ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.CE2010.275.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 275E

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Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

53. Jahrgang
12. Oktober 2010


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III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Rat

2010/C 275E/01

Standpunkt (EU) Nr. 14/2010 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung
Vom Rat am 13. September 2010 angenommen

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DE

 


III Vorbereitende Rechtsakte

Rat

12.10.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 275/1


STANDPUNKT (EU) Nr. 14/2010 DES RATES IN ERSTER LESUNG

im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

Vom Rat am 13. September 2010 angenommen

2010/C 275 E/01

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 114 und 168,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 168 Absatz 1 des Vertrags muss bei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden. Demnach muss ein hohes Gesundheitsschutzniveau auch dann sichergestellt werden, wenn die Union Rechtsakte aufgrund anderer Vertragsbestimmungen erlässt.

(2)

Artikel 114 des Vertrags ist die geeignete Rechtsgrundlage, da die Mehrheit der Bestimmungen dieser Richtlinie auf die Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarktes und der Freizügigkeit von Personen sowie des freien Verkehrs von Waren oder Dienstleistungen abzielen. Da die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Artikels 114 des Vertrags als Rechtsgrundlage erfüllt sind, hat der Unionsgesetzgeber selbst dann auf diese Rechtsgrundlage zurückzugreifen, wenn der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ein entscheidender Faktor für die getroffenen Entscheidungen ist. In diesem Zusammenhang fordert Artikel 114 Absatz 3 des Vertrags ausdrücklich, dass bei der Harmonisierung ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit zu gewährleisten ist und dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen berücksichtigt werden müssen.

(3)

Die Gesundheitssysteme der Union sind ein zentraler Bestandteil des hohen Sozialschutzniveaus in der Union und tragen zu sozialem Zusammenhalt und sozialer Gerechtigkeit sowie zu nachhaltiger Entwicklung bei. Auch sind sie Teil des umfassenderen Rahmens der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.

(4)

Wie die Mitgliedstaaten in den Schlussfolgerungen des Rates vom 1./2. Juni 2006 über Gemeinsame Werte und Prinzipien in den EU-Gesundheitssystemen (4) anerkannt haben (nachstehend „Schlussfolgerungen des Rates“ genannt), ist den Gesundheitssystemen in der gesamten Union eine Reihe von Arbeitsprinzipien gemeinsam. In denselben Schlussfolgerungen hat der Rat anerkannt, dass die praktische Umsetzung dieser Werte und Prinzipien zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede aufweist. Insbesondere Entscheidungen darüber, in welchem Umfang der Bürger Anspruch auf Gesundheitsleistungen haben soll und über welche Mechanismen diese finanziert und bereitgestellt werden sollen, wie z. B. bei der Frage, inwieweit es angemessen ist, bei der Verwaltung der Gesundheitssysteme auf Marktmechanismen und Wettbewerbsdruck zu setzen, müssen im nationalen Kontext getroffen werden.

(5)

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (nachstehend „Gerichtshof“ genannt) mehrfach bekräftigt hat, fallen trotz ihrer Besonderheiten alle Arten medizinischer Versorgung in den Anwendungsbereich des Vertrags.

(6)

Mit einigen Aspekten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, insbesondere mit der Kostenerstattung für eine Gesundheitsdienstleistung, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem der Empfänger der Behandlungsleistung seinen Wohnsitz hat, erbracht wurde, hat sich der Gerichtshof bereits befasst. Da Gesundheitsdienstleistungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (5) ausgenommen sind, ist es wichtig, diese Aspekte in einem eigenen Rechtsinstrument der Union zu behandeln, um eine allgemeinere und wirksamere Anwendung der Grundsätze zu erreichen, die der Gerichtshof in Einzelfällen entwickelt hat.

(7)

In den Schlussfolgerungen des Rates hat der Rat anerkannt, dass eine Initiative in Bezug auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, mit der sichergestellt wird, dass die Unionsbürger Klarheit darüber erhalten, welche Rechte und Ansprüche ihnen zustehen, wenn sie sich von einem Mitgliedstaat in einen anderen begeben, von einem besonderen Wert ist, um Rechtssicherheit zu schaffen.

(8)

Diese Richtlinie zielt darauf ab, Regeln zu schaffen, die den Zugang zu einer sicheren und hochwertigen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in der Union erleichtern und die Patientenmobilität im Einklang mit den vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen gewährleisten und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Gesundheitsversorgung fördern, wobei gleichzeitig die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Festlegung der gesundheitsbezogenen Sozialversicherungsleistungen und für die Organisation und Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen und medizinischer Versorgung sowie der Sozialversicherungsleistungen, insbesondere im Krankheitsfall, uneingeschränkt geachtet werden sollen.

(9)

Diese Richtlinie sollte für diejenigen Patienten gelten, die sich dafür entscheiden, die Gesundheitsversorgung in einem anderen als ihrem Versicherungsmitgliedstaat in Anspruch zu nehmen. Wie der Gerichtshof bekräftigt hat, führt weder ihre besondere Natur noch ihre Organisation oder ihre Finanzierung dazu, dass Gesundheitsdienstleistungen nicht unter den elementaren Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit fallen. Der Versicherungsmitgliedstaat kann sich jedoch aus Gründen, die in der Qualität und Sicherheit der erbrachten Gesundheitsdienstleistung liegen, dafür entscheiden, die Kostenerstattung für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu begrenzen, wenn sich dies durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses bezogen auf die öffentliche Gesundheit rechtfertigen lässt. Der Versicherungsmitgliedstaat kann auch weitere Maßnahmen aus anderen Gründen vorsehen, wenn sich dies durch solche zwingenden Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigen lässt. Der Gerichtshof hat in der Tat festgestellt, dass der öffentliche Gesundheitsschutz zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zählt, die eine Einschränkung der in den Verträgen vorgesehenen Freizügigkeit rechtfertigen können.

(10)

Der Begriff der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“, auf den sich einige Bestimmungen dieser Richtlinie beziehen, ist vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den Artikeln 49 und 56 des Vertrags entwickelt worden und kann sich noch weiterentwickeln. Der Gerichtshof hat verschiedentlich ausgeführt, dass eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts eines Sozialversicherungssystems per se einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, durch den eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt werden kann. Der Gerichtshof hat ferner anerkannt, dass auch das Ziel, aus Gründen der öffentlichen Gesundheit eine ausgewogene, jedermann zugängliche ärztliche und klinische Versorgung aufrechtzuerhalten, insoweit unter eine der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 52 des Vertrags fallen kann, als es dazu beiträgt, ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu erreichen. Der Gerichtshof hat ferner ausgeführt, dass diese Vertragsbestimmung es den Mitgliedstaaten erlaubt, die Freiheit, ärztliche und klinische Dienstleistungen bereitzustellen, insoweit einzuschränken, als die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland für die öffentliche Gesundheit erforderlich ist.

(11)

Die Verpflichtung zur Kostenerstattung für grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung sollte eindeutig auf Gesundheitsdienstleistungen beschränkt sein, auf die der Versicherte nach den Rechtsvorschriften des Versicherungsmitgliedstaats Anspruch hat.

(12)

Diese Richtlinie sollte nicht für Dienstleistungen gelten, deren primäres Ziel darin besteht, Personen zu unterstützen, die auf Hilfe bei routinemäßigen Handlungen und alltäglichen Verrichtungen angewiesen sind. Diese Richtlinie sollte insbesondere nicht für jene Dienstleistungen der Langzeitpflege gelten, die als notwendig erachtet werden, um dem Pflegebedürftigen ein möglichst erfülltes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Deshalb sollte diese Richtlinie beispielsweise nicht für Dienstleistungen der Langzeitpflege gelten, die von häuslichen Pflegediensten, im Rahmen von betreuten Wohnformen und in Wohnheimen oder -stätten („Pflegeheimen“) erbracht werden.

(13)

Angesichts ihrer Besonderheit sollte der Zugang zu Organen und deren Zuteilung zum Zweck der Organtransplantation nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen.

(14)

In Bezug auf die Kostenerstattung grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung sollte diese Richtlinie nicht nur für den Fall gelten, dass der Patient eine Gesundheitsversorgung in einem anderen als seinem Versicherungsmitgliedstaat erhält, sondern auch für die Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, wenn diese im Zusammenhang mit einer Gesundheitsdienstleistung erfolgen. Der Begriff der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung sollte sowohl den Fall umfassen, dass ein Patient solche Arzneimittel und Medizinprodukte in einem anderen als seinem Versicherungsmitgliedstaat kauft, als auch den Fall, dass er solche Arzneimittel und Medizinprodukte in einem anderen Mitgliedstaat kauft, als dem, in dem die Verschreibung ausgestellt wurde.

(15)

Diese Richtlinie sollte nicht die Vorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf den Verkauf von Arzneimitteln und Medizinprodukten über das Internet berühren.

(16)

Diese Richtlinie sollte nicht das Recht verleihen, in einen Mitgliedstaat zu reisen, sich dort aufzuhalten oder seinen Wohnsitz zu nehmen, um eine Gesundheitsversorgung in diesem Mitgliedstaat zu erhalten. Steht der Aufenthalt einer Person im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats nicht im Einklang mit den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates bezüglich der Einreise in sein Hoheitsgebiet oder des Aufenthalts in seinem Hoheitsgebiet, so sollte eine solche Person nicht als Versicherter im Sinne dieser Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten sollten in ihren nationalen Rechtsvorschriften weiterhin festlegen können, wer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über das öffentliche Gesundheitswesen und die Sozialversicherung als Versicherter betrachtet wird, solange die in dieser Richtlinie festgelegten Patientenrechte gewährleistet sind.

(17)

Wenn ein Patient grenzüberschreitende Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nimmt, ist es für ihn entscheidend, dass er im Voraus weiß, welche Regeln für ihn gelten. Da gemäß Artikel 168 Absatz 7 des Vertrags die Organisation und Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen und die medizinische Versorgung in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegen, sollte die Gesundheitsversorgung den Rechtsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats unterliegen. Dies sollte den Patienten helfen, eine sachkundige Entscheidung zu treffen, und dazu beitragen, Irrtümer und Missverständnisse zu vermeiden. Auch sollte dies einen hohen Grad an Vertrauen zwischen dem Patienten und dem Gesundheitsdienstleister herstellen.

(18)

Damit Patienten sachkundig entscheiden können, wenn sie die Gesundheitsversorgung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen wollen, sollte der Behandlungsmitgliedstaat sicherstellen, dass Patienten aus anderen Mitgliedstaaten auf Wunsch die einschlägigen Informationen über die in seinem Hoheitsgebiet geltenden Sicherheits- und Qualitätsstandards sowie Informationen darüber erhalten, welche Anbieter diesen Standards unterliegen. Darüber hinaus sollten Gesundheitsdienstleister Patienten auf Wunsch Informationen über bestimmte Aspekte der von ihnen angebotenen Gesundheitsdienstleistungen bereitstellen. Soweit Gesundheitsdienstleister den im Behandlungsmitgliedstaat ansässigen Patienten bereits einschlägige Informationen über diese bestimmten Aspekte zur Verfügung stellen, sollten sie nach dieser Richtlinie nicht verpflichtet sein, Patienten aus anderen Mitgliedstaaten ausführlichere Informationen zur Verfügung zu stellen. Es sollte dem Behandlungsmitgliedstaat unbenommen bleiben, auch andere Dienstleister als Gesundheitsdienstleister, wie Versicherungen oder Behörden, zur Bereitstellung der Informationen über bestimmte Aspekte der angebotenen Gesundheitsdienstleistungen zu verpflichten, wenn dies im Hinblick auf die Organisation seines Gesundheitssystems angemessener erscheint.

(19)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass alle Patienten gleich behandelt werden, und zwar in Abhängigkeit von ihrem Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen und nicht davon, in welchem Mitgliedstaat sie versichert sind. Dabei sollten die Mitgliedstaaten die Grundsätze der Freizügigkeit im Binnenmarkt, der Nichtdiskriminierung u. a. aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie der Erforderlichkeit und der Angemessenheit jeglicher Einschränkungen der Freizügigkeit achten. Diese Richtlinie sollte die Gesundheitsdienstleister jedoch nicht verpflichten, Patienten aus anderen Mitgliedstaaten für eine geplante Behandlung zu akzeptieren oder bevorzugt zu behandeln, wenn sich dadurch Nachteile für andere Patienten ergeben, etwa durch längere Wartezeiten für die Behandlung anderer Patienten. Der Zustrom von Patienten könnte zu einer Nachfragesituation führen, die die in einem Mitgliedstaat bestehenden Kapazitäten für eine bestimmte Behandlung übersteigen. In solchen Ausnahmefällen sollte der Mitgliedstaat die Möglichkeit behalten, im Einklang mit den Artikeln 52 und 62 des Vertrags aus Gründen der öffentlichen Gesundheit Abhilfe zu schaffen. Diese Einschränkung sollte jedoch nicht die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (6) berühren.

(20)

Systematische und fortlaufende Anstrengungen sollten unternommen werden, um sicherzustellen, dass die Qualitäts- und Sicherheitsstandards gemäß den Schlussfolgerungen des Rates und unter Berücksichtigung der Fortschritte in der internationalen Medizinwissenschaft und der allgemein anerkannten medizinischen Praxis verbessert werden.

(21)

Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass eindeutige gemeinsame Verpflichtungen hinsichtlich der Bereitstellung von Mechanismen zum Umgang mit Schäden, die im Zusammenhang mit Leistungen der Gesundheitsversorgung entstanden sind, festgelegt werden, um zu vermeiden, dass mangelndes Vertrauen in die betreffenden Mechanismen ein Hindernis für die Inanspruchnahme grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung darstellt. Schadenersatzsysteme in dem Behandlungsmitgliedstaat sollten nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten berühren, den Deckungsbereich ihres nationalen Systems auf Patienten ihres Landes auszuweiten, die Gesundheitsversorgung in einem anderen Land in Anspruch nehmen möchten, soweit diese für den Patienten geeigneter ist.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Mechanismen zum Schutz der Patienten und zur Einlegung von Rechtsbehelfen im Fall einer Schädigung in Bezug auf die in ihrem Hoheitsgebiet erbrachte Gesundheitsversorgung bestehen und nach Art und Umfang dem Risiko angemessen sind. Es sollte jedoch Sache der Mitgliedstaaten sein, Art und Modalitäten eines solchen Mechanismus festzulegen.

(23)

Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten ist ein Grundrecht, das in Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wird. Die Kontinuität grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung ist auf die Weitergabe personenbezogener Daten zum Gesundheitszustand des Patienten angewiesen. Diese personenbezogenen Daten sollten frei von einem Mitgliedstaat in einen anderen übermittelt werden können, gleichzeitig sollten jedoch die Grundrechte des Einzelnen geschützt werden. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (7) sieht das Recht des Einzelnen auf Zugang zu seinen eigenen gesundheitsbezogenen Daten vor, etwa Daten in seinen Patientenakten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten. Diese Bestimmungen sollten auch im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im Sinne der vorliegenden Richtlinie gelten.

(24)

Das Recht auf Erstattung der Kosten der in einem anderen Mitgliedstaat erbrachten Gesundheitsdienstleistungen durch die gesetzliche Sozialversicherung der Patienten als Versicherte ist vom Gerichtshof in mehreren Urteilen anerkannt worden. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Vertragsbestimmungen zum freien Dienstleistungsverkehr die Freiheit der Empfänger von Gesundheitsdienstleistungen, einschließlich der Personen, die eine medizinische Behandlung benötigen, einschließt, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben. Dies sollte auch für die Empfänger von Gesundheitsdienstleistungen gelten, die eine in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Gesundheitsversorgung auf anderem Wege, etwa durch elektronische Gesundheitsdienstleistungen (e-Health), in Anspruch nehmen möchten.

(25)

In Übereinstimmung mit den vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen sollte Patienten, Angehörigen der Gesundheitsberufe, Gesundheitsdienstleistern und Sozialversicherungsträgern größere Rechtssicherheit in Bezug auf die Kostenerstattung für Gesundheitsdienstleistungen geboten werden, ohne dass das finanzielle Gleichgewicht der Systeme der Gesundheitsversorgung und der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird.

(26)

Diese Richtlinie sollte nicht die Rechte eines Versicherten nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf Kostenübernahme für Gesundheitsdienstleistungen berühren, die während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat aus medizinischen Gründen notwendig werden. Auch sollte diese Richtlinie nicht das Recht eines Versicherten auf Genehmigung einer Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat berühren, sofern die Bedingungen gemäß den Verordnungen der Union zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme, insbesondere gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (8), die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom 14. Mai 2003 zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen (9), anwendbar ist, und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, erfüllt sind.

(27)

Es ist angebracht vorzuschreiben, dass auch Patienten, die unter anderen als den in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorgesehenen Umständen eine Gesundheitsdienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen möchten , in den Genuss der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß dem Vertrag und dieser Richtlinie kommen sollten. Den Patienten sollte die Übernahme der Kosten für diese Gesundheitsdienstleistungen mindestens auf demselben Niveau garantiert werden, wie sie bei einer Versorgung im Versicherungsmitgliedstaat gewährt worden wäre. Dabei sollten die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, den Umfang der Krankheitskostendeckung für ihre Bürger festzulegen, umfassend gewahrt, und jegliche nennenswerte Auswirkungen auf die Finanzierung der nationalen Gesundheitssysteme verhindert werden.

(28)

Für Patienten sollten die beiden Systeme daher kohärent sein: Entweder die vorliegende Richtlinie oder aber die Verordnungen der Union zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme gelangen zur Anwendung.

(29)

Die Patienten sollten nicht die ihnen vorteilhafteren Ansprüche gemäß den Verordnungen zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme verlieren, wenn die Bedingungen erfüllt sind. Deshalb erhält jeder Patient, der eine Vorabgenehmigung für eine auf seinen Gesundheitszustand abgestimmte Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat beantragt, stets diese Genehmigung nach Maßgabe der Bedingungen der Verordnungen der Union, sofern die betreffende Behandlung nach dem Recht seines Heimatmitgliedstaats zu den Leistungen gehört, auf die er Anspruch hat, und wenn der Patient diese Behandlung in seinem Heimatmitgliedstaat nicht innerhalb eines – unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Gesundheitszustandes und des voraussichtlichen Krankheitsverlaufs – medizinisch vertretbaren Zeitraums erhalten kann. Wenn jedoch der Patient ausdrücklich verlangt, eine Behandlung nach Maßgabe dieser Richtlinie in Anspruch zu nehmen, so sollte sich die Kostenerstattung auf die Leistungen beschränken, die unter diese Richtlinie fallen.

(30)

Die Patienten sollten in keinem Fall einen finanziellen Vorteil aus der in einem anderen Mitgliedstaat geleisteten Gesundheitsversorgung ziehen; die Kostenübernahme sollte daher auf die tatsächlichen Kosten der empfangenen Gesundheitsdienstleistungen begrenzt werden.

(31)

Diese Richtlinie soll keinen Anspruch auf Kostenerstattung für in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Gesundheitsdienstleistungen begründen, wenn diese Gesundheitsdienstleistungen nach dem Recht des Versicherungsmitgliedstaats des Versicherten nicht zum Erstattungsumfang gehören. Auch sollte diese Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre Sachleistungsregelung auf die Gesundheitsversorgung in einem anderen Mitgliedstaat auszudehnen. Diese Richtlinie sollte anerkennen, dass es den Mitgliedstaaten unbenommen ist, ihre Gesundheitsversorgungs- und Sozialversicherungssysteme so zu gestalten, dass der Anspruch auf Behandlung auf regionaler oder lokaler Ebene festgelegt wird.

(32)

Diese Richtlinie sollte weder die Übertragung von Sozialversicherungsansprüchen zwischen den Mitgliedstaaten noch eine anderweitige Koordinierung der Sozialversicherungssysteme vorsehen. Einziges Ziel der Bestimmungen über Vorabgenehmigung und Kostenerstattung für in anderen Mitgliedstaaten erbrachte Gesundheitsdienstleistungen sollte es sein, die Freizügigkeit der Patienten zur Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen zu gewährleisten und ungerechtfertigte Hindernisse für diese Grundfreiheit in den Versicherungsmitgliedstaaten der Patienten zu beseitigen. Somit sollte diese Richtlinie in vollem Umfang die Unterschiede zwischen nationalen Gesundheitssystemen und die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Organisation und Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen und medizinischer Versorgung achten.

(33)

Diese Richtlinie sollte vorsehen, dass der Patient Anspruch darauf hat, jedes Arzneimittel, dessen Inverkehrbringen im Behandlungsmitgliedstaat genehmigt ist, zu erhalten, selbst wenn dieses Arzneimittel im Versicherungsmitgliedstaat nicht in Verkehr gebracht werden darf, sofern dieses Arzneimittel unerlässlicher Teil einer wirksamen Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat ist. Der Versicherungsmitgliedstaat sollte durch nichts verpflichtet sein, einem Versicherten die Kosten für ein Arzneimittel, das im Behandlungsmitgliedstaat verschrieben wurde, zu erstatten, wenn dieses Arzneimittel nicht zu den Leistungen gehört, auf die der Versicherte im Rahmen des gesetzlichen Sozialversicherungssystems oder des nationalen Gesundheitssystems des Versicherungsmitgliedstaats Anspruch hat.

(34)

Die Mitgliedstaaten können allgemeine Voraussetzungen, Anspruchskriterien sowie behördliche und verwaltungstechnische Formalitäten für die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen und die Kostenerstattung beibehalten, etwa die Vorschrift, vor dem Besuch eines Facharztes oder eines Krankenhauses einen Allgemeinmediziner zu konsultieren, und zwar auch im Falle von Patienten, die Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen möchten, sofern solche Voraussetzungen notwendig, dem Ziel angemessen und weder willkürlich noch diskriminierend sind. Hierzu kann auch ein Gutachten eines Angehörigen der Gesundheitsberufe oder einer Verwaltungsstelle im Gesundheitswesen, die Leistungen für die gesetzliche Sozialversicherung oder das nationale Gesundheitssystem des Versicherungsmitgliedstaats erbringt, zählen, beispielsweise des Allgemeinmediziners oder Hausarztes, bei dem der Patient registriert ist, sofern dies für die Feststellung des individuellen Leistungsanspruchs des Patienten erforderlich ist. Daher sollte vorgeschrieben werden, dass diese allgemeinen Voraussetzungen, Kriterien und Formalitäten in objektiver, transparenter und diskriminierungsfreier Weise angewandt werden und vorab bekannt sein sollten, primär auf medizinischen Erwägungen basieren und dass sie den Patienten, die Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen möchten, keinerlei zusätzliche Belastung auferlegen dürfen im Vergleich zu Patienten, die im Versicherungsmitgliedstaat behandelt werden, und dass Entscheidungen schnellstmöglich getroffen werden sollten.

Dies sollte nicht das Recht der Mitgliedstaaten berühren, Kriterien oder Voraussetzungen für eine Vorabgenehmigung festzulegen, wenn Patienten Gesundheitsdienstleistungen in ihrem Versicherungsmitgliedstaat in Anspruch nehmen wollen. Da die Voraussetzungen, Kriterien und Formalitäten in Bezug auf Leistungsansprüche, wie beispielsweise die Feststellung der Kostenwirksamkeit einer bestimmen Behandlung, in die Zuständigkeit des Versicherungsmitgliedstaats fällt, können sie nicht vom Behandlungsmitgliedstaat vorgeschrieben werden, da dies ein Hindernis für die Freizügigkeit der Personen und den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen darstellen würde. Allerdings kann der Behandlungsmitgliedstaat Voraussetzungen, Kriterien und Formalitäten im Zusammenhang mit den klinischen Umständen vorschreiben, etwa die Bewertung der mit der Anwendung einer bestimmten Behandlungsmethode bei einem bestimmten Patienten verbundenen Sicherheitsrisiken. Dazu kann auch ein Verfahren zählen, das gewährleistet, dass eine Person, die sich in einem anderen Mitgliedstaat behandeln lassen möchte, versteht, dass die erbrachten Gesundheitsdienstleistungen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats, einschließlich der Qualitäts- und Sicherheitsnormen und der sonstigen in diesem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Normen, unterliegen, und dass diese Person jede technische, fachmännische und medizinische Unterstützung erhält, die sie benötigt, um den Gesundheitsdienstleister in Kenntnis der Sachlage auswählen zu können, solange dieses Verfahren nicht diskriminierend ist und kein Hindernis für die Freizügigkeit der Personen oder den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen darstellt.

(35)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vor, wenn die Übernahme der Kosten für in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Gesundheitsdienstleistungen durch das gesetzliche Sozialversicherungssystem oder das nationale Gesundheitssystem von einer Vorabgenehmigung abhängig gemacht wird. Daher sollte der Versicherungsmitgliedstaat die Übernahme der Kosten für in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Gesundheitsdienstleistungen nicht von einer Vorabgenehmigung abhängig machen, wenn die Kosten dieser Leistungen, wären sie in seinem Hoheitsgebiet erbracht worden, von seinem gesetzlichen Sozialversicherungssystem oder nationalen Gesundheitssystem übernommen würden.

(36)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs können die Mitgliedstaaten die Übernahme der Kosten für eine Krankenhausbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat durch ihr nationales Gesundheitssystem von einer Vorabgenehmigung abhängig machen. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist dies notwendig und angemessen, da die Zahl der Krankenhäuser, ihre geografische Verteilung, ihr Ausbau und die Einrichtungen, über die sie verfügen, oder auch die Art der medizinischen Leistungen, die sie anbieten können, alles Umstände sind, deren Planung, die grundsätzlich auf die Befriedigung vielfältiger Bedürfnisse ausgerichtet ist, möglich sein muss. Aus Sicht des Gerichtshofs bezweckt diese Planung, dass im betreffenden Staat ein ausgewogenes Angebot qualitativ hochwertiger Krankenhausversorgung ständig in ausreichendem Maß zugänglich ist. Außerdem soll sie dazu beitragen, die Kosten zu beherrschen und soweit wie möglich jede Verschwendung finanzieller, technischer und menschlicher Ressourcen zu verhindern. Eine solche Verschwendung wäre nach Ansicht des Gerichtshofs umso schädlicher, als der Sektor der Krankenhausversorgung bekanntlich erhebliche Kosten verursacht und wachsenden Bedürfnissen entsprechen muss, während die finanziellen Mittel, die für die Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden, unabhängig von der Art und Weise der Finanzierung nicht unbegrenzt sind.

(37)

Dasselbe Argument gilt für diejenige ambulante Gesundheitsversorgung, bei der ein vergleichbarer Planungsbedarf im Behandlungsmitgliedstaat besteht. Hierzu können Gesundheitsdienstleistungen zählen, die Gegenstand einer Planung sein müssen, da sie den Einsatz einer hoch spezialisierten und kostenintensiven medizinischen Infrastruktur oder medizinischen Ausrüstung erfordern. In Anbetracht des technologischen Fortschritts, der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden und der unterschiedlichen Politik der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Rolle der Krankenhäuser in ihrem Gesundheitssystem ist die Frage, ob diese Art der Gesundheitsversorgung in einem Krankenhaus oder ambulant erfolgt, unerheblich für die Entscheidung darüber, ob sie der Planung bedarf oder nicht.

(38)

Da es Sache der Mitgliedstaaten ist, Vorschriften über die Verwaltung, Anforderungen, Qualitäts- und Sicherheitsnormen, Organisation und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung festzulegen, und sie einen unterschiedlichen Planungsbedarf haben, sollten sie auch darüber entscheiden können, ob ein Verfahren der Vorabgenehmigung eingeführt werden muss, und gegebenenfalls im Einklang mit den in dieser Richtlinie festgelegten Kriterien und im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestimmen, für welche Gesundheitsdienstleistungen im Rahmen ihres Systems eine Vorabgenehmigung erforderlich ist. Die Informationen über diese Gesundheitsdienstleistungen sollten öffentlich zugänglich gemacht werden.

(39)

Die Kriterien für die Erteilung einer Vorabgenehmigung müssen auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Einschränkung des freien Verkehrs der Gesundheitsdienstleistungen rechtfertigen können, beruhen. Der Gerichtshof hat einige mögliche Erwägungen genannt: eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, das Ziel, eine ausgewogene, allen zugängliche ärztliche und klinische Versorgung aufrechtzuerhalten, und das Ziel, einen bestimmten Umfang der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder ein bestimmtes Niveau der Heilkunde, die für die Gesundheit oder gar das Überleben der Bevölkerung erforderlich sind, im Inland zu erhalten. Wichtig ist auch die Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes, die Sicherheit des Patienten bei der Ausgestaltung eines Vorabgenehmigungssystems in einem Sektor zu gewährleisten, der für seine Informationsasymmetrie wohl bekannt ist. Die Versagung einer Vorabgenehmigung darf nicht allein damit begründet werden, dass im eigenen Hoheitsgebiet Wartelisten geführt werden, die dazu dienen, das Krankenhausangebot nach Maßgabe von vorab allgemein festgelegten klinischen Prioritäten zu planen und zu verwalten, ohne dass eine objektive medizinische Beurteilung des Gesundheitszustands des Patienten, seiner Vorgeschichte, der voraussichtlichen Entwicklung seiner Krankheit, des Ausmaßes seiner Schmerzen und/oder der Art seiner Behinderung zum Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Beantragung der Genehmigung erfolgt ist.

(40)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs sollten die Kriterien für die Erteilung oder Versagung einer Vorabgenehmigung nicht über das Maß hinausgehen dürfen, das angesichts dieser zwingenden Gründe des Allgemeininteresses notwendig und angemessen ist. Was die Auswirkungen der Patientenmobilität auf die nationalen Gesundheitssysteme betrifft, so können zwischen den Mitgliedstaaten bzw. zwischen den Regionen eines Mitgliedstaats natürlich Unterschiede zu verzeichnen sein, die auf Faktoren wie geografische Lage, Sprachbarrieren, Vorhandensein von Krankenhäusern in Randregionen oder Bevölkerungsgröße und Gesundheitsbudget zurückzuführen sind. Daher sollte es jedem Mitgliedstaat überlassen bleiben, Kriterien für die Versagung einer Vorabgenehmigung festzulegen, die in diesem spezifischen Kontext notwendig und angemessen sind, wobei auch zu berücksichtigen ist, welche Gesundheitsdienstleistungen unter das System der Vorabgenehmigung fallen, da bei bestimmten Spezialbehandlungen selbst eine begrenzte Patientenabwanderung stärker zu Buche schlägt als bei anderen. Die Mitgliedstaaten sollten daher unterschiedliche Kriterien für verschiedene Regionen bzw. andere einschlägige Verwaltungsebenen für die Organisation der Gesundheitsversorgung oder sogar für verschiedene Behandlungen festlegen können, solange das System transparent und leicht zugänglich ist und die Kriterien vorab veröffentlicht werden.

(41)

Auf jeden Fall sollten, wenn ein Mitgliedstaat beschließt, ein System der Vorabgenehmigung für die Übernahme der Kosten einer Krankenhaus- oder Spezialbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe dieser Richtlinie einzuführen, die Kosten für eine solche Gesundheitsversorgung in einem anderen Mitgliedstaat vom Versicherungsmitgliedstaat nach Maßgabe dieser Richtlinie bis zu der Höhe erstattet werden, die abgedeckt wäre, wenn die gleichen Gesundheitsdienstleistungen im Versicherungsmitgliedstaat erbracht worden wären, wobei jedoch die tatsächlichen Kosten der erhaltenen Gesundheitsdienstleistungen nicht überschritten werden dürfen. Sofern die Bedingungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 oder der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erfüllt sind, sollten die Genehmigung jedoch erteilt und die Leistungen gemäß diesen Verordnungen gewährt werden, es sei denn der Patient hat etwas anderes beantragt. Dies sollte insbesondere in Fällen gelten, in denen die Genehmigung nach einer administrativen oder gerichtlichen Überprüfung des Antrags erteilt wird und die betreffende Person die Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat erhalten hat. In diesem Fall sollten die Artikel 7 und 8 der vorliegenden Richtlinie nicht gelten. Dies entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs, der festgestellt hat, dass ein Patient, dem eine Vorabgenehmigung aus Gründen abgelehnt wurde, die sich später als unzutreffend erwiesen haben, Anspruch auf die volle Erstattung der Kosten für eine Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen im Behandlungsmitgliedstaat hat.

(42)

Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Verfahren für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung sollten den Patienten Objektivität, Nichtdiskriminierung und Transparenz garantieren, so dass sichergestellt ist, dass Entscheidungen der nationalen Behörde rechtzeitig, sorgfältig und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze und der Besonderheiten des Einzelfalls getroffen werden. Dies sollte auch für die tatsächliche Kostenerstattung für die Gesundheitsdienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat nach erfolgter Behandlung des Patienten gelten.

(43)

Eine angemessene Information über alle wesentlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ist erforderlich, damit Patienten ihr Recht auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in der Praxis wahrnehmen können. Was die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung betrifft, so kann diese Information u. a. durch die Einrichtung nationaler Kontaktstellen in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährleistet werden. Die Informationen, die den Patienten zwingend mitzuteilen sind, sollten festgelegt werden. Die nationalen Kontaktstellen können jedoch freiwillig – auch mit Unterstützung der Kommission – weitere Auskünfte erteilen. Die nationalen Kontaktstellen sollten den Patienten die Informationen in einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats übermitteln, in dem sie ansässig sind. Sie können die Informationen auch in jeder anderen Sprache übermitteln, sind hierzu aber nicht verpflichtet.

(44)

Die Mitgliedstaaten sollten über die Form und die Anzahl ihrer nationalen Kontaktstellen entscheiden. Diese nationalen Kontaktstellen können auch in bestehende Informationszentren integriert werden oder auf deren Tätigkeit aufbauen, sofern deutlich erkennbar ist, dass diese auch als nationale Kontaktstellen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung fungieren. Die nationalen Kontaktstellen sollten über eine entsprechende Ausstattung verfügen, um Patienten Informationen über die wichtigsten Aspekte der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung bieten zu können. Die Kommission sollte mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die Kooperation bezüglich der nationalen Kontaktstellen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu erleichtern, unter anderem durch Bereitstellung relevanter Informationen auf Unionsebene. Das Bestehen nationaler Kontaktstellen sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, andere vernetzte Kontaktstellen auf regionaler oder lokaler Ebene einzurichten, die die organisatorischen Besonderheiten ihres Gesundheitssystems widerspiegeln.

(45)

Die Mitgliedstaaten sollten die Zusammenarbeit zwischen Dienstleistern, Dienstleistungsempfängern und Regulierungsstellen verschiedener Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene erleichtern, um eine sichere, hochwertige und effiziente grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten ist. Dies könnte von besonderer Bedeutung für Grenzregionen sein, in denen grenzüberschreitende Dienstleistungen der effizienteste Weg sein können, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung vor Ort zu organisieren, wo aber eine solche grenzüberschreitende Versorgung auf nachhaltiger Grundlage die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitssystemen der beteiligten Mitgliedstaaten erfordert. Eine solche Zusammenarbeit kann gemeinsame Planung, gegenseitige Anerkennung oder Anpassung von Verfahren oder Standards, Interoperabilität einschlägiger nationaler Systeme der Informations- und Kommunikationstechnologie (nachstehend „IKT“ genannt), praktische Mechanismen zur Gewährleistung der Kontinuität der Versorgung oder die praktische Erleichterung der vorübergehenden oder gelegentlichen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung durch Angehörige der Gesundheitsberufe auf befristeter oder gelegentlicher Basis umfassen. Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (10) schreibt vor, dass die Freiheit zur Erbringung von Dienstleistungen mit vorübergehendem oder gelegentlichem Charakter, einschließlich Dienstleistungen von Angehörigen der Gesundheitsberufe in einem anderen Mitgliedstaat, unbeschadet spezifischer Vorschriften des Unionsrechts nicht aufgrund der Berufsqualifikationen eingeschränkt werden darf. Die Richtlinie 2005/36/EG sollte von dieser Richtlinie unberührt bleiben.

(46)

Die Kommission sollte die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in den in Kapitel IV dieser Richtlinie genannten Bereichen fördern und kann in Übereinstimmung mit Artikel 168 Absatz 2 des Vertrags in enger Absprache mit den Mitgliedstaaten jede sinnvolle Initiative zur Erleichterung und Förderung einer solchen Zusammenarbeit ergreifen.

(47)

Sofern Arzneimittel, die in einem Mitgliedstaat genehmigt sind und in einem Mitgliedstaat von einem Angehörigen eines reglementierten Gesundheitsberufs im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG für einen einzelnen, namentlich genannten Patienten verschrieben wurden, sollte es grundsätzlich möglich sein, dass eine solche Verschreibung im Mitgliedstaat, in dem die Arzneimittel genehmigt sind, ärztlich und in Apotheken anerkannt wird und die Arzneimittel dort abgegeben werden. Die Beseitigung regulatorischer und administrativer Hemmnisse für eine solche Anerkennung sollte die Notwendigkeit einer entsprechenden Zustimmung des behandelnden Arztes oder Apothekers des Patienten in jedem Einzelfall unberührt lassen, sofern dies zum Schutz der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt und im Hinblick auf dieses Ziel notwendig und angemessen ist. Die Anerkennung von Verschreibungen aus anderen Mitgliedstaaten sollte berufliche oder ethische Pflichten unberührt lassen, nach denen Apotheker die Abgabe des Arzneimittels verweigern müssten. Eine solche medizinische Anerkennung sollte auch unbeschadet der Entscheidung des Versicherungsmitgliedstaats bezüglich der Aufnahme solcher Arzneimittel in die Liste der im zuständigen Sozialversicherungssystem erstattungsfähigen Leistungen gelten. Ferner ist anzumerken, dass die Erstattung der Kosten für Arzneimittel von den Vorschriften für die gegenseitige Anerkennung von Verschreibungen nicht berührt wird, sondern unter die allgemeinen Vorschriften für die Erstattung der Kosten grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung nach Kapitel III der Richtlinie fällt. Die Umsetzung des Grundsatzes der Anerkennung sollte durch den Erlass von Maßnahmen erleichtert werden, die notwendig sind zur Gewährleistung der Sicherheit der Patienten und zur Verhinderung des Missbrauchs oder der Verwechslung von Arzneimitteln. Diese Maßnahmen sollten die Annahme eines nicht erschöpfenden Verzeichnisses der Elemente, die Verschreibungen enthalten müssen, umfassen. Darüber hinaus sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, ihre Verschreibungen um weitere Elemente zu ergänzen, sofern dies kein Hindernis für die Anerkennung von Verschreibungen aus anderen Mitgliedstaaten darstellt, die das gemeinsame Verzeichnis der Elemente enthalten. Die Anerkennung von Verschreibungen sollte auch für Medizinprodukte gelten, die in dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt abgegeben wird, rechtmäßig in Verkehr gebracht werden.

(48)

Die Kommission sollte den kontinuierlichen Aufbau Europäischer Referenznetzwerke zwischen Gesundheitsdienstleistern und Fachzentren in den Mitgliedstaaten unterstützen. Europäische Referenznetzwerke können den Zugang zur Diagnose und die Bereitstellung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle Patienten verbessern, deren Gesundheitsprobleme eine verstärkte Konzentration von Ressourcen oder Fachwissen erfordern; diese Netzwerke könnten auch die medizinische Fortbildung und Forschung, Informationsverbreitung und Bewertung bündeln. Daher sollte diese Richtlinie Anreize für die Mitgliedstaaten schaffen, um die kontinuierliche Entwicklung Europäischer Referenznetzwerke zu erleichtern. Die Europäischen Referenznetzwerke beruhen auf der freiwilligen Teilnahme ihrer Mitglieder, doch sollte die Kommission Kriterien und Bedingungen ausarbeiten, die die Netzwerke zu erfüllen haben sollten, um Unterstützung von der Kommission zu erhalten.

(49)

Die technischen Entwicklungen bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen mit Hilfe der IKT können die Ausübung der Überwachungsaufgaben durch die Mitgliedstaaten unklar werden lassen, dadurch die Freizügigkeit von Gesundheitsdienstleistungen behindern und zusätzliche Risiken für den Gesundheitsschutz schaffen. Sehr unterschiedliche und inkompatible Formate und Normen gelten für die IKT-gestützte Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen in der Union, was sowohl Hindernisse für diese Art der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung als auch mögliche Risiken für den Gesundheitsschutz schafft. Daher ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten die Interoperabilität der IKT-Systeme anstreben. Die Einführung von IKT-Systemen im Gesundheitswesen fällt jedoch vollständig in nationale Zuständigkeit. Deshalb sollte in dieser Richtlinie die Bedeutung der Weiterverfolgung der Interoperabilität anerkannt und die Verteilung der Zuständigkeiten geachtet werden, indem Bestimmungen festgelegt werden, nach denen die Kommission und die Mitgliedstaaten gemeinsam die Entwicklung von Maßnahmen vorantreiben sollen, die rechtlich nicht bindend sind, jedoch den Mitgliedstaaten zusätzliche Werkzeuge zur Förderung der Interoperabilität zur Verfügung stellen.

(50)

Der stetige Fortschritt der Medizinwissenschaft und der Gesundheitstechnologien bietet sowohl Chancen als auch Risiken für die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten. Die Zusammenarbeit bei der Bewertung neuer Gesundheitstechnologien kann den Mitgliedstaaten durch Skalenvorteile und Vermeidung von Doppelarbeit helfen und eine bessere Datengrundlage für die optimale Nutzung neuer Technologien im Hinblick auf eine sichere, hochwertige und effiziente Gesundheitsversorgung bieten. Eine solche Zusammenarbeit erfordert solide Strukturen unter Einbeziehung aller einschlägigen Behörden der Mitgliedstaaten, wobei auf bestehende Pilotprojekte aufzubauen wäre. Daher sollte diese Richtlinie eine Grundlage für die kontinuierliche Unterstützung einer solchen Zusammenarbeit durch die Union schaffen.

(51)

Nach Artikel 291 des Vertrags müssen die Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, im Voraus durch eine gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommene Verordnung festgelegt werden. Bis zur Annahme dieser neuen Verordnung findet weiterhin der Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (11) Anwendung, mit Ausnahme des nicht anwendbaren Regelungsverfahrens mit Kontrolle.

(52)

Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, im Hinblick auf Maßnahmen, die zum Ausschluss spezifischer Kategorien von Arzneimitteln oder Medizinprodukten aus der Anerkennung der Verschreibungen gemäß dieser Richtlinie führen würden, gemäß Artikel 290 des Vertrags delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(53)

Es ist von besonderer Wichtigkeit , dass die Kommission bei ihren vorbereitenden Arbeiten angemessene Konsultationen – auch auf der Expertenebene – durchführt, wenn ihr die Befugnis übertragen wird, gemäß Artikel 290 des Vertrags delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(54)

Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Union eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.

(55)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat ebenfalls seine Stellungnahme zum Vorschlag für diese Richtlinie abgegeben (12).

(56)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Aufstellung von Regeln zur Erleichterung des Zugangs zu einer sicheren und hochwertigen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in der Union, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Diese Richtlinie enthält Bestimmungen zur Erleichterung des Zugangs zu einer sicheren und hochwertigen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Gesundheitsversorgung, wobei die nationalen Zuständigkeiten bei der Organisation und Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen uneingeschränkt geachtet werden.

(2)   Diese Richtlinie gilt für jegliche Gesundheitsversorgung von Patienten, unabhängig davon, wie diese organisiert, erbracht oder finanziert wird.

(3)   Sie gilt nicht für:

a)

Dienstleistungen im Bereich der Langzeitpflege, deren Ziel darin besteht, Personen zu unterstützen, die auf Hilfe bei routinemäßigen, alltäglichen Verrichtungen angewiesen sind;

b)

die Zuteilung von und den Zugang zu Organen zum Zweck der Organtransplantation;

c)

unbeschadet Kapitel IV, öffentliche Impfprogramme gegen Infektionskrankheiten, die ausschließlich dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dienen und die mit gezielten Planungs- und Durchführungsmaßnahmen verbunden sind.

(4)   Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Organisation und Finanzierung von Gesundheitsversorgung in Fällen, die nicht die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung betreffen, werden von dieser Richtlinie nicht berührt. Insbesondere verpflichtet diese Richtlinie in keiner Weise einen Mitgliedstaat dazu, Kosten für Gesundheitsdienstleistungen, die von in seinem eigenen Hoheitsgebiet ansässigen Gesundheitsdienstleistern erbracht werden, zu erstatten, wenn diese nicht Teil des Sozialversicherungssystems oder des öffentlichen Gesundheitssystems des betreffenden Mitgliedstaats sind.

Artikel 2

Verhältnis zu anderen Unionsvorschriften

Diese Richtlinie lässt unberührt:

a)

Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (13);

b)

Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (14), Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (15) und Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (16);

c)

Richtlinie 95/46/EG sowie Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (17);

d)

Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (18);

e)

Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (19);

f)

Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (20);

g)

Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln (21);

h)

Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (22);

i)

Richtlinie 2002/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen (23);

j)

Verordnung (EG) Nr. 859/2003;

k)

Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (24);

l)

Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (25);

m)

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (26);

n)

Richtlinie 2005/36/EG;

o)

Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) (27);

p)

Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz (28);

q)

Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (29), Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (30) sowie sonstige Unionsvorschriften zum internationalen Privatrecht, insbesondere in Bezug auf die gerichtliche Zuständigkeit und das anwendbare Recht.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„Gesundheitsversorgung“ Gesundheitsdienstleistungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, einschließlich der Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten;

b)

„Versicherter“

i)

Personen einschließlich ihrer Familienangehörigen und Hinterbliebenen, die unter Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 fallen und die im Sinne des Artikels 1 Buchstabe c jener Verordnung Versicherte sind, und

ii)

Staatsangehörige eines Drittlands, die unter die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 fallen oder die die gesetzlichen Voraussetzungen des Versicherungsmitgliedstaats für einen Anspruch auf Leistungen erfüllen;

c)

„Versicherungsmitgliedstaat“

i)

für Personen nach Buchstabe b Ziffer i den Mitgliedstaat, der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 dafür zuständig ist, dem Versicherten eine Vorabgenehmigung für die Inanspruchnahme angemessener Behandlungsleistungen außerhalb seines Wohnsitzmitgliedstaats zu erteilen;

ii)

für Personen nach Buchstabe b Ziffer ii den Mitgliedstaat, der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 859/2003 dafür zuständig ist, dem Versicherten eine Vorabgenehmigung für die Inanspruchnahme angemessener Behandlungsleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erteilen. Ist kein Mitgliedstaat gemäß jener Verordnung hierfür zuständig, so gilt als Versicherungsmitgliedstaat derjenige Mitgliedstaat, in dem der Betreffende versichert ist oder in dem er gemäß den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats einen Anspruch auf Leistungen bei Krankheit hat;

d)

„Behandlungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet Gesundheitsdienstleistungen für den Patienten tatsächlich erbracht werden. Im Fall der Telemedizin gilt die Gesundheitsversorgung als in dem Mitgliedstaat erbracht, in dem der Gesundheitsdienstleister ansässig ist;

e)

„grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung“ die Gesundheitsversorgung, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Versicherungsmitgliedstaat erbracht oder verschrieben wird;

f)

„Angehöriger der Gesundheitsberufe“ einen Arzt, eine Krankenschwester oder einen Krankenpfleger für allgemeine Pflege, einen Zahnarzt, eine Hebamme oder einen Apotheker im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG oder eine andere Fachkraft, die im Gesundheitswesen tätig ist und einem reglementierten Beruf im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG angehört, oder eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats als Angehöriger der Gesundheitsberufe gilt;

g)

„Gesundheitsdienstleister“ jede natürliche oder juristische Person oder sonstige Einrichtung, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats rechtmäßig Gesundheitsdienstleistungen erbringt;

h)

„Patient“ jede natürliche Person, die Gesundheitsdienstleistungen in einem Mitgliedstaat in Anspruch nehmen möchte oder in Anspruch nimmt;

i)

„Arzneimittel“ ein Arzneimittel gemäß der Definition in der Richtlinie 2001/83/EG;

j)

„Medizinprodukt“ ein Medizinprodukt gemäß der Definition in der Richtlinie 90/385/EWG, Richtlinie 93/42/EWG oder Richtlinie 98/79/EG;

k)

„Verschreibung“ die Verschreibung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts durch ein Mitglied eines reglementierten Gesundheitsberufs im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG, das in dem Mitgliedstaat, in dem die Verschreibung erfolgt, hierzu gesetzlich berechtigt ist;

l)

„Gesundheitstechnologie“ ein Arzneimittel, ein Medizinprodukt oder medizinische und chirurgische Verfahren sowie Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten oder in der Gesundheitsversorgung angewandte Diagnose- und Behandlungsverfahren;

m)

„Patientenakte“ sämtliche Unterlagen, die Daten, Bewertungen oder Informationen jeglicher Art über die klinische Situation und Entwicklung eines Patienten im Verlauf des Behandlungsprozesses enthalten.

KAPITEL II

ZUSTÄNDIGKEITEN DER MITGLIEDSTAATEN IN BEZUG AUF DIE GRENZÜBERSCHREITENDE GESUNDHEITSVERSORGUNG

Artikel 4

Zuständigkeiten des Behandlungsmitgliedstaats

(1)   Leistungen der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung werden gemäß den Rechtsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats und den von ihm festgelegten Standards und Leitlinien für Qualität und Sicherheit erbracht.

(2)   Der Behandlungsmitgliedstaat stellt Folgendes sicher:

a)

Patienten erhalten auf Anfrage einschlägige Informationen über die in Absatz 1 erwähnten Standards und Leitlinien; dies schließt Bestimmungen über die Überwachung und Bewertung von Gesundheitsdienstleistern sowie Informationen darüber mit ein, welche Gesundheitsdienstleister diesen Standards und Leitlinien unterliegen;

b)

Gesundheitsdienstleister stellen dem jeweiligen Patienten einschlägige Informationen über die Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit ihrer im Behandlungsmitgliedstaat erbrachten Gesundheitsversorgung, klare Rechnungen und klare Preisinformationen sowie Informationen über ihren Zulassungs- oder Registrierungsstatus, ihren Versicherungsschutz oder andere Formen des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht zur Verfügung. Soweit Gesundheitsdienstleister den im Behandlungsmitgliedstaat ansässigen Patienten bereits einschlägige Informationen hierzu zur Verfügung stellen, sind sie nach dieser Richtlinie nicht verpflichtet, Patienten aus anderen Mitgliedstaaten ausführlichere Informationen zur Verfügung zu stellen;

c)

es bestehen Beschwerdeverfahren und Mechanismen für Patienten, die im Fall einer Schädigung aufgrund der erhaltenen Gesundheitsversorgung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Behandlungsmitgliedstaats Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen wollen;

d)

für Behandlungen im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats bestehen Systeme der Berufshaftpflichtversicherung, eine Garantie oder eine ähnliche Regelung, die im Hinblick auf ihren Zweck gleichwertig oder im Wesentlichen vergleichbar und nach Art und Umfang dem Risiko angemessen ist;

e)

das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre bei der Verarbeitung personenbezogener Daten wird gemäß den nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Unionsvorschriften zum Schutz der personenbezogenen Daten, insbesondere der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG, geschützt;

f)

behandelte Patienten haben Anspruch auf Erstellung einer schriftlichen oder elektronischen Patientenakte über die Behandlung sowie – gemäß den und vorbehaltlich der einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Unionsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, insbesondere der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG – auf Zugang zu mindestens einer Kopie dieser Akte.

(3)   Gegenüber Patienten aus anderen Mitgliedstaaten gilt der Grundsatz der Nichtdiskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit.

Dies gilt unbeschadet der Möglichkeit des Behandlungsmitgliedstaats, sofern dies durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu Behandlungen zu beschließen, um seiner grundlegenden Verantwortung, einen ausreichenden und ständigen Zugang zur Gesundheitsversorgung in seinem Hoheitsgebiet sicherzustellen, gerecht zu werden. Solche Maßnahmen sind auf das notwendige und angemessene Maß zu begrenzen und dürfen kein Mittel willkürlicher Diskriminierung darstellen.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesundheitsdienstleister auf ihrem Hoheitsgebiet für die Behandlung von Patienten aus anderen Mitgliedstaaten die gleiche Gebührenordnung zugrunde legen, wie sie für inländische Patienten in einer vergleichbaren Situation gilt, oder dass die in Rechnung gestellten Gebühren nach objektiven, nichtdiskriminierenden Kriterien berechnet werden, falls keine vergleichbaren Gebührensätze für inländische Patienten existieren.

Dieser Absatz lässt die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften unberührt, wonach Gesundheitsdienstleister ihre Gebühren selbst festsetzen können, sofern Patienten aus anderen Mitgliedstaaten durch die Preisgestaltung nicht diskriminiert werden.

(5)   Diese Richtlinie lässt Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Sprachenregelung unberührt und sieht keinerlei Verpflichtung vor, Informationen in anderen als den Amtssprachen des betreffenden Mitgliedstaats bereitzustellen.

Artikel 5

Zuständigkeiten des Versicherungsmitgliedstaats

Der Versicherungsmitgliedstaat stellt sicher, dass

a)

für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung entstehende Kosten gemäß den Bestimmungen des Kapitels III erstattet werden;

b)

Mechanismen bestehen, um Patienten auf Anfrage Informationen über ihre Rechte und Ansprüche in diesem Mitgliedstaat im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen, insbesondere bezüglich der Verfahren zur Geltendmachung und Festsetzung dieser Ansprüche, der Voraussetzungen für eine Kostenerstattung sowie der Möglichkeiten der Anfechtung und des Rechtsbehelfs, falls die Patienten die Auffassung vertreten, dass ihre Rechte nicht geachtet worden sind;

c)

Patienten, die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen möchten oder in Anspruch nehmen, gemäß den und vorbehaltlich der einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Unionsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, insbesondere der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG, Zugriff auf mindestens eine Kopie ihrer Patientenakte haben.

Artikel 6

Nationale Kontaktstellen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere nationale Kontaktstellen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und teilt der Kommission Namen und Kontaktdaten dieser Kontaktstellen mit.

(2)   Die nationalen Kontaktstellen arbeiten untereinander und mit der Kommission zusammen. Die nationalen Kontaktstellen teilen Patienten auf Anfrage die Kontaktdaten der nationalen Kontaktstellen in anderen Mitgliedstaaten mit.

(3)   Die nationalen Kontaktstellen in den Behandlungsmitgliedstaaten stellen Patienten gemäß den nationalen gesetzlichen Bestimmungen Informationen über die Gesundheitsdienstleister zur Verfügung, einschließlich – auf Anfrage – der Informationen über die Berechtigung eines konkreten Dienstleisters zur Erbringung von Leistungen oder über Beschränkungen seiner Tätigkeit, Informationen nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a sowie Informationen über Patientenrechte, Beschwerdeverfahren und Verfahren zur Einlegung von Rechtsbehelfen.

(4)   Die nationalen Kontaktstellen in den Versicherungsmitgliedstaaten stellen Patienten die in Artikel 5 Buchstabe b genannten Informationen zur Verfügung.

(5)   Die in diesem Artikel genannten Informationen müssen leicht zugänglich sein, unter anderem auch auf elektronischem Wege.

KAPITEL III

ERSTATTUNG VON KOSTEN FÜR GRENZÜBERSCHREITENDE GESUNDHEITSVERSORGUNG

Artikel 7

Allgemeine Grundsätze für die Kostenerstattung

(1)   Der Versicherungsmitgliedstaat stellt vorbehaltlich der Artikel 8 und 9 sicher, dass die Kosten, die einem Versicherten im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung entstanden sind, erstattet werden, sofern die betreffende Gesundheitsdienstleistung zu den Leistungen gehört, auf die der Versicherte im Versicherungsmitgliedstaat Anspruch hat.

(2)   Abweichend von Absatz 1 gilt Folgendes:

a)

Wenn ein Mitgliedstaat in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 aufgeführt ist und gemäß jener Verordnung den Anspruch auf Leistungen bei Krankheit für Rentner und ihre Familienmitglieder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, anerkannt hat und diese Personen sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten, so erbringt er die unter diese Richtlinie fallenden Gesundheitsdienstleistungen gemäß seinen Rechtsvorschriften auf eigene Rechnung, als ob die betreffenden Personen in dem Mitgliedstaat wohnen würden, der in jenem Anhang aufgeführt ist;

b)

wenn für die nach dieser Richtlinie erbrachte Gesundheitsdienstleistung keine vorherige Genehmigung erforderlich ist, wenn sie nicht gemäß Titel III Kapitel 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erbracht wird und wenn sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats erbracht wird, der nach jener Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 letztendlich für die Kostenerstattung zuständig ist, so werden die Kosten von jenem Mitgliedstaat übernommen. Jener Mitgliedstaat kann die Kosten dieser Gesundheitsdienstleistung gemäß den von ihm festgelegten Regeln, Voraussetzungen, Anspruchskriterien und Regelungs- und Verwaltungsformalitäten erstatten, sofern diese mit dem Vertrag vereinbar sind.

(3)   Der Versicherungsmitgliedstaat legt auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene fest, für welche Gesundheitsversorgung und in welcher Höhe ein Versicherter – unabhängig vom Ort der Leistungserbringung – einen Anspruch auf Kostenübernahme hat.

(4)   Der Versicherungsmitgliedstaat erstattet die Kosten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung bis zu den Höchstbeträgen, die er übernommen hätte, wenn die betreffende Gesundheitsdienstleistung in seinem Hoheitsgebiet erbracht worden wäre, wobei die Erstattung die Höhe der tatsächlich durch die Gesundheitsversorgung entstandenen Kosten nicht überschreiten darf.

(5)   Die Mitgliedstaaten können mit dem Vertrag in Einklang stehende Bestimmungen erlassen, durch die sichergestellt werden soll, dass Patienten, die eine grenzüberschreitende Gesundheitsdienstleistung erhalten, die gleichen Rechte haben, auf die sie in einer vergleichbaren Situation in dem Versicherungsmitgliedstaat Anspruch gehabt hätten.

(6)   Für die Zwecke von Absatz 4 verfügen die Mitgliedstaaten über einen Mechanismus zur Berechnung der Kosten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, die dem Versicherten durch den Versicherungsmitgliedstaat zu erstatten sind. Dieser Mechanismus basiert auf vorher bekannten objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien. Er findet auf der entsprechenden Verwaltungsebene in den Fällen Anwendung, in denen im Versicherungsmitgliedstaat ein dezentrales Gesundheitssystem besteht.

(7)   Der Versicherungsmitgliedstaat kann einem Versicherten, der einen Antrag auf Kostenerstattung im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung stellt, wozu auch eine Gesundheitsversorgung mit Mitteln der Telemedizin gehören kann, dieselben – auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene festgelegten – Voraussetzungen, Anspruchskriterien sowie Regelungs- und Verwaltungsformalitäten vorschreiben, die er für die gleiche Gesundheitsversorgung im eigenen Hoheitsgebiet heranziehen würde. Hierzu kann auch ein Gutachten eines Angehörigen der Gesundheitsberufe oder einer Verwaltungsstelle im Gesundheitswesen, die Leistungen für die gesetzliche Sozialversicherung oder das nationale Gesundheitssystem des Versicherungsmitgliedstaats erbringt, zählen, beispielsweise des Allgemeinmediziners oder Hausarztes, bei dem der Patient registriert ist, sofern dies für die Feststellung des individuellen Leistungsanspruchs des Patienten erforderlich ist. Die nach diesem Absatz geltend gemachten Voraussetzungen, Anspruchskriterien sowie Regelungs- und Verwaltungsformalitäten dürfen jedoch weder diskriminierend sein noch ein ungerechtfertigtes Hindernis für die Freizügigkeit von Personen oder den freien Verkehr von Waren oder Dienstleistungen darstellen.

(8)   Der Versicherungsmitgliedstaat macht die Erstattung von Kosten für grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung mit Ausnahme der in Artikel 8 genannten Fälle nicht von einer Vorabgenehmigung abhängig.

(9)   Der Versicherungsmitgliedstaat kann die Anwendung der Vorschriften für die Kostenerstattung bei grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung nach diesem Artikel beschränken

a)

aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, wie der Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit oder zwecks Aufrechterhaltung einer ausgewogenen, allen zugänglichen klinischen Versorgung, und

b)

auf Dienstleister, die einem System der Berufshaftpflichtversicherung, einer Garantie oder einer vergleichbaren Einrichtung des Behandlungsmitgliedstaats gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d angeschlossen sind.

(10)   Die Entscheidung, die Anwendung des vorliegenden Artikels gemäß Absatz 9 Buchstaben a und b einzuschränken, muss sich auf das beschränken, was notwendig und angemessen ist, und darf keine Form der willkürlichen Diskriminierung und kein ungerechtfertigtes Hindernis für die Freizügigkeit von Personen oder den freien Verkehr von Waren oder Dienstleistungen darstellen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission jede Entscheidung mit, durch die die Erstattung von Kosten aus den in Absatz 9 Buchstabe a genannten Gründen beschränkt wird.

Artikel 8

Gesundheitsversorgung, die einer Vorabgenehmigung unterliegen kann

(1)   Der Versicherungsmitgliedstaat kann die Kostenerstattung für eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung gemäß dem vorliegenden Artikel und Artikel 9 von einer Vorabgenehmigung abhängig machen.

(2)   Gesundheitsversorgung, die von einer Vorabgenehmigung abhängig gemacht werden kann, ist auf die Fälle von Gesundheitsversorgung beschränkt,

a)

die insofern geplant sind, als sie eine Krankenhausübernachtung des Patienten für mindestens eine Nacht vorsehen;

b)

die insofern geplant sind, als sie den Einsatz einer hoch spezialisierten und kostenintensiven medizinischen Infrastruktur oder medizinischen Ausrüstung erfordern; oder

c)

die Behandlungen mit einem besonderen Risiko für den Patienten oder die Bevölkerung einschließen oder die zu ernsthaften und spezifischen Bedenken hinsichtlich der Qualität oder Sicherheit der Versorgung Anlass geben könnten, mit Ausnahme der Gesundheitsversorgung, die dem Unionsrecht über die Gewährleistung eines Mindestsicherheitsniveaus und einer Mindestqualität in der ganzen Union unterliegt.

(3)   Das System der Vorabgenehmigung, einschließlich der Kriterien, nach denen Patienten eine Vorabgenehmigung verweigert werden kann, bleibt auf das notwendige und angemessene Maß begrenzt und darf kein Mittel willkürlicher Diskriminierung darstellen.

(4)   Stellt ein Patient einen Antrag auf Vorabgenehmigung, so prüft der Versicherungsmitgliedstaat, ob die Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erfüllt sind. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wird die Vorabgenehmigung gemäß der genannten Verordnung erteilt, es sei denn, der Patient wünscht etwas anderes.

(5)   Der Versicherungsmitgliedstaat darf eine Vorabgenehmigung unter anderem aus folgenden Gründen verweigern:

a)

der Patient hat gemäß Artikel 7 keinen Anspruch auf die betreffende Gesundheitsversorgung;

b)

die betreffende Gesundheitsversorgung kann auf seinem Hoheitsgebiet innerhalb eines – unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Gesundheitszustandes und des voraussichtlichen Krankheitsverlaufs des Patienten – medizinisch vertretbaren Zeitraums geleistet werden;

c)

der Patient wird gemäß einer klinischen Bewertung mit hinreichender Sicherheit einem nicht als annehmbar angesehenen Patientensicherheitsrisiko ausgesetzt, wobei der potenzielle Nutzen der gewünschten grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung für den Patienten berücksichtigt wird;

d)

die Öffentlichkeit wird mit hinreichender Sicherheit einem erheblichen Sicherheitsrisiko infolge der betreffenden grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ausgesetzt;

e)

diese Gesundheitsversorgung soll von einem Gesundheitsdienstleister erbracht werden, der zu ernsthaften und spezifischen Bedenken in Bezug auf die Einhaltung der Qualitätsstandards und -leitlinien für die Versorgung und die Patientensicherheit Anlass gibt, einschließlich der Bestimmungen über die Überwachung, ungeachtet der Tatsache, ob diese Standards und Leitlinien in Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder durch vom Behandlungsmitgliedstaat eingerichtete Akkreditierungssysteme festgelegt sind.

(6)   Der Versicherungsmitgliedstaat macht öffentlich zugänglich, welche Gesundheitsdienstleistungen einer Vorabgenehmigung im Sinne dieser Richtlinie unterliegen, und stellt der Öffentlichkeit alle relevanten Informationen über das System der Vorabgenehmigung zur Verfügung.

Artikel 9

Verwaltungsverfahren bezüglich der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

(1)   Der Versicherungsmitgliedstaat stellt sicher, dass Verwaltungsverfahren für die Inanspruchnahme von grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen und für die Kostenerstattung für eine in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommene Gesundheitsversorgung auf objektiven, nichtdiskriminierenden Kriterien basieren, die der Öffentlichkeit vorab zur Verfügung gestellt werden und die notwendig und dem angestrebten Ziel angemessen sind.

(2)   Jedes in Absatz 1 genannte Verfahren muss leicht zugänglich sein und sicherstellen können, dass Anträge objektiv und unparteiisch innerhalb von angemessenen Fristen bearbeitet werden, die von jedem Mitgliedstaat vorab festgelegt und veröffentlicht werden. Dringlichkeit und Besonderheiten des Einzelfalls werden bei der Bearbeitung der betreffenden Anträge berücksichtigt.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verwaltungsentscheidungen bezüglich der Inanspruchnahme einer grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und der Kostenerstattung für eine in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommene Gesundheitsversorgung einer Überprüfung auf dem Verwaltungsweg unterliegen und auch vor Gericht angefochten werden können, einschließlich der Möglichkeit einstweiliger Maßnahmen.

KAPITEL IV

ZUSAMMENARBEIT BEI DER GESUNDHEITSVERSORGUNG

Artikel 10

Amtshilfe und Zusammenarbeit

(1)   Die Mitgliedstaaten leisten die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderliche Amtshilfe, zu der unter anderem der Austausch von Informationen über Standards und Leitlinien für Qualität und Sicherheit, einschließlich der Bestimmungen über die Überwachung, gehört, um die Umsetzung des Artikels 7 Absatz 9 zu erleichtern; dies schließt Amtshilfe zur Klärung der Angaben in Rechnungen ein.

(2)   Die Mitgliedstaaten erleichtern die Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung auf regionaler und lokaler Ebene.

Artikel 11

Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Verschreibungen

(1)   Ist ein Arzneimittel zum Inverkehrbringen im Gebiet von Mitgliedstaaten genehmigt, so stellen diese sicher, dass Verschreibungen für das betreffende Arzneimittel aus einem anderen Mitgliedstaat für einen namentlich genannten Patienten in ihrem Hoheitsgebiet gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften eingelöst werden können und Einschränkungen bezüglich persönlicher Verschreibungen nur zulässig sind, wenn solche Einschränkungen

a)

auf das für den Schutz der menschlichen Gesundheit notwendige und angemessene Maß begrenzt und nicht diskriminierend sind; oder

b)

sich auf legitime und begründete Zweifel an Echtheit, Inhalt oder Verständlichkeit einer solchen Verschreibung stützen.

Die Anerkennung von Verschreibungen berührt weder die einzelstaatlichen Regelungen über die Abgabe von Arzneimitteln, sofern diese mit Unionsrecht vereinbar sind, noch die Regelungen über die Substitution durch Generika oder andere Substitutionen. Die Anerkennung von Verschreibungen berührt nicht die Regelungen über die Kostenerstattung für Arzneimittel. Die Kostenerstattung für Arzneimittel fällt unter Kapitel III dieser Richtlinie.

Dieser Absatz gilt auch für Medizinprodukte, die in dem betreffenden Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden.

(2)   Zur Erleichterung der Durchführung des Absatzes 1 erlässt die Kommission:

a)

spätestens bis zum … (31) Maßnahmen, die es den Angehörigen der Gesundheitsberufe erlauben, die Authentizität der Verschreibung zu verifizieren und zu prüfen, ob die Verschreibung in einem anderen Mitgliedstaat von einem Angehörigen eines reglementierten Gesundheitsberufs, der hierzu autorisiert ist, ausgestellt wurde; dazu erstellt sie ein nicht erschöpfendes Verzeichnis der Elemente, die Verschreibungen enthalten müssen;

b)

Leitlinien zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Entwicklung der Interoperabilität elektronischer Verschreibungen;

c)

spätestens bis zum … (31) Maßnahmen, die auf die korrekte Identifizierung von in einem Mitgliedstaat verschriebenen und in einem anderen Mitgliedstaat abgegebenen Arzneimitteln oder Medizinprodukten abzielen; hierzu gehören auch Maßnahmen betreffend Anliegen der Patientensicherheit im Zusammenhang mit der Substitution bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, wenn nach den Rechtsvorschriften des abgebenden Mitgliedstaats eine solche Substitution zulässig ist. Die Kommission zieht unter anderem die Verwendung des internationalen Freinamens (INN) und die Dosierung von Arzneimitteln in Betracht;

d)

spätestens bis zum … (31) Maßnahmen, die darauf abzielen, die Verständlichkeit von Informationen für den Patienten bezüglich der Verschreibung und der darin enthaltenen Anweisungen für den Gebrauch der Arzneimittel oder Medizinprodukte zu erleichtern.

(3)   Die in Absatz 2 Buchstaben a bis d genannten Maßnahmen und Leitlinien werden nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren erlassen.

(4)   Beim Erlass der Maßnahmen und Leitlinien gemäß Absatz 2 berücksichtigt die Kommission die Verhältnismäßigkeit der Kosten für die Einhaltung sowie die erwarteten Vorteile der Maßnahmen oder Leitlinien.

(5)   Für die Zwecke von Absatz 1 erlässt die Kommission ferner durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 16 und unter den in den Artikeln 17 und 18 genannten Bedingungen spätestens bis zum … (31) Maßnahmen zum Ausschluss spezifischer Kategorien von Arzneimitteln oder Medizinprodukten aus der Anerkennung der Verschreibungen gemäß dem vorliegendem Artikel, soweit dies zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist.

(6)   Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Arzneimittel, die einer besonderen ärztlichen Verordnung im Sinne von Artikel 71 Absatz 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.

Artikel 12

Europäische Referenznetzwerke

(1)   Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten beim Aufbau Europäischer Referenznetzwerke zwischen Gesundheitsdienstleistern und Fachzentren in den Mitgliedstaaten. Die Netzwerke beruhen auf der freiwilligen Teilnahme ihrer Mitglieder, die gemäß den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Mitglieder niedergelassen sind, an den Tätigkeiten der Netzwerke teilnehmen und zu diesen Tätigkeiten beitragen.

(2)   Ziel der Europäischen Referenznetzwerke ist es, dabei mitzuhelfen,

a)

das Potenzial der europäischen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit hoch spezialisierter Gesundheitsversorgung von Patienten sowie für die Gesundheitssysteme durch Nutzung von Innovationen in Medizinwissenschaft und -technik zu verwirklichen;

b)

Verbesserungen bei der Diagnose und bei der Bereitstellung einer hochwertigen und kostengünstigen Gesundheitsversorgung für alle Patienten mit Gesundheitsproblemen, die eine besondere Konzentration von Fachwissen erfordern, zu erleichtern;

c)

die kostengünstige Nutzung der Ressourcen zu maximieren;

d)

Forschung und epidemiologische Überwachung, etwa durch Register, zu verstärken und Fortbildung für Angehörige der Gesundheitsberufe bereitzustellen;

e)

die virtuelle oder physische Verbreitung von Fachwissen zu erleichtern und Informationen, Wissen und bewährte Verfahren innerhalb und außerhalb der Referenznetzwerke zu erarbeiten, zu teilen und zu verbreiten;

f)

in Mitgliedstaaten mit einer unzureichenden Zahl an Patienten, die an einem spezifischen Gesundheitsproblem leiden, oder mit mangelnden technologischen oder fachlichen Grundlagen hoch spezialisierte Dienstleistungen anzubieten.

(3)   Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, den Aufbau Europäischer Referenznetzwerke dadurch zu erleichtern, dass sie

a)

in ihrem Hoheitsgebiet geeignete Gesundheitsdienstleister und Fachzentren ermitteln;

b)

die Teilnahme von Gesundheitsdienstleistern und Fachzentren an den Europäischen Referenznetzwerken fördern.

(4)   Für die Zwecke von Absatz 1 wird die Kommission

a)

Kriterien und Bedingungen ausarbeiten und veröffentlichen, die die Europäischen Referenznetzwerke erfüllen müssen, um Unterstützung von der Kommission zu erhalten;

b)

Kriterien zur Bewertung der Europäischen Referenznetzwerke ausarbeiten und veröffentlichen;

c)

den Austausch von Informationen und Fachwissen in Bezug auf den Aufbau und die Bewertung der Europäischen Referenznetzwerke erleichtern.

(5)   Die Kriterien und Bedingungen gemäß Absatz 4 werden nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren festgelegt.

(6)   Mit den gemäß dem vorliegenden Artikel erlassenen Maßnahmen werden keine Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten harmonisiert, und die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung wird in vollem Umfang gewahrt.

Artikel 13

Elektronische Gesundheitsdienste

(1)   Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten dabei, dass die europäischen elektronischen Gesundheitssysteme und -dienste und interoperablen Anwendungen zu einem nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen führen, so dass ein hohes Niveau an Vertrauen und Sicherheit erzielt wird, die Kontinuität der Behandlung gefördert wird und der Zugang zu einer sicheren und hochwertigen Gesundheitsversorgung sichergestellt ist.

(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 und unter gebührender Berücksichtigung der Datenschutzgrundsätze insbesondere nach den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG

a)

erarbeitet die Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien zu

i)

einer nicht erschöpfenden Liste mit Angaben, die in Patientenakten aufzunehmen sind und von Angehörigen der Gesundheitsberufe gemeinsam genutzt werden können, um die Kontinuität der Behandlung und der Patientensicherheit grenzüberschreitend zu ermöglichen; und

ii)

wirksamen Verfahren, um die Nutzung medizinischer Informationen für die öffentliche Gesundheit und Forschung zu ermöglichen;

b)

unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung gemeinsamer Identifizierungs- und Authentifizierungsmaßnahmen, um die Übertragbarkeit von Daten in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung zu erleichtern.

Artikel 14

Zusammenarbeit bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien

(1)   Die Union unterstützt und erleichtert die Zusammenarbeit und den Austausch wissenschaftlicher Informationen zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen eines freiwilligen Netzwerks, das die von den Mitgliedstaaten benannten, für die Bewertung von Gesundheitstechnologien zuständigen nationalen Behörden oder anderen Stellen verbindet. Die Mitglieder des Netzwerks nehmen gemäß den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind, an den Tätigkeiten des Netzwerks teil und tragen zu diesen Tätigkeiten bei.

(2)   Ziele der Unterstützung der Union gemäß Absatz 1 sind

a)

die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihrer Zusammenarbeit durch die nationalen Behörden bzw. anderen Stellen gemäß Absatz 1; und

b)

die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung objektiver, zuverlässiger, rechtzeitiger, transparenter und übertragbarer wissenschaftlicher Informationen über die kurz- und langfristige Wirksamkeit von Gesundheitstechnologien und die Schaffung der Voraussetzungen für einen effizienten Austausch dieser Informationen zwischen den nationalen Behörden bzw. anderen Stellen.

(3)   Zur Erreichung der Ziele nach Absatz 2 kann das Netzwerk für die Bewertung von Gesundheitstechnologien eine Beihilfe der Union erhalten. Diese Beihilfe kann für folgende Zwecke gewährt werden:

a)

Beitrag zur Finanzierung der administrativen und technischen Unterstützung;

b)

Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung und dem Austausch von Methoden für die Bewertung von Gesundheitstechnologien, einschließlich der Beurteilung der relativen Wirksamkeit;

c)

Beitrag zur Finanzierung der Bereitstellung übertragbarer wissenschaftlicher Informationen zur Verwendung im Rahmen der nationalen Berichterstattung und der Fallstudien, die vom Netzwerk in Auftrag gegeben werden;

d)

Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen dem Netzwerk und anderen einschlägigen Organen und Einrichtungen der Union;

e)

Erleichterung der Konsultation von Akteuren zur Arbeit des Netzwerks.

(4)   Die Kriterien für die Gewährung der Beihilfe, etwaige Auflagen sowie die Höhe der Finanzhilfe werden nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren festgelegt. Die Beihilfe der Union können nur diejenigen an dem Netzwerk beteiligten Behörden oder anderen Stellen erhalten, die von den teilnehmenden Mitgliedstaaten als Begünstigte benannt wurden.

(5)   Die erforderlichen Mittel für die Maßnahmen dieses Artikels werden im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens festgesetzt.

(6)   Die gemäß dem vorliegenden Artikel erlassenen Maßnahmen berühren nicht die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für Entscheidungen über die Umsetzung der Schlussfolgerungen aus der Bewertung von Gesundheitstechnologien; ferner werden mit diesen Maßnahmen keine Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten harmonisiert; die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung wird in vollem Umfang gewahrt.

KAPITEL V

DURCHFÜHRUNGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 15

Ausschuss

(1)   Die Kommission wird unterstützt von einem Ausschuss unter Vorsitz der Kommission, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.

Artikel 16

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass der in Artikel 11 Absatz 5 genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem … (32) übertragen. Die Kommission legt spätestens sechs Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die übertragenen Befugnisse vor. Die Befugnisübertragung verlängert sich automatisch um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widerrufen sie gemäß Artikel 17.

(2)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(3)   Die der Kommission übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte unterliegt den in den Artikeln 17 und 18 genannten Bedingungen.

Artikel 17

Widerruf der Befugnisübertragung

(1)   Die in Artikel 11 Absatz 5 genannte Befugnisübertragung kann jederzeit vom Europäischen Parlament oder vom Rat widerrufen werden.

(2)   Das Organ, das ein internes Verfahren eingeleitet hat, um zu beschließen, ob die Befugnisübertragung widerrufen werden soll, bemüht sich, das andere Organ und die Kommission innerhalb einer angemessenen Frist vor der endgültigen Beschlussfassung zu unterrichten, unter Nennung der übertragenen Befugnisse, die widerrufen werden könnten, sowie möglicher Gründe für einen Widerruf.

(3)   Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnisse. Der Beschluss wird sofort oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird davon nicht berührt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 18

Einwände gegen delegierte Rechtsakte

(1)   Das Europäische Parlament oder der Rat können gegen einen delegierten Rechtsakt innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem Datum der Übermittlung Einwände erheben.

Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

(2)   Haben bis zum Ablauf dieser Frist weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erhoben, so wird dieser im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt zu dem darin genannten Zeitpunkt in Kraft.

Der delegierte Rechtsakt kann vor Ablauf dieser Frist im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie nicht die Absicht haben, Einwände zu erheben.

(3)   Erheben das Europäische Parlament oder der Rat Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt, so tritt dieser nicht in Kraft. Das Organ, das Einwände erhebt, gibt die Gründe für seine Einwände gegen den delegierten Rechtsakt an.

Artikel 19

Berichte

(1)   Die Kommission erstellt bis zum … (33) und anschließend alle drei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und legt diesen dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.

(2)   Der Bericht enthält insbesondere Informationen über Patientenflüsse, die finanziellen Aspekte der Patientenmobilität, die Durchführung von Artikel 7 Absatz 9 und das Funktionieren der Europäischen Referenznetzwerke und der nationalen Kontaktstellen. Hierzu bewertet die Kommission die in den Mitgliedstaaten gewählten Systeme und Verfahren anhand der Anforderungen dieser Richtlinie und der sonstigen Unionsvorschriften zur Patientenmobilität.

Die Mitgliedstaaten gewähren der Kommission Unterstützung und übermitteln ihr alle verfügbaren Informationen, die der Durchführung der Bewertung und der Vorbereitung der Berichte dienlich sind.

(3)   In den Fällen, die unter die Artikel 20 Absatz 4 und 27 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 fallen, wenden sich die Mitgliedstaaten und die Kommission wegen der finanziellen Folgen der Anwendung dieser Richtlinie für die Mitgliedstaaten, die sich für eine Erstattung auf der Grundlage von Pauschalbeträgen entschieden haben, an die nach Artikel 71 der genannten Verordnung eingerichtete Verwaltungskommission.

Die Kommission überwacht die Auswirkungen von Artikel 3 Buchstabe c Ziffer i dieser Richtlinie und erstattet regelmäßig hierüber Bericht. Ein erster Bericht wird bis zum … (34) vorgelegt. Auf der Grundlage dieser Berichte unterbreitet die Kommission gegebenenfalls Vorschläge, um etwaige Unverhältnismäßigkeiten abzumildern.

Artikel 20

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am … (35) nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 21

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 22

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu … am …

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 175 vom 28.7.2009, S. 116.

(2)  ABl. C 120 vom 28.5.2009, S. 65.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. April 2009 (ABl. C 184 E vom 8.7.2010, S. 368), Standpunkt des Rates vom 13. September 2010, Standpunkt des Europäischen Parlaments vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom … .

(4)  ABl. C 146 vom 22.6.2006, S. 1.

(5)  ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36.

(6)  ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1.

(7)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(8)  ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 2.

(9)  ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 1.

(10)  ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

(11)  ABl. L 184, 17.7.1999, S. 23.

(12)  ABl. C 128 vom 6.6.2009, S. 20.

(13)  ABl. L 40 vom 11.2.1989, S. 8.

(14)  ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17.

(15)  ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1.

(16)  ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1.

(17)  ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.

(18)  ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1.

(19)  ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.

(20)  ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

(21)  ABl. L 121 vom 1.5.2001, S. 34.

(22)  ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67.

(23)  ABl. L 33 vom 8.2.2003, S. 30.

(24)  ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 48.

(25)  ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1.

(26)  ABl. L 284 vom 30.10.2009, S.1.

(27)  ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 19.

(28)  ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 70.

(29)  ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6.

(30)  ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40.

(31)  18 Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einfügen.

(32)  Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie einfügen.

(33)  Fünf Jahre nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie.

(34)  Zwei Jahre nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie.

(35)  Drei Jahre nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie.


BEGRÜNDUNG DES RATES

I.   EINLEITUNG

Die Europäische Kommission hat am 2. Juli 2008 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (1) vorgelegt. Dieser Vorschlag stützt sich auf Artikel 95 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Das EP hat seine Stellungnahme in erster Lesung (2) am 23. April 2009 abgegeben und dabei 122 Abänderungen an dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag angenommen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen haben ihre Stellungnahmen am 4. Dezember 2008 (3) bzw. am 12. Februar 2009 (4) abgegeben. Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) hat am 2. Dezember 2008 Stellung genommen (5).

Der Rat hat am 13. September 2010 gemäß Artikel 294 des Vertrags mit qualifizierter Mehrheit seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt.

II.   ZIEL

Mit der Richtlinie soll ein EU-Rahmen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung innerhalb der EU geschaffen werden, wobei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation und die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen in vollem Umfang geachtet wird. Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag gliederte sich in die drei folgenden Hauptbereiche:

—   gemeinsame Grundsätze in allen EU-Gesundheitssystemen: Festlegung, welcher Mitgliedstaat für die Einhaltung der gemeinsamen Grundsätze der Gesundheitsversorgung, zu denen sich der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 1./2. Juni 2006 zum Thema „Gemeinsame Werte und Prinzipien in den EU-Gesundheitssystemen“ (6) bekannt hat, verantwortlich ist und worin diese Verantwortung im Einzelnen besteht, damit Klarheit und Vertrauen herrschen, wenn es darum geht, welche Behörden die Standards der Gesundheitsversorgung festlegen und überwachen;

—   ein spezifischer Rahmen für grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung: Die Richtlinie sollte aufbauend auf der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU klarstellen, welche Ansprüche auf Gesundheitsversorgung Patienten in einem anderen Mitgliedstaat haben, einschließlich der Einschränkungen, welche die Mitgliedstaaten für diese Versorgung festlegen können, und der Höhe der Kostenerstattung; dabei soll für die Kostenerstattung grundsätzlich gelten, dass die Patienten höchstens den Betrag erstattet bekommen können, der für die entsprechende Behandlung in ihrem eigenen Land erstattet würde.

—   EU-weite Zusammenarbeit bei der Gesundheitsversorgung: Mit der vorgeschlagenen Richtlinie würde ein Rahmen für die EU-weite Zusammenarbeit in Bereichen wie europäische Referenznetze, Gesundheitstechnologiefolgenabschätzung, elektronische Gesundheitsdienste, Datenerhebung, Qualität und Sicherheit festgelegt, damit das Potenzial einer solchen Zusammenarbeit wirkungsvoll und nachhaltig genutzt werden kann.

III.   ANALYSE DES STANDPUNKTS DES RATES IN ERSTER LESUNG

a)   Allgemeines

Der Rat hat die Abänderungen 23, 34, 39, 40, 41, 44, 46, 47, 54, 56, 58, 61, 84, 95, 96 und 98 vollständig und die Abänderungen 14, 17 und 65 größtenteils übernommen.

Die nachstehenden Abänderungen wurden teilweise akzeptiert: 20 (dezentrale Gesundheits- und Sozialversicherungssysteme); 22 (Zugang zu Arzneimitteln oder Medizinprodukten im Behandlungsmitgliedstaat); 30 (Streichung der Bezugnahme auf die Nutzung des Potenzials des Binnenmarktes für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung); 32 (betreffend den Verkauf von Arzneimitteln und Medizinprodukten über das Internet); 45 (mit Ausnahme des Teils, der die Vorbeugung betrifft); 48 (mit Ausnahme des Ausdrucks „medical practitioner“); 51 (mit Ausnahme der privaten Krankenversicherung); 71 (Zugriff der Patienten auf ihre Patientenakte); 97 (Angaben über das Bestehen der nationalen Kontaktstellen); 101 und 144 (nationale Regelungen über die Abgabe, Ersetzung und Erstattung von Arzneimitteln) sowie 109 (Datenschutz).

Der Rat hat die Richtlinie mit einer doppelten Rechtsgrundlage versehen (Artikel 114 und 168 des Vertrags); die Kommission hat dem zugestimmt.

b)   Gegenstand und Geltungsbereich (Artikel 1)

Was das Ziel der Richtlinie angeht, so teilt der Rat die Ansicht des EP, dass die Richtlinie einerseits Vorschriften umfassen sollte, die den Zugang zu einer sicheren und hochwertigen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung erleichtern und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördern, andererseits aber die nationalen Zuständigkeiten für die Organisation und Bereitstellung der Gesundheitsdienstleistungen uneingeschränkt zu achten sind; er hat daher die Abänderung 37 teilweise übernommen.

Nach Auffassung des Rates deckt Artikel 2 Absatz 1 alle unterschiedlichen Arten von Gesundheitssystemen in den Mitgliedstaaten ab; deshalb ist die Formulierung „ob sie öffentlich oder privat erfolgt“ überflüssig und irreführend.

Wie das EP ist auch der Rat der Meinung, dass die Langzeitpflege vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden muss, und hat sich deshalb dem EP (Abänderungen 7 und 38) angeschlossen; allerdings will er bei Organtransplantationen lediglich den Zugang zu und die Zuteilung von Organen ausnehmen (Abänderungen 8 und 38). Der Rat hat überdies öffentliche Impfprogramme gegen Infektionskrankheiten ausgeschlossen.

Die Definition des Begriffs „Gesundheitsversorgung“ entspricht den Abänderungen 46 und 96 und umfasst sowohl Gesundheitsdienstleistungen, die erbracht (Behandlungen) oder verschrieben (Arzneimittel und/oder Medizinprodukte) werden, wobei jedoch der Hinweis auf die Mobilität der Gesundheitsdienstleister fallengelassen wurde. Der Rat hat zudem Abänderung 9 großenteils akzeptiert und die Bezugnahme auf die verschiedenen Arten von Gesundheitsdienstleistungen gestrichen.

c)   Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit  (7)

Der Rat schließt sich der Auffassung des EP an, dass die Richtlinie den in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (im Folgenden „Verordnung“ genannt) festgelegten geltenden Rahmen für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nicht berühren sollte. Dieser Rahmen gestattet es den Mitgliedstaaten, Patienten zur Behandlung ins Ausland zu verweisen, wenn die Behandlung im Inland nicht zur Verfügung steht. Er vertritt den Standpunkt, dass in den Fällen, in denen die Bedingungen der Verordnung erfüllt sind, eine Vorabgenehmigung auf Grundlage dieser Verordnung erteilt werden muss, da dies in der Mehrzahl der Fälle für den Patienten vorteilhafter ist. Dies entspricht dem Sinn und den wichtigsten Teilen der Abänderungen 38, 66, 82, 117 und 128. Der Patient kann dennoch jederzeit verlangen, dass er eine Gesundheitsversorgung auf Grundlage der Richtlinie erhält.

d)   Behandlungsmitgliedstaat (Artikel 4)

Der Rat hat alle Zuständigkeiten des Behandlungsmitgliedstaats in einem einzigen Artikel zusammengefasst. Die Hauptzuständigkeiten des Behandlungsmitgliedstaats decken sich mit denen, die das EP in seinen Abänderungen 59 und 140 gefordert hat. Der Rat ist zwar auch der Ansicht, dass Patienten aus anderen Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden dürfen, räumt dem Behandlungsmitgliedstaat, sofern es durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, jedoch die Möglichkeit ein, Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu Behandlungen zu beschließen, damit dieser seiner Verpflichtung, für einen ausreichenden und ständigen Zugang seiner eigenen Versicherten zur Gesundheitsversorgung in seinem Hoheitsgebiet zu sorgen, nachkommen kann.

Der Rat hat Abänderung 15, wonach es Beschwerdesysteme und Mechanismen für die Patienten geben muss, die im Fall einer Schädigung aufgrund der erhaltenen Gesundheitsversorgung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Behandlungsmitgliedstaats Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen wollen, sinngemäß übernommen. Zudem hat er zusätzliche Garantien für die Patienten aufgenommen (beispielsweise die Garantie, dass Gesundheitsdienstleister für die Behandlung von Patienten aus anderen Mitgliedstaaten die gleiche Gebührenordnung zugrunde legen).

e)   Versicherungsmitgliedstaat (Artikel 5)

Was die Erstattung der bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung entstehenden Kosten betrifft, so müsste der Versicherungsmitgliedstaat grundsätzlich über einen Mechanismus zur Berechnung dieser Kosten verfügen. Er kann auch ein System der Vorabgenehmigung einführen, das auf nicht diskriminierenden Kriterien beruht, sich auf das notwendige und angemessene Maß beschränkt und auf der entsprechenden Verwaltungsebene Anwendung findet. Dies deckt sich mit dem, was das EP in den Abänderungen 63, 70, 79 und 88 vorgeschlagen hat. Diese Kriterien stellen sicher, dass für Versicherte, die sich im Ausland behandeln lassen wollen, dieselben Bedingungen, Anspruchskriterien und Regelungs- und Verwaltungsverfahren (Gatekeeper) gelten wie für Patienten, die in ihrem Versicherungsmitgliedstaat bleiben. Dieses Konzept deckt sich mit Abänderung 69.

Nach dem Standpunkt des Rates müsste der Versicherungsmitgliedstaat sicherstellen, dass es Möglichkeiten der Anfechtung und des Rechtsbehelfs gibt, falls der Patient die Auffassung vertritt, dass seine Rechte nicht geachtet worden sind. Damit wird der Abänderung 81 entsprochen.

f)   Vorabgenehmigung (Artikel 7 Absatz 8 und Artikel 8)

Der Rat ist einverstanden mit dem allgemeinen Grundsatz, dass die Erstattung der Kosten für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung nicht von einer Vorabgenehmigung abhängig gemacht werden darf (Abänderung 73). Das System der Vorabgenehmigung, das der Versicherungsmitgliedstaat nach der Richtlinie – als Ausnahme von dem vorgenannten Grundsatz – einführen kann, muss auf klaren und transparenten Kriterien beruhen und sollte nicht zu unge-rechtfertigen Hindernissen für die Freizügigkeit von Personen führen; damit wurde im Wesentlichen den Abänderungen 77, 149 und 157 entsprochen.

Der Versicherungsmitgliedstaat kann die Anwendung der Vorschriften für die Erstattung der Kosten für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses begrenzen oder auf solche Dienstleister beschränken, die einem System der Berufshaftpflichtversicherung im Behandlungsmitgliedstaat angeschlossen sind. In dieser Hinsicht hat der Rat ein anderes Konzept gewählt als das EP in Abänderung 76.

Die Grundsätze für das Verfahren zur Erteilung einer Vorabgenehmigung werden im Standpunkt des Rates im Einzelnen beschrieben und umfassen die Verpflichtung, im Falle der Ablehnung Gründe anzugeben, beispielsweise dass die Gesundheitsversorgung von einem Gesundheitsdienstleister erbracht wird, der zu ernsthaften und konkreten Bedenken in Bezug auf die Einhaltung der Qualitäts- und Sicherheitsstandards und -leitlinien Anlass gibt. In Artikel 8 des Standpunkts des Rates geht es um die Bedeutung der Transparenz im Rahmen des Funktionierens des Systems der Vorabgenehmigung im Einklang mit Abänderung 25. Der Rat hat zudem eingefügt, dass die Dringlichkeit und Besonderheiten des Einzelfalls zu den Aspekten zählen, die bei Verwaltungsentscheidungen über die Vorabgenehmigung zu prüfen sind, und damit die Abänderungen 87 und 145 sinngemäß berücksichtigt.

Der Rat hat die Gesundheitsversorgung, die von einer Vorabgenehmigung abhängig gemacht werden darf, auf die Gesundheitsversorgung beschränkt, die das EP in seiner Abänderung 75 als „Krankenhausbehandlung“ definiert hat, und sich bei seinem Ansatz auf die sie rechtfertigenden Faktoren konzentriert (Artikel 8 Absatz 2). Der Rat schließt sich der Auffassung des EP an, dass es keine gemeinsame EU-Liste von Gesundheitsdienstleistungen geben sollte, sondern dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, eine solche Liste festzulegen.

g)   Im Ausland lebende Rentner (Artikel 7 Absatz 2)

Wenn Rentner und ihre Familienangehörigen, deren Versicherungsmitgliedstaat in Anhang IV der Verordnung aufgeführt ist, in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, so muss dieser Versicherungsmitgliedstaat auf eigene Rechnung die Gesundheitsversorgung dieser Personen erbringen, sobald sie sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten.

Wenn für die nach dieser Richtlinie erbrachte Gesundheitsdienstleistung keine vorherige Genehmigung erforderlich ist, wenn sie nicht gemäß Titel III Kapitel 1 der Verordnung erbracht wird und wenn sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats erbracht wird, der nach der Verordnung letztlich für die Kostenerstattung zuständig ist, so sollten die Kosten von diesem Mitgliedstaat übernommen werden.

h)   Direktzahlung und Konzept der Vorabbenachrichtigung und der Belege

Der Rat lehnt die Abänderungen 78 und 86 ab, da sie aus seiner Sicht gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Mitgliedstaaten für die Organisation ihrer Gesundheitssysteme zuständig sind, insbesondere wenn es um die Regelung der Vorauszahlungen geht. Er ist der Auffassung, dass Abänderung 91 in der Praxis nicht durchführbar ist, da im Voraus nicht abzusehen ist, welche Gesundheitsversorgung der Patient im Ausland erhalten wird und wie hoch die Kosten sein werden.

i)   Gleichbehandlung der Patienten und Ausdehnung der Erstattungsansprüche

Der Rat hat die Abänderungen 19, 21, 66, 68 und 83 nicht übernommen, um nicht gegen den Grundsatz zu verstoßen, dass alle Versicherten ein und desselben Versicherungsmitgliedstaats unabhängig vom Behandlungsmitgliedstaat gleich behandelt werden müssen. Die ausdrückliche Bezugnahme auf ganz bestimmte Rechtsvorschriften über die Gleichbehandlung (Abänderungen 136, 137 und 138) ist überflüssig, da dieser Grundsatz bereits im Ratstext verankert ist (Artikel 4, 7, 8, 9 und 11). Im Standpunkt des Rates heißt es, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass alle Patienten gleich behandelt werden, und zwar in Abhängigkeit von ihrem Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen; dies entspricht Abänderung 13.

j)   Zur Gesundheitsversorgung gehörende Waren

Der Rat hat die in Abänderung 55 vorgeschlagene Definition für „zur Gesundheitsversorgung gehörende Ware“ nicht übernommen; er zieht es vor, die Definitionen für „Medizinprodukt“ und „Arzneimittel“ zu verwenden, die in den EU-Rechtsvorschriften bereits festgelegt sind und keine Umsetzungs- und Durchführungsprobleme aufwerfen. Daher hat er auch die Abänderungen 18, 19 und 20, in denen dieser Ausdruck verwendet wird, nicht übernommen.

k)   Kontinuität der Behandlung

Der Rat ist der Ansicht, dass die Kontinuität der Versorgung ein wichtiger Aspekt der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ist und dass diese Kontinuität durch praktische Mechanismen, die Weitergabe personenbezogener Daten, elektronische Gesundheitsdienstleistungen und den Informationsaustausch zwischen Angehörigen der Gesundheitsberufe gewährleistet werden sollte. In diesen Punkten (Erwägungsgründe 23 und 45 sowie Artikel 13) hat er sich an den einschlägigen Teilen der Abänderungen 35 und 60 orientiert.

l)   Informationen für Patienten und nationale Kontaktstellen (Artikel 6)

Die Mitgliedstaaten müssen Patienten auf Anfrage einschlägige Informationen über die Sicherheit und Qualität der Gesundheitsdienstleistungen sowie über ihre Ansprüche und Rechte zur Verfügung stellen. Dies entspricht den Abänderungen 11 und 93.

Die Kontaktstellen sollen untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten (Abänderung 99). Überdies müssen sie Patienten Informationen über die Gesundheitsdienstleister zur Verfügung stellen und ihnen auf Anfrage mitteilen, ob deren Tätigkeit irgendwelchen Einschränkungen unterliegt. Sie sollten den Patienten außerdem Informationen über Beschwerdeverfahren und Verfahren zur Inanspruchnahme von Rechtsbehelfen sowie die Bestimmungen über die Überwachung und Bewertung von Gesundheitsdienstleistern zur Verfügung stellen. Alle diese Informationen müssen leicht zugänglich sein, unter anderem auch auf elektronischem Wege; dies entspricht im Wesentlichen den Abänderungen 27, 29 und 94.

m)   Datenerhebung und Datenschutz

Der Text des Rates enthält mehrere Bestimmungen mit Datenschutzauflagen für den Behandlungsmitgliedstaat (Artikel 4 Absatz 2 Buchstaben b und f) und den Versicherungsmitgliedstaat (Artikel 5 Buchstabe c) und für elektronische Gesundheitsdienste (Artikel 13 Absatz 3), in denen die geltenden EU-Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten ihren Niederschlag finden. Die Abänderungen 16 und 112 sind somit berücksichtigt worden.

n)   Sonstiges

Im Standpunkt des Rates in erster Lesung wurden auch einige Änderungen in Kapitel V (Durchführungs- und Schlussbestimmungen) vorgenommen. Der Rat hat die Abänderungen 105, 113 und 143 nicht übernommen, da die Beteiligung von Interessenträgern oder des Europäischen Datenschutzbeauftragten an den Verfahren zur Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse im Beschluss 1999/468/EG des Rates nicht vorgesehen ist.

Da der AEUV inzwischen in Kraft getreten ist, hat der Rat die neuen Artikel 16, 17 und 18 eingefügt; diese betreffen die Ausübung der der Kommission übertragenen Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte, den Widerruf dieser Befugnisübertragung und Einwände gegen delegierte Rechtsakte, mit denen spezifische Kategorien von Arzneimitteln oder Medizinprodukten aus der Anerkennung der Verschreibungen ausgenommen werden (Artikel 11 Absatz 5).

Der Rat hat die Abänderung 115 vervollständigt und hinzugefügt, dass die Berichte über die Anwendung der Richtlinie auch Informationen über Patientenflüsse (Antrag des EP) sowie über die finanziellen Aspekte der Patientenmobilität enthalten müssen. Dagegen hat er die Abänderung 90, wonach die Kommission eine Durchführbarkeitsstudie über die Einrichtung einer Clearing-Stelle für die Kostenerstattung erstellen müsste, verworfen.

Der Rat hat einige Abänderungen in seinem Standpunkt nicht berücksichtigt, weil er sie für überflüssig und/oder für nicht mit dem Standpunkt des Rates vereinbar hält. Dies gilt insbesondere für

—   Abänderung 1: Nach Artikel 114 des Vertrags muss die Kommission bei ihren Vorschlägen für Harmonisierungsmaßnahmen im Gesundheitsbereich von einem hohen Schutzniveau ausgehen.

—   Abänderung 2: Weist keinerlei Bezug zum verfügenden Teil der Richtlinie auf.

—   Abänderungen 4 und 10: Verweisen auf ethische Erwägungen, was bei einer EU-weiten Regelung unangebracht ist.

—   Abänderung 5: Gesundheitsdienstleistungen sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie, Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f) ausgeschlossen.

—   Abänderung 6: Wird abgelehnt, denn es handelt sich um eine überwiegend sprachliche Änderung.

—   Abänderung 12: Die Annahme, dass ein Mitgliedstaat versuchen könnte, einen Patienten gegen seinen Willen zu einer Behandlung im Ausland zu bewegen, ist nicht akzeptabel.

—   Abänderung 24: Aus Sicht des Rates ist es unmöglich, Gesundheitsdienstleistungen im Voraus hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu vergleichen.

—   Abänderungen 28 und 110: Obwohl der Rat diese Abänderung nicht übernommen hat, zählt die Telemedizin zu den Gesundheitsdienstleistungen, die unter diese Richtlinie fallen; für sie gelten dieselben beruflichen Anforderungen und Qualitäts- und Sicherheitsstandards wie für andere Gesundheitsdienstleistungen auch.

—   Abänderungen 31 und 139: Eine Bezugnahme auf Rechtsakte, die lediglich im Entwurf vorliegen, ist aus rechtlichen Gründen nicht zweckmäßig.

—   Abänderungen 33 und 135: Gesundheitstechnologien müssen von unabhängigen Stellen bewertet werden, wobei die Einbeziehung von Interessenträgern zu vermeiden ist.

—   Abänderung 36: In der Richtlinie sollten keine Spekulationen über ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen Gesundheitsdienstleistern angestellt werden.

—   Abänderung 42: Wird abgelehnt, da nicht klar ist, was diese Richtlinie mit den in der Abänderung angeführten Unionsvorschriften zu tun hat.

—   Abänderung 49: Wurde vom Rat nicht übernommen, da er für eine weiter gefasste Definition des Begriffs „Gesundheitsdienstleister“ ist, mit der sämtliche Arten, die es in den Mitgliedstaaten gibt, abgedeckt werden.

—   Abänderungen 52 und 53: Der Rat hat sich für eine umfassendere Definition von „Versicherungsmitgliedstaat“ entschieden, die auf den geltenden Unionsvorschriften basiert.

—   Abänderung 57: Die Definition von „Schädigung“ wurde nicht übernommen, da in ihr lediglich auf die Definition des Begriffs in den nationalen Rechtsvorschriften verwiesen wird und sie daher überflüssig ist.

—   Abänderungen 62 und 64: Werden abgelehnt, da kein Bedarf an Leitlinien der Kommission besteht und es nicht nötig ist, dass Dritte bei grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen teilweise Zuständigkeiten des Behandlungsmitgliedstaats übernehmen.

—   Abänderung 72: Wird abgelehnt, da ihre Begründung nicht nachvollziehbar ist.

—   Abänderung 74: Der Rat bevorzugt den allgemeinen Begriff „Gesundheitsversorgung“, der Krankenhaus- und Spezialbehandlungen sowie sonstige Behandlungen, Arzneimittel und Medizinprodukte usw. einschließt.

—   Abänderung 80:: Ist nicht notwendig, da die Mitgliedstaaten rechtlich verpflichtet sind sicherzustellen, dass die Patienten Zugang zu Systemen der Vorabgenehmigung haben, wenn die Mitgliedstaaten deren Einführung beschlossen haben.

—   Abänderung 85:: Wurde abgelehnt, da sie im Widerspruch zu Abänderung 25 steht.

—   Abänderung 89: Aus Sicht des Rates ist diese Abänderung in keiner Weise gerechtfertigt.

—   Abänderung 92: Der Rat lehnt diese Abänderung ab, da unklar ist, in welchem Verhältnis sie zu bestehenden nationalen Regelungen stünde. Die Kommission besitzt nämlich das Initiativrecht zur Abgabe von Vorschlägen für EU-Rechtsvorschriften und kann nicht in einem Rechtsakt verpflichtet werden, einen Legislativvorschlag vorzulegen.

—   Abänderungen 102, 103, 104, 106 und 107: Diese Abänderungen sind aus Sicht des Rates zu präskriptiv und engen den Tätigkeitsbereich der europäischen Referenznetze zu sehr ein.

—   Abänderungen 100 und 108: Es gibt bereits bilaterale Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten über die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, so dass diese Möglichkeit in der Richtlinie nicht erst vorgesehen werden muss; überdies besteht nach Einschätzung des Rates die Gefahr, dass sich die „Versuchsgebiete“ mit bereits laufenden Projekten zur Gesundheitsversorgung in Grenzregionen überschneiden.

—   Abänderung 141: Der Rat hält die Definition des Begriffs „Gesundheitsdaten“ für unpräzise, weil darin Informationen über den Gesundheitszustand und Verwaltungsdaten vermengt werden.

IV.   FAZIT

Der Rat ist der Ansicht, dass in seinem Standpunkt in erster Lesung die Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Organisation und Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen und die medizinische Versorgung in ausgewogener Weise zur Geltung gebracht werden.

Er hofft auf einen konstruktiven Verlauf der Beratungen mit dem Europäischen Parlament in zweiter Lesung, damit die Richtlinie rasch angenommen werden kann.


(1)  11307/08.

(2)  8903/09.

(3)  SOC/322 - CESE 1927/2008.

(4)  CdR 348/2008 fin - DEVE-IV-032.

(5)  16855/08.

(6)  ABl. C 146 vom 22.6.2006, S. 1.

(7)  ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1.