auf Rubrik 5 haben kann; bestätigt seine Auffassung, dass das Präsidium und der Haushaltsausschuss zusammenarbeiten müssen, um diese Begrenzung einer Neubewertung zu unterziehen, ehe ein interinstitutioneller Dialog über das Thema eingeleitet wird; regt an, dass zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die ihre Arbeit vor Ende Juli 2010 aufnehmen sollte;

4.

wünscht eine Klärung bei der mittelfristigen Finanzplanung für Rubrik 5 und den geplanten Margen in Höhe von 109 Millionen EUR für 2011, 102 Millionen EUR für 2012 und 157 Millionen EUR für 2013; ist der Auffassung, dass es nützlich wäre, Informationen über die Arbeitshypothesen des Parlaments für den sechsten Bericht der Generalsekretäre (Oktober 2009) im Hinblick auf Haushaltsmittel und Stellen im Vergleich zu dem jetzt vorliegenden Voranschlag zu erhalten; möchte klären, welche wichtigen (potenziellen) Vorhaben und Entwicklungen beim Personalbestand bereits in dieser Planung für die nächsten zwei bis drei Jahre enthalten sind; unterstreicht gleichzeitig, dass es sich bei der Finanzplanung nur um ein nichtverbindliches indikatives Planungsinstrument handelt und dass die Haushaltsbehörde die endgültigen Beschlüsse fasst;

5.

lehnt die wichtigsten Argumente im Zusammenhang mit der Empfehlung, einen Anteil von 1 % des Haushaltsplans als sinnvolle Rückstellung für unvorhergesehene Ausgaben bereitzuhalten, zwar nicht ab, unterstützt allerdings unter Berücksichtigung der sehr angespannten Situation in Rubrik 5 den Vorschlag des Präsidiums, diese Reserve auf einen Betrag von 14 Millionen EUR festzulegen;

6.

geht davon aus, dass in Verbindung mit der vor dem Gerichtshof anhängigen Rechtssache betreffend die Gehälter die „Auswirkungen“ insgesamt für das Parlament im Jahre 2011, die sich im Falle eines Urteils zugunsten der Kommission auf etwa 12 Millionen EUR belaufen könnten, als vorläufig eingesetzte Mittel in verschiedenen Haushaltslinien im Vorschlag enthalten sind;

7.

verweist auf seine früheren Forderungen, dass ein umfassender Vorschlag für den Haushaltsplan in der Phase des Voranschlags im Frühjahr vorgelegt werden sollte, und würde folglich erwarten, dass später im so genannten „Berichtigungsschreiben“ im Herbst nur geringfügige bzw. technische Änderungen vorgenommen werden;

8.

bekräftigt die Bedeutung, die es einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Präsidium und dem Haushaltsausschuss bei der gemeinsamen Klärung der haushaltsspezifischen Konsequenzen von zu fassenden Beschlüssen beimisst; unterstreicht ebenfalls, dass innerhalb eines jeden Beschlussfassungsorgans der Einsatz von Finanzbögen, die den Mitgliedern eine klare Darstellung aller haushaltsspezifischen Konsequenzen vermitteln, von ausschlaggebender Bedeutung ist;

Spezifische Themen

Fragen in Verbindung mit dem Vertrag von Lissabon

9.

begrüßt und billigt die Finanzierung der Empfehlungen des Präsidiums in Bezug auf diese Maßnahmen, d. h. die Schaffung einer spezifischen Reserve für die 18 Mitglieder in Höhe von 9,4 Millionen EUR;

10.

kann der Schwerpunktsetzung des Präsidiums auf die Stärkung des Sachverstands zwecks Leistung eines Beitrags zur Zielvorgabe der legislativen Exzellenz zustimmen;

11.

unterstützt in dieser Hinsicht den Vorschlag, einen geeigneten Mix von internem und externem Sachverstand für die Fachabteilungen entsprechend der Art der für die spezifischen Dossiers, die zur Prüfung anstehen, erforderlichen Informationen zu finden, würde jedoch weitere Erklärungen dazu wünschen, ob und wie die vorgeschlagene Aufstockung des Personalbestands flexibel genutzt werden könnte, und wünscht, mehr Informationen über die Ausführungsraten der Vergangenheit und die Nachfrage der Ausschüsse nach solchem Sachverstand zu erhalten;

12.

begrüßt den Umstand, dass das Präsidium Bedenken über das Verhältnis zwischen AD- und AST-Stellen berücksichtigt hat, was zu einem Rückgang um 3 AST-Stellen im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag geführt hat; genehmigt die Mittel für die Schaffung von 19 AD 5-Stellen und 13 AST 1-Stellen für die Fachabteilungen entsprechend der Anregung des Präsidiums;

13.

bekräftigt die Notwendigkeit einer Verstärkung der externen Studien und begrüßt die zwischen dem Präsidium und dem Haushaltsausschuss getroffene Vereinbarung, den zusätzlichen Betrag auf 1,7 Millionen EUR festzulegen;

14.

nimmt den Vorschlag, den Personalbestand der Bibliothek um 28 Stellen aufzustocken, von denen 13 für den Informationsdienst für die Mitglieder bestimmt sind (vorher Vertragsbedienstete), zur Kenntnis; kann der Finanzierung und der Einbeziehung dieser 13 Stellen in seinen Stellenplan zustimmen, sofern eine Zusage gegeben wird, dass sie im Anschluss an offene Auswahlverfahren besetzt werden und dass außerdem eine entsprechende Einsparung beim Finanzrahmen für Verträge vorgenommen wird; ist der Auffassung, dass eine weitere Stärkung der bestehenden Informationsdienste im Hinblick auf Mittel und Personalausstattung Hand in Hand mit der Entwicklung eines benutzerfreundlichen Systems gehen sollte, das den Mitgliedern den leichten Zugang zu allen im Hause erstellten Informationen ermöglichen würde; beschließt, die Mittel für die 15 zusätzlichen Stellen in den Voranschlag aufzunehmen, stellt jedoch die Hälfte dieses Betrags in die Reserve ein, bis

weitere Begründungen dazu vorliegen, wie diese Stellen genutzt würden, um die Bereitstellung von Sachverstand für die Mitglieder zu verbessern;

konkrete Informationen über die Schritte vorliegen, die das Präsidium und die Verwaltung ergriffen haben, um ein internes System des Wissensmanagements zu schaffen, einschließlich des für seine Umsetzung ins Auge gefassten Zeitplans und etwaiger Einsparungen aufgrund der Rationalisierung der Informationsquellen;

15.

vertritt die Auffassung, dass Sensibilität und Sichtbarkeit für die beiden vorstehend genannten indirekten Unterstützungsdienste, auch über die Webseiten des Parlaments, zum Nutzen der Mitglieder gewährleistet werden sollten;

16.

verweist auf seine Entschließung zu den Leitlinien, in der bereits eine Bewertung gefordert wurde, einschließlich eines detaillierten Finanzbogens zu den Kosten insgesamt, die sich aus der vorgeschlagenen Anhebung der Zulage für parlamentarische Assistenz ergeben würden; beschließt deshalb, die entsprechenden Mittel in die Reserve einzustellen;

Erweiterung

17.

begrüßt die Vorkehrungen für die Erweiterung um Kroatien und billigt die entsprechenden Mittel und Maßnahmen betreffend den Stellenplan;

Stellenplan allgemein

18.

stellt fest, dass abgesehen von den Anträgen auf 68 Stellen in Verbindung mit Lissabon und 62 Stellen in Verbindung mit der Erweiterung (einschließlich von 11 Stellen für die Fraktionen) 17 Stellen beantragt werden, um das zweite Jahr des Dreijahresplanes für die GD INLO zu vollenden, der während des Verfahrens 2010 vereinbart wurde, und 30 Stellen für andere Bereiche, die nicht abgedeckt werden konnten, selbst nachdem 20 Umschichtungen für 2011 als möglich ermittelt wurden, sodass sich die Gesamtzahl der neuen Stellen auf 180 beläuft; fordert mehr detaillierte Informationen über die Stellen, die ab Beginn der Wahlperiode Gegenstand von Umschichtungen oder Übertragungen gewesen sind, einschließlich der Prognosen zu den Umschichtungen und Übertragungen für 2010 und nach Möglichkeit für 2011; beschließt, die Mittel für die Schaffung dieser Stellen in den Haushaltsvoranschlag einzusetzen, stellt jedoch den Betrag in Verbindung mit der Schaffung von 30 Stellen für „andere Bereiche“ in die Reserve ein, bis die angeforderten Informationen analysiert worden sind;

19.

stellt fest, dass der Vorschlag des Präsidiums jetzt auch 1 AD 5- und 1 AST 1-Stelle für die Parlamentarische Versammlung Europa-Mittelmeer beinhaltet sowie 3 AD 5-Stellen und 1 AST 1-Stelle für das Risikomanagement, den geplanten zusätzlichen Betrag von 3 Millionen EUR für die GD ITEC jedoch nicht mehr umfasst;

20.

stellt ferner fest, dass das Präsidium weitere 56 Stellen für die Fraktionen vorgesehen hat;

21.

billigt die Maßnahmen für 2011 und die für das zweite Jahr des im vergangenen Jahr vereinbarten Dreijahresprogramms der GD INLO vorgeschlagenen Stellen;

22.

wünscht, mehr Informationen über die Zuweisung der Mittel für Vertragsbedienstete und eine Übersicht über die Nettokosten bzw. Nettoeinsparungen für den Finanzrahmen für die Vertragsbediensteten zu erhalten, die sich aus genehmigten Aufstockungen seines Stellenplans ergeben, insbesondere in Bezug auf die Internalisierung bestimmter Aufgaben in den Bereichen Sicherheit, IKT und Bibliothek;

Gebäude

23.

unterstreicht, dass eine vernünftige Gebäudepolitik eng mit dem Verfahren 2011 verknüpft ist und auch mit der allgemeinen Frage eines nachhaltigen Haushaltsplans;

24.

begrüßt, dass das Präsidium mit seinem Beschluss vom 24. März 2010 der Forderung des Europäischen Parlaments nach einer mittel- bis langfristigen Immobilien- und Gebäudepolitik nachgekommen ist; bekundet erste Bedenken darüber, ob es praktisch möglich ist, parallel alle laufenden und geplanten Gebäudeoperationen zu verfolgen, die sich aus der mittel- bis langfristigen Immobilienstrategie ergeben könnten; ist sich nicht darüber im Klaren, wie sich die Vielfalt von Vorhaben in den MFR eingliedern lässt, und fordert die nötigen Klarstellungen;

25.

nimmt diesbezüglich den Vorschlag des Präsidiums zur Kenntnis, 85,9 Millionen EUR an zweckgebundenen Einnahmen (die im Rahmen der Gebäudepolitik des Parlaments zu verwenden sind) für die Büros der Mitglieder in Brüssel zu nutzen; verweist darauf, dass jedwedes Immobilienvorhaben, das aller Voraussicht nach beträchtliche finanzielle Auswirkungen auf den Haushaltsplan haben wird, Gegenstand einer Konsultation der Haushaltsbehörde gemäß Artikel 179 Absatz 3 der Haushaltsordnung ist; verweist ferner darauf, dass in der Haushaltsordnung im Hinblick auf Mittelübertragungen vorgesehen ist, dass übertragene zweckgebundene Einnahmen zuerst verwendet werden müssen; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass das Parlament durch die Erstattung des belgischen Staats in Höhe von 85,9 Millionen EUR in die Lage versetzt wird, neue Immobilienprojekte vorzuziehen und somit einen Teil seiner mittelfristigen Immobilienstrategie schneller umzusetzen;

26.

kann sich nicht damit einverstanden erklären, diese zweckgebundenen Einnahmen für dieses besondere Bauvorhaben zu reservieren;

27.

fordert, dass zukünftig die für die mittelfristige Immobilienplanung erforderlichen Mittel in den Haushaltsplan eingestellt werden; fordert ferner, dass für große Immobilienprojekte eine getrennte Haushaltslinie geschaffen wird, um die mittelfristige Finanzplanung für Gebäudeprojekte zu erleichtern und die Transparenz zu steigern;

28.

stellt fest, dass im Vorschlag des Präsidiums Vorkehrungen für eine direkte Vorfinanzierung der Anfangsphase der Errichtung des neuen KAD-Gebäudes im Umfang von 10,2 Millionen EUR unter der Haushaltslinie für Erbpachtzahlungen getroffen worden sind; erkennt an, dass eine derartige freiwillige Vorfinanzierung dabei helfen würde, die Finanzierungskosten zu senken, beschließt jedoch unter Berücksichtigung der extrem angespannten Lage für 2011, einen niedrigeren Betrag von 6,2 Millionen EUR für diesen Zweck in den Voranschlag einzusetzen; ist bereit, diesen Betrag im Herbst 2010 auf der Grundlage einer Aktualisierung der Haushaltssituation und der Entwicklungen bei der Gebäudepolitik des Parlaments neu zu bewerten;

Sicherheit

29.

misst der vom Präsidium angekündigten eingehenden Überprüfung der Sicherheitspolitik große Bedeutung bei und verweist in dieser Hinsicht auf sein Eintreten für einen umsichtigen Einsatz der Mittel und insbesondere einen kostenwirksamen Ausgleich zwischen internen und externen Bediensteten; fordert das Präsidium auf, die operationellen und finanziellen Auswirkungen einer neuen Strategie sorgfältig zu prüfen und darauf abzuzielen, bei den zu formulierenden Vorschlägen eine gute Ausgewogenheit zwischen Sicherheitsbelangen auf der einen Seite und Zugänglichkeit und Offenheit auf der anderen Seite herzustellen; unterstreicht, dass das Parlament so weit wie möglich eine offene und zugängliche Institution bleiben sollte; wünscht aus diesem Grund von der Verwaltung mehr Informationen über das sogenannte „Wiertz-Projekt“, um dessen Auswirkungen auf die Zugänglichkeit des Parlaments für die Öffentlichkeit zu bewerten;

IKT-Strategie

30.

begrüßt den stärker strukturierten Ansatz bei der IKT und die Ausarbeitung einer umfassenden Strategie auf diesem Gebiet; bekräftigt ferner seine Unterstützung für eine ausreichende Internalisierung von Aufgaben zur Verringerung der Abhängigkeit von externen Anbietern; stellt jedoch fest, dass neue Stellen bereits drei Jahre hintereinander bewilligt wurden; ist deshalb der Auffassung, dass es sich hier um einen Punkt handelt, der geklärt werden muss;

31.

stellt fest, dass ein Betrag von 5 Millionen EUR für ein Projekt zur Verbesserung der IT-Mobilität der Mitglieder und insbesondere zur Abdeckung der Mobilkommunikation bestimmt ist; möchte angesichts des relativ hohen Betrages zusätzliche Informationen hierzu erhalten;

Fragen des Umweltschutzes

32.

begrüßt den bescheidenen Anstieg bei den Mitteln zur Umsetzung des Projekts EMAS und zur Durchführung der Maßnahmen zur CO2-Verringerung, der über den gesamten Haushaltsplan verteilt ist, und unterstreicht noch einmal die Bedeutung, die es diesem Punkt beimisst;

33.

nimmt die Entwicklung von diesbezüglichen Leistungsindikatoren mit Schlüsselfunktion seit 2006 zur Kenntnis, wie sie in der Bewertung des Umweltmanagements für das Jahr 2008 enthalten sind, insbesondere eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 12,9 %, ein Rückgang des Elektrizitätsverbrauchs um 0,8 %, eine Zunahme des Gas-/Öl-/Heizwärmeverbrauchs um 7,4 % im Jahre 2008 nach einem Rückgang um 17,5 % im Jahre 2007, eine Zunahme der auf die Mobilität/den Verkehr zurückzuführenden Emissionen um 8,8 %, eine Zunahme des Prozentsatzes von dem Recycling zugeführten Abfällen von 49,8 % im Jahre 2006 auf 55,4 % im Jahre 2008, ein Anstieg des Wasserverbrauchs um 18,1 % und ein Rückgang des Papierverbrauchs um 16,9 %;

34.

begrüßt den dem Haushaltsplan beigefügten Anhang zum Umweltmanagement, der eine gute technische Übersicht über die betreffenden Haushaltsposten liefert; würde begrüßen, wenn in diesem Zusammenhang und in demselben Anhang in die jährlichen EMAS-Berichte mehr Informationen über den differenzierten CO2-Ausstoß der Gebäude des Parlaments in Straßburg, Brüssel und Luxemburg sowie über die Reisen und die Beförderungstätigkeit in Verbindung mit den Tagungen aufgenommen würden; würde ferner begrüßen, wenn die gegenwärtigen Ergebnisse der Reduzierung des CO2-Ausstoßes des Parlaments dargelegt und die Vorteile für die Umwelt infolge dieser Investitionen und generell sämtliche längerfristig erzielten Einsparungen veranschaulicht würden;

35.

bekundet seine Unterstützung für die Fortsetzung der Maßnahmen zur weiteren Reduzierung der CO2-Emissionen des Parlaments; begrüßt in dieser Hinsicht die Studien zu den mit der Energieeinsparung zusammenhängenden Aspekten von Gebäuden und Möglichkeiten zur Umsetzung von Maßnahmen als Ausgleich für CO2-Emissionen bei Reisen; unterstützt ferner Anreize zur Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel statt Personenwagen und die Verfügbarkeit von mehr Fahrrädern in Straßburg;

36.

stellt fest, dass der Haushaltsposten für die Reisekosten der Mitglieder tatsächlich höher ist als der Haushaltsposten für die Dienstbezüge; unterstreicht die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Nutzung der Zulagen, insbesondere der Zulagen für die Reisekosten, und weist darauf hin, dass ohne eine Änderung der gegenwärtigen Regelungen und durch die Nutzung, wo immer möglich, anderer Verkehrsmittel als Flugreisen in der Business Class von und zu den Arbeitsorten des Parlaments die CO2-Emissionen des Parlaments gesenkt und gleichzeitig Kosten eingespart werden können; fordert das Präsidium auf, wie in der letzten Vorkonzertierung vereinbart, rechtzeitig für die erste Lesung des Parlaments eine Studie vorzulegen, die sich auf die Funktionsweise des neuen Systems und mögliche Lösungen für zu erzielende Einsparungen konzentriert;

37.

verweist darauf, dass den Haushaltsplänen der europäischen Organe zweckbestimmte Mittel von der Haushaltsbehörde zugewiesen wurden, um einen Zuschuss für die Bediensteten für die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel zu finanzieren, wobei es sich hier um eine Maßnahme zum Schutz der Umwelt handelt, die auf eine Initiative von Präsident Barroso zurückgeht; fordert eine aktuelle Übersicht über die Lage beim Parlament;

38.

fordert, dass den innerhalb des Organs verwendeten Finanzbögen, sofern möglich und zweckmäßig, Umwelterklärungen beigefügt werden;

39.

ist der Auffassung, dass die Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen besser angepasst werden müssen, um die Einbeziehung von Umwelt- und Sozialklauseln zu erleichtern, wo immer dies möglich und angemessen erscheint;

Mehrjahresvorhaben und andere Ausgabenpunkte

40.

begrüßt die Vereinbarung über eine Anhebung um 2,6 Millionen EUR zur Finanzierung von 110 jährlichen Besuchern, die die Mitglieder anstatt der gegenwärtigen 100 einladen können; ist der Auffassung, dass es zweckmäßig sein könnte, über etwas Zeit zu verfügen, um die Funktionsweise des neuen Besucherzentrums zu bewerten, ehe eine weitere Aufstockung ins Auge gefasst wird; vertritt die Auffassung, dass die für die Organisation der Besuche zuständigen Dienststellen ebenfalls berücksichtigen sollten, dass die Mitglieder unter Umständen den Wunsch haben, die Besuchergruppen über das Jahr verteilt in verschiedene Größen zu unterteilen;

41.

billigt den Betrag von 3 Millionen EUR, der für die Eröffnung des Besucherzentrums und die Betriebskosten für ein volles Betriebsjahr veranschlagt wird; verweist auf die Notwendigkeit, das erste Jahr auch unter finanziellem Blickwinkel – einschließlich dieser laufenden Kosten – zu bewerten;

42.

nimmt den Beschluss des Präsidiums zur Kenntnis, Zulagen für Amtsträger einzuführen, die sich mit einem Betrag von 400 000 EUR auf den Haushaltsplan auswirken werden; weist jedoch darauf hin, dass die Debatte über den Grundsatz kontrovers geführt wurde; begrüßt in dieser Hinsicht den Umstand, dass Belege vorgelegt werden müssen, damit Zusatzkosten, die ihnen in Wahrnehmung ihrer Amtspflichten entstanden sind, erstattet werden können;

43.

nimmt den Vorschlag des Präsidiums zur Kenntnis, einen Betrag von 2,5 Millionen EUR für das Haus der Europäischen Geschichte für Studien im Anschluss an die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs, der derzeit Gegenstand der Bewertung ist, zu veranschlagen; verweist auf seine letztes Jahr erhobene Forderung nach einer klaren Übersicht über die für das gesamte Projekt veranschlagten Kosten, einschließlich der Verwaltungskosten, spätestens im Stadium des Haushaltsvoranschlags des Parlaments für das Haushaltsverfahren 2011; verweist ebenfalls auf die mit dem Präsidium in der Vorkonzertierungssitzung im Jahre 2009 erzielte Vereinbarung; hebt hervor, dass im Bericht des Sachverständigenausschusses für das Haus der Europäischen Geschichte elf Punkte aufgelistet werden, die weitere Kosten mit sich bringen: (1) „wissenschaftliches Beratungsorgan, das aus Sachverständigen und Museumsspezialisten besteht“, (2) „institutionelle Abhängigkeit der Institution“, (3) „extensive museumspädagogische Angebote“, (4) „Treffpunkt für junge Wissenschaftler“, (5) „ständige Bewertung“, (6) „vorübergehende Ausstellung und Reiseausstellung“, (7) „relevante Veranstaltungen mit einem europäischen Bezug“, (8) „Eigenveröffentlichungen“, (9) „extensive Online-Angebote“, (10) „Schaffung einer eigenen Museumssammlung“, (11) „ständige Entwicklung von Ausstellungen und der Infrastruktur des Museums“; unterstreicht deshalb, dass die Gesamtkosten dieses Vorhabens so schnell wie möglich ermittelt werden müssen;

Horizontale Fragen

44.

begrüßt nachdrücklich die Einbeziehung einer ersten Analyse zur Ermittlung fester und variabler Kosten in den Haushaltsvoranschlag; erkennt die methodischen Schwierigkeiten an, die dabei auftreten, ist jedoch davon überzeugt, dass diese Konzepte weiter geprüft werden sollten; verweist in dieser Hinsicht darauf, dass es von den zuständigen Gremien eine Antwort auf die Frage erwartet, wie das Konzept einer Haushaltspolitik auf Nullbasis unter Rückgriff auf diese Unterscheidung zwischen festen und variablen Kosten im Rahmen des Haushaltsverfahrens des Parlaments angewandt werden könnte; fordert eine eingehendere Prüfung im Hinblick auf Fixkosten, wobei zwischen ständigen Fixkosten, Fixkosten zu festen Bedingungen und Bereichen zu unterscheiden ist, in denen Einsparungen möglich sind; fordert eine eingehendere Prüfung bei den variablen Kosten, wobei eine klare Verknüpfung zwischen Kosten und Zielvorgaben, Politiken und Aktionen vorzunehmen ist und die Prioritäten nach ihrer Bedeutung zu ermitteln und einzuordnen sind;

45.

verweist darauf, dass die Schwellen für die verschiedenen Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe derzeit für die europäischen Organe strenger sind als die in den einschlägigen europäischen Richtlinien über das öffentliche Beschaffungswesen festgelegten Bestimmungen und dass dieser Umstand zu zusätzlichen Verwaltungskosten und zu einem zusätzlichen Einsatz von Personal führt, die durch eine bessere Angleichung der Schwellen eingespart werden könnten;

46.

unterstützt Aktivitäten mit sozialer, kultureller oder sprachlicher Dimension für das Personal und ihre Familienangehörigen, missbilligt jedoch in diesem Zusammenhang die Gewährung individueller Zuschüsse und ändert dementsprechend die Erläuterungen des einschlägigen Haushaltspostens;

47.

unterstützt mit Nachdruck weitere Bemühungen mit dem Ziel, das Organ besser auf die Bedürfnisse von behinderten Personen auszurichten, sowohl was die notwendigen Änderungen der Infrastruktur als auch was personelle Maßnahmen betrifft;

Abschließende Erwägungen

48.

unterstreicht, dass eine detailliertere Prüfung einzelner Haushaltsposten – einschließlich einer Analyse der Ausführungsraten – vor der Abstimmung über den Entwurf des Haushaltsplans im Herbst stattfinden sollte; wird daher die endgültigen Haushaltsbeschlüsse zu diesem Zeitpunkt prüfen und fassen;

49.

nimmt den Haushaltsvoranschlag für das Haushaltsjahr 2011 an und verweist darauf, dass die Annahme des Standpunkts des Parlaments zu dem vom Rat geänderten Entwurf des Haushaltsplans entsprechend dem vertraglich festgelegten Abstimmungsverfahren im Oktober 2010 stattfinden wird;

50.

billigt die als Anlage beigefügten gemeinsamen Schlussfolgerungen des Haushaltstrilogs vom 25. März 2010;

*

* *

51.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Haushaltsvoranschlag dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(2)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0087.


Dienstag, 18. Mai 2010
ANLAGE

GEMEINSAME SCHLUSSFOLGERUNGEN DES HAUSHALTSTRILOGS VOM 25. MÄRZ 2010

HAUSHALTSTRILOG

25. März 2010

Schlussfolgerungen

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben die vom Kanzler des Gerichtshofs und von den Generalsekretären des Rechnungshofs, des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses in ihrem Schreiben an die Generalsekretäre des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission bekundeten Bedenken über das neue Haushaltsverfahren und insbesondere über den Vermittlungsausschuss zur Kenntnis genommen. Sie empfehlen, dass diese Institutionen aufgefordert werden, ihre Anmerkungen zu den Auswirkungen des Standpunkts des Rates und der Abänderungen des Europäischen Parlaments unmittelbar schriftlich an den Vermittlungsausschuss zu richten.


Mittwoch, 19. Mai 2010

31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/266


Mittwoch, 19. Mai 2010
Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG) ***II

P7_TA(2010)0177

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 durch die Aufhebung der Finanzierung bestimmter Gemeinschaftsmaßnahmen und die Änderung der Finanzierungsobergrenze für die Förderung solcher Maßnahmen (16627/1/2009 – C7-0051/2010 – 2009/0026(COD))

2011/C 161 E/34

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (16627/1/2009 – C7-0051/2010),

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2009)0067),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 63 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0070/2009),

unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung (1),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 7 und Artikel 78 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 72 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für die zweite Lesung (A7-0117/2010),

1.

billigt den Standpunkt des Rates;

2.

stellt fest, dass der Gesetzgebungsakt entsprechend dem Standpunkt erlassen wird;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Gesetzgebungsakt mit dem Präsidenten des Rates gemäß Artikel 297 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu unterzeichnen;

4.

beauftragt seinen Generalsekretär, den Gesetzgebungsakt zu unterzeichnen, nachdem überprüft worden ist, dass alle Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, und im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Rates die Veröffentlichung des Gesetzgebungsakts im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte vom 7.5.2009, P6_TA(2009)0375.


31.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/267


Mittwoch, 19. Mai 2010
Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung) ***II

P7_TA(2010)0178

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung) (05247/1/2010 – C7-0094/2010 – 2008/0222(COD))

2011/C 161 E/35

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (05247/1/2010 – C7-0094/2010),

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2008)0778),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 95 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0412/2008),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665) und das Addendum dazu (KOM(2010)0147),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 7 und Artikel 194 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Rechtsausschusses zu der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage,

unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung (1),

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 24 März 2009 (2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gestützt auf die Artikel 72 und 37 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie für die zweite Lesung (A7-0128/2010),

1.

billigt den Standpunkt des Rates;

2.

billigt die dieser Entschließung beigefügte gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission;

3.

nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis;

4.

stellt fest, dass der Gesetzgebungsakt entsprechend dem Standpunkt des Rates erlassen wird;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, den Gesetzgebungsakt mit dem Präsidenten des Rates gemäß Artikel 297 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu unterzeichnen;

6.

beauftragt seinen Generalsekretär, den Gesetzgebungsakt zu unterzeichnen, nachdem überprüft worden ist, dass alle Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, und im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Rates die Veröffentlichung des Gesetzgebungsakts im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

7.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte vom 5.5.2009, P6_TA(2009)0345.

(2)  ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 90.


Mittwoch, 19. Mai 2010
ANHANG

Erklärungen

zur Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung)

Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu Artikel 290 AEUV

„Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erklären, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2010/30/EU unbeschadet des künftigen Standpunkts der Organe zur Umsetzung von Artikel 290 AEUV oder einzelnen Gesetzgebungsakten, die derartige Bestimmungen enthalten, gelten.“

Erklärungen der Kommission zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2010/30/EU

Artikel 1 Absatz 2

„Bei der Aufstellung der in Erwägungsgrund 7 genannten Prioritätenliste energieverbrauchsrelevanter Produkte wird die Kommission auch energieverbrauchsrelevante Bauprodukte und insbesondere das durch eine Kennzeichnung solcher Produkte erzielbare Energiesparpotenzial angemessen berücksichtigen, da auf Gebäude 40 % des gesamten Energieverbrauchs in der EU entfallen.“

Artikel 10

„Wenn die Kommission aufgrund der Richtlinie 2010/30/EU delegierte Rechtsakte vorbereitet, wird sie darauf achten, dass es zu keinen rechtlichen Überschneidungen kommt und die Gesamtkonsistenz des EU-Produktrechts gewahrt bleibt.“

Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe d

Erheblicher Anteil der Produkte für die Überarbeitung der auf den Kennzeichen angegebenen Klassifizierung

„Nach Ansicht der Kommission gilt der Anteil der Produkte in den beiden höchsten Energieeffizienzklassen dann als erheblich, wenn eingeschätzt werden kann, dass

entweder die Zahl der im Binnenmarkt verfügbaren Modelle, welche die Klasse A+++ oder A++ erreichen, mindestens etwa ein Drittel der Gesamtzahl der betreffenden verfügbaren Modelle ausmacht oder

der Anteil der Produkte, welche die Klasse A+++ oder A++ erreichen, mindestens etwa ein Drittel des Jahresumsatzes im Binnenmarkt ausmacht oder

beide obigen Kriterien zutreffen.“

Erklärung der Kommission zu Verbraucherinformation

„Die Kommission befürwortet die Anwendung von Unionsinstrumenten wie des Programms ‚Intelligente Energie – Europa‘ als Beitrag zu

Initiativen zur Sensibilisierung der Endnutzer für die Vorteile der Energieverbrauchskennzeichnung,

Initiativen zur Beobachtung der Marktentwicklung und der technologischen Entwicklung im Hinblick auf energieeffizientere Produkte, insbesondere durch Ermittlung der besten Modelle in den unterschiedlichen Produktgruppen und Bereitstellung von Informationen für alle interessierten Seiten, z. B. Verbraucherverbände, Unternehmen und nichtstaatliche Umweltorganisationen, im Hinblick auf eine umfassende Information der Verbraucher.

Diese Beobachtung könnte auch als ein Indikator für die Überarbeitung der im Rahmen der Richtlinien 2010/30/EU und 2009/125/EG getroffenen Energiekennzeichnungs- und Ökodesign-Maßnahmen dienen.“

Erklärung der Kommission zu Ferienzeiten

„Die Europäische Kommission nimmt zur Kenntnis, dass das Europäische Parlament und der Rat außer in Fällen, in denen im Rechtsakt ein Dringlichkeitsverfahren vorgesehen ist, die Ansicht vertreten, dass bei der Übermittlung delegierter Rechtsakte die Ferienzeiten der Organe (Winter, Sommer und Wahlen zum Europäischen Parlament) berücksichtigt werden müssen, um zu gewährleisten, dass das Europäische Parlament und der Rat in der Lage sind, ihre Vorrechte innerhalb der in den jeweiligen Rechtsakten vorgesehenen Fristen wahrzunehmen, und ist bereit, entsprechend zu handeln.“


31.5.2011   

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Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/269


Mittwoch, 19. Mai 2010
Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2010: Einzelplan I – Parlament

P7_TA(2010)0179

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Standpunkt des Rates zu dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2010, Einzelplan I – Europäisches Parlament (09807/2010 – C7-0125/2010 – 2010/2045(BUD))

2011/C 161 E/36

Das Europäische Parlament,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 314,

unter Hinweis auf den Beschluss 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (1),

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (2),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3), insbesondere auf den in Teil I vorgesehenen und in Anhang I wiedergegebenen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR),

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2010, der am 17. Dezember 2009 endgültig festgestellt wurde (4),

unter Hinweis auf den vom Parlament am 25. Februar 2010 angenommenen Entwurf des Haushaltsvoranschlags (5),

in Kenntnis des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010, der von der Kommission am 19. März 2010 vorgelegt wurde (KOM(2010)0107),

in Kenntnis des Standpunkts des Rates zu dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010, der am 18. Mai 2010 festgelegt wurde (09807/2010),

gestützt auf die Artikel 75b und 75e seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A7-0158/2010),

A.

in der Erwägung, dass während des Haushaltsverfahrens 2010 vereinbart wurde, dass erforderlichenfalls alle Ausgaben, die konkret mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zusammenhängen, nach Feststellung des ursprünglichen Haushaltsplans 2010 mittels der bestehenden Haushaltsinstrumente, beispielsweise eines Berichtigungshaushaltsplans, finanziert werden sollen,

B.

in der Erwägung, dass betont wurde, dass in einem solchen Fall möglichst umfassend die Möglichkeit einer Umschichtung vorhandener Mittel geprüft werden solle, ehe zusätzliche Mittel angefordert werden,

C.

in der Erwägung, dass besonders hervorgehoben wurde, dass in seinem angenommenen ursprünglichen Haushaltsvolumen in Höhe von 19,87 % der im Rahmen von Rubrik 5 des MFR (Verwaltungsmittel) zulässigen Ausgaben keinerlei Anpassungen im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon, insbesondere im legislativen Bereich, berücksichtigt sind,

D.

in der Erwägung, dass gleichzeitig eingeräumt wurde, dass angesichts der geringen Spielräume zusätzliche Anforderungen nur mit Hilfe weiterer Einsparungen und Umschichtungen erfüllt werden könnten,

1.

begrüßt den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010 der Kommission, der in voller Übereinstimmung mit dem Haushaltsvoranschlag des Parlaments vom 25. Februar 2010 aufgestellt wurde;

2.

nimmt Kenntnis von dem Standpunkt des Rates vom 18. Mai 2010, der den Vorschlag ohne Änderungen unter uneingeschränkter Achtung des Gentlemen’s Agreement gebilligt hat;

3.

hebt hervor, dass bereits in der Phase der Erörterung des Haushaltsvoranschlags im Januar und Februar 2010 eine umfassende politische Debatte und Analyse der vorgeschlagenen Maßnahmen stattgefunden haben;

4.

billigt den Standpunkt des Rates zu dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2010 ohne Abänderungen und beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2010 endgültig festgestellt ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 163 vom 23.6.2007, S. 17.

(2)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(3)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(4)  ABl. L 64 vom 12.3.2010.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0038.


31.5.2011   

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CE 161/271


Mittwoch, 19. Mai 2010
Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe ***I

P7_TA(2010)0181

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (KOM(2008)0818 – C6-0480/2008 – 2008/0238(COD))

2011/C 161 E/37

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2008)0818),

gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 154 Absatz 4 Buchstabe a des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0480/2008),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 168 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 10. Juni 2009 (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A7-0106/2010),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

billigt die Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission und nimmt die Erklärung der Kommission zur Kenntnis, die als Anlage beigefügt sind und zusammen mit dem endgültigen Rechtsakt im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden;

3.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, diesen Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

4.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 306 vom 16.12.2009, S. 64.


Mittwoch, 19. Mai 2010
P7_TC1-COD(2008)0238

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2010 festgelegt in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2010/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie 2010/53/EU.)

Mittwoch, 19. Mai 2010
ANHANG

Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu Artikel 290 AEUV

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erklären, dass die Bestimmungen dieser Richtlinie unbeschadet des künftigen Standpunkts der Organe zur Umsetzung von Artikel 290 AEUV oder einzelnen Gesetzgebungsakten, die derartige Bestimmungen enthalten, gelten.

Erklärung der Europäischen Kommission (Dringlichkeit)

Die Europäische Kommission verpflichtet sich, das Europäische Parlament und den Rat jederzeit in vollem Umfang darüber unterrichtet zu halten, ob ein delegierter Rechtsakt möglicherweise nach dem Dringlichkeitsverfahren erlassen werden muss. Sobald die Dienststellen der Kommission absehen können, dass ein delegierter Rechtsakt nach dem Dringlichkeitsverfahren erlassen werden könnte, werden sie die Sekretariate des Europäischen Parlaments und des Rates davon informell in Kenntnis setzen.


Donnerstag, 20. Mai 2010

31.5.2011   

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Amtsblatt der Europäischen Union

CE 161/273


Donnerstag, 20. Mai 2010
Gemeinschaftszuschuss zur Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien – „Kosloduj-Programm“ *

P7_TA(2010)0188

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Finanzhilfe der Gemeinschaft für die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien – „Kosloduj-Programm“ (KOM(2009)0581 – C7-0289/2009 – 2009/0172(NLE))

2011/C 161 E/38

(Konsultation)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0581),

unter Hinweis auf Artikel 30 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, betreffend die Reaktoren 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zu dem Thema „Nukleare Sicherheit im Rahmen der europäischen Union“ (KOM(2002)0605),

gestützt auf Artikel 203 des Euratom-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C7-0289/2009),

gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie der Stellungnahmen des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0142/2010),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.

ist der Auffassung, dass der Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit der Obergrenze von Teilrubrik 1a des mehrjährigen Finanzrahmens 2007–2013 vereinbar, aber der in Teilrubrik 1a verbleibende Spielraum für die Jahre 2011–2013 sehr gering ist; betont, dass durch die Finanzierung neuer Aktivitäten bestehende Programme und Initiativen, die unter die Teilrubrik 1a fallen, nicht gefährdet werden dürfen;

3.

fordert deshalb erneut dazu auf, im Zusammenhang mit der Halbzeitüberprüfung des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens eine mehrjährige Strategie für das Kosloduj-Stilllegungsprogramm und andere politische Prioritäten, die unter die Teilrubrik 1a fallen, vorzulegen und dabei konkrete Vorschläge zur Anpassung und Überprüfung des MFR vor dem Ende des ersten Halbjahrs 2010 zu unterbreiten, und zwar unter Heranziehung aller in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung (1), insbesondere unter Nummer 21 bis 23, vorgesehenen Mechanismen;

4.

weist darauf hin, dass der jährliche Betrag für das Kosloduj-Stilllegungsprogramm im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens nach den Vorschriften von Nummer 38 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 festgelegt wird;

5.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 106a des Euratom-Vertrags und Artikel 293 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entsprechend zu ändern;

6.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

7.

fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

8.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

VORSCHLAG DER KOMMISSION

GEÄNDERTER TEXT

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 1

(1)

Bulgarien hat sich verpflichtet , die Blöcke 1 und 2 sowie die Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Kosloduj bis zum 31. Dezember 2002 bzw. bis zum 31. Dezember 2006 abzuschalten und anschließend stillzulegen. Die Europäische Union hat ihre Bereitschaft bekundet, bis 2009 weiterhin Finanzhilfe als Fortsetzung der Heranführungshilfe zu leisten, die im Rahmen des Programms Phare zur Unterstützung der Stilllegungsmaßnahmen Bulgariens vorgesehen war.

(1)

Während der Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005 hat Bulgarien eingewilligt, die Blöcke 1 und 2 sowie die Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Kosloduj bis zum 31. Dezember 2002 bzw. bis zum 31. Dezember 2006 abzuschalten und anschließend stillzulegen. Die Europäische Union hat ihre Bereitschaft bekundet, bis 2009 weiterhin Finanzhilfe als Fortsetzung der Heranführungshilfe zu leisten, die im Rahmen des Programms Phare zur Unterstützung der Stilllegungsmaßnahmen Bulgariens vorgesehen war. Die Europäische Union hat seinerzeit außerdem zugesagt, dass die Finanzhilfe als Teil einer allgemeinen Revision der Unterstützung durch die Gemeinschaft für den Zeitraum 2007–2013 geprüft wird.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2

(2)

Im Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union aus dem Jahr 2005, und insbesondere in Artikel 30 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge, ist angesichts der Verpflichtung Bulgariens zur Abschaltung der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Kosloduj für den Zeitraum 2007 bis 2009 ein mit 210 Millionen EUR dotiertes Finanzhilfeprogramm (nachstehend „Kosloduj-Programm“) vorgesehen.

(2)

Im Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union aus dem Jahr 2005, und insbesondere in Artikel 30 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge, ist angesichts der Verpflichtung Bulgariens zur Abschaltung der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Kosloduj für den Zeitraum 2007 bis 2009 ein mit 210 Millionen EUR dotiertes Finanzhilfeprogramm (nachstehend „Kosloduj-Programm“) vorgesehen. In diesem Programm sind Finanzmittel zum Ausgleich der mit der Abschaltung des Kernkraftwerks Kosloduj verbundenen Kapazitätsverluste vorgesehen.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 a (neu)

 

(2a)

Die Grundsätze der Unionssolidarität und der Gleichbehandlung bedingen jetzt wie in der Vergangenheit, dass ein gerechter Ansatz gegenüber Mitgliedstaaten gewählt wird, die nach der in den Verträgen über ihren Beitritt bzw. in den beigefügten Protokollen festgelegten verbindlichen Abschaltung von Kernkraftwerken finanzielle Unterstützung für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen benötigen.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 4

(4)

Die Gemeinschaft erkennt die Anstrengungen Bulgariens und die guten Fortschritte an, die das Land bei den Vorbereitungen für die Stilllegung mit Hilfe der im Rahmen des Kosloduj-Programms bis 2009 bereitgestellten Gemeinschaftsmittel erzielt hat; die Gemeinschaft erkennt ferner an, dass auch nach 2009 eine finanzielle Unterstützung erforderlich ist, um die Rückbauarbeiten voranzubringen.

(4)

Die Union erkennt die Anstrengungen Bulgariens und die guten Fortschritte an, die das Land bei den Vorbereitungen für die Stilllegung mit Hilfe der im Rahmen des Kosloduj-Programms bis 2009 bereitgestellten Gemeinschaftsmittel erzielt hat; die Union erkennt ferner an, dass auch nach 2009 eine finanzielle Unterstützung erforderlich ist, um die Rückbauarbeiten nach Maßgabe des Beitrittsvertrags von 2005 unter Anwendung höchster Sicherheitsnormen voranzubringen.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 5

(5)

Zudem ist es angezeigt, die Ressourcen des Kernkraftwerks Kosloduj selbst zu nutzen; so stünden die erforderlichen Kenntnisse zur Verfügung und gleichzeitig würden die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der frühzeitigen Abschaltung verringert, da die Mitarbeiter des abgeschalteten Kernkraftwerks weiterbeschäftigt würden. Eine weitere finanzielle Unterstützung ist daher wichtig, um das erforderliche Sicherheitsniveau aufrechtzuerhalten.

(5)

Zudem ist es angezeigt, die Ressourcen des Kernkraftwerks Kosloduj selbst zu nutzen; so stünden die erforderlichen Kenntnisse zur Verfügung , das Fachwissen und die Kompetenzen würden vertieft, und gleichzeitig würden die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der frühzeitigen Abschaltung verringert, da die Mitarbeiter des abgeschalteten Kernkraftwerks weiterbeschäftigt würden. Eine weitere finanzielle Unterstützung ist daher wichtig, um das erforderliche Niveau in den Bereichen Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz aufrechtzuerhalten.

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6

(6)

Angesichts des Umfangs der mit der Abschaltung der Kernkraftwerksblöcke verbundenen Kapazitätsverluste und der Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in der Region erkennt die Gemeinschaft darüber hinaus an, dass eine finanzielle Unterstützung für weitere Ausgleichsmaßnahmen im Energiesektor erforderlich ist.

(6)

Die Union erkennt darüber hinaus an, dass eine finanzielle Unterstützung erforderlich ist , um weitere Fortschritte zu erzielen, was eine energieeffizientere Wirtschaft betrifft, die mit positiven Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, die Strompreise und das Volumen der Treibhausgasemissionen in Bulgarien einhergeht. Da in Bulgarien weitere Fortschritte in Bezug auf die Endlagerung bestrahlter Brennelemente und hochradioaktiver Abfälle erforderlich sind und die Endlagerung aller radioaktiven Stoffe, die nach der Abschaltung des Kernkraftwerks Kosloduj anfallen, sehr wichtig ist und einer sorgfältigen Planung bedarf, sollte die Union die bulgarische Regierung bei der Suche nach Lösungen für die Endlagerung unterstützen, gegebenenfalls auf der Grundlage einer Studie der bulgarischen Regierung über die sichere Endlagerung aller bei der Stilllegung anfallenden radioaktiven Stoffe.

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6 a (neu)

 

(6a)

Der Wegfall von Stromerzeugungskapazität aufgrund der frühzeitigen Abschaltung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj hat einen erheblichen zusätzlichen Anstieg der Treibhausgasemissionen zur Folge, der im Zeitraum 2011–2013 auf 15 TWh mit einem Kohlendioxidäquivalent von rund 1,2 Gg/GWh geschätzt wird, und führt im Fall Bulgariens zu einem zusätzlichen Ausstoß von etwa 18 000 Gg bzw. 18 000 kt Kohlendioxidäquivalent, was zusätzliche Verringerungen der Kohlendioxidemissionen notwendig macht.

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6 b (neu)

 

(6b)

Die Union erkennt an, dass die Auswirkungen der stärkeren Umweltbelastung und der Emissionen, die auf die Nutzung von Ersatzkapazitäten, vor allem in Form von Braunkohlekraftwerken, zurückzuführen sind, eingedämmt werden müssen.

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6 c (neu)

 

(6c)

Maßnahmen, mit denen die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Abschaltung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj gemildert werden, beispielsweise Programme zur Umschulung des betroffenen Personals, damit es seine Kompetenzen in anderen Sektoren – wie industrielle Forschung oder erneuerbare Energiequellen – nutzen kann, könnten finanzielle Unterstützung der EU erfordern.

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 7

(7)

Es ist daher angezeigt, für den Zeitraum von 2010 bis 2013 einen Betrag von 300 Millionen EUR zur Finanzierung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj zu Lasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union vorzusehen.

(7)

Da die aus dem Betriebsgewinn stammenden Finanzmittel für die Stilllegung und für die Behandlung radioaktiver Abfälle unzureichend sind, ist es angezeigt, für den Zeitraum von 2010 bis 2013 einen Betrag von 300 Millionen EUR zur Finanzierung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj zu Lasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union vorzusehen. Von diesem Betrag sollten 180 Millionen EUR für die Unterstützung des Stilllegungsprogramms verwendet und mit dem Restbetrag von 120 Millionen EUR sowohl Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz als auch Energiesparmaßnahmen finanziert werden.

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 7 a (neu)

 

(7a)

In Anbetracht der Ex-ante-Bewertung der Kommission vom 27. Oktober 2009 (2) sollen folgende Projekte mit Finanzmitteln in Höhe von 180 Millionen EUR unterstützt werden: (1) Projektverwaltung, technische Unterstützung für die Umsetzung des Stilllegungsprogramms; (2) Bereitstellung der Gehälter der am Standort des Kernkraftwerks Kosloduj beschäftigten Fachkräfte (für Betrieb, Wartung, technische Unterstützung, Projektverwaltung), die an der Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 beteiligt sind; (3) Beitrag zum Bau des nationalen Endlagers für radioaktive Abfälle, das für die Umsetzung des Stilllegungsprogramms entscheidend ist, insbesondere für die Lagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle in den ersten zehn Jahren der Durchführung; (4) Aufbau von Infrastrukturen am Standort und Behandlung von Rückbauabfällen (unter anderem durch eine zusätzliche Mittelzuweisung für Projekte, für die bereits eine Ausschreibung veröffentlicht wurde). Die als Teil des Projekts 4 genannte Verbesserung der Infrastruktur am Standort darf nur Maßnahmen in Bezug auf die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 umfassen.

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 8

(8)

Die aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für die Stilllegung aufzubringenden Haushaltsmittel sollten nicht zu Wettbewerbsverzerrungen für die Stromversorgungsunternehmen auf dem Energiemarkt in der Gemeinschaft führen. Diese Haushaltsmittel sollten im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand auch zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden, die den Verlust an Stromerzeugungskapazität ausgleichen .

(8)

Die aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für die Stilllegung aufzubringenden Haushaltsmittel sollten nicht zu Wettbewerbsverzerrungen für die Stromversorgungsunternehmen auf dem Energiemarkt in der Union führen. Diese Haushaltsmittel sollten im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand und den Regeln für das Funktionieren des EU-Energiebinnenmarkts auch zur Finanzierung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und von Energiesparmaßnahmen verwendet werden.

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 10

(10)

Zu den Aufgaben der EBWE gehören die Verwaltung öffentlicher Mittel für Programme zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen sowie die Beaufsichtigung der finanziellen Abwicklung dieser Programme mit dem Ziel einer optimalen Verwendung der öffentlichen Gelder. Daneben nimmt die EBWE Haushaltsaufgaben wahr, die ihr von der Kommission gemäß Artikel 53d der Haushaltsordnung übertragen werden.

(10)

Zu den Aufgaben der EBWE gehört die Verwaltung öffentlicher Mittel für Programme zur Stilllegung von Blöcken kerntechnischer Anlagen, die Gegenstand von Stilllegungsvereinbarungen im Rahmen des Beitritts waren. Die EBWE beaufsichtigt die finanzielle Abwicklung dieser Programme mit dem Ziel einer optimalen Verwendung der öffentlichen Gelder. Daneben nimmt die EBWE Haushaltsaufgaben wahr, die ihr von der Kommission gemäß Artikel 53d der Haushaltsordnung übertragen werden.

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 11

(11)

Um größtmögliche Effizienz zu gewährleisten, sollte für die Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj das beste verfügbare technische Know-how genutzt werden; dabei sollten Bauart und technische Merkmale der stillzulegenden Reaktoren gebührend berücksichtigt werden.

(11)

Um größtmögliche Effizienz zu gewährleisten und die möglichen Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten , sollte für die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj das beste verfügbare technische Know-how genutzt werden; dabei sollten Bauart und technische Merkmale der stillzulegenden Reaktoren gebührend berücksichtigt werden.

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 11 a (neu)

 

(11a)

Um den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit und Transparenz zu gewährleisten, sollten während der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aufgrund solcher internationaler Übereinkommen getroffen werden, die – wie das Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998 (3) – die im nationalen, internationalen oder grenzüberschreitenden Zusammenhang notwendigen Anforderungen bereits vorsehen.

Abänderung 16

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 12

(12)

Die Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj erfolgt im Einklang mit den Rechtsvorschriften im Umweltbereich, insbesondere der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten.

(12)

Die Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Genehmigungsverfahren Bulgariens und im Einklang mit den Rechtsvorschriften im Umweltbereich, insbesondere der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten.

Abänderung 17

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 12 a (neu)

 

(12a)

Die Arbeiten im Zusammenhang mit der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj werden in Übereinstimmung mit dem grundsätzlichen Ziel des Schutzes der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die schädlichen Folgen ionisierender Strahlungen ausgeführt, das in den geltenden Rechtsvorschriften festgelegt ist, insbesondere in der Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen (4), um auf diese Weise das höchste Niveau an Sicherheit und Schutz der Arbeitnehmer und der Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Ausgleichsmaßnahmen im Energiesektor in den Bereichen Energieeffizienz und Energie aus erneuerbaren Quellen sollten durch eine gezielte nationale Strategie Bulgariens unterstützt werden.

Abänderung 18

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 12 b (neu)

 

(12b)

Die Wahrung der Grundsätze Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit bei den eingesetzten Mitteln sollte durch Bewertungen und Erfolgsüberprüfungen der zuvor finanzierten Programme sichergestellt werden.

Abänderung 19

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 13 a (neu)

 

(13a)

In den Artikeln 53d, 108a und 165 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (5) und in den Artikeln 35 und 43 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (6) sind die Bedingungen festgelegt, die im Rahmen der Methode zur gemeinsamen Verwaltung und zur Ausführung des Haushalts zu prüfen sind.

Abänderung 20

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 13 b (neu)

 

(13b)

Der Fall Kosloduj sollte als Beispiel dienen, und die Kommission sollte zu Analysezwecken und zur Vorausberechnung der Kosten der zukünftigen Stilllegungen von Kernkraftwerken einen vollständigen und genauen Etat für die Finanzierung der Stilllegung erstellen.

Abänderung 21

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1

Mit dieser Verordnung wird das Programm festgelegt, das die Bereitstellung des finanziellen Beitrags der Gemeinschaft zur Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj und zum Ausgleich der Folgen der Abschaltung dieser Blöcke in Bulgarien (nachstehend „Kosloduj-Programm“) im Einzelnen regelt.

Mit dieser Verordnung wird das Programm festgelegt, das die Bereitstellung des finanziellen Beitrags der Gemeinschaft zur Fortsetzung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj und zum Ausgleich der Folgen der frühzeitigen Abschaltung dieser Blöcke in Bulgarien für die Umwelt, die Wirtschaft und die Versorgungssicherheit in der betreffenden Region (nachstehend „Kosloduj-Programm“) im Einzelnen regelt.

Abänderung 22

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2

Der Gemeinschaftsbeitrag zum Kosloduj-Programm dient der finanziellen Unterstützung von Maßnahmen im Rahmen der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj, Maßnahmen zur Umweltsanierung entsprechend dem gemeinschaftlichen Besitzstand und zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten, mit denen die Produktionskapazität der vier Reaktoren des Kernkraftwerks Kosloduj ersetzt werden soll, sowie sonstigen Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss zur Abschaltung und zur Stilllegung dieses Kraftwerks ergeben und die zur erforderlichen Umstrukturierung, zur Umweltsanierung und zur Modernisierung der Energieerzeugung, -übertragung und -verteilung in Bulgarien sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und zur Steigerung der Energieeffizienz des Landes beitragen.

Der Gemeinschaftsbeitrag zum Kosloduj-Programm dient vorrangig der finanziellen Unterstützung von Maßnahmen im Rahmen der Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj. Außerdem dient er Maßnahmen zur Umweltsanierung entsprechend dem gemeinschaftlichen Besitzstand und zur Modernisierung der Stromerzeugungskapazitäten, durch die die Produktionskapazität der vier Reaktoren des Kernkraftwerks Kosloduj ersetzt werden soll, sowie sonstigen Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss zur Abschaltung und zur Stilllegung dieser Blöcke ergeben und die zur erforderlichen Umstrukturierung, zur Umweltsanierung und zur Modernisierung und dem Ausbau der Energieerzeugung, -übertragung und -verteilung in Bulgarien sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und des Versorgungsstandards, zur Steigerung der Energieeffizienz und zur stärkeren Nutzung erneuerbarer Energieträger in Bulgarien beitragen, während gleichzeitig Energiesparmaßnahmen und erneuerbare Energien gefördert werden. Finanzielle Unterstützung kann auch gewährt werden, um den sozialen und wirtschaftlichen Wandel in den betroffenen Gruppen abzufedern, beispielsweise durch die Schaffung neuer, zukunftsfähiger Arbeitsplätze und Industrien.

Abänderung 23

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 – Absatz 1

1.   Es wird ein Bezugsrahmen von 300 Millionen EUR für den Betrag festgesetzt, der für die Durchführung des Kosloduj-Programms vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 erforderlich ist.

1.   Es wird ein Bezugsrahmen von 300 Millionen EUR für den Betrag im Sinne von Nummer 38 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 festgesetzt, der für die Durchführung des Kosloduj-Programms vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 erforderlich ist.

Abänderung 24

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 – Absatz 2

2.   Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde im Rahmen der Finanziellen Vorausschau bewilligt.

2.   Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde im Rahmen der Finanziellen Vorausschau und nach Maßgabe der Erfordernisse des Stilllegungsprozesses bewilligt.

Abänderung 25

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 – Absatz 3

3.   Die Höhe der für das Kosloduj-Programm bereitgestellten Mittel kann im Laufe des Zeitraums vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 revidiert werden , um den bei der Durchführung des Programms erreichten Fortschritten Rechnung zu tragen und zu gewährleisten, dass Finanzplanung und Mittelzuweisung tatsächlich nach Maßgabe des Finanzbedarfs und der Aufnahmekapazität erfolgen.

3.   Die Höhe der für das Kosloduj-Programm bereitgestellten Mittel wird im Laufe des Zeitraums vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 revidiert, um den bei der Durchführung des Programms erreichten Fortschritten und den langfristigen Auswirkungen bzw. Folgen in Bezug auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Versorgungssicherheit, die sich aus der frühzeitigen Abschaltung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj ergeben, Rechnung zu tragen und zu gewährleisten, dass Finanzplanung und Mittelzuweisung tatsächlich nach Maßgabe des Finanzbedarfs und der Aufnahmekapazität erfolgen.

Abänderung 26

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 5 – Absatz 2

2.   Maßnahmen im Rahmen des Kosloduj-Programms werden gemäß Artikel 8 Absatz 2 beschlossen.

2.   Maßnahmen im Rahmen des Kosloduj-Programms werden gemäß Artikel 8 Absatz 2 beschlossen. Sie müssen den Vorschriften der Europäischen Union über öffentliche Aufträge entsprechen.

Abänderung 27

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 – Absatz 1

1.   Die Kommission ist berechtigt, die Verwendung der Finanzhilfe durch ihre eigenen Bediensteten oder durch qualifizierte externe Stellen ihrer Wahl überprüfen zu lassen. Die Überprüfungen können während der gesamten Dauer der Vereinbarungen zwischen der Gemeinschaft und der EBWE über die Bereitstellung von Gemeinschaftsmitteln für den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj sowie innerhalb von fünf Jahren nach Auszahlung der letzten Tranche der Finanzhilfe erfolgen. Die Kommission kann aufgrund der Ergebnisse dieser Überprüfungen gegebenenfalls beschließen, die ausgezahlten Mittel teilweise wieder einzuziehen.

1.   Die Kommission überwacht die Verwendung der Finanzhilfe und ist berechtigt, sie durch ihre eigenen Bediensteten oder durch qualifizierte externe Stellen ihrer Wahl überprüfen zu lassen. Die Überprüfungen können während der gesamten Dauer der Vereinbarungen zwischen der Gemeinschaft und der EBWE über die Bereitstellung von Gemeinschaftsmitteln für den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj gemäß den Vorschriften der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Internationalen Energieagentur sowie innerhalb von fünf Jahren nach Auszahlung der letzten Tranche der Finanzhilfe erfolgen. Die Kommission kann aufgrund der Ergebnisse dieser Überprüfungen gegebenenfalls beschließen, die ausgezahlten Mittel teilweise wieder einzuziehen. Solche Überprüfungen und alle sonstige Bewertungen werden nicht aus den Mitteln zur Unterstützung der Stilllegung finanziert.

Abänderung 28

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 – Absatz 2 – Unterabsatz 1

2.   Die Bediensteten und externen Beauftragten der Kommission haben das Recht auf angemessenen Zugang insbesondere zu den Geschäftsräumen des Empfängers sowie zu allen für die Durchführung der Überprüfungen notwendigen Informationen, und zwar auch in elektronischem Format.

2.   Die Bediensteten und externen Beauftragten der Kommission haben das Recht auf angemessenen Zugang insbesondere zu den Geschäftsräumen des Empfängers sowie zu allen für die Durchführung der Überprüfungen notwendigen Informationen, und zwar auch in elektronischem Format. Die Überprüfungen umfassen auch die Erhebung des Standes des Genehmigungsverfahrens im Hinblick auf die Stilllegung.

Abänderung 29

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 – Absatz 2 – Unterabsatz 2

Der Rechnungshof hat die gleichen Rechte – namentlich Zugangsrechte – wie die Kommission.

Der Rechnungshof und das Europäische Parlament haben die gleichen Rechte – namentlich Zugangsrechte – wie die Kommission.

Abänderung 30

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 7

Die Kommission gewährleistet die Durchführung dieser Verordnung und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig Bericht. Sie nimmt gemäß Artikel 3 Absatz 3 eine Halbzeitbewertung vor.

Die Kommission gewährleistet die Durchführung dieser Verordnung und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig Bericht über die Verwendung der Mittel und die durchgeführten Tätigkeiten . Sie nimmt gemäß Artikel 3 Absatz 3 eine Halbzeitbewertung und eine Ex-post-Bewertung vor und legt dem Europäischen Parlament hierüber jeweils einen Bericht vor .

 

Die Ex-post-Bewertung enthält einen vollständigen und genauen Etat für die Kosten der Stilllegung eines Kernkraftwerks, sodass zukünftige Ausgaben für Stilllegungen geplant werden können. Außerdem sind die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Kosten zu analysieren, hauptsächlich die Auswirkungen der freiwerdenden Reststrahlung und die Folgen für die Versorgungssicherheit.

Abänderung 31

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 7 a (neu)

 

Artikel 7a

Die Kommission führt nach Maßgabe der international anerkannten Standards eine Bewertung der Einhaltung mindestens der EBWE-Verfahren in den Bereichen Rechnungsführung, Rechnungsprüfung, interne Kontrolle und Auftragsvergabe durch, bevor eine Vereinbarung über finanzielle Leistungen unterzeichnet wird.


(1)  ABl. C 139 vom 14.6.2006, S. 1.

(2)   SEK(2009)1431.

(3)   ABl. L 124 vom 17.5.2005, S. 1.

(4)   ABl. L 159 vom 29.6.1996, S. 1.

(5)   ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(6)   ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1.