ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.C_2011.015.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 15

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

54. Jahrgang
18. Januar 2011


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

86. Plenartagung am 5./6. Oktober 2010

2011/C 015/01

Entschließung zum Thema Die Klimakonferenz in Cancún — der Beitrag des AdR zur 16. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention 29. November – 10. Dezember 2010

1

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

86. Plenartagung am 5./6. Oktober 2010

2011/C 015/02

Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der künftigen Umweltpolitik

4

2011/C 015/03

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Beitrag der Kohäsionspolitik zur Europa-2020-Strategie

10

2011/C 015/04

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Die Messung des Fortschritts über das BIP hinaus

17

2011/C 015/05

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften

23

2011/C 015/06

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Eine Strategie für den geografischen Raum Nordsee/Ärmelkanal

26

2011/C 015/07

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Eine digitale Agenda für Europa

34

2011/C 015/08

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Bekämpfung der Obdachlosigkeit

41

2011/C 015/09

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Umsetzung der europäischen Nachbarschaftspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Initiative für eine östliche Partnerschaft: Modernisierung, Reformen und Verwaltungskapazität der Gebietskörperschaften der Republik Moldau

46

2011/C 015/10

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Lokale und regionale Gebietskörperschaften in Georgien und die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Georgien und der EU

51

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Ausschuss der Regionen

86. Plenartagung am 5./6. Oktober 2010

18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/1


Entschließung zum Thema „Die Klimakonferenz in Cancún — der Beitrag des AdR zur 16. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention 29. November – 10. Dezember 2010“

2011/C 15/01

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Dringende Notwendigkeit weiterer Fortschritte der EU in der globalen Klimaschutzagenda

1.

erinnert an sein Bekenntnis zum Klimaschutz, das in der auf der AdR-Plenartagung im Juni 2009 verabschiedeten Entschließung zur Kopenhagener Klimakonferenz zum Ausdruck kommt;

2.

bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für ein internationales Klimaschutzübereinkommen mit dem Ziel, die Erderwärmung bis 2012 auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen;

3.

bedauert, dass der Klimawandel und Umweltbelange zwar im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz weltweit Beachtung fanden, das dort geschlossene Abkommen jedoch nicht den hohen Erwartungen vieler für den Klimaschutz wichtiger politischer Akteure in der EU entsprach - so auch denen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht;

4.

unterstützt die Bemühungen der Europäischen Kommission zum Abschluss eines international verbindlichen Übereinkommens zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und appelliert an die EU, auf der 16. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) im Einklang mit dem Geist und den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon einen entschiedenen und einheitlichen Standpunkt zu vertreten und so wieder eine führende Rolle in den internationalen Klimaschutzverhandlungen einzunehmen;

5.

anerkennt, dass die EU-Klimaziele nur erreicht werden können, wenn einerseits die zukünftigen Emissionsreduktionen in gerechter Weise auf die gesamte Staatengemeinschaft verteilt werden, unter gebührender Berücksichtigung der unterschiedlichen Fähigkeiten und Ausgangspositionen der Staaten und Regionen, und andererseits ein weltweiter Konsens darüber erreicht wird, entschlossen zu handeln, und zwar gestützt auf gemeinsame Grundregeln für die regelmäßige Überwachung, Mitteilung und Überprüfung (MRV);

6.

hält größere Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels in der EU für notwendig, wobei weiterhin ehrgeizige Ziele gesetzt und die Erfolge beim Erreichen dieser Ziele vor allem auf lokaler und regionaler Ebene herausgestellt und gefördert werden müssen, und ruft den Rat und die Kommission auf, für den Fall, dass in unmittelbarer Zukunft kein internationales Klimaschutzübereinkommen geschlossen wird, ihre Strategie für die EU-Klimapolitik entsprechend anzupassen und zu stärken;

7.

hofft insbesondere auf eine Vereinbarung über die notwendigen Vorkehrungen und Verfahren für die Anpassung, Eindämmung, Finanzierung, Reduktion von Emissionen aus Entwaldung (REDD), Verringerung des internationalen Luft- und Seeverkehrs, Einführung neuer CO2-Marktmechanismen und Unterstützung für die am stärksten betroffenen Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder;

Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

8.

bekräftigt uneingeschränkt sein Bekenntnis zu den „20-20-20“-Zielen der EU und fordert alle nachgeordneten Regierungsebenen in der Welt auf, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, öffentliche politische Unterstützung, Investitionen von Unternehmen und Finanzierungsquellen zu mobilisieren und Hersteller und Verbraucher zu einer Änderung ihres Verhaltens im Hinblick auf eine bessere Ressourceneffizienz und eine klimafreundlichere Wirtschaft zu bewegen;

9.

betont, dass der vom AdR vorgeschlagene Territorialpakt der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Europa-2020-Strategie ein sehr wichtiges Werkzeug für die Bekämpfung des Klimawandels sein könnte, denn die Ziele der Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ lassen sich nur in enger Partnerschaft zwischen der europäischen, der nationalen, der regionalen und der lokalen Verwaltungsebene auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips wirksam erreichen;

10.

ist bereit, das Ziel auf 30 % zu erhöhen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind;

11.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission die Möglichkeiten für eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mehr als 20 % geprüft hat; bedauert, dass die Kommission auf der Grundlage dieser Prüfung die Ansicht vertritt, dass die derzeitigen Bedingungen eine einseitige Erhöhung des Reduktionsziels der EU auf 30 % nicht zulassen, und vorerst auch keine weiteren politischen Initiativen verfolgt;

12.

hebt die Anstrengungen der Städte und Regionen aus ganz Europa hervor, die lokale oder regionale Klima- und Energiestrategien mit konkreten Klimaschutzzielen aufgestellt und sich durch Unterzeichnung des Bürgermeisterkonvents verpflichtet haben, die CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 20 % zu senken;

13.

fordert den Rat und die Europäische Kommission eindringlich auf, den AdR in die Vorbereitung der Klimakonferenz in Cancún einzubinden und damit uneingeschränkt der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Eindämmung der Klimaänderungen und der entsprechenden Anpassungsmaßnahmen Rechnung zu tragen;

Durchgängige und sektorübergreifende Berücksichtigung von Klimaschutzbelangen und des Ziels einer kohlenstoffarmen Wirtschaft

14.

vertritt die Auffassung, dass die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an seine Auswirkungen als ausdrückliches Ziel durchgängig in alle bestehenden politischen Strategien der EU aufgenommen werden sollten, so in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, einschließlich der Vermeidung der Entwaldung, Verkehr, Biodiversität, Wasserwirtschaft und Abfallbewirtschaftung sowie bei den Förderprogrammen, z.B. auf dem Gebiet der Kohäsions-, Industrie- und Agrarpolitik sowie der Entwicklungszusammenarbeit der EU;

15.

fordert die Europäische Kommission auf, ein umfassendes Verkehrs- und Klimaschutzpaket vorzulegen, und weist erneut darauf hin, dass die Einbeziehung des Luft- und Seeverkehrs in ein weltweites Emissionshandelssystem ein wichtiger Schritt zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen sein wird; ist der Auffassung, dass die besondere Situation von Inseln und Gebieten in äußerster Randlage, die in hohem Maße vom Luft- und Seeverkehr abhängig sind, bei diesem Paket zu berücksichtigen ist und dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Schritten zur Reduzierung der CO2-Emissionen und den hohen Kosten hergestellt werden muss, die für Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels in diesen Gebieten anfallen;

16.

ist der Meinung, dass die EU auf der Grundlage der EU-2020-Strategie für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum („Green New Deal“) spezifische Vorhaben auf den Weg bringen muss, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu ermöglichen und sie zur klimafreundlichsten Region der Welt zu machen;

17.

vertritt die Ansicht, dass die EU mit ihrer Energiepolitik entscheidende Impulse für ökologische Innovation und Energieeffizienz geben muss, damit die führende Rolle europäischer Unternehmen in den Schlüsselbereichen der grünen Wirtschaft durch Innovation, Energieeffizienz und frühzeitigen Einsatz neuer Technologien weiter ausgebaut werden kann;

18.

weist darauf hin, dass für Energieeinsparungen im Einklang mit den 20-20-20-Zielen massive Investitionen in den Bereichen Industrie, Verkehr und Wohnungsbau sowie öffentliche und gewerblich genutzte Gebäude erforderlich sind;

19.

ist der Ansicht, dass eine Kohlendioxidsteuer oder eine Form einer direkten Emissionsbesteuerung ein sinnvolles Mittel zur Schaffung von Anreizen für die Senkung des Energieverbrauchs und die Verwendung von sauberer Energie sowie für die Bereitstellung der Finanzmittel sein kann, die für die notwendigen Änderungen zum Schutz des Klimas aufgebracht werden müssen;

20.

regt daher an, neue Instrumente in Form von Prioritäten im Rahmen der Strukturfonds oder eines eigenen Energieinvestitionsfonds zu entwickeln;

21.

ist überzeugt, dass der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in einer sozial verantwortlichen und wirtschaftlich vertretbaren Weise vollzogen werden muss, wobei neben der zu erwartenden Schaffung neuer „grüner“ Arbeitsplätze die Erhaltung und gegebenenfalls Neuausrichtung bestehender Arbeitsplätze im Blick bleiben müssen;

22.

empfiehlt strategische öffentlich-private Partnerschaften wie Bündnisse zwischen KMU und lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften im Hinblick auf die Weiterentwicklung und Anwendung von kohlenstoffarmen Technologien und ruft die Regionen und Städte auf, örtliche Klimaaktionsbündnisse zwischen öffentlichen und privaten Partnern zu schließen, in denen konkrete Klimaschutzmaßnahmen zur Erreichung des 20-20-20-Ziels dargelegt werden;

Aufbau einer weltweiten Führungsrolle der EU beim Klimaschutz: Multi-Level-Governance und mehr Haushaltsmittel für die Gebietskörperschaften

23.

betont, dass wirksame EU-Klimaschutzmaßnahmen eine Koordinierung der Bemühungen der lokalen, regionalen, nationalen, europäischen und internationalen Ebene erfordern;

24.

unterstreicht, dass der Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Kampf gegen den Klimawandel Rechnung zu tragen ist. In diesem Sinne und gemäß dem Subsidiaritätsprinzip müssen diese Regierungsebenen berücksichtigt werden, da es zu ihren Zuständigkeiten gehört, Emissionsminderungspläne, Anpassungsmaßnahmen und sonstige Aktivitäten auf der regionalen und lokalen Ebene aufzustellen, die für die Bekämpfung des Klimawandels von äußerster Wichtigkeit sind;

25.

stellt fest, dass städtische Gebiete 75 % der Kohlenstoffemissionen verursachen und damit die Städte an vorderster Front der Klimaschutzbemühungen stehen; verweist auf die Tatsache, dass in Kopenhagen keine Einigung auf verbindliche Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen erzielt werden konnte und deshalb den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die besonders schwere Verantwortung zukommt, entscheidende und dringende Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abmilderung seiner Auswirkungen durchzuführen. Der Bürgermeisterkonvent ist hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung;

26.

unterstreicht, dass die EU-Vision von Synergien zwischen einer grünen Wirtschaft und Klimaschutzmaßnahmen als Impulsgeber für die restliche Welt dienen könnte, wenn das Potenzial der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in vollem Umfang anerkannt und gestärkt wird;

27.

hebt hervor, dass diese Vision ein integriertes, innovatives Maßnahmenpaket für die Bereiche Verkehr, Bauwesen und Stromerzeugung umfassen, d.h. eine neue industrielle Revolution anstoßen und dabei die privaten Haushalte in die Energieerzeugung einbeziehen sollte;

28.

ruft Europäische Kommission und Rat auf, dafür zu sorgen, dass die EU wieder dauerhaft und glaubwürdig eine Führungsrolle beim internationalen Klimaschutz übernimmt, und dazu die entsprechenden lokalen, nachgeordneten, nationalen und regionalen Kompetenzen, Kapazitäten und Institutionen zu entwickeln und zu stärken; fordert die Europäische Kommission auf, diesen Ansatz in ihren Beziehungen zu internationalen Partnern zu fördern;

29.

ist der festen Überzeugung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Europa zu dieser internationalen Führungsrolle der EU beitragen können, indem sie für andere beispielgebend sind, und freut sich daher darauf, im Einklang mit der neuen Gemeinsamen Absichtserklärung der Bürgermeisterkonferenz der USA und des AdR tätig zu werden, um sicherzustellen, dass die Städte und Gemeinden in der EU und den USA konkrete Ergebnisse bei der Eindämmung des Klimawandels und der Anpassung an seine Auswirkungen erzielen;

30.

empfiehlt nachdrücklich Schulungsmaßnahmen für Gebietskörperschaften für Klimaschutzkonzepte an der Basis und Öffentlichkeitskampagnen zur Sensibilisierung der Bürger für Klimaschutzbelange;

31.

empfiehlt nachdrücklich, dass insbesondere auf die durchgängige Berücksichtigung von Klimaschutzbelangen in den öffentlichen Haushalten aller Verwaltungsebenen geachtet wird, wobei er:

a)

bekräftigt, dass umgehend geeignete europäische Instrumente für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellt werden müssen, um die Klimaschutzbemühungen auf lokaler und regionaler Ebene zu unterstützen. Dazu sollten die einzelstaatlichen Rahmenbedingungen für die Mittelausstattung und Finanzierung angepasst und der Zugang zu Darlehen der Europäischen Investitionsbank erleichtert werden;

b)

stellt fest, dass die jüngste Finanzkrise die kommunalen Haushalte zusätzlich belastet; betont daher den Nutzen von angemessenen Subventionen und Anreizen für lokale und regionale Gebietskörperschaften zur Förderung von Energieeffizienz, einer nachhaltigen Energienutzung und von Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energiequellen; fordert einen Ausbau des Programms „Intelligente Energie - Europa“, das besser auf die sich wandelnden Bedürfnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zugeschnitten werden muss;

c)

empfiehlt, bei der bevorstehenden Reform des EU-Haushalts Klimaschutzbelange zu einem übergreifenden Schwerpunkt der bestehenden Finanzinstrumente wie Strukturfonds, GAP und Rahmenprogramme auf dem Gebiet der Forschung und technologischen Entwicklung zu machen;

d)

schlägt vor, einen maßgeblichen Anteil der Erlöse aus dem Europäischen Emissionshandelssystem den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Verfügung zu stellen, um vor Ort die praktische Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen durchführen zu können, und regt an, dass Finanzmittel aus dem internationalen Kohlenstoffmarkt auch zugunsten von Projekten in Entwicklungsländern genutzt werden sollten;

e)

verweist auf die bedeutende Rolle der EU-Strukturfonds, wenn es darum geht, Unterschiede zu verringern und alle Regionen dazu zu befähigen, Nutzen aus dem Dreigestirn Forschung, Innovation und intelligente Investitionen zu ziehen, um so Strukturdefizite zu korrigieren;

Lokale und regionale Gebietskörperschaften fordern weltweite Überzeugungsarbeit und Partnerschaft bei der Klimaschutzagenda

32.

fordert, dass die Aktivitäten der EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen von Partnerschaften mit lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Entwicklungs- und Schwellenländern gefördert und ausgebaut werden sollten, und ruft in diesem Zusammenhang die europäischen Gebietskörperschaften auf, die bestehenden Möglichkeiten der dezentralen Zusammenarbeit zu nutzen und auszubauen, um mit Gebietskörperschaften in Entwicklungsländern auf den Gebieten Sensibilisierung, Austausch vorbildlicher Verfahrensweisen und Technologietransfer zu kooperieren und sicherzustellen, dass die in Kopenhagen gemachten finanziellen Zusagen in wirksame Vorhaben investiert werden;

33.

vertritt die Ansicht, dass die Anstrengungen, den Klimawandel und den Rückgang der biologischen Vielfalt in sich gegenseitig verstärkender Weise zu bewältigen, auf internationaler und nationaler Ebene besser abgestimmt werden müssen, um die Möglichkeiten, die sich im Zuge der globalen Prozesse im Rahmen der internationalen Überkommen ergeben, bestmöglich auszuschöpfen;

34.

ruft die EU auf, die verstärkte Übernahme von Ökosystem-basierten Ansätzen bei der Finanzierung im Rahmen der Klimarahmenkonvention zu unterstützen, so auch bei dem UNO-Programm zur Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung (REDD/REDD+), das über Waldflächen hinaus auch auf andere Ökosysteme wie Feuchtgebiete ausgedehnt werden sollte;

35.

bekräftigt sein Engagement für den Abschluss eines international verbindlichen Übereinkommens und weist nachdrücklich darauf hin, dass die nationalen Regierungen ihre Zielvorgaben nur bei einer aktiven Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erreichen können;

36.

beauftragt seine Präsidentin, die vorliegende Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem belgischen EU-Ratsvorsitz, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Klimarahmenkonvention zu übermitteln.

Brüssel, den 6. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

86. Plenartagung am 5./6. Oktober 2010

18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/4


Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der künftigen Umweltpolitik“

2011/C 15/02

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtigere Rolle bei der Gestaltung der europäischen Umweltpolitik spielen sollten, da ihre Einbeziehung eine bessere Umsetzung und eine stärkere Eigenverantwortung gewährleistet. Innovative Methoden der Multi-Level-Governance und auch die Nutzung bestehender Netze und Plattformen werden dazu beitragen, dass sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von sich aus zu den Zielen verpflichten. Der Konvent der Bürgermeister ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel, sein Ansatz könnte auf andere Schlüsselbereiche der europäischen Umweltpolitik ausgeweitet werden;

ersucht die Europäische Kommission, die gemeinsame Veranstaltung eines jährlichen Forums mit dem AdR zu erwägen, um Lösungen für regionale und lokale Probleme bei der Umsetzung der EU-Umweltvorschriften zu erörtern, und fordert das Europäische Parlament auf, die AdR-Fachkommission ENVE an seinen Debatten mit der Europäischen Kommission über die Umsetzung der europäischen Umweltvorschriften zu beteiligen;

fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die interne Aufteilung der Befugnisse geachtet wird und geeignete Verfahren zur Konsultierung geschaffen werden, einschließlich der Einrichtung vertikaler „Dossier-/Umsetzungsteams“ mit Sachverständigen der nationalen Verwaltung, der Regionen und Verbänden lokaler Gebietskörperschaften, die während des gesamten Politikzyklus zusammenarbeiten;

unterstützt einen allgemein verbindlichen Rahmen für Umweltinspektionen. Form und Inhalt der Inspektionen sollten im Einzelnen auf nationaler Ebene festgelegt und auf lokaler und regionaler Ebene auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze weiterentwickelt werden, die auf EU-Ebene und nachgeordneten Ebenen aufgestellt wurden;

betont, dass ein 7. UAP ein wichtiges Standbein für die künftige EU-2020-Strategie wäre; die Auswirkungen auf die Umweltpolitik sollten hierin dargelegt werden. Es sollte eindeutige Ziele und Zeitpläne vorgeben und eine gemeinsame thematische Strategie zum Bodenschutz, u.a. im Hinblick auf den Erlass einer Bodenrahmenrichtlinie, beibehalten.

Berichterstatterin: Paula Baker (UK/ALDE), Mitglied des Bezirksrates von Basingstoke und Deane

Referenzdokument: Befassung des spanischen Ratsvorsitzes

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

A.   Allgemeine Aspekte

1.

begrüßt, dass er an der Erarbeitung „besserer Instrumente für die Umweltpolitik“ und den Arbeiten zum Siebten Umweltaktionsprogramm beteiligt ist, da die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Umsetzung der Umweltpolitik und die Erzielung greifbarer Ergebnisse von zentraler Bedeutung sind;

2.

begrüßt, dass viele lokale und regionale Gebietskörperschaften bereits ausgezeichnete Arbeit im Umweltbereich geleistet haben, und möchte sie weiter ermutigen;

3.

räumt ein, dass die Durchsetzung der Rechtsvorschriften ein Hindernis darstellt. Im Jahr 2008 betrafen 23,5 % (481) der Verstöße gegen die EU-Rechtsvorschriften im Jahr 2008 den Umweltbereich (1), was auf weiter anhaltende Umweltschädigungen und Wettbewerbsverzerrungen hindeutet;

4.

möchte in dieser Stellungnahme herausstellen, wie die Wirksamkeit des Umweltschutzes auf allen Verwaltungsebenen und in allen Phasen der Politikgestaltung gesteigert werden kann;

B.   Bessere Koordinierung und Governance

5.

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtigere Rolle bei der Gestaltung der europäischen Umweltpolitik spielen sollten. Ihre Einbeziehung gewährleistet eine bessere Umsetzung und eine stärkere Eigenverantwortung. Das Multi-Level-Governance-Konzept des AdR sollte auf die Umweltpolitik der EU angewandt werden, und die Pilotarbeiten zu dreiseitigen Verträge zwischen der EU, der nationalen und der regionalen bzw. lokalen Ebene sollten ausgeweitet werden (2). Dies würde eine wirkliche Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den einzelnen Regierungs- und Verwaltungsebenen ermöglichen, um die vereinbarten Ergebnisse zu erzielen;

6.

ist der Ansicht, dass innovative Methoden der Multi-Level-Governance und auch die Nutzung bestehender Netze und Plattformen dazu beitragen werden, dass sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von sich aus zu den Zielen verpflichten, anstatt sich einfach auf die Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten zu verlassen. In vielen Regionen und Städten Europas wurden ehrgeizige Maßnahmen auf lokaler Ebene ergriffen, nachdem auf nationaler Ebene nichts geschah, wie etwa die lokale Agenda 21, die letztlich auf den Erdgipfel 1992 zurückgeht. Der Konvent der Bürgermeister ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel;

7.

fordert die Europäische Kommission auf zu prüfen, ob ein solcher Ansatz auf integrierte Weise und mit einer bereichsübergreifenden Koordinierung auf andere Schlüsselbereiche der europäischen Umweltpolitik ausgeweitet werden könnte, wie z.B. biologische Vielfalt, Abfall- und Wasserproblematik, Lärmbelästigung und Luftverschmutzung sowie Flächennutzung;

8.

bedauert, dass trotz der eindeutig festgelegten Aufgaben der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Umweltschutzbereich die EU-Umweltvorschriften an die Mitgliedstaaten gerichtet sind und diese lediglich zur Benennung einer „zuständigen Behörde“ (in seltenen Fällen mehrerer „Behörden“) verpflichtet und nur in Ausnahmefällen eine Zusammenarbeit vorsieht (3);

9.

bedauert, dass Fördermaßnahmen für eine gute Regierungsführung auf der lokalen und regionalen Ebene in den Plänen der Europäischen Kommission für eine bessere Umsetzung der EU-Umweltvorschriften zu kurz kommen (4);

10.

weist darauf hin, dass Artikel 11 des Vertrags von Lissabon mehr Dialog und Abstimmung zwischen den EU-Institutionen zur Auflage macht. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sehen in dieser neuen Bestimmung Möglichkeiten für ihre stärkere Beteiligung an der Festlegung der Unionspolitiken. Außerdem wird das Subsidiaritätsprinzip auf die regionale und lokale Ebene ausgeweitet. In Artikel 5 des Subsidiaritätsprotokolls heißt es, dass Entwürfe von Gesetzgebungsakten Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen des Entwurfs sowie zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Rechtsvorschriften, einschließlich gegebenenfalls der regionalen Rechtsvorschriften, enthalten sollten;

11.

ist der Ansicht, dass die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission auf die lokale und regionale Ebene ausgedehnt werden sollte, wobei die territoriale Folgenabschätzung gängige Praxis werden sollte;

12.

fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, im Falle von Änderungen an Legislativvorschlägen, die weit reichende Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften haben, eine Folgenabschätzung durchzuführen, wie sie auch beim ursprünglichen Vorschlag vorgenommen wurde;

13.

betont, dass die Umsetzung der Umweltvorschriften häufig mit erheblichem administrativem und finanziellem Aufwand verbunden ist und inhaltliche und fachliche Kompetenz sowie einen politischen Willen erfordert. Durch eine Analyse der Folgen für die lokalen und regionalen institutionellen Strukturen könnten größere finanzielle Anreize und die erforderliche europäische und nationale Unterstützung gerechtfertigt werden;

14.

hält es für unerlässlich, dass die Europäische Kommission gemeinsame Instrumente auf den Weg bringt, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit den Mitteln auszustatten, die zur Erfüllung der festgelegten Ziele erforderlich sind;

15.

betont, dass eine bessere Kommunikation auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen und in sämtlichen Phasen der Politikgestaltung erforderlich ist; d.h. entsprechende Investitionen in Informationssysteme und Internetlösungen, die Umweltinformationen für die Öffentlichkeit und öffentliche Einrichtungen transparent machen. IKT können die Berichterstattung für lokale und regionale Gebietskörperschaften vereinfachen, ohne den Wirkungsgrad der Rechtsvorschriften zu schmälern;

16.

empfiehlt, dass die nationalen Umweltministerien vertikale „Dossier-Teams“ mit Sachverständigen der nationalen Verwaltung, der Regionen und Verbänden lokaler Gebietskörperschaften einrichten sollten, die während des gesamten Politikzyklus zusammenarbeiten;

17.

wünscht sich eine umfassende Förderung des LIFE+-Programms der EU in allen Regionen Europas, um innovative lokale Maßnahmen voranzutreiben und die Schlagkraft und Resonanz der Programmkomponente „Umweltpolitik und Verwaltungspraxis“ zu steigern;

18.

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, ständige Umsetzungsnetzwerke aus Bediensteten der Kommission und Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten einzurichten (5). Die Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten sollten von nationalen Umsetzungsteams unterstützt werden, an denen auch lokale und regionale Verwaltungsbeamte beteiligt sind;

19.

fordert umgehende Folgemaßnahmen des Rates zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, der 2004 vom Europäischen Parlament angenommen wurde. Auf diese Weise könnten das Übereinkommen von Aarhus vollständig umgesetzt und eine bessere und konsequentere Durchsetzung der Umweltvorschriften erreicht werden;

20.

fordert einen Wissensaustausch zwischen Justizsystemen, die sich mit Verstößen gegen die EU-Umweltvorschriften und deren Nichteinhaltung befassen;

21.

unterstützt die Forderung des Europäischen Parlaments nach einem allgemein verbindlichen Rahmen für Umweltinspektionen, der Einrichtung eines Umweltinspektionsdienstes der EU sowie der Stärkung des EU-Netzes für die Anwendung und Durchsetzung des Umweltrechts (IMPEL) (6). Ein verbindliches Instrument für Inspektionen kann dem unlauteren Wettbewerb zwischen Regionen und Städten der EU aufgrund unterschiedlicher Inspektionsregelungen entgegenwirken und für einheitliche Rechtsmittel sorgen. Form und Inhalt der Inspektionen sollten im Einzelnen jedoch auf nationaler Ebene festgelegt und auf lokaler und regionaler Ebene auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze weiterentwickelt werden, die auf EU-Ebene und nachgeordneten Ebenen aufgestellt wurden;

22.

wiederholt seine Empfehlung, das IMPEL-Netz auf die lokale und regionale Ebene sämtlicher Mitgliedstaaten zu erweitern, was die Entwicklung leistungsfähiger nationaler IMPEL-Netze beinhalten könnte, damit die entsprechenden Ergebnisse möglichst weit verbreitet werden (7);

C.   Wirksamere Verknüpfung der Politiken

23.

begrüßt die Zusammenarbeit zwischen der GD REGIO und der GD ENV mit dem Ziel, dass die Maßnahmen der GD REGIO den Umweltanforderungen voll und ganz Genüge tun, und ist der Ansicht, dass eine solche Kohärenz zwischen sämtlichen Dienststellen erforderlich ist. Der Ausschuss begrüßt zwar den ganzheitlichen Ansatz der EU-2020-Strategie, hält jedoch eine starke lokale und regionale Dimension hierbei für unerlässlich;

24.

macht darauf aufmerksam, dass die Kohärenz der politischen Maßnahmen und die Umweltauswirkungen bei der Überprüfung des EU-Haushalts für die Zeit nach 2013 und der Bereitstellung von EU-Mitteln für die Kohäsions- und Agrarpolitik berücksichtigt werden müssen;

25.

weist darauf hin dass die Umweltvorschriften teilweise unbeabsichtigte Widersprüche aufweisen. So sollte die Abfallvermeidung z.B. sowohl in der Abfallrahmen- als auch in der Produktrichtlinie geregelt werden. Vereinfachungen zugunsten klarer, eindeutiger und ergebnisorientierter Rechtsvorschriften werden zu deren Zielgerichtetheit, Akzeptanz und Anwendung beitragen;

26.

hebt hervor, dass die Europäische Kommission bei der Erarbeitung oder Überarbeitung von EU-Rechtsvorschriften lokale und regionale Gebietskörperschaften anhören sollte. Deren wertvolle Erfahrungen können dazu beitragen, dass Widersprüche zu anderen Politiken oder negative Auswirkungen frühzeitig festgestellt werden und die Effizienz der Rechtsvorschriften gesteigert wird;

27.

fordert eine Lockerung der Regelungen betreffend Marktverzerrungen, soweit diese ein Hindernis für ein umweltgerechtes öffentliches Beschaffungswesen darstellen;

28.

weist nachdrücklich darauf hin, dass Rechtsvorschriften, die auf die Quellen von Umweltauswirkungen abheben, entscheidend für das Erreichen der umweltpolitischen Ziele sind und Kohärenz zwischen den Verpflichtungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gewährleisten. Zum Beispiel haben lokale und regionale Gebietskörperschaften keinen Einfluss auf die Emissionsnormen für Fahrzeuge, müssen aber die Luftqualitätsanforderungen der EU erfüllen;

29.

empfiehlt den Einsatz marktbasierter Instrumente, die die vollständigen Kosten von Gütern oder Dienstleistungen widerspiegeln, dem Verbraucher zum Kaufzeitpunkt deren Umweltauswirkungen während ihres gesamtes Lebenszyklus verdeutlichen und die Herstellerverantwortung herausstellen;

D.   Wie lokale und regionale Gebietskörperschaften mehr für die Umwelt tun können

Governance

30.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die interne Aufteilung der Befugnisse geachtet wird und geeignete Verfahren zur Konsultierung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften geschaffen werden. Gute Zusammenarbeit vor allem zwischen den „Umsetzungsteams“ aus nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungsbeamten fördert das gegenseitige Verständnis und die Umsetzung der Rechtsvorschriften (8);

31.

betont die zentrale Rolle regionaler und lokaler Gebietskörperschaften für die Erhebung von Umweltdaten. Um zu gewährleisten, dass Berichte und Indikatoren über den Umweltzustand in der EU kohärent, aussagekräftig und zuverlässig sind, müssen eine sinnvolle Aufgabenverteilung, eine entsprechende Ressourcenausstattung und ein angemessener Informationsfluss zwischen Kommunen, Regionen und Mitgliedstaaten gegeben sein;

32.

plädiert für mehr Transparenz bezüglich der Verteilung der Aufgaben insbesondere zwischen den für die Durchsetzung der EU-Umweltvorschriften und den für die Erbringung von Umweltdienstleistungen, Infrastruktur oder Raumplanung zuständigen Stellen;

Informationsaustausch

33.

fordert die nationalen und regionalen Umweltministerien und -agenturen auf, unter Beteiligung von Vertretern lokaler und regionaler Gebietskörperschaften Leitfäden, darunter Vorschläge für Instrumente, Benchmarks, Normen und Muster für Verfahren auszuarbeiten, die von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eingesetzt werden. Gleichzeitig sollten sie geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU zu stärken, die mit vergleichbaren Umweltproblemen zu kämpfen haben;

34.

unterstreicht den Nutzen des Austauschs bewährter Vorgehensweisen zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, wie z.B. über Möglichkeiten, wie Informationen besser zugänglich, leichter auffindbar und verständlicher gemacht werden können;

Einbeziehung der Bürger

35.

möchte diejenigen Gebietskörperschaften lobend erwähnen, die ihre Bürger einbeziehen, und dazu anregen, eine langfristige gemeinsame Vision für die Lebensqualität bei ihnen vor Ort zu entwickeln, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte miteinander verbindet;

36.

fordert Unterstützung für Bildung und Forschung, damit die Bürger einen stärkeren Bezug zu ihrer Umwelt entwickeln. Die Bürger sind sich nicht vollkommen darüber im Klaren, welche Rolle die Umwelt für ihr Leben spielt (9). Aufgrund ihrer Bürgernähe können die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf ein größeres Bewusstsein der Bürger aller Altersgruppen hinwirken;

37.

ist der Ansicht, dass die Behörden vorzugsweise internetgestützte Informationsverbreitungsverfahren einführen und das Übereinkommen von Aarhus (10) umsetzen sollten, sodass der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ermöglicht, die Öffentlichkeit in die Überwachung der Umsetzung der EU-Umweltvorschriften auf lokaler Ebene einbezogen und geeignete Instrumente für die partizipative Demokratie und die aktive lokale Teilhabe geschaffen werden;

38.

erachtet die SUP- und die UVP-Richtlinie als zentrale Instrumente für lokale und regionale Umweltmaßnahmen und die Beteiligung der Öffentlichkeit (11), um auf diese Weise sicherzustellen, dass das vor Ort vorhandene Wissen berücksichtigt wird, weist jedoch auf die damit verbundenen Kosten und das Erfordernis entsprechender fachlicher Qualifikationen hin;

39.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, vereinfachte und koordinierte öffentliche Umweltkontrollmechanismen einzusetzen, die die Erfüllung der aus den Rechtsvorschriften erwachsenden Verpflichtungen erleichtern und die Beziehung zwischen Behörden und Bürgern auf der Grundlage der Prinzipien Effizienz, Transparenz und geteilte Verantwortung fördern;

Finanzielle Aspekte und bereichsübergreifende Integration

40.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, den Umweltaspekt in allen Betätigungsfeldern zu berücksichtigen, z.B. durch die Förderung umweltfreundlicher örtlicher Unternehmen durch die Bereitstellung von Risikokapital oder von „Business Angels“ bzw. von Kleinstkrediten, oder auch durch Beratung über ein umweltgerechtes öffentliches Beschaffungswesen;

41.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, „grüne Auftraggeber“ zu werden. Bei der öffentlichen Beschaffung, die 16 % des BIP der EU ausmacht, sollte stets das höchste Umweltschutzniveau gewährleistet sein. Die neue Website für ein umweltgerechtes öffentliches Beschaffungswesen (http://ec.europa.eu/environment/gpp) ist daher sehr zu begrüßen;

42.

befürwortet eine umfassende Ausschöpfung der Optionen zur Kostendeckung gemäß Artikel 9 der Wasserrahmenrichtlinie, um Anreize für Wassereinsparungen und Wassereffizienz zu schaffen, und Artikel 14 der Abfallrahmenrichtlinie, um dem Verbraucher die Umweltkosten vor Augen zu führen, und regt an, ähnliche Wirtschaftsinstrumente in künftige Vorschläge einzubeziehen;

43.

plädiert, unter Wahrung bestehender nationaler Planungssysteme, für eine enge Abstimmung von Planung (darunter auch nachhaltige Raumplanung), Herstellung und Vertrieb in dem Bemühen um die Entwicklung einer CO2-armen Wirtschaft, ein nachhaltiges Produktionsmodell, Ressourceneffizienz und die Förderung erneuerbarer Energieträger, um so „grüne“ Arbeitsplätze zu schaffen und nachhaltiges Wachstum zu fördern und gleichzeitig ökologische und gesundheitliche Auswirkungen gering zu halten;

44.

fordert dazu auf, bei der Gestaltung der künftigen Politik zum Umweltmanagement in Grenzregionen sowie in aneinandergrenzenden Gebieten mit gemeinsamen Flüssen, Grenzflüssen bzw. anderen Grenzgewässern über Partnerschaftsprogramme, z.B. im Rahmen der Euregios, auf lokaler und regionaler Ebene in den benachbarten Staaten gezielten Einfluss auszuüben und gemeinsame Umweltschutzprojekte zu erarbeiten und umzusetzen;

E.   Was der AdR tun kann

In der Politikgestaltungsphase

45.

fordert die Europäische Kommission auf, proaktiver vorzugehen und den AdR in Form von Prospektivstellungnahmen frühzeitig in die Politikgestaltung einzubeziehen;

46.

wird sich darum bemühen, durch seine spezifischen Netze – das Netz für Subsidiaritätskontrolle und die Monitoringplattform für die EU-2020-Strategie – die bestehende Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission zur Bewertung der Folgen bestimmter Vorschläge für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften fortzusetzen (territoriale Folgenabschätzungen);

In der Politikgestaltungsphase und in der Beschlussfassungsphase

47.

trägt ständig Sorge dafür, dass der in lokalen und regionalen Verwaltungen vorhandene Wissens- und Erfahrungsschatz bezüglich der konkreten Gegebenheiten vor Ort in die Erarbeitung seiner Stellungnahmen eingebracht wird. Dies geschieht im Rahmen gezielter Konsultationen der hierfür geschaffenen Netze des AdR – u.a. des Netzes für Subsidiaritätskontrolle und der Monitoringplattform für die EU-2020-Strategie – sowie durch die Veranstaltung von Anhörungen lokaler und regionaler Verbänden und wichtiger Interessenträger;

In der Beschlussfassungsphase

48.

betont, dass der Vertrag von Lissabon die Rolle des AdR im Beschlussfassungsprozess über die EU-Klimapolitik durch Einführung der obligatorischen Anhörung des AdR gestärkt hat und begrüßt des Weiteren die im Vertrag von Lissabon enthaltene Bestimmung bezüglich des Rechts einer erneuten Anhörung des Ausschusses, wenn der ursprüngliche Legislativvorschlag im Laufe des Rechtsetzungsprozesses erheblich abgeändert wurde, wodurch dem AdR die Möglichkeit gegeben wird, revidierte Stellungnahmen abzugeben;

49.

wünscht sich eine intensivere Zusammenarbeit bei Umweltdossiers mit dem Europäischen Parlament und dem Rat als Mitgesetzgeber. Der ENVI-Ausschuss des Europäischen Parlaments könnte erwägen, mit dem AdR gemeinsam Anhörungen zu veranstalten und AdR-Berichterstatter zur Präsentation maßgeblicher AdR-Stellungnahmen einladen. Die Mitgliedstaaten könnten den AdR zur regelmäßigen Teilnahme an den informellen Treffen der für Umwelt zuständigen Minister einladen (12);

In der Umsetzungsphase

50.

ersucht die Europäische Kommission, die gemeinsame Veranstaltung eines jährlichen Forums mit dem AdR zu erwägen, um Lösungen für regionale und lokale Probleme bei der Umsetzung der EU-Umweltvorschriften in bestimmten Bereichen wie z.B. Wasser, biologische Vielfalt, Lärm, Luft oder Abfall zu erörtern;

51.

fordert das Europäische Parlament auf, die AdR-Fachkommission ENVE an den themenspezifischen Debatten des ENVI-Ausschusses mit der Europäischen Kommission über die Umsetzung der europäischen Umweltvorschriften zu beteiligen;

52.

schlägt eine Weiterentwicklung der Auszeichnung „Grüne Hauptstadt Europas“ vor und äußert den Wunsch, als Mitglied in das Auswahlgremium aufgenommen zu werden. Dazu schlägt der AdR vor:

Haushaltsmittel für die Preisträger bereitzustellen, damit diese den europäischen Mehrwert der von ihnen im Zusammenhang mit dieser Auszeichnung organisierten Veranstaltung(en) herausstellen können, in Anlehnung an die Auszeichnung „Europäische Kulturhauptstadt“;

den Nutzen und den Langzeiteffekt der Auszeichnung „Grüne Hauptstadt Europas“ für die betreffenden Städte zu maximieren, einschließlich einer Vernetzung der Preisträger, um Erfahrungen und bewährte Verfahren auszutauschen. Der AdR könnte durch die Ausrichtung von Veranstaltungen Unterstützung leisten und im AdR und bei der Europäischen Kommission über Veranstaltungen berichten;

dass er seine europäischen Veranstaltungen, Konferenzen und Fachkommissionssitzungen in der betreffenden „Grünen Hauptstadt Europas“ des Jahres auf die Verstärkung des Austauschs von Wissen und bewährten Methoden ausrichtet;

„Grüne Hauptstädte Europas“ dazu anzuhalten, nach einigen Jahren über die im Bereich der nachhaltigen Stadtpolitik ergriffenen Anschlussmaßnahmen zu berichten, und sie aufzufordern, sich mit anderen Städten und Interessenträgern auf europäischen Schlüsselveranstaltungen über ihre neuen Errungenschaften und Ideen auszutauschen;

dass die Auszeichnung die Beteiligung der Öffentlichkeit an der partizipativen Demokratie und Engagement vor Ort fördert und eine regionale Dimension aufweist, indem das städtische Umland in die Aktivitäten im Rahmen der Auszeichnung „Grüne Hauptstadt Europas“ einbezogen wird;

das Auswahlverfahren zu verfeinern, z.B. durch die Möglichkeit, dass das Auswahlgremium Vertreter der Städte, die in die engere Wahl gekommen sind, interviewt und diese Städte besucht;

die Öffentlichkeitswirkung der Auszeichnung zu verbessern. Der AdR könnte sich an der feierlichen Verleihung beteiligen.

F.   Ein neuer umweltpolitischer Rahmen

Ein Siebtes Umweltaktionsprogramm ist erforderlich

53.

ist der Ansicht, dass das 6. UAP seinen Teil zum derzeitigen gemeinschaftlichen Besitzstand im Umweltbereich beigetragen hat und nun ein 7. UAP angesagt ist;

54.

betont, dass das 7. UAP die Strategie für nachhaltige Entwicklung untermauern würde und ein wichtiges Standbein für die künftige EU-2020-Strategie wäre, in der mehrfach ein „grünes“ Wachstum und der Übergang zu einer CO2-armen und ressourcenschonenden Wirtschaft erwähnt wird. In einem 7. UAP sollte dargelegt werden, was hierunter zu verstehen ist und was dies für die Umweltpolitik bedeutet;

55.

vertritt die Auffassung, dass ein 7. UAP sowohl für Unternehmen als auch für lokale und regionale Gebietskörperschaften von Nutzen wäre, da es einen strukturierten und langfristigen Planungsrahmen, unter anderem für große Infrastrukturinvestitionen, schaffen würde;

56.

weist darauf hin, dass der umweltpolitische Aspekt in sämtliche Politikbereiche einfließen muss, was durch themenspezifische Rechtsvorschriften allein nicht machbar ist;

57.

befürchtet, dass wenn nach Ablauf des 6. UAP - dem ersten UAP, das ein Rechtsinstrument mit verbindlichen Beschlüssen ist - kein neues UAP zustande käme, dies als mangelnde politische Bereitschaft in einem Bereich angesehen würde, der den Bürgern nachweislich ein großes Anliegen ist;

Mögliche Elemente eines 7. UAP

58.

bedauert, dass der Ausschuss der Regionen im 6. UAP nicht ausdrücklich erwähnt wird und weist darauf hin, dass das Prinzip der Multi-Level-Governance im Umweltbereich ein wichtiges Element eines 7. UAP sein müsste;

59.

ist der Ansicht, dass ein 7. UAP ein langfristiges strategisches Planungsdokument ist, das eindeutige Ziele und Zeitpläne vorgeben und zur Verringerung bestimmter Umweltbelastungen anstelle relativer Ziele absolute Ziele (z.B. CO2-Ausstoß pro Einwohner) festlegen sowie anhand des SOER-2010-Berichts eindeutige Umweltzielvorgaben aufstellen sollte (13);

60.

macht darauf aufmerksam, dass bei der Umsetzung eines 7. UAP die Kompetenzen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie ihr politischer und administrativer Spielraum zu berücksichtigen ist;

61.

vertritt die Auffassung, dass das 7. UAP eine gründliche Überprüfung der Datenverwaltung und -erfassung beinhalten sollte, um für einen präzisen Leistungsvergleich und eine bessere Nachvollziehbarkeit bewährter Vorgehensweisen zu sorgen;

62.

ist der Ansicht, dass das 7. UAP auf einen intensiveren Einsatz von Marktinstrumenten in Kombination mit Regulierungsmaßnahmen hinwirken sollte. Durch das 6. UAP wurde der Einsatz wirtschaftlicher Instrumente zur Steigerung der Ressourceneffizienz und Minimierung der Umweltauswirkungen gefördert. Wo dieser Ansatz zur Anwendung kam, wurden die finanzielle Belastung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften verringert und die Umsetzung verbessert;

63.

fordert, im 7. UAP vorzusehen, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem ab 2013 unmittelbar den Regionen und Städten zur Finanzierung der lokalen Klimaschutzprogramme zugute kommen;

64.

empfiehlt einen langfristigen Zeithorizont für das neue Aktionsprogramm bis mindestens 2020, da jetzt bereits mit der Planung für 2050 begonnen werden muss; begleitend sollten eine Halbzeitbewertung und Kontrolle sowie eindeutige „Fahrpläne“ mit Zwischenzielen vorgesehen werden;

65.

rät zu einem systematischen Vorgehen in Bezug auf einen effizienten Ressourceneinsatz mit spezifischen Zielen und konkreten Zeitvorgaben für die quantitative Verringerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und zur Annahme einer neuen Definition des BIP, bei der Umweltauswirkungen berücksichtigt werden;

66.

fordert nachdrücklich, die bestehenden Verknüpfungen zwischen verschiedenen Politikbereichen auch weiterhin aufrechtzuerhalten und Umweltziele und -anforderungen in alle Bereiche aufzunehmen, wie etwa Raum- und Stadtplanung, urbane Mobilität, Land- und Forstwirtschaft, Lärm, Luftverschmutzung und Gesundheit;

67.

fordert die Berücksichtigung von Umweltzielen in wichtigen Haushaltsbereichen wie ländliche Entwicklung und Landwirtschaft;

68.

weist darauf hin, dass 75 % der Einwohner der EU in Städten leben und die Städte 75 % der Treibhausgasemissionen verursachen. Gleichzeitig sind Städte aber auch Zentren für Bildung, Forschung und Innovation. Das 7. UAP muss eine eindeutige städtische Dimension aufweisen und einen Mechanismus zur Mobilisierung und Übernahme von Verantwortung durch die Städte beinhalten;

69.

erkennt an, dass die gemeinsamen Ziele der EU für Klimaschutz, Ernährungssicherheit und Artenvielfalt durch Prozesse der Bodendegradation untergraben werden, und bedauert, dass es im Rat keine Mehrheit für die Bodenrahmenrichtlinie gibt. Eine gemeinsame thematische Strategie zum Bodenschutz, u.a. im Hinblick auf den Erlass einer Bodenrahmenrichtlinie, sollte daher wie schon bisher Teil des 7. UAP sein.

Brüssel, den 5. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  KOM(2009) 304 endg., Website der Europäischen Kommission „Statistics on environmental infringements“.

(2)  CdR 89/2009 fin, KOM(2002) 709 endg.

(3)  Studie 2010 des Brüsseler Instituts für Umweltmanagement (IBGE): „The Regional Dimension in EU Environmental Regulations and Directives“, http://www.eapdebate.org/files/files/study-regionaldimension.pdf.

(4)  KOM(2008) 773 endg./4.

(5)  KOM(2008) 773 endg./4.

(6)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. November 2008 zur Überprüfung der Empfehlung 2001/331/EG zur Festlegung von Mindestkriterien für Umweltinspektionen in den Mitgliedstaaten.

(7)  CdR 36/2001 fin.

(8)  CdR 199/2009 fin, CdR 89/2009 fin, EIPA-Studie 2009 „The institutional impacts of EU legislation on local and regional governments“.

(9)  Gemäß Eurobarometer-Umfragen über die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber der Umwelt (Biologische Vielfalt 2010, Klimawandel 2009, Umwelt 2008), siehe http://ec.europa.eu/environment/working_en.htm.

(10)  UN/ECE-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

(11)  CdR 38/2010 fin.

(12)  CdR 89/2009 fin.

(13)  EUA-Bericht „Die Umwelt in Europa - Zustand und Ausblick“, geplant für November 2010.


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/10


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Beitrag der Kohäsionspolitik zur Europa-2020-Strategie“

2011/C 15/03

SCHLUSSFOLGERUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

Der Ausschuss der Regionen muss in einer strukturierten Form – auch unter Nutzung der Erkenntnisse der Europa-2020-Monitoringplattform – in die weitere Umsetzung der Europa-2020-Strategie eingebunden werden. Dazu sollte der Jahresbericht der Europäischen Kommission für den Frühjahrsgipfel ein festes Kapitel über die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Umsetzung der Strategie vorsehen;

die Kohäsionspolitik muss sich auch in Zukunft an den Zielsetzungen des im EU-Vertrag verankerten wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ausrichten, insbesondere durch Verringerung der Unterschiede im Entwicklungsrückstand der verschiedenen Regionen und des Rückstands der am stärksten benachteiligten Gebiete. Unter dieser Prämisse wird sie einen aktiven Beitrag für die Umsetzung der Europa-2020-Ziele leisten;

nur durch den horizontalen Ansatz der Kohäsionspolitik kann sichergestellt werden, dass alle Regionen in der Europäischen Union eine Chance haben, sich aktiv an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu beteiligen;

dies könnte durch einen Territorialen Pakt mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gelingen, der die Beteiligung der Gebietskörperschaften an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie festlegt und eine Empfehlung für Territorialpakte gibt, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten die strukturierte Beteiligung der Gebietskörperschaften gemäß ihrer jeweiligen Zuständigkeiten ermöglichen könnten.

Hauptberichterstatter

:

Michael Schneider, Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten,

Bevollmächtigter des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund (DE/EVP)

Referenzdokument

:

Befassung durch den belgischen Ratsvorsitz

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitende Bemerkungen

1.

stellt fest, dass mit der Vorlage der Mitteilung der Europäischen Kommission und den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Europa-2020-Strategie wichtige Entscheidungen für die künftige Ausrichtung der EU-Politiken auf die Förderung von nachhaltigem Wachstum, Innovation und Beschäftigung getroffen wurden;

2.

unterstreicht, dass sich im weiteren Verlauf der Diskussionen die Europäischen Institutionen auf Kernziele und Handlungsschwerpunkte verständigt haben, die in den nächsten Monaten durch Leitinitiativen und Gesetzgebungsvorhaben untersetzt werden sollen;

3.

weist darauf hin, dass der Einbeziehung und aktiven Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der weiteren Ausgestaltung der Strategie und der Stärkung ihrer Rolle bei deren Umsetzung besondere Bedeutung zukommt;

4.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass ein Schlüssel zum Erfolg der Europa-2020-Strategie in der zielgerichteten Nutzung der Potenziale und Ressourcen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegt;

5.

hebt den bedeutenden Beitrag, den EU-Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie leisten kann, hervor;

6.

begrüßt daher, dass der belgische EU-Ratsvorsitz den Ausschuss der Regionen um eine Stellungnahme zur künftigen Rolle der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie gebeten hat;

7.

ruft in Erinnerung, dass sich der Ausschuss der Regionen in den vergangenen Jahren intensiv mit der Ausrichtung der Lissabon-Strategie und der Beteiligung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften an deren Umsetzung beschäftigt und sich auch zu der Frage der künftigen Ausrichtung der Europa-2020-Strategie eingebracht hat;

8.

weist in diesem Zusammenhang vor allem auf folgende Dokumente hin:

das Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance (1), in dem im Hinblick auf den territorialen Zusammenhalt die konsequente Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Sektorpolitiken der EU gefordert wurde,

die Stellungnahme zur „Zukunft der Lissabon-Strategie nach 2010“  (2), in der festgestellt wurde, dass die neue Strategie auf den vorhandenen Partnerschaftsstrukturen aufbauen sollte,

die Stellungnahme zur „Zukunft der Kohäsionspolitik“  (3), in der gefordert wird, dass die Kohäsionspolitik auch weiterhin ein zentraler Pfeiler des europäischen Integrationsprozesses bleiben muss;

Zielstellungen: „Europa 2020“ und Kohäsion bedingen einander

9.

unterstreicht, dass Ausgangspunkt einer Bewertung der künftigen Rolle der Kohäsionspolitik für die Umsetzung der Europa-2020-Strategie die vertraglichen Grundlagen und die Zielstellungen der verschiedenen EU-Politiken sein müssen;

10.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich der Beitrag der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie im Rahmen der in Artikel 174 AEUV festgelegten Zielsetzung und des durch den Vertrag von Lissabon in Artikel 3 AEUV als Querschnittsziel ausgewiesenen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts bewegen muss;

11.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik darauf abzielt, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu stärken, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern und die Unterschiede in der Entwicklung der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. Hierbei gilt besondere Aufmerksamkeit den ländlichen Gebieten, den wirtschaftlich benachteiligten oder den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen; erinnert darüber hinaus an die in der Studie „Europa 2020“ aufgeführten Herausforderungen für die Regionen in der EU, darunter den Regionen an der Außengrenze der EU sowie den städtischen Gebieten, deren Randbezirke häufig von fortschreitendem Verfall und zunehmender sozialer und wirtschaftlicher Verarmung betroffen sind; ist weiterhin der Auffassung, dass bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie auch den Gebieten in äußerster Randlage gemäß Artikel 349 des AEUV Rechnung zu tragen ist;

12.

stellt fest, dass die EU-Strukturfonds wesentlich zur Umsetzung der bisherigen Lissabon-Strategie beigetragen haben; bedauert jedoch die zu geringe Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diese Umsetzung;

13.

unterstützt daher die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010, in denen dieser betont, wie wichtig es ist, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu fördern sowie die Infrastruktur auszubauen, um zum Erfolg der Europa-2020-Strategie beizutragen; bedauert jedoch die mangelnde Berücksichtigung der Gebietskörperschaften in diesen Schlussfolgerungen;

14.

verweist auf die Schlussfolgerung aus dem Kok-Bericht über die fehlende Berücksichtigung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie und leitet daraus die Notwendigkeit ab, durch eine aktive Beteiligung der Gebietskörperschaften vor Ort, eine wichtige Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu schaffen;

15.

sieht daher folgende Aspekte als besondere Erfolgsvoraussetzungen für die Umsetzung der Europa-2020-Strategie an:

die Einbeziehung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften muss frühzeitig und umfassend sein, um eine Identifikation der Akteure mit den Zielen, Inhalten und Maßnahmen der Europa-2020-Strategie zu erreichen,

die Europa-2020-Strategie muss in der Lage sein, die Entwicklungspotenziale aller Gebietskörperschaften zu mobilisieren,

die eher thematisch aufgestellte Europa-2020-Strategie muss mit dem horizontalen Ansatz der Kohäsionspolitik verbunden werden, um eine umfassende Beteiligung und Wirkung in allen Gebietskörperschaften zu erzielen;

16.

warnt jedoch davor, die Kohäsionspolitik durch weitere Berichtspflichten, die über die bestehenden Verfahren hinausgehen, noch stärker administrativ zu belasten;

17.

unterstreicht, dass im Mittelpunkt der Kohäsionspolitik auch in Zukunft flexible lokal und regional angepasste Strategien stehen müssen, die zur Erreichung der Ziele der Europa-2020-Strategie beitragen, indem sie Antworten auf die äußerst unterschiedlichen Entwicklungserfordernisse in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vor Ort geben;

18.

spricht sich nochmals gegen den Vorschlag der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung vom 12. Mai 2010 über die Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung aus, Zahlungen aus den Strukturfonds im Rahmen eines Verfahrens wegen übermäßigen Defizits einzufrieren, und verweist auf seine Entschließung vom 10. Juni 2010 (4);

19.

stellt fest, dass zwischen der Kohäsionspolitik und den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ein enger Zusammenhang besteht, da beide bereichsübergreifend sowohl zur Stärkung des Binnenmarktes als auch zu mehr Zusammenhalt in Europa beitragen; vertritt daher die Ansicht, dass die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse als maßgeblicher Faktor eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums gesondert in der Europa-2020-Strategie herausgestellt werden sollten; schließt sich den Empfehlungen des Monti-Berichts zu einer neuen Binnenmarkt-Strategie (Mai 2010) an, wonach insbesondere die Finanzierung des Angebots an Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie Dienste zur sozialen Integration als politische Ziele der künftigen Wachstumsstrategie der EU ausgewiesen werden sollten;

20.

erachtet es als zentrale Aufgabe und einen wesentlichen Mehrwert der Europa-2020-Strategie, die notwendigen Strukturreformen in Europa unter Einbeziehung der EU-Institutionen für eine Stärkung von nachhaltigem Wachstum, Innovation und Beschäftigung anzugehen. Diese Strukturreformen sind auch für den erfolgreichen Einsatz der Kohäsionspolitik von großer Bedeutung;

21.

lehnt Maßnahmen ab, die Schwerpunkte des Strukturfondseinsatzes auf die im Rahmen der Europa-2020-Strategie identifizierten strukturellen Engpässe zu begrenzen, wenn diese nicht gleichzeitig auch den kohäsionspolitischen Zielen entsprechen (inhaltliche Konditionalität);

22.

sieht jedoch Möglichkeiten, im Rahmen eines partnerschaftlichen Dialogs mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, der frühzeitig vor der nächsten Programmierung der Strukturfonds beginnen muss, und gegebenenfalls auf einer vertraglichen Basis wie den vom Ausschuss der Regionen vorgeschlagenen Territorialen Pakten beruhen sollte, gemeinsame Ziele und Rahmenbedingungen für den künftigen Einsatz der Strukturfonds festzulegen, die dann ein hohes Maß an Verbindlichkeit für alle Beteiligten haben und auf diese Weise auch zur makroökonomischen Konditionalität beitragen könnten;

Beitrag der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der drei Prioritäten: Intelligentes, integratives und nachhaltiges Wachstum

23.

begrüßt die grundsätzliche Ausrichtung der Europa-2020-Strategie auf nachhaltiges Wachstum, Innovation und Beschäftigung und unterstützt die verstärkte Einbeziehung der sozialen und ökologischen Dimension;

24.

sieht darin einen Ausdruck für ein umfassendes Verständnis, wonach Wettbewerbsfähigkeit auf Nachhaltigkeit und verstärkten sozialen und territorialen Zusammenhalt aufbauen muss;

25.

stellt fest, dass die Kohäsionspolitik bereits in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum in der Europäischen Union geleistet hat, die nunmehr in der Europa-2020-Strategie eine zentrale Rolle spielen;

Beitrag der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Ziele

26.

unterstreicht, dass die Instrumente der Kohäsionspolitik - im Rahmen der vertraglichen kohäsionspolitischen Ziele - einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Europa-2020-Ziele leisten können; absolut erforderlich ist dabei der Erhalt des Gleichgewichts zwischen den traditionellen (immer noch aktuellen) Aufgaben dieser Politik und den neuen strategischen Herausforderungen, die sich der gesamten EU stellen. Ein solches Gleichgewicht kann unter anderem dadurch hergestellt werden, dass die besondere Stellung der Konvergenzregionen aufrechterhalten wird;

27.

weist darauf hin, dass die Ziele der künftigen Europa-2020-Strategie sich, insbesondere auch vor dem Hintergrund knapper werdender Finanzmittel, nicht vornehmlich an der quantitativen Verwendung von Haushaltsmitteln orientieren, und ist der Auffassung, dass eine erfolgreiche Umsetzung der Europa-2020-Strategie erheblich von der Art und Qualität der eingesetzten Instrumente und ihrer Benutzerfreundlichkeit abhängen wird; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass eine größtmögliche Integration aller existierenden Finanzinstrumente der EU angestrebt werden sollte. Insbesondere betrifft dies Instrumente, die tatsächlich der Finanzierung ähnlich gelagerter Vorhaben dienen (zum Beispiel EFRE und ELER im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raumes);

28.

sieht die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung von innovativen Finanzierungsinstrumenten im Rahmen der Kohäsionspolitik, wie beispielsweise der revolvierenden Fonds, um so auch die Hebelwirkung der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Ziele der Europa-2020-Strategie weiter zu verbessern;

29.

verweist im Hinblick auf das Beschäftigungsziel (Erhöhung der Beschäftigungsquote auf 75 % der 20- bis 64-Jährigen in der Europäischen Union) auf die Tatsache, dass im Rahmen der laufenden Strukturfondsprogramme rund 14 Mrd. EUR der Mittel für die Stärkung der Fähigkeit der Unternehmen und Arbeitnehmer bereitgestellt werden, um den Wandel zu antizipieren und zu bewältigen. Von diesem Betrag sind ungefähr 9,4 Mrd. EUR dafür vorgesehen, den Unternehmen dabei zu helfen, wirksame Maßnahmen zur Mitarbeiterentwicklung einzuführen;

30.

betont dabei die Notwendigkeit für das stärkere Zusammenwirken der Fonds mit territorialem Bezug, insbesondere des Europäischen Sozialfonds und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, um neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen bzw. durch Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen;

31.

unterstützt daher den Vorschlag zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Strategierahmens, der den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (EFRE) und das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) umfasst; fordert die Europäische Kommission daher auf, dieses Zusammenwirken von EFRE und ESF auch in der nächsten Förderperiode durch eine gemeinsame Rahmenverordnung für die Kohäsionspolitik sicherzustellen;

32.

unterstreicht mit Verweis auf das Forschungsziel (Erhöhung der FuE-Ausgaben in der Union auf 3 % des BIP) die Tatsache, dass in der laufenden Förderperiode nach Angaben der Kommission 86 Mrd. EUR oder 25 % der Kohäsionsmittel für FuE und Innovation verwendet werden und damit in den Auf- und Ausbau der Forschungslandschaft in den europäischen Regionen fließen;

33.

weist darauf hin, dass eine auf regionale und kommunale Gebietskörperschaften ausgerichtete Förderpolitik, wie sie in der Kohäsionspolitik angelegt ist, ergänzend zur europäischen Exzellenzförderung sicherstellen kann, dass eine europäische Forschungs- und Innovationspolitik die nötige Breitenwirkung entfaltet, um die Europa-2020-Strategie zum Erfolg zu führen;

34.

ist der Auffassung, dass im Hinblick auf das Klima- und Energieziel (Verringerung der Treibhausgasemissionen, Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und Verbesserung der Energieeffizienz um jeweils 20 %) die Verbesserung der Umweltqualität in den Strukturfonds-Programmen in allen Mitgliedstaaten eine Priorität bleiben muss, und stellt fest, dass in der laufenden Förderperiode rund ein Drittel der gesamten Kohäsionsmittel (105 Mrd. EUR) aufgewendet werden; gibt darüber hinaus zu bedenken, dass die Schaffung neuer Finanzierungsinstrumente im Bereich der Klimapolitik auf internationaler Ebene nicht zu einer Beschneidung der Mittel für die Kohäsionspolitik führen darf, und erneuert zugleich seine Forderung, dass die Investitionsbilanz keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen verursachen soll;

35.

stellt fest, dass von diesen Mitteln rund 48 Mrd. EUR für Maßnahmen in verschiedenen Bereichen beitragen, die sich mit den Herausforderungen des Klimawandels befassen, wie Schutz- und Anpassungsmaßnahmen. Dazu zählen auch Investitionen wie die Förderung energieeffizienter und erneuerbarer Energieträger (9 Mrd. EUR), sowie indirekte Maßnahmen, wie nachhaltige Projekte für den Stadtverkehr (6,2 Mrd. EUR);

36.

weist im Hinblick auf das Bildungsziel (Reduzierung der Schulabbrecherquote und Erhöhung des Anteils der Bevölkerung zwischen 30 und 34 Jahren mit einer Hochschulbildung bzw. eines entsprechenden Qualifikationsniveaus auf 40 %) darauf hin, dass die Kohäsionspolitik bereits in der laufenden Förderperiode in vielen Operationellen Programmen einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Schulabbrecherquote. Dabei sind die besonderen Herausforderungen zur Erreichbarkeit und Aufrechterhaltung von Bildungseinrichtungen in dünn besiedelten Gebieten zu berücksichtigen;

37.

unterstreicht aber auch, dass die Unionskompetenzen in diesem Bereich begrenzt sind und dass die Mitgliedstaaten die ausreichende Finanzierung und Entscheidungskompetenz der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gewährleisten und ihre nationalen Ziele entsprechend ihrer jeweiligen Ausgangslage und ihren nationalen Gegebenheiten unter Berücksichtigung dieser Kernziele festlegen müssen;

38.

ist im Hinblick auf das Armutsziel (Reduzierung der in Armut befindlichen bzw. von Armut bedrohten Menschen um 20 Millionen in der Europäischen Union) der Meinung, dass die Kohäsionspolitik im Rahmen ihrer Ausrichtung auf Wachstum und Beschäftigung insbesondere durch die Förderung lokaler und regionaler Eingliederungs- und Beschäftigungsprojekte einen Beitrag zur Bekämpfung der Armut in der Europäischen Union leisten kann. In den neuen Programmen werden rund 19 Mrd. EUR bereitgestellt, um Beschäftigungshindernisse, insbesondere für Frauen, junge Menschen, ältere Menschen oder gering qualifizierte Arbeitnehmer, zu beseitigen;

39.

weist darauf hin, dass nach Angaben der Europäischen Kommission die laufenden ESF-Programme 2007 und 2008 bereits fast 6 Millionen Menschen erreicht haben, davon 52 % Frauen. Etwa ein Drittel der Maßnahmen zielte auf die Unterstützung von Arbeitnehmern. Weitere Maßnahmen richteten sich an Arbeitslose (33 % der Empfänger, davon 7 % Langzeitarbeitslose) sowie an besonders gefährdete Gruppen wie Migranten und Minderheiten (13 %);

40.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Europäische Union gemäß Artikel 153 AEUV die Tätigkeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich lediglich unterstützt und ergänzt;

41.

unterstreicht das Erfordernis, eine Nutzung der Strukturfonds zu ermöglichen, die zur Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit beiträgt;

Beitrag der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Leitinitiativen

42.

stellt fest, dass die im Rahmen der Europa-2020-Strategie vorgesehenen Leitinitiativen im Wesentlichen thematische bzw. sektorale Ziele verfolgen, die aber auch weite Teile der Kohäsionspolitik abdecken;

43.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission für die Umsetzung der meisten Leitinitiativen bereits auf den Beitrag der Strukturfonds hingewiesen hat und die Kohäsionspolitik und die Strukturfonds als wichtige Katalysatoren für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in den Mitgliedstaaten und Regionen der EU ansieht;

44.

weist auf die Notwendigkeit hin, die im Rahmen der Leitinitiativen der Europa-2020-Strategie genannten Maßnahmen mit bereits bestehenden Prozessen und Maßnahmen abzustimmen, um die Übersichtlichkeit zu wahren sowie Doppelungen der Prozesse und Berichtspflichten zu vermeiden;

45.

fordert die Europäische Kommission auf, im Rahmen der Weiterentwicklung der Leitinitiativen einen integrierten Ansatz zwischen verschiedenen europäischen Förderinstrumenten zu verfolgen und sicherzustellen, dass dabei der dezentrale Ansatz der Kohäsionspolitik berücksichtigt und - wo möglich und nötig - weiter ausgebaut wird;

46.

bekräftigt seine bereits in der Stellungnahme zur Zukunft der Kohäsionspolitik aufgestellte Forderung, dass die vorgeschlagenen Leitinitiativen nicht zu einer Einengung der europäischen Kohäsionspolitik führen dürfen. Die Strukturfonds müssen zu einer integrierten Problemlösung auf regionaler Ebene fähig bleiben und dürfen nicht auf die Erfüllung sektoraler Vorgaben reduziert werden;

47.

stellt im Hinblick auf die Leitinitiative zur „Digitalen Agenda“ fest, dass insbesondere bezüglich des flächendeckenden Zugangs zu Breitbandnetzen in ländlichen Räumen oder bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen zur Bewältigung des demografischen Wandels enge Bezugspunkte zwischen der Digitalen Agenda und dem Einsatz der Kohäsionspolitik liegen;

48.

sieht im Hinblick auf die Leitinitiative „Innovationsunion“ die Möglichkeit, eine bessere Arbeits- und Aufgabenverteilung zwischen der auf Exzellenz ausgerichteten Förderung der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung auf europäischer Ebene und der Innovationsförderung auf dezentraler Ebene zu erreichen, um so die notwendige Breitenwirkung zu entfalten;

49.

verweist in diesem Zusammenhang auf die Maßnahmen der Kohäsionspolitik zum Aufbau regionaler Innovationssysteme, der Instrumente zur territorialen Zusammenarbeit, die Bereitstellung von Risikokapital und Maßnahmen zur schnelleren Einführung innovativer Produkte und zur Vernetzung der betroffenen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung;

50.

fordert die Stärkung der komplementären Rollenverteilung zwischen den EU-Instrumenten bei dezentralen Maßnahmen zur Innovationsförderung, zumal die Innovationsförderung bereits heute ein zentraler Baustein der EU-Strukturfondsprogramme ist;

51.

begrüßt im Hinblick auf die Leitinitiative „Ressourcenschonung“ das Ziel, künftig den Ressourcenverbrauch vom Wachstum abzukoppeln und weist darauf hin, dass es insbesondere für die energetische Sanierung, alternative Energiequellen, die Förderung der Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung nachhaltiger Verkehrskonzepte angemessen wäre, ein dezentrales politisches Konzept mit einem verstärkten Einsatz der Strukturfonds zu wählen, wodurch diese Initiative an Wirksamkeit gewinnen würde;

52.

macht deutlich, dass bei den vielfältigen Einzelmaßnahmen in diesem Bereich eine sorgfältige Abgrenzung der Kompetenzen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten sowie die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen müssen. Darüber hinaus muss verstärkt auf die Effizienz der vielfältig eingesetzten Maßnahmen geachtet werden;

53.

unterstreicht im Hinblick auf die Leitinitiative zur „Industriepolitik für die Ära der Globalisierung“, dass die Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch die Erschließung der Potenziale für industrielle Entwicklung insbesondere in schwächeren Regionen, durch die Förderung von Cluster-Initiativen, Maßnahmen zur Förderung von KMU, durch den Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur oder die Unterstützung bei der Diversifizierung von Industriestandorten leistet;

54.

begrüßt im Hinblick auf die „Leitinitiative für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten“ die Bestrebungen der Kommission zur Unterstützung der jüngeren Generation in der Ausbildungs- und Arbeitswelt und befürwortet die Förderung der Mobilität von Studierenden und Auszubildenden sowie Unterstützungsmaßnahmen für die Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt;

55.

weist auf die großen Überlappungen mit den Einsatzfeldern des Europäischen Sozialfonds hin und unterstützt das Anliegen der besseren Verknüpfung dieser Ziele mit den entsprechenden europäischen Finanzierungsinstrumenten;

Das Governance-System der Kohäsionspolitik kann einen wichtigen Beitrag für die erfolgreiche Umsetzung der Europa-2020-Strategie leisten

56.

stellt fest, dass das über die letzten Jahre erfolgreich entwickelte Mehrebenensystem der Strukturpolitik unter maßgeblicher Einbeziehung lokaler und regionaler Akteure und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Europa-2020-Strategie leisten kann;

57.

unterstreicht, dass dafür die folgenden Elemente der Kohäsionspolitik erhalten bzw. ausgebaut werden müssen:

mehrjährige Programmierung,

geteilte Mittelverwaltung und Kofinanzierung,

flächendeckender Einsatz der Strukturpolitik in allen Regionen der Europäischen Union,

Programmierung und Evaluierung der Programme anhand von Indikatoren über das BIP hinaus, unter Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften,

dezentrale Umsetzung,

Einbindung der Akteure vor Ort gemäß dem Partnerschaftsprinzip der Strukturfonds,

flexible Anwendung europaweiter Prioritäten in den Regionen,

territoriale Zusammenarbeit;

58.

sieht sich in der Auffassung bestärkt, dass die bisherige Ausrichtung der Kohäsionspolitik auf Wachstum und Beschäftigung in die richtige Richtung zeigt und sieht daher keinen Bedarf, das bestehende „earmarking“ für die Strukturfonds noch weiter zu verschärfen. Dabei müssen an die lokalen und regionalen Gegebenheiten angepasste Strategien, die dem unterschiedlichen Entwicklungsbedarf Rechnung tragen, auch weiterhin die Grundlage für die Kohäsionspolitik bilden;

59.

fordert die europäischen Institutionen auf, bei der raschen Umsetzung der Europa-2020-Strategie und ihrer Bezüge zur Kohäsionspolitik die Möglichkeiten für eine demokratische und adäquate Beteiligung der zuständigen Stellen zu gewährleisten, indem beispielsweise genügend Zeit für Beratungen und Meinungsbildungen auf allen Ebenen eingeräumt wird und die Entscheidungsprozesse transparent und nachvollziehbar bleiben;

Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Hinblick auf die Umsetzung der Europa-2020-Strategie

60.

weist darauf hin, dass der im Vertrag verankerte territoriale Zusammenhalt für die Durchführung der Europa-2020-Strategie genauso wie für andere EU-Politiken das Leitprinzip sein sollte. Der Grundsatz der Multi-Level-Governance muss in allen Phasen der Durchführung der Strategie berücksichtigt werden;

61.

sieht aber auch die Notwendigkeit, die administrativen Kapazitäten in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erforderlichenfalls zu stärken, damit diese ihre wichtige Rolle im Rahmen der Europa-2020-Strategie auch wahrnehmen können;

62.

fordert daher die europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten auf, im Rahmen eines Territorialen Paktes mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften deren Beteiligung an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu vereinbaren und darin auch die Rolle von Leitinitiativen vor Ort zu beschreiben; eine Empfehlung für Territorialpakte soll auf der Ebene der Mitgliedstaaten die strukturierte Beteiligung der Gebietskörperschaften gemäß ihrer jeweiligen Zuständigkeiten und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips ermöglichen;

63.

schlägt vor, die europäische Kohäsionspolitik als ein zentrales Instrument der Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie im Sinne dieses Territorialen Paktes zu nutzen. In allen Fördergebieten der europäischen Kohäsionspolitik sollte es ermöglicht werden, durch Territoriale Pakte die maßgeblichen Akteure vor Ort zur Erreichung der Prioritäten und Kernziele der Europa-2020-Strategie zu mobilisieren;

64.

spricht sich dafür aus, hierfür im Rahmen der Ziele der Kohäsionspolitik ergänzende Regelungen vorzusehen, die den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer operationellen Programme einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Wachstumsprioritäten und Kernziele der Europa-2020-Strategie ermöglichen;

65.

schlägt vor, im Rahmen des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ den Erfahrungsaustausch und die Netzwerkbildung zwischen den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Erreichung der Prioritäten und Kernziele der Europa-2020-Strategie zu organisieren und dabei gegebenenfalls auch das Instrument des Europäischen Verbunds für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) zu nutzen. Der Aktionsbereich der transnationalen Zusammenarbeit könnte zusätzliche Schwerpunkte für die Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Leitinitiativen der Europäischen Kommission vorsehen;

66.

regt an, die Berichterstattung über die Durchführung der Interventionen der Europäischen Fonds an die Europäische Kommission für die Erfassung der Ergebnisse der Anstrengungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu nutzten. Dadurch würden neue bürokratische Strukturen und Berichtspflichten vermieden. Es bedürfte weder neuer Institutionen noch zusätzlicher Mittel;

67.

fordert die Europäische Kommission auf, dem Europäischen Parlament und dem Ausschuss der Regionen auf der Grundlage der vorgenannten Berichte regelmäßig über die Durchführung der Territorialen Pakte zur Europa-2020-Strategie im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU zu berichten und strategische Anpassungen zu diskutieren;

68.

fordert die Europäische Kommission auf, im Rahmen des Fünften Berichts über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt ihre Vorstellungen über die künftigen Bezüge zwischen der Kohäsionspolitik und der Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu beschreiben;

69.

ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung des Fünften Kohäsionsberichts Anfang November 2010 den Startschuss für eine EU-weite Diskussion über die künftigen Leitlinien der Kohäsionspolitik im Lichte der Europa-2020-Strategie unter Einbindung der lokalen und regionalen Ebenegeben muss, um diese dann nach einer Phase der Konsultation und Kooperation rechtzeitig vor Beginn der neuen Förderperiode zu verabschieden;

70.

sieht darüber hinaus die Notwendigkeit für eine strukturierte Einbindung des Ausschusses der Regionen in die weitere Umsetzung der Europa-2020-Strategie und schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass in dem Jahresbericht der Europäischen Kommission für den Frühjahrsgipfel ein festes Kapitel über die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Strategie vorgesehen sein sollte;

71.

hebt den territorialen Sachverstand hervor, den die Europa-2020-Monitoringplattform für die Analyse der Umsetzung der Europa-2020-Strategie und die Arbeiten des Ausschusses der Regionen bereitstellt;

kommt daher zu folgenden Schlussfolgerungen:

72.

Die Kohäsionspolitik muss sich auch in Zukunft an den Zielsetzungen des im EU-Vertrag verankerten wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ausrichten, indem das Gefälle beim Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und der Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete verringert werden.

73.

Unter dieser Prämisse wird sie einen aktiven Beitrag für die Umsetzung der Europa-2020-Ziele leisten.

74.

Dies kann aber nur gelingen, wenn sich auch in Zukunft die Kohäsionspolitik an alle Regionen in der Europäischen Union richtet.

75.

Nur durch den horizontalen Ansatz der Kohäsionspolitik kann sichergestellt werden, dass alle Regionen in der Europäischen Union eine Chance haben, sich aktiv an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie zu beteiligen.

76.

Dies könnte durch einen Territorialen Pakt mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gelingen, der die Beteiligung der Gebietskörperschaften an der Umsetzung der Europa-2020-Strategie festlegt und eine Empfehlung für Territorialpakte gibt, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten die strukturierte Beteiligung der Gebietskörperschaften gemäß ihrer jeweiligen Zuständigkeiten ermöglichen könnten.

77.

Dabei muss auch weiterhin der Schwerpunkt der Förderung der Kohäsionspolitik auf den schwächsten und problembeladensten Regionen liegen und für die nach 2013 aus der Höchstförderung ausscheidenden Regionen (einschließlich der vom sog. statistischen Effekt betroffenen Regionen) müssen angesichts der fortbestehenden Schwächen angemessene und gerechte Übergangsregelungen gefunden werden, um die Erhaltung des Erreichten für die aus der Förderung Herausfallenden zur Sicherung der Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

78.

Gleichzeitig müssen auch weiterhin die Regionen gefördert werden, die schon heute einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der EU leisten. Ferner gibt es in den wirtschaftsstärkeren Regionen auch strukturschwächere Teilräume, die ebenfalls der Unterstützung bedürfen.

79.

Die territoriale Zusammenarbeit kann einen wichtigen Beitrag im Rahmen der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit für die Umsetzung der Europa-2020-Strategie leisten.

80.

Auch in Zukunft muss der Europäische Sozialfonds in der Kohäsionspolitik verbleiben und dies muss durch eine gemeinsame Rahmenverordnung sichergestellt werden.

81.

Der Ausschuss der Regionen muss in einer strukturierten Form – auch unter Nutzung der Erkenntnisse der Europa-2020-Monitoringplattform – in die weitere Umsetzung der Europa-2020-Strategie eingebunden werden. Dazu sollte der Jahresbericht der Europäischen Kommission für den Frühjahrsgipfel ein festes Kapitel über die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Umsetzung der Strategie vorsehen.

82.

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union sind bereit, im Rahmen der Umsetzung der künftigen Kohäsionspolitik in Europa, ihren Beitrag zum Erfolg der Europa-2020-Strategie zu leisten.

Brüssel, den 5. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance, CdR 89/2009 fin.

(2)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Zukunft der Lissabon-Strategie nach 2010“, CdR 25/2009 fin.

(3)  Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen „Zukunft der Kohäsionspolitik“, CdR 210/2009 fin.

(4)  Position des Ausschusses der Regionen in dessen Entschließung vom 10. Juni 2010 (CdR 175/2010, Ziffer 12).


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/17


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Die Messung des Fortschritts über das BIP hinaus“

2011/C 15/04

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

stellt fest, dass das BIP nicht dazu gedacht ist, die Fähigkeit einer Gesellschaft zur Lösung von Problemen wie Klimawandel, effiziente Ressourcennutzung, Lebensqualität oder soziale Integration genau zu messen; deshalb sollten die für die Gestaltung und Ausarbeitung der öffentlichen Maßnahmen und Strategien gewählten Indikatoren den Prioritäten der EU-2020-Strategie entsprechen;

vertritt die Auffassung, dass die fünf in der Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmenkategorien zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des sozialen Fortschritts, namentlich a) Ergänzung des BIP durch ökologische und soziale Indikatoren; b) Informationen in Beinahe-Echtzeit für die Entscheidungsfindung, c) Genauere Berichterstattung über Verteilung und Ungleichheiten, d) Entwicklung eines europäischen Anzeigers für nachhaltige Entwicklung und e) Einbeziehung von ökologischen und sozialen Anliegen in die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, angemessen sind und als Grundlage für die in der EU-2020-Strategie enthaltenen Vorschläge dienen. Diese Maßnahmen dürfen nicht nur als Grundlage für eine Ex-post-Bewertung dienen, sondern müssen auch für die Entscheidungsfindung herangezogen werden;

betont, dass die Methodik ausgefeilt werden muss, um zeitnah über umfassendere und realitätsnähere Daten zu verfügen, um Indikatoren verwenden zu können, die die Entscheidungsfindung erleichtern. Die von den lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Behörden verwendeten Indikatoren müssen einheitlich sein, die Schaffung und Verbreitung gesellschaftlicher Innovationen begünstigen und eine kohärente Entscheidungsfindung ermöglichen;

ist der Meinung, dass Eurostat die in dieser Mitteilung enthaltenen Vorschläge berücksichtigen muss, aber die regionalen Statistiken für umfassendere Aspekte wie Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Einkommens- und Wohlstandsverteilung einbeziehen sollte;

unterstreicht, dass die aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds finanzierten Maßnahmen nach 2013 sich nicht alleine auf das Pro-Kopf-BIP stützen dürfen;

befürwortet die Kommissionsmitteilung und teilt die Ansicht der Europäischen Kommission, dass das BIP ein wichtiger Indikator zur Messung des Wirtschaftswachstums und des Wohlergehens Europas und seiner Regionen ist. Zur Ausarbeitung und Bewertung von Gemeinschaftspolitiken ist jedoch die Entwicklung ergänzender Indikatoren wünschenswert, die den Fortschritt bei der nachhaltigen Verwirklichung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ziele genauer messen.

Berichterstatter

:

Vicente ÁLVAREZ ARECES (ES/SPE), Präsident der Autonomen Gemeinschaft Asturien

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament: Das BIP und mehr – Die Messung des Fortschritts in einer Welt im Wandel

KOM(2009) 433 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Α.   Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt diese Mitteilung, die ihm Gelegenheit bietet, die Debatte über die Zukunft der EU in einer Welt im Wandel fortzuführen. Die Ermittlung der Indikatoren, die ein akkurates Bild der Wirklichkeit als Handlungsgrundlage liefern, ist ein Muss. Zu diesem Zweck müssen wir ein neues Wachstumsmodell entwickeln;

2.

verweist darauf, dass er einschlägige Fragen, die in dieser Mitteilung aufgegriffen werden, bereits mehrmals behandelt hat. So hat er vor Kurzem in der Debatte über die Lissabon-Strategie nach 2010 (CdR 25/2009) ein explizites übergeordnetes Ziel für die neue Strategie gefordert, „das auf eine hohe Lebensqualität und das Wohlergehen aller EU-Bürger ausgerichtet ist“, und bekräftigt, dass es zur Bekämpfung der Armut und des Wohlstandsgefälles eines territorialen Ansatzes in zahlreichen Politikbereichen bedarf. Der Ausschuss hat außerdem „eine zunehmende Unzufriedenheit in Bezug auf die Verwendung des BIP als wichtigste Messgröße für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ festgestellt und gefordert, „neue Indikatoren zu entwickeln, die besser zur Ermittlung von Wohlstand, Wohlergehen und Lebensqualität in Europa geeignet sind“;

3.

verweist darauf, dass er sich außerdem in seiner Prospektivstellungnahme „Zukunft der Kohäsionspolitik“ (CdR 210/2009 fin) „(…) für ein differenziertes Konzept zur Nutzung von sorgfältig ausgewählten und aussagekräftigen Indikatoren zur Evaluierung der Kohäsionspolitik [ausgesprochen hat], um einen zielgenauen Einsatz der Mittel zu erreichen und die Wirkungen der Strukturpolitik umfassend darstellen zu können“;

4.

ist der Ansicht, dass die Debatte über die Indikatoren über das BIP hinaus eine politische ist, in der geklärt werden muss, was das Wohlergehen der derzeitigen und künftigen Generationen ausmacht und mit welchen Maßnahmen es am besten erreicht werden kann;

5.

betont, dass die Europäische Kommission – in Zusammenarbeit mit Eurostat –, die Kommission zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des sozialen Fortschritts (Commission on the Measurement of Economic Performance and Social Progress), besser bekannt auch als Stiglitz/Sen/Fitoussi-Kommission, und die OECD auf das gleiche Ziel hinarbeiten;

6.

vertritt die Auffassung, dass die fünf in der Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmenkategorien zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des sozialen Fortschritts, namentlich a) Ergänzung des BIP durch ökologische und soziale Indikatoren; b) Informationen in Beinahe-Echtzeit für die Entscheidungsfindung, c) Genauere Berichterstattung über Verteilung und Ungleichheiten, d) Entwicklung eines europäischen Anzeigers für nachhaltige Entwicklung und e) Einbeziehung von ökologischen und sozialen Anliegen in die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, angemessen sind und als Grundlage für die in der EU-2020-Strategie enthaltenen Vorschläge dienen. Diese Maßnahmen dürfen nicht nur als Grundlage für eine Ex-post-Bewertung dienen, sondern müssen auch für die Entscheidungsfindung herangezogen werden;

7.

weist darauf hin, dass die Veröffentlichung dieser Mitteilung nicht nur mit dem Startschuss für die EU-2020-Strategie und der politischen Debatte zusammenfällt, die die mittel- und langfristige Entwicklung der EU bestimmen wird, sondern auch mit den Diskussionen über die Finanzielle Vorausschau nach 2013, die sicherlich die Ausrichtung der Kohäsionspolitik und somit ihre Mittelausstattung beeinflussen wird. Angemessene Indikatoren erleichtern die Ermittlung von Unterschieden in Bezug auf Einkommen, Bildungsniveau (formale und nicht-formale Bildung), Verfügbarkeit öffentlicher Dienstleistungen, Qualität der Gesundheitsdienste und kulturelle Ressourcen, die auf regionaler und lokaler Ebene in der EU sehr wohl bestehen;

8.

in diesem Zusammenhang sollte die Studie „Regionen 2020“ der Generaldirektion Regionalpolitik Berücksichtigung finden, in der regionale Indikatoren verwendet werden, um die Situation der einzelnen Regionen, die verschiedenen Herausforderungen gegenüberstehen, sowie ihre Stellung im Vergleich zu anderen umliegenden Regionen zu ermitteln;

9.

unterstreicht, dass die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Kommissionsmitteilung zwar nicht herausgestrichen wird, dass aber erfolgreiche bewährte Verfahren gezeigt haben, welche wesentliche Rolle sie für die Annahme und Verbreitung einer umfassenderen Messgröße für den gesellschaftlichen Fortschritt (in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht) spielen könnten, sofern sie über die erforderlichen Kapazitäten und Ressourcen verfügen, u.a. Finanzhilfen aus EU- oder nationalen Quellen. Eine Voraussetzung dafür, dass sich die Indikatoren, die Wohlergehen im weiteren Sinne messen sollen, auch durchsetzen können, ist ihre Aufschlüsselbarkeit auf regionaler und lokaler Ebene, wofür die Mitwirkung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften erforderlich ist;

10.

betont, dass der Grundsatz der Chancengleichheit gezielt auf die Bewohner der ländlichen Gebiete und der Regionen in Randlage, der vom industriellen Wandel betroffenen Regionen und der Regionen mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie der nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie der Inseln, der Regionen in äußerster Randlage, der Grenz- und Bergregionen, angewendet werden muss. Im Rahmen des Ziels, die Ungleichheiten zwischen den einzelnen Regionen in der EU abzubauen, muss diesen Gebieten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, die aufgrund wirtschaftlicher, sozialer, demografischer, geografischer, historischer, territorialer und ökologischer Probleme geschwächt sind. Diesen Problemen muss bei der Zusammenstellung von Indikatoren, die die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der Infrastrukturen und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für die Bürger in diesen Gebieten veranschaulichen, besonderes Gewicht beigemessen werden. Außerdem muss den Verpflichtungen der Territorialen Agenda und der Charta von Leipzig Rechnung getragen werden, um eine polyzentrische Entwicklung und eine neue strukturelle Verknüpfung zwischen Stadt und Land auf den Weg zu bringen. Die Art dieser Verknüpfung wird den Umweltrahmen bestimmen und zur Verbesserung der Qualität der lokalen und regionalen Maßnahmen beitragen;

11.

ist der Meinung, dass Eurostat die in dieser Mitteilung enthaltenen Vorschläge berücksichtigen muss, aber die regionalen Statistiken für umfassendere Aspekte wie Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Einkommens- und Wohlstandsverteilung einbeziehen sollte. Das „Jahrbuch der Regionen“ von Eurostat sollte in einer jährlichen politischen Debatte im Hinblick auf eine Neuausrichtung der Gemeinschaftspolitiken erörtert werden;

B.   Die Wachstumsrate des BIP: Zur Ausrichtung der Politik des 21. Jahrhunderts ungenügend

12.

hält fest, dass die Europäische Kommission in dieser Mitteilung ausdrücklich einräumt, dass das BIP Schwächen aufweist, und zugleich Optionen für seine Ergänzung durch weitere Indikatoren zur Debatte stellt. Dennoch gelangt sie zu der Schlussfolgerung, dass das BIP trotz seiner Mängel immer noch der beste einzelne Messwert zur Feststellung der Leistungsfähigkeit einer Marktwirtschaft ist. Diese Schlussfolgerung ist allerdings fragwürdig, werden in der Kommissionsmitteilung doch der soziale Fortschritt und das Wohlergehen behandelt – und in diesen Bereichen ist das BIP keinesfalls die aussagekräftigste Messgröße;

13.

gibt zu bedenken, dass auf internationaler Ebene Verhandlungen über ein VN-Klimaschutzregime für die Zeit nach 2012 geführt werden, wenn die erste Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll ausläuft, und dass die EU sich einseitig dazu verpflichtet hat, bis 2020 ihre Emissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990 zu senken, und sich bereit erklärt hat, diesen Wert auf 30 % zu steigern, wenn andere Großemittenten unter den Industrie- und Entwicklungsländern im Rahmen eines internationalen Abkommens angemessene und vergleichbare Verpflichtungen übernehmen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass bis 2050 Emissionssenkungen um mindestens 50 % gegenüber 1990 notwendig sind. Diese ehrgeizigen Ziele erfordern eine Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft mit weniger energieintensiven und ressourceneffizienteren Produktionsverfahren und Konsummustern. Es ist wesentlich, dass die dominanten Wirtschaftsindikatoren diese neue Marschrichtung erkennen lassen;

14.

verweist darauf, dass das BIP, wie auch von der OECD bestätigt, eine Messgröße für die Produktion und nicht das Wohlergehen ist, das der Bevölkerung aus dieser Produktion entsteht. Zahlreiche im BIP enthaltene Tätigkeiten bedeuten vielmehr eine Verringerung des Wohlergehens der Bürger (z.B. die hohen Transportkosten aufgrund der Verkehrsüberlastung durch große Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz oder die Maßnahmen zur Abfederung der umweltschädlichen Auswirkungen bestimmter Tätigkeiten). Das Wohlergehen der Bürger hängt außerdem von ihrem Einkommen sowie der Verfügbarkeit öffentlicher Güter und ihrer Preise ab. Die Stiglitz/Sen/Fitoussi-Kommission kommt in ihrem Bericht ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich schon länger abzeichnet, dass das BIP möglicherweise ein unzureichendes Instrument zur Messung des Wohlergehens oder auch der Markttätigkeit ist (1);

15.

betont außerdem, dass das BIP die Auswirkungen von Umweltfaktoren wie Ressourcenverbrauch, CO2-Emissionen, Schadstoffe, Wasserqualität, Biodiversität, Verstädterung und Landflucht nicht beinhaltet. Äußerst wichtige soziale Aspekte wie das Einkommensgefälle zwischen den Bürgern und zwischen den Regionen, Armut und Gesundheit werden ebenfalls ausgeklammert. Darüber hinaus bleiben nichtmarktmäßige Tätigkeiten wie Schwarzarbeit, Hausarbeit, Freiwilligentätigkeit oder Freizeitaktivitäten unberücksichtigt;

16.

vertritt die Auffassung, dass grundlegende Daten über das Kapital fehlen. Ein Land kann sein BIP durch intensive Nutzung seiner natürlichen Ressourcen steigern, verringert damit jedoch gleichzeitig sein Kapital, wodurch künftigen Generationen weniger Kapital zur Verfügung steht. Der Ausschuss warnt gleichzeitig davor, wirtschaftlichen Fortschritt als Gegensatz zu anderen Aspekten von Wohlergehen zu sehen. Die Erfahrung zeigt, dass eine positive Wirtschaftsentwicklung meistens eine Voraussetzung dafür ist, dass andere Aspekte von Wohlergehen in der Politik berücksichtigt werden;

17.

fordert die übrigen EU-Institutionen auf, die Informationen, die den Bürgern durch die Verwendung von Messgrößen, die mit dem BIP und dem Pro-Kopf-BIP zusammenhängen, übermittelt werden sollen, zu vereinheitlichen und klarzustellen. Es bedarf einer transparenteren Kommunikationspolitik;

18.

merkt an, dass in offiziellen EU-Dokumenten einschl. der Verträge und einiger Verordnungen, neben dem BIP weitere damit verbundene Messgrößen verwendet werden. So wird zur Definition und Einteilung der unter dem Ziel „Konvergenz“ förderfähigen Regionen (Zeitraum 2007-2013) das Pro-Kopf-BIP herangezogen. Für die Festlegung, welcher Mitgliedstaat für die Kofinanzierung aus Kohäsionsfondsmitteln in Frage kommt, wird das Pro-Kopf-BNE (Bruttonationaleinkommen) verwendet. Das BNE dient auch zur Berechnung der Haushaltsausgabengrenze in der Finanziellen Vorausschau. Im Protokoll Nr. 28 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt sind weder das BIP noch das BNE, sondern das Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt (BSP) der Referenzwert für die Beschlüsse, welchen Mitgliedstaaten Kohäsionsfondsmittel gewährt werden;

19.

unterstreicht, dass die aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds finanzierten Maßnahmen nach 2013 sich nicht alleine auf das Pro-Kopf-BIP stützen dürfen;

C.   Maßnahmen zur Bewertung des Fortschrittes in einer Welt im Wandel: Anmerkungen zu den in der Kommissionsmitteilung dargelegten Indikatoren

20.

unterstützt die in der Mitteilung erläuterte Absicht der Kommission, einen umfassenden Umweltindex zu erarbeiten und die Indikatoren für die Lebensqualität zu verbessern. Daher stimmt er ausdrücklich der Vorbereitung eines Pilotprojektes zur Ausarbeitung eines umfassenden Umweltindexes zu, in dem Faktoren wie Treibhausgasemissionen, Verlust an natürlichem Lebensraum, Luftverschmutzung, Wasserverbrauch und Abfallerzeugung berücksichtigt werden. Da die Methoden zur Festlegung dieses zusammengesetzten Index bereits bestehen, fordert er die Europäische Kommission auf, die Arbeiten an diesem Index öffentlich zu machen und diesen rasch, d.h. wie in der Mitteilung vorgesehen noch im Laufe dieses Jahres, zur Diskussion zu stellen. Wie die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung hervorhebt, sollten die Indikatoren nicht nur die negative oder positive Veränderung der Umwelt erfassen, sondern auch den Stand der Umweltqualität einbeziehen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass umweltbasierte Indikatoren keiner nicht nachhaltigen Ressourcennutzung Vorschub leisten dürfen;

21.

hält fest, dass die Kosten durch das BIP nur unzureichend erfasst werden, weil die sozialen und ökologischen Kosten derzeit nicht in vollem Umfang in die Preise von Produkten und Dienstleistungen einberechnet werden. Der AdR fordert daher die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Arbeiten fortzuführen, um in der künftigen Rechtsetzung die tatsächlichen wirtschaftlichen Kosten eines Produkts zu berücksichtigen;

22.

unterstreicht, dass dieser Index, der zur Bewertung der Ergebnisse der in den Gebieten der EU ergriffenen Maßnahmen dient und als quantifizierbare Größe die Fort- oder Rückschritte im Bereich Umweltschutz anzeigt, nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Regionen der EU einbeziehen muss. Die Europäische Kommission sollte in ihrer Methodik die Aspekte berücksichtigen lassen, die zur Ausweitung des Definitionsbereichs des Umweltindex erforderlich sind. Außerdem müssen auf europäischer Ebene Anreize geschaffen werden, um die Regionen zu motivieren, die gesteckten Ziele zu erreichen oder zu übertreffen;

23.

verweist darauf, dass der portugiesische Ratsvorsitz in der EU-Konferenz zur Frage der Indikatoren über das BIP hinaus („Beyond BIP “) eine absolut vergleichbare Messung des Fortschritts in verschiedenen Regionen gefordert und betont hat, dass Indikatoren, die keinerlei Vergleich zwischen den Regionen zulassen, nur von eingeschränktem Nutzen sind. Daher hat der Europäische Rat von Lissabon empfohlen, eine eindeutigere Verbindung zwischen den makroökonomischen Indikatoren und der regionalen Dimension herzustellen;

24.

betont, dass die Entwicklung eines Indikators für die Umweltqualität wichtig ist (und nicht nur, wie in der Mitteilung festgehalten, eine einfache Möglichkeit bleiben darf), der nicht nur die Zahl der EU-Bürger aufzeigt, die in einer gesunden Umwelt leben, sondern auch Aufschluss über die Gebiete gibt, in denen diese hohe Umweltqualität besteht, damit die Maßnahmen ermittelt werden können, die diese Qualität ermöglicht haben. Der Ausschuss schlägt daher vor, bei der Analyse der Umweltqualität die einzelnen EU-Gebiete zugrundezulegen, um ihren Vergleich zu erleichtern.

Bei der Erfassung der Wesensmerkmale der einzelnen europäischen Regionen sollten daher die von der Europäischen Umweltagentur erstellten Karten und vorrangigen Indikatoren herangezogen werden, um zielgerichtetere Maßnahmen für jedes einzelne Gebiet und eine Strategie der Solidarität mit denjenigen Regionen auszuarbeiten, die aus historischen Gründen größeren Schwierigkeiten bei der Verbesserung ihrer Umweltqualität gegenüberstehen. Die Förderung der Einrichtung regionaler Umweltbeobachtungsstellen wäre eine wichtige Maßnahme im Hinblick auf die Ausarbeitung und Überwachung von Bottom-up-Konzepten, durch die sowohl die Besonderheiten jeder Region als auch ihre Gemeinsamkeiten mit den anderen europäischen Regionen zum Tragen kämen. Auf diese Weise würden flexible und asymmetrische europäische Maßnahmen erleichtert; gleichzeitig würde auch die interregionale Zusammenarbeit gefördert;

25.

betont, dass in Bezug auf die Lebensqualität und das Wohlergehen der Bürger Indikatoren wie öffentliche Dienstleistungen, Gesundheit, Freizeit, Wohlstand, Mobilität und eine saubere Umwelt herangezogen werden sollten, die Ergebnis oder Ursache eines guten oder schlechten Umweltzustands sind. Kurz, eine Gesellschaft oder eine Region weist eine „gesunde“ nachhaltige Entwicklung auf, wenn die wirtschaftlichen (Herstellung, Vertrieb und Verbrauch) mit den ökologischen und sozialen Faktoren kompatibel sind. Für ihre Verwendung müssen die OECD-Studien zu der Frage, was die Bürger unter Wohlergehen verstehen, herangezogen werden;

26.

begrüßt die Absicht, die Informationen für die Entscheidungsfindung sowohl in Bezug auf die Umwelt- als auch die Sozialindikatoren in Beinahe-Echtzeit bereitzustellen, und erachtet die Vorstellung des Gemeinsamen Umweltinformationssystems (Shared Environmental Information System (SEIS)) im vergangenen Jahr als großen Fortschritt. Es gilt, die um zwei bis drei Jahre zeitversetzte Verfügbarkeit von Umweltdaten im Vergleich zu den Wirtschaftsdaten zu beheben;

verweist in Bezug auf die aktuellen sozialen Indikatoren auf die von Eurostat entwickelte harmonisierte Umfrage zu den Lebensbedingungen der Familien in allen EU-Mitgliedstaaten für die Jahre 2006 bis 2009, die noch nicht veröffentlicht wurde. Das heißt, dass es bereits eine grundlegende Struktur gibt, die auf die regionale Ebene übertragen werden kann;

schlägt daher vor, Maßnahmen für die Ausarbeitung einer auf die Regionen abgestimmten, europaweit harmonisierten Sozialumfrage zu ergreifen, deren Ergebnisse als eine der Grundlagen für die Kohäsionspolitik und die Entscheidungsfindung in lokalen und regionalen Fragen dienen;

27.

ist der Meinung, dass die Informationen über Einkommensverteilung und -ungleichheiten von grundlegender Bedeutung sind und stimmt mit der in der Kommissionsmitteilung enthaltenen Aussage überein, dass „der soziale und der wirtschaftliche Zusammenhalt übergreifende Ziele der Gemeinschaft [sind]. Es wird angestrebt, die Unterschiede zwischen den Regionen und den gesellschaftlichen Gruppen abzubauen.“;

Allerdings fehlt der ausdrückliche Verweis auf den territorialen Zusammenhalt, der insbesondere für Umweltaspekte und die natürlichen Nachteile einiger Gebiete von Bedeutung ist, die ihre Entwicklung behindern. Diese Aspekte müssen bei den Analysen berücksichtigt werden, die als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden; daher müssen sie quantifiziert und in der Folge verglichen werden.

Die Verteilung des Wohlstands weckt zunehmend Besorgnis, da auch bei steigendem Pro-Kopf-BIP die Zahl der von Armut bedrohten Menschen zunehmen kann. Daher sind präzisere Informationen über Verteilung und Ungleichheiten erforderlich, um über eine bessere Grundlage für die Festlegung der Maßnahmen für den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt zu verfügen;

Auch der Bildungsstand des Arbeitskräftepotenzials (unselbstständig Beschäftigte und Arbeitslose) einer Region ist ein Schlüsselindikator, anhand dessen Aufschluss über das soziale Bildungsgefälle erlangt und geeignete politische Maßnahmen entwickelt werden können;

Darüber hinaus sollten die direkten und indirekten Auswirkungen der jüngsten Rezession und ihre Folgen für das Wohlergehen der einzelnen Regionen und sozialen Gruppen separat untersucht werden, um einschlägige Erkenntnisse zu gewinnen, Vorschläge zu machen und künftigen Fällen durch vorbeugende Maßnahmen zu begegnen;

28.

vertritt in Bezug auf die Sozialindikatoren allerdings die Auffassung, dass der Zusammenhang zwischen den Problemen des Einkommensgefälles zwischen den Regionen bzw. den Bürgern und den Umweltauswirkungen nicht erst durch Armut entsteht. Allein dieses Gefälle, zumal wenn es eine Verringerung der Steuereinnahmen bedingt, beeinträchtigt die Möglichkeiten, den für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen Wandel zu vollziehen. Niedrigere Einkommen schränken außerdem die Fähigkeit der heimischen Wirtschaft ein, die für eine nachhaltige Entwicklung notwendige Änderung der Verbrauchsmuster anzugehen – wobei nachhaltige Verhaltensmuster mittel- und langfristig in jedem Fall Einsparungen bewirken, die die ursprünglichen Investitionen ausgleichen.

Daher müssen die Indikatoren für das Wohlstands- und Regionalgefälle im Mittelpunkt der strategischen Entscheidungen für die Zukunft stehen;

29.

unterstützt das in der Kommissionsmitteilung dargelegte Vorhaben zur Entwicklung eines Anzeigers für nachhaltige Entwicklung . Dieser Anzeiger muss unter allen Umständen von größtem Nutzen sein und sich von der akademischen Ex-post-Bewertung entfernen. Das heißt, dass der Anzeiger, der alle Länder und Regionen umfassen und so einen Vergleich der statistischen Systeme auf den einzelnen Ebenen ermöglichen muss, zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit und zur Ausarbeitung von Leitlinien für die Gestaltung der sektorspezifischen und regionalen Maßnahmen der EU dienen muss. Er muss die gesellschaftliche Innovationskraft und dadurch vor allem die Nachhaltigkeit als Faktor in jedwede Strategie einbeziehen, die vergleichende Bewertung bewährter Verfahren zulassen sowie die erwünschte Entwicklung beschleunigen. Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, die in der Mitteilung angekündigte Pilotversion dieses Anzeigers vorzustellen;

30.

die neuen Indikatoren müssen solide, verlässlich und allgemein anerkannt sein, den Fortschritt beim Übergang zu einer ökologisch effizienten Wirtschaft messen und die Grundlage für einen Anzeiger für nachhaltige Entwicklung bilden, d.h. sich auf die soziale, wirtschaftliche und ökologische Ebene beziehen. Zu diesen neuen Indikatoren muss die biologische Vielfalt gehören;

31.

begrüßt in Bezug auf die integrierte umweltökonomische Gesamtrechnung die Anstrengungen, die für ein „grünes“ Rechnungssystem unternommen werden. In einigen Punkten sind erhebliche Fortschritte dank der Koordinierung der Bemühungen von Eurostat, der statischen Ämter der EU-Mitgliedstaaten und der OECD zu verzeichnen, doch müssen diese auf alle EU-Länder ausgeweitet werden, um 2013 über umweltökonomische Gesamtrechnungen für Energieverbrauch und Abfallbehandlung sowie monetäre Rechnungen für umweltbezogene Subventionen in einem gemeinsamen Rahmen zu verfügen.

Außerdem muss das Europäische System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen um Sozialindikatoren wie das verfügbare Einkommen der Privathaushalte oder das verfügbare Einkommen (Verbrauchskonzept) ergänzt werden, die auf alle EU-Mitgliedstaaten und Regionen umgelegt werden, um ihre Nutzung zu fördern, da sie besser als das aktuelle Pro-Kopf-BIP zeigen, was die Menschen verbrauchen und sparen können;

D.   Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und bessere Rechtsetzung

32.

ist der Ansicht, dass die in der Kommissionsmitteilung aufgeworfenen Fragen unter den dritten Teil, Kapitel XVIII und XX, des AEUV fallen, dessen Gegenstand der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt sowie die Umwelt sind;

33.

betont, dass die Politikbereiche, die in der Kommissionsmitteilung behandelt werden, nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen und daher das Subsidiaritätsprinzip Anwendung finden muss, bekräftigt jedoch, dass es transnationale Aspekte gibt, die nicht angemessen durch ein unabhängiges Handeln der Mitgliedstaaten oder der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geregelt werden können. In diesem Fall werden die Ziele wirksamer über gemeinsame Maßnahmen oder ein koordiniertes Vorgehen erreicht;

34.

unterstreicht, dass die in der Kommissionsmitteilung vorgesehenen Maßnahmen offenbar dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen, da sie nicht über das hinausgehen, was zur Verwirklichung der gesteckten Ziele nötig ist. So wird in der Kommissionsmitteilung insbesondere vorgeschlagen, Indikatoren und weitere Überwachungsinstrumente wie den europäischen Anzeiger für nachhaltige Entwicklung zu entwickeln;

35.

fordert die Europäische Kommission auf, die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Bezug auf eine bessere Rechtsetzung stärker anzuerkennen, vor allem in Bezug auf die Notwendigkeit, sie umfassender in die Entwicklung eines neuen Rahmens zur Messung des sozialen und ökologischen Fortschritts einzubinden. Die Europäische Kommission sollte Unterstützung und Finanzhilfen für die Schaffung von lokalen und regionalen statistischen Datenbanken bereitstellen, die die gesamte EU abdecken und die Erstellung von EU-weiten Indikatoren erleichtern;

36.

weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten und nachgeordneten Gebietskörperschaften bereits eine breite Palette an individuellen und differenzierten ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und technischen Indikatoren festgelegt haben, die zur Entwicklung gesamteuropäischer Indikatoren beitragen können, die ihrerseits die Situation in den Mitgliedstaaten auch auf lokaler und regionaler Ebene widerspiegeln, um einen Vergleich zwischen den Gebietskörperschaften in der gesamten EU zu ermöglichen.

Außerdem sollten die Indikatoren auf EU-Ebene Daten aus anderen Ländern sowie den von internationalen Gremien erstellen Daten Rechnung tragen;

E.   Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

37.

Es spricht vieles dafür, das BIP mit Statistiken zur Berücksichtigung anderer wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Fragestellungen zu ergänzen, die ebenfalls entscheidende Bedeutung für das Wohlergehen der Menschen haben.

Das BIP ist nicht dazu gedacht, den langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und insbesondere die Fähigkeit einer Gesellschaft zur Lösung von Problemen wie Klimawandel, effiziente Ressourcennutzung, Lebensqualität oder soziale Integration genau zu messen. Daher schlägt der Ausschuss vor, dass die für die Gestaltung und Ausarbeitung der öffentlichen Maßnahmen und Strategien gewählten Indikatoren den Prioritäten der EU-2020-Strategie entsprechen;

38.

ist der Meinung, dass der herkömmliche Messwert des BIP verbessert und um Indikatoren für Umwelt und soziales Wohlergehen ergänzt werden muss. Diesbezüglich ist die Schaffung eines globalen Umweltindex sowie einer harmonisierten Sozialumfrage auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene angezeigt;

39.

betont, dass die Methodik ausgefeilt werden muss, um zeitnah über umfassendere und realitätsnähere Daten zu verfügen, um Indikatoren verwenden zu können, die die Entscheidungsfindung erleichtern. Die von den lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Behörden verwendeten Indikatoren müssen einheitlich sein, die Schaffung und Verbreitung gesellschaftlicher Innovationen begünstigen und eine kohärente Entscheidungsfindung ermöglichen. Auch muss das Verständnis für den Zusammenhang zwischen verschiedenen Indikatoren für Wohlergehen verbessert werden, gerade weil die Indikatoren, die das BIP als Messgröße ergänzen sollen, häufig mit langer zeitlicher Verzögerung geändert werden;

40.

fordert, dass die Auswahl und die inhaltliche Gestaltung der Indikatoren in einem Bottom-up-Ansatz unter umfassender Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, der Mitgliedstaaten und der EU im Zuge einer Debatte erfolgen müssen, so dass durch Aggregation die Wirksamkeit der Ziele und die Legitimität des politischen Handelns der EU sichergestellt werden, weil die Bürger sich stärker mit den Anstrengungen zur Überwindung der Krise, für die Erhaltung der Umwelt und für die Wahrung der Lebensqualität identifizieren können;

41.

stellt fest, dass im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung von 1995 ein Indikator eingeführt wurde, der sich auf die Bevölkerungsdichte bezieht. Er bildet die Entwicklungshindernisse der dünn bevölkerten Gebiete im Norden ab, also etwa die großen Entfernungen, die teure Bereitstellung von Dienstleistungen und Infrastrukturen sowie die schwache wirtschaftliche Basis, die Unternehmensgründungen erschwert. Daher sollten auch weiterhin einfache Indikatoren dieser Art verwendet werden, so etwa bei der Gestaltung der Kohäsionspolitik;

42.

fordert, dass die Europäische Union ihre Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen wie der OECD, der Weltbank, der ILO und den statistischen Ämtern fortführt, damit die Anstrengungen, die unternommen werden müssen, im Einklang mit den Anstrengungen stehen, die seitens weiterer internationaler Gremien auf globaler Ebene an den Tag gelegt werden;

43.

unterstreicht die Notwendigkeit der Übereinstimmung von Indikatoren mit den Kernzielen der neuen EU-2020-Strategie und der Finanziellen Vorausschau nach 2013. Die EU-Strategien haben budgetäre Auswirkungen und müssen auf künftige Erfordernisse ausgerichtet sein, um eine Wirklichkeit zu verbessern, die ausschließlich auf zwei Informationsquellen beruhen darf: Statistiken und der Meinung der Bürger. In diesem Sinn müssen die demokratischen Institutionen in Europa ihre Führungsrolle wahrnehmen;

44.

befürwortet die Kommissionsmitteilung und teilt die Ansicht der Europäischen Kommission, dass das BIP ein wichtiger Indikator zur Messung des Wirtschaftswachstums und des Wohlergehens Europas und seiner Regionen ist. Zur Ausarbeitung und Bewertung von Gemeinschaftspolitiken ist jedoch die Entwicklung ergänzender Indikatoren wünschenswert, die den Fortschritt bei der nachhaltigen Verwirklichung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ziele genauer messen.

Brüssel, den 5. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  STIGLITZ Joseph, SEN Amartya und FITTOUSI Jean Paul, Issues Paper, Commission on the Measurement of the Economic Perfomance and Social Progress, 25. Juli 2008.


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/23


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften“

2011/C 15/05

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

betont, dass ÖPP nicht in erster Linie als eine kurzfristige Finanzierungsmöglichkeit angesehen werden sollten, sondern in einer Lebenszyklus-Perspektive zu betrachten sind, die von Planung, Konzeption, Finanzierung und Bau bis zum Betrieb reicht und bei der die Gesamtkosten in Anbetracht der gesamten Lebensdauer des Vorhabens berücksichtigt werden, da die Verträge gelegentlich eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren haben;

vertritt die Ansicht, dass ÖPP nicht in allen Situationen geeignet sind, sondern dass für jedes Projekt, jede öffentliche Dienstleistung und jede Innovation gesondert geprüft werden muss, ob der Abschluss einer Partnerschaft mit dem Privatsektor einen Mehrwert erbringt;

ist der Auffassung, dass es für eine Regelung von Konzessionen für Dienstleistungen durch die Kommission zu früh wäre. Sollte die Kommission dennoch entscheiden, dass Konzessionen für Dienstleistungen unter die Richtlinie über öffentliche Aufträge fallen sollen, so muss diese Regelung unbedingt so einfach und flexibel wie möglich ausgestaltet werden. In diesem Fall sollte sich die Regelung an der in der Richtlinie für Baukonzessionen enthaltenen Regelung und auf keinen Fall an den Regelungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen orientieren.

Berichterstatterin

:

Catarina Segersten Larsson (SE/EVP), Mitglied des Provinzialverbandsrats Värmland

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften

KOM(2009) 615 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ambitionierte Konjunkturprogramme durchführen, um den Finanzsektor zu stabilisieren und die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise für die Bürger und die Realwirtschaft zu begrenzen; möchte gleichzeitig betonen, wie wichtig die Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ist;

2.

ist auch der Auffassung, dass im Rahmen dieser Konjunkturbelebungsbemühungen öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) wirksame Möglichkeiten für Infrastrukturprojekte, bei der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen sowie für Innovationen bieten;

3.

betont in diesem Zusammenhang, dass ÖPP nicht in erster Linie als eine kurzfristige Finanzierungsmöglichkeit angesehen werden sollten, sondern in einer Lebenszyklus-Perspektive zu betrachten sind, die von Planung, Konzeption, Finanzierung und Bau bis zum Betrieb reicht und bei der die Gesamtkosten in Anbetracht der gesamten Lebensdauer des Vorhabens berücksichtigt werden, da die Verträge gelegentlich eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren haben;

4.

vertritt die Ansicht, dass ÖPP nicht in allen Situationen geeignet sind, sondern dass für jedes Projekt, jede öffentliche Dienstleistung und jede Innovation gesondert geprüft werden muss, ob der Abschluss einer Partnerschaft mit dem Privatsektor einen Mehrwert erbringt;

5.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, alle finanziellen Lösungen, wie etwa grenzübergreifende Leasing-Systeme für öffentliche Infrastruktur und andere gemeinsame ÖPP-Vorhaben, an denen sie sich unter Umständen schon beteiligt haben bzw. die sie für die Zukunft erwägen, eingehend zu prüfen, um bösen Überraschungen und schwerwiegenden Auswirkungen auf ihre Haushalte vorzubeugen;

6.

stellt fest, dass die Finanzierungsmöglichkeiten in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sind. In einigen Mitgliedstaaten ist es z.B. möglich, dass lokale Gebietskörperschaften selbst Kredite aufnehmen und große Investitionen tätigen; ist der Auffassung, dass angesichts so unterschiedlicher Voraussetzungen ÖPP nur in bestimmten Fällen zum Einsatz kommen können, um die öffentlichen Finanzen effektiver zu verwalten und Großvorhaben effizienter durchzuführen;

7.

ist der Ansicht, dass ÖPP eine erfolgreiche Form der Bewältigung öffentlicher Investitionen sein können, dass aber die Bewertung, welche Methode für die verschiedenen Projekte, öffentlichen Dienstleistungen oder Innovationen am besten geeignet ist, Sache der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sein muss. Eine wichtige Voraussetzung für ÖPP ist die Bewertung, wer oder welche Gruppe von Partnern am ehesten in der Lage ist, die verschiedenen Risiken zu tragen;

8.

ist der Überzeugung, dass Strukturfonds oder die Europäische Investitionsbank bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zur Unterstützung von Vorhaben in ÖPP Finanzmittel zur Verfügung stellen können;

9.

teilt die Auffassung, dass ÖPP ein Mittel zur Bewältigung der durch den Klimawandel verursachten Probleme sein und auch zur Verbesserung der Lage der europäischen Industrie und des öffentlichen Sektors in puncto Wachstum und Beschäftigung beitragen können;

10.

sieht es als wichtig an, dass kleine und mittelständische Unternehmen bessere Möglichkeiten zur Beteiligung an ÖPP bekommen, da sie eine häufig verkannte Ressource für Wirtschaftswachstum und Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze sind;

11.

verweist darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten beurteilen können, wie die öffentlichen Dienstleistungen zu finanzieren sind; verweist auf die verschiedenen Aufgaben der Kommunen und Regionen, denn neben der Organisation, Leitung und Überwachung von wirtschaftlichen Aktivitäten sind sie auch für den Betrieb in Eigenregie zuständig. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen die Ziele im Sinne des öffentlichen Interesses klar festlegen, die Qualität und die Preisbildung der angebotenen Dienstleistungen bestimmen und die Einhaltung der Ziele überwachen;

12.

stellt fest, dass der Begriff der Partnerschaft inzwischen sehr viel breiter ausgelegt wird als ursprünglich beabsichtigt, und schlägt deshalb vor, dass die öffentlich-private Partnerschaft künftig klarer abgegrenzt wird und auf ein langfristiges Verhältnis, eine gemeinsame Risikoübernahme und eine breite wirtschaftliche Ausrichtung abhebt; hält es deshalb für außerordentlich wichtig, den Begriff der öffentlich-privaten Partnerschaft konkreter zu definieren, um eine sachdienliche Debatte über mögliche künftige Arbeiten in der Gemeinschaft in Gang zu bringen;

Bemerkungen des Ausschusses der Regionen zu den von der Kommission vorgeschlagenen fünf zentralen Maßnahmen im Jahr 2010

Vorschlag der Kommission, eine ÖPP-Gruppe einzurichten

13.

hält es für wichtig, angesichts der steigenden Zahl von ÖPP ein System für internationale Unterstützung und internationalen Erfahrungsaustausch zu schaffen; betont gleichwohl mit Nachdruck, dass die Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sind und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Partnerschaft darin liegt, dass sie auf der Grundlage der lokalen und regionalen Verhältnisse konzipiert wird; hält es deshalb für sinnvoll, dass Unterstützung und Know-how in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährt werden;

14.

vertritt die Auffassung, dass - sollte auf Unionsebene ein Gremium oder eine Gruppe eingerichtet werden - die lokale und regionale Ebene unbedingt darin vertreten sein und dem AdR die Möglichkeit gegeben werden muss, Vertreter der lokalen und regionalen Ebene zu benennen;

Vorschlag der Kommission, mit der EIB zusammenzuarbeiten, um die für ÖPP zur Verfügung stehenden Mittel aufzustocken

15.

ist der Auffassung, dass bei der Durchführung großer Investitionsmaßnahmen stets darauf zu achten ist, dass sich lokale und regionale Gebietskörperschaften und Privatunternehmen bei der Rückbezahlung letztlich nicht in einer unhaltbaren Lage befinden, da mit den Partnerschaften sehr langfristige wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden sind; erachtet die Strukturfondsmittel der EU für einen wichtigen Aktivposten für ÖPP; ist der Auffassung, dass die EIB bei der Schaffung der Voraussetzungen für erfolgreiche und innovative Partnerschaften einen immer wichtigeren Beitrag leisten sollte;

Vorschlag der Kommission, die einschlägigen Vorschriften und Verfahren zu überprüfen, um zu gewährleisten, dass es in Fällen, in denen Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt fließen, bei der Zuweisung öffentlicher Mittel keine Diskriminierung gibt

16.

schätzt das Engagement der Kommission, auf Unionsebene sicherzustellen, dass die im Vertrag verankerten Grundsätze wie z.B. Transparenz, Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und gegenseitige Anerkennung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen gewahrt werden;

17.

vertritt die Auffassung, dass die Kommission noch mehr unternehmen könnte, um in den Regelwerken über die Vergabe öffentlicher Aufträge Handlungsspielraum für öffentlich-private Partnerschaften zu schaffen;

Absicht der Kommission, einen effizienteren Rahmen für Innovation vorzuschlagen, wozu auch die Möglichkeit der EU gehören soll, sich an privatrechtlichen Einrichtungen zu beteiligen und direkt in konkrete Projekte zu investieren

18.

ist der Ansicht, dass die Frage der Beteiligung der EU an privatrechtlichen Einrichtungen oder der direkten Investition in konkrete Projekte zuerst näher ausgeführt und erklärt und eine Subsidiaritätsprüfung durchgeführt werden muss, bevor er dazu fundiert Stellung nehmen kann;

Absicht der Kommission, einen Vorschlag für einen Rechtsakt über Konzessionen auszuarbeiten, der sich auf die laufende Folgenabschätzung stützt

19.

ist der Auffassung, dass es für eine Regelung von Konzessionen für Dienstleistungen durch die Kommission zu früh wäre. Sollte die Kommission dennoch entscheiden, dass Konzessionen für Dienstleistungen unter die Richtlinie über öffentliche Aufträge fallen sollen, so muss diese Regelung unbedingt so einfach und flexibel wie möglich ausgestaltet werden. In diesem Fall sollte sich die Regelung an der in der Richtlinie für Baukonzessionen enthaltenen Regelung und auf keinen Fall an den Regelungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen orientieren;

20.

weist darauf hin, dass die künftige Entwicklung im Bereich der ÖPP die Möglichkeiten für die Beschäftigung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen nicht einschränken darf, was auch der gängigen Rechtsprechung des EuGH entspricht.

Brüssel, den 5. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/26


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Eine Strategie für den geografischen Raum Nordsee/Ärmelkanal“

2011/C 15/06

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist überzeugt, dass Makroregionen eine innovative Form interregionaler und transnationaler europäischer Zusammenarbeit sein können, die einen geeigneten Rahmen für eine räumlich, sachlich und zeitlich definierte Zusammenarbeit zwischen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, Mitgliedstaaten und den Organen der Europäischen Union schaffen kann;

betont, dass makroregionale Strategien nicht sämtliche Politikbereiche umfassen müssen, sondern sich auf die Herausforderungen konzentrieren sollten, die einer Makroregion gemeinsam sind; er stellt außerdem klar, dass die Makroregion keine weitere institutionelle oder konstitutionelle Ebene der Europäischen Union ist;

unterstreicht, dass die gemeinsamen Handlungsprioritäten im Raum Nordsee/Ärmelkanal in den Bereichen Meerespolitik, Umwelt, Energie, Transport/Verkehr, Industrie und Wissenschaft und deren Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt liegen;

fordert die Mitgliedstaaten auf, angesichts der drängenden Probleme und Herausforderungen in den Bereichen Umwelt, Fischerei und Forschung jetzt mit der Ausarbeitung einer europäischen Strategie für diesen Raum zu beginnen;

fordert die Europäische Kommission auf, Mittel für die Ausarbeitung einer makroregionalen Strategie noch vor 2013 verfügbar zu machen und die Entwicklung einer makroregionalen Strategie für den Nordsee/Ärmelkanal-Raum bis 2013 zu fördern;

plädiert dafür, dass die Kohäsionspolitik nach 2013 die makroregionalen Strategien so weit wie möglich im Bereich der territorialen Zusammenarbeit einbinden sollte und hält es für dringend erforderlich, im Rahmen eines Grünbuchs ihre Rolle und Funktion näher zu untersuchen.

Berichterstatter

:

Hermann Kuhn (DE/SPE), Mitglied der Bremischen Bürgerschaft

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt, dass die Europäische Kommission am 10. Juni 2009 die „Strategie der Europäischen Union für den Ostseeraum“ vorgelegt hat, die sich auf die Makroregion des Ostseeraums bezieht. Die Kommission hat bereits bei der Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass die Ostseestrategie beispielgebend für ähnliche Ansätze in anderen europäischen Makroregionen sein kann;

2.

weist darauf hin, dass die Ostseestrategie auf einem integrierten Ansatz, Freiwilligkeit und einer aktiven Zusammenarbeit zwischen regionalen Akteuren und deren Konsultation sowie auf finanzieller Neutralität aufbaut und auf eine besser koordinierte Nutzung vorhandener Ressourcen ausgerichtet ist. Diese Vorgehensweise bietet eine gute Orientierung für die Arbeit an makroregionalen Strategien, wobei jeweils die Besonderheiten und Herausforderungen einer Makroregion den Ausgangspunkt bilden müssen;

3.

begrüßt, dass der Europäische Rat am 18./19. Juni 2009 die Kommission ersucht hat, eine „EU-Strategie für den Donauraum“ vorzulegen;

4.

erinnert daran, dass der Ausschuss der Regionen diese Arbeiten von Beginn an positiv begleitet hat, da sie geeignet sind, die politische Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu befördern, und ihre Beiträge dazu eingebracht hat;

5.

stellt fest, dass sich viele europäische Regionen mit dem Thema „Makroregionale Strategie“ befassen. Dies wurde auf der Konferenz des Ausschusses der Regionen am 13. April 2010 zum Thema „Europäische Makroregionen: Integration durch territoriale Zusammenarbeit“ deutlich;

6.

ist überzeugt, dass Makroregionen eine innovative Form interregionaler und transnationaler europäischer Zusammenarbeit sein können, die einen geeigneten Rahmen für eine räumlich, sachlich und zeitlich definierte Zusammenarbeit zwischen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, Mitgliedstaaten und den Organen der Europäischen Union schaffen kann. Gleichzeitig sollte bei der Erarbeitung dieser neuen Strategien die langjährige Erfahrung der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit berücksichtigt werden;

7.

betont, dass eine europäische Strategie für eine Makroregion die Kohärenz und Koordination politischer Aktionen in verschiedenen Sektoren und auf unterschiedlichen Ebenen verbessern und spezifische Herausforderungen in gemeinsame Aktionen umsetzen kann. Sie kann den Einsatz von finanziellen Mitteln koordinieren helfen, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nach den Grundsätzen der Multi-Level-Governance besser berücksichtigen und gesellschaftliche Organisationen flexibler einbeziehen;

8.

geht daher davon aus, dass makroregionale Strategien ein Instrument europäischer Integration und des wachsenden wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts sind – Schritt für Schritt;

9.

hält es für notwendig zu prüfen, wie makroregionale Strategien und Handlungsfelder mit anderen strategischen Politiken der Union verknüpft werden, vor allem mit „Europa 2020“, der Kohäsionspolitik und der Integrierten Meerespolitik.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Makroregionen: eine neue Form interregionaler und transnationaler europäischer Zusammenarbeit

10.

erinnert daran, dass die Förderung und Entwicklung grenzüberschreitender, interregionaler und transnationaler Zusammenarbeit immer zentrales Anliegen des Ausschusses der Regionen war: bei der Entwicklung von Euroregionen, die sich auf die Zusammenarbeit von Grenzregionen konzentrieren, wie bei der Entwicklung europäischer Strukturen bei grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Vorhaben in der Rechtsform des „Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ);

11.

weist darauf hin, dass die Förderung interregionaler und transnationaler Zusammenarbeit auch wichtiges Ziel und Inhalt der Kohäsionspolitik ist. Dabei beziehen sich die INTERREG IV B-Programme bereits jetzt direkt auf größere regionale Strukturen wie die Nordsee oder den „Atlantikbogen“;

12.

unterstützt es, dass der Raum durch die Aufnahme des Zieles des „territorialen Zusammenhalts“ in die europäischen Verträge eine noch größere Bedeutung als Bezugspunkt europäischer Politiken erhalten hat;

13.

begrüßt, dass die Integrierte Meerespolitik der Union, die die sektoralen Politiken in einem integrierten Ansatz zusammenführen will, inzwischen eine Regionalisierung der Strategie als wesentliche Bedingung für eine erfolgreiche Umsetzung ansieht, weil so die Prioritäten und Instrumente genauer auf die spezifische geografische, wirtschaftliche und politische Situation eines Meeresraumes abgestimmt werden können;

14.

ist überzeugt, dass das Konzept der Makroregionen und der auf sie bezogenen politischen Strategien eine neue und innovative Form interregionaler und transnationaler Politik der Europäischen Union sein kann. Es kann wesentlich zur Kongruenz und Handlungsfähigkeit in einem umgrenzten Raum beitragen und so unter jeweils spezifischen Bedingungen wirtschaftliche Effizienz, sozialen Zusammenhalt und ökologisches Gleichgewicht verbinden;

15.

stellt fest, dass eine Makroregion ein „gewähltes“, kein „verordnetes“ Territorium ist, deren Grenzen daher nicht mit administrativen und politischen Grenzen zusammenfallen müssen. Sie ist eine Ebene, auf der verschiedene Akteure beschließen zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Probleme zu lösen, die auf anderen territorialen Ebenen allein nicht oder schlechter lösbar wären. Es geht um jeweils besondere Herausforderungen und Chancen, für deren Lösung eine Region oder ein Mitgliedstaat zu klein sind, die Union und ihre Regelungen jedoch zu groß und zu allgemein;

16.

schließt daraus, dass makroregionale Strategien nicht sämtliche Politikbereiche umfassen müssen, sondern sich zunächst auf die Herausforderungen konzentrieren sollten, die einer Makroregion gemeinsam sind und die in einem partnerschaftlichen Ansatz gemeinsam ermittelt wurden. Sie verbinden so die Prinzipien von Zusammenarbeit, wo es sinnvoll und notwendig ist, mit dem Grundsatz der Subsidiarität;

17.

unterstreicht, dass die Makroregion als „funktioneller Raum“ keine streng fixierten Grenzen hat, sondern dass die Grenzen je nach Problem und Lösung veränderlich sein können. Allerdings muss ein Mindestmaß an Übereinstimmung hinsichtlich der Frage vorhanden sein, was (auch landeinwärts) das Zentrum eines Gebietes bildet. Jede Makroregion ist in ihrem Kern durch die jeweiligen natürlichen Grundlagen bestimmt, auf denen sich ihre wirtschaftliche, politische und kulturelle Geschichte entwickelt hat;

18.

stellt klar, dass die Makroregion keine weitere institutionelle oder konstitutionelle Ebene der Europäischen Union ist. Die Makroregion sollte vielmehr als Aktionsform, als Plattform oder Netzwerk organisiert werden, in dem lokale und regionale, nationale wie europäische Partner unter Beteiligung gesellschaftlicher Akteure im begrenztem Raum für gemeinsam bestimmte Ziele zusammenwirken können. Dabei sollte auf bestehende Netzwerke und Plattformen zurückgegriffen werden;

19.

ist überzeugt, dass makroregionale Strategien große Chancen und Möglichkeiten eröffnen für die Weiterentwicklung und Konkretisierung der Methode der Multi-Level-Governance, die der Ausschuss der Regionen zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat; dies gilt auch für die offene und flexible Beteiligung von gesellschaftlichen Organisationen;

20.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten über die konkreten Bedingungen und Probleme der Region Bescheid wissen und dass sie auch deshalb bei der Ausarbeitung und Umsetzung makroregionaler Strategien gleichberechtigte Partner sein müssen. Sie sind die Akteure mit der größten Bürgernähe;

21.

ist allerdings der Auffassung, dass die Zusammenarbeit in der Makroregion nicht allein bi- oder multilateral ausgestaltet sein kann, sondern sich wesentlich mit Unterstützung der Organe der Europäischen Union vollziehen muss. Denn diese vertreten die gemeinsamen Ziele, die gemeinsamen Regeln und gemeinsamen Ressourcen der Union;

22.

ist überzeugt, dass jede Makroregion eine auf sie zugeschnittene Strategie benötigt. Erst die Entwicklung einer Reihe makroregionaler Strategien unterschiedlichen Charakters wird ausreichend Erfahrungen über die Möglichkeiten und Grenzen dieses Instrumentes zur Verfügung stellen;

Eine Strategie für den geografischen Raum Nordsee/Ärmelkanal

23.

stellt fest, dass der Raum Nordsee/Ärmelkanal das Meeresgebiet der Nordsee mit den Übergängen zur Ostsee (Skagerrak und Kattegat), zum Atlantik (Ärmelkanal) und zum Nordmeer sowie die an diesem Meeresgebiet liegenden Küstenregionen umfasst, soweit sie unmittelbar oder mittelbar mit dem Meer verbunden sind, vom Meer beeinflusst werden oder es selbst beeinflussen. Das Meeresgebiet entspricht der Abgrenzung der Meeresregion „Erweiterte Nordsee“ in den Dokumenten der OSPAR-Kommission und der Meeresstrategie-Richtlinie der EU;

24.

weist darauf hin, dass die EU-Mitgliedstaaten Schweden, Dänemark, Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich und Vereinigtes Königreich und deren lokale und regionale Gebietskörperschaften politisch mit der Makroregion Nordsee/Ärmelkanal verbunden sind; ebenso Norwegen und im weiteren Sinne Island, die über ihre EWR-Mitgliedschaft bereits enge Beziehungen zur EU haben. Island hat seinen Beitritt zur Union bereits beantragt;

25.

nimmt zur Kenntnis, dass die Nordsee auf dem Kontinentalschelf liegt und daher kein tiefes Gewässer ist; ihr Ökosystem ist mit 230 Fischarten und 10 Millionen Seevögeln reich und komplex, aber auch sensibel und gefährdet. Die Küsten sind vielfältig: Fjorde, Flussmündungen, Strände, Buchten, Wattengebiete; geprägt durch starke Gezeiten und teilweise starke Strömungen. Die Flüsse, die in Nordsee und Ärmelkanal münden, entwässern einen Großteil Europas und belasten die Meere zusätzlich mit ihren Eintragungen;

26.

ist sich bewusst, dass das Meeresgebiet von Nordsee und Ärmelkanal das meist befahrene Seegebiet der Welt ist und insgesamt außerordentlich intensiv genutzt wird: durch Schifffahrt (mit höchster Konzentration im Ärmelkanal), Fischerei, Rohstoffgewinnung aus dem Meeresboden (Erdöl, Erdgas, Sand und Kies), Offshore-Energie, Tourismus. Die Nutzungen stehen untereinander und mit dem Schutz der Natur in spannungs- und konfliktreichem Verhältnis;

27.

weiß, dass die Küsten an Nordsee und Ärmelkanal zu den gut entwickelten Regionen der EU gehören. Hier sind zwei der größten Häfen der Welt für den interkontinentalen Seeverkehr, andere große urbane Zentren mit traditioneller und moderner Industrie; auch Tourismus und Landwirtschaft sind in weiten Teilen gut entwickelt. Gleichzeitig sind traditionelle Branchen wie die Fischerei oder der Schiffbau in einem schwierigen Strukturwandel, der durch die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise noch erschwert wird;

28.

ist der Ansicht, dass der Raum Nordsee/Ärmelkanal eine Wachstumsregion ist. Sie kann und sollte einen Beitrag zur Strategie „Europa 2020“ und zu einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum in Europa leisten. Dies kann durch einen makroregionalen Ansatz befördert werden;

29.

ist besorgt darüber, dass der Raum Nordsee/Ärmelkanal in ökologischer Hinsicht stark belastet und gefährdet ist – belastet durch vielerlei Verschmutzungen und Eintragungen ins Meer, gefährdet durch die Risiken von Schifffahrt und Energiegewinnung. Der Klimawandel bringt neue Risiken für die unmittelbaren Küstenregionen durch den Anstieg des Meeresspiegels und die Zunahme von Starkwetterereignissen;

30.

weist darauf hin, dass Küstenregionen um Nordsee und Ärmelkanal in politischer und kultureller Hinsicht seit zweitausend Jahren eng miteinander verbunden waren, durch Wanderungsbewegungen, durch enge Handelsbeziehungen etwa in der Zeit der Hanse, durch gemeinsame maritime Traditionen. Hier lag in vielen Jahrhunderten der Ausgangspunkt weltumspannender Seefahrt, die das Selbstverständnis der Menschen in der Region mitgeprägt hat;

31.

betont, dass die Anrainerländer von Nordsee und Ärmelkanal vor schwerwiegenden gemeinsamen Problemen und Herausforderungen stehen, die nicht von den einzelnen Regionen oder Mitgliedstaaten gelöst und bewältigt werden können. Sie ergeben sich im Wesentlichen aus den besonderen natürlichen und räumlichen Gegebenheiten der Nordsee, des Ärmelkanals und der Küstenräume, die bis heute die Grundlage für ähnliche historische, ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklungen sind. Das sind vor allem:

ein zusammenhängendes eigenes Ökosystem und seine Gefährdungen;

Klima und Geologie (Nutzung für erneuerbare Energien wie Wind, Gezeiten; neue Herausforderungen des Küstenschutzes);

intensive Nutzung der natürlichen Ressourcen (Fischfang; Öl- und Gasförderung u.a.);

intensive und widerstreitende Nutzung des Raumes (Windenergie, Schifffahrt, Naturschutz);

ökonomische Traditionen an den Küsten (Schifffahrt, Schiffbau, Tourismus);

32.

betont, dass die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung des Ökosystems der Nordsee und ihrer Verbindungen mit den angrenzenden Meeren, zur Schonung ihrer Ressourcen, zur Verringerung und Vermeidung weiterer Verschmutzung, zur Sicherheit auf See und an Land, zur Anpassung an den Klimawandel von der Sache her grenzüberschreitend sind und daher nicht von Regionen oder einzelnen Mitgliedstaaten allein ergriffen werden können. Dies gilt ebenso für die Schaffung grenzüberschreitender Infrastrukturen und Raumordnungen: Schifffahrtskorridore, Transportnetze, Kabel- und Rohrleitungstrassen, Vernetzung von Meeresschutzgebieten;

Wichtige Handlungsfelder

33.

unterstreicht, dass die gemeinsamen Handlungsprioritäten im Raum Nordsee/Ärmelkanal zunächst in den Bereichen Meerespolitik, Umwelt, Energie, Transport/Verkehr, Industrie und Wissenschaft und deren Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt liegen. In diesen Politikfeldern wird der Mehrwert einer erfolgreichen Zusammenarbeit in der Makroregion deutlich erkennbar. Sie wird jedoch auch positive Auswirkungen auf die Politikfelder haben, die nicht unmittelbar von den räumlichen Gegebenheiten und traditionellen Entwicklungen abhängig sind;

Schifffahrt und Häfen

34.

betont, dass die Schifffahrt ein Eckpfeiler der europäischen Wirtschaft ist, ein bedeutender Beschäftigungsfaktor und, trotz der Belastungen der Umwelt, der umweltfreundlichste Verkehrsträger. Ziel ist daher die Verlagerung vor allem von Güterverkehren aufs Wasser und eine bessere Verknüpfung von Wasserwegen und Schienenwegen ins Hinterland. Das Vorgehen bei der Entwicklung von Kurzstreckenseeverkehren, Meeresautobahnen und der Verknüpfung mit Binnenwasserstraßen in der Makroregion Nordsee/Ärmelkanal sollte koordiniert werden;

35.

ist der Auffassung, dass weiter besonderes Augenmerk auf die Verbesserung und Kontrolle der Seeverkehrssicherheit gelegt werden sollte, vor allem in Hochrisiko-Meeresregionen wie dem Ärmelkanal. Zusätzliche Gefahrenszenarien durch wachsende Offshore-Windparks erfordern neue gemeinsame Katastrophenschutz-Strategien;

36.

ist in Sorge, dass mit der Verschärfung der Konkurrenz in Schifffahrt und Hafenwirtschaft durch die Finanz- und Wirtschaftskrise die Erfordernisse des Kampfes gegen die Verschmutzung der Meere und Küsten in den Hintergrund treten könnten. Es sind besondere Förderungen, Maßnahmen und Anreize notwendig, um Strategien wie „Clean Shipping“, das „Nullemissions-Schiff“ und „Green Harbour“ weiterzuentwickeln. Die „Rotterdam Climate Initiative“ und der „Clean Shipping Index“ geben dafür gute Beispiele;

37.

ist der Überzeugung, dass Fragen der Sicherheit auf den Meeren und Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung zwar Gegenstand internationaler Vereinbarungen werden müssen, dass solche Vereinbarungen aber erfolgreich durch Aktionen und Beispiele von gut organisierten Makroregionen vorbereitet und angestoßen werden können;

Qualifizierung

38.

ist der Auffassung, dass es mit der wieder zunehmenden Bedeutung des Seeverkehrs und Offshore-Aktivitäten zu steigender Nachfrage und erhöhten Anforderungen an die Arbeitskräfte kommen wird; die internationale Konkurrenz um hoch qualifizierte Fachkräfte wird zunehmen. Die maritimen Standorte im Raum Nordsee/Ärmelkanal stehen gemeinsam vor der Herausforderung, für die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften für vielfältige maritime Tätigkeiten zu sorgen;

39.

spricht sich dafür aus, den Gedanken einer „Meeresakademie“ als gemeinsamer virtueller Ausbildungsstätte für traditionelle und neue maritime Berufe zu prüfen, in der gemeinsame Ausbildungsinhalte und Standards entwickelt würden mit der Folge gegenseitiger Anerkennung;

Industrie und Wirtschaft

40.

unterstreicht, dass die Küstenregionen im Raum Nordsee/Ärmelkanal stark von den Umbrüchen der internationalen Arbeitsteilung in der Industrie betroffen sind, vor allem im Schiffbau. Die Förderung hochtechnologischen Spezialschiffbaus und von Niedrigemissions- oder Nullemissions-Schiffen ist notwendig, um die Werften im Wettbewerb zu unterstützen und gleichzeitig den Seeverkehr sicherer und nachhaltiger zu machen;

41.

macht darauf aufmerksam, dass das Meer und auch das Küstengebiet Standort oder Rohstoff neuer Technologien und Industrien werden kann. Dabei geht es um Offshore-Technik, um „blaue“ Biotechnologien, um Wasser- und Deltatechnologie, um Marikulturen, um die mögliche Gewinnung von weiteren Rohstoffen aus dem Meeresboden. Für diese Technologien und Industrien der Zukunft sollten regionale Cluster im Raum Nordsee/Ärmelkanal gebildet werden, da hier gute wissenschaftliche und industrielle Kapazitäten dafür bestehen;

42.

begrüßt, dass die Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2010 eine Mitteilung über „Blaues Wachstum – Eine neue Vision für nachhaltiges Wachstum in Küstenregionen und Meeresgebieten“ angekündigt hat;

Integrierte Meerespolitik

43.

betont, dass die Integrierte Meerespolitik der EU die Notwendigkeit von maßgeschneiderten, auf die (geografischen, wirtschaftlichen, politischen) Besonderheiten der Regionalmeere zugeschnittenen Lösungen hervorhebt und dass es sich beim Raum Nordsee/Ärmelkanal um ein solches Regionalmeer handelt. Die Entwicklung einer integrierten Meerespolitik für diesen Raum, ihre Umsetzung in Aktionen und ihre Kontrolle ist wesentlicher Teil einer europäischen Strategie für den Raum Nordsee/Ärmelkanal;

44.

geht daher davon aus, dass die von der Kommission angekündigte Mitteilung zur Integrierten Meerespolitik im Meeresraum der „Erweiterten Nordsee“ die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit der Anrainer herausstellen und Ziele und Instrumente dieser Zusammenarbeit vorschlagen wird;

45.

weist darauf hin, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und die Interessenvertreter vor Ort wichtige Partner in dieser Diskussion sind, da sie am besten beurteilen können, welche Maßnahmen geeignet sind;

Fischerei

46.

bedauert, dass die Fischereipolitik der Europäischen Union ihre Ziele bislang unzureichend erreicht hat und vor großen Herausforderungen steht: die Überfischung bei vielen Arten und in vielen Regionen, der schlechte Zustand vieler Bestände - zum Teil unterhalb der biologischen Grenze -, die immer noch unangemessen hohen Fangkapazitäten, illegaler und unregulierter Fischfang, der bislang nicht wirkungsvoll verhindert werden konnte;

47.

empfiehlt, für jedes Fischereigebiet zu analysieren und zu bewerten, welche Form der Bewirtschaftung am besten zu der Meeresregion, den befischten Arten und der Art der Flotte passt. Dazu sollte die Rolle der regionalen Beiräte (RAC) gestärkt und die Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften gefördert werden;

Umwelt

48.

stellt fest, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die zunehmenden Eingriffe des Menschen zu einer starken Belastung des Ökosystems von Nordsee/Ärmelkanal und zu großen Umweltproblemen geführt haben: Vermüllung (u.a. mit Plastikmüll) von Meer und Stränden; höhere Belastung der Gewässer mit Chemikalien und Schwermetallen, Verunreinigungen durch die Schifffahrt und die Erdöl- und Erdgasförderung im Meer;

49.

ist sich sicher, dass eine nachhaltige Verbesserung der Meeresumwelt (Gewässerqualität, Erhaltung der Biodiversität) - auch in den Ästuaren - nur erreicht werden kann, wenn sich alle Anrainer der Nordsee und des Ärmelkanals auf gemeinsame Ziele, deren kohärente Umsetzung und Kontrolle verpflichten;

50.

nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass auf dem Boden der Nordsee und des Ärmelkanals noch heute große Mengen Munition (geschätzt 1 Mio. t) aus der Zeit des 2. Weltkrieges liegen, die eine erhebliche Gefährdung der Schifffahrt, der Umwelt und der Menschen bedeuten. Der Austausch von Informationen, vertrauensvolle Zusammenarbeit und ein gemeinsames Aktionsprogramm sind notwendig, um diese Gefahr vermindern und beseitigen zu können;

51.

besteht darauf, dass vor der Planung von Kohlendioxidspeichern (CCS) unter dem Meeresboden sehr gründliche Studien zur Abschätzung von Risiken und Umweltfolgen notwendig sind;

Klimawandel - Eindämmung und Anpassung

52.

weist darauf hin, dass der Anstieg des Meeresspiegels und die höhere Gefährdung des Küstenraums durch Überschwemmungen bei Extremwetterlagen in Folge des Klimawandels die Regionen an Nordsee und Ärmelkanal auf spezifische und vergleichbare Weise betreffen. Diesen Herausforderungen müssen die Küstenregionen von Nordsee und Ärmelkanal durch gemeinsame Forschungsvorhaben, den Austausch wichtiger Informationen und die Abstimmung konkreter Küstenschutzmaßnahmen begegnen;

53.

stellt fest, dass die Nordsee-Anrainerstaaten über einmalige Erfahrungen im Umgang mit den Veränderungen des Meeresspiegels haben, wie sie durch den Klimawandel hervorgerufen werden können. Ein Zusammenwirken von Forschung und Aktualisierung des Wissens in diesem Bereich kann deshalb zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wie zum Schutz des Lebensraums von Bürgerinnen und Bürgern beitragen;

54.

macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Regionen des Raumes Nordsee/Ärmelkanal dem Klimaschutz und der Umweltforschung einen hohen Stellenwert beimessen und ihre regionalen Handlungsmöglichkeiten zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen gemeinsam ausschöpfen werden. Dies geschieht durch regionale Klimaschutzprogramme, die Steigerung der Energieeffizienz und die Förderung erneuerbarer Energien - sowohl offshore als auch onshore - die fossile Energieträger ersetzen sollen;

55.

hebt hervor, dass das Küstengebiet und vor allem die großen Ästuarien klimabeständiger gestaltet werden müssen, in einer Weise, die die natürliche Qualität und die Lebensqualität in den Küstenregionen und im Hinterland nach Möglichkeit erhöht;

56.

stellt fest, dass der Klimawandel auch den marinen Ökosystemen weiter zusetzen kann, durch Erwärmung, Versauerung des Wassers, durch Zuwanderung neuer Arten. Er wird auch die Möglichkeiten des Tourismus in diesem Raum verändern. Gemeinsam erstellte, wissenschaftlich fundierte Szenarien sind für realistische politische Reaktionen notwendig;

Raumordnung

57.

betont, dass grenzüberschreitende Effekte, gerade in dem so intensiv genutzten Raum Nordsee/Ärmelkanal, eine verstärkte Abstimmung in Raumordnungsfragen an der Küste und im Wasser notwendig machen. Die gegenwärtig noch zunehmenden Nutzungsansprüche auf einen begrenzten und sensiblen Raum müssen auch vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Entwicklung und dem Erhalt der natürlichen Umwelt bewertet und abgewogen werden;

58.

gibt zu bedenken, ob nicht für den Raum Nordsee/Ärmelkanal ein gemeinsames „Bergrecht“ als gemeinsames Nutzungsrecht des Meeresbodens mit Standards für Genehmigungen und Sicherheitsfragen entwickelt werden sollte. Notwendig sind dabei auch Vorschriften für die Verlegung und Verwendung von Kabeln und Pipelines auf dem Meeresboden;

59.

macht darauf aufmerksam, dass die Küstenzone eine wichtige Funktion beim Schutz des Hinterlandes vor dem Meer hat. Sie ist zugleich ein hochwertiges Natur- und Erholungsgebiet und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen, die an Nordsee und Ärmelkanal leben. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Nutzungsinteressen (Natur, Erholung, Wirtschaft, Sicherheit, Wohnen) ist eine angemessene und effiziente Nutzung des Küstenraumes und eine integrierte Planung und Entwicklung unabdingbar;

Energie

60.

geht davon aus, dass weiterhin Erdöl und Erdgas in der Nordsee gefördert werden. Gemeinsame hohe Sicherheitsstandards und Systeme zur Gefahrenabwehr und -begrenzung sind notwendig, um die Risiken nach Möglichkeit einzuschränken und bei Bedarf schnell und effektiv reagieren zu können;

61.

unterstreicht, dass auf Grund der geografischen Bedingungen die Chancen für erneuerbare Energie - deren Ausbau entscheidend für eine erfolgreiche Klimapolitik ist - in Nordsee und Ärmelkanal sehr groß sind. Energie aus Wind, Wellen, Gezeiten und Strömungen finden hier große Möglichkeiten, ihre weitere Erforschung und Förderung ist im Interesse aller in der Region. Angesichts des schnellen Ausbaus der Offshore-Windanlagen müssen Standards für den Bau, die Sicherheit, die Belastungen durch Lärm und Verschmutzung dieser Anlagen vereinbart werden;

62.

begrüßt es, dass Planungen für ein „Nordsee-Grid“ als umfassendes Energietransportnetz begonnen haben, um das Potential regenerativer Energieträger voll nutzbar machen zu können. Es macht eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, der Regionen und privater Partner zwingend erforderlich. Mit der notwendigen Weiterentwicklung zu „Smart grids“ könnte die Stärke regenerativer Energiegewinnung den Raum zu einer Pilotregion für „e-Mobility“ machen;

Forschung

63.

fordert, die marine und maritime Forschung verstärkt im 8. Forschungsrahmenprogramm zu fördern und ihre Vernetzung zu unterstützen. Denn Grundlage für alle genannten Handlungsfelder sind wissenschaftliche Kenntnisse über das Ökosystem der Nordsee und ihren Zustand, über die Folgen des Klimawandels, über die wechselseitigen Auswirkungen konkurrierender Nutzungen u.a.;

64.

schlägt vor, eine gesonderte themenübergreifende Forschungsinitiative für die Region zu starten, die darauf ausgerichtet ist, Wissen über den Raum Nordsee/Ärmelkanal aus allen Disziplinen zu integrieren. Dabei sollten die Erfahrungen aus dem Programm BONUS 169 für den Ostseeraum ausgewertet werden;

Kultur

65.

verweist darauf, dass Leben und Arbeiten am Meer und auf dem Meer eine lange kulturelle Tradition, Erinnerungen und Erzählungen hervorgebracht haben. Landgewinnung, Schiffbau und Seefahrt haben wesentlich zum Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der Menschen beigetragen, die rund um Nordsee und Ärmelkanal leben. Belebung und Entwicklung dieser Traditionen als gemeinsame Identität sind auch ein positives Merkmal, um im Wettbewerb die Aufmerksamkeit für diesen Raum zu erhöhen;

66.

regt deshalb an, die Zusammenarbeit der damit befassten Museen und kulturellen Einrichtungen (z.B. das „North Sea Maritime Museum Network“) zu fördern. Zum besseren Verständnis der gemeinsamen (wie auch geteilten) Geschichte des Raumes könnte ein gemeinsames Geschichtsbuch sinnvoll sein;

67.

hebt die Bedeutung der Kreativ- und Kulturwirtschaft in vielen Regionen des Raumes Nordsee/Ärmelkanal hervor und ist überzeugt, dass dieser Wirtschaftssektor an Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung in diesem Raum gewinnen wird, insbesondere durch kulturelle und universitäre Austauschprogramme und die Verbindung von Kultur und nachhaltigem Tourismus innerhalb der gesamten Region;

Verhältnis zu anderen EU-Politiken

68.

verweist auf die hohe Kongruenz zwischen diesen Schwerpunkten und Themen einer Strategie für den Raum Nordsee/Ärmelkanal und den Zielen und Leitlinien der Strategie „Europa 2020“ und sieht darin eine ausgezeichnete Voraussetzung für eine wechselseitige Befruchtung zwischen der strategischen Orientierung auf Ebene der gesamten Union und der intensiven grenzüberschreitenden und transnationalen Zusammenarbeit in einer definierten Makroregion der Anrainer von Nordsee und Ärmelkanal;

69.

erkennt insbesondere in den Leitinitiativen „Innovationsunion“, „Ressourcenschonendes Europa“, „Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung“ sowie „Neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ diejenigen Zukunftsaufgaben der EU, zu denen eine makroregionale Strategie der Nordsee-/Ärmelkanal-Anrainer konkrete und nachhaltige Beiträge entwickeln könnte;

70.

bekräftigt seine Auffassung, dass die Zusammenarbeit der nationalen, regionalen und lokalen Partner in klar definierten Themenfeldern im Kontext einer Makroregion einen maßgeblichen Mehrwert zur Umsetzung der übergeordneten EU-Strategie beiträgt, indem auf der makroregionalen Ebene die geeigneten Akteure identifiziert und die Ressourcen zielgerichtet mobilisiert und ausgerichtet werden;

71.

betont die besondere Bedeutung, die der Zusammenarbeit der Akteure im Kontext einer Makroregion für die effiziente und erfolgreiche Umsetzung der Strategie Europa 2020 „vor Ort“ und im konkreten Erleben der Bürgerinnen und Bürger in ihren regionalen und lokalen Erfahrungszusammenhängen zukommt;

72.

weist darauf hin, dass zwischen Nord- und Ostsee vielfältige wirtschaftliche und politische Verflechtungen bestehen. Beide Meeresräume stehen insbesondere bei Meereswirtschaft, Meeresschutz, Klimawandel und Energiepolitik vor ähnlichen Herausforderungen. Es wird daher eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Ostsee- und dem Nordseeraum angestrebt. Darüber hinaus sollte geprüft werden, wie bewährte Verfahren aus der Ostseestrategie auf die Nordseestrategie übertragen werden können;

73.

schlägt vor zu prüfen, ob und wie die Ziele und Handlungsfelder der Kohäsionspolitik in Zukunft auch mit vereinbarten Schwerpunktsetzungen innerhalb makroregionaler Strategien verknüpft werden sollten, beispielsweise indem bestimmte Finanzmittel innerhalb der Strukturfonds diesen Strategien zugeordnet werden;

74.

stellt fest, dass es im Raum Nordsee/Ärmelkanal bereits EU-Programme grenzüberschreitender, transnationaler und interregionaler Zusammenarbeit gibt, die die Kooperation befördern und zum engeren Zusammenhalt der Regionen beitragen, vor allem die INTERREG Programme IV B für die Nordsee und für den Atlantik-Bogen. Diese Programme - enger und flexibler miteinander verknüpft oder auf Dauer zusammengefasst - könnten zu einem wichtigen Instrument für die Entwicklung und Implementierung einer Strategie für den Raum Nordsee/Ärmelkanal entwickelt werden;

75.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Raum Nordsee und Ärmelkanal dazu auf, diese Förderinstrumente interregionaler Zusammenarbeit schon jetzt verstärkt zur Formulierung und Entwicklung einer makroregionalen Strategie zu nutzen;

76.

plädiert erneut dafür, dass bei der Formulierung der Kohäsionspolitik ab 2014 die interregionale Zusammenarbeit weiter gestärkt wird und die Mittel dafür aufgestockt werden, ohne dass dies zu Lasten der Ziele 1 und 2 der Kohäsionspolitik gehen darf;

Governance

77.

nimmt die Auffassung der Europäischen Kommission zur Kenntnis, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Entwicklung makroregionaler Strategien „drei Nein“ gelten: keine neuen Regeln, keine neuen Institutionen, keine zusätzlichen Mittel;

78.

ist aber der Auffassung, dass gleichzeitig „drei Ja“ gelten sollten:

gemeinsam vereinbarte Anwendung und Kontrolle bestehender Regeln in der Makroregion;

Aufbau einer Plattform/eines Netzwerkes/territorialer Cluster von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der Stakeholder, in Verantwortung der Organe der Union;

abgestimmte Nutzung bestehender finanzieller Ressourcen der Union zur Entwicklung und Umsetzung makroregionaler Strategien;

79.

sieht es als notwendig an, dass zur Umsetzung makroregionaler Strategien neue Governance-Formen (Netzwerke, Plattformen), die auf gemeinsames Handeln und konkrete Ziele ausgerichtet sind, entwickelt und angewandt werden. Diese können politische Prozesse anstoßen und weiterentwickeln, ohne bestehende Kompetenz- und Souveränitätsrechte in Frage zu stellen. Sinnvoll ist eine Multi-Level-Struktur der Kooperation, die verschiedene Ebenen von Governance, Macht, Ressourcen und Fähigkeiten zusammenführt;

80.

erinnert daran, dass die Internationale Nordseeschutzkonferenz von 1984 bis 2006 Pionierarbeit für Vereinbarungen zu einem verbesserten Schutz der Nordsee geleistet hat. Mit dem 1998 in Kraft getretenen OSPAR-Übereinkommen zum Schutz der Meersumwelt des Nordostatlantiks, einschließlich der Nordsee, existiert ein verbindlicher Rahmen für internationale Absprachen in diesem Raum;

81.

betont, dass die Nordseekommission, eine der geografischen Kommissionen der Konferenz für periphere Küstenregionen (KPKR), ein wichtiger Partner ist, der sich für eine verstärkte Kooperation im Nordseeraum einsetzt und seinerseits bereits Vorstellungen für eine Strategie für den Nordsee/Ärmelkanal-Raum entwickelt hat. Zwischen der interregionalen Gruppe „Nordsee/Ärmelkanal“ im Ausschuss der Regionen und der Nordseekommission besteht diesbezüglich bereits seit einiger Zeit ein enger Austausch. Auch weitere Netzwerke lokaler und regionaler Organisationen aus diesem Raum sollten die Möglichkeit haben, einen Beitrag zu dieser Arbeit zu leisten;

82.

unterstreicht, dass für den Bereich des Ärmelkanals die „Arc Manche Assembly“ eine wichtige Rolle spielt, die sich ausdrücklich für eine Integration des Ärmelkanals in eine gemeinsame makroregionale Strategie mit der Nordsee einsetzt;

83.

ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit diesen und anderen aktiven Zusammenschlüssen (wie etwa das „Wattenmeerforum“) und Nichtregierungsorganisationen ein entscheidender Baustein für die Entwicklung und den Erfolg makroregionaler Strategien ist;

84.

erwartet, dass eine bessere Synergie zwischen den auf Gemeinschaftsebene verfügbaren Mitteln hergestellt werden kann, solange keine eigenen Mittel für makroregionale Strategien zur Verfügung stehen. Dabei müssen bei den makroregionalen Strategien aufgrund der Vielfalt der behandelten Themen verschiedene bestehende Gemeinschaftsmittel einbezogen werden können, nicht nur die Strukturfonds, sondern auch das CIP, die Programme TEN-V und das Programm „Marco Polo“ im Verkehrsbereich, das FuE-Rahmenprogramm u.a.;

85.

ist der Auffassung, dass die Politik für Makroregionen auf gemeinsames Handeln in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Begrenzung zielt. Daher sollte sie in einem Aktionsplan „Nordsee/Ärmelkanal 2020“ zusammengefasst werden;

III.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

86.

bittet die EU-Mitgliedstaaten, die weiteren Schritte zur Entwicklung einer makroregionalen Strategie für den Raum Nordsee/Ärmelkanal auf europäischer Ebene zu unterstützen;

87.

ist der Auffassung, dass angesichts der drängenden Probleme und Herausforderungen jetzt mit der Ausarbeitung einer europäischen Strategie für den Raum Nordsee/Ärmelkanal begonnen werden muss. Er fordert den Europäischen Rat auf, die Kommission mit der Ausarbeitung zu beauftragen, und bittet das Europäische Parlament um enge Zusammenarbeit;

88.

plädiert dafür, dass die Kohäsionspolitik nach 2013 die makroregionalen Strategien so weit wie möglich im Bereich der territorialen Zusammenarbeit (grenzüberschreitend, transnational und interregional) einbinden sollte, und spricht sich für die Annahme einer makroregionalen Strategie vor 2013 aus, damit die regionalen operationellen Programme des künftigen Programmplanungszeitraums im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur konkreten Umsetzung dieser Strategie beitragen können;

89.

betont, dass eine Strategie für den geografischen Raum Nordsee/Ärmelkanal auf der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips beruht. Sie wird sich mit Themenbereichen und Problemfeldern befassen, die nicht ausschließlich auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gelöst werden können;

90.

hebt hervor, dass die Erarbeitung dieser Strategie durch eine breite öffentliche Konsultation begleitet werden muss. Sie sollte in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen als Vertretung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und im Besonderen mit der Nordseekommission der KPKR, der „Arc Manche Assembly“ und anderen wichtigen Akteuren durchgeführt werden. Norwegen und Island, die Mitglied des EWR sind, sollten beteiligt werden;

91.

ersucht die Europäische Kommission, bereits vor dem Jahre 2013 Mittel der technischen Hilfe für die Erarbeitung makroregionaler Strategien bereitzustellen, damit diese in die künftige Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union aufgenommen werden können;

92.

schlägt der Europäischen Kommission vor, auch im Rahmen der Programme zur Förderung der territorialen Zusammenarbeit, insbesondere INTERREG IV B und anderer Netzwerkprogramme wie ESPON die Entwicklung einer makroregionalen Strategie für den Nordsee/Ärmelkanal-Raum bis 2013 zu fördern. So wird klargestellt, welche europäischen Richtlinien und Übereinkommen bereits für diesen Raum gelten;

93.

begrüßt, dass das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission vorsieht, eine „Mitteilung zur Umsetzung der integrierten Meerespolitik in der Erweiterten Nordsee“ vorzulegen;

94.

hält es für dringend erforderlich, dass im Rahmen eines Grünbuchs die Rolle und Funktion von Makroregionen näher untersucht und festgelegt werden. Der Ausschuss der Regionen hat die Europäische Kommission in seiner Entschließung zu dem Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2010 bereits dazu aufgefordert;

95.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Initiativstellungnahme der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem derzeitigen Ratsvorsitz und dessen Partnern im Dreiervorsitz (2010–2011) zu übermitteln.

Brüssel, den 5. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/34


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Eine digitale Agenda für Europa“

2011/C 15/07

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die Digitale Agenda für Europa, eine der sieben Leitinitiativen der Europa-2020-Strategie. Übergeordnetes Ziel dieser Digitalen Agenda ist es, aus einem digitalen Binnenmarkt, der auf einem schnellen bis ultraschnellen Internet und interoperablen Anwendungen beruht, nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu ziehen. Um die Agenda zum Erfolg zu führen, muss sie mit entsprechendem Ehrgeiz und Engagement umgesetzt werden, so dass in Europa ein neues, wissensbasiertes, kohlenstoffemissionsarmes und eine hohe Beschäftigung sicherndes Wirtschaftsmodell aufgebaut werden kann;

weist darauf hin, dass sich die Empfehlungen der Agenda hauptsächlich an die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften richten, denen daher bei ihrer Umsetzung eine entscheidende Rolle zukommt. Die Umsetzung der in der Agenda im Hinblick auf die lokale und regionale Ebene gesetzten Prioritäten ist eine Grundvoraussetzung für die Gewährleistung der Lebensqualität, des Soziallebens und der Wirtschaftstätigkeit der Bürgerinnen und Bürger und wird sowohl die Effizienz und Kundenorientierung des öffentlichen Dienstes verbessern als auch der lokalen Wirtschaft zugutekommen;

hebt hervor, dass der digitale Binnenmarkt einer der Grundpfeiler der Digitalen Agenda für Europa ist, die Förderung eines wachsenden, erfolgreichen und dynamischen paneuropäischen Markts für die Produktion und Verbreitung legaler digitaler Inhalte und Online-Dienstleistungen gewährleistet und einen einfachen, sicheren und flexiblen Zugang zu Online-Inhalten und Dienstleistungsmärkten für die Verbraucher sichert;

begrüßt die Initiative der Kommission zur Vereinfachung der Klärung, Verwaltung und grenzüberschreitenden Lizenzierung von Urheberrechten durch eine Verbesserung der Verwaltung, Transparenz und europaweiten Lizenzierung für die Online-Rechteverwaltung, wobei ein Rechtsrahmen zur Erleichterung der Digitalisierung und Verbreitung von Kulturgütern in Europa geschaffen werden soll;

weist darauf hin, dass es beim Aufbau der Internet-Infrastruktur und der davon unterstützten Dienste von entscheidender Bedeutung sein wird, die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen auf allen Ebenen zu gewährleisten, um einen möglichst guten Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten sicherzustellen. Wichtig ist dabei auch, dass jedweder unerlaubte Zugriff auf persönliche Informationen und das Erstellen von Profilen verhindert wird.

Berichterstatter

:

Markku MARKKULA (FI/EVP), Mitglied des Stadtrats von Espoo

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine Digitale Agenda für Europa

KOM(2010) 245 endg.

I.   EINLEITUNG

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt die Digitale Agenda für Europa, eine der sieben Leitinitiativen der Europa-2020-Strategie. Übergeordnetes Ziel dieser Digitalen Agenda ist es, aus einem digitalen Binnenmarkt, der auf einem schnellen bis ultraschnellen Internet und interoperablen Anwendungen beruht, nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu ziehen. Um die Agenda zum Erfolg zu führen, muss sie mit entsprechendem Ehrgeiz und Engagement umgesetzt werden, so dass in Europa ein neues, wissensbasiertes, kohlenstoffemissionsarmes und eine hohe Beschäftigung sicherndes Wirtschaftsmodell aufgebaut werden kann;

2.

weist darauf hin, dass sich die Empfehlungen der Agenda hauptsächlich an die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften richten, denen daher bei ihrer Umsetzung eine entscheidende Rolle zukommt. Die Umsetzung der in der Agenda im Hinblick auf die lokale und regionale Ebene gesetzten Prioritäten ist eine Grundvoraussetzung für die Gewährleistung der Lebensqualität, des Soziallebens und der Wirtschaftstätigkeit der Bürgerinnen und Bürger und wird sowohl die Effizienz und Kundenorientierung des öffentlichen Dienstes verbessern als auch der lokalen Wirtschaft zugutekommen;

3.

hebt hervor, dass die Gebietskörperschaften von allen Akteuren des öffentlichen Sektors dem „normalen Bürger“ am nächsten stehen und für den Großteil der für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger wichtigen Dienstleistungen verantwortlich sind. Die Gebietskörperschaften müssen insbesondere mit Blick auf die Wirtschaftskrise, den demografischen Wandel und die Bedürfnisse der Bevölkerung unbedingt in der Lage sein, das Potenzial der neuen Technologien auszuschöpfen. Am besten genutzt werden können Innovationen sicherlich, indem sich die Gebietskörperschaften mit in verwandten Bereichen tätigen Unternehmen und Dienstleistern zusammentun. Von entscheidender Bedeutung ist diesbezüglich eine wirksame Umsetzung des in Hochschulen und Forschungszentren gesammelten Wissens auf der lokalen und regionalen Ebene;

4.

weist erneut darauf hin, dass er seit jeher dazu aufruft, zur Sicherung von Wachstum und Unternehmensneugründungen Investitionen in die IKT-Forschung zu tätigen. Zudem vertritt er die Auffassung, dass Innovationen zur Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme in Europa nur durch den wirksamen Einsatz von IKT vorangetrieben werden können;

5.

stellt fest, dass bei elektronischen Behördendiensten bislang zu oft die Papier-Bürokratie einfach elektronisiert wurde. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten Vorreiter sein und die Verwaltungsverfahren und -strukturen unter Nutzung von IKT auf europäischer und nationaler Ebene in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften grundlegend reformieren, um Gehalt, Qualität und Produktivität der Arbeit der öffentlichen Verwaltung und deren Effizienz zu steigern und den bürokratischen Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu verringern;

6.

ist der Ansicht, dass die in der Kommissionsmitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen in der jetzigen Form keinerlei Fragen hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit aufwerfen, betont in diesem Zusammenhang jedoch, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften systematisch in die Konzeption, Implementierung und Verwaltung der Maßnahmen zur Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa eingebunden werden sollten (insbesondere in die Aktionsbereiche Interoperabilität und Normen, schneller und ultraschneller Internetzugang, Verbesserung der digitalen Kompetenzen, Qualifikationen und Integration sowie IKT-gestützte Vorteile für die Gesellschaft in der EU z.B. im Zusammenhang mit elektronischen Behördendiensten, dem Klimawandel und intelligenten Verkehrssystemen);

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Wirksame Umsetzung: ein absolutes Muss

7.

begrüßt die Absicht, Europa durch die Digitale Agenda zu einer Triebkraft für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum auf globaler Ebene zu machen;

8.

weist auf die Schlussfolgerungen des Rates Verkehr, Telekommunikation und Energie vom 31. Mai 2010 (1) hin, in denen u.a. folgendes festgehalten wird:

Europa sollte die digitale Wirtschaft fördern, um ihre Hilfsfunktion und ihren branchenübergreifenden Charakter zur Steigerung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit anderer Branchen zu nutzen; zudem sollte es die IKT einsetzen, um die globalen Herausforderungen, wie z.B. den Übergang hin zu einer kohlenstoffemissionsarmen und ressourcenschonenden Wirtschaft und die Schaffung neuer und besserer Arbeitsplätze, erfolgreicher zu bewältigen;

die Digitale Agenda für Europa, der im Rahmen der Europa-2020-Strategie eine Schlüsselrolle zukommt, sollte im Einklang mit den anderen Aspekten und Leitinitiativen der Strategie, u.a. „Innovationsunion“ und „Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung“, stehen;

Europas Wettbewerbsposition muss in diesem wichtigen Sektor durch intensivere Bemühungen im Bereich der IKT-Forschung, -Entwicklung und -Innovation sowie durch die Förderung des Wissensdreiecks gestärkt werden;

die Kommission und die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, nach Wegen zur Verbesserung der horizontalen Abstimmung zwischen den einzelnen involvierten Institutionen auf europäischer und nationaler Ebene zu suchen, um die Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa zu optimieren;

9.

weist auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2010 zu einer neuen Digitalen Agenda für Europa hin, in der es die Auffassung vertritt, „dass Europa die Früchte dieser digitalen Revolution nur ernten wird, wenn alle EU-Bürger mobilisiert und in die Lage versetzt werden, voll und ganz an der neuen digitalen Gesellschaft teilzuhaben, und wenn der Mensch in den Mittelpunkt des politischen Handelns gestellt wird, und […] dass diese digitale Revolution nicht länger als eine evolutionäre Fortentwicklung der industriellen Vergangenheit angesehen werden kann, sondern eher als ein radikaler Umwälzungsprozess“ (2);

10.

erkennt an, dass sich die Informationsgesellschaft als enorme Triebkraft des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts erwiesen hat. Der erforderliche Übergang von der Informationsgesellschaft hin zu einer grünen wissensbasierten Gesellschaft kann sogar als eine Art Paradigmenwechsel bezeichnet werden. Die Bedeutung der Digitalen Agenda für Europa zeigt sich auch daran, dass die erfolgreiche Umsetzung dieser Leitinitiative eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der weiteren Leitinitiativen der EU-2020-Strategie ist;

11.

vertritt die Auffassung, dass sich die Qualität einer Gesellschaft ganz wesentlich daran erkennen lässt, inwieweit sie in der Lage ist, eine echte Einheit von Lernen und Arbeiten zu schaffen und neues, visionäres Wissen zu generieren. In unserer Gesellschaft entstehen nämlich ganz neue Erfordernisse hinsichtlich der Arbeitsmethoden, der Arbeitskulturen, der Gültigkeit von Informationen, der Medienkompetenz usw.;

12.

weist darauf hin, dass sich das Unternehmensumfeld durch die Digitalisierung und die Globalisierung in einem atemberaubenden Tempo verändert hat. Studien der OECD haben ergeben, dass die IKT weit reichende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den Erfolg einzelner Unternehmen haben, insbesondere wenn sie mit Investitionen in Kompetenzen, organisatorischem Wandel, Innovation und der Gründung neuer Unternehmen einhergehen (3);

13.

betont, dass die Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa nicht von der Entwicklung des lebenslangen Lernens, der Humanressourcen und den Maßnahmen, die zu ihrer Förderung benötigt werden, losgelöst werden kann. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist, wie gut und wie umfassend Arbeitskollektive und Bürger, d.h. Einzelpersonen und die verschiedenen Gesellschaftsgruppen, in ganz Europa aktiv eingebunden und mobilisiert werden können, zur Schaffung eines weitaus innovativeren und produktiveren Europas beizutragen. Für einen vollen Erfolg bedarf es auf allen Ebenen (EU, Mitgliedstaaten und Gebietskörperschaften) der umfassenden politischen Unterstützung innovativer Aktivitäten an der Basis, des Unternehmergeists, von Wachstumsunternehmen und insbesondere von innovativen Partnerschaftsinitiativen öffentlicher und privater Akteure und des Dienstleistungssektors;

14.

hebt hervor, dass die Fähigkeit zur Beschleunigung des Innovationsprozesses sowie eine rasche Umsetzung ausschlaggebende Faktoren für den Erfolg in einer vernetzten Gesellschaft sind. Dies erfordert mehr Leistungsbewertungen sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen den Regionen und Städten, damit den Herausforderungen durch innovative Lösungen begegnet werden kann und bewährte Vorgehensweisen den lokalen Gegebenheiten und Kulturen angepasst werden können;

15.

betont, dass Offenheit, Weiterverwendbarkeit und Technologieneutralität die Leitprinzipien für die Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen sein sollten;

Ausschöpfung des europäischen Potenzials

16.

betont zudem, dass Europa sein Potenzial für die Entwicklung von IKT-Diensten im öffentlichen und privaten Sektor voll ausschöpfen und die IKT als Mittel zur Verbesserung der Dienstleistungen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften in Bereichen wie der Gesundheitsversorgung, der Bildung, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der sozialen Dienste einsetzten sollte. Die von der EU geförderten öffentlich-privaten Partnerschaften zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und kleinen und mittelständischen IKT-Unternehmen im Bereich der öffentlichen IKT-Dienste kann eine ausgezeichnete Grundlage für den lokalen Kompetenz- und Wissensaufbau in der gesamten EU bilden (4);

17.

weist darauf hin, dass der digitale Binnenmarkt riesige Chancen für die Bürgerinnen und Bürger Europas birgt, und zwar nicht nur als Verbraucher, sondern auch als Unternehmer und Wissensarbeiter in der Kreativindustrie und in anderen Branchen;

18.

macht darauf aufmerksam, dass die erfolgreiche Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa einen massiven Mentalitätswandel in ganz Europa voraussetzt: die Bereitschaft zur horizontalen und interdisziplinären Zusammenarbeit, die Überwindung althergebrachter Grenzen, das Aufbrechen alter Strukturen und ein Umdenken hin zur Zusammenarbeit. Der angestrebte Effekt ist nicht durch herkömmliche Entwicklungsprojekte hervorzubringen. Der notwendige Wandel lässt sich durch groß angelegte Pilotprojekte vollziehen, die sich auf den in Europa vorhandenen Sachverstand stützen und bei denen alle Interessenträger einbezogen sind. Dabei ist der Verbreitung und Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Projekte auf der lokalen Ebene besonderes Augenmerk zu widmen;

19.

betont, dass Europa mehr praxis- und nutzerorientierte Forschung und Innovation braucht. Living Labs, eine Plattform für die Zusammenarbeit von Hochschulen und der Wirtschaft, ist ein Beispiel für ein solches EU-weites Projekt, das unter Beteiligung der Endnutzer weiter ausgebaut werden sollte. Gut funktionierende Dienstleistungsprozesse ermöglichen den Nutzern die aktive Einbindung in Forschung und Innovation und ermuntern alle Beteiligten, sich laufend weiterzubilden. Dies kann sich wiederum sehr positiv im Sinne einer Erneuerung der Dienstleistungsprozesse auf der lokalen Ebene auswirken und die regionale Zusammenarbeit stärken. Die Umsetzung der Digitalen Agenda sollte mit Anreizen verbunden werden, durch die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Hochschulen dazu angeregt werden, mit vereinten Kräften die erforderlichen Living Labs-Konzepte zu erarbeiten;

20.

weist erneut darauf hin, dass der Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Breitbandverbindungen zur Verbesserung der Lebensqualität der Bürger und der Qualität der von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erbrachten Dienstleistungen beitragen kann und Kleinstunternehmen und KMU gleichzeitig den Verkauf ihrer Produkte erleichtert. Es ist davon auszugehen, dass ein flächendeckenderer und schnellerer Zugang zu Breitbanddiensten den entlegenen Gebieten und Gemeinschaften, insbesondere jenen in äußerster Randlage, besonders viele Vorteile bringen würde (5);

21.

fordert die Städte und Regionen zur Zusammenarbeit im Hinblick auf die Erreichung der für neue, innovative Lösungen erforderlichen kritischen Masse auf. Die EU und die Mitgliedstaaten sollten Bedingungen schaffen, die neue Formen der vorkommerziellen Auftragsvergabe fördern, wodurch der öffentliche Sektor eher zu stufenweisen und radikalen Innovationen bereit wäre. Energieeffizienz und intelligenter Verkehr sind zwei Beispiele für Bereiche, in denen es neuer, radikaler Lösungen zur Unterstützung lokaler Anwendungen bedarf;

22.

weist darauf hin, dass die Bau- und Städteplanung Bereiche sind, die sich stark auf die lokale Wirtschaft und auf die Qualität des Lebensumfelds auswirken. Neue Entwicklungen im Informationsmanagement können eine ausschlaggebende Rolle dabei spielen, das Ziel einer ehrgeizigen neuen Klimaschutzpolitik zu erreichen. Das Konzept Building Information Modelling (BIM) wird im Gebäudemanagement aktiv zur digitalen Darstellung der physischen und funktionellen Merkmale einer Einrichtung eingesetzt. Es sollte auch im Bereich der Regional- und Städteplanung zum Einsatz gelangen. In diesem Fall könnte es als gemeinsame Wissensquelle für ein bestimmtes Gebiet genutzt werden und wäre eine verlässliche Basis für eine Lebenszyklusanalyse, eine nutzerorientierte Unternehmensprozessentwicklung und eine wertschaffende Entscheidungsfindung;

Ein pulsierender digitaler Binnenmarkt

23.

hebt hervor, dass der digitale Binnenmarkt einer der Grundpfeiler der Digitalen Agenda für Europa ist, die Förderung eines wachsenden, erfolgreichen und dynamischen paneuropäischen Markts für die Produktion und Verbreitung legaler digitaler Inhalte und Online-Dienstleistungen gewährleistet und einen einfachen, sicheren und flexiblen Zugang zu Online-Inhalten und Dienstleistungsmärkten für die Verbraucher sichert;

24.

macht darauf aufmerksam, dass die Öffnung des Zugangs zu Informationen des öffentlichen Sektors der Gesellschaft als Ganzes zugutekommt. Die Entwicklung neuer Verfahren unter Nutzung vernetzter offener Daten ist ein Schritt hin zu nutzerorientierten Dienstleistungsprozessen. Darüber hinaus können sich weitere Vorteile in Form innovativer Dienstleistungen, neuer Geschäftsmodelle und einer gesteigerten Effizienz des öffentlichen Sektors ergeben; begrüßt deshalb die Überprüfung der Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors;

25.

begrüßt die Schaffung von Europeana, der EU-Online-Bibliothek, die auch Museum und Archiv ist und das kulturelle und wissenschaftliche Erbe Europas über das Internet öffentlich zugänglich machen soll (6). Der Zugang zum europäischen Kulturerbe ist ein entscheidendes Instrument zur Förderung des Verständnisses der kulturellen Vielfalt, zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Menschen in einem mehrsprachigen und multikulturellen Europa sowie zur Vergrößerung des Potenzials in Bereichen wie Tourismus und Bildung;

26.

weist darauf hin, dass das Fehlen gemeinsamer europäischer Standards für elektronische Mitteilungen im Bereich des elektronischen Handels, insbesondere der Rechnungslegung, eine der größten technischen Hürden für die Verwirklichung eines funktionierenden digitalen Binnenmarkts ist;

27.

befürwortet die Überprüfung der e-Signatur-Richtlinie zur Gewährleistung eines Rechtsrahmens für die grenzübergreifende Anerkennung und Interoperabilität gesicherter elektronischer Authentifizierungssysteme;

28.

begrüßt die Initiative der Kommission zur Vereinfachung der Klärung, Verwaltung und grenzüberschreitenden Lizenzierung von Urheberrechten durch eine Verbesserung der Verwaltung, Transparenz und europaweiten Lizenzierung für die Online-Rechteverwaltung, wobei ein Rechtsrahmen zur Erleichterung der Digitalisierung und Verbreitung von Kulturgütern in Europa geschaffen werden soll;

29.

betont die Notwendigkeit, die Rechte der Nutzer gegen die Rechte des geistigen Eigentums abzuwägen. Maßnahmen zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums sollten nicht dazu führen, dass die Nutzung digitaler Inhalte stärker als jene analoger Inhalte beschränkt wird. Zudem sollten die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, auf Online-Inhalte zuzugreifen oder sich online zu äußern, nicht durch Contentfilter oder das Sperren des Zugangs zu Netzwerken im Interesse des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums beschnitten werden;

Interoperabilität und Normen

30.

begrüßt den Vorschlag zur Reform der Vorschriften für die Umsetzung von IKT-Normen in Europa, um den Rückgriff auf bestimmte Standards von IKT-Foren und -Konsortien zu ermöglichen; hofft in diesem Zusammenhang, dass die Kommission eine Arbeitsdefinition dieser Normen festlegen wird - unabhängig davon, ob sie als offene Standards oder offene Spezifikationen bezeichnet werden;

31.

teilt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die in den Erklärungen von Malmö und Granada gemachten Zusagen in Bezug auf Interoperabilität und Standards insbesondere bezüglich offener Standards und Spezifikationen umsetzen sollten;

32.

hebt hervor, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen einer breit angelegten Zusammenarbeit in die Verbesserung der Interoperabilität der öffentlichen Verwaltung und der Effizienz öffentlicher Dienstleistungen eingebunden werden und dabei aktiv mitwirken sollten (7);

Vertrauen und Sicherheit

33.

betont, dass die neuen partizipativen Plattformen und interaktiven, mitzugestaltenden Dienste (Web 2.0 und darüber hinaus), bei denen die Nutzer zu Akteuren, Produzenten bzw. „Prosumenten“ werden, eine bisher noch nie da gewesene Chance zur Entfaltung des kreativen Potenzials der Europäerinnen und Europäer bieten. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ein Umfeld und eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens zu schaffen, die diese Entwicklung fördern;

34.

weist darauf hin, dass es beim Aufbau der Internet-Infrastruktur und der davon unterstützten Dienste von entscheidender Bedeutung sein wird, die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen auf allen Ebenen zu gewährleisten, um einen möglichst guten Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten sicherzustellen. Wichtig ist dabei auch, dass jedweder unerlaubte Zugriff auf persönliche Informationen und das Erstellen von Profilen verhindert wird (8);

35.

fordert umfassende und kontinuierliche Schulungsmaßnahmen zu vertrauens- und sicherheitsbezogenen Fragen für alle Mitarbeiter unter besonderer Berücksichtigung des Fachpersonals im technischen Bereich (z.B. Netzwerke, Systeme, Sicherheit, Schutz der Privatsphäre), des an Sicherheitsverfahren unter Anwendung verschiedener Verfahren direkt beteiligten Personals und des an Innovations- und Modernisierungsprozessen (z.B. EDV-Schulungen für private Nutzer) allgemein bzw. indirekt beteiligten Personals;

36.

weist nachdrücklich auf die Verantwortung der Inhalteanbieter sowie darauf hin, dass illegale und gefährliche Inhalte bekämpft werden müssen, ohne den freien Informationsfluss zu beeinträchtigen (etwa durch Filterung der Inhalte, ein wenig transparentes und schlecht nachvollziehbares Verfahren, das in mehreren Mitgliedstaaten eingesetzt wird und bei dem auch andere Inhalte unbeabsichtigt gesperrt werden). Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, um insbesondere schutzbedürftige Nutzer zu schützen. Weiterhin müssen Instrumente geschaffen werden, mit denen eine Überwachung schädlicher Inhalte im Netz und ihre Entfernung an der Quelle bewerkstelligt werden kann;

Schneller und ultraschneller Internetzugang

37.

weist erneut darauf hin, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Bereichen, in denen sich z.B. die Marktmechanismen allein als unzureichend erweisen, eine Schlüsselrolle und große Verantwortung bei der Gewährleistung eines gleichberechtigten und erschwinglichen Breitbandzugangs, bei Pilotprojekten zur Überwindung der digitalen Kluft sowie bei der Konzipierung neuer, auf die Bürger ausgerichteter elektronischer Behördendienste zukommt (9);

38.

schlägt vor, dass finanzielle und andere Unterstützungsmaßnahmen auf die Schaffung öffentlich zugänglicher Breitband-Netzwerke mit einer horizontalen Netzwerkarchitektur ausgerichtet sein sollten. Diese Netzwerke sollten auf einem Geschäftsmodell basieren, bei dem der physische Zugang zum Netzwerk von der Bereitstellung von Dienstleistungen getrennt ist. Darüber hinaus sollten die bestehenden Glasfaserkabelnetze für den Wettbewerb geöffnet werden;

39.

erinnert daran, dass allen Bürgern unabhängig von ihrem Wohnort eine gut funktionierende informationsgesellschaftliche Infrastruktur zur Verfügung stehen sollte. Sichere und schnelle Internetverbindungen sind, wie auch die sie ergänzenden effizienten drahtlosen mobilen Dienstleistungsangebote, für die Förderung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit, die Zugänglichkeit und die Chancengleichheit der Menschen von großer Bedeutung;

40.

hebt hervor, wie wichtig es ist, in abgelegenen und dünn besiedelten Gegenden die Verfügbarkeit von Frequenzbereichen für drahtlose Breitbanddienste sicherzustellen, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Absicht der Kommission, die technischen und rechtlichen Vorschriften für die Frequenznutzung abzustimmen und die Frequenzbänder zu harmonisieren, damit auf dem Gerätemarkt Skaleneffekte erzielt werden und die Verbraucher europaweit dieselben Geräte und Dienstleistungen nutzen können;

Verbesserung der digitalen Kompetenzen, Qualifikationen und Integration

41.

nimmt den im Gang befindlichen Wandel zur Kenntnis, der zu einer radikalen Reform des Bildungssystems führen muss. Die Aufgabe der Bildung besteht nicht mehr darin, eine enorme Wissensmenge zu vermitteln. Im Prinzip geht es darum, das Lernen zu lernen, d.h. die Menschen sollen ihre Lernfähigkeit verbessern, damit sie Wissen erwerben und verarbeiten können. Der digitalen Kompetenz kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu;

42.

hebt hervor, dass die Förderung des Zugangs und der Nutzbarkeit öffentlicher Informationen und elektronischer Behördendienste eines der Hauptziele der Digitalen Agenda für Europa ist. Die Agenda sollte eine Triebfeder für die volle Integration von IKT in die allgemeine und berufliche Bildung sein. Digitale Kompetenzen erfordern spezifische Maßnahmen und wirksame Lernumfelder für alle;

43.

ist der Auffassung, dass durch die Schaffung von Mechanismen zum Austausch digitaler Qualifikationen in Europa zahlreiche zusätzliche Zielgruppen qualifiziert werden könnten, für die es derzeit teilweise kaum kommerzielle bzw. akademische Angebote zum Erwerb digitaler Qualifikationen gibt. IKT-gestützte flexible Arbeitsmodelle und Telearbeit bergen ein erhebliches Beschäftigungspotenzial für diese Bevölkerungsgruppen. Im Hinblick auf derartige Initiativen bedarf es insbesondere öffentlich-privater Partnerschaften, da kommerzielle Dienstleistungen und Lernangebote besonders auf die Bedürfnisse der einzelnen Gruppen zugeschnitten werden müssen;

44.

hebt hervor, dass die europäischen Regionen und Kommunen bei der Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung Pionierarbeit durch den Einsatz IKT-gestützter systemischer Lösungen leisten müssen, und dringt auf innovative IKT-gestützte Konzepte, damit Europa beim aktiven Altern in einer digitalisierten Welt eine Führungsrolle übernehmen kann;

45.

betont, dass Bibliotheken ein sinnvolles und effizientes Mittel sind, den Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrer sozialen Stellung vielfältige Informationsdienste zu bieten. Auf diesem Gebiet findet man die besten Vorgehensweisen in Europa dort, wo Bibliotheken zu digitalen Kultur- und Informationsdienstleistungszentren weiterentwickelt wurden und diese sich an den täglichen Wegen der Menschen befinden, wie zum Beispiel in Einkaufszentren. Aus diesem Grund dürfen Entscheidungen über die Inhalte der neuen Dienstleistungen und digitalen Medien nicht nur auf der Grundlage wirtschaftlicher Kriterien getroffen werden, sondern müssen auch an den sozialen und kulturellen Bedürfnissen ausgerichtet werden;

46.

unterstreicht, dass für eine wirksame Umsetzung der Tatsache Rechnung getragen werden muss, dass die Kultur- und Kreativindustrien Inhalte für die IKT liefern und so zu deren Weiterentwicklung beitragen. Die digitale Agenda ist für die Erschließung des Potenzials dieser Wirtschaftszweige und die Schaffung eines sicheren Binnenmarktes für kulturelle und kreative Online-Inhalte und -Dienste von grundlegender Bedeutung. Zur besseren Nutzung des kulturellen Erbes Europas muss die Digitalisierung dieses Erbes aktiv vorangebracht werden;

Vorteile durch IKT für die Gesellschaft in der EU

47.

empfiehlt, IKT-gestützten Konzepten und Methoden zur Verbreitung und Anwendung der Ergebnisse von Forschung und Entwicklung im Alltagsleben hohe Priorität einzuräumen. Ein gutes Beispiel für diese Art von Aktivitäten ist das Rahmenprogramm Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (Competitiveness and Innovation Programme - CIP), das eine hervorragende Plattform für die Förderung der Nutzung künftiger Internetanwendungen ist. Das Rahmenprogramm Wettbewerbsfähigkeit und Innovation sollte durch erhebliche zusätzliche Mittel für die Verbreitung und Anwendung der Ergebnisse erfolgreicher Projekte auf lokaler und regionaler Ebene aufgestockt werden;

48.

hält es für wichtig, die Digitaltechnik auch als Instrument zur Verbesserung der Bürgerpartizipation zu nutzen. So sollten beispielsweise auf lokaler und regionaler Ebene digitale Diskussions- und Arbeitsumfelder geschaffen werden, in denen sich die Bürger an der Entwicklung von Dienstleistungen, die ihren Alltag prägen, beteiligen können;

49.

weist darauf hin, dass die Digitale Agenda für Europa einen sehr starken Anreiz für die Regionen und Kommunen darstellt, ihre eigenen Dienstleistungs- und Produktionsprozesse im Rahmen einer europäischen Zusammenarbeit zu erneuern. Regionen und Kommunen in ganz Europa müssten über einen Leistungsvergleich und in Zusammenarbeit untereinander, aber auch mit den Universitäten und der Wirtschaft ihre Strukturen, Vorgehensweisen und Prozesse überarbeiten. Durch die Zusammenarbeit und die Finanzierung auf europäischer Ebene würde auch eine wesentlich größere Risikobereitschaft gefördert werden. Die EU sollte einen neuen zielgerichteten Ansatz wählen, bei dem die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Vorreiter, aktive Forscher, Erprober und Entscheider zugleich sind, die neue Lösungen für die Zukunft zum Nutzen der Allgemeinheit entwickeln;

50.

betont nachdrücklich, dass die Dienstleistungsprozesse in der Privatwirtschaft wie auch im öffentlichen Sektor unbedingt überarbeitet werden müssen, um die Vorteile der IKT-gestützten Prozessoptimierung zu nutzen. Zur Beschleunigung der elektronischen Rechnungslegung und der elektronischen Identifizierung bedarf es Pionierleistungen, der Zusammenarbeit und der Normierung;

Forschung und Innovation

51.

hebt die Bedeutung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) hervor, dessen thematische Prioritäten - die Informations- und Kommunikationsgesellschaft der Zukunft, der Klimawandel und nachhaltige Energienutzung - von entscheidender Bedeutung für die EU-2020-Strategie sind. Durch die Entwicklung und Verbreitung neuer Konzepte und Vorgehensweisen für regionale und lokale Innovation kann das EIT auch auf der lokalen und regionalen Ebene etwas bewegen. Dies setzt voraus, dass einige Gebietskörperschaften bereit sind, ausreichend zu investieren, um ihre Regionen zu Versuchslaboren für die Aktivitäten des EIT und der Living Labs zu machen, bei denen verschiedene Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften aktive nutzerorientierte Beiträge leisten;

52.

weist darauf hin, dass sogar kleine Einrichtungen auf lokaler und regionaler Ebene in Spezialgebieten Wissen von weltweitem Interesse produzieren können, zumal wenn sie global vernetzt sind und mit wissensbasierten Unternehmen zusammenarbeiten (10);

53.

ermuntert die Kommission zur Weiterentwicklung der Konzepte des Wissensdreiecks und der Living Labs, die die Synergien zwischen den einzelnen Aktivitäten steigern, von hoher Relevanz für die reellen Probleme und deren Lösung sind und denen die regionale Dimension inhärent ist;

54.

bekräftigt die Bereitschaft der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, eine zunehmend aktivere Rolle bei der Förderung der Umsetzung wissenschafts-, technologie- und innovationspolitischer Maßnahmen zu übernehmen, wenn für alle EU-Programme und -Projekte ein gemeinsamer Ansatz geschaffen wird, bei dem die Kartierung des im jeweiligen Projektbereich vorhandenen hochkarätigen globalen Wissensstands und seine wirksame Anwendung das ausschlaggebende Kriterium für die Zuweisung von Finanzmitteln sind;

55.

ist der Auffassung, dass die innovationsrelevanten Erkenntnisse aus Spitzenentwicklungen von Hochschulen und Wirtschaft effektiv zur Anwendung kommen müssen, um die erforderliche breite Kompetenzbasis von Wissensarbeitern in ganz Europa zu stärken;

Internationale Aspekte der Digitalen Agenda

56.

stimmt mit der Kommission überein, dass die Internationalisierung der Internetverwaltung und der globalen Zusammenarbeit gefördert werden muss, um die Stabilität des Internet nach dem Modell der multilateralen Mitbestimmung aufrechtzuerhalten, und befürwortet die von der Kommission geplante Unterstützung der Fortsetzung des Forums für die Internetverwaltung (Internet Governance Forum) über 2010 hinaus;

Durchführung und Verwaltung

57.

vertritt die Auffassung, dass dem Ausschuss der Regionen als Vertretungsorgan der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, das über großen Sachverstand hinsichtlich der neuesten Entwicklungen und der beispielhaften Vorgehensweisen bei der Digitalisierung in ganz Europa verfügt, sowie den Gebietskörperschaften und deren Verbänden im europäischen Politikgestaltungszyklus für die Digitale Agenda eine proaktive Rolle eingeräumt werden sollte (beispielsweise in Expertengruppen und in der jährlichen Digitalen Versammlung). Den Akteuren der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihren Verbänden muss eine sichtbare und starke Rolle verliehen werden;

58.

stellt fest, dass die Digitale Agenda auch für das Gelingen der übrigen Leitinitiativen ausschlaggebend ist. Zu diesem Zweck sollte die Zusammenarbeit über die Grenzen der einzelnen Generaldirektionen und Programme hinweg erheblich intensiviert werden. Für die Umsetzung der Digitalen Agenda sollten insbesondere über bereits bestehende Programme Mittel bereitgestellt werden.

Brüssel, den 6. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Schlussfolgerungen des Rates zur Digitalen Agenda für Europa (Tagung des Rates Verkehr, Telekommunikation und Energie vom 31. Mai 2010) http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/trans/114710.pdf (Anm.d.dt.Ü.: Dokument liegt nur auf Englisch vor).

(2)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2010 über eine neue Digitale Agenda für Europa: 2015.eu

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2010-0133+0+DOC+XML+V0//DE

(3)  OECD, „The Economic Impact of ICT Measurement, Evidence and Implications“ [nur auf EN verfügbar].

(4)  CdR 156/2009 fin.

(5)  CdR 252/2005 fin.

(6)  KOM(2009) 440 endg.

(7)  CdR 10/2009 fin.

(8)  CdR 247/2009 fin.

(9)  CdR 5/2008 fin.

(10)  CdR 247/2009 fin.


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/41


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Bekämpfung der Obdachlosigkeit“

2011/C 15/08

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN SPRICHT FOLGENDE EMPFEHLUNGEN AUS:

Obdachlosigkeit ist eine extreme Form der Armut und der sozialen Ausgrenzung und muss daher in der EU-Strategie für soziale Sicherheit und soziale Integration stärker beachtet werden. Eine hohe Obdachlosigkeit ist kein Ruhmesblatt für die Europäische Union. Das Europäische Jahr 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist eine gute Gelegenheit, das Bewusstsein für dieses anhaltende Problem, das sich im Zuge der Wirtschaftskrise noch ausweiten dürfte, zu schärfen. Initiativen zur Lösung des Problems sollten selbstredend langfristig, d.h. über 2010 und die aktuelle Krise hinaus, angelegt werden.

Der Ausschuss unterstreicht die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Behörden im praktischen und wirkungsvollen Handeln gegen die Obdachlosigkeit. Sie tragen die tatsächliche Verantwortung und haben zudem eine große Erfahrung und oftmals gut funktionierende Methoden und Programme, die auf frühzeitige und kurzfristige, aber auch langfristige Hilfe ausgerichtet sind. Aus diesem Grund bedarf es dringend einer deutlicheren Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Behörden und den verschiedenen Ebenen. Hierzu ist allerdings auch zu sagen, dass die Obdachlosigkeitsproblematik in bestimmten Regionen eines Landes bzw. in bestimmten Ländern besonders gravierend sein kann. Daher muss es nicht zuletzt im Hinblick auf die Gewährleistung des territorialen und sozialen Zusammenhalts europäische und nationale Mechanismen geben, um Regionen mit hoher Obdachlosigkeit wirtschaftlich zu helfen.

Berichterstatter

:

Tore Hult (SE/SPE), Stellvertretender Bürgermeister von Alingsås/Schweden

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

Hintergrund - Ausgangspunkte

1.

Der Ausschuss erinnert daran, dass der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt – ein Eckpfeiler der EU – nicht erreicht werden kann, wenn Teile der EU-Bevölkerung obdachlos und somit ohne Aussicht auf persönliche und berufliche Entfaltung sind. Der Ausschuss hält die Obdachlosigkeit bei Kindern und Jugendlich für besonders besorgniserregend.

2.

Obdachlosigkeit ist eine extreme Form der Armut und der sozialen Ausgrenzung und muss daher in der EU-Strategie für soziale Sicherheit und soziale Integration stärker beachtet werden. Eine hohe Obdachlosigkeit ist kein Ruhmesblatt für die Europäische Union. Das Europäische Jahr 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist eine gute Gelegenheit, das Bewusstsein für dieses anhaltende Problem, das sich im Zuge der Wirtschaftskrise noch ausweiten dürfte, zu schärfen. Initiativen zur Lösung des Problems sollten selbstredend langfristig, d.h. über 2010 und die aktuelle Krise hinaus, angelegt werden.

3.

Ausgangspunkt muss sein, dass die Mitgliedstaaten der EU vor einem gemeinsamen Problem stehen. Obdachlosigkeit ist eine vom Bildungsstand, der kulturellen Zugehörigkeit und den früheren wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen unabhängige Erscheinung und in allen Mitgliedstaaten der Union anzutreffen. Mithin sind gemeinsame Maßnahmen gefragt, um der Obdachlosigkeit vorzubeugen oder sie zu vermindern.

4.

Obdachlosigkeit ist mit großen persönlichen Tragödien verbunden und auch für die Gesellschaft ein enormer Kostenfaktor. Würde die Zahl der Obdachlosen reduziert, könnte die Gesellschaft finanziell entlastet und eine größere gesellschaftliche Teilhabe geschaffen werden, was wiederum ein Beitrag zur Entwicklung Europas wäre.

5.

Der Ausschuss betont, dass Obdachlosigkeit durch eine Kombination von Umständen verursacht wird und daher kein Problem ist, das ausschließlich auf individuelle Aspekte zurückzuführen ist.

6.

Der Ausschuss sieht ein Zusammenwirken verschiedener Faktoren als Ursache für die Obdachlosigkeit, darunter: Mangel an Wohnraum zu erschwinglichen Preisen, Niedriglöhne, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit und der unzureichende gesellschaftliche Umgang mit diesem Problem, psychische Erkrankungen, Krankheit, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit, schwierige zwischenmenschliche Beziehungen, Armut, Haftentlassung und Rückkehr in die Gesellschaft sowie Veränderungen und Kürzungen der öffentlichen Hilfen. Besonders wichtig ist die Haltung der Wohnungseigentümer gegenüber Obdachlosen und die Frage, inwieweit sie dazu beitragen können, Obdachlosen eigenen Wohnraum zu verschaffen. Damit die Anstrengungen gelingen, sind eine Koordinierung und zahlreiche verschiedene Maßnahmen erforderlich.

7.

Nach Auffassung des Ausschusses bedarf es einer weitaus besseren Kenntnis darüber, wie Obdachlosigkeit entsteht und welche Mechanismen sie fortdauern lassen. Eine solche Kenntnis ist die Grundlage dafür, dass effiziente Maßnahmen in verschiedenen Politikbereichen ergriffen werden können.

8.

Der Ausschuss betrachtet die Obdachlosigkeit mit Sorge und vertritt die Auffassung, dass es Anstrengungen auf mehreren Ebenen bedarf, die teils auf Vorbeugung, teils auf die Sensibilisierung der Öffentlichkeit abstellen. Nicht zuletzt müssen auch Anreize zum Wohnungsbau gegeben werden.

9.

Der Ausschuss unterstreicht die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Behörden im praktischen und wirkungsvollen Handeln gegen die Obdachlosigkeit. Sie tragen die tatsächliche Verantwortung und haben zudem eine große Erfahrung und oftmals gut funktionierende Methoden und Programme, die auf frühzeitige und kurzfristige, aber auch langfristige Hilfe ausgerichtet sind. Aus diesem Grund bedarf es dringend einer deutlicheren Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Behörden und den verschiedenen Ebenen. Hierzu ist allerdings auch zu sagen, dass die Obdachlosigkeitsproblematik in bestimmten Regionen eines Landes bzw. in bestimmten Ländern besonders gravierend sein kann. Daher muss es nicht zuletzt im Hinblick auf die Gewährleistung des territorialen und sozialen Zusammenhalts europäische und nationale Mechanismen geben, um Regionen mit hoher Obdachlosigkeit wirtschaftlich zu helfen.

10.

Damit eine übergreifende Strategie gegen die Obdachlosigkeit gelingen kann, müssen die EU-Institutionen nach Auffassung des Ausschusses die Entwicklung tatkräftiger fördern und die beschlossenen Maßnahmen weiterverfolgen. Hier besteht kein Widerspruch zur Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Anerkennung der entscheidenden Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

11.

Der Ausschuss stellt fest, dass internationale Deklarationen und nationale Gesetze Ausdruck eines immer stärkeren Willens sind, ein Bewusstsein für die Obdachlosigkeit als bedeutendes gesellschaftliches Problem zu schaffen. In einigen Ländern ist das Recht auf eine Wohnung in der Verfassung verankert.

12.

Etliche der hier beschriebenen Vorschläge und Maßnahmen fußen auf diesen wichtigen gemeinsamen Grundlagen und bereits bestehenden Rahmen. Das bedeutet zugleich, dass die wichtigsten Fragen der Obdachlosigkeitsproblematik ohne die Schaffung neuer Rechtsinstrumente gelöst werden können.

13.

Es fehlt eine gemeinsame europäische Definition der Obdachlosigkeit, weshalb der Ausschuss an die Mitgliedstaaten appelliert, soweit wie möglich die ETHOS-Typologie (European Typology of Homelessness and Housing Exclusion) einzusetzen. Dies würde den Vergleich der Situation in den Mitgliedstaaten und der Resultate der jeweiligen Initiativen ermöglichen. Obdachlos ist, wer:

kein Dach über dem Kopf hat (Obdachlose, die im Freien schlafen);

keinen festen Wohnsitz hat (Personen, die in Einrichtungen zur vorübergehenden Unterbringung von Obdachlosen, Heimen, sonstigen Kollektivunterkünften für bestimmte Gruppen oder für betreutes Wohnen leben);

in unsicheren Wohnverhältnissen lebt (Wohnung ohne festen (Unter-) Mietvertrag oder Unterkommen bei Familienangehörigen oder Freunden mangels eigener Wohnung);

in prekären Wohnverhältnissen lebt (barackenartige Unterkünfte, Unterkünfte ohne Sanitäranlagen, Unterkünfte, die laut nationalem Recht unbewohnbar sind, Wohnwagen oder Campinghütten, die nicht als ganzjährige Unterkunft gedacht sind, sowie Unterkunft in beengten Wohnverhältnissen).

14.

Nach Auffassung des Ausschusses muss die Bekämpfung der Obdachlosigkeit eine Priorität in den EU-Maßnahmen zur sozialen Integration sein. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil der Ausschuss für Sozialschutz Obdachlosigkeit und den Ausschluss vom Wohnungsmarkt zum Thema für 2009 gemacht hat. Das Jahr 2010, das als EU-Themenjahr der Bekämpfung von Armut gewidmet ist, bietet indes eine ausgezeichnete Gelegenheit, den Startschuss für die intensivere Bekämpfung der extremsten Form von Ausgrenzung – der Obdachlosigkeit – zu geben.

15.

Guter Wohnraum zu erschwinglichen Preisen ist ein primäres personenbezogenes Gut und ein Recht. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen und Maßnahmen ergreifen, allen Menschen, die nach nationalem Recht einen Anspruch darauf haben, bei der Beschaffung von Wohnraum zu helfen.

16.

Neben den offensichtlichen sozialen Folgen der Obdachlosigkeit für die Betroffenen müssen auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorteile herausgestellt werden, die sich daraus ergeben, wenn der Mensch Arbeit und Wohnung hat.

17.

Der Ausschuss verweist auf die direkten und indirekten Kosten der Obdachlosigkeit für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten. Von größter Bedeutung sind selbstverständlich die direkten Kosten in Form spezieller oder allgemeiner Ressourcen, die infolge der Obdachlosigkeit in Anspruch genommen werden müssen. Ein weiterer Aspekt sind entgangene Steuereinnahmen, die bei einer entlohnten Beschäftigung erzielt würden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Obdachlosigkeit die wirtschaftliche Entwicklung vieler Länder bremst und die langfristig nachhaltige Gesellschaft sabotiert, die wir schaffen wollen und die unter anderem mit der Strategie Europa 2020 angepeilt wird.

18.

Die verfügbaren Daten über die wirtschaftlichen Auswirkungen lassen vorbeugende Programme vernünftig erscheinen, deren Kosten im Vergleich zu den Gesamtkosten der Obdachlosigkeit sehr niedrig sind.

Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

19.

Nach Auffassung des Ausschusses sollten die Mitgliedstaaten dieses gesellschaftliche Problem und die Notwendigkeit weiteren Handelns und der Stärkung der geleisteten Arbeit anerkennen. Eine grundlegende Voraussetzung für Fortschritte bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit ist der koordinierte Einsatz sämtlicher betroffenen Ebenen (lokale, regionale, nationale und zwischenstaatliche Ebene).

20.

Die Hauptschwierigkeit bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit besteht in der Vielfalt der Maßnahmen, die es umzusetzen gilt, sowie in der Aufteilung der Zuständigkeiten auf die einzelnen Behörden. Um Obdachlosigkeit wirksam zu bekämpfen, müssen u.a. auch Maßnahmen in den Bereichen Stadtplanung, Wohnungsbau, Sozialpolitik, Beschäftigung und Gesundheit (einschl. psychischer Gesundheit) ergriffen werden. Es gilt daher, die für die Finanzierung des Wohnungsbaus, die Erteilung von Baugenehmigungen und die begleitenden sozialpolitischen Maßnahmen zuständigen Behörden zur vertraglichen und territorialen Zusammenarbeit zu ermuntern.

21.

Der Ausschuss unterstreicht, dass sowohl präventive als auch kurz- und langfristige Ansätze berücksichtigt werden müssen, um die Situation zu verbessern.

22.

Nach Auffassung des Ausschusses lassen sich auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse über die Obdachlosigkeit keine politischen Maßnahmen erarbeiten, die der ausgeprägten Heterogenität der von Obdachlosigkeit betroffenen Personengruppen sowie den unterschiedlichen Wegen in die Obdachlosigkeit umfassend Rechnung tragen. Zudem führen die Betreuungsmodalitäten oftmals dazu, dass die einzelnen Obdachlosen, je nachdem in welcher Betreuungsstruktur sie sich befinden, in künstlich geschaffene Kategorien eingeteilt werden. Die Möglichkeiten der Obdachlosen zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben werden durch diesen Kenntnismangel beeinträchtigt.

23.

Der Ausschuss der Regionen ist der Auffassung, dass von dieser Sichtweise abgegangen und ein humaner und persönlicher, auf den individuellen Lebensweg des Einzelnen zugeschnittener Ansatz entwickelt werden muss, um geeignete Lösungen anzubieten. Ein solcher Ansatz setzt voraus, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit möglichst unmittelbar auf der Ebene der Betroffenen umgesetzt werden. Den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften kommt hierbei also eine entscheidende Rolle zu.

24.

Der Ausschuss der Regionen hält daher eine Verbesserung und Weiterentwicklung der statistischen Instrumente für erforderlich. Zudem muss die Harmonisierung der Daten auf europäischer Ebene durch die Fortführung der Arbeiten im Zusammenhang mit der ETHOS-Typologie sowie generell durch die Förderung vergleichender Ansätze zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten unterstützt werden. Darüber hinaus ist eine Überarbeitung der bestehenden Instrumente anzustreben, damit differenzierte Ansätze zum Einsatz gelangen, die den Ursachen für Obdachlosigkeit und für Ausstieg-/Rückfall-Phänomene Rechnung tragen sowie den Betroffenen dabei helfen, endgültig weg von der Straße zu kommen.

25.

Der Ausschuss fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu umfassender Zusammenarbeit und interinstitutioneller Koordination der verschiedenen Gebiete auf, um übergreifende Maßnahmen und die weitere Arbeit in Sachen Obdachlosigkeit zu verbessern. Benötigt werden eine langfristige Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie langfristig ausgerichtete Strategien, die zusammen das Problem ausmerzen können, denn kurzfristige oder punktuelle Maßnahmen sind dazu nicht ausreichend.

26.

In vielen Mitgliedstaaten fehlen sowohl verlässliche offizielle Angaben über das Ausmaß der Obdachlosigkeit als auch Angaben über erfolgreiche Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung. Der Ausschuss der Regionen appelliert an die Mitgliedstaaten, im Wege der europäischen Zusammenarbeit dazu beizutragen, eine übergreifende, einheitliche Strategie gegen die Obdachlosigkeit zu entwickeln und anschließend darüber zu wachen, dass eine solche Strategie eine nationale Ausgestaltung findet, die für das Gelingen unumgänglich ist.

27.

Der eigene Wohnraum ist ein primäres personenbezogenes Gut und Grundvoraussetzung dafür, dass ein Mensch in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann. Der Ausschuss der Regionen fordert daher die Kommission auf, das Prinzip des Rechts auf angemessenen Wohnraum und dessen mögliche Ausgestaltung zu prüfen.

28.

Nach Auffassung des Ausschusses ist ein energischer Einsatz nötig, um die Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Es ist notwendig, gemeinsam politisch Stellung gegen die Obdachlosigkeit zu beziehen, um so die Grundlage für die künftige Arbeit zu schaffen. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Anstrengungen zersplittert und ohne die notwendige Koordinierung durchgeführt werden. Die Arbeit, die in vielen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften läuft, muss entwickelt und weiterverbreitet werden. Nationale und internationale Modelle und Methoden werden für die Vorbeugung der Obdachlosigkeit benötigt. Allgemeine Anstrengungen zur Aufrüttelung der Öffentlichkeit und zur Sensibilisierung des Bewusstseins der Allgemeinheit sind auch von großer Bedeutung, um zu einem konzertierten Engagement beizutragen.

29.

Der Ausschuss betont, wie wichtig es ist, in der Gesellschaft der Auffassung entgegenzutreten, wonach die Obdachlosigkeit einzig Sache des Einzelnen ist. Es muss dafür gesorgt werden, dass eine differenziertere Betrachtungsweise der Ursachen der Obdachlosigkeit stattfindet und ihre Folgen für die Gesellschaft untersucht werden. Somit besteht für die Kommission Veranlassung zu Maßnahmen, um ein solches differenzierteres Bild zu vermitteln.

30.

Der Ausschuss ersucht die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, das Recht auf eine Wohnung als primäres personenbezogenes Gut zu betrachten und sich an der Erkundung von Ursachen, Folgen und Kosten der Obdachlosigkeit zu beteiligen. Ein vertieftes Wissen über die Obdachlosigkeit soll die Grundlage der Anstrengungen und der Vorbeugemaßnahmen sein, wodurch es sodann möglich wird, die Effektivität der Maßnahmen zu bewerten.

31.

Nach Auffassung des Ausschusses haben die vorliegenden gesammelten Erkenntnisse bisher wenig Verbreitung gefunden. Zudem werden sie von den Behörden nur unzureichend genutzt. Ein stärker strategisch ausgerichteter Plan ist zu erarbeiten, wie die Informationen auf die richtige Ebene geleitet werden können.

32.

Die wirtschaftlichen Argumente für die Bekämpfung der Obdachlosigkeit müssen noch prägnanter ausformuliert werden. Es sollte möglich sein, in den kommenden Jahren eine Reihe neuer Berichte darüber auszuarbeiten. Der Erkenntniszuwachs kann sodann die Grundlage für die weitere Arbeit bilden.

33.

Der Ausschuss schlägt vor, auf EU-Ebene ein dauerhaftes System zur Ermittlung bewährter Praktiken zu schaffen. Der Ausschuss unterstreicht mit Nachdruck, wie wichtig es ist, bewährte Praktiken zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auszutauschen. Dies bezieht sich auf die Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, vorbeugende Maßnahmen, Ausbildung von Personal und die differenzierte Unterstützung verschiedener Gruppen von Obdachlosen.

34.

Überaus positiv bewertet der Ausschuss die Initiativen und Projekte, die von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit durchgeführt werden. Er stellt jedoch fest, dass der Austausch bewährter Praktiken intensiviert werden muss. Dies kann durch ein qualitatives Austauschprogramm von Personal, das in den Mitgliedstaaten direkt mit Fragen der Obdachlosigkeit arbeitet, bewirkt werden. Ein solches Austauschprogramm muss mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet sein und könnte zu einer neuen Form eines Austauschdienstes in der Union ausgebaut werden.

35.

Der Ausschuss unterstreicht, dass ein besseres Verständnis des Umfangs und der Struktur der Obdachlosigkeit in der EU gefordert ist. So wären zum Beispiel Informationen darüber wertvoll, wie die Verteilung nach Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, sozialen Verhältnissen und anderen wichtigen Indikatoren aussieht. Ohne diese Informationen wird man kaum zu der wirtschaftlichen und sozialen Strategie gelangen, die benötigt wird, um der Obdachlosigkeit Herr zu werden. Der Ausschuss plädiert dafür, dass sich die Statistik an der Definition der Obdachlosigkeit anlehnt, die von der FEANTSA formuliert wurde. Der Ausschuss hofft, dass die Kommission baldigst diesen Auftrag erhält.

36.

Nach Auffassung des Ausschusses unterhöhlt Obdachlosigkeit mit ihrer Auswirkung auf ein primäres personenbezogenes Gut die Grundrechte und die Menschenwürde sowie das Recht des Einzelnen, über sein Leben zu bestimmen. Am schlimmsten trifft die Obdachlosigkeit Kinder, denn sie haben oftmals keine Möglichkeit, ihre eigene Situation zu beeinflussen. Daher sollte die Kommission die Voraussetzungen dafür prüfen, inwieweit die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene eine Garantie dafür einführen können, dass Kinder unter 18 Jahren nicht mehr von Obdachlosigkeit betroffen werden. Es sollte untersucht werden, ob nicht auch Menschen mit Behinderungen in diese Garantie einzubeziehen sind.

37.

Es kann nicht genug betont werden, dass das Fehlen einer Wohnung ein Problem an sich ist. Die guten Ergebnisse des Versuchs „Housing First“ müssen größere Beachtung finden. Dies unter der Voraussetzung, dass der oder die Obdachlose zusammen mit dem Angebot einer Wohnung auch Unterstützung erhält, die für die Bewältigung weiterer mit der Obdachlosigkeit verbundener Probleme erforderlich ist.

38.

Besondere Anstrengungen und Informationsmaßnahmen sollten an die Adresse der Wohnungsbesitzer gerichtet werden. Bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit muss die Menschenwürde im Mittelpunkt stehen. Außerdem muss unterstellt werden, dass jeder Mensch seine Lebenssituation verbessern und zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen will. In dem Bemühen um die Vorbeugung von Wohnungsmangel kommt es ganz besonders auf die Wohnungsbesitzer an. Es müssen besondere Anreize geschaffen werden, damit Obdachlosen Wohnraum zur Verfügung gestellt wird.

39.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass bei denjenigen, die mit Obdachlosigkeit arbeiten, stärker auf eine Aus- und Weiterbildung zu achten ist. In den Ländern, in denen die Mitarbeiter in Schule, Justiz, Gesundheitswesen, psychologischer Betreuung, den sozialen Diensten sowie der Polizei eine Spezialausbildung durchlaufen haben, sind gute Fortschritte in dem Bemühen, mehr gegen Obdachlosigkeit in der Frühphase zu unternehmen, festzustellen. Bei der Gestaltung des nächsten Strukturmittel-Förderzeitraums müssen in höherem Maße Ressourcen dafür zur Verfügung gestellt werden.

40.

Der Ausschuss betont die Wichtigkeit der vorbeugenden Arbeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften; jedoch müssen auch kurzfristige Lösungen angeboten werden können. Wohnraum muss vorübergehend zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings ist es nicht hinnehmbar, dass die Obdachlosen im System der Obdachlosenheime hängenbleiben. Bestimmte Länder verfolgen die Strategie, die öffentlichen Obdachlosenheime zu schließen. Stattdessen sollen Obdachlosen maßgeschneiderte und bedarfsgerechte Lösungen angeboten werden. Hier sind vorbeugende Maßnahmen gegen Zwangsräumungen von grundlegender Bedeutung.

41.

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen besser darin werden, die freiwilligen Kräfte in der Gesellschaft zu unterstützen. Obdachlosigkeit ist ein strukturelles und politisches Problem, das das Engagement aller Behörden erfordert - aber auch das ehrenamtliche Engagement spielt eine wichtige Rolle. Es sollte darüber nachgedacht werden, wie die Union dazu beitragen kann, dass freiwillige Helfer eine größere Rolle erhalten. Das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 sollte zum Anlass genommen werden, um die Bevölkerung für diese wichtige Problematik zu sensibilisieren und neue Formen der Zusammenarbeit mit Freiwilligenorganisationen auszuloten.

42.

Der Ausschuss schlägt vor, auf EU-Ebene ein spezielles Finanzprogramm zu schaffen, um die nationalen, lokalen und regionalen Bestrebungen gegen Obdachlosigkeit zu unterstützen und Qualitätskriterien zu entwickeln. Der Erfahrungsaustausch muss gefördert werden, um die Effekte und den Einsatz der Ressourcen zu optimieren. Der Ausschuss empfiehlt daher, dass künftige europäische Fonds in höherem Maße auf diese Problematik abstellen.

43.

Der Ausschuss schlägt vor, lokal und regional die Möglichkeit zu schaffen, Programme auszuarbeiten, um Obdachlose in die Gesellschaft und das Arbeitsleben einzugliedern, indem Arbeitgebern Anreize gegeben werden, sie einzustellen. Auf dieselbe Art und Weise kann die lokale und regionale Ebene die Integration durch Bildungsanstrengungen mit dem Ziel fördern, den Obdachlosen eine Verankerung in der Gesellschaft zu verschaffen. Die guten Erfahrungen, die man in diesem Bereich gemacht hat, müssen stärker propagiert werden.

44.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass strukturiertere Maßnahmen zur Beschaffung und Verbreitung von Informationen über Obdachlosigkeit nötig sind.

45.

Der Ausschuss regt die Schaffung eines europäischen Zentrums gegen Obdachlosigkeit an. Dieses Zentrum soll das koordinierende Organ werden, das heute fehlt. Seine wichtigste Aufgabe wäre die Koordinierung, jedoch sollte es auch zum stärkeren Wissensaustausch und gemeinsamen Strategien beitragen. Die Europäische Kommission wird ersucht, die Möglichkeiten zur Einrichtung einer solchen Stelle zu prüfen, die ferner damit beauftragt werden sollte, die Situation der Obdachlosen in den Mitgliedstaaten zu untersuchen. Aufgabe des Zentrums sollte es sein, unter anderem durch den Austausch bewährter Praktiken die Reformen in den Mitgliedstaaten zu koordinieren und zu unterstützen. Nicht zuletzt können die Anstrengungen auf Gemeinschaftsebene einen bedeutenden Mehrwert erhalten, wenn die offene Koordinierungsmethode für sozialen Schutz und soziale Integration gewählt wird.

46.

Der Ausschuss stellt fest, dass die Obdachlosigkeit unter Frauen ständig zunimmt. Nach seinem Dafürhalten muss der besonderen prekären Situation obdachloser Frauen in sozioökonomischer und arbeitsbezogener Hinsicht und im Hinblick auf die beim Zugang zu Dienstleistungen fortbestehenden Schwierigkeiten Rechnung getragen werden. Dies erfordert eine spezifische Herangehensweise seitens der Mitgliedstaaten.

Brüssel, den 6. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/46


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Umsetzung der europäischen Nachbarschaftspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Initiative für eine östliche Partnerschaft: Modernisierung, Reformen und Verwaltungskapazität der Gebietskörperschaften der Republik Moldau“

2011/C 15/09

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt das ehrgeizige Reformprogramm, um Demokratie, Marktwirtschaft und die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zu konsolidieren, sowie die Aufnahme von Verhandlungen für ein neues Assoziierungsabkommen und eines Dialogs über Visumerleichterungen;

merkt an, dass es zweckdienlich wäre, die Teilnahme des AdR auf die beiden übrigen Plattformen auszudehnen, da diese Tätigkeiten umfassen, für die eine direkte Teilhabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erforderlich ist (insbesondere Plattform 2: Wirtschaftliche Integration und Annäherung an die sektorspezifischen Politiken der EU);

empfiehlt, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Verhandlungen über ein neues Assoziierungsabkommen beratend einzubinden, und zwar in die Konzipierung von Pilotvorhaben für die Regionalentwicklung sowie die Überwachung und Bewertung der Durchführung der Regionalentwicklungspolitik. Daher möchte der Ausschuss auch einen konstruktiven Beitrag zu den Verhandlungen und den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission und dem moldauischen Ministerium für Bauwesen und Regionalentwicklung leisten;

betont, dass die Stärkung der Finanzautonomie der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein grundlegender Faktor für die künftige Verwaltung der EU-Gelder und den Ausbau der regionalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit ist;

verweist auf die Bedeutung des kontinuierlichen Erfahrungsaustauschs mittels Partnerschaften (Twinning) zwischen Institutionen und Gemeinschaften, Lehrprogrammen, Studienbesuchen und der Teilnahme der Gebietskörperschaften der Republik Moldau an den Versammlungen der territorialen Gebietskörperschaften der EU (als Mitglieder oder Beobachter).

Berichterstatter

:

Alin Adrian NICA (RO/ALDE), Bürgermeister von Dudeștii Noi

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

hält fest, dass die Republik Moldau infolge der vorgezogenen Parlamentswahlen im Juli 2009 und des Regierungswechsels ein ehrgeiziges Reformprogramm aufgelegt hat, um Demokratie, Marktwirtschaft und die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zu konsolidieren und mithin eine schrittweise Annäherung an die EU voranzubringen. Die neuen politischen Gegebenheiten und die Vision, die die moldauische Regierung dem Reformprozess zur Angleichung an die europäischen Normen voranstellt, eröffnen neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften der EU und denen der Republik Moldau;

2.

begrüßt die Aufnahme von Verhandlungen für ein neues Assoziierungsabkommen im Januar 2010, das von der Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau zeugt und eine Annäherung der beiden Partner bringen wird. Dieses neue Abkommen enthält ehrgeizigere Ziele und geht über die bisherige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau hinaus. Es wird außerdem zur Förderung des politischen Dialogs, zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie zur Erhöhung des Wohlergehens der moldauischen Bürger beitragen. Das Assoziierungsabkommen beinhaltet die Errichtung einer umfassenden und vertieften Freihandelszone, die die wirtschaftliche Integration der Republik Moldau in den EU-Binnenmarkt durch die Intensivierung der Handelsbeziehungen und der Investitionstätigkeit ermöglichen wird. Auf diese Weise wird auch die Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsakteuren auf lokaler und regionaler Ebene ausgebaut;

3.

begrüßt außerdem die Aufnahme eines Dialogs über Visumerleichterungen, die den moldauischen Bürgern langfristig eine visumfreie Einreise in den Schengen-Raum ermöglichen wird. Der Ausschuss erachtet außerdem die Unterzeichnung des Abkommens über den kleinen Grenzverkehr zwischen Rumänien und der Republik Moldau, das im März 2010 in Kraft getreten ist, als äußerst zweckdienlich, da die moldauischen Bürger, die bis zu 50 km von der moldauisch-rumänischen Grenze entfernt wohnen, visumfrei bis zur gleichen Entfernung nach Rumänien einreisen dürfen. Dies wird seiner Meinung nach zur Stärkung der Kontakte zwischen den Bürgern sowie der Verbindungen zwischen den lokalen Verwaltungen entlang der EU-Außengrenze mit der Republik Moldau beitragen. Darüber hinaus ist dies ein wichtiger Schritt zum Abbau der Verwaltungshürden für die Entwicklung grenzüberschreitender Partnerschaften;

4.

befürwortet das Programm „Rethink Moldova“, das am 24. März in Brüssel vorgestellt wurde. Dieses Programm enthält eine strategische Vision für die Reformen in den grundlegenden Sektoren der Republik Moldau und die mittelfristigen Entwicklungsprioritäten (2011-2013), die auf drei Säulen ruhen: verantwortungsvolle Regierungsführung, Wiederaufschwung und Wirtschaftsentwicklung sowie Investitionen in das Humankapital;

5.

merkt an, dass die Europäische Kommission den Ausschuss der Regionen zur Teilnahme an den im Rahmen von Plattform 1 (Demokratie, verantwortungsvolle Regierungsführung und Stabilität) und 4 (Direkte Kontakte zwischen den Menschen) durchgeführten Tätigkeiten eingeladen hat. Es wäre jedoch zweckdienlich, diese Konsultationen auf die beiden übrigen Plattformen auszudehnen, da diese Tätigkeiten umfassen, für die eine direkte Teilhabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erforderlich ist. Als aussagekräftiges Beispiel sei hier die Zusammenarbeit mit der Republik Moldau in der Regionalpolitik genannt, die auf den bewährten Verfahren der EU-Kohäsionspolitik beruht (Plattform 2: Wirtschaftliche Integration und Annäherung an die sektorspezifischen Politiken der EU);

6.

hofft, dass diese Initiativstellungnahme zur Förderung der lokalen und regionalen Demokratie in der Republik Moldau beiträgt und den konkreten Bemühungen, die im Rahmen der Initiativen der Europäischen Nachbarschaftspolitik und insbesondere der Initiative für eine Östliche Partnerschaft durchgeführt werden, neue Impulse verleiht. Gegenstand dieser Stellungnahme sind im Wesentlichen die Möglichkeiten, durch die Intensivierung der regionalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften in der EU und in der Republik Moldau Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden;

7.

unterstreicht, dass die moldauischen Gebietskörperschaften im Vergleich zu den Gebietskörperschaften in anderen Ländern, die an der Östlichen Partnerschaft teilnehmen, aufgrund ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zur EU, der Größe des Landes und der offenen Haltung der moldauischen Regierung gegenüber der europäischen territorialen Zusammenarbeit über Wettbewerbsvorteile in ihren Beziehungen zur EU verfügen. Nach der bisherigen Praxis bei der Umsetzung der verschiedenen Instrumente der Europäischen Nachbarschaftspolitik (z.B. das Programm für grenzüberschreitende Zusammenarbeit Moldau/Rumänien/Ukraine 2007-2013) und angesichts seiner geringen Größe sind das Hoheitsgebiet der Republik Moldau insgesamt sowie alle moldauischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Durchführung von Vorhaben förderfähig, die im Rahmen grenzüberschreitender Partnerschaften finanziert werden. Selbstredend gilt diese Praxis weiter, auch für Initiativen im Rahmen der Östlichen Partnerschaft zur Stärkung des territorialen Zusammenhalts entlang der EU-Außengrenze;

8.

stellt erfreut fest, dass die Dezentralisierung und die kommunale Selbstverwaltung als eine der fünf strategischen Prioritäten in das Arbeitsprogramm der moldauischen Regierung 2009-2013 mit dem Titel „Europäische Integration: Freiheit, Demokratie, Wohlergehen“ aufgenommen wurden, und hofft, dass die Dezentralisierung fester politischer Bestandteil des internen Reformprogramms der Republik Moldau wird;

9.

erachtet es als wichtig, dass die Kommunalwahlen im Sommer 2011 entsprechend den europäischen Grundsätzen der lokalen Demokratie abgehalten werden, um eine schrittweise und messbare Verbesserung des Verhaltens der Regierung und der Wahlbehörden im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2007 sicherzustellen, die von der internationalen Gemeinschaft zwar als frei, nicht jedoch ohne Verstöße erachtet wurden;

Der Entscheidungsprozess und die zentralen Prioritäten für die lokale und regionale Ebene

10.

anerkennt, dass die Regierung der Republik Moldau umfassende Überlegungen zum Modernisierungs- und Reformbedarf in Bezug auf die kommunale und regionale Selbstverwaltung angestoßen hat. Ziel ist es, eine echte Verwaltungs- und Steuerdezentralisierung zu erreichen, die politischen Maßnahmen zur Gleichgewichtung in Bezug auf Finanzen und Ressourcenzuteilung auf lokaler und regionaler Ebene zu optimieren, die Steuergrundlage der lokalen Gebietskörperschaften auszuweiten, öffentlich-private Partnerschaften zur Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen zu fördern und die Verwaltungskapazitäten der nachgeordneten Ebenen zu konsolidieren;

11.

empfiehlt, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften angesichts der jüngsten Entwicklung in Bezug auf die EU in die Verhandlungen über ein neues Assoziierungsabkommen zwischen der Republik Moldau und der EU zumindest beratend oder in einem institutionalisierten Rahmen einzubinden. Diese Konsultation könnte in Form eines nichthierarchischen, strukturierten und dauerhaften Dialogs mit den Verbänden der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Verhandlungen über diejenigen Kapitel des künftigen Assoziierungsabkommens stattfinden, die eine direkte Einbindung der lokalen Ebene der öffentlichen Verwaltung erfordern (innerstaatliche Reform, Fremdenverkehr, Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums, Erziehung, Bildung und Jugend, grenzüberschreitende und regionale Zusammenarbeit, Konsolidierung der institutionellen Kapazitäten usw.). Derzeit sind weder die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften noch deren Verbände auf der gemeinsam von den beiden Vertragsparteien erstellten Liste der Institutionen zu finden, die an den Verhandlungen teilnehmen;

12.

begrüßt die Einrichtung eines parlamentarischen Sonderausschusses am 20. Mai 2010 zur Überarbeitung und Ergänzung des Rechtsrahmens für die Dezentralisierung und die Konsolidierung der kommunalen Selbstverwaltung. Dieser Sonderausschuss wurde insbesondere damit beauftragt, die Fortführung der Maßnahmen sicherzustellen, die eine wirksame Anwendung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung und der Dezentralisierung der öffentlichen Dienste unter strikter Einhaltung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung ermöglichen. Der Ausschuss begrüßt außerdem die Absicht dieses Sonderausschusses, eine umfassende Bewertung des Rechtsrahmens in Bezug auf sämtliche Aspekte der Arbeit der Gebietskörperschaften durchzuführen. Dies wird auch in den einzelnen Sektoren eine integrierte Umsetzung der Dezentralisierung ermöglichen, in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Sozialschutz, Umwelt, öffentliche Ordnung usw. Er bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Reformmaßnahmen zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung rechtzeitig umgesetzt werden, damit alle Durchführungsmechanismen bis zu den Kommunalwahlen im Sommer 2011 einsatzbereit sind;

13.

erachtet es als notwendig, für einen Konsens zwischen allen Interessenträgern über den richtigen Weg für die Zukunft einen offenen und systematischen Dialog mit den nationalen Verbänden der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einzurichten. Er begrüßt die jüngsten Anstrengungen zur Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter dem Dach eines einzigen parteiunabhängigen nationalen Verbandes, der die örtlichen und regionalen Gemeinwesen in ihren Beziehungen mit den zentralen Verwaltungsbehörden vertreten soll. Der Ausschuss fordert die moldauischen Behörden auf, die Möglichkeit zu prüfen, den Gebietskörperschaften das Initiativrecht für Gesetzgebungsvorschläge einzuräumen. Er empfiehlt, dass die zentralen Verwaltungsbehörden und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihre Reformbemühungen aufeinander abstimmen. Dies wäre auch eine günstige Gelegenheit, um darüber zu entscheiden, welche Zuständigkeiten bei der Zentralregierung verbleiben sollen und welche Zuständigkeiten - gekoppelt an die dazugehörigen Mittel - den Gebietskörperschaften übertragen oder bei Verfügbarkeit der erforderlichen Verwaltungskapazitäten vollständig abgetreten werden können;

14.

stellt fest, dass unter der fehlenden systematischen und soliden unabhängigen Verwaltung ihrer eigenen Finanzen unweigerlich die Fähigkeit der Gebietskörperschaften leidet, ihren Aufgaben zur Verwaltung von EU-Geldern in vollem Umfang nachzukommen, denn dies erfordert angemessene Kapazitäten in den Bereichen Verwaltung und strategische Planung sowie ausreichende Mittel, um den finanziellen Eigenbeitrag der Gebietskörperschaften aufbringen zu können. Angesichts der wachsenden Bedeutung der Programme für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an den EU-Außengrenzen ist die Stärkung der Finanzautonomie der lokalen Behörden ein grundlegender Faktor, um über die regionale und grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften in der EU und in der Republik Moldau Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden;

15.

sieht der Einrichtung eines transparenten, ausgewogenen und glaubwürdigen Systems für die Verwaltung der lokalen öffentlichen Finanzen mit Interesse entgegen, das folgende Elemente umfasst: Abschaffung starrer Praktiken und der Günstlingswirtschaft, d.h. eines unausgewogenen und willkürlichen Systems zur Verteilung der Haushaltsmittel zwischen den lokalen Gemeinschaften; Abschaffung der Einflussmöglichkeiten auf die Struktur der Einnahmen anderer Verwaltungsebenen; größere Unabhängigkeit des kommunalen Haushaltsverfahrens, indem dieser Verwaltungsebene geeignete Einnahmequellen gesichert und die Erhebung eigener Abgaben zugestanden wird - auf diese Weise wird eine unabhängige Verwaltung der Eigenmittel und somit auch die Gestaltung einer eigenen lokalen Wirtschaftspolitik ermöglicht; Gewährleistung der Ausübung der den lokalen Gebietskörperschaften von der Zentralregierung übertragenen Befugnisse durch Bereitstellung der entsprechenden Finanzmittel; Umwandlung der Verfahren des Finanzausgleichs in echte Förderinstrumente für benachteiligten Gemeinschaften; transparente Mittelgewährung, die allen lokalen Gebietskörperschaften eine vorausschauende Haushaltsführung ermöglicht; Schutz der kommunalen Finanzautonomie gegenüber Eingriffen von Behörden anderer Ebenen;

16.

betont, dass das Fehlen einer klaren Abgrenzung der Befugnisse der lokalen und zentralen Behörden den Dezentralisierungsprozess behindert und die Überschneidung der Zuständigkeiten auf den verschiedenen Verwaltungsebenen die Qualität der öffentlichen Dienste beeinträchtigt. Der Ausschuss hofft, dass mit den diesbezüglichen Reformen eine den übertragenen Befugnisse angemessene Mittelausstattung gewährleistet wird. Er verweist darauf, dass die Übertragung von Befugnissen an die lokalen Gebietskörperschaften nur in einem Rahmen möglich ist, in dem alle Parteien gleichgestellt, die Kosten umfassend gedeckt und die kommunale Selbstverwaltung rechtlich verankert sind. Seiner Ansicht nach darf die verwaltungsmäßige Kontrolle der Ausübung der von der Zentralregierung an die lokalen Gebietskörperschaften übertragenen Befugnisse keinesfalls in eine Überwachung der lokalen Gebietskörperschaften durch die Zentralregierung ausarten;

Grenzübergreifende und regionale Zusammenarbeit

17.

teilt die Meinung, dass die Republik Moldau die jüngsten Debatten über die europäische Raumentwicklungspolitik aufmerksam verfolgen sollte, die sich aus dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ergibt und sich ausdrücklich auf ein neues Konzept des territorialen Zusammenhalts stützt. Diese Politik, eine Symbiose zwischen Raum- und Kohäsionspolitik der EU, wird nach 2013 konkrete Auswirkungen auf die Partnerländer haben und zu einer Vertiefung der über die Binnengrenzen hinausgehenden Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik beitragen;

18.

stellt zu seiner Zufriedenheit fest, dass die Republik Moldau vor Kurzem die Schaffung des für die Regionalentwicklung erforderlichen institutionellen und rechtlichen Rahmens abgeschlossen hat, der demjenigen in den EU-Mitgliedstaaten gleicht, und begrüßt die Einrichtung von Entwicklungsregionen, d.h. funktionellen Gebietseinheiten, die den Rahmen für die Planung, Bewertung und Durchführung der regionalen Entwicklungspolitik gemäß der Nomenklatur der statistischen Gebietseinheiten der EU (NUTS-Regionen) bilden, sowie eines Nationalen Rates zur Koordinierung der Regionalentwicklung und eines Nationalen Fonds für Regionalentwicklung auf nationaler Ebene, deren Jahreshaushalt 1 % der Staatseinnahmen (2010: ca. 8 Mio. EUR) beträgt. Nach Auffassung des Ausschusses muss die Mittelgewährung auf einem transparenten und nachhaltigen Mechanismus zur Finanzierung der Regionalentwicklung beruhen;

19.

sieht mit Interesse der Rolle entgegen, die die vor Kurzem eingerichteten regionalen Entwicklungsagenturen in den Entwicklungsregionen spielen werden. Sie sollen die Entwicklungsbemühungen in den Regionen koordinieren und Regionalentwicklungsprojekte durchführen, die auf ein nachhaltiges regionales Wirtschaftswachstum ausgerichtet sind. Der Ausschuss empfiehlt, die operationellen Kapazitäten der regionalen Entwicklungsräte zu verstärken, die auf dem Grundsatz der Parität zwischen den Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einerseits und des Privatsektors sowie der Zivilgesellschaft andererseits beruhen, und betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umfassend in die Überwachung und Bewertung der Durchführung der Regionalentwicklungspolitik eingebunden werden müssen;

20.

empfiehlt, die Konzipierung von Pilotvorhaben für die Regionalentwicklung, da die Republik Moldau bereits über den für die Regionalentwicklung erforderlichen Mechanismus und institutionellen Rahmen verfügt, der den europäischen Normen entspricht. Diese Pilotvorhaben sollten vorrangig auf die Verbindung der Energie- und Verkehrsnetze einschl. dem Schienenverkehrsnetz mit den Netzen der EU sowie auf die Infrastrukturbedürfnisse vor Ort, das Humankapital und die KMU ausgerichtet sein und der EU-Kohäsionspolitik entsprechen. Der Ausschuss betont, dass diese Vorhaben in erster Linie auf die benachteiligten Gebiete und diejenigen Regionen abzielen sollten, die den größten Entwicklungsrückstand und das geringste Wirtschaftswachstum aufweisen;

21.

empfiehlt, da die für die Durchführung der Regionalpolitik erforderlichen Institutionen bereits operationell sind, die Finanzhilfen, die die EU der Republik Moldau 2010 für die Entwicklung des ländlichen Raums gewähren wird, an die Bedingung zu knüpfen, dass ein Teil dieser Mittel dem Nationalen Fonds für Regionalentwicklung zugewiesen wird;

22.

vertritt die Auffassung, dass die Initiativen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine wichtige Finanzierungsquelle für Regionalentwicklungsvorhaben sind, sowohl im Rahmen der Instrumente der Europäischen Nachbarschaftspolitik (Programm für grenzüberschreitende Zusammenarbeit Republik Moldau/Rumänien/Ukraine 2007-2013, Gemeinsames operatives Programm für den Schwarzmeerraum 2007-2013) als auch der Zusammenarbeit in den Euregios, an denen die Republik Moldau beteiligt ist: Untere Donau (Rumänien/Republik Moldau/Ukraine), Siret-Prut-Dnjestr (Rumänien/Republik Moldau), Oberer Prut (Rumänien/Republik Moldau/Ukraine). Zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens wurde vor Kurzem eine Initiative zur Einrichtung einer Euregio Dnjestr (Republik Moldau/Ukraine) ins Leben gerufen, die auch die lokalen Gebietskörperschaften am linken Dnjestr-Ufer umfassen wird, d.h. Gebiete, die nicht von der moldauischen Zentralregierung kontrolliert werden. Bis auf einige Ausnahmen entsprechen die Entwicklungsregionen Zentrum, Nord und Süd den Gebietseinheiten der Republik Moldau, die den drei Euregios angehören. Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Partnerschaften muss vor allem den Problemen in Bezug auf die Verwaltungshürden (Steuerrecht, Visaregelung) und den beschränkten Kapazitäten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Auswahl und Entwicklung qualitativ hochwertiger Vorhaben besonderes Augenmerk gewidmet werden;

23.

ist der Meinung, dass der kurzfristige Fahrplan für die Verwaltungsreformen auf lokaler und regionaler Ebene durch einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch ergänzt werden muss, damit die bewährten Verfahren der Gebietskörperschaften in der EU übernommen werden können. Die Intensivierung der Kontakte sollte unterstützt werden, um den Wissenstransfer mittels spezifischer Formen der Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu fördern: Partnerschaften (Twinning) zwischen Institutionen oder Gemeinschaften, Lehrprogramme, Studienbesuche, Teilnahme der nationalen Verbände der lokalen und regionalen Gebietkörperschaften der Republik Moldau an den Versammlungen der Vertreter der territorialen Gebietskörperschaften der EU als Mitglieder oder Beobachter. Auch wenn derartige Maßnahmen bereits seit Kurzem auf Ad-hoc-Basis durchgeführt werden, so müssen diese doch in einem umfassenden Programm zur Konsolidierung der institutionellen Kapazitäten und Übernahme bewährter Verfahren seitens der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur ständigen Übung gemacht werden. Gleichzeitig ist die Initiative zur Schaffung eines Rahmenübereinkommens für die Zusammenarbeit zwischen den moldauischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und denen der EU-Mitgliedstaaten zu begrüßen, das auf den Bestimmungen des neuen Assoziierungsabkommens beruht;

24.

unterstützt die Verhandlungen und den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission und der für die Regionalentwicklungspolitik zuständigen moldauischen Behörde, namentlich dem Ministerium für Bauwesen und Regionalentwicklung, zu leisten, um den Dialog über die Regionalpolitik zu fördern und die regionale Zusammenarbeit (im Rahmen der Östlichen Partnerschaft) sowie die Verwaltungskapazitäten im Bereich Regionalentwicklung auf nationaler und regionaler Ebene zu stärken;

25.

befürwortet die Konsolidierung der institutionellen Kapazitäten und die Entwicklung eines institutionellen Twinning-Programms zwischen den regionalen Entwicklungsagenturen, die vor Kurzem in der Republik Moldau eingerichtet wurden, und vergleichbaren Agenturen in der EU, aber auch innerhalb von Nichtregierungsstrukturen (wie der Vereinigung regionaler Entwicklungsagenturen EURADA) und Verbänden von Gebietskörperschaften wie der neu gegründete Kongress der lokalen Gebietskörperschaften der Republik Moldau (CALM - Congress of Local Authorities from Moldova). Der Ausschuss schlägt vor, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, den Gebietskörperschaften der Republik Moldau den Status eines Beobachters in den EU-Institutionen zuzuerkennen, die sich mit der Regionalpolitik beschäftigen (Ausschuss der Regionen, Europäische Wirtschaft- und Sozialausschuss).

Brüssel, den 6. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 15/51


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Lokale und regionale Gebietskörperschaften in Georgien und die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Georgien und der EU“

2011/C 15/10

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

weist darauf hin, dass die politische Stabilität, die wirtschaftliche Entwicklung und ein hoher Lebensstandard der Bürger Georgiens von außerordentlicher Bedeutung für die EU sind, doch ist die Stärkung der beiderseitigen Beziehungen in Anbetracht des Programms „Schwarzmeersynergie“ noch wichtiger geworden;

begrüßt die Unterzeichnung des Abkommens über Visumerleichterungen mit Georgien als Zeichen der Offenheit der EU gegenüber den georgischen Bürgern;

fordert Georgien auf, seine Gesetzgebung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung anzupassen und sein Verwaltungssystem auf der regionalen Ebene so umzugestalten, dass es die Entwicklung fördert. Besonders wichtig sind hier die rechtliche Bestimmung der Funktionsweise der Regionen als territoriale Einheiten des Landes und die Formulierung der Kompetenzen der regionalen Ebene;

fordert Georgien auf, neben den Vertretern der nationalen Ebene auch den Vertretern der georgischen Gebietskörperschaften möglichst frühzeitig die Mitarbeit an Vereinbarungen, Berichten und Handlungsplänen zu ermöglichen, die auf der Grundlage der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Georgien erstellt werden;

regt an, eine wirklich „territoriale“ Dimension der Östlichen Partnerschaft zu entwickeln, und ruft die EU-Mitgliedstaaten und ihre Partnerländer, darunter auch Georgien, dementsprechend zur Unterzeichnung einer multilateralen Vereinbarung auf, auf deren Grundlage es den Ländern der Östlichen Partnerschaft einschließlich Georgiens möglich ist, einen „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) zu bilden. Ein EVTZ kann zur Stärkung der Zusammenarbeit und der grenzübergreifenden Beziehungen, des Erfahrungsaustauschs sowie der zwischenmenschlichen Kontakte zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Georgiens und jenen in den EU-Mitgliedstaaten beitragen.

Berichterstatter

:

Jacek Protas (PL/EVP), Marschall der Woiwodschaft Ermland-Masuren

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Strategische Herausforderungen in den Beziehungen EU/Georgien

1.

bekräftigt, dass es das Hauptziel der EU in Georgien ist, eine friedliche, sichere und stabile Regierungsführung zu fördern, die gutnachbarschaftliche Beziehungen und Stabilität in der Region anstrebt, die europäischen Werte teilt und das Zusammenwirken auf institutionellem und rechtlichem Gebiet im Südkaukasus und in den Beziehungen zur EU verbessern will;

2.

bekräftigt, dass die Priorität in den Beziehungen zwischen der EU und Georgien die Unterstützung der auf Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit und gute Regierungsführung abzielenden Reformen sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene ist;

3.

weist darauf hin, dass die politische Stabilität, die wirtschaftliche Entwicklung und ein hoher Lebensstandard der Bürger Georgiens von außerordentlicher Bedeutung für die EU sind, doch ist die Stärkung der beiderseitigen Beziehungen nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU noch wichtiger geworden, da beide Länder am selben Meer wie Georgien liegen, insbesondere in Anbetracht des damals angelaufenen Programms „Schwarzmeersynergie“;

4.

begrüßt die Unterzeichnung des Abkommens über Visumerleichterungen mit Georgien als Zeichen der Offenheit der EU gegenüber den georgischen Bürgern;

5.

zeigt sich zufrieden über die Einbindung Georgiens in die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP ), in das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENP I) und in die Östliche Partnerschaft (ÖstP) und ist der Auffassung, dass die Beziehungen zwischen der EU und Georgien in deren Rahmen vertieft werden können;

6.

unterstreicht die Bedeutung der Initiative der Östlichen Partnerschaft im Rahmen der ENP ; befürwortet deren Ziele, nämlich die Übernahme der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der verantwortungsvollen Regierungsführung, der Achtung und des Schutzes von Minderheiten und die Zustimmung zum Grundsatz der Marktwirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung;

7.

begrüßt es, dass die Europäische Kommission den Ausschuss der Regionen eingeladen hat, einen Beitrag zur Östlichen Partnerschaft zu leisten und insbesondere an den Arbeiten der thematischen Plattformen Demokratie, verantwortungsvolle Regierungsführung und Stabilität und Kontakte zwischen den Menschen teilzunehmen;

8.

hebt hervor, dass die ENP geschaffen wurde, um die Teilung Europas durch die schrittweise Ausdehnung des Raums der Demokratie, des Wohlstands und der Sicherheit zu überwinden;

9.

ruft die EU und Georgien auf, mittels Twinning-Projekten, Entsendungen und anderen, bereits bestehenden Unterstützungsprogrammen vom umfangreichen Wissen und Erfahrungsschatz der neuen EU-Mitgliedstaaten, den sie bei ihren Reformen in Gesellschaft und Wirtschaft gewonnen haben, zu profitieren;

10.

hebt die Notwendigkeit hervor, die einzelnen Initiativen und Programme zu koordinieren sowie die laufenden Projekte und existierenden Instrumente zusammenzuführen, um Doppelgleisigkeiten in der Tätigkeit der EU zu vermeiden;

11.

begrüßt die bei den Kommunalwahlen im Mai 2010 erzielten Fortschritte hin zu internationalen Standards, betont jedoch, dass es nach wie vor gewisse Mängel zu beseitigen gibt; auch wenn die Organisation der Wahlen insgesamt transparent, umfassend und professionell war und es deutliche Verbesserungen gab, aus denen ersichtlich wurde, dass Georgien sich um die Lösung von bei früheren Wahlen aufgetretenen Problemen bemüht, bestehen nach wie vor Bedenken insbesondere hinsichtlich der Wählermobilisierung, der fehlenden Chancengleichheit für manche der Kandidaten und einer bisweilen unscharfen Trennung zwischen staatlich finanzierten, von der Regierung getragenen und parteipolitischen Tätigkeiten;

Prioritäten für die Entwicklung der lokalen Gebietskörperschaften

12.

weist darüber hinaus auf die überaus wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Ziele der ENP in Georgien hin. In erster Linie ist hier der Beitrag zu nennen, den sie zur lokalen Entwicklung, Verbesserung der örtlichen Wirtschaftsbeziehungen, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Verbesserung der Mobilität sowie Unterstützung beim Knüpfen von Kontakten leisten;

13.

empfiehlt, zwischen den Gebietskörperschaften der EU-Mitgliedstaaten und jenen Georgiens Vereinbarungen zu unterzeichnen, direkt zusammenzuarbeiten und Erfahrungen und Personal auszutauschen, um von den jeweiligen Erfahrungen zu lernen und die Entwicklung auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern;

14.

betont, dass der Stärkung der lokalen Gebietskörperschaften Georgiens Priorität zukommt. Er vertritt die Auffassung, dass mehr Finanzmittel für den Ausbau der Verwaltungskapazitäten auf kommunaler Ebene bereitgestellt werden sollten. Im Rahmen der ÖstP kann das mittels umfassender Institutionenaufbauprogramme erreicht werden, die folgendes umfassen: Twinning, Beratung auf höchster Ebene, Schulung und Austausch von Führungskräften, Praktika, Stipendien für Berufsbildung. Unerlässlich ist auch die Unterstützung Georgiens beim Aufbau der akademischen Grundlagen für die Forschung auf dem Gebiet der territorialen Selbstverwaltung und der Regionalentwicklung;

15.

empfiehlt Georgien, mit praktischer Hilfe der EU die Verwaltungsverfahren seiner lokalen Gebietskörperschaften zu modernisieren und deren institutionelle Kapazität zu erhöhen. Erreicht werden kann dies durch die Stärkung und Vertiefung des politischen Dialogs, der zwischenmenschlichen Kontakte und der Twinning-Instrumente sowie durch den Austausch bewährter Verfahrensweisen zwischen den Gebietskörperschaften der EU und ihren Partnern in Georgien, die politisch-gesellschaftliche Reformen betreiben;

16.

fordert Georgien auf, seine Gesetzgebung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung anzupassen und sein Verwaltungssystem auf der regionalen Ebene so umzugestalten, dass es die Entwicklung fördert. Besonders wichtig sind hier die rechtliche Bestimmung der Funktionsweise der Regionen als territoriale Einheiten des Landes und die Formulierung der Kompetenzen der regionalen Ebene;

17.

stellt erfreut fest, dass Georgien in den vier Jahren des Bestehens der Kommunalverwaltung in neuer Form viel Erfolg gehabt hat. Dem Land ist es gelungen, eine sehr wirkungsvolle und klare Form der Finanzierung der Selbstverwaltungseinheiten zu finden, den weiteren Ausbau der lokalen Infrastruktur fortzusetzen und die örtliche Bevölkerung zu einer aktiveren Beteiligung anzuregen. Ungeachtet dieser Erfolge gibt es nach wie vor viele „Baustellen“;

18.

ruft Georgien auf, für die Zukunft in dem Maße, in dem sich die Selbstverwaltung in dem Land festigt, die Möglichkeit der Einführung einer niedrigeren Verwaltungsebene oder auch der Erhöhung der jetzigen Zahl von Gemeinden zu prüfen. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Tätigkeit der Selbstverwaltungsorgane der untersten Ebene eine wirkungsvollere und schnellere Lösung örtlicher Probleme ermöglicht, für eine stärkere Teilhabe der örtlichen Bevölkerung sorgt und auch ein höheres Maß an Identifizierung mit gemeinsamen Projekten erzeugt. Außerdem sollte überlegt werden, die Selbstverwaltung auf der regionalen Ebene einzuführen;

19.

begrüßt es, dass neue gesetzliche Regelungen, die nach den Kommunalwahlen 2010 in Kraft treten, die Bedeutung von Stadt- und Gemeinderäten als aus Kommunalwahlen hervorgegangenen Vertretungsorganen gegenüber dem Amt des Bürgermeisters erhöhen;

20.

ermuntert Georgien, die Verfahrensweisen für die Übertragung von Finanzmitteln an die Selbstverwaltungsorgane und für die Bedürfnisse der Regionalentwicklung des Landes zu vereinfachen; empfiehlt, dem Ministerium für Regionalentwicklung in diesem Mechanismus eine größere Rolle zu geben und dem Finanzministerium die ausschließliche Zuständigkeit zu entziehen, da es den Bedürfnissen der Regionen nicht so gut Rechnung tragen kann wie ein eigens dafür berufenes Fachministerium;

21.

sieht eine finanztechnische Dezentralisierung in Georgien als notwendig an. In den meisten lokalen Gebietskörperschaften kommen über 90 % ihrer Einnahmen aus Haushaltszuweisungen;

22.

ruft Georgien zu einer Änderung seines Wahlrechts dahingehend auf, dass unabhängige Kandidaten an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen. Dies wird die Politisierung der Selbstverwaltungsorgane des Landes verringern und örtlichen Führern Zugang dazu geben;

23.

fordert Georgien zur Ausarbeitung von Verfahrensweisen auf, die es Vertretern lokaler Gebietskörperschaften ermöglichen, stärker an der Bearbeitung und Umsetzung von Regionalentwicklungsstrategien und anderen staatlichen Dokumenten, die die Entwicklung einzelner Gemeinden betreffen, mitzuwirken;

24.

fordert Georgien auf, neben den Vertretern der nationalen Ebene auch den Vertretern der georgischen Gebietskörperschaften möglichst frühzeitig die Mitarbeit an Vereinbarungen, Berichten und Handlungsplänen zu ermöglichen, die auf der Grundlage der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Georgien erstellt werden, insbesondere im Rahmen der ENP sowie der Vorbereitung und Umsetzung des Nationalen Richtprogramms;

25.

fordert die georgische Regierung auf, Instrumente für den Dialog und die Konsultation mit den lokalen Gebietskörperschaften, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft zu schaffen, indem diese in die Zusammenarbeit mit der EU einbezogen werden;

26.

empfiehlt, die Gebietskörperschaften an der Durchführung von Projekten in vier Schlüsselbereichen zu beteiligen, die im Strategiepapier zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit 2007-2013 genannt werden:

wirtschaftliche und soziale Entwicklung

Umwelt- und Gesundheitsschutz und Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Fragen des Grenzverkehrs

Kontakte zwischen den Menschen.

Darüber hinaus fordert er dazu auf, in kleineren Projekten zu arbeiten, darunter vorrangig solchen, die auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung abzielen;

27.

hebt die Rolle lokaler nichtstaatlicher Organisationen und örtlicher Medien als Kontrolleure hervor, die darüber wachen, dass die lokalen Gebietskörperschaften ordentliche Arbeit leisten, ihre Tätigkeit transparent ist und sie damit reale Ergebnisse erzielen. Überdies kommt den Medien und nichtstaatlichen Organisationen eine wichtige Rolle bei der Analyse konkreter Probleme der örtlichen Bevölkerung und Behörden sowie bei der Erörterung möglicher Lösungen und ihrer Umsetzung zu;

28.

fordert die europäischen Institutionen auf, lokalen nichtstaatlichen Organisationen und örtlichen Medien in Georgien mehr Unterstützung zukommen zu lassen;

Prioritäten für die regionale Entwicklung

29.

nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission die regionale Entwicklung und die Unterstützung der Landwirtschaft als einen wichtigen Bereich anerkennt, in dem die Hilfe für Georgien im Rahmen des Nationalen Richtprogramms 2011-2013 fortgeführt oder gar erhöht werden soll;

30.

nimmt zufrieden zur Kenntnis, dass 2009 ein Ministerium für Regionalentwicklung und Infrastruktur in Georgien geschaffen wurde, das zu einem wichtigen Partner der EU geworden ist;

31.

begrüßt es, dass Georgien die regionale Entwicklung zu einer seiner politischen Prioritäten erklärt hat, die zur Stärkung der Wirtschaft des Landes beitragen soll. Der Ausschuss würdigt die Anstrengungen und Erfolge Georgiens auf diesem Gebiet, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass noch viel zu tun ist, insbesondere bei der Entwicklung eines von unten nach oben gerichteten Ansatzes;

32.

empfiehlt Georgien, das bereits vor dem Krieg von 2008 begonnene Programm „Georgien ohne Armut“ fortzusetzen und das System der Gesundheitsversicherung auf die Bedürftigsten auszudehnen. Armut ist nach wie vor ein gravierendes Problem in Georgien, das mit EU-Hilfe angegangen werden muss;

33.

ruft Georgien auf, mit EU-Hilfe aktiv und entschlossen den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aufzunehmen, die immer noch ein ernstes Problem ist, vor allem in ländlichen Gegenden. Er empfiehlt zudem die Gründung von Institutionen, deren Aufgabe die Untersuchung und Eindämmung der Arbeitslosigkeit wäre. Unerlässlich ist auch die Überwindung der Kluft zwischen den Qualifikationen und der Ausbildung der Menschen und den tatsächlichen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes;

34.

unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Reformen in der georgischen Landwirtschaft sowie ihrer Entwicklung. Er fordert die georgische Regierung auf, die letzten Einzelheiten der Strategie für die Entwicklung der Landwirtschaft in Georgien zu vereinbaren und sie zu verabschieden und für mehr staatliche Investitionen in den Agrarsektor zu sorgen sowie mehr private Investitionen anzuregen. Dies ist umso nötiger, als die Mehrheit derjenigen Georgier, die unter der Armutsgrenze leben, auf dem Lande wohnt;

35.

würdigt die Bemühungen Georgiens um die Erhöhung der Qualität seiner statistischen Untersuchungen, und zwar durch den Erlass eines neuen Statistikgesetzes, das die Gründung eines Statistischen Amtes vorsieht. Er fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung dieses Gesetzes zu helfen;

36.

ruft die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, Georgien bei der Vorbereitung und Durchführung statistischer Untersuchungen und der Auswertung ihrer Ergebnisse zu unterstützen. Ohne genaue, sachliche Angaben zu den einzelnen Regionen ist eine wirkungsvolle Regionalpolitik und Regionalentwicklung nicht möglich;

37.

fordert die EU auf, Unterstützung bei der Ausarbeitung eines Raumnutzungsplans für Georgien zu leisten;

38.

weist auf die außerordentliche Bedeutung der Frage des Umweltschutzes in Georgien hin. Die Naturschätze - Wasser, Wälder, Küstenstreifen, Berggebiete, Luft u.a. - sind von enormer Bedeutung für die Wirtschaft des Landes. Er spricht sich dafür aus, dass Georgien seine Arbeiten an einer Strategie für Fragen der natürlichen Umwelt und an einem Umweltschutzgesetzbuch fortsetzt. Er dringt auf die Erarbeitung einer Politik des Naturschutzes und der nachhaltigen Entwicklung in Georgien mit aktiver Unterstützung der EU;

39.

weist auf die Notwendigkeit hin, Innovation in der Wissenschaft und der Wirtschaft Georgiens zu unterstützen; fordert die EU-Institutionen auf, dieser Frage Aufmerksamkeit zu schenken;

40.

ruft Georgien zu einer konsequenten Politik der Entwicklung der lokalen Wirtschaft und der Förderung kleiner und mittelständischer Firmen auf regionaler Ebene auf. Investitionen in die örtliche Infrastruktur und zinsgünstige Kredite können dabei helfen;

Regionale Zusammenarbeit

41.

hält fest, dass die regionale und grenzübergreifende Zusammenarbeit ein grundlegendes Element für die Bewältigung gemeinsamer Probleme ist, z.B. in den Bereichen Wasserbewirtschaftung, Bekämpfung des organisierten Verbrechens, Verkehr, Auslandsinvestitionen, Energie, Umweltschutz und Klimawandel;

42.

ruft die lokalen Gebietskörperschaften Georgiens auf, sich um eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den georgischen Regionen sowie um deren Einbindung in Netze der internationalen Zusammenarbeit zu bemühen. Er fordert die Zentralregierung in dieser Hinsicht auf, Fragen im Zusammenhang mit der Gebietseinteilung des Landes zu regeln, den Begriff „Region“ zu definieren und die Befugnisse regionaler Selbstverwaltungsorgane festzulegen;

43.

begrüßt den Beginn der Umsetzung des integrierten Grenzmanagements im Südkaukasus und die neue Geschäftsführung des Regionalen Umweltzentrums Kaukasus. Er dringt auf die Fortführung des Anti-DrogENP rogramms im Südkaukasus. All diese Initiativen sind sehr wichtige Hilfsmittel für die Förderung der regionalen Zusammenarbeit und der Stabilität im Südkaukasus;

44.

regt an, eine wirklich „territoriale“ Dimension der Östlichen Partnerschaft zu entwickeln, und ruft die EU-Mitgliedstaaten und ihre Partnerländer, darunter auch Georgien, dementsprechend zur Unterzeichnung einer multilateralen Vereinbarung auf, auf deren Grundlage es den Ländern der Östlichen Partnerschaft einschließlich Georgiens möglich ist, einen „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) zu bilden. Ein EVTZ kann zur Stärkung der Zusammenarbeit und der grenzübergreifenden Beziehungen, des Erfahrungsaustauschs sowie der zwischenmenschlichen Kontakte zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Georgiens und jenen in den EU-Mitgliedstaaten beitragen;

45.

wird in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Europäischen Kommission entschieden darauf hinarbeiten, insbesondere durch die Ausrichtung einer jährlichen Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der EU und der Länder der Östlichen Partnerschaft eine Formel zu finden, die einen regelmäßigen Dialog und eine engere Zusammenarbeit zwischen den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten und der Länder der Östlichen Partnerschaft erlaubt;

46.

schließt sich der Aufforderung der Europäischen Kommission zu einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit in Ergänzung zur Nördlichen Dimension und zur Schwarzmeersynergie an. Zudem ruft er dazu auf, die im Rahmen der ENP ergriffenen multilateralen Initiativen, wie die Schwarzmeersynergie und die Östliche Partnerschaft, im Hinblick auf den Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Georgien zu koordinieren;

Besondere Situation der Regionen mit nationalen Minderheiten

47.

begrüßt es, dass Georgien eine Nationale Integrationsstrategie beschlossen hat, die u.a. zum Ziel hat, die Infrastruktur in Regionen zu verbessern, in denen nationale Minderheiten leben. Er stellt fest, dass trotz dieser Bemühungen die Integration und die rechtliche Situation nationaler Minderheiten weiterhin Anlass zur Besorgnis sind;

48.

begrüßt die Anstrengungen Georgiens, die Kenntnis der Landessprache bei den Angehörigen von Minderheiten und die Übersetzung von Schulbüchern, die zum offiziellen Lehrplan Georgiens gehören, zu fördern. Dies ist ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zu einer flächendeckend einheitlichen Bildung. Die diesbezüglichen Arbeiten müssen entschieden fortgesetzt und vertieft werden, denn es bleibt ein großes Problem, dass Angehörige von Minderheiten das Georgische oft nur unzureichend beherrschen;

49.

fordert die EU-Institutionen auf, besondere Aufmerksamkeit auf Fälle von Diskriminierung aus ethnischen oder religiösen Gründen in Georgien zu richten und Unterstützung jedweder Art (technischer, fachlicher, finanzieller usw.) für die Schaffung rechtlicher und institutioneller Lösungen in Georgien zu leisten, die die Achtung der Minderheitenrechte und die gesellschaftliche und staatsbürgerliche Integration der Angehörigen von Minderheiten fördern;

50.

fordert die EU-Institutionen und andere internationale Organisationen, die sich in Georgien engagieren, auf, die Bildungsinformation zu fördern, die den Kenntnisstand der Angehörigen nationaler und religiöser Minderheiten in Georgien in rechtlichen, politischen und staatsbürgerlichen Fragen verbessert;

51.

ruft die zentralstaatlichen Behörden Georgiens auf, geeignete Lösungen zu konzipieren, die verhindern, dass Angehörige von Minderheitengruppen vom gesellschaftlichen, politischen und öffentlichen Leben des Landes ausgegrenzt werden;

52.

ermuntert Georgien zur Ausarbeitung einer Politik, die es möglich macht, die tatsächlichen Probleme von Minderheiten richtig zu erkennen und sie rasch und wirkungsvoll durch die aktive Einbindung aller Beteiligten zu lösen, und zwar in erster Linie der Vertreter der Zentralregierung, der lokalen Behörden und der Minderheiten, aber auch der Organisationen der Zivilgesellschaft, des Privatsektors, örtlicher Bevölkerungsgruppen und internationaler Organisationen;

53.

betont, dass ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung und koordiniertes Handeln der Regierung, der lokalen Behörden und nichtstaatlicher Organisationen im Hinblick auf nationale und religiöse Minderheiten in Georgien von zentraler Bedeutung ist;

Lage in den vom Konflikt betroffenen Regionen

54.

nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die EU auf die Beendigung des Krieges zwischen Russland und Georgien im August 2008 drang und sich um die Beseitigung der Kriegsfolgen bemüht, eine EU-Überwachungsmission (EUMM) nach Georgien entsandt wurde und in Georgien Wiederaufbauhilfe geleistet wird;

55.

anerkennt und unterstreicht die Bedeutung der aktiven Beteiligung der EU, neben der UNOund der OSZE, an den 2008 aufgenommenen Genfer Gesprächen als Forum für den Dialog und als Plattform der Konfliktbeilegung;

56.

begrüßt die kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen der NAT Ound Georgien für demokratische, institutionelle und militärische Reformen, um Georgien auf eine etwaige NATO-Mitgliedschaft vorzubereiten und die Stabilität in der Region zu stärken;

57.

hebt hervor, dass die EU stets die territoriale Integrität Georgiens und die Unverletzlichkeit seiner Grenzen anerkennt und sich entschieden für eine friedliche Konfliktbeilegung einsetzt;

58.

empfiehlt, dass sowohl die EUMM als auch der EU-Sonderbeauftragte für den Südkaukasus die Entwicklung der Ereignisse in den von Konflikten betroffenen Regionen weiterhin genau beobachten;

59.

ruft Russland dazu auf, sich an die Bestimmungen der von ihm anlässlich der Beendigung des Konflikts im August 2008 unterzeichneten Vereinbarungen zu halten und seine Truppen auf die vor Ausbruch des Konflikts bezogenen Stellungen zurückzuziehen sowie die EUMM künftig nicht mehr am Zutritt zu Abchasien und Südossetien zu hindern;

60.

begrüßt die Annahme und Umsetzung einer Nationalen Strategie für Binnenvertriebene durch Georgien für den Zeitraum 2009-2012, die alle Binnenvertriebene erfasst;

61.

würdigt den positiven Schritt, den die Annahme der „Nationalen Strategie für die besetzten Gebiete: Engagement durch Zusammenarbeit“ durch Georgien im Januar 2010 bedeutet, ebenso wie die Absicht, an dem „Gesetz für die besetzten Gebiete“, das beim Europarat auf ernste Vorbehalte traf, Änderungen vorzunehmen;

62.

spricht sich nachdrücklich für eine weitere Unterstützung der vom jüngsten Konflikt betroffenen Regionen aus. Er vertritt die Auffassung, dass insbesondere für die Hilfe für Flüchtlinge und Binnenvertriebene, für den Wiederaufbau von Häusern und Infrastruktur, für die Stärkung des Dialogs zwischen örtlichen Bevölkerungsgruppen sowie für vertrauensbildende Maßnahmen zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden sollten;

Schlussbemerkungen

63.

betont, dass seit der „Rosenrevolution“, die eine Periode des Wandels und der Reformen in Georgien einläutete, nur sechs Jahre vergangen sind, in denen das Land einen Krieg und die Folgen der Weltwirtschaftskrise aushalten musste. In der Kürze und trotz der Schwierigkeiten dieser Zeit ist es Georgien gelungen, große Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie, zur Marktwirtschaft und zur Entwicklung zu machen;

64.

weist auf die enorme Bedeutung der Unterstützung der EU für die Gebietskörperschaften Georgiens hin - einem Land, das in einer politisch instabilen Region liegt, in dem die Regierung häufig wechselt und das seit dem Untergang der Sowjetunion ein Dutzend bewaffnete Konflikte oder eingefrorene Konflikte erlebt hat. Georgien liegt in einer in ethnischer, sprachlicher, religiöser und geschichtlicher Hinsicht sehr inhomogenen Region, in der demokratische Traditionen nach europäischem Muster bisher kaum entwickelt sind. Daher sind Investitionen in die Entwicklung und Stärkung der lokalen Ebene und Selbstverwaltung und in die Regionalentwicklung in Georgien nicht nur für die Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung, sondern auch für die Demokratisierung Georgiens von entscheidender Bedeutung. Zudem können auf diese Weise die europäischen Werte gefördert und das Vertrauen der Georgierinnen und Georgier in die EU gestärkt werden;

65.

weist darauf hin, dass die politische und wirtschaftliche Entwicklung Georgiens, einem Land in unmittelbarer Nachbarschaft der Europäischen Union in einer Region, die wegen der Energietransitrouten und der Nähe politisch instabiler Regionen strategisch wichtig ist, von außerordentlicher Bedeutung für die Europäische Union ist. Georgien in seinen Bemühungen um eine Annäherung an die EU zu helfen, muss ein vorrangiges Ziel der EU sein.

Brüssel, den 6. Oktober 2010

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO