ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.C_2010.177.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 177

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

53. Jahrgang
2. Juli 2010


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

IV   Informationen

 

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

Gerichtshof des Europaïschen Union

2010/C 177/01

Konsolidierte Fassung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 19. Juni 1991

1

3

2010/C 177/02

Konsolidierte Fassung der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991

37

39

2010/C 177/03

Konsolidierte Fassung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 25. Juli 2007

71

DE

 


IV Informationen

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Gerichtshof des Europaïschen Union

2.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 177/1


KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFS

(2010/C 177/01)

In der vorliegenden Ausgabe sind

die Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 1991 (ABl. L 176 vom 4.7.1991, S. 7, und ABl. L 383 vom 29.12.1992, s. 117 — Berichtigungen) und die Änderungen zusammengestellt, die sich aus den folgenden Rechtsakten ergeben:

1.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Februar 1995 (ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 61),

2.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 11. März 1997 (ABl. L 103 vom 19.4.1997, S. 1, und ABl. L 351 vom 23.12.1997, S. 72 — Berichtigungen),

3.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Mai 2000 (ABl. L 122 vom 24.5.2000, S. 43, und ABl. L 43 vom 14.2.2001, S. 40 — Berichtigung),

4.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 28. November 2000 (ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 1),

5.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. April 2001 (ABl. L 119 vom 27.4.2001, S. 1),

6.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 17. September 2002 (ABl. L 272 vom 10.10.2002, S. 24, und ABl. L 281 vom 19.10.2002, S. 24 — Berichtigungen),

7.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 2003 (ABl. L 147 vom 14.6.2003, S. 17),

8.

Geänderter Beschluss vom 10. Juni 2003 über die gesetzlichen Feiertage als Anlage zur Verfahrensordnung (ABl. L 172 vom 10.7.2003, S. 12),

9.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 19. April 2004 (ABl. L 132 vom 29.4.2004, S. 2),

10.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 20. April 2004 (ABl. L 127 vom 29.4.2004, S. 107),

11.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Juli 2005 (ABl. L 203 vom 4.8.2005, S. 19),

12.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Oktober 2005 (ABl. L 288 vom 29.10.2005, S. 51),

13.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 44, und ABl. L 332 vom 18.12.2007, S. 108 und 109 — Berichtigungen),

14.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Januar 2008 (ABl. L 24 vom 29.1.2008, S. 39),

15.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Juni 2008 (ABl. L 200 vom 29.7.2008, S. 20),

16.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 8. Juli 2008 (ABl. L 200 vom 29.7.2008, S. 18),

17.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Januar 2009 (ABl. L 24 vom 28.1.2009, S. 8).

18.

Änderung der Verfahrensordnung vom 23. März 2010 (ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 12).

Diese Ausgabe ist nicht rechtsverbindlich. Bezugsvermerke und Begründungserwägungen sind deshalb nicht mit abgedruckt.

 


KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFS

vom 19. Juni 1991 (1)

INHALT

Eingangsbestimmung (Art. 1)

 

Erster Titel

— Aufbau des Gerichtshofs

Erstes Kapitel

— Die Richter und Generalanwälte (Art. 2 bis 6)

Zweites Kapitel

— Der Präsident des Gerichtshofs und die Bildung der Kammern (Art. 7 bis 11)

Kapitel 2a

— Die Spruchkörper (Art. 11a bis 11e)

Drittes Kapitel

— Die Kanzlei

Erster Abschnitt

— Kanzler und Hilfskanzler (Art. 12 bis 19)

Zweiter Abschnitt

— Sonstige Dienststellen (Art. 20 bis 23)

Viertes Kapitel

— Die Hilfsberichterstatter (Art. 24)

Fünftes Kapitel

— Geschäftsgang des Gerichtshofs (Art. 25 bis 28)

Sechstes Kapitel

— Sprachenregelung (Art. 29 bis 31)

Siebtes Kapitel

— Rechte und Pflichten der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte (Art. 32 bis 36)

Zweiter Titel

— Allgemeine Verfahrensvorschriften

Erstes Kapitel

— Schriftliches Verfahren (Art. 37 bis 43)

Kapitel 1a

— Vorbericht und Verweisung an die Spruchkörper (Art. 44 bis 44a)

Zweites Kapitel

— Beweisaufnahme und vorbereitende Maßnahmen

Erster Abschnitt

— Allgemeine Bestimmungen (Art. 45 und 46)

Zweiter Abschnitt

— Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen (Art. 47 bis 53)

Dritter Abschnitt

— Abschluss der Beweisaufnahme (Art. 54)

Vierter Abschnitt

— Vorbereitende Maßnahmen (Art. 54a)

Drittes Kapitel

— Mündliche Verhandlung (Art. 55 bis 62)

Kapitel 3a

— Beschleunigte Verfahren (Art. 62a)

Viertes Kapitel

— Urteile (Art. 63 bis 68)

Fünftes Kapitel

— Prozesskosten (Art. 69 bis 75)

Sechstes Kapitel

— Prozesskostenhilfe (Art. 76)

Siebtes Kapitel

— Außergerichtliche Erledigung und Klagerücknahme (Art. 77 und 78)

Achtes Kapitel

— Zustellungen (Art. 79)

Neuntes Kapitel

— Fristen (Art. 80 bis 82)

Zehntes Kapitel

— Aussetzung des Verfahrens (Art. 82a)

Dritter Titel –

— Besondere Verfahrensarten

Erstes Kapitel

— Aussetzung des Vollzugs oder der Zwangsvollstreckung und sonstige einstweilige Anordnungen (Art. 83 bis 90)

Zweites Kapitel

— Prozesshindernde Einreden und Zwischenstreit (Art. 91 und 92)

Drittes Kapitel

— Streithilfe (Art. 93)

Viertes Kapitel

— Versäumnisurteil und Einspruch (Art. 94)

Fünftes Kapitel

— (Art. 95 und 96 aufgehoben)

Sechstes Kapitel

— Außerordentliche Rechtsbehelfe

Erster Abschnitt

— Drittwiderspruch (Art. 97)

Zweiter Abschnitt

— Wiederaufnahme des Verfahrens (Art. 98 bis 100)

Siebtes Kapitel

— Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsausschusses (Art. 101)

Achtes Kapitel

— Auslegung von Urteilen (Art. 102)

Neuntes Kapitel

— Vorlagen zur Vorabentscheidung und andere Auslegungsanträge (Art. 103 bis 104b)

Zehntes Kapitel

— Verfahren gemäß den Artikeln 103 bis 105 EAG (Art. 105 und 106)

Elftes Kapitel

— Gutachten (Art. 107 und 108) (Art. 109 aufgehoben)

Zwölftes Kapitel

— (Art. 109a aufgehoben)

Dreizehntes Kapitel

— Entscheidung über Streitigkeiten nach Artikel 35 EU-Vertrag in der Fassung vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (Art. 109b)

Vierter Titel

— Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts (Art. 110 bis 123)

Titel 4a

— Überprüfung von Entscheidungen des Gerichts (Art. 123a bis 123e)

Fünfter Titel

— Verfahren gemäß dem EWR-Abkommen (Art. 123f und 123g)

Schlussbestimmungen (Art. 124 bis 127)

 

Anlage

— Beschluss über die gesetzlichen Feiertage

EINGANGSBESTIMMUNG

Artikel 1

In dieser Verfahrensordnung werden bezeichnet:

die Bestimmungen des Vertrags über die Europäische Union mit der Nummer des Artikels, gefolgt von dem Kürzel „EUV“,

die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit der Nummer des betreffenden Artikels dieses Vertrags, gefolgt von dem Kürzel „AEUV“,

die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit der Nummer des Artikels, gefolgt von dem Kürzel „EAGV“,

das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union als „Satzung“,

das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum als „EWR-Abkommen“.

In dieser Verfahrensordnung:

umfasst der Begriff „Organe“ die Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt geschaffen worden sind und die in Verfahren vor dem Gerichtshof Partei sein können;

wird mit dem Ausdruck „EFTA-Überwachungsbehörde“ die im EWR-Abkommen genannte Überwachungsbehörde bezeichnet.

ERSTER TITEL

AUFBAU DES GERICHTSHOFS

Erstes Kapitel

DIE RICHTER UND GENERALANWÄLTE

Artikel 2

Die Amtszeit eines Richters beginnt mit dem in der Ernennungsurkunde bestimmten Tag. In Ermangelung einer solchen Bestimmung beginnt die Amtszeit mit dem Ausstellungstag der Urkunde.

Artikel 3

Die Richter leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in der ersten öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs, an der sie nach ihrer Ernennung teilnehmen, folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich mein Amt unparteiisch und gewissenhaft ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde.“

Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter eine Erklärung, in der sie die feierliche Verpflichtung übernehmen, während ihrer Amtszeit und nach deren Beendigung die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Übernahme gewisser Tätigkeiten und der Annahme von Vorteilen nach Beendigung ihrer Amtszeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

Artikel 4

Hat der Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob ein Richter nicht mehr die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so fordert der Präsident den Betroffenen auf, sich hierzu vor dem Gerichtshof zu äußern; dieser tagt hierbei in nichtöffentlicher Sitzung, an der der Kanzler nicht teilnimmt.

Artikel 5

Die Artikel 2, 3 und 4 finden auf die Generalanwälte entsprechende Anwendung.

Artikel 6

Die Rangordnung der Richter und Generalanwälte bestimmt sich ohne Unterschied nach ihrem Dienstalter.

Bei gleichem Dienstalter bestimmt sich die Rangordnung nach dem Lebensalter.

Ausscheidende Richter und Generalanwälte, die wiederernannt werden, behalten ihren bisherigen Rang.

Zweites Kapitel

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS UND DIE BILDUNG DER KAMMERN

Artikel 7

Sogleich nach der Neubesetzung von Richterstellen gemäß Artikel 253 AEUV wählen die Richter aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofs auf drei Jahre.

Endet die Amtszeit des Präsidenten des Gerichtshofs vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Wahlen sind geheim. Gewählt ist der Richter, der die Stimmen von mehr als der Hälfte der Richter, aus denen der Gerichtshof besteht, erhält. Erreicht keiner der Richter diese Mehrheit, so finden weitere Wahlgänge statt, bis sie erreicht wird.

Artikel 8

Der Präsident leitet die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichtshofs; er führt den Vorsitz in den Sitzungen und bei den Beratungen.

Artikel 9

Der Gerichtshof bildet gemäß Artikel 16 der Satzung Kammern mit fünf und mit drei Richtern und teilt ihnen die Richter zu.

Der Gerichtshof bestimmt die Kammer oder die Kammern mit fünf Richtern, die für die Dauer eines Jahres mit den in Artikel 104b genannten Rechtssachen betraut sind.

Die Zuteilung der Richter zu den Kammern und die Bestimmung der Kammer oder der Kammern, die mit den in Artikel 104b genannten Rechtssachen betraut sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Sogleich nach Eingang der Klageschrift in einer Rechtssache bestimmt der Präsident des Gerichtshofs den Berichterstatter.

Der Berichterstatter für die in Artikel 104b genannten Rechtssachen wird unter den Richtern der nach § 1 bestimmten Kammer auf Vorschlag des Präsidenten dieser Kammer ausgewählt. Beschließt die Kammer, die Rechtssache nicht dem Eilverfahren zu unterwerfen, kann der Präsident des Gerichtshofs die Rechtssache einem einer anderen Kammer zugeteilten Berichterstatter zuweisen.

Der Präsident des Gerichtshofs trifft bei Abwesenheit oder Verhinderung eines Berichterstatters die erforderlichen Maßnahmen.

Für die Rechtssachen, die gemäß Artikel 44 § 3 an einen Spruchkörper verwiesen worden sind, bezeichnet der Ausdruck „Gerichtshof“ in dieser Verfahrensordnung diesen Spruchkörper.

In den Rechtssachen, die an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern verwiesen worden sind, übt der Kammerpräsident die Befugnisse des Präsidenten des Gerichtshofs aus.

Artikel 10

Die Richter wählen sogleich nach der Wahl des Präsidenten des Gerichtshofs die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern jeweils für drei Jahre.

Die Richter wählen jeweils für ein Jahr die Präsidenten der Kammern mit drei Richtern.

Der Gerichtshof bestimmt jeweils für ein Jahr einen Ersten Generalanwalt.

Artikel 7 § § 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.

Das Ergebnis der Wahlen und der Bestimmung nach diesem Paragrafen wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Der Erste Generalanwalt entscheidet sogleich nach der Bestimmung des Berichterstatters durch den Präsidenten über die Zuweisung der Rechtssachen an die Generalanwälte. Er trifft bei Abwesenheit oder Verhinderung eines Generalanwalts die erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 11

Ist der Präsident des Gerichtshofs abwesend oder verhindert oder sein Amt unbesetzt, so werden seine Aufgaben gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern wahrgenommen.

Sind der Präsident des Gerichtshofs und die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern gleichzeitig abwesend oder verhindert oder ihre Ämter gleichzeitig unbesetzt, so werden die Aufgaben des Präsidenten gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der Präsidenten der Kammern mit drei Richtern wahrgenommen.

Sind der Präsident des Gerichtshofs und sämtliche Kammerpräsidenten gleichzeitig abwesend oder verhindert oder ihre Ämter gleichzeitig unbesetzt, so werden die Aufgaben des Präsidenten gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der übrigen Richter wahrgenommen.

Kapitel 2a

DIE SPRUCHKÖRPER

Artikel 11a

Der Gerichtshof tagt in folgenden Spruchkörpern:

als Plenum mit sämtlichen Richtern;

als Große Kammer mit dreizehn Richtern gemäß Artikel 11b;

in Kammern mit fünf oder mit drei Richtern gemäß Artikel 11c.

Artikel 11b

Die Große Kammer ist für jede Rechtssache mit dem Präsidenten des Gerichtshofs, den Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl dreizehn erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere werden anhand der in § 2 genannten Liste in der dort festgelegten Reihenfolge bestimmt. Der Ausgangspunkt auf der Liste ist für jede an die Große Kammer verwiesene Rechtssache der Name des Richters, der unmittelbar auf den Richter folgt, der für die zuvor an diesen Spruchkörper verwiesene Rechtssache als Letzter anhand der Liste bestimmt worden ist.

Nach der Wahl des Präsidenten des Gerichtshofs und der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern wird im Hinblick auf die Besetzung der Großen Kammer eine Liste der übrigen Richter erstellt. Diese Liste folgt abwechselnd der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung und deren Umkehrung: Der erste Richter in dieser Liste ist der erste nach der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung, der zweite Richter in der Liste ist der letzte nach dieser Rangordnung, der dritte Richter ist der zweite nach dieser Rangordnung, der vierte Richter ist der vorletzte nach dieser Rangordnung und so fort.

Das Verzeichnis wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

In Rechtssachen, die vom Beginn eines Jahres, in dem eine teilweise Neubesetzung der Richterstellen stattfindet, bis zur tatsächlichen Neubesetzung an die Große Kammer verwiesen werden, tagen auch zwei Ergänzungsrichter. Als Ergänzungsrichter fungieren die beiden Richter, die auf der in § 2 genannten Liste unmittelbar nach dem Richter geführt werden, der als Letzter für die Besetzung der Großen Kammer in der Rechtssache bestimmt worden ist.

Die Ergänzungsrichter ersetzen in der Reihenfolge der in § 2 genannten Liste die Richter, die gegebenenfalls nicht an der Entscheidung der Rechtssache mitwirken können.

Artikel 11c

Die Kammern mit fünf und mit drei Richtern sind für jede Rechtssache mit dem Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl von fünf oder drei Richtern erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere werden anhand der in § 2 genannten Listen in der dort festgelegten Reihenfolge bestimmt. Der Ausgangspunkt auf diesen Listen ist für jede an eine Kammer verwiesene Rechtssache der Name des Richters, der unmittelbar auf den Richter folgt, der für die zuvor an diese Kammer verwiesene Rechtssache als Letzter anhand der Liste bestimmt worden ist.

Für die Besetzung der Kammern mit fünf Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind, mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden in derselben Weise erstellt wie die in Artikel 11b § 2 genannte Liste.

Für die Besetzung der Kammern mit drei Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind, mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden gemäß der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung erstellt.

Die in diesem Paragrafen genannten Listen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 11d

Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass mehrere Rechtssachen zusammen von demselben Spruchkörper zu entscheiden sind, so entspricht dessen Besetzung derjenigen, die für die Rechtssache festgelegt wurde, deren Vorbericht zuerst geprüft wurde.

Legt eine Kammer, der eine Rechtssache zugewiesen worden ist, die Rechtssache nach Artikel 44 § 4 dem Gerichtshof vor, damit sie einem größeren Spruchkörper zugewiesen wird, so umfasst dieser Spruchkörper die Mitglieder der abgebenden Kammer.

Artikel 11e

Ist ein Mitglied des Spruchkörpers verhindert, so wird es von einem Richter in der Reihenfolge vertreten, die in den Listen nach Artikel 11b § 2 oder 11c § 2 festgesetzt ist.

Ist der Präsident des Gerichtshofs verhindert, so werden die Aufgaben des Präsidenten der Großen Kammer gemäß Artikel 11 wahrgenommen.

Ist der Präsident einer Kammer mit fünf Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des Kammerpräsidenten von einem Präsidenten einer Kammer mit drei Richtern wahrgenommen, gegebenenfalls gemäß der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung, oder, wenn kein Präsident einer Kammer mit drei Richtern dem Spruchkörper angehört, von einem der übrigen Richter gemäß der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung.

Ist der Präsident einer Kammer mit drei Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des Kammerpräsidenten von einem Richter des Spruchkörpers gemäß der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung wahrgenommen.

Drittes Kapitel

DIE KANZLEI

Erster Abschnitt – Kanzler und Hilfskanzler

Artikel 12

Der Gerichtshof ernennt seinen Kanzler.

Der Präsident bringt den Mitgliedern des Gerichtshofs zwei Wochen vor dem für die Ernennung vorgesehenen Zeitpunkt die eingegangenen Bewerbungen zur Kenntnis.

Die Bewerbungen müssen genaue Angaben über Alter, Staatsangehörigkeit, akademische Grade, Sprachkenntnisse, gegenwärtige und frühere Tätigkeit sowie über die etwaigen gerichtlichen und internationalen Erfahrungen der Bewerber enthalten.

Auf die Ernennung des Kanzlers findet Artikel 7 § 3 entsprechende Anwendung.

Der Kanzler wird für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Wiederernennung ist zulässig.

Auf die Vereidigung des Kanzlers findet Artikel 3 entsprechende Anwendung.

Der Kanzler kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn er nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt; der Gerichtshof entscheidet, nachdem er dem Kanzler Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so ernennt der Gerichtshof einen neuen Kanzler für die Dauer von sechs Jahren.

Artikel 13

Der Gerichtshof kann einen oder mehrere Hilfskanzler ernennen, die den Kanzler unterstützen und ihn nach Maßgabe der in Artikel 15 bezeichneten Dienstanweisung vertreten; die für die Ernennung des Kanzlers geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.

Artikel 14

Sind der Kanzler und die Hilfskanzler abwesend oder verhindert oder ihre Stellen unbesetzt, so beauftragt der Präsident Beamte oder sonstige Bedienstete mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Kanzlers.

Artikel 15

Der Gerichtshof erlässt auf Vorschlag des Präsidenten die Dienstanweisung für den Kanzler.

Artikel 16

Die Kanzlei führt unter Aufsicht des Kanzlers ein Register; in das Register sind alle schriftlichen Vorgänge der einzelnen Rechtssachen einschließlich der Anlagen zu den Schriftsätzen fortlaufend einzutragen, und zwar in der Reihenfolge, in der sie anfallen.

Der Kanzler vermerkt die Eintragung im Register auf der Urschrift und, wenn die Parteien dies beantragen, auf den vorgelegten Abschriften.

Die Eintragung im Register und die in § 2 vorgesehenen Vermerke stellen öffentliche Urkunden dar.

Die Vorschriften über die Registerführung werden in der in Artikel 15 bezeichneten Dienstanweisung festgelegt.

Jeder, der hieran ein Interesse hat, kann das Register bei der Kanzlei einsehen und nach Maßgabe einer vom Gerichtshof auf Vorschlag des Kanzlers zu erlassenden Gebührenordnung Abschriften oder Auszüge erhalten.

Jede Partei kann außerdem nach Maßgabe der Gebührenordnung Abschriften von Schriftsätzen sowie Ausfertigungen von Urteilen und sonstigen gerichtlichen Entscheidungen erhalten.

Über jede Klage wird eine Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, die den Tag der Eintragung der Klageschrift in das Register, Namen und Wohnsitz der Parteien, den Streitgegenstand und den Klageantrag sowie die Angabe der geltend gemachten Klagegründe und die wesentlichen Argumente enthält.

Ist der Rat oder die Europäische Kommission nicht Partei einer Rechtssache, so übermittelt ihnen der Gerichtshof eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung mit Ausnahme der diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen, damit das betreffende Organ feststellen kann, ob die Unanwendbarkeit eines seiner Rechtsakte im Sinne des Artikels 277 AEUV geltend gemacht wird. Eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung wird in der gleichen Weise dem Europäischen Parlament übermittelt, damit es feststellen kann, ob die Unanwendbarkeit eines von ihm und vom Rat gemeinsam erlassenen Rechtsakts im Sinne des Artikels 277 AEUV geltend gemacht wird.

Artikel 17

Der Kanzler hat im Auftrag des Präsidenten alle eingehenden Schriftstücke entgegenzunehmen und sie zu übermitteln oder aufzubewahren sowie für die Zustellungen zu sorgen, die diese Verfahrensordnung vorsieht.

Der Kanzler steht dem Gerichtshof, dem Präsidenten und den Kammerpräsidenten sowie den übrigen Richtern bei allen Amtshandlungen zur Seite.

Artikel 18

Der Kanzler verwahrt die Siegel. Er ist für das Archiv verantwortlich und sorgt für die Veröffentlichungen des Gerichtshofs.

Artikel 19

Vorbehaltlich der Artikel 4 und 27 ist der Kanzler bei allen Sitzungen des Gerichtshofs und der Kammern zugegen.

Zweiter Abschnitt – Sonstige Dienststellen

Artikel 20

Die Beamten und sonstigen Bediensteten des Gerichtshofs werden nach den Vorschriften über die Rechtsstellung des Personals ernannt.

Die Beamten leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit vor dem Präsidenten in Gegenwart des Kanzlers folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich das mir vom Gerichtshof der Europäischen Union anvertraute Amt pflichtgetreu, verschwiegen und gewissenhaft ausüben werde.“

Artikel 21

Der Gerichtshof legt auf Vorschlag des Kanzlers den Aufbau seiner Dienststellen fest und ändert ihn gegebenenfalls ab.

Artikel 22

Der Gerichtshof richtet einen Sprachendienst ein, dessen Angehörige eine angemessene juristische Ausbildung und gründliche Kenntnisse in mehreren Amtssprachen des Gerichtshofs aufweisen müssen.

Artikel 23

Die allgemeine Verwaltung des Gerichtshofs einschließlich der Finanzverwaltung und der Buchführung wird im Auftrag des Präsidenten vom Kanzler wahrgenommen, dem ein leitender Verwaltungsbeamter zur Seite steht.

Viertes Kapitel

DIE HILFSBERICHTERSTATTER

Artikel 24

Der Gerichtshof schlägt gemäß Artikel 13 der Satzung die Ernennung von Hilfsberichterstattern vor, wenn ihm dies für die Bearbeitung der anhängigen Rechtssachen notwendig erscheint.

Den Hilfsberichterstattern obliegt es insbesondere,

den Präsidenten im Verfahren wegen einstweiliger Anordnungen und

die Berichterstatter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.

Sie unterstehen bei der Ausübung ihres Amtes dem Präsidenten des Gerichtshofs, dem Präsidenten einer Kammer oder einem Berichterstatter.

Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit leisten die Hilfsberichterstatter vor dem Gerichtshof den in Artikel 3 vorgesehenen Eid.

Fünftes Kapitel

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTSHOFS

Artikel 25

Der Präsident bestimmt den Termin für die Sitzungen der Großen Kammer und des Plenums.

Die Präsidenten der Kammern mit fünf oder mit drei Richtern bestimmen den Termin für die Sitzungen ihrer Kammern.

Der Gerichtshof kann einzelne Sitzungen an einem anderen Ort als dem Sitz des Gerichtshofs abhalten.

Artikel 26

Ergibt sich infolge Abwesenheit oder Verhinderung eine gerade Zahl von Richtern, so nimmt der in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigste Richter an den Beratungen nicht teil, es sei denn, er ist Berichterstatter. Im letzten Fall nimmt der Richter mit dem nächstniedrigen Rang an den Beratungen nicht teil.

Stellt sich nach Einberufung der Großen Kammer oder des Plenums heraus, dass die nach Artikel 17 Absatz 3 oder 4 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht erreicht wird, so vertagt der Präsident die Sitzung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Große Kammer oder das Plenum beschlussfähig ist.

Wird in einer Kammer mit fünf oder mit drei Richtern die nach Artikel 17 Absatz 2 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht erreicht und erweist sich eine Vertretung der verhinderten Richter gemäß Artikel 11e als nicht möglich, so benachrichtigt der Kammerpräsident den Präsidenten des Gerichtshofs; dieser bestimmt einen anderen Richter, durch den die Kammer ergänzt wird.

Artikel 27

Die Beratungen des Gerichtshofs sind nicht öffentlich.

An der Beratung nehmen nur die Richter teil, die bei der mündlichen Verhandlung zugegen waren, sowie gegebenenfalls der Hilfsberichterstatter, der mit der Bearbeitung der Rechtssache beauftragt ist.

Jeder Richter, der an der Beratung teilnimmt, trägt seine Auffassung vor und begründet sie.

Auf Antrag eines Richters wird jede Frage, bevor sie zur Abstimmung gelangt, in einer von ihm gewünschten Sprache niedergelegt und dem Gerichtshof schriftlich übermittelt.

Die Meinung, auf die sich die Mehrheit der Richter nach der abschließenden Aussprache geeinigt hat, ist für die Entscheidung des Gerichtshofs maßgebend. Die Richter stimmen in der umgekehrten Reihenfolge der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung ab.

Meinungsverschiedenheiten über Gegenstand, Fassung und Reihenfolge der Fragen oder die Auslegung der Abstimmung entscheidet der Gerichtshof.

An Sitzungen des Gerichtshofs über Verwaltungsfragen nehmen die Generalanwälte mit beschließender Stimme teil. Der Kanzler ist zugegen, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt.

Tagt der Gerichtshof in Abwesenheit des Kanzlers, so wird ein etwa erforderliches Protokoll von dem in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigsten Richter aufgenommen; das Protokoll wird vom Präsidenten und von dem betreffenden Richter unterzeichnet.

Artikel 28

Vorbehaltlich einer besonderen Entscheidung des Gerichtshofs werden die Gerichtsferien wie folgt festgesetzt:

vom 18. Dezember bis zum 10. Januar;

vom Sonntag vor Ostern bis zum zweiten Sonntag nach Ostern;

vom 15. Juli bis zum 15. September.

Das Amt des Präsidenten wird während der Gerichtsferien am Sitz des Gerichtshofs in der Weise wahrgenommen, dass der Präsident mit dem Kanzler in Verbindung bleibt oder dass er einen Kammerpräsidenten oder einen anderen Richter mit seiner Vertretung beauftragt.

In dringenden Fällen kann der Präsident die Richter und Generalanwälte während der Gerichtsferien einberufen.

Der Gerichtshof hält die am Ort seines Sitzes geltenden gesetzlichen Feiertage ein.

Der Gerichtshof kann den Richtern und Generalanwälten in begründeten Fällen Urlaub gewähren.

Sechstes Kapitel

SPRACHENREGELUNG

Artikel 29

Die Verfahrenssprachen sind Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.

Der Kläger wählt die Verfahrenssprache, soweit die nachstehenden Vorschriften nichts anderes bestimmen:

a)

Ist die Klage gegen einen Mitgliedstaat oder gegen eine natürliche oder juristische Person gerichtet, die einem Mitgliedstaat angehört, so ist die Amtssprache dieses Staates Verfahrenssprache; bestehen mehrere Amtssprachen, so ist der Kläger berechtigt, eine von ihnen zu wählen.

b)

Auf gemeinsamen Antrag der Parteien kann eine andere der in § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise zugelassen werden.

c)

Auf Antrag einer Partei kann nach Anhörung der Gegenpartei und des Generalanwalts abweichend von den Bestimmungen unter a) und b) eine andere der in § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zugelassen werden; dieser Antrag kann nicht von einem der Organe der Europäischen Union gestellt werden.

In den in Artikel 103 bezeichneten Fällen ist die Sprache des innerstaatlichen Gerichts, das den Gerichtshof anruft, Verfahrenssprache. Auf ordnungsgemäß begründeten Antrag einer Partei des Ausgangsrechtsstreits kann nach Anhörung der Gegenpartei des Ausgangsrechtsstreits und des Generalanwalts die Verwendung einer anderen der in § 1 genannten Sprachen in der mündlichen Verhandlung zugelassen werden.

Der Beschluss über die vorgenannten Anträge kann vom Präsidenten gefasst werden; dieser kann die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen; will er den Anträgen ohne Einverständnis aller Parteien stattgeben, so muss er die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen.

Die Verfahrenssprache ist insbesondere bei den mündlichen Ausführungen und in den Schriftsätzen der Parteien einschließlich aller Anlagen sowie in den Protokollen und Entscheidungen des Gerichtshofs anzuwenden.

Urkunden, die in einer anderen Sprache abgefasst sind, ist eine Übersetzung in der Verfahrenssprache beizugeben.

Bei umfangreichen Urkunden kann die vorgelegte Übersetzung auf Auszüge beschränkt werden. Der Gerichtshof kann jedoch jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine ausführliche oder vollständige Übersetzung verlangen.

Abweichend von diesen Bestimmungen dürfen sich die Mitgliedstaaten ihrer eigenen Amtssprache bedienen, wenn sie einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten oder sich an einem der in Artikel 103 bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren beteiligen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der EFTA-Überwachungsbehörde kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache einer anderen der in § 1 genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten oder sich an einem der in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren beteiligen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Den Drittstaaten, die sich gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache einer anderen der in § 1 genannten Sprachen zu bedienen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Erklären Zeugen oder Sachverständige, dass sie sich nicht hinlänglich in einer der in § 1 genannten Sprachen ausdrücken können, so kann ihnen der Gerichtshof gestatten, ihre Erklärungen in einer anderen Sprache abzugeben. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Der Präsident des Gerichtshofs und die Kammerpräsidenten können sich bei der Leitung der Verhandlung statt der Verfahrenssprache einer anderen der in § 1 genannten Sprachen bedienen; die gleiche Befugnis haben der Berichterstatter hinsichtlich des Vorberichts und des Sitzungsberichts, die Richter und Generalanwälte für ihre Fragen in der mündlichen Verhandlung und der Generalanwalt für seine Schlussanträge. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Artikel 30

Auf Ersuchen eines Richters oder des Generalanwalts oder auf Antrag einer Partei veranlasst der Kanzler, dass die vor dem Gerichtshof abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Äußerungen in die in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen, die gewünscht werden, übersetzt werden.

Die Veröffentlichungen des Gerichtshofs erscheinen in den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen.

Artikel 31

Verbindlich ist die Fassung in der Verfahrenssprache oder, falls der Gerichtshof gemäß Artikel 29 eine andere Sprache zugelassen hat, die Fassung in dieser Sprache.

Siebtes Kapitel

RECHTE UND PFLICHTEN DER BEVOLLMÄCHTIGTEN, BEISTÄNDE UND ANWÄLTE

Artikel 32

Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte, die vor dem Gerichtshof oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, können wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden.

Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte genießen ferner folgende Vorrechte und Erleichterungen:

a)

Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten derartige Schriftstücke und Urkunden versiegeln; diese werden unverzüglich dem Gerichtshof übermittelt und in Gegenwart des Kanzlers und des Beteiligten untersucht.

b)

Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte haben Anspruch auf die Zuteilung ausländischer Zahlungsmittel, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.

c)

Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, unterliegen sie keinerlei Beschränkungen.

Artikel 33

Die in Artikel 32 genannten Vergünstigungen kommen den Berechtigten nur dann zugute, wenn sie ihre Eigenschaft nachgewiesen haben; diesen Nachweis erbringen

a)

die Bevollmächtigten durch eine von ihrem Vollmachtgeber ausgestellte Urkunde, der dem Kanzler unverzüglich eine Abschrift dieser Urkunde übermittelt;

b)

die Beistände und Anwälte durch einen vom Kanzler unterschriebenen Ausweis. Die Gültigkeit dieses Ausweises ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt; sie kann je nach der Dauer des Verfahrens verlängert oder verkürzt werden.

Artikel 34

Die in Artikel 32 genannten Vergünstigungen werden ausschließlich im Interesse der geordneten Durchführung des Verfahrens gewährt.

Der Gerichtshof kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn der Fortgang des Verfahrens nach seiner Auffassung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Artikel 35

Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass das Verhalten eines Beistands oder Anwalts gegenüber dem Gerichtshof, einem Richter, einem Generalanwalt oder dem Kanzler mit der Würde des Gerichtshofs oder mit den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege unvereinbar ist oder dass ein Beistand oder Anwalt seine Befugnisse missbraucht, so unterrichtet er den Betroffenen davon. Unterrichtet der Gerichtshof davon die zuständigen Stellen, denen der Betroffene untersteht, so wird dem Betroffenen eine Kopie des an diese Stellen gerichteten Schreibens übermittelt.

Aus denselben Gründen kann der Gerichtshof den Betroffenen jederzeit, nachdem dieser und der Generalanwalt angehört worden sind, durch Beschluss vom Verfahren ausschließen. Der Beschluss ist sofort vollstreckbar.

Wird ein Beistand oder Anwalt ausgeschlossen, so setzt der Präsident der betroffenen Partei eine Frist zur Bestellung eines anderen Beistands oder Anwalts; bis zum Ablauf dieser Frist tritt eine Unterbrechung des Verfahrens ein.

Die in Anwendung dieses Artikels getroffenen Entscheidungen können wieder aufgehoben werden.

Artikel 36

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Universitätsprofessoren, die gemäß Artikel 19 der Satzung das Recht haben, vor dem Gerichtshof aufzutreten.

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

Erstes Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 37

Die Urschrift jedes Schriftsatzes ist vom Bevollmächtigten oder vom Anwalt der Partei zu unterzeichnen.

Mit diesem Schriftsatz und allen darin erwähnten Anlagen werden fünf Abschriften für den Gerichtshof und je eine Abschrift für jede andere am Rechtsstreit beteiligte Partei eingereicht. Die Partei beglaubigt die von ihr eingereichten Abschriften.

Die Organe haben innerhalb der vom Gerichtshof festgesetzten Fristen von jedem Schriftsatz Übersetzungen in den anderen in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen vorzulegen. § 1 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

Jeder Schriftsatz ist mit Datum zu versehen. Für die Berechnung der Verfahrensfristen ist nur der Tag des Eingangs bei der Kanzlei maßgebend.

Mit jedem Schriftsatz ist gegebenenfalls ein Aktenstück einzureichen, das die Urkunden, auf die sich die Partei beruft, sowie ein Verzeichnis dieser Urkunden enthält.

Werden von einer Urkunde mit Rücksicht auf deren Umfang nur Auszüge vorgelegt, so ist die Urkunde oder eine vollständige Abschrift hiervon bei der Kanzlei zu hinterlegen.

Unbeschadet der §§ 1 bis 5 ist der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift eines Schriftsatzes einschließlich des in § 4 genannten Urkundenverzeichnisses mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen maßgebend, sofern die unterzeichnete Urschrift des Schriftsatzes und die in § 1 Absatz 2 genannten Anlagen und Abschriften spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht werden. Artikel 81 § 2 findet auf diese Zehntagesfrist keine Anwendung.

Unbeschadet der §§ 1 Absatz 1 und 2 bis 5 kann der Gerichtshof durch Beschluss die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein der Kanzlei elektronisch übermittelter Schriftsatz als Urschrift des Schriftsatzes gilt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 38

Die in Artikel 21 der Satzung bezeichnete Klageschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Klägers;

b)

die Bezeichnung des Beklagten;

c)

den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe;

d)

die Anträge des Klägers;

e)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

In der Klageschrift ist ferner für die Zwecke des Verfahrens eine Zustellungsanschrift am Ort des Gerichtssitzes anzugeben. Hierbei ist eine Person zu benennen, die ermächtigt ist und sich bereit erklärt hat, die Zustellungen entgegenzunehmen.

Zusätzlich zu oder statt der in Absatz 1 genannten Zustellungsanschrift kann in der Klageschrift angegeben werden, dass sich der Anwalt oder Bevollmächtigte damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel erfolgen.

Entspricht die Klageschrift nicht den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2, so erfolgen bis zur Behebung dieses Mangels alle Zustellungen an die betreffende Partei für die Zwecke des Verfahrens auf dem Postweg durch Einschreiben an den Bevollmächtigten oder Anwalt der Partei. Abweichend von Artikel 79 § 1 gilt in diesem Fall die Zustellung mit der Aufgabe des Einschreibens zur Post am Ort des Gerichtssitzes als bewirkt.

Der Anwalt, der als Beistand oder Vertreter einer Partei auftritt, hat bei der Kanzlei eine Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass er berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten.

Mit der Klageschrift sind gegebenenfalls die in Artikel 21 Absatz 2 der Satzung bezeichneten Unterlagen einzureichen.

Juristische Personen des Privatrechts haben mit der Klageschrift ferner:

a)

ihre Satzung oder einen neueren Auszug aus dem Handelsregister oder einen neueren Auszug aus dem Vereinsregister oder einen anderen Nachweis ihrer Rechtspersönlichkeit einzureichen;

b)

den Nachweis vorzulegen, dass die Prozessvollmacht ihres Anwalts von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt ist.

Wird eine Klage gemäß Artikel 273 AEUV erhoben, so ist mit der Klageschrift eine Ausfertigung des zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten abgeschlossenen Schiedsvertrags einzureichen.

Entspricht die Klageschrift nicht den §§ 3 bis 6, so setzt der Kanzler dem Kläger eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels oder zur Beibringung der vorgeschriebenen Unterlagen. Kommt der Kläger dieser Aufforderung vor Ablauf der Frist nicht nach, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.

Artikel 39

Die Klageschrift wird dem Beklagten zugestellt. In dem in Artikel 38 § 7 bezeichneten Fall erfolgt die Zustellung nach Behebung des Mangels oder nach Feststellung des Gerichtshofs, dass die Klage nicht wegen Verletzung der Vorschriften des genannten Artikels unzulässig ist.

Artikel 40

Innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift hat der Beklagte eine Klagebeantwortung einzureichen. Diese muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Beklagten;

b)

die tatsächliche und rechtliche Begründung;

c)

die Anträge des Beklagten;

d)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

Artikel 38 §§ 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

Auf begründeten Antrag des Beklagten kann der Präsident die in § 1 bezeichnete Frist verlängern.

Artikel 41

Klageschrift und Klagebeantwortung können durch eine Erwiderung des Klägers und eine Gegenerwiderung des Beklagten ergänzt werden.

Der Präsident bestimmt die Fristen für die Einreichung dieser Schriftsätze.

Artikel 42

Die Parteien können in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung noch Beweismittel benennen. Sie haben die Verspätung zu begründen.

Im Übrigen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

Macht eine Partei im Laufe des Verfahrens derartige Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend, so kann der Präsident auch nach Ablauf der gewöhnlichen Verfahrensfristen auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts der Gegenpartei eine Frist zur Stellungnahme setzen.

Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Artikel 43

Der Präsident kann jederzeit nach Anhörung der Parteien und, wenn die Zuweisung gemäß Artikel 10 § 2 bereits erfolgt ist, des Generalanwalts die Verbindung mehrerer Rechtssachen zu gemeinsamem schriftlichen oder mündlichen Verfahren oder zu gemeinsamer Entscheidung beschließen, wenn sie den gleichen Gegenstand betreffen und miteinander in Zusammenhang stehen. Er kann die Verbindung wieder aufheben. Der Präsident kann die Entscheidung hierüber dem Gerichtshof übertragen.

Kapitel 1a

VORBERICHT UND VERWEISUNG AN DIE SPRUCHKÖRPER

Artikel 44

Der Präsident bestimmt den Zeitpunkt, zu dem der Berichterstatter der Generalversammlung des Gerichtshofs einen Vorbericht vorzulegen hat, je nach Lage des Falles

a)

nach Eingang der Gegenerwiderung;

b)

wenn die Erwiderung oder Gegenerwiderung nicht bis zum Ablauf der nach Artikel 41 § 2 festgesetzten Frist eingereicht worden ist;

c)

nachdem die betreffende Partei erklärt hat, dass sie auf die Einreichung einer Erwiderung oder Gegenerwiderung verzichtet;

d)

bei Durchführung des beschleunigten Verfahrens gemäß Artikel 62a, wenn der Präsident den Termin für die mündliche Verhandlung bestimmt.

Der Vorbericht enthält Vorschläge zu der Frage, ob Beweiserhebungen oder andere vorbereitende Maßnahmen erforderlich sind, sowie dazu, an welchen Spruchkörper die Rechtssache zu verweisen ist. Der Vorbericht enthält ferner den Vorschlag des Berichterstatters zu den Fragen, ob die mündliche Verhandlung gemäß Artikel 44a sowie ob gegebenenfalls die Schlussanträge des Generalanwalts gemäß Artikel 20 Absatz 5 der Satzung entfallen können.

Der Gerichtshof entscheidet über die Vorschläge des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts.

Der Gerichtshof verweist alle bei ihm anhängigen Rechtssachen an die Kammern mit fünf oder mit drei Richtern, sofern nicht die Schwierigkeit oder die Bedeutung der Rechtssache oder besondere Umstände eine Verweisung an die Große Kammer erfordern.

Die Verweisung einer Rechtssache an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern ist nicht zulässig, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Union beantragt, dass die Große Kammer über die Rechtssache entscheidet. Am Verfahren beteiligt im Sinne dieser Bestimmung sind Mitgliedstaaten oder Organe, die in dem Rechtsstreit Partei oder Streithelfer sind oder die im Rahmen eines der in Artikel 103 bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren schriftliche Erklärungen eingereicht haben. Ein Antrag nach diesem Absatz kann in Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten nicht gestellt werden.

Der Gerichtshof tagt als Plenum, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Satzung befasst wird. Er kann eine Rechtssache an das Plenum verweisen, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Satzung zu der Auffassung gelangt, dass die Rechtssache von außergewöhnlicher Bedeutung ist.

Der Spruchkörper, dem eine Rechtssache zugewiesen worden ist, kann die Rechtssache in jedem Stadium des Verfahrens dem Gerichtshof vorlegen, damit sie einem größeren Spruchkörper zugewiesen wird.

Wird eine Beweisaufnahme angeordnet, so kann der Spruchkörper, wenn die Beweisaufnahme nicht vor ihm selbst stattfinden soll, den Berichterstatter mit ihrer Durchführung beauftragen.

Wird von einer Beweisaufnahme abgesehen, so bestimmt der Präsident des Spruchkörpers den Termin für die Eröffnung der mündlichen Verhandlung.

Artikel 44a

Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieser Verfahrensordnung umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof auch eine mündliche Verhandlung. Der Gerichtshof kann jedoch nach Einreichung der in Artikel 40 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 41 § 1 bezeichneten Schriftsätze auf Bericht des Berichterstatters, nach Anhörung des Generalanwalts und wenn keine Partei einen Antrag stellt, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen sie gehört werden möchte, etwas anderes beschließen. Der Antrag ist binnen drei Wochen nach der Mitteilung an die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Diese Frist kann vom Präsidenten verlängert werden.

Zweites Kapitel

BEWEISAUFNAHME UND VORBEREITENDE MASSNAHMEN

Erster Abschnitt – Allgemeine Bestimmungen

Artikel 45

Der Gerichtshof bezeichnet nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss die Beweismittel und die zu beweisenden Tatsachen. Bevor der Gerichtshof die Beweiserhebungen nach § 2 Buchstaben c, d und e beschließt, werden die Parteien gehört.

Der Beschluss wird den Parteien zugestellt.

Unbeschadet der Artikel 24 und 25 der Satzung sind folgende Beweismittel zulässig:

a)

persönliches Erscheinen der Parteien;

b)

Einholung von Auskünften und Vorlegung von Urkunden;

c)

Vernehmung von Zeugen;

d)

Begutachtung durch Sachverständige;

e)

Einnahme des Augenscheins.

Der Generalanwalt nimmt an der Beweisaufnahme teil.

Gegenbeweis und Erweiterung des Beweisantritts bleiben vorbehalten.

Artikel 46

Die Parteien können der Beweisaufnahme beiwohnen.

Zweiter Abschnitt — Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Artikel 47

Der Gerichtshof kann von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien nach Anhörung des Generalanwalts die Vernehmung von Zeugen über bestimmte Tatsachen anordnen. Die Tatsachen sind in dem Beschluss aufzuführen.

Der Gerichtshof lädt die Zeugen von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien oder des Generalanwalts.

Die Partei hat in ihrem Antrag die Tatsachen zu bezeichnen, über die die Vernehmung stattfinden soll, und die Gründe anzugeben, die die Vernehmung rechtfertigen.

Die Zeugen werden aufgrund eines Beschlusses des Gerichtshofs geladen; dieser Beschluss muss folgende Angaben enthalten:

a)

Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen;

b)

die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen zu vernehmen sind;

c)

gegebenenfalls einen Hinweis auf die Anordnungen des Gerichtshofs über die Erstattung der den Zeugen entstehenden Kosten sowie auf die Geldbußen, die gegen ausbleibende Zeugen verhängt werden können.

Der Beschluss ist den Parteien und den Zeugen zuzustellen.

Der Gerichtshof kann die Ladung von Zeugen, deren Vernehmung von einer Partei beantragt wird, davon abhängig machen, dass die Partei bei der Kasse des Gerichtshofs einen Vorschuss in bestimmter Höhe zur Deckung der voraussichtlichen Kosten hinterlegt.

Zeugen, die von Amts wegen geladen werden, erhalten von der Kasse des Gerichtshofs die erforderlichen Vorschüsse.

Der Präsident weist die Zeugen nach Feststellung ihrer Identität darauf hin, dass sie die Richtigkeit ihrer Aussagen nach den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu versichern haben.

Die Zeugen werden vom Gerichtshof vernommen; die Parteien sind hierzu zu laden. Der Präsident kann auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen nach Beendigung der Aussage Fragen an die Zeugen richten.

Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an die Zeugen richten.

Der Zeuge leistet nach Beendigung seiner Aussage folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt habe.“

Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Zeugen verzichten.

Der Kanzler erstellt ein Protokoll, das die Zeugenaussagen wiedergibt.

Das Protokoll wird vom Präsidenten oder von dem mit der Vernehmung beauftragten Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet. Vor der Unterzeichnung ist dem Zeugen Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Protokolls zu überprüfen und das Protokoll zu unterzeichnen.

Das Protokoll stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Artikel 48

Zeugen, die ordnungsgemäß geladen sind, haben der Ladung Folge zu leisten.

Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge nicht, so kann der Gerichtshof ihn zu einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro (2) verurteilen und die erneute Ladung auf Kosten des Zeugen anordnen.

Die gleiche Geldbuße kann gegen einen Zeugen verhängt werden, der ohne berechtigten Grund die Aussage, die Eidesleistung oder gegebenenfalls die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung verweigert.

Die verhängte Geldbuße kann nur aufgehoben werden, wenn der Zeuge berechtigte Entschuldigungsgründe vorbringt. Die Geldbuße kann auf Antrag des Zeugen verringert werden, wenn der Zeuge nachweist, dass sie in keinem angemessenen Verhältnis zu seinen Einkünften steht.

Auf die Vollstreckung der nach diesem Artikel verhängten Geldbußen oder sonstigen Maßnahmen finden die Artikel 280 und 299 AEUV und 164 EAGV entsprechende Anwendung.

Artikel 49

Der Gerichtshof kann die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen anordnen. In dem Beschluss ist der Sachverständige zu benennen, sein Auftrag genau zu umschreiben und eine Frist für die Erstattung des Gutachtens zu bestimmen.

Der Sachverständige erhält eine Abschrift des Beschlusses sowie die zur Erfüllung seines Auftrags erforderlichen Unterlagen. Er untersteht dem Berichterstatter, der bei den Ermittlungen des Sachverständigen anwesend sein kann und über den Fortgang der Arbeiten auf dem Laufenden zu halten ist.

Der Gerichtshof kann von den Parteien oder einer Partei die Hinterlegung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten des Gutachtens verlangen.

Auf Antrag des Sachverständigen kann der Gerichtshof die Vernehmung von Zeugen anordnen; Artikel 47 findet entsprechende Anwendung.

Der Sachverständige hat sich nur zu den Punkten zu äußern, die sein Auftrag ausdrücklich bezeichnet.

Nach Eingang des Gutachtens kann der Gerichtshof die Anhörung des Sachverständigen anordnen; die Parteien sind hierzu zu laden.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an den Sachverständigen richten.

Nach Erstattung des Gutachtens leistet der Sachverständige vor dem Gerichtshof folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich meinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt habe.“

Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Sachverständigen verzichten.

Artikel 50

Lehnt eine Partei einen Zeugen oder Sachverständigen wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit oder aus sonstigen Gründen ab oder verweigert ein Zeuge oder Sachverständiger die Aussage, die Eidesleistung oder die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung, so entscheidet der Gerichtshof.

Die Ablehnung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses, durch den der Zeuge geladen oder der Sachverständige ernannt worden ist, zu erklären; die Erklärung muss die Ablehnungsgründe und die Bezeichnung der Beweismittel enthalten.

Artikel 51

Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Erstattung ihrer Reise- und Aufenthaltskosten. Die Kasse des Gerichtshofs kann ihnen einen Vorschuss auf diese Kosten gewähren.

Zeugen haben ferner Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Kasse des Gerichtshofs zahlt die Entschädigung oder Vergütung aus, nachdem der Zeuge oder Sachverständige seiner Pflicht genügt hat.

Artikel 52

Der Gerichtshof kann nach Maßgabe der in Artikel 125 bezeichneten zusätzlichen Verfahrensordnung auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen Ersuchen um Rechtshilfe bei der Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ergehen lassen.

Artikel 53

Der Kanzler nimmt über jede Sitzung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Die Parteien können die Protokolle und Sachverständigengutachten bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften erhalten.

Dritter Abschnitt – Abschluss der Beweisaufnahme

Artikel 54

Nach Abschluss der Beweisaufnahme bestimmt der Präsident den Termin für die Eröffnung der mündlichen Verhandlung, es sei denn, dass der Gerichtshof beschließt, den Parteien zuvor eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme zu setzen.

Ist eine solche Frist gesetzt, so erfolgt die Terminbestimmung nach deren Ablauf.

Vierter Abschnitt – Vorbereitende Maßnahmen

Artikel 54a

Der Berichterstatter und der Generalanwalt können die Parteien auffordern, innerhalb einer bestimmten Frist von ihnen für relevant erachtete Auskünfte zum Sachverhalt, Schriftstücke oder sonstige Angaben zu übermitteln. Die erhaltenen Antworten und Schriftstücke werden den anderen Parteien übermittelt.

Drittes Kapitel

MÜNDLICHE VERHANDLUNG

Artikel 55

Unbeschadet des Vorrangs der gemäß Artikel 85 zu erlassenden Entscheidungen erkennt der Gerichtshof über die bei ihm anhängigen Rechtssachen jeweils in der Reihenfolge, in der die Beweisaufnahme abgeschlossen wird. Bei gleichzeitigem Abschluss der Beweisaufnahme für mehrere Rechtssachen bestimmt sich die Reihenfolge nach dem Tag der Eintragung der Klageschriften in das Register.

In besonderen Fällen kann der Präsident anordnen, dass eine Rechtssache mit Vorrang entschieden wird.

In besonderen Fällen kann der Präsident nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei anordnen, dass eine Rechtssache zu späterer Entscheidung zurückgestellt wird. Beantragen die Parteien einvernehmlich die Zurückstellung einer Rechtssache, so kann der Präsident dem Antrag stattgeben.

Artikel 56

Der Präsident eröffnet und leitet die Verhandlung; ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung.

Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so darf der Inhalt der mündlichen Verhandlung nicht veröffentlicht werden.

Artikel 57

Der Präsident kann in der Verhandlung Fragen an die Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte der Parteien richten.

Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.

Artikel 58

Die Parteien können nur durch Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte verhandeln.

Artikel 59

Am Schluss der mündlichen Verhandlung stellt der Generalanwalt seine Schlussanträge und begründet sie.

Nach den Schlussanträgen erklärt der Präsident die mündliche Verhandlung für geschlossen.

Artikel 60

Der Gerichtshof kann jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts gemäß Artikel 45 § 1 eine Beweisaufnahme oder die Wiederholung und Erweiterung einer früheren Beweiserhebung anordnen. Er kann mit der Ausführung den Berichterstatter beauftragen.

Artikel 61

Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen.

Artikel 62

Der Kanzler nimmt über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Die Parteien können die Protokolle bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften erhalten.

Kapitel 3a

BESCHLEUNIGTE VERFAHREN

Artikel 62a

Auf Antrag des Klägers oder des Beklagten kann der Präsident auf Vorschlag des Berichterstatters nach Anhörung der anderen Partei und des Generalanwalts ausnahmsweise beschließen, eine Rechtssache einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die besondere Dringlichkeit der Rechtssache es erforderlich macht, dass der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit entscheidet.

Der Antrag, eine Rechtssache dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, ist mit besonderem Schriftsatz gleichzeitig mit der Klageschrift oder der Klagebeantwortung einzureichen.

Wird ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt, so können die Klageschrift und die Klagebeantwortung nur dann durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies für erforderlich hält.

Streithelfer können einen Streithilfeschriftsatz nur einreichen, wenn der Präsident dies für erforderlich hält.

Unmittelbar nach Eingang der Klagebeantwortung oder, wenn erst nach Eingang dieses Schriftsatzes beschlossen wird, die Rechtssache einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, unmittelbar nach diesem Beschluss bestimmt der Präsident den Termin für die mündliche Verhandlung, der sofort den Parteien mitgeteilt wird. Er kann den Termin für die mündliche Verhandlung verschieben, wenn die Durchführung von Beweiserhebungen oder sonstigen vorbereitenden Maßnahmen dies verlangt.

Unbeschadet des Artikels 42 können die Parteien in der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen ergänzen und Beweismittel benennen. Sie haben die verspätete Benennung ihrer Beweismittel zu begründen.

Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Viertes Kapitel

URTEILE

Artikel 63

Das Urteil enthält:

die Feststellung, dass es vom Gerichtshof erlassen ist;

den Tag der Verkündung;

die Namen des Präsidenten und der übrigen Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;

den Namen des Generalanwalts;

den Namen des Kanzlers;

die Bezeichnung der Parteien;

die Namen der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte;

die Anträge der Parteien;

die Feststellung, dass der Generalanwalt gehört worden ist;

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

die Entscheidungsgründe;

die Urteilsformel einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

Artikel 64

Das Urteil wird in öffentlicher Sitzung verkündet; die Parteien sind hierzu zu laden.

Der Präsident, die übrigen Richter, die an der Beratung teilgenommen haben, und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; den Parteien wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt.

Der Kanzler vermerkt auf der Urschrift des Urteils den Tag der Verkündung.

Artikel 65

Das Urteil wird mit dem Tage seiner Verkündung rechtskräftig.

Artikel 66

Unbeschadet der Bestimmungen über die Auslegung von Urteilen kann der Gerichtshof Schreib- und Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, der binnen zwei Wochen nach Urteilsverkündung zu stellen ist, berichtigen.

Der Kanzler benachrichtigt die Parteien, die innerhalb einer vom Präsidenten bestimmten Frist schriftlich Stellung nehmen können.

Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung.

Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift des berichtigten Urteils verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift des berichtigten Urteils anzubringen.

Artikel 67

Hat der Gerichtshof einen einzelnen Punkt der Anträge oder die Kostenentscheidung übergangen, so kann jede Partei innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils dessen Ergänzung beantragen.

Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt dieser eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Nach Eingang dieser Stellungnahme und nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der Gerichtshof darüber, ob der Antrag zulässig und begründet ist.

Artikel 68

Der Kanzler sorgt für die Veröffentlichung einer Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs.

Fünftes Kapitel

PROZESSKOSTEN

Artikel 69

Über die Kosten wird im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, entschieden.

Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet der Gerichtshof über die Verteilung der Kosten.

Der Gerichtshof kann die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

Der Gerichtshof kann auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

Die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen ihre eigenen Kosten.

Die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde tragen ebenfalls ihre eigenen Kosten, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind.

Der Gerichtshof kann entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Absätzen 1 und 2 genannten seine eigenen Kosten trägt.

Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag zurück, so wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

Einigen sich die Parteien über die Kosten, so wird gemäß der Vereinbarung entschieden.

Werden keine Kostenanträge gestellt, so trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Erklärt der Gerichtshof die Hauptsache für erledigt, so entscheidet er über die Kosten nach freiem Ermessen.

Artikel 70

In den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten tragen die Organe ihre Kosten selbst; Artikel 69 § 3 Absatz 2 bleibt unberührt.

Artikel 71

Die notwendigen Aufwendungen einer Partei für die Zwangsvollstreckung sind ihr von der Gegenpartei zu erstatten; maßgebend ist die Gebührenordnung des Staates, in dem die Vollstreckung stattfindet.

Artikel 72

Das Verfahren vor dem Gerichtshof ist kostenfrei, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist:

a)

Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts Kosten, die vermeidbar gewesen wären, der Partei auferlegen, die sie veranlasst hat.

b)

Kosten für Schreib- und Übersetzungsarbeiten, die nach Ansicht des Kanzlers das gewöhnliche Maß überschreiten, hat die Partei, die diese Arbeiten beantragt hat, nach Maßgabe der in Artikel 16 § 5 bezeichneten Gebührenordnung zu erstatten.

Artikel 73

Unbeschadet des Artikels 72 gelten als erstattungsfähige Kosten:

a)

Leistungen an Zeugen und Sachverständige gemäß Artikel 51;

b)

Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte.

Artikel 74

Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet der Spruchkörper, an den die Rechtssache verwiesen worden ist, auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei sowie des Generalanwalts durch Beschluss.

Die Parteien können eine Ausfertigung des Beschlusses zum Zwecke der Vollstreckung beantragen.

Artikel 75

Die Kasse des Gerichtshofs und dessen Schuldner leisten ihre Zahlungen in Euro.

Sind die zu erstattenden Auslagen in einer anderen Währung als dem Euro entstanden oder sind die Handlungen, derentwegen die Zahlung geschuldet wird, in einem Land vorgenommen worden, dessen Währung nicht der Euro ist, so ist der Umrechnung der am Zahlungstag geltende Referenzwechselkurs der Europäischen Zentralbank zugrunde zu legen.

Sechstes Kapitel

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 76

Ist eine Partei außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann ihr auf Antrag jederzeit Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

Mit dem Antrag sind Unterlagen einzureichen, aus denen sich die Bedürftigkeit des Antragstellers ergibt, insbesondere eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Behörde.

Wird der Antrag vor der Klage eingereicht, die der Antragsteller erheben will, so ist deren Gegenstand kurz darzulegen.

Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

Der Präsident bestimmt den Berichterstatter. Auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts verweist der Gerichtshof den Antrag an einen Spruchkörper, der entscheidet, ob die Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise zu bewilligen oder zu versagen ist. Die Prozesskostenhilfe ist zu versagen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist.

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Wird der Antrag auf Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise abgelehnt, so ist die Ablehnung in dem Beschluss zu begründen.

Der Spruchkörper kann die Prozesskostenhilfe jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag entziehen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens ändern.

Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so streckt die Kasse des Gerichtshofs die Kosten vor.

In der Kostenentscheidung des Endurteils kann die Einziehung aufgrund der Bewilligung der Prozesskostenhilfe vorgestreckter Beträge zugunsten der Kasse des Gerichtshofs angeordnet werden.

Der Kanzler treibt diese Beträge von der Partei ein, die zu ihrer Erstattung verurteilt worden ist.

Siebtes Kapitel

AUSSERGERICHTLICHE ERLEDIGUNG UND KLAGERÜCKNAHME

Artikel 77

Einigen sich die Parteien über die streitigen Fragen, bevor der Gerichtshof entschieden hat, und erklären sie, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so ordnet der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß Artikel 69 § 5, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der dahin gehenden Vorschläge der Parteien, über die Kosten.

Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Rechtssachen im Sinne der Artikel 263 und 265 AEUV.

Artikel 78

Nimmt der Kläger durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gerichtshof die Klage zurück, so ordnet der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß Artikel 69 § 5 über die Kosten.

Achtes Kapitel

ZUSTELLUNGEN

Artikel 79

Die in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Zustellungen werden vom Kanzler in der Weise veranlasst, dass dem Zustellungsbevollmächtigten des Empfängers eine Abschrift des betreffenden Schriftstücks entweder auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein übermittelt oder gegen Quittung übergeben wird.

Die Abschriften werden vom Kanzler ausgefertigt und beglaubigt, es sei denn, dass sie gemäß Artikel 37 § 1 von den Parteien eingereicht werden.

Hat sich der Empfänger gemäß Artikel 38 § 2 Absatz 2 damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel erfolgen, so kann jedes Schriftstück mit Ausnahme der Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofs durch Übermittlung einer Kopie auf diesem Wege zugestellt werden.

Ist eine solche Übermittlung aus technischen Gründen oder wegen der Art oder des Umfangs des Schriftstücks nicht möglich, so wird dieses dem Empfänger, wenn dieser keine Zustellungsanschrift angegeben hat, gemäß dem Verfahren des § 1 zugestellt. Der Empfänger wird davon mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel benachrichtigt. Ein Einschreiben gilt am zehnten Tag nach der Aufgabe zur Post am Ort des Gerichtssitzes als dem Empfänger zugestellt, sofern nicht durch den Rückschein nachgewiesen wird, dass der Zugang zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist, oder der Empfänger dem Kanzler binnen drei Wochen nach der Benachrichtigung mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel mitteilt, dass ihm das Einschreiben nicht zugegangen ist.

Neuntes Kapitel

FRISTEN

Artikel 80

Die in den Verträgen, in der Satzung und in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen gerichtlichen Fristen werden wie folgt berechnet:

a)

Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, in den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b)

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche, im letzten Monat oder im letzten Jahr dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c)

Ist eine Frist nach Monaten und nach Tagen bemessen, so werden zunächst die vollen Monate und dann die Tage gezählt.

d)

Eine Frist umfasst die gesetzlichen Feiertage, die Sonntage und die Samstage.

e)

Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

Der Gerichtshof stellt ein Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage auf, das im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen ist.

Artikel 81

Beginnt eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Maßnahme eines Organs mit der Veröffentlichung der Maßnahme, so ist diese Frist im Sinne von Artikel 80 § 1 Buchstabe a vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Maßnahme im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen.

Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.

Artikel 82

Aufgrund dieser Verfahrensordnung festgesetzte Fristen können von der anordnenden Stelle verlängert werden.

Der Präsident und die Kammerpräsidenten können dem Kanzler die Zeichnungsbefugnis übertragen, bestimmte Fristen, die sie aufgrund dieser Verfahrensordnung anzuordnen haben, festzusetzen oder deren Verlängerung zu gewähren.

Zehntes Kapitel

AUSSETZUNG DES VERFAHRENS

Artikel 82a

Das Verfahren kann ausgesetzt werden:

a)

in den in Artikel 54 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Fällen durch Beschluss des Gerichtshofs nach Anhörung des Generalanwalts;

b)

in allen übrigen Fällen durch Entscheidung des Präsidenten nach Anhörung des Generalanwalts und, außer in den Vorabentscheidungsverfahren gemäß Artikel 103, der Parteien.

Nach demselben Verfahren kann durch Beschluss oder durch Entscheidung die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet werden.

Die in diesem Paragrafen vorgesehenen Beschlüsse oder Entscheidungen werden den Parteien zugestellt.

Die Aussetzung des Verfahrens wird zu dem in dem Aussetzungsbeschluss oder der Aussetzungsentscheidung angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt dieses Beschlusses oder dieser Entscheidung wirksam.

Während der Aussetzung läuft keine Verfahrensfrist gegenüber den Parteien ab.

Ist in dem Aussetzungsbeschluss oder der Aussetzungsentscheidung das Ende der Aussetzung nicht festgelegt, so endet die Aussetzung zu dem in dem Beschluss oder der Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt des Beschlusses oder der Entscheidung über die Fortsetzung.

Ab dem Zeitpunkt der Fortsetzung beginnen die Verfahrensfristen von Beginn an erneut zu laufen.

DRITTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Erstes Kapitel

AUSSETZUNG DES VOLLZUGS ODER DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 83

Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs im Sinne der Artikel 278 AEUV und 157 EAGV sind nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gerichtshof angefochten hat.

Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne des Artikels 279 AEUV sind nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.

Die in § 1 genannten Anträge müssen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen.

Der Antrag ist mit besonderem Schriftsatz einzureichen und muss den Artikeln 37 und 38 entsprechen.

Artikel 84

Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt ihr eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

Der Präsident kann eine Beweisaufnahme anordnen.

Er kann dem Antrag stattgeben, bevor die Stellungnahme der Gegenpartei eingeht. Diese Entscheidung kann später, auch von Amts wegen, abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 85

Der Präsident entscheidet selbst oder überträgt die Entscheidung dem Gerichtshof.

Ist der Präsident abwesend oder verhindert, so findet Artikel 11 entsprechende Anwendung.

Wird die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen, so erkennt dieser unter Zurückstellung aller anderen Rechtssachen und nach Anhörung des Generalanwalts. Artikel 84 findet entsprechende Anwendung.

Artikel 86

Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist. Der Beschluss wird den Parteien unverzüglich zugestellt.

Die Vollstreckung des Beschlusses kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind.

Die einstweilige Anordnung kann befristet werden. In Ermangelung einer ausdrücklichen Befristung tritt sie mit der Verkündung des Endurteils außer Kraft.

Der Beschluss stellt nur eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichtshofs zur Hauptsache nicht vor.

Artikel 87

Auf Antrag einer Partei kann der Beschluss jederzeit wegen veränderter Umstände abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 88

Die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung hindert den Antragsteller nicht, einen weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Antrag zu stellen.

Artikel 89

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Anträge, die gemäß den Artikeln 280 und 299 AEUV sowie 164 EAGV gestellt werden und auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung von Entscheidungen des Gerichtshofs oder von Maßnahmen anderer Organe gerichtet sind.

In dem Beschluss, der dem Antrag stattgibt, wird gegebenenfalls der Zeitpunkt festgesetzt, zu dem die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.

Artikel 90

Anträge gemäß Artikel 81 Absätze 3 und 4 EAGV müssen

a)

Namen und Wohnsitz der Personen oder Unternehmen angeben, die der Überwachungsmaßnahme unterworfen werden sollen;

b)

Gegenstand und Zweck der Überwachungsmaßnahme bezeichnen.

Der Präsident entscheidet durch Beschluss. Artikel 86 findet entsprechende Anwendung.

Ist der Präsident abwesend oder verhindert, so findet Artikel 11 entsprechende Anwendung.

Zweites Kapitel

PROZESSHINDERNDE EINREDEN UND ZWISCHENSTREIT

Artikel 91

Will eine Partei vorab eine Entscheidung des Gerichtshofs über eine prozesshindernde Einrede oder einen Zwischenstreit herbeiführen, so hat sie dies mit besonderem Schriftsatz zu beantragen.

Der Schriftsatz muss außer dem Antrag dessen tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten; Unterlagen, auf die sich die Partei beruft, sind beizufügen.

Unmittelbar nach Eingang des Schriftsatzes bestimmt der Präsident eine Frist, innerhalb deren die Gegenpartei schriftlich ihre Anträge zu stellen und zu begründen hat.

Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt.

Nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der Gerichtshof über den Antrag oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor.

Verwirft der Gerichtshof den Antrag oder behält er die Entscheidung dem Endurteil vor, so bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.

Artikel 92

Ist der Gerichtshof für eine Klage offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage offensichtlich unzulässig, so kann er nach Anhörung des Generalanwalts, ohne das Verfahren fortzusetzen, durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

Der Gerichtshof kann jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien entscheiden, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen, oder feststellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist; die Entscheidung ergeht gemäß Artikel 91 §§ 3 und 4.

Drittes Kapitel

STREITHILFE

Artikel 93

Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur innerhalb von sechs Wochen nach der in Artikel 16 § 6 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden.

Der Antrag muss enthalten:

a)

die Bezeichnung der Rechtssache;

b)

die Bezeichnung der Parteien;

c)

Namen und Wohnsitz des Antragstellers;

d)

die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes;

e)

die Anträge, die der Antragsteller unterstützen will;

f)

für den Fall, dass der Antrag gemäß Artikel 40 Absatz 2 oder 3 der Satzung gestellt wird, die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt.

Für die Vertretung des Streithelfers gilt Artikel 19 der Satzung.

Die Artikel 37 und 38 dieser Verfahrensordnung finden entsprechende Anwendung.

Der Antrag wird den Parteien zugestellt.

Vor einer Entscheidung über den Antrag gibt der Präsident den Parteien Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluss oder überträgt die Entscheidung dem Gerichtshof.

Gibt der Präsident dem Antrag statt, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen.

Der Streithelfer muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet.

Der Präsident setzt dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann.

Der Streithilfeschriftsatz muss enthalten:

a)

die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind;

b)

die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers;

c)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.

Ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer, der nach Ablauf der in § 1 bezeichneten Frist, aber vor dem in Artikel 44 § 3 vorgesehenen Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt wird, kann berücksichtigt werden. In diesem Fall kann der Streithelfer, wenn der Präsident dem Antrag stattgibt, in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn eine solche stattfindet.

Viertes Kapitel

VERSÄUMNISURTEIL UND EINSPRUCH

Artikel 94

Reicht der Beklagte, gegen den ordnungsgemäß Klage erhoben ist, seine Klagebeantwortung nicht form- und fristgerecht ein, so kann der Kläger Versäumnisurteil beantragen.

Der Antrag wird dem Beklagten zugestellt. Der Gerichtshof kann die Eröffnung der mündlichen Verhandlung über den Antrag beschließen.

Vor Erlass eines Versäumnisurteils prüft der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Klage ordnungsgemäß erhoben und zulässig ist und ob die Anträge des Klägers begründet erscheinen. Er kann eine Beweisaufnahme anordnen.

Das Versäumnisurteil ist vollstreckbar. Der Gerichtshof kann die Vollstreckung aussetzen, bis über einen gemäß § 4 eingelegten Einspruch entschieden ist, oder sie davon abhängig machen, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind; wird kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch verworfen, so ist die Sicherheit freizugeben.

Gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch eingelegt werden.

Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen; die Artikel 37 und 38 finden entsprechende Anwendung.

Nach der Zustellung des Einspruchs setzt der Präsident der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Auf das weitere Verfahren finden die Artikel 44 ff. entsprechende Anwendung.

Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil, gegen das weiterer Einspruch nicht zulässig ist.

Die Urschrift dieses Urteils wird mit der Urschrift des Versäumnisurteils verbunden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des Versäumnisurteils anzubringen.

Fünftes Kapitel

Artikel 95

(aufgehoben)

Artikel 96

(aufgehoben)

Sechstes Kapitel

AUSSERORDENTLICHE RECHTSBEHELFE

Erster Abschnitt – Drittwiderspruch

Artikel 97

Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 37 und 38 entsprechende Anwendung; der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;

b)

die Angabe, in welchen Punkten dieses Urteil die Rechte des Dritten beeinträchtigt;

c)

die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren zu beteiligen.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten.

Ist das Urteil im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, so muss der Antrag binnen zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden.

Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung des angefochtenen Urteils ausgesetzt werden. Die Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung.

Wird dem Drittwiderspruch stattgegeben, so ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.

Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift des angefochtenen Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des angefochtenen Urteils anzubringen.

Zweiter Abschnitt – Wiederaufnahme des Verfahrens

Artikel 98

Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist binnen drei Monaten nach dem Tag zu beantragen, an dem der Antragsteller Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, auf die er seinen Antrag stützt.

Artikel 99

Auf den Antrag finden die Artikel 37 und 38 entsprechende Anwendung. Der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;

b)

die Angabe der Punkte, in denen das Urteil angefochten wird;

c)

die Bezeichnung der Tatsachen, die dem Antrag zugrunde liegen;

d)

die Benennung der Beweismittel für das Vorliegen von Tatsachen, die die Wiederaufnahme rechtfertigen, und für die Wahrung der in Artikel 98 genannten Frist.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das angefochtene Urteil ergangen ist.

Artikel 100

Aufgrund der schriftlichen Stellungnahme der Parteien und nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der Gerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Urteil über die Zulässigkeit des Antrags, ohne der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen.

Gibt der Gerichtshof dem Antrag statt, so tritt er erneut in die Prüfung der Hauptsache ein und entscheidet durch Urteil gemäß den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung.

Die Urschrift des abändernden Urteils ist mit der Urschrift des abgeänderten Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des abgeänderten Urteils anzubringen.

Siebtes Kapitel

KLAGEN GEGEN ENTSCHEIDUNGEN DES SCHIEDSAUSSCHUSSES

Artikel 101

Die in Artikel 18 Absatz 2 EAGV bezeichneten Klagen müssen enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Klägers;

b)

die Stellung des Unterzeichnenden;

c)

die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung des Schiedsausschusses;

d)

die Bezeichnung der Gegenparteien;

e)

eine kurze Darlegung des Sachverhalts;

f)

die Anträge und die Klagegründe des Klägers.

Artikel 37 §§ 3 und 4 sowie Artikel 38 §§ 2, 3 und 5 finden entsprechende Anwendung.

Mit der Klage ist eine beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung einzureichen.

Unmittelbar nach Eingang der Klage fordert der Kanzler die Akten der Rechtssache bei der Kanzlei des Ausschusses an.

Auf die Verfahren finden die Artikel 39, 40 und 55 ff. entsprechende Anwendung.

Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil. Hebt er die Entscheidung des Ausschusses auf, so kann er die Sache an den Ausschuss zurückverweisen.

Achtes Kapitel

AUSLEGUNG VON URTEILEN

Artikel 102

Für Anträge auf Auslegung von Urteilen gelten die Artikel 37 und 38 entsprechend. Der Antrag muss ferner bezeichnen:

a)

das auszulegende Urteil;

b)

die Stellen, deren Auslegung beantragt wird.

Er ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das Urteil ergangen ist.

Der Gerichtshof gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme; er entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts durch Urteil.

Die Urschrift des auslegenden Urteils ist mit der Urschrift des ausgelegten Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des ausgelegten Urteils anzubringen.

Neuntes Kapitel

VORLAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG UND ANDERE AUSLEGUNGSVERFAHREN

Artikel 103

In den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Fällen finden auf das Verfahren die Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unter Berücksichtigung der Eigenart der Vorabentscheidungsvorlage entsprechende Anwendung.

§ 1 gilt entsprechend für Vorabentscheidungsvorlagen nach dem Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 29. Februar 1968 über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen durch den Gerichtshof und nach dem Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof, beide Protokolle unterzeichnet in Luxemburg am 3. Juni 1971, sowie für die Verfahren nach Artikel 4 des letztgenannten Protokolls.

§ 1 gilt auch für etwaige in anderen Übereinkommen vorgesehene Vorlagen.

Artikel 104

Die Entscheidungen der nationalen Gerichte im Sinne von Artikel 103 werden den Mitgliedstaaten in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung in der Amtssprache des Empfängerstaats übermittelt. Sofern dies aufgrund der Länge der Entscheidung des nationalen Gerichts angebracht ist, wird diese Übersetzung durch die Übersetzung einer Zusammenfassung der Entscheidung in der Amtssprache des Empfängerstaats ersetzt, die dann als Grundlage für die Stellungnahme dieses Staates dient. Die Zusammenfassung enthält den vollständigen Wortlaut der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage(n). Sie umfasst insbesondere, soweit die Entscheidung des nationalen Gerichts diese Angaben enthält, den Gegenstand des Ausgangsverfahrens, die wesentlichen Argumente der Parteien des Ausgangsverfahrens, eine kurze Darstellung der Begründung der Vorlage sowie die zitierte Rechtsprechung und die angeführten unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften.

In den in Artikel 23 Absatz 3 der Satzung genannten Fällen werden die Entscheidungen der nationalen Gerichte den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der EFTA-Überwachungsbehörde in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung der Entscheidung, gegebenenfalls einer Zusammenfassung, in einer der in Artikel 29 § 1 genannten, vom Empfänger zu wählenden Sprache übermittelt.

Kann sich ein Drittstaat gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, so wird ihm die Entscheidung des nationalen Gerichts in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung der Entscheidung, gegebenenfalls einer Zusammenfassung, in einer der in Artikel 29 § 1 genannten, von dem betreffenden Drittstaat zu wählenden Sprache übermittelt.

Hinsichtlich der Vertretung und des persönlichen Erscheinens der Parteien des Ausgangsverfahrens in den Vorabentscheidungsverfahren trägt der Gerichtshof den vor den nationalen Gerichten, die ihn angerufen haben, geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung.

Stimmt eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage überein, über die der Gerichtshof bereits entschieden hat, oder kann die Antwort auf eine solche Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden, so kann der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist und auf das frühere Urteil oder auf die betreffende Rechtsprechung verweist.

Der Gerichtshof kann nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts und nachdem er den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben und den Generalanwalt angehört hat, ebenfalls durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, entscheiden, wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt.

Unbeschadet der Regelung des § 3 umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof im Fall einer Vorlage zur Vorabentscheidung auch eine mündliche Verhandlung. Der Gerichtshof kann jedoch nach Einreichung bzw. Abgabe der in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Schriftsätze oder Erklärungen auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und nach Unterrichtung der Beteiligten, die gemäß diesen Bestimmungen Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können, etwas anderes beschließen, vorausgesetzt, keiner dieser Beteiligten stellt einen Antrag, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen er gehört werden möchte. Der Antrag ist binnen drei Wochen nach Zustellung der eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen an die Partei oder den Beteiligten zu stellen. Diese Frist kann vom Präsidenten verlängert werden.

Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts das nationale Gericht um Klarstellungen ersuchen.

Die Entscheidung über die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens ist Sache des nationalen Gerichts.

In besonderen Fällen kann der Gerichtshof im Rahmen der Prozesskostenhilfe eine Beihilfe bewilligen, um es einer Partei zu erleichtern, sich vertreten zu lassen oder persönlich zu erscheinen.

Artikel 104a

Auf Antrag des nationalen Gerichts kann der Präsident auf Vorschlag des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts ausnahmsweise beschließen, ein Vorabentscheidungsersuchen einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn sich aus den angeführten Umständen die außerordentliche Dringlichkeit der Entscheidung über die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage ergibt.

In diesem Fall bestimmt der Präsident sofort den Termin für die mündliche Verhandlung, der den Parteien des Ausgangsverfahrens und den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten mit der Zustellung der Vorlageentscheidung mitgeteilt wird.

Die Parteien und die anderen im vorstehenden Absatz bezeichneten Beteiligten können innerhalb einer vom Präsidenten gesetzten Frist von mindestens 15 Tagen Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen einreichen. Der Präsident kann die Parteien und die anderen Beteiligten auffordern, ihre Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen auf die wesentlichen von der Vorlagefrage aufgeworfenen Rechtsfragen zu beschränken.

Die gegebenenfalls eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen werden den vorstehend genannten Parteien und anderen Beteiligten vor der Sitzung übermittelt.

Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Artikel 104b

Ein Vorabentscheidungsersuchen, das eine oder mehrere Fragen zu den von Titel V des Dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfassten Bereichen aufwirft, kann auf Antrag des nationalen Gerichts oder ausnahmsweise von Amts wegen einem Eilverfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unterworfen werden.

In seinem Antrag stellt das nationale Gericht die rechtlichen und tatsächlichen Umstände dar, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt und die die Anwendung dieses abweichenden Verfahrens rechtfertigen, und gibt, soweit möglich, an, welche Antwort es auf die Vorlagefragen vorschlägt.

Hat das nationale Gericht keinen Antrag auf Durchführung des Eilverfahrens gestellt, so kann der Präsident des Gerichtshofs, wenn die Anwendung dieses Verfahrens dem ersten Anschein nach geboten ist, die nachstehend genannte Kammer um Prüfung der Frage ersuchen, ob es erforderlich ist, das Ersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen.

Die Entscheidung, ein Ersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, wird von der hierfür bestimmten Kammer auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts getroffen. Die Besetzung der Kammer gemäß Artikel 11c bestimmt sich, wenn das nationale Gericht die Anwendung des Eilverfahrens beantragt, nach dem Tag der Zuweisung der Rechtssache an den Berichterstatter oder, wenn die Anwendung dieses Verfahrens auf Ersuchen des Präsidenten des Gerichtshofs geprüft wird, nach dem Tag, an dem dieses Ersuchen gestellt wird.

Ein unter § 1 fallendes Vorabentscheidungsersuchen wird, wenn das nationale Gericht die Anwendung des Eilverfahrens beantragt hat oder der Präsident die hierfür bestimmte Kammer um Prüfung der Frage ersucht hat, ob es erforderlich ist, das Ersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, vom Kanzler sofort den am Verfahren vor dem nationalen Gericht beteiligten Parteien, dem Mitgliedstaat, zu dem dieses Gericht gehört, und unter den in Artikel 23 Absatz 1 der Satzung vorgesehenen Voraussetzungen den dort genannten Organen zugestellt.

Die Entscheidung, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen oder nicht zu unterwerfen, wird dem nationalen Gericht sowie den in Absatz 1 genannten Parteien, dem dort genannten Mitgliedstaat und den dort genannten Organen unverzüglich zugestellt. Mit der Entscheidung, das Ersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, wird die Frist festgesetzt, innerhalb deren die in Satz 1 Genannten Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen einreichen können. In der Entscheidung kann angegeben werden, welche Rechtsfragen die Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen behandeln sollen, und der Umfang bestimmt werden, den diese höchstens haben dürfen.

Unmittelbar nach der in Absatz 1 genannten Zustellung wird das Vorabentscheidungsersuchen außerdem den in Artikel 23 der Satzung genannten Beteiligten, die nicht Adressaten dieser Zustellung sind, übermittelt, und die Entscheidung, das Ersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen oder nicht zu unterwerfen, wird diesen Beteiligten unmittelbar nach der in Absatz 2 genannten Zustellung übermittelt.

Den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Parteien und sonstigen Beteiligten wird so bald wie möglich der voraussichtliche Termin für die mündliche Verhandlung mitgeteilt.

Wird das Ersuchen nicht dem Eilverfahren unterworfen, bestimmt sich das Verfahren nach Artikel 23 der Satzung und den anwendbaren Vorschriften dieser Verfahrensordnung.

Das einem Eilverfahren unterworfene Vorabentscheidungsersuchen sowie die eingereichten Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen werden den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten, soweit dies nicht die in § 2 Absatz 1 genannten Parteien und Beteiligten sind, zugestellt. Dem Vorabentscheidungsersuchen ist eine Übersetzung, unter den Voraussetzungen des Artikels 104 § 1 gegebenenfalls eine Zusammenfassung, beizufügen.

Die eingereichten Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen werden außerdem den in § 2 Absatz 1 genannten Parteien und sonstigen Beteiligten zugestellt.

Mit den Zustellungen nach den Absätzen 1 und 2 wird den Parteien und sonstigen Beteiligten der Termin für die mündliche Verhandlung mitgeteilt.

Die Kammer kann in Fällen äußerster Dringlichkeit beschließen, von dem in § 2 Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen schriftlichen Verfahren abzusehen.

Die hierfür bestimmte Kammer entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.

Sie kann beschließen, mit drei Richtern zu tagen. In diesem Fall ist sie mit dem Präsidenten der hierfür bestimmten Kammer, dem Berichterstatter und dem ersten oder gegebenenfalls den ersten beiden Richtern besetzt, die bei der Besetzung der hierfür bestimmten Kammer nach § 1 Absatz 4 dieses Artikels anhand der in Artikel 11c § 2 genannten Liste bestimmt werden.

Sie kann auch beschließen, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen, damit sie einem größeren Spruchkörper zugewiesen wird. Das Eilverfahren wird vor dem neuen Spruchkörper fortgeführt, gegebenenfalls nach Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Schriftsätze gelten mit der Übermittlung einer Kopie der unterzeichneten Urschrift sowie der Unterlagen und Schriftstücke, auf die sich der Beteiligte beruft, mit dem in Artikel 37 § 4 erwähnten Verzeichnis mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel an die Kanzlei als eingereicht. Die Urschrift des Schriftsatzes und die Anlagen werden der Kanzlei des Gerichtshofs übermittelt.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Zustellungen und Mitteilungen können durch Übermittlung einer Kopie mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gerichtshof und beim Empfänger vorhandener technischer Kommunikationsmittel erfolgen.

Zehntes Kapitel

VERFAHREN GEMÄSS DEN ARTIKELN 103 BIS 105 EAGV

Artikel 105

Anträge nach Artikel 103 Absatz 3 EAGV sind in vier beglaubigten Ausfertigungen einzureichen. Sie werden der Europäischen Kommission zugestellt.

Mit dem Antrag sind der Entwurf des Abkommens oder der Vereinbarung, die Stellungnahme der Europäischen Kommission gegenüber dem betroffenen Staat sowie alle sonstigen Unterlagen einzureichen.

Die Europäische Kommission hat sich innerhalb einer Frist von zehn Tagen, die vom Präsidenten nach Anhörung des betroffenen Staates verlängert werden kann, zu dem Antrag zu äußern.

Eine beglaubigte Abschrift dieser Äußerung wird dem Staat zugestellt.

Unmittelbar nach Eingang des Antrags bestimmt der Präsident den Berichterstatter; der Erste Generalanwalt bestimmt den Generalanwalt sogleich nach der Bestimmung des Berichterstatters.

Die Entscheidung ergeht nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung.

Die Bevollmächtigten oder die Beistände des betroffenen Staates und der Europäischen Kommission sind auf ihren Antrag zu hören.

Artikel 106

Auf die in den Artikeln 104 Absatz 3 und 105 Absatz 2 EAG-Vertrag bezeichneten Fälle finden die Artikel 37 ff. entsprechende Anwendung.

Der Antrag wird dem Staat zugestellt, dem der Antragsgegner angehört.

Elftes Kapitel

GUTACHTEN

Artikel 107

Anträge des Europäischen Parlaments auf Gutachten gemäß Artikel 218 AEUV werden dem Rat, der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten zugestellt. Entsprechende Anträge des Rates werden der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament zugestellt. Anträge der Europäischen Kommission werden dem Rat, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten zugestellt. Anträge eines Mitgliedstaats werden dem Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und den übrigen Mitgliedstaaten zugestellt.

Der Präsident setzt den Empfängern dieser Zustellungen eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Das Gutachten kann sich sowohl auf die Vereinbarkeit des beabsichtigten Abkommens mit den Verträgen als auch auf die Zuständigkeit der Union oder eines ihrer Organe für den Abschluss eines solchen Abkommens erstrecken.

Artikel 108

Unmittelbar nach Eingang des Antrags gemäß Artikel 107 bestimmt der Präsident den Berichterstatter.

Der Gerichtshof gibt nach Anhörung der Generalanwälte in nichtöffentlicher Sitzung ein mit Gründen versehenes Gutachten ab.

Das Gutachten wird vom Präsidenten, von den übrigen an der Beratung beteiligten Richtern sowie vom Kanzler unterzeichnet und dem Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten zugestellt.

Artikel 109

(aufgehoben)

Zwölftes Kapitel

AUSLEGUNGSERSUCHEN GEMÄSS ARTIKEL 68 EG-VERTRAG

Artikel 109a

(aufgehoben)

Dreizehntes Kapitel

ENTSCHEIDUNG ÜBER STREITIGKEITEN NACH ARTIKEL 35 EU-VERTRAG IN DER FASSUNG VOR INKRAFTTRETEN DES VERTRAGS VON LISSABON

Artikel 109b

Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten nach Artikel 35 Absatz 7 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden, durch das den Verträgen beigefügte Protokoll Nr. 36 aufrechterhaltenen Fassung wird der Gerichtshof durch einen Antrag einer Partei der Streitigkeit befasst. Der Antrag wird den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zugestellt.

Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission nach Artikel 35 Absatz 7 EUV in seiner vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon geltenden, durch das den Verträgen beigefügte Protokoll Nr. 36 aufrechterhaltenen Fassung wird der Gerichtshof durch einen Antrag einer Partei der Streitigkeit befasst. Der Antrag wird den anderen Mitgliedstaaten, dem Rat und der Europäischen Kommission zugestellt, wenn er von einem Mitgliedstaat gestellt wird. Der Antrag wird den Mitgliedstaaten und dem Rat zugestellt, wenn er von der Europäischen Kommission gestellt wird.

Der Präsident setzt den Organen und den Mitgliedstaaten, denen der Antrag zugestellt wird, eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Unmittelbar nach Eingang des Antrags nach § 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Der Erste Generalanwalt weist den Antrag sogleich danach einem Generalanwalt zu.

Der Gerichtshof entscheidet über die Streitigkeit durch Urteil nach Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts.

Das Verfahren über den Antrag umfasst eine mündliche Verhandlung, wenn ein Mitgliedstaat oder eines der in § 1 bezeichneten Organe dies beantragt.

Das gleiche Verfahren findet Anwendung, wenn ein zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenes Übereinkommen dem Gerichtshof die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Streitigkeit zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen Mitgliedstaaten und einem Organ verleiht.

VIERTER TITEL

RECHTSMITTEL GEGEN ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

Artikel 110

Wird gegen die Entscheidungen des Gerichts nach den Artikeln 56 und 57 der Satzung ein Rechtsmittel eingelegt, so ist Verfahrenssprache diejenige Sprache, in der die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts ergangen ist; Artikel 29 § 2 Buchstaben b und c und Artikel 29 § 3 Absatz 4 bleiben unberührt.

Artikel 111

Das Rechtsmittel wird durch Einreichung eines Schriftsatzes bei der Kanzlei des Gerichtshofs oder des Gerichts eingelegt.

Die Kanzlei des Gerichts übermittelt die erstinstanzlichen Akten und gegebenenfalls die Rechtsmittelschrift unverzüglich der Kanzlei des Gerichtshofs.

Artikel 112

Die Rechtsmittelschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Rechtsmittelführers;

b)

die Bezeichnung der anderen Parteien des Verfahrens vor dem Gericht;

c)

die Rechtsmittelgründe;

d)

die Anträge des Rechtsmittelführers.

Die Artikel 37 und 38 §§ 2 und 3 finden auf die Rechtsmittelschrift entsprechende Anwendung.

Die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts ist der Rechtsmittelschrift beizufügen. Es ist anzugeben, an welchem Tag die angefochtene Entscheidung dem Rechtsmittelführer zugestellt worden ist.

Entspricht die Rechtsmittelschrift nicht dem Artikel 38 § 3 oder dem § 2 des vorliegenden Artikels, so findet Artikel 38 § 7 entsprechende Anwendung.

Artikel 113

Die Rechtsmittelanträge müssen zum Gegenstand haben:

die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts;

die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.

Das Rechtsmittel kann den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.

Artikel 114

Die Rechtsmittelschrift wird den Parteien des Verfahrens vor dem Gericht zugestellt. Artikel 39 findet entsprechende Anwendung.

Artikel 115

Die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht können binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelschrift eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Eine Verlängerung der Beantwortungsfrist ist nicht möglich.

Die Rechtsmittelbeantwortung muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz der Partei, die sie einreicht;

b)

die Angabe des Tages, an dem ihr die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist;

c)

die rechtliche Begründung;

d)

die Anträge.

Artikel 37 und 38 §§ 2 und 3 finden entsprechende Anwendung.

Artikel 116

Die Anträge in der Rechtsmittelbeantwortung müssen zum Gegenstand haben:

die vollständige oder teilweise Zurückweisung des Rechtsmittels oder die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts;

die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.

Die Rechtsmittelbeantwortung kann den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.

Artikel 117

Rechtsmittelschrift und Rechtsmittelbeantwortung können durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen dahin gehenden Antrag des Rechtsmittelführers, der binnen sieben Tagen nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung gestellt wird, für erforderlich hält und ausdrücklich die Einreichung einer Erwiderung gestattet, um dem Rechtsmittelführer zu ermöglichen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, oder um die Entscheidung über das Rechtsmittel vorzubereiten. Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung der Erwiderung und bei der Zustellung dieses Schriftsatzes die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung.

Haben die in einer Rechtsmittelbeantwortung gestellten Anträge die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts unter einem Gesichtspunkt zum Gegenstand, der in der Rechtsmittelschrift nicht geltend gemacht wird, so kann der Rechtsmittelführer oder jede andere Partei binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung eine auf diesen Gesichtspunkt beschränkte Erwiderung einreichen. § 1 findet auf die auf diese Erwiderung hin eingereichten weiteren Schriftsätze entsprechende Anwendung.

Artikel 118

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen finden Artikel 42 § 2 sowie die Artikel 43, 44, 55 bis 90, 93, 95 bis 100 und 102 auf das Verfahren vor dem Gerichtshof, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung.

Artikel 119

Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Gerichtshof jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

Artikel 120

Nach Einreichung der in Artikel 115 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 117 § § 1 und 2 bezeichneten Schriftsätze kann der Gerichtshof auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und der Parteien beschließen, über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, eine Partei stellt einen Antrag, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen sie gehört werden möchte. Der Antrag ist binnen drei Wochen nach der Mitteilung an die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Diese Frist kann vom Präsidenten verlängert werden.

Artikel 121

Der Bericht gemäß Artikel 44 § 2 ist dem Gerichtshof nach Einreichung der in Artikel 115 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 117 §§ 1 und 2 bezeichneten Schriftsätze vorzulegen. Werden die vorgenannten Schriftsätze nicht eingereicht, so findet nach Ablauf der für ihre Einreichung vorgesehenen Frist das gleiche Verfahren Anwendung.

Artikel 122

Der Gerichtshof entscheidet über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet.

In den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten gilt Folgendes:

Artikel 70 findet nur dann Anwendung, wenn ein Organ Rechtsmittel einlegt;

abweichend von Artikel 69 § 2 kann der Gerichtshof bei Rechtsmitteln, die von Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs eingelegt werden, die Kosten zwischen den Parteien teilen, sofern dies aus Gründen der Billigkeit geboten ist.

Wird ein Rechtsmittel zurückgenommen, so findet Artikel 69 § 5 entsprechende Anwendung.

Ist das von einem Mitgliedstaat oder einem Organ, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind, eingelegte Rechtsmittel begründet, so kann der Gerichtshof die Kosten zwischen den Parteien teilen oder dem obsiegenden Rechtsmittelführer die Kosten auferlegen, die das Rechtsmittel einer unterliegenden Partei verursacht hat.

Artikel 123

Anträge auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof sind binnen einem Monat nach der in Artikel 16 § 6 bezeichneten Veröffentlichung zu stellen.

TITEL 4a

ÜBERPRÜFUNG VON ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS

Artikel 123a

Entscheidet der Gerichtshof gemäß Artikel 62 Absatz 2 der Satzung, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, ist Verfahrenssprache diejenige Sprache, in der die Entscheidung des Gerichts, die Gegenstand der Überprüfung ist, ergangen ist; Artikel 29 § 2 Buchstaben b und c und Artikel 29 § 3 Absätze 4 und 5 bleiben unberührt.

Artikel 123b

Für die Entscheidung nach Maßgabe des Artikels 123d, ob eine Entscheidung des Gerichts gemäß Artikel 62 der Satzung zu überprüfen ist, wird eine besondere Kammer eingerichtet.

Diese Kammer ist mit dem Präsidenten des Gerichtshofs und vier der Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern, die gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung bestimmt werden, besetzt.

Artikel 123c

Sobald der Termin für die Verkündung einer Entscheidung im Sinne des Artikels 256 Absatz 2 oder 3 AEUV bestimmt ist, unterrichtet die Kanzlei des Gerichts die Kanzlei des Gerichtshofs davon. Sie übermittelt ihr die Entscheidung, sobald sie verkündet ist.

Artikel 123d

Der Vorschlag des Ersten Generalanwalts, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, wird dem Präsidenten des Gerichtshofs übermittelt; gleichzeitig wird der Kanzler von der Übermittlung unterrichtet. Ist die Entscheidung des Gerichts nach Artikel 256 Absatz 3 AEUV ergangen, benachrichtigt der Kanzler sogleich das Gericht, das nationale Gericht, die Parteien des Verfahrens vor dem nationalen Gericht und die anderen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten von dem Überprüfungsvorschlag.

Unmittelbar nach Erhalt des Überprüfungsvorschlags bestimmt der Präsident unter den Richtern der in Artikel 123b bezeichneten Kammer den Berichterstatter.

Diese Kammer entscheidet auf Bericht des Berichterstatters, ob die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen ist. In der Entscheidung, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, sind die Fragen anzugeben, die Gegenstand der Überprüfung sind.

Ist die Entscheidung des Gerichts nach Artikel 256 Absatz 2 AEUV ergangen, benachrichtigt der Kanzler sogleich das Gericht, die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht und die anderen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten von der Entscheidung des Gerichtshofs, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen.

Ist die Entscheidung des Gerichts nach Artikel 256 Absatz 3 AEUV ergangen, benachrichtigt der Kanzler sogleich das Gericht, das nationale Gericht, die Parteien des Verfahrens vor dem nationalen Gericht und die anderen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten von der Entscheidung des Gerichtshofs, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen oder nicht zu überprüfen. Die Entscheidung des Gerichtshofs, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, wird durch Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 123e

Die Entscheidung des Gerichtshofs, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, wird den Parteien und den anderen in Artikel 62a Absatz 2 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt. Die Zustellung an die Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde erfolgt unter Beifügung einer Übersetzung der Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Artikel 104 § 1 Absätze 1 und 2. Die Entscheidung des Gerichtshofs wird außerdem dem Gericht und, wenn es sich um eine Entscheidung des Gerichts nach Artikel 256 Absatz 3 AEUV handelt, dem betreffenden nationalen Gericht übermittelt.

Innerhalb eines Monats nach der in Absatz 1 bezeichneten Zustellung können die Parteien und die anderen Beteiligten, denen die Entscheidung des Gerichtshofs zugestellt worden ist, Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen zu den Fragen einreichen, die Gegenstand der Überprüfung sind.

Unmittelbar nachdem entschieden worden ist, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, weist der Erste Generalanwalt die Überprüfung einem Generalanwalt zu.

Nachdem der Präsident den Berichterstatter bestimmt hat, setzt er den Zeitpunkt fest, zu dem dieser der Generalversammlung des Gerichtshofs einen Vorbericht vorzulegen hat. Der Vorbericht enthält Vorschläge des Berichterstatters zu den Fragen, ob vorbereitende Maßnahmen zu treffen sind, an welchen Spruchkörper die Überprüfung zu verweisen ist und ob eine mündliche Verhandlung vorzusehen ist, sowie zu den Modalitäten der Stellungnahme des Generalanwalts. Der Gerichtshof entscheidet über die Vorschläge des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts.

Ist die Entscheidung des Gerichts, die Gegenstand der Überprüfung ist, nach Artikel 256 Absatz 2 AEUV ergangen, entscheidet der Gerichtshof über die Kosten.

FÜNFTER TITEL

VERFAHREN GEMÄSS DEM EWR-ABKOMMEN

Artikel 123f

In dem in Artikel 111 Absatz 3 EWR-Abkommen (3) bezeichneten Fall wird der Gerichtshof durch ein Ersuchen der an dem Streit beteiligten Vertragsparteien angerufen. Das Ersuchen wird den anderen Vertragsparteien, der Europäischen Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und gegebenenfalls den anderen Beteiligten zugestellt, denen ein Vorabentscheidungsersuchen, das die gleiche Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufwirft, zugestellt würde.

Der Präsident setzt den Vertragsparteien und den anderen Beteiligten, denen das Ersuchen zugestellt wird, eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Das Ersuchen ist in einer der in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen einzureichen. Artikel 29 §§ 3 bis 5 findet Anwendung. Artikel 104 § 1 gilt entsprechend.

Unmittelbar nach Eingang des Ersuchens gemäß § 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Sogleich danach bestimmt der Erste Generalanwalt den Generalanwalt.

Der Gerichtshof erlässt nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung eine mit Gründen versehene Entscheidung über das Ersuchen.

Die Entscheidung des Gerichtshofs wird vom Präsidenten, von den übrigen an der Beratung beteiligten Richtern sowie vom Kanzler unterzeichnet und den Vertragsparteien und den anderen in § 1 genannten Beteiligten zugestellt.

Artikel 123g

In dem in Artikel 1 des Protokolls 34 zum EWR-Abkommen bezeichneten Fall wird das Ersuchen des nationalen Gerichts den Parteien des Rechtsstreits, den Vertragsparteien, der Europäischen Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und gegebenenfalls den anderen Beteiligten zugestellt, denen ein Vorabentscheidungsersuchen, das die gleiche Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufwirft, zugestellt würde.

Wird das Ersuchen nicht in einer der in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen vorgelegt, so ist ihm eine Übersetzung in einer dieser Sprachen beizufügen.

Binnen zwei Monaten nach Zustellung können die Parteien, die Vertragsparteien und die anderen in Absatz 1 genannten Beteiligten Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben.

Auf das Verfahren finden die Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unter Berücksichtigung der Eigenart des Ersuchens entsprechende Anwendung.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 124

Wer als Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gerichtshof zur Eidesleistung aufgefordert wird, wird vom Präsidenten ermahnt, seine Aussage wahrheitsgemäß zu machen bzw. seinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, und wird von ihm über die in der Gesetzgebung seines Heimatstaats vorgesehenen strafrechtlichen Folgen einer Verletzung dieser Pflicht belehrt.

Der Zeuge leistet den Eid entweder gemäß Artikel 47 § 5 Absatz 1 oder in den Formen der Gesetzgebung seines Heimatstaats.

Erlaubt das Heimatrecht dem Zeugen in Gerichtsverfahren, neben dem Eid oder anstelle des Eides eine dem Eid gleichgestellte Erklärung abzugeben, so kann er diese Erklärung unter den Bedingungen und nach den Formen der Gesetzgebung seines Heimatstaats abgeben.

Kennt das Heimatrecht des Zeugen weder einen Eid noch eine solche Erklärung, so verbleibt es bei der Belehrung gemäß § 1.

Auf Sachverständige findet § 2 entsprechende Anwendung, wobei jedoch auf Artikel 49 § 6 Absatz 1 statt auf Artikel 47 § 5 Absatz 1 Bezug genommen wird.

Artikel 125

Unbeschadet des Artikels 253 AEUV erlässt der Gerichtshof im Benehmen mit den beteiligten Regierungen eine zusätzliche Verfahrensordnung über das von ihm auf folgenden Gebieten einzuschlagende Verfahren:

a)

Rechtshilfeersuchen;

b)

Prozesskostenhilfe;

c)

Anzeigen des Gerichtshofs wegen Eidesverletzungen von Zeugen und Sachverständigen gemäß Artikel 30 der Satzung.

Artikel 125a

Der Gerichtshof kann praktische Anweisungen insbesondere zur Vorbereitung und zum Ablauf der Sitzungen sowie zur Einreichung von Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen erteilen.

Artikel 126

Diese Verfahrensordnung tritt an die Stelle der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 4. Dezember 1974 (ABl. L 350 vom 28.12.1974, S. 1), zuletzt geändert am 15. Mai 1991.

Artikel 127

Diese Verfahrensordnung ist in den in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen verbindlich. Sie wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.


(1)  ABl. L 176 vom 4.7.1991, S. 7, und ABl. L 383 vom 29.12.1992, S. 117 (Berichtigungen), mit den Änderungen vom 21. Februar 1995, veröffentlicht im ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 61, vom 11. März 1997, veröffentlicht im ABl. L 103 vom 19.4.1997, S. 1, und ABl. L 351 vom 23.12.1997, S. 72 (Berichtigungen), vom 16. Mai 2000, veröffentlicht im ABl. L 122 vom 24.5.2000, S. 43, und ABl. L 43 vom 14.2.2001, S. 40 (Berichtigungen), vom 28. November 2000, veröffentlicht im ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 1, vom 3. April 2001, veröffentlicht im ABl. L 119 vom 27.4.2001, S. 1, vom 17. September 2002, veröffentlicht im ABl. L 272 vom 10.10.2002, S. 24, und ABl. L 281 vom 19.10.2002, S. 24 (Berichtigungen), vom 8. April 2003, veröffentlicht im ABl. L 147 vom 14.6.2003, S. 17, und für die Anlage zur Verfahrensordnung der Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juni 2003, veröffentlicht im ABl. L 172 vom 10.7.2003, S. 12, vom 19. April 2004, veröffentlicht im ABl. L 132 vom 29.4.2004, S. 2, vom 20. April 2004, veröffentlicht im ABl. L 127 vom 29.4.2004, S. 107, vom 12. Juli 2005, veröffentlicht im ABl. L 203 vom 4.8.2005, S. 19, vom 18. Oktober 2005, veröffentlicht im ABl. L 288 vom 29.10.2005, S. 51, vom 18. Dezember 2006, veröffentlicht im ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 44, vom 15. Januar 2008, veröffentlicht im ABl. L 24 vom 29.1.2008, S. 39, vom 23. Juni 2008, veröffentlicht im ABl. L 200 vom 29.7.2008, S. 20, vom 8. Juli 2008, veröffentlicht im ABl. L 200 vom 29.7.2008, S. 18, vom 13. Januar 2009, veröffentlicht im ABl. L 24 vom 28. Januar 2009, S. 8, und vom 23. März 2010, veröffentlicht im ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 12.

(2)  Siehe Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABl. L 162 vom 19. Juni 1997, S. 1.

(3)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 27.


ANLAGE

BESCHLUSS ÜBER DIE GESETZLICHEN FEIERTAGE


Aufgrund des Artikels 80 § 2 der Verfahrensordnung über das vom Gerichtshof aufzustellende Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage

ERLÄSST DER GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN UNION FOLGENDEN BESCHLUSS:

Artikel 1

Gesetzliche Feiertage im Sinne von Artikel 80 § 2 der Verfahrensordnung sind:

der Neujahrstag,

der Ostermontag,

der 1. Mai,

Christi Himmelfahrt,

der Pfingstmontag,

der 23. Juni,

der 15. August,

der 1. November,

der 25. Dezember,

der 26. Dezember.

Die in Absatz 1 genannten gesetzlichen Feiertage sind die Feiertage, die am Sitz des Gerichtshofs gelten.

Artikel 2

Artikel 80 § 2 der Verfahrensordnung findet keine Anwendung auf andere als die in Artikel 1 dieses Beschlusses genannten Feiertage.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt als Anlage zur Verfahrensordnung am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.


2.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 177/37


GERICHT

KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTS

(2010/C 177/02)

In der vorliegenden Ausgabe sind

die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Mai 1991 (ABl. L 136 vom 30.5.1991, S. 1, mit Berichtigung im ABl. L 193 vom 17.7.1991, S. 44, und im ABl. L 317 vom 19.11.1991, S. 34) und die Änderungen zusammengestellt, die sich aus den folgenden Rechtsakten ergeben:

1.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 15. September 1994 (ABl. L 249 vom 24.9.1994, S. 17),

2.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 17. Februar 1995 (ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 64),

3.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Juli 1995 (ABl. L 172 vom 22.7.1995, S. 3),

4.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. März 1997 (ABl. L 103 vom 19.4.2007, S. 6, und ABl. L 351 vom 23.12.1997, S. 72 — Berichtigung),

5.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 17. Mai 1999 (ABl. L 135 vom 29.5.1999, S. 92),

6.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Dezember 2000 (ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 4),

7.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Mai 2003 (ABl. L 147 vom 14.6.2003, S. 22),

8.

Beschluss 2004/406/EG, Euratom des Rates vom 19. April 2004 zur Änderung von Artikel 35 § 1 und § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 132 vom 29.4.2004, S. 3),

9.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 21. April 2004 (ABl. L 127 vom 29.4.2004, S. 108),

10.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Oktober 2005 (ABl. L 298 vom 15.11.2005, S. 1, und ABl. L 250 vom 14.9.2006, S. 35 — Berichtigung),

11.

Beschluss 2006/956/EG, Euratom des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften bezüglich der Sprachenregelung (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 45),

12.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Juni 2008 (ABl. L 179 vom 8.7.2008, S. 12),

13.

Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Januar 2009 (ABl. L 24 vom 28.1.2009, S. 9),

14.

Beschluss 2009/170/EG, Euratom des Rates vom 16. Februar 2009 zur Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften bezüglich der Sprachenregelung für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. L 60 vom 4.3.2009, S. 3),

15.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Juli 2009 (ABl. L 184 vom 16.7.2009, S. 10),

16.

Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts vom 26. März 2010 (ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 14).

Diese Ausgabe ist nicht rechtsverbindlich. Bezugsvermerke und Begründungserwägungen sind deshalb nicht mit abgedruckt.

 


KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTS

vom 2. Mai 1991  (1)

INHALT

Eingangsbestimmung (Art. 1)

 

Erster Titel

— Aufbau des Gerichts

Erstes Kapitel

— Der Präsident und die Mitglieder des Gerichts (Art. 2 bis 9)

Zweites Kapitel

— Bildung der Kammern und Bestellung der Berichterstatter und der Generalanwälte (Art. 10 bis 19)

Drittes Kapitel

— Die Kanzlei

Erster Abschnitt

— Kanzler (Art.  20 bis 27)

Zweiter Abschnitt

— Dienststellen (Art. 28 bis 30)

Viertes Kapitel

— Geschäftsgang des Gerichts (Art. 31 bis 34)

Fünftes Kapitel

— Sprachenregelung (Art. 35 bis 37)

Sechstes Kapitel

— Rechte und Pflichten der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte (Art. 38 bis 42)

Zweiter Titel

— Allgemeine Verfahrensvorschriften

Erstes Kapitel

— Schriftliches Verfahren (Art. 43 bis 54)

Zweites Kapitel

— Mündliche Verhandlung (Art. 55 bis 63)

Drittes Kapitel

— Prozessleitende Maßnahmen und Beweisaufnahme

Erster Abschnitt

— Prozessleitende Maßnahmen (Art. 64)

Zweiter Abschnitt

— Beweisaufnahme (Art. 65 bis 67)

Dritter Abschnitt

— Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen (Art. 68 bis 76)

Kapitel 3a

— Beschleunigte Verfahren (Art. 76a)

Viertes Kapitel

— Aussetzung des Verfahrens und Abgabeentscheidung des Gerichts (Art. 77 bis 80)

Fünftes Kapitel

— Urteile (Art. 81 bis 86)

Sechstes Kapitel

— Prozesskosten (Art. 87 bis 93)

Siebtes Kapitel

— Prozesskostenhilfe (Art. 94 bis 97)

Achtes Kapitel

— Außergerichtliche Erledigung und Klagerücknahme (Art. 98 und 99)

Neuntes Kapitel

— Zustellungen (Art. 100)

Zehntes Kapitel

— Fristen (Art. 101 bis 103)

Dritter Titel

— Besondere Verfahrensarten

Erstes Kapitel

— Aussetzung des Vollzugs oder der Zwangsvollstreckung und sonstige einstweilige Anordnungen (Art. 104 bis 110)

Zweites Kapitel

— Prozesshindernde Einreden und Zwischenstreit (Art. 111 bis 114)

Drittes Kapitel

— Streithilfe (Art. 115 und 116)

Viertes Kapitel

— Urteil des Gerichts nach Aufhebung und Zurückverweisung (Art. 117 bis 121)

Kapitel 4a

— Entscheidungen des Gerichts nach Überprüfung und Zurückverweisung(Art. 121a bis 121d)

Fünftes Kapitel

— Versäumnisurteil und Einspruch (Art. 122)

Sechstes Kapitel

— Außerordentliche Rechtsbehelfe

Erster Abschnitt

— Drittwiderspruch (Art. 123 und 124)

Zweiter Abschnitt

— Wiederaufnahme des Verfahrens (Art. 125 bis 128)

Dritter Abschnitt

— Auslegung von Urteilen (Art. 129)

Vierter Titel

— Rechtsstreitigkeiten betreffend die Rechte des geistigen Eigentums (Art. 130 bis 136)

Fünfter Titel

— Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst des Europäischen Union (Art. 136a bis 149)

Schlussbestimmungen (Art. 150 und 151)

 

EINGANGSBESTIMMUNG

Artikel 1

In den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung werden bezeichnet:

die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit der Nummer des betreffenden Artikels dieses Vertrags, gefolgt von dem Kürzel „AEUV“,

die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit der Nummer des Artikels, gefolgt von dem Kürzel „EAGV“,

das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union als „Satzung“,

das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum als „EWR-Abkommen“.

In dieser Verfahrensordnung

umfasst der Begriff „Organ“ oder „Organe“ die Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt gegründet worden sind und die in Verfahren vor dem Gericht Partei sein können;

wird mit dem Ausdruck „EFTA-Überwachungsbehörde“ die im EWR-Abkommen genannte Überwachungsbehörde bezeichnet.

ERSTER TITEL

AUFBAU DES GERICHTS

Erstes Kapitel

DER PRÄSIDENT UND DIE MITGLIEDER DES GERICHTS

Artikel 2

Jedes Mitglied des Gerichts übt grundsätzlich die Tätigkeit eines Richters aus.

Die Mitglieder des Gerichts werden nachstehend „Richter“ genannt.

Mit Ausnahme des Präsidenten kann jeder Richter in einer bestimmten Rechtssache nach Maßgabe der Artikel 17 bis 19 die Tätigkeit eines Generalanwalts ausüben.

Die Bezugnahmen auf den Generalanwalt in dieser Verfahrensordnung gelten nur für die Fälle, in denen ein Richter zum Generalanwalt bestellt worden ist.

Artikel 3

Die Amtszeit eines Richters beginnt mit dem in der Ernennungsurkunde bestimmten Tag. In Ermangelung einer solchen Bestimmung beginnt die Amtszeit mit dem Ausstellungstag der Urkunde.

Artikel 4

Die Richter leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit vor dem Gerichtshof folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich mein Amt unparteiisch und gewissenhaft ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde.“

Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter eine Erklärung, in der sie die feierliche Verpflichtung übernehmen, während ihrer Amtszeit und nach deren Beendigung die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Übernahme gewisser Tätigkeiten und der Annahme von Vorteilen nach Beendigung ihrer Amtszeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

Artikel 5

Hat der Gerichtshof nach Stellungnahme des Gerichts darüber zu entscheiden, ob ein Richter nicht mehr die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so fordert der Präsident des Gerichts den Betroffenen auf, sich hierzu vor dem Gericht zu äußern; dieses tagt hierbei in nichtöffentlicher Sitzung, an der der Kanzler nicht teilnimmt.

Die Stellungnahme des Gerichts ist mit Gründen zu versehen.

Für eine Stellungnahme, durch die festgestellt wird, dass ein Richter nicht mehr die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, sind mindestens die Stimmen der Mehrheit der Richter des Gerichts erforderlich. In diesem Fall ist das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis dem Gerichtshof mitzuteilen.

Die Abstimmung ist geheim; der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit.

Artikel 6

Mit Ausnahme des Präsidenten des Gerichts und der Kammerpräsidenten bestimmt sich die Rangordnung der Richter ohne Unterschied nach ihrem Dienstalter.

Bei gleichem Dienstalter bestimmt sich die Rangordnung nach dem Lebensalter.

Ausscheidende Richter, die wiederernannt werden, behalten ihren bisherigen Rang.

Artikel 7

Sogleich nach der Stellenneubesetzung im Sinne des Artikels 254 AEUV wählen die Richter aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts auf drei Jahre.

Endet die Amtszeit des Präsidenten des Gerichts vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Wahlen sind geheim. Gewählt ist der Richter, der die Stimmen von mehr als der Hälfte der Richter, aus denen das Gericht besteht, erhält. Erreicht keiner der Richter diese Mehrheit, so finden weitere Wahlgänge statt, bis sie erreicht wird.

Artikel 8

Der Präsident des Gerichts leitet die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichts; er führt den Vorsitz in den Vollsitzungen und bei den Beratungen.

Der Präsident des Gerichts führt den Vorsitz in der Großen Kammer.

Ist der Präsident des Gerichts einer Kammer mit drei oder mit fünf Richtern zugeteilt, so führt er den Vorsitz in dieser Kammer.

Artikel 9

Ist der Präsident des Gerichts abwesend oder verhindert oder sein Amt unbesetzt, so werden seine Aufgaben gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der Kammerpräsidenten wahrgenommen.

Sind der Präsident des Gerichts und die Kammerpräsidenten gleichzeitig abwesend oder verhindert oder ihre Ämter gleichzeitig unbesetzt, so werden die Aufgaben des Präsidenten gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der übrigen Richter wahrgenommen.

Zweites Kapitel

BILDUNG DER KAMMERN UND BESTELLUNG DER BERICHTERSTATTER UND DER GENERALANWÄLTE

Artikel 10

Das Gericht bildet Kammern mit drei und mit fünf Richtern sowie eine Große Kammer mit dreizehn Richtern und teilt ihnen die Richter zu.

Die gemäß diesem Artikel getroffene Entscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 11

Die Rechtssachen, mit denen das Gericht befasst ist, werden von den gemäß Artikel 10 gebildeten Kammern mit drei oder mit fünf Richtern entschieden.

Die Rechtssachen können nach Maßgabe der Artikel 14, 51, 106, 118, 124, 127 und 129 vom Plenum oder von der Großen Kammer des Gerichts entschieden werden.

Die Rechtssachen können von einem Einzelrichter entschieden werden, wenn sie diesem nach Maßgabe der Artikel 14 und 51 zur Entscheidung übertragen oder nach den Artikeln 124, 127 § 1 oder 129 § 2 zugewiesen worden sind.

Für die Rechtssachen, für deren Entscheidung die Kammern zuständig sind, bezeichnet der Begriff „Gericht“ in dieser Verfahrensordnung diese Kammer. Für die Rechtssachen, für deren Entscheidung ein Einzelrichter zuständig ist, bezeichnet der Begriff „Gericht“ in dieser Verfahrensordnung auch diesen Richter.

Artikel 12

Das Gericht legt die Kriterien fest, nach denen sich die Verteilung der Rechtssachen auf die Kammern richtet.

Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 13

Sogleich nach Eingang der Klageschrift weist der Präsident des Gerichts die Rechtssache einer Kammer zu.

Der Kammerpräsident schlägt dem Präsidenten des Gerichts für jede der Kammer zugewiesene Rechtssache die Bestimmung eines Berichterstatters vor; der Präsident des Gerichts entscheidet.

Artikel 14

Sofern die rechtliche Schwierigkeit oder die Bedeutung der Rechtssache oder besondere Umstände es rechtfertigen, kann eine Rechtssache an das Plenum des Gerichts, an die Große Kammer oder an eine Kammer mit einer anderen Richterzahl verwiesen werden.

(1)   Die nachstehenden Rechtssachen, die einer Kammer mit drei Richtern zugewiesen sind, können vom Berichterstatter als Einzelrichter entschieden werden, sofern sie sich wegen fehlender Schwierigkeit der aufgeworfenen Tatsachen- und Rechtsfragen, begrenzter Bedeutung der Rechtssache und des Fehlens anderer besonderer Umstände dazu eignen und nach Maßgabe des Artikels 51 übertragen worden sind:

a)

Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 270 AEUV anhängig gemacht worden sind;

b)

Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 263 Absatz 4, des Artikels 265 Absatz 3 und des Artikels 268 AEUV anhängig gemacht worden sind und die nur Fragen aufwerfen, die bereits durch eine gesicherte Rechtsprechung geklärt sind, oder zu einer Serie von Rechtssachen gehören, die den gleichen Gegenstand haben und von denen eine bereits rechtskräftig entschieden ist;

c)

Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 272 AEUV anhängig gemacht worden sind.

(2)   Die Übertragung auf einen Einzelrichter ist ausgeschlossen

a)

bei Rechtssachen, die Fragen der Rechtmäßigkeit von Handlungen mit allgemeiner Geltung aufwerfen;

b)

bei Rechtssachen betreffend die Durchführung

der Wettbewerbsregeln oder der Vorschriften über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,

der Vorschriften über staatliche Beihilfen,

der Vorschriften über handelspolitische Schutzmaßnahmen,

der Vorschriften über die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen mit Ausnahme von Rechtssachen, die zu einer Serie von Rechtssachen gehören, die den gleichen Gegenstand haben und von denen eine bereits rechtskräftig entschieden ist;

c)

bei den in Artikel 130 § 1 bezeichneten Rechtssachen.

(3)   Der Einzelrichter verweist die Rechtssache an die Kammer zurück, wenn er die Voraussetzungen für diese Übertragung nicht mehr für erfüllt hält.

Die in den §§ 1 und 2 vorgesehenen Verweisungs- und Übertragungsentscheidungen ergehen nach Maßgabe des Artikels 51.

Artikel 15

Die Richter wählen aus ihrer Mitte gemäß den Bestimmungen des Artikels 7 § 3 die Präsidenten der Kammern mit drei und mit fünf Richtern.

Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden jeweils für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden sogleich nach der Wahl des Präsidenten des Gerichts gemäß Artikel 7 § 1 gewählt.

Die Präsidenten der Kammern mit drei Richtern werden für einen bestimmten Zeitraum gewählt.

Endet die Amtszeit eines Kammerpräsidenten vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

Das Ergebnis der Wahlen wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 16

In den Rechtssachen, für deren Entscheidung die Kammern zuständig sind, übt der Kammerpräsident die Befugnisse des Präsidenten aus.

In den Rechtssachen, die einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen oder zugewiesen worden sind, übt dieser die Befugnisse des Präsidenten, mit Ausnahme der in den Artikeln 105 und 106 bezeichneten Befugnisse, aus.

Artikel 17

Das in Vollsitzungen tagende Gericht wird von einem durch den Präsidenten des Gerichts bestellten Generalanwalt unterstützt.

Artikel 18

Das in Kammern tagende Gericht kann von einem Generalanwalt unterstützt werden, wenn die rechtliche Schwierigkeit oder der tatsächlich komplizierte Streitstoff der Rechtssache dies nach Ansicht des Gerichts gebietet.

Artikel 19

Die Entscheidung über die Bestellung eines Generalanwalts für eine bestimmte Rechtssache wird auf Antrag der für die Rechtssache zuständigen Kammer vom Plenum des Gerichts getroffen.

Der Präsident des Gerichts bestimmt den Richter, der in dieser Rechtssache die Tätigkeit eines Generalanwalts ausübt.

Drittes Kapitel

DIE KANZLEI

Erster Abschnitt — Kanzler

Artikel 20

Das Gericht ernennt seinen Kanzler.

Der Präsident des Gerichts bringt den Richtern zwei Wochen vor dem für die Ernennung vorgesehenen Zeitpunkt die eingegangenen Bewerbungen zur Kenntnis.

Die Bewerbungen müssen genaue Angaben über Alter, Staatsangehörigkeit, akademische Grade, Sprachkenntnisse, gegenwärtige und frühere Tätigkeit sowie über die etwaigen gerichtlichen und internationalen Erfahrungen der Bewerber enthalten.

Auf die Ernennung des Kanzlers findet Artikel 7 § 3 entsprechende Anwendung.

Der Kanzler wird für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Wiederernennung ist zulässig.

Der Kanzler leistet vor Aufnahme seiner Tätigkeit vor dem Gericht den in Artikel 4 vorgesehenen Eid.

Der Kanzler kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn er nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt; das Gericht entscheidet, nachdem es dem Kanzler Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so ernennt das Gericht einen neuen Kanzler für die Dauer von sechs Jahren.

Artikel 21

Das Gericht kann einen oder mehrere Hilfskanzler ernennen, die den Kanzler unterstützen und ihn nach Maßgabe der in Artikel 23 bezeichneten Dienstanweisung vertreten; die für die Ernennung des Kanzlers geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.

Artikel 22

Sind der Kanzler und gegebenenfalls der Hilfskanzler abwesend oder verhindert oder ihre Stellen unbesetzt, so beauftragt der Präsident des Gerichts Beamte oder sonstige Bedienstete mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Kanzlers.

Artikel 23

Das Gericht erlässt auf Vorschlag des Präsidenten des Gerichts die Dienstanweisung für den Kanzler.

Artikel 24

Die Kanzlei führt unter Aufsicht des Kanzlers ein Register, in das alle schriftlichen Vorgänge der einzelnen Rechtssachen einschließlich der Anlagen zu den Schriftsätzen fortlaufend einzutragen sind, und zwar in der Reihenfolge, in der sie anfallen.

Der Kanzler vermerkt die Eintragung im Register auf der Urschrift und, wenn die Parteien dies beantragen, auf den vorgelegten Abschriften.

Die Eintragung im Register und die in § 2 vorgesehenen Vermerke stellen öffentliche Urkunden dar.

Die Vorschriften über die Registerführung werden in der in Artikel 23 bezeichneten Dienstanweisung festgelegt.

Jeder, der hieran ein Interesse hat, kann das Register bei der Kanzlei einsehen und nach Maßgabe einer vom Gericht auf Vorschlag des Kanzlers zu erlassenden Gebührenordnung Abschriften oder Auszüge erhalten.

Jede Partei kann außerdem nach Maßgabe der Gebührenordnung Abschriften von Schriftsätzen sowie Ausfertigungen von Urteilen und sonstigen gerichtlichen Entscheidungen erhalten.

Über jede Klage wird eine Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, die den Tag der Eintragung der Klageschrift in das Register, Namen und Wohnsitz der Parteien, den Streitgegenstand und den Klageantrag sowie die Angabe der geltend gemachten Klagegründe und die wesentlichen Argumente enthält.

Ist der Rat oder die Europäische Kommission nicht Partei einer Rechtssache, so übermittelt ihnen das Gericht eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung mit Ausnahme der diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen, damit das betreffende Organ feststellen kann, ob die Unanwendbarkeit eines seiner Rechtsakte im Sinne des Artikels 277 AEUV geltend gemacht wird. Eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung wird in der gleichen Weise dem Europäischen Parlament übermittelt, damit es feststellen kann, ob die Unanwendbarkeit eines von ihm und vom Rat gemeinsam erlassenen Rechtsakts im Sinne des Artikels 277 AEUV geltend gemacht wird.

Artikel 25

Der Kanzler hat im Auftrag des Präsidenten alle eingehenden Schriftstücke entgegenzunehmen und sie zu übermitteln oder aufzubewahren sowie für die Zustellungen zu sorgen, die diese Verfahrensordnung vorsieht.

Der Kanzler steht dem Gericht, dem Präsidenten und den übrigen Richtern bei allen Amtshandlungen zur Seite.

Artikel 26

Der Kanzler verwahrt die Siegel. Er ist für das Archiv verantwortlich und sorgt für die Veröffentlichungen des Gerichts.

Artikel 27

Vorbehaltlich der Artikel 5 und 33 ist der Kanzler bei allen Sitzungen des Gerichts zugegen.

Zweiter Abschnitt — Dienststellen

Artikel 28

Die Beamten und sonstigen Bediensteten, die den Präsidenten, die Richter und den Kanzler unmittelbar unterstützen, werden nach den Vorschriften über die Rechtsstellung des Personals ernannt. Sie unterstehen dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts.

Artikel 29

Die in Artikel 28 genannten Beamten und sonstigen Bediensteten leisten vor dem Präsidenten des Gerichts in Gegenwart des Kanzlers den in Artikel 20 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehenen Eid.

Artikel 30

Die allgemeine Verwaltung des Gerichts einschließlich der Finanzverwaltung und der Buchführung wird im Auftrag des Präsidenten des Gerichts vom Kanzler wahrgenommen, dem die Dienststellen des Gerichtshofs zur Seite stehen.

Viertes Kapitel

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTS

Artikel 31

Der Präsident bestimmt den Termin für die Sitzungen des Gerichts.

Das Gericht kann einzelne Sitzungen an einem anderen Ort als seinem Sitz abhalten.

Artikel 32

Ergibt sich infolge Abwesenheit oder Verhinderung eine gerade Zahl von Richtern, so nimmt der in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigste Richter an den Beratungen nicht teil, es sei denn, er ist Berichterstatter. Im letzten Fall nimmt der Richter mit dem nächstniedrigsten Rang an den Beratungen nicht teil.

Ergibt sich infolge der Bestellung eines Generalanwalts gemäß Artikel 17 bei dem in Vollsitzung tagenden Gericht eine gerade Zahl von Richtern, so bestimmt der Präsident des Gerichts vor der Sitzung nach einer im Voraus vom Gericht festgelegten und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Reihenfolge den Richter, der an der Entscheidung der Rechtssache nicht mitwirkt.

Stellt sich nach Einberufung des Plenums heraus, dass die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht erreicht wird, so vertagt der Präsident des Gerichts die Sitzung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht beschlussfähig ist.

Wird in einer Kammer mit drei oder mit fünf Richtern die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von drei Richtern nicht erreicht, so benachrichtigt der Kammerpräsident den Präsidenten des Gerichts; dieser bestimmt einen anderen Richter, durch den die Kammer ergänzt wird.

Für die Beschlussfähigkeit der Großen Kammer ist die Anwesenheit von neun Richtern erforderlich. Wird diese Zahl nicht erreicht, so bestimmt der Präsident des Gerichts einen anderen Richter, durch den die Große Kammer ergänzt wird.

Wird in der Großen Kammer oder in einer Kammer mit fünf Richtern infolge einer vor der Eröffnung der mündlichen Verhandlung eingetretenen Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters die in Artikel 10 § 1 vorgesehene Zahl von Richtern nicht erreicht, so wird diese Kammer zur Wiederherstellung der vorgesehenen Richterzahl durch einen vom Präsidenten des Gerichts bestimmten Richter ergänzt.

Sind einer Kammer mit drei oder fünf Richtern mehr als drei oder fünf Richter zugeteilt, so bestimmt der Kammerpräsident die Richter, die an der Entscheidung der Rechtssache mitwirken sollen.

Ist der Einzelrichter, dem die Rechtssache zur Entscheidung übertragen oder zugewiesen ist, abwesend oder verhindert, so bestimmt der Präsident des Gerichts einen anderen Richter, der ihn ersetzt.

Artikel 33

Die Beratungen des Gerichts sind nicht öffentlich.

An der Beratung nehmen nur die Richter teil, die bei der mündlichen Verhandlung zugegen waren.

Jeder Richter, der an der Beratung teilnimmt, trägt seine Auffassung vor und begründet sie.

Auf Antrag eines Richters wird jede Frage, bevor sie zur Abstimmung gelangt, in einer von ihm gewünschten Sprache niedergelegt und den übrigen Richtern schriftlich übermittelt.

Die Meinung, auf die sich die Mehrheit der Richter nach der abschließenden Aussprache geeinigt hat, ist für die Entscheidung des Gerichts maßgebend. Die Richter stimmen in der umgekehrten Reihenfolge der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung ab.

Meinungsverschiedenheiten über Gegenstand, Fassung und Reihenfolge der Fragen oder die Auslegung einer Abstimmung entscheidet das Gericht.

Bei Sitzungen des Gerichts über Verwaltungsfragen ist der Kanzler zugegen, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

Tagt das Gericht in Abwesenheit des Kanzlers, so wird ein etwa erforderliches Protokoll von dem in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigsten Richter aufgenommen; das Protokoll wird vom Präsidenten und von dem betreffenden Richter unterzeichnet.

Artikel 34

Vorbehaltlich einer besonderen Entscheidung des Gerichts werden die Gerichtsferien wie folgt festgesetzt:

vom 18. Dezember bis zum 10. Januar;

vom Sonntag vor Ostern bis zum zweiten Sonntag nach Ostern;

vom 15. Juli bis zum 15. September.

Das Amt des Präsidenten wird während der Gerichtsferien am Sitz des Gerichts in der Weise wahrgenommen, dass der Präsident mit dem Kanzler in Verbindung bleibt oder dass er einen Kammerpräsidenten oder einen anderen Richter mit seiner Vertretung beauftragt.

In dringenden Fällen kann der Präsident die Richter während der Gerichtsferien einberufen.

Das Gericht hält die am Ort seines Sitzes geltenden gesetzlichen Feiertage ein.

Das Gericht kann den Richtern in begründeten Fällen Urlaub gewähren.

Fünftes Kapitel

SPRACHENREGELUNG

Artikel 35

Die Verfahrenssprachen sind Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.

Der Kläger wählt die Verfahrenssprache, soweit die nachstehenden Vorschriften nichts anderes bestimmen:

a)

Ist die Klage gegen einen Mitgliedstaat oder gegen eine natürliche oder juristische Person gerichtet, die einem Mitgliedstaat angehört, so ist die Amtssprache dieses Staates Verfahrenssprache; bestehen mehrere Amtssprachen, so ist der Kläger berechtigt, eine von ihnen zu wählen.

b)

Auf gemeinsamen Antrag der Parteien kann eine andere der in § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise zugelassen werden.

c)

Auf Antrag einer Partei kann nach Anhörung der Gegenpartei und des Generalanwalts abweichend von den Bestimmungen unter b eine andere der in § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zugelassen werden; der Antrag kann nicht von einem Organ gestellt werden.

Der Beschluss über die vorgenannten Anträge kann vom Präsidenten gefasst werden; dieser kann die Entscheidung dem Gericht übertragen, will er den Anträgen ohne Einverständnis aller Parteien stattgeben, so muss er die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Die Verfahrenssprache ist insbesondere bei den mündlichen Ausführungen und in den Schriftsätzen der Parteien einschließlich aller Anlagen sowie in den Protokollen und Entscheidungen des Gerichts anzuwenden.

Urkunden, die in einer anderen Sprache abgefasst sind, ist eine Übersetzung in der Verfahrenssprache beizugeben.

Bei umfangreichen Urkunden kann die vorgelegte Übersetzung auf Auszüge beschränkt werden. Das Gericht kann jedoch jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine ausführliche oder vollständige Übersetzung verlangen.

Abweichend von diesen Bestimmungen dürfen sich die Mitgliedstaaten ihrer eigenen Amtssprache bedienen, wenn sie einem beim Gericht anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der EFTA-Überwachungsbehörde kann gestattet werden, sich einer anderen der in § 1 genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie einem beim Gericht anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in all diesen Fällen die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Erklären Zeugen oder Sachverständige, dass sie sich nicht hinlänglich in einer der in § 1 genannten Sprachen ausdrücken können, so kann ihnen das Gericht gestatten, ihre Erklärungen in einer anderen Sprache abzugeben. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Der Präsident kann sich bei der Leitung der Verhandlung statt der Verfahrenssprache einer anderen der in § 1 genannten Sprachen bedienen; die gleiche Befugnis haben der Berichterstatter hinsichtlich des Vorberichts und des Sitzungsberichts, die Richter und der Generalanwalt für ihre Fragen in der mündlichen Verhandlung und der Generalanwalt für seine Schlussanträge. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die Verfahrenssprache.

Artikel 36

Auf Ersuchen eines Richters oder des Generalanwalts oder auf Antrag einer Partei veranlasst der Kanzler, dass die vor dem Gericht abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Äußerungen in die in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen, die gewünscht werden, übersetzt werden.

Die Veröffentlichungen des Gerichts erscheinen in den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen.

Artikel 37

Verbindlich ist die Fassung in der Verfahrenssprache oder, falls das Gericht gemäß Artikel 35 eine andere Sprache zugelassen hat, die Fassung in dieser Sprache.

Sechstes Kapitel

RECHTE UND PFLICHTEN DER BEVOLLMÄCHTIGTEN, BEISTÄNDE UND ANWÄLTE

Artikel 38

Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte, die vor dem Gericht oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, können wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden.

Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte genießen ferner folgende Vorrechte und Erleichterungen:

a)

Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten derartige Schriftstücke und Urkunden versiegeln; diese werden unverzüglich dem Gericht übermittelt und in Gegenwart des Kanzlers und des Beteiligten untersucht.

b)

Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte haben Anspruch auf die Zuteilung ausländischer Zahlungsmittel, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.

c)

Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, unterliegen sie keinerlei Beschränkungen.

Artikel 39

Die in Artikel 38 genannten Vergünstigungen kommen den Berechtigten nur dann zugute, wenn sie ihre Eigenschaft nachgewiesen haben; diesen Nachweis erbringen

a)

die Bevollmächtigten durch eine von ihrem Vollmachtgeber ausgestellte Urkunde, der dem Kanzler unverzüglich eine Abschrift dieser Urkunde übermittelt;

b)

die Beistände und Anwälte durch einen vom Kanzler unterschriebenen Ausweis. Die Gültigkeit dieses Ausweises ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt; sie kann je nach der Dauer des Verfahrens verlängert oder verkürzt werden.

Artikel 40

Die in Artikel 38 genannten Vergünstigungen werden ausschließlich im Interesse der geordneten Durchführung des Verfahrens gewährt.

Das Gericht kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn der Fortgang des Verfahrens nach seiner Auffassung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Artikel 41

Ist das Gericht der Auffassung, dass das Verhalten eines Beistands oder Anwalts gegenüber dem Gericht, dem Präsidenten, einem Richter oder dem Kanzler mit der Würde des Gerichts oder den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege unvereinbar ist oder dass dieser Beistand oder Anwalt seine Befugnisse missbraucht, so unterrichtet es den Betroffenen davon. Das Gericht kann die zuständigen Stellen, denen der Betroffene untersteht, unterrichten; eine Kopie des an diese Stellen gerichteten Schreibens wird dem Betroffenen übermittelt.

Aus denselben Gründen kann das Gericht den Betroffenen jederzeit nach dessen Anhörung durch Beschluss vom Verfahren ausschließen. Der Beschluss ist sofort vollstreckbar.

Wird ein Beistand oder Anwalt ausgeschlossen, so setzt der Präsident der betroffenen Partei eine Frist zur Bestellung eines anderen Beistands oder Anwalts; bis zum Ablauf dieser Frist tritt eine Unterbrechung des Verfahrens ein.

Die in Anwendung dieses Artikels getroffenen Entscheidungen können wieder aufgehoben werden.

Artikel 42

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Universitätsprofessoren, die gemäß Artikel 19 der Satzung das Recht haben, vor dem Gericht aufzutreten.

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

Erstes Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 43

Die Urschrift jedes Schriftsatzes ist vom Bevollmächtigten oder vom Anwalt der Partei zu unterzeichnen.

Mit diesem Schriftsatz und allen darin erwähnten Anlagen werden fünf Abschriften für das Gericht und je eine Abschrift für jede andere am Rechtsstreit beteiligte Partei eingereicht. Die Partei beglaubigt die von ihr eingereichten Abschriften.

Die Organe haben innerhalb der vom Gericht festgesetzten Fristen von jedem Schriftsatz Übersetzungen in den anderen in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen vorzulegen. § 1 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

Jeder Schriftsatz ist mit Datum zu versehen. Für die Berechnung der Verfahrensfristen ist nur der Tag des Eingangs bei der Kanzlei maßgebend.

Mit jedem Schriftsatz ist gegebenenfalls ein Aktenstück einzureichen, das die Urkunden, auf die sich die Partei beruft, sowie ein Verzeichnis dieser Urkunden enthält.

Werden von einer Urkunde mit Rücksicht auf deren Umfang nur Auszüge vorgelegt, so ist die Urkunde oder eine vollständige Abschrift hiervon bei der Kanzlei zu hinterlegen.

Unbeschadet der §§ 1 bis 5 ist der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift eines Schriftsatzes einschließlich des in § 4 genannten Urkundenverzeichnisses mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gericht vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen maßgebend, sofern die unterzeichnete Urschrift des Schriftsatzes und die in § 1 Absatz 2 genannten Anlagen und Abschriften spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht werden. Artikel 102 § 2 findet auf diese Frist von zehn Tagen keine Anwendung.

Unbeschadet des § 1 Absatz 1 und der §§ 2 bis 5 kann das Gericht durch Beschluss die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein der Kanzlei elektronisch übermittelter Schriftsatz als Urschrift des Schriftsatzes gilt. Der Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 44

Die in Artikel 21 der Satzung bezeichnete Klageschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Klägers;

b)

die Bezeichnung des Beklagten;

c)

den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe;

d)

die Anträge des Klägers;

e)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

In der Klageschrift ist ferner für die Zwecke des Verfahrens eine Zustellungsanschrift am Ort des Gerichtssitzes anzugeben. Hierbei ist eine Person zu benennen, die ermächtigt ist und sich bereit erklärt hat, die Zustellungen entgegenzunehmen.

Zusätzlich zu oder statt der in Absatz 1 genannten Zustellungsanschrift kann in der Klageschrift angegeben werden, dass sich der Anwalt oder Bevollmächtigte damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel erfolgen.

Entspricht die Klageschrift nicht den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2, so erfolgen bis zur Behebung dieses Mangels alle Zustellungen an die betreffende Partei für die Zwecke des Verfahrens auf dem Postweg durch Einschreiben an den Bevollmächtigten oder Anwalt der Partei. Abweichend von Artikel 100 § 1 gilt in diesem Fall die Zustellung mit der Aufgabe des Einschreibens zur Post am Ort des Gerichtssitzes als bewirkt.

Der Anwalt, der als Beistand oder Vertreter einer Partei auftritt, hat bei der Kanzlei eine Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass er berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten.

Mit der Klageschrift sind gegebenenfalls die in Artikel 21 Absatz 2 der Satzung bezeichneten Unterlagen einzureichen.

Juristische Personen des Privatrechts haben mit der Klageschrift ferner

a)

ihre Satzung oder einen neueren Auszug aus dem Handelsregister oder einen neueren Auszug aus dem Vereinsregister oder einen anderen Nachweis ihrer Rechtspersönlichkeit einzureichen;

b)

den Nachweis vorzulegen, dass die Prozessvollmacht ihres Anwalts von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt ist.

Wird gemäß Artikel 272 AEUV eine Klage aufgrund einer Schiedsklausel erhoben, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist, so ist mit der Klageschrift eine Ausfertigung des diese Klausel enthaltenden Vertrags einzureichen.

Entspricht die Klageschrift nicht den §§ 3 bis 5, so setzt der Kanzler dem Kläger eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels oder zur Beibringung der vorgeschriebenen Unterlagen. Kommt der Kläger dieser Aufforderung vor Ablauf der Frist nicht nach, so entscheidet das Gericht, ob die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.

Artikel 45

Die Klageschrift wird dem Beklagten zugestellt. In dem in Artikel 44 § 6 bezeichneten Fall erfolgt die Zustellung nach Behebung des Mangels oder nach Feststellung des Gerichts, dass die Klage nicht wegen Verletzung der Vorschriften des genannten Artikels unzulässig ist.

Artikel 46

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift hat der Beklagte eine Klagebeantwortung einzureichen. Diese muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Beklagten;

b)

die tatsächliche und rechtliche Begründung;

c)

die Anträge des Beklagten;

d)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

Artikel 44 §§ 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

In den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten müssen der Klagebeantwortung die Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts und die Ablehnungsentscheidung mit Angabe des Datums der Einreichung der Beschwerde und der Mitteilung der Entscheidung beigefügt sein.

Auf begründeten Antrag des Beklagten kann der Präsident unter außergewöhnlichen Umständen die in § 1 bezeichnete Frist verlängern.

Artikel 47

Klageschrift und Klagebeantwortung können durch eine Erwiderung des Klägers und eine Gegenerwiderung des Beklagten ergänzt werden, es sei denn, das Gericht entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts, dass ein zweiter Schriftsatzwechsel nicht erforderlich ist, weil der Akteninhalt so vollständig ist, dass es den Parteien möglich ist, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel und ihre Argumente in der mündlichen Verhandlung näher darzulegen. Das Gericht kann den Parteien jedoch noch gestatten, die Akten zu ergänzen, wenn der Kläger binnen zwei Wochen nach der Zustellung dieser Entscheidung einen dahin gehenden begründeten Antrag stellt.

Der Präsident bestimmt die Fristen für die Einreichung dieser Schriftsätze.

Artikel 48

Die Parteien können in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung noch Beweismittel benennen. Sie haben die Verspätung zu begründen.

Im Übrigen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

Macht eine Partei im Laufe des Verfahrens derartige Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend, so kann der Präsident auch nach Ablauf der gewöhnlichen Verfahrensfristen auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts der Gegenpartei eine Frist zur Stellungnahme setzen.

Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Artikel 49

Das Gericht kann in jedem Verfahrensstadium nach Anhörung des Generalanwalts eine prozessleitende Maßnahme oder eine Beweisaufnahme im Sinne der Artikel 64 und 65 beschließen oder die Wiederholung oder Erweiterung einer früheren Beweiserhebung anordnen.

Artikel 50

Der Präsident kann jederzeit nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts die Verbindung mehrerer Rechtssachen zu gemeinsamem schriftlichen oder mündlichen Verfahren oder zu gemeinsamer Entscheidung beschließen, wenn sie den gleichen Gegenstand betreffen und miteinander in Zusammenhang stehen. Er kann die Verbindung wieder aufheben. Der Präsident kann die Entscheidung hierüber dem Gericht übertragen.

Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte sämtlicher Parteien in den verbundenen Rechtssachen einschließlich der Streithelfer können bei der Kanzlei die den Parteien in den anderen betroffenen Rechtssachen zugestellten Schriftstücke einsehen. Auf Antrag einer Partei kann der Präsident jedoch unbeschadet des Artikels 67 Absatz 3 geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Einsichtnahme ausnehmen.

Artikel 51

In den Fällen nach Artikel 14 § 1 kann die mit der Rechtssache befasste Kammer oder der Präsident des Gerichts in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei dem Plenum des Gerichts vorschlagen, die Rechtssache an das Plenum, die Große Kammer oder eine Kammer mit einer anderen Richterzahl zu verweisen. Über die Verweisung einer Rechtssache an einen Spruchkörper mit einer höheren Richterzahl beschließt das Plenum nach Anhörung des Generalanwalts.

Die Rechtssache wird von einer Kammer mit mindestens fünf Richtern entschieden, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Union dies beantragt.

Die Entscheidung über die Übertragung einer Rechtssache auf den Einzelrichter in den Fällen des Artikels 14 § 2 trifft die Kammer mit drei Richtern, bei der die Rechtssache anhängig ist, einstimmig nach Anhörung der Parteien.

Wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Union der Entscheidung der Rechtssache durch einen Einzelrichter widerspricht, bleibt die Kammer, der der Berichterstatter angehört, mit der Rechtssache befasst, oder die Rechtssache wird an diese Kammer verwiesen.

Artikel 52

Unbeschadet des Artikels 49 bestimmt der Präsident den Zeitpunkt, bis zu dem der Berichterstatter dem Gericht einen Vorbericht abzugeben hat, je nach Lage des Falles

a)

nach Eingang der Gegenerwiderung;

b)

nach Ablauf der nach Artikel 47 § 2 festgesetzten Frist, wenn keine Erwiderung oder Gegenerwiderung eingereicht worden ist;

c)

nachdem die betreffende Partei erklärt hat, dass sie auf die Einreichung einer Erwiderung oder Gegenerwiderung verzichtet;

d)

nachdem das Gericht beschlossen hat, dass gemäß Artikel 47 § 1 die Klageschrift und die Klagebeantwortung nicht durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung zu ergänzen sind;

e)

nachdem das Gericht beschlossen hat, dass gemäß Artikel 76a § 1 im beschleunigten Verfahren zu entscheiden ist.

Der Vorbericht enthält Vorschläge zu der Frage, ob prozessleitende Maßnahmen oder Beweiserhebungen erforderlich sind, sowie zur etwaigen Verweisung der Rechtssache an das Plenum, an die Große Kammer oder an eine andere Kammer des Gerichts mit einer anderen Richterzahl.

Das Gericht entscheidet über die Vorschläge des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts.

Artikel 53

Beschließt das Gericht, von prozessleitenden Maßnahmen und von einer Beweisaufnahme abzusehen, so bestimmt der Präsident den Termin für die Eröffnung der mündlichen Verhandlung.

Artikel 54

Unbeschadet der prozessleitenden Maßnahmen oder der Beweisaufnahme, die in der mündlichen Verhandlung beschlossen werden können, bestimmt der Präsident, wenn im schriftlichen Verfahren prozessleitende Maßnahmen getroffen worden sind oder eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, nach deren Abschluss den Termin für die Eröffnung der mündlichen Verhandlung.

Zweites Kapitel

MÜNDLICHE VERHANDLUNG

Artikel 55

Das Gericht erkennt über die bei ihm anhängigen Rechtssachen jeweils in der Reihenfolge, in der die Beweisaufnahme abgeschlossen wird. Bei gleichzeitigem Abschluss der Beweisaufnahme für mehrere Rechtssachen bestimmt sich die Reihenfolge nach dem Tag der Eintragung der Klageschriften in das Register.

In besonderen Fällen kann der Präsident anordnen, dass eine Rechtssache mit Vorrang entschieden wird.

In besonderen Fällen kann der Präsident nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei anordnen, dass eine Rechtssache zu späterer Entscheidung zurückgestellt wird.

Beantragen die Parteien einvernehmlich die Zurückstellung einer Rechtssache, so kann der Präsident dem Antrag stattgeben.

Artikel 56

Der Präsident eröffnet und leitet die Verhandlung; ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung.

Artikel 57

Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so darf der Inhalt der mündlichen Verhandlung nicht veröffentlicht werden.

Artikel 58

Der Präsident kann in der Verhandlung Fragen an die Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte der Parteien richten.

Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.

Artikel 59

Die Parteien können nur durch Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte verhandeln.

Artikel 60

Ist in einer Rechtssache kein Generalanwalt bestellt worden, so erklärt der Präsident am Ende der Verhandlung die mündliche Verhandlung für geschlossen.

Artikel 61

Stellt der Generalanwalt seine Schlussanträge schriftlich, so übergibt er sie dem Kanzler, der sie den Parteien zustellt.

Nach dem Vortrag oder der Übergabe der Schlussanträge erklärt der Präsident die mündliche Verhandlung für geschlossen.

Artikel 62

Das Gericht kann nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen.

Artikel 63

Der Kanzler nimmt über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Die Parteien können die Protokolle bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften erhalten.

Drittes Kapitel

PROZESSLEITENDE MASSNAHMEN UND BEWEISAUFNAHME

Erster Abschnitt — Prozessleitende Maßnahmen

Artikel 64

Prozessleitende Maßnahmen sollen die Vorbereitung der Entscheidungen, den Ablauf der Verfahren und die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten unter den bestmöglichen Bedingungen gewährleisten. Sie werden vom Gericht nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen.

Prozessleitende Maßnahmen haben insbesondere zum Ziel:

a)

den ordnungsgemäßen Ablauf des schriftlichen Verfahrens oder der mündlichen Verhandlung zu gewährleisten und die Beweiserhebung zu erleichtern;

b)

die Punkte zu bestimmen, zu denen die Parteien ihr Vorbringen ergänzen sollen oder die eine Beweisaufnahme erfordern;

c)

die Tragweite der Anträge und des Vorbringens der Parteien zu verdeutlichen und die zwischen den Parteien streitigen Punkte zu klären;

d)

die gütliche Beilegung der Rechtsstreitigkeiten zu erleichtern.

Zu den prozessleitenden Maßnahmen, die beschlossen werden können, gehören unter anderem:

a)

Fragen an die Parteien;

b)

die Aufforderung an die Parteien, schriftlich oder mündlich zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits Stellung zu nehmen;

c)

Informations- oder Auskunftsverlangen an die Parteien oder Dritte;

d)

die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen oder Beweisstücken im Zusammenhang mit der Rechtssache;

e)

die Ladung der Bevollmächtigten der Parteien oder der Parteien selbst zu Sitzungen.

Jede Partei kann in jedem Verfahrensstadium den Erlass oder die Abänderung prozessleitender Maßnahmen vorschlagen. In diesem Fall werden die anderen Parteien angehört, bevor diese Maßnahmen angeordnet werden.

Wenn die Umstände des Verfahrens dies erfordern, unterrichtet das Gericht die Parteien von den geplanten Maßnahmen und gibt ihnen Gelegenheit, schriftlich oder mündlich dazu Stellung zu nehmen.

Beschließt das Plenum oder die Große Kammer des Gerichts prozessleitende Maßnahmen, die nicht von diesem Spruchkörper selbst durchgeführt werden sollen, so beauftragt der Spruchkörper damit die mit der Rechtssache ursprünglich befasste Kammer oder den Berichterstatter.

Beschließt eine Kammer prozessleitende Maßnahmen, die nicht von ihr selbst getroffen werden sollen, so beauftragt sie damit den Berichterstatter.

Der Generalanwalt ist an der Durchführung der prozessleitenden Maßnahmen beteiligt.

Zweiter Abschnitt — Beweisaufnahme

Artikel 65

Unbeschadet der Artikel 24 und 25 der Satzung sind folgende Beweismittel zulässig:

a)

persönliches Erscheinen der Parteien;

b)

Einholung von Auskünften und Vorlegung von Urkunden;

c)

Vernehmung von Zeugen;

d)

Begutachtung durch Sachverständige;

e)

Einnahme des Augenscheins.

Artikel 66

Das Gericht bezeichnet nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss die Beweismittel und die zu beweisenden Tatsachen. Bevor das Gericht die Beweiserhebungen nach Artikel 65 Buchstaben c, d und e beschließt, werden die Parteien angehört.

Der Beschluss wird den Parteien zugestellt.

Gegenbeweis und Erweiterung des Beweisantritts bleiben vorbehalten.

Artikel 67

Ordnet das Plenum oder die Große Kammer des Gerichts eine Beweisaufnahme an, die nicht vor diesem Spruchkörper selbst stattfinden soll, so beauftragt der Spruchkörper die ursprünglich mit der Rechtssache befasste Kammer oder den Berichterstatter mit ihrer Durchführung.

Ordnet eine Kammer eine Beweisaufnahme an, die nicht vor ihr selbst stattfinden soll, so beauftragt sie den Berichterstatter mit ihrer Durchführung.

Der Generalanwalt nimmt an der Beweisaufnahme teil.

Die Parteien können der Beweisaufnahme beiwohnen.

Vorbehaltlich des Artikels 116 §§ 2 und 6 berücksichtigt das Gericht nur Unterlagen und Beweisstücke, von denen die Anwälte und Bevollmächtigten der Parteien Kenntnis nehmen und zu denen sie Stellung nehmen konnten.

Hat das Gericht zu prüfen, ob ein Schriftstück, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits von Belang sein kann, gegenüber einer oder mehreren Parteien als vertraulich zu behandeln ist, so wird das Schriftstück während dieser Prüfung den Parteien nicht übermittelt.

Ist ein Schriftstück, in das ein Organ die Einsicht verweigert hat, dem Gericht in einem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verweigerung vorgelegt worden, so wird es den übrigen Parteien nicht übermittelt.

Dritter Abschnitt — Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Artikel 68

Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts die Vernehmung von Zeugen über bestimmte Tatsachen anordnen. Die Tatsachen sind in dem Beschluss aufzuführen.

Das Gericht lädt die Zeugen von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien oder des Generalanwalts.

Die Partei hat in ihrem Antrag die Tatsachen zu bezeichnen, über die die Vernehmung stattfinden soll, und die Gründe anzugeben, die die Vernehmung rechtfertigen.

Die Zeugen werden aufgrund eines Beschlusses des Gerichts geladen; dieser Beschluss muss folgende Angaben enthalten:

a)

Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen;

b)

die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen zu vernehmen sind;

c)

gegebenenfalls einen Hinweis auf die Anordnungen des Gerichts über die Erstattung der den Zeugen entstehenden Kosten sowie auf die Geldbußen, die gegen ausbleibende Zeugen verhängt werden können.

Der Beschluss ist den Parteien und den Zeugen zuzustellen.

Das Gericht kann die Ladung von Zeugen, deren Vernehmung von einer Partei beantragt wird, davon abhängig machen, dass die Partei bei der Kasse des Gerichts einen Vorschuss in bestimmter Höhe zur Deckung der voraussichtlichen Kosten hinterlegt.

Zeugen, die von Amts wegen geladen werden, erhalten von der Kasse des Gerichts die erforderlichen Vorschüsse.

Der Präsident weist die Zeugen nach Feststellung ihrer Identität darauf hin, dass sie die Richtigkeit ihrer Aussagen nach den Bestimmungen des § 5 und des Artikels 71 zu versichern haben.

Die Zeugen werden vom Gericht vernommen; die Parteien sind hierzu zu laden. Der Präsident kann auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen nach Beendigung der Aussage Fragen an die Zeugen richten.

Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an die Zeugen richten.

Vorbehaltlich des Artikels 71 leistet der Zeuge nach Beendigung seiner Aussage folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt habe.“

Das Gericht kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Zeugen verzichten.

Der Kanzler erstellt ein Protokoll, das die Zeugenaussagen wiedergibt.

Das Protokoll wird vom Präsidenten oder von dem mit der Vernehmung beauftragten Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet. Vor der Unterzeichnung ist dem Zeugen Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Protokolls zu überprüfen und das Protokoll zu unterzeichnen.

Das Protokoll stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Artikel 69

Zeugen, die ordnungsgemäß geladen sind, haben der Ladung Folge zu leisten.

Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge nicht, so kann das Gericht ihn zu einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro verurteilen und die erneute Ladung auf Kosten des Zeugen anordnen.

Die gleiche Geldbuße kann gegen einen Zeugen verhängt werden, der ohne berechtigten Grund die Aussage, die Eidesleistung oder gegebenenfalls die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung verweigert.

Die verhängte Geldbuße kann nur aufgehoben werden, wenn der Zeuge berechtigte Entschuldigungsgründe vorbringt. Die Geldbuße kann auf Antrag des Zeugen verringert werden, wenn der Zeuge nachweist, dass sie in keinem angemessenen Verhältnis zu seinen Einkünften steht.

Auf die Vollstreckung der nach diesem Artikel verhängten Geldbußen oder sonstigen Maßnahmen finden die Artikel 280 und 299 AEUV sowie 164 EAGV entsprechende Anwendung.

Artikel 70

Das Gericht kann die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen anordnen. In dem Beschluss ist der Sachverständige zu benennen, sein Auftrag genau zu umschreiben und eine Frist für die Erstattung des Gutachtens zu bestimmen.

Der Sachverständige erhält eine Abschrift des Beschlusses sowie die zur Erfüllung seines Auftrags erforderlichen Unterlagen. Er untersteht dem Berichterstatter, der bei den Ermittlungen des Sachverständigen anwesend sein kann und über den Fortgang der Arbeiten auf dem Laufenden zu halten ist.

Das Gericht kann von den Parteien oder einer Partei die Hinterlegung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten des Gutachtens verlangen.

Auf Antrag des Sachverständigen kann das Gericht die Vernehmung von Zeugen anordnen; Artikel 68 findet entsprechende Anwendung.

Der Sachverständige hat sich nur zu den Punkten zu äußern, die sein Auftrag ausdrücklich bezeichnet.

Nach Eingang des Gutachtens kann das Gericht die Anhörung des Sachverständigen anordnen; die Parteien sind hierzu zu laden.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an den Sachverständigen richten.

Vorbehaltlich des Artikels 71 leistet der Sachverständige nach Erstattung des Gutachtens vor dem Gericht folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich meinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt habe.“

Das Gericht kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Sachverständigen verzichten.

Artikel 71

Wer als Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gericht zur Eidesleistung aufgefordert wird, wird vom Präsidenten ermahnt, seine Aussage wahrheitsgemäß zu machen bzw. seinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, und wird von ihm über die in der Gesetzgebung seines Heimatstaats vorgesehenen strafrechtlichen Folgen einer Verletzung dieser Pflicht belehrt.

Zeugen und Sachverständige leisten den Eid entweder gemäß Artikel 68 § 5 Absatz 1 bzw. Artikel 70 § 6 Absatz 1 oder in den Formen der Gesetzgebung ihres Heimatstaats.

Erlaubt das Heimatrecht dem Zeugen oder dem Sachverständigen in Gerichtsverfahren, neben dem Eid oder anstelle des Eides eine dem Eid gleichgestellte Erklärung abzugeben, so kann er diese Erklärung unter den Bedingungen und nach den Formen der Gesetzgebung seines Heimatstaats abgeben.

Kennt das Heimatrecht des Zeugen oder des Sachverständigen weder einen Eid noch eine solche Erklärung, so verbleibt es bei der Belehrung gemäß § 1.

Artikel 72

Hat ein Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gericht unter Eid falsch ausgesagt, so kann das Gericht nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dies der in Anlage III der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofs genannten zuständigen Stelle des Mitgliedstaats anzuzeigen, dessen Gerichte für eine Strafverfolgung zuständig sind; Artikel 71 wird berücksichtigt.

Der Kanzler sorgt für die Zustellung des Beschlusses des Gerichts. In diesem Beschluss sind die Tatsachen und Umstände anzugeben, auf denen die Anzeige beruht.

Artikel 73

Lehnt eine Partei einen Zeugen oder Sachverständigen wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit oder aus sonstigen Gründen ab oder verweigert ein Zeuge oder Sachverständiger die Aussage, die Eidesleistung oder die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung, so entscheidet das Gericht.

Die Ablehnung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses, durch den der Zeuge geladen oder der Sachverständige ernannt worden ist, zu erklären; die Erklärung muss die Ablehnungsgründe und die Bezeichnung der Beweismittel enthalten.

Artikel 74

Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Erstattung ihrer Reise- und Aufenthaltskosten. Die Kasse des Gerichts kann ihnen einen Vorschuss auf diese Kosten gewähren.

Zeugen haben ferner Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Kasse des Gerichts zahlt die Entschädigung oder Vergütung aus, nachdem der Zeuge oder Sachverständige seiner Pflicht genügt hat.

Artikel 75

Das Gericht kann auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen Ersuchen um Rechtshilfe bei der Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ergehen lassen.

Das Rechtshilfeersuchen ergeht durch Beschluss; dieser Beschluss muss enthalten: Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen oder Sachverständigen, die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen oder Sachverständigen zu vernehmen sind, die Bezeichnung der Parteien, ihrer Bevollmächtigten, Anwälte oder Beistände und ihrer Zustellungsanschrift sowie eine kurze Darstellung des Streitgegenstands.

Der Kanzler stellt den Beschluss den Parteien zu.

Der Kanzler übermittelt den Beschluss der in Anlage I der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofs genannten zuständigen Stelle desjenigen Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Vernehmung der Zeugen oder Sachverständigen stattfinden soll. Er fügt dem Rechtshilfeersuchen gegebenenfalls eine Übersetzung in die Sprache oder die Sprachen dieses Mitgliedstaats bei.

Die in Absatz 1 bezeichnete Stelle leitet den Beschluss an das nach innerstaatlichem Recht zuständige Gericht weiter.

Das ersuchte Gericht erledigt das Rechtshilfeersuchen nach den Vorschriften seines innerstaatlichen Rechts. Nach Erledigung des Rechtshilfeersuchens gibt das ersuchte Gericht das Rechtshilfeersuchen und die im Zuge der Erledigung angefallenen Vorgänge mit einer Aufstellung der entstandenen Kosten an die in Absatz 1 bezeichnete Stelle zurück. Diese Unterlagen werden dem Kanzler übermittelt.

Der Kanzler sorgt für die Übersetzung der betreffenden Schriftstücke in die Verfahrenssprache.

Das Gericht übernimmt die durch die Rechtshilfe anfallenden Auslagen; es kann sie gegebenenfalls den Parteien auferlegen.

Artikel 76

Der Kanzler nimmt über jede Sitzung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Die Parteien können die Protokolle und Sachverständigengutachten bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften erhalten.

Kapitel 3a

BESCHLEUNIGTE VERFAHREN

Artikel 76a

Das Gericht kann in Anbetracht der besonderen Dringlichkeit und der Umstände der Rechtssache auf Antrag des Klägers oder des Beklagten nach Anhörung der übrigen Parteien und des Generalanwalts beschließen, im beschleunigten Verfahren zu entscheiden.

Der Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren ist mit besonderem Schriftsatz gleichzeitig mit der Klageschrift oder der Klagebeantwortung einzureichen. In diesem Antrag kann angegeben werden, dass bestimmte Angriffs- oder Verteidigungsmittel oder Argumente oder bestimmte Abschnitte der Klageschrift oder Klagebeantwortung nur für den Fall vorgetragen werden, dass nicht im beschleunigten Verfahren entschieden wird, insbesondere indem dem Antrag eine Kurzfassung der Klageschrift und ein Verzeichnis der Anlagen beigefügt werden, die bei Durchführung des beschleunigten Verfahrens allein zu berücksichtigen sind.

Abweichend von Artikel 55 werden Rechtssachen, in denen das Gericht eine Entscheidung im beschleunigten Verfahren beschlossen hat, mit Vorrang entschieden.

Hat der Kläger nach § 1 eine Entscheidung im beschleunigten Verfahren beantragt, so beträgt die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung abweichend von Artikel 46 § 1 einen Monat. Beschließt das Gericht, diesem Antrag nicht stattzugeben, so wird dem Beklagten eine zusätzliche Frist von einem Monat für die Einreichung oder gegebenenfalls Ergänzung der Klagebeantwortung gewährt. Die in diesem Absatz genannten Fristen können nach Artikel 46 § 3 verlängert werden.

Im beschleunigten Verfahren können die in den Artikeln 47 § 1 und 116 §§ 4 und 5 genannten Schriftsätze nur eingereicht werden, wenn das Gericht dies im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Artikel 64 gestattet.

Unbeschadet des Artikels 48 können die Parteien in der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen ergänzen und Beweismittel benennen. Sie haben die verspätete Benennung ihrer Beweismittel zu begründen.

Der Beschluss des Gerichts, im beschleunigten Verfahren zu entscheiden, kann mit Bedingungen hinsichtlich des Umfangs und der Präsentation der Schriftsätze der Parteien, des weiteren Verfahrensablaufs oder der dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Angriffs- und Verteidigungsmittel und Argumente verbunden werden.

Erfüllt eine der Parteien eine dieser Bedingungen nicht, so kann der Beschluss, im beschleunigten Verfahren zu entscheiden, aufgehoben werden. Das Verfahren wird dann als gewöhnliches Verfahren fortgesetzt.

Viertes Kapitel

AUSSETZUNG DES VERFAHRENS UND ABGABEENTSCHEIDUNG DES GERICHTS

Artikel 77

Unbeschadet der Artikel 123 § 4, 128 und 129 § 4 kann ein anhängiges Verfahren ausgesetzt werden, wenn

a)

die in Artikel 54 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Fälle vorliegen;

b)

beim Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts eingelegt wird, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen ist oder die einen Zwischenstreit beendet, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, oder mit der ein Streithilfeantrag abgelehnt wird;

c)

die Parteien gemeinsam einen entsprechenden Antrag stellen;

d)

die Aussetzung in sonstigen besonderen Fällen den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht.

Artikel 78

Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens ergeht durch Beschluss des Präsidenten nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts. Der Präsident kann die Entscheidung dem Gericht übertragen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens ergeht nach demselben Verfahren. Die in diesem Artikel vorgesehenen Beschlüsse werden den Parteien zugestellt.

Artikel 79

Die Aussetzung des Verfahrens wird zu dem in dem Aussetzungsbeschluss angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt dieses Beschlusses wirksam.

Während der Aussetzung läuft keine Verfahrensfrist gegenüber den Parteien ab; dies gilt nicht für die in Artikel 115 § 1 vorgesehene Streithilfefrist.

Ist in dem Aussetzungsbeschluss das Ende der Aussetzung nicht festgelegt, so endet die Aussetzung zu dem in dem Beschluss über die Fortsetzung des Verfahrens angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt des Beschlusses über die Fortsetzung.

Ab dem Zeitpunkt der Fortsetzung beginnen die Verfahrensfristen von Beginn an erneut zu laufen.

Artikel 80

Die Entscheidungen gemäß Artikel 54 Absatz 3 der Satzung, mit denen eine Rechtssache an den Gerichtshof abgegeben wird, ergehen durch Beschluss des Gerichts; der Beschluss wird den Parteien zugestellt.

Fünftes Kapitel

URTEILE

Artikel 81

Das Urteil enthält:

die Feststellung, dass es vom Gericht erlassen ist;

den Tag der Verkündung;

die Namen des Präsidenten und der übrigen Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;

gegebenenfalls den Namen des Generalanwalts;

den Namen des Kanzlers;

die Bezeichnung der Parteien;

die Namen der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte;

die Anträge der Parteien;

gegebenenfalls die Feststellung, dass der Generalanwalt seine Schlussanträge gestellt hat;

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

die Entscheidungsgründe;

die Urteilsformel einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

Artikel 82

Das Urteil wird in öffentlicher Sitzung verkündet; die Parteien sind hierzu zu laden.

Der Präsident, die übrigen Richter, die an der Beratung teilgenommen haben, und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; den Parteien wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt.

Der Kanzler vermerkt auf der Urschrift des Urteils den Tag der Verkündung.

Artikel 83

Vorbehaltlich des Artikels 60 der Satzung wird das Urteil mit dem Tage seiner Verkündung wirksam.

Artikel 84

Unbeschadet der Bestimmungen über die Auslegung von Urteilen kann das Gericht Schreib- und Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, der binnen zwei Wochen nach Urteilsverkündung zu stellen ist, berichtigen.

Der Kanzler benachrichtigt die Parteien, die innerhalb einer vom Präsidenten bestimmten Frist schriftlich Stellung nehmen können.

Das Gericht entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung.

Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift des berichtigten Urteils verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift des berichtigten Urteils anzubringen.

Artikel 85

Hat das Gericht die Kostenentscheidung übergangen, so kann jede Partei innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils dessen Ergänzung beantragen.

Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt dieser eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Nach Eingang dieser Stellungnahme entscheidet das Gericht nach Anhörung des Generalanwalts darüber, ob der Antrag zulässig und begründet ist.

Artikel 86

Der Kanzler sorgt für die Veröffentlichung der Rechtsprechung des Gerichts.

Sechstes Kapitel

PROZESSKOSTEN

Artikel 87

Über die Kosten wird im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, entschieden.

Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten.

Das Gericht kann die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

Das Gericht kann auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

Die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen ihre eigenen Kosten.

Die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die EFTA-Überwachungsbehörde tragen ebenfalls ihre eigenen Kosten, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind.

Das Gericht kann entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in Absatz 1 genannten seine eigenen Kosten trägt.

Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag zurück, so wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

Einigen sich die Parteien über die Kosten, so wird gemäß der Vereinbarung entschieden.

Werden keine Kostenanträge gestellt, so trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es über die Kosten nach freiem Ermessen.

Artikel 88

In den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten tragen die Organe ihre Kosten selbst; Artikel 87 § 3 Absatz 2 bleibt unberührt.

Artikel 89

Die notwendigen Aufwendungen einer Partei für die Zwangsvollstreckung sind ihr von der Gegenpartei zu erstatten; maßgebend ist die Gebührenordnung des Staates, in dem die Vollstreckung stattfindet.

Artikel 90

Das Verfahren vor dem Gericht ist kostenfrei, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist:

a)

Das Gericht kann Kosten, die vermeidbar gewesen wären, der Partei auferlegen, die sie veranlasst hat.

b)

Die Kosten für Schreib- und Übersetzungsarbeiten, die nach Ansicht des Kanzlers das gewöhnliche Maß überschreiten, hat die Partei, die diese Arbeiten beantragt hat, nach Maßgabe der in Artikel 24 § 5 bezeichneten Gebührenordnung zu erstatten.

Artikel 91

Unbeschadet des Artikels 90 gelten als erstattungsfähige Kosten:

a)

Leistungen an Zeugen und Sachverständige gemäß Artikel 74;

b)

Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte.

Artikel 92

Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei durch unanfechtbaren Beschluss.

Die Parteien können eine Ausfertigung des Beschlusses zum Zwecke der Vollstreckung beantragen.

Artikel 93

Die Kasse des Gerichts und dessen Schuldner leisten ihre Zahlungen in Euro.

Sind die zu erstattenden Auslagen in einer anderen Währung als dem Euro entstanden oder sind die Handlungen, derentwegen die Zahlung geschuldet wird, in einem Land vorgenommen worden, dessen Währung nicht der Euro ist, so ist allen Umrechnungen der am Zahlungstag geltende Referenzwechselkurs der Europäischen Zentralbank zugrunde zu legen.

Siebtes Kapitel

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 94

Zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Gerichten wird nach Maßgabe der nachstehenden Vorschriften Prozesskostenhilfe für die Verfahren vor dem Gericht bewilligt.

Die Prozesskostenhilfe deckt die Kosten des Beistands und der rechtlichen Vertretung vor dem Gericht vollständig oder teilweise. Diese Kosten werden von der Kasse des Gerichts getragen.

Natürliche Personen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage vollständig oder teilweise außerstande sind, die Kosten nach § 1 zu tragen, haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Die wirtschaftliche Lage wird unter Berücksichtigung objektiver Faktoren wie des Einkommens, des Vermögens und der familiären Situation beurteilt.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, wenn die Rechtsverfolgung, für die sie beantragt ist, offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet erscheint.

Artikel 95

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann vor oder nach Klageerhebung beantragt werden.

Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

Mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind Unterlagen und Belege einzureichen, die eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen, wie eine Bescheinigung einer zuständigen nationalen Behörde, die dessen wirtschaftliche Lage bestätigt.

Wird der Antrag vor Klageerhebung eingereicht, so hat der Antragsteller den Gegenstand der beabsichtigten Klage, den Sachverhalt und das Vorbringen zur Stützung der Klage kurz darzulegen. Mit dem Antrag sind entsprechende Unterlagen einzureichen.

Das Gericht kann nach Artikel 150 für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verwendung eines Formulars vorschreiben.

Artikel 96

Bevor das Gericht über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet, fordert es die Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme auf, sofern nicht bereits aus den dazu gemachten Angaben hervorgeht, dass die Voraussetzungen nach Artikel 94 § 2 nicht erfüllt oder die nach Artikel 94 § 3 erfüllt sind.

Der Präsident entscheidet durch Beschluss über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Der Beschluss, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird, ist mit Gründen zu versehen.

In dem Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, wird ein Anwalt zur Vertretung des Antragstellers bestimmt.

Hat der Antragsteller nicht selbst einen Anwalt vorgeschlagen oder ist es untunlich, seinem Vorschlag zu folgen, so übermittelt der Kanzler der zuständigen Stelle des betroffenen Staates, die in Anlage II der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofes genannt ist, den Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, und eine Abschrift des Antrags. Der mit der Vertretung des Antragstellers beauftragte Anwalt wird unter Berücksichtigung der von dieser Stelle übermittelten Vorschläge bestimmt.

In dem Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, kann ein Betrag festgesetzt werden, der dem mit der Vertretung des Antragstellers beauftragten Anwalt zu zahlen ist, oder eine Obergrenze festgelegt werden, die die Auslagen und Gebühren des Anwalts grundsätzlich nicht überschreiten dürfen. Der Beschluss kann eine Beteiligung des Antragstellers an den in Artikel 94 § 1 genannten Kosten unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage vorsehen.

Die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hemmt den Lauf der Klagefrist bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beschluss, mit dem über diesen Antrag entschieden wird, oder in den Fällen des § 3 Absatz 2 der Beschluss, in dem der mit der Vertretung des Antragstellers beauftragte Anwalt bestimmt wird, zugestellt wird.

Ändern sich die Voraussetzungen, unter denen die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens, so kann der Präsident von Amts wegen oder auf Antrag nach Anhörung des Betroffenen die Prozesskostenhilfe entziehen. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Der Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe entzogen wird, ist mit Gründen zu versehen.

Die nach diesem Artikel erlassenen Beschlüsse sind nicht anfechtbar.

Artikel 97

Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so kann der Präsident auf Antrag des Anwalts des Betroffenen beschließen, dass dem Anwalt ein Vorschuss gewährt wird.

Hat der Empfänger der Prozesskostenhilfe aufgrund der das Verfahren beendenden Entscheidung seine eigenen Kosten zu tragen, so setzt der Präsident durch mit Gründen versehenen, unanfechtbaren Beschluss diejenigen Auslagen und Gebühren des Anwalts fest, die von der Kasse des Gerichts getragen werden. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Hat das Gericht in der das Verfahren beendenden Entscheidung die Kosten des Empfängers der Prozesskostenhilfe einer anderen Partei auferlegt, so hat diese andere Partei der Kasse des Gerichts die als Prozesskostenhilfe vorgestreckten Beträge zu erstatten.

Im Streitfall oder wenn die Partei einer Aufforderung des Kanzlers zur Erstattung dieser Beträge nicht nachkommt, entscheidet der Präsident durch mit Gründen versehenen, unanfechtbaren Beschluss. Der Präsident kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Unterliegt der Empfänger der Prozesskostenhilfe, so kann das Gericht in der das Verfahren beendenden Entscheidung im Rahmen der Kostenentscheidung aus Gründen der Billigkeit anordnen, dass eine oder mehrere andere Parteien ihre eigenen Kosten tragen oder dass diese vollständig oder zum Teil von der Kasse des Gerichts als Prozesskostenhilfe getragen werden.

Achtes Kapitel

AUSSERGERICHTLICHE ERLEDIGUNG UND KLAGERÜCKNAHME

Artikel 98

Einigen sich die Parteien über die streitigen Fragen, bevor das Gericht entschieden hat, und erklären sie, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so ordnet der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß Artikel 87 § 5, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der dahin gehenden Vorschläge der Parteien, über die Kosten.

Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Rechtssachen im Sinne der Artikel 263 und 265 AEUV.

Artikel 99

Nimmt der Kläger durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht die Klage zurück, so ordnet der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß Artikel 87 § 5 über die Kosten.

Neuntes Kapitel

ZUSTELLUNGEN

Artikel 100

Die in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Zustellungen werden vom Kanzler in der Weise veranlasst, dass dem Zustellungsbevollmächtigten des Empfängers eine Abschrift des betreffenden Schriftstücks entweder auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein übermittelt oder gegen Quittung übergeben wird.

Die Abschriften werden vom Kanzler ausgefertigt und beglaubigt, es sei denn, dass sie gemäß Artikel 43 § 1 von den Parteien eingereicht werden.

Hat sich der Empfänger gemäß Artikel 44 § 2 Absatz 2 damit einverstanden erklärt, dass Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel erfolgen, so kann jedes Schriftstück einschließlich der Urteile und Beschlüsse des Gerichts durch Übermittlung einer Kopie auf diesem Wege zugestellt werden.

Die Urteile und Beschlüsse, die nach Artikel 55 der Satzung den Mitgliedstaaten und den Organen übermittelt werden, die nicht Parteien des Rechtsstreits waren, werden diesen mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel übermittelt.

Ist eine solche Übermittlung aus technischen Gründen oder wegen des Umfangs des Schriftstücks nicht möglich, so wird dieses dem Empfänger, wenn dieser keine Zustellungsanschrift angegeben hat, gemäß dem Verfahren des § 1 zugestellt. Der Empfänger wird davon mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel benachrichtigt. Ein Einschreiben gilt am zehnten Tag nach der Aufgabe zur Post am Ort des Gerichtssitzes als dem Empfänger zugestellt, sofern nicht durch den Rückschein nachgewiesen wird, dass der Zugang zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist, oder der Empfänger dem Kanzler binnen drei Wochen nach der Benachrichtigung mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel mitteilt, dass ihm das Einschreiben nicht zugegangen ist.

Zehntes Kapitel

FRISTEN

Artikel 101

Die in den Verträgen, in der Satzung und in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen gerichtlichen Fristen werden wie folgt berechnet:

a)

Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, in den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b)

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche, im letzten Monat oder im letzten Jahr dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c)

Ist eine Frist nach Monaten und nach Tagen bemessen, so werden zunächst die vollen Monate und dann die Tage gezählt.

d)

Eine Frist umfasst die gesetzlichen Feiertage, die Sonntage und die Samstage.

e)

Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

Das vom Gerichtshof aufgestellte und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage gilt auch für das Gericht.

Artikel 102

Beginnt eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Maßnahme eines Organs mit der Veröffentlichung der Maßnahme, so ist diese Frist im Sinne von Artikel 101 § 1 Buchstabe a vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Maßnahme im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen.

Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.

Artikel 103

Aufgrund dieser Verfahrensordnung festgesetzte Fristen können von der anordnenden Stelle verlängert werden.

Der Präsident kann dem Kanzler die Zeichnungsbefugnis übertragen, bestimmte Fristen, die er aufgrund dieser Verfahrensordnung anzuordnen hat, festzusetzen oder deren Verlängerung zu gewähren.

DRITTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Erstes Kapitel

AUSSETZUNG DES VOLLZUGS ODER DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 104

Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs im Sinne der Artikel 278 AEUV und 157 EAGV sind nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat.

Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne des Artikels 279 AEUV sind nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gericht anhängigen Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.

Die in § 1 genannten Anträge müssen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen.

Der Antrag ist mit besonderem Schriftsatz einzureichen und muss den Artikeln 43 und 44 entsprechen.

Artikel 105

Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident des Gerichts setzt ihr eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

Der Präsident des Gerichts kann eine Beweisaufnahme anordnen.

Er kann dem Antrag stattgeben, bevor die Stellungnahme der Gegenpartei eingeht. Diese Entscheidung kann später, auch von Amts wegen, abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 106

Ist der Präsident des Gerichts abwesend oder verhindert, so wird die Zuständigkeit für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes von einem anderen Richter ausgeübt, der nach Maßgabe der vom Gericht gemäß Artikel 10 erlassenen Entscheidung bestimmt wird.

Artikel 107

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist. Der Beschluss wird den Parteien unverzüglich zugestellt.

Die Vollstreckung des Beschlusses kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind.

Die einstweilige Anordnung kann befristet werden. In Ermangelung einer ausdrücklichen Befristung tritt sie mit der Verkündung des Endurteils außer Kraft.

Der Beschluss stellt nur eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache nicht vor.

Artikel 108

Auf Antrag einer Partei kann der Beschluss jederzeit wegen veränderter Umstände abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 109

Die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung hindert den Antragsteller nicht, einen weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Antrag zu stellen.

Artikel 110

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Anträge, die gemäß den Artikeln 280 und 299 AEUV sowie 164 EAGV gestellt werden und auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung von Entscheidungen des Gerichts oder von Maßnahmen anderer Organe gerichtet sind.

In dem Beschluss, der dem Antrag stattgibt, wird gegebenenfalls der Zeitpunkt festgesetzt, zu dem die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.

Zweites Kapitel

PROZESSHINDERNDE EINREDEN UND ZWISCHENSTREIT

Artikel 111

Ist das Gericht für eine Klage offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage offensichtlich unzulässig oder fehlt ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage, so kann das Gericht nach Anhörung des Generalanwalts ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

Artikel 112

Die Verweisung einer Rechtssache an den Gerichtshof gemäß Artikel 54 Absatz 2 der Satzung erfolgt im Fall offensichtlicher Unzuständigkeit ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist.

Artikel 113

Das Gericht kann jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien darüber entscheiden, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen, oder feststellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist; die Entscheidung ergeht gemäß Artikel 114 §§ 3 und 4.

Artikel 114

Will eine Partei vorab eine Entscheidung des Gerichts über die Unzulässigkeit, die Unzuständigkeit oder einen Zwischenstreit herbeiführen, so hat sie dies mit besonderem Schriftsatz zu beantragen.

Der Schriftsatz muss außer dem Antrag dessen tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten; Unterlagen, auf die sich die Partei beruft, sind beizufügen.

Unmittelbar nach Eingang des Schriftsatzes bestimmt der Präsident eine Frist, innerhalb deren die Gegenpartei schriftlich ihre Anträge zu stellen und in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu begründen hat.

Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

Nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet das Gericht über den Antrag oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor. Es verweist die Rechtssache an den Gerichtshof, wenn sie in dessen Zuständigkeit fällt.

Verwirft das Gericht den Antrag oder behält es die Entscheidung dem Endurteil vor, so bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.

Drittes Kapitel

STREITHILFE

Artikel 115

Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur binnen sechs Wochen nach der in Artikel 24 § 6 bezeichneten Veröffentlichung oder vorbehaltlich des Artikels 116 § 6 vor dem in Artikel 53 vorgesehenen Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Der Antrag muss enthalten:

a)

die Bezeichnung der Rechtssache;

b)

die Bezeichnung der Parteien;

c)

Namen und Wohnsitz des Antragstellers;

d)

die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes;

e)

die Anträge, die der Antragsteller unterstützen will;

f)

für den Fall, dass der Antrag gemäß Artikel 40 Absatz 2 oder 3 der Satzung gestellt wird, die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt.

Die Artikel 43 und 44 finden entsprechende Anwendung.

Für die Vertretung des Streithelfers gilt Artikel 19 der Satzung.

Artikel 116

Der Antrag wird den Parteien zugestellt.

Vor einer Entscheidung über den Antrag gibt der Präsident den Parteien Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluss oder überträgt die Entscheidung dem Gericht. Im Fall einer Abweisung des Antrags ist der Beschluss mit Gründen zu versehen.

Wird ein Beitritt, der innerhalb der in Artikel 115 § 1 vorgesehenen Frist von sechs Wochen beantragt worden ist, zugelassen, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen.

Der Streithelfer muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet.

In den in § 2 genannten Fällen setzt der Präsident dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann.

Der Streithilfeschriftsatz muss enthalten:

a)

die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind;

b)

die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers;

c)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.

Wird der Antrag auf Zulassung als Streithelfer nach Ablauf der in Artikel 115 § 1 vorgesehenen Frist von sechs Wochen gestellt, so kann der Streithelfer auf der Grundlage des ihm übermittelten Sitzungsberichts in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen.

Viertes Kapitel

URTEIL DES GERICHTS NACH AUFHEBUNG UND ZURÜCKVERWEISUNG

Artikel 117

Hebt der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts auf und verweist er die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurück, so wird die Sache durch das zurückverweisende Urteil bei dem Gericht anhängig.

Artikel 118

Hebt der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluss einer Kammer auf, so kann der Präsident des Gerichts die Sache einer anderen Kammer mit der gleichen Richterzahl zuweisen.

Hebt der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluss des Plenums oder der Großen Kammer des Gerichts auf, so wird die Sache dem Spruchkörper zugewiesen, der die betreffende Entscheidung erlassen hat.

Hebt der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluss eines Einzelrichters auf, so weist der Präsident des Gerichts die Sache einer Kammer mit drei Richtern zu, der dieser Richter nicht angehört.

In den in den §§ 1, 2 und 2a vorgesehenen Fällen finden die Artikel 13 § 2, 14 § 1 und 51 entsprechende Anwendung.

Artikel 119

Ist bei Erlass des zurückverweisenden Urteils das schriftliche Verfahren vor dem Gericht beendet, so finden auf das Verfahren die folgenden Bestimmungen Anwendung:

a)

Der Kläger kann innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm das Urteil des Gerichtshofs zugestellt worden ist, einen Schriftsatz einreichen.

b)

Der Beklagte kann innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm dieser Schriftsatz übermittelt worden ist, einen Schriftsatz einreichen. Die dem Beklagten zur Einreichung dieses Schriftsatzes gewährte Frist beträgt jedoch mindestens zwei Monate von dem Zeitpunkt an, zu dem ihm das Urteil des Gerichtshofs zugestellt worden ist.

c)

Der Streithelfer kann innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Schriftsätze des Klägers und des Beklagten gleichzeitig übermittelt worden sind, einen Schriftsatz einreichen. Die dem Streithelfer für die Einreichung dieses Schriftsatzes gewährte Frist beträgt jedoch mindestens zwei Monate von dem Zeitpunkt an, zu dem ihm das Urteil des Gerichtshofs zugestellt worden ist.

War bei Erlass des zurückverweisenden Urteils das schriftliche Verfahren vor dem Gericht noch nicht beendet, so wird es durch prozessleitende Maßnahmen des Gerichts in dem Stadium, in dem es sich befand, fortgesetzt.

Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Gericht die Einreichung zusätzlicher Schriftsätze gestatten.

Artikel 120

Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des Zweiten Titels entsprechende Anwendung.

Artikel 121

Das Gericht entscheidet über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof.

Kapitel 4a

ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS NACH ÜBERPRÜFUNG UND ZURÜCKVERWEISUNG

Artikel 121a

Überprüft der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts und verweist er die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurück, so wird die Sache durch das zurückverweisende Urteil bei dem Gericht anhängig.

Artikel 121b

Verweist der Gerichtshof eine Sache zurück, die ursprünglich von einer Kammer entschieden worden ist, so kann der Präsident des Gerichts die Sache einer anderen Kammer mit der gleichen Richterzahl zuweisen.

Verweist der Gerichtshof eine Sache zurück, die ursprünglich vom Plenum oder von der Großen Kammer des Gerichts entschieden worden ist, so wird die Sache dem Spruchkörper zugewiesen, der die betreffende Entscheidung erlassen hat.

In den in den § § 1 und 2 vorgesehenen Fällen finden die Artikel 13 § 2, 14 § 1 und 51 § 1 entsprechende Anwendung.

Artikel 121c

Die am Verfahren vor dem Gericht beteiligten Parteien können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils des Gerichtshofs Stellung dazu nehmen, welche Schlussfolgerungen aus diesem Urteil für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen sind. Diese Frist kann nicht verlängert werden.

Das Gericht kann im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die am Verfahren vor ihm beteiligten Parteien zur Einreichung von Schriftsätzen auffordern und kann entscheiden, sie in einer mündlichen Verhandlung anzuhören.

Artikel 121d

Das Gericht entscheidet über die Kosten des nach der Überprüfung bei ihm anhängig gewordenen Rechtsstreits.

Fünftes Kapitel

VERSÄUMNISURTEIL UND EINSPRUCH

Artikel 122

Reicht der Beklagte, gegen den ordnungsgemäß Klage erhoben ist, seine Klagebeantwortung nicht form- und fristgerecht ein, so kann der Kläger Versäumnisurteil beantragen.

Der Antrag wird dem Beklagten zugestellt. Das Gericht kann die Eröffnung der mündlichen Verhandlung über den Antrag beschließen.

Vor Erlass eines Versäumnisurteils prüft das Gericht, ob die Klage ordnungsgemäß erhoben und zulässig ist und ob die Anträge des Klägers begründet erscheinen. Es kann eine Beweisaufnahme anordnen.

Das Versäumnisurteil ist vollstreckbar. Das Gericht kann die Vollstreckung aussetzen, bis über einen gemäß § 4 eingelegten Einspruch entschieden ist, oder sie davon abhängig machen, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind; wird kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch verworfen, so ist die Sicherheit freizugeben.

Gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch eingelegt werden. Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen; die Artikel 43 und 44 finden entsprechende Anwendung.

Nach der Zustellung des Einspruchs setzt der Präsident der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Auf das weitere Verfahren finden die Bestimmungen des Zweiten Titels entsprechende Anwendung.

Das Gericht entscheidet durch Urteil, gegen das weiterer Einspruch nicht zulässig ist. Die Urschrift dieses Urteils wird mit der Urschrift des Versäumnisurteils verbunden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des Versäumnisurteils anzubringen.

Sechstes Kapitel

AUSSERORDENTLICHE RECHTSBEHELFE

Erster Abschnitt — Drittwiderspruch

Artikel 123

Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 43 und 44 entsprechende Anwendung; der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;

b)

die Angabe, in welchen Punkten dieses Urteil die Rechte des Dritten beeinträchtigt;

c)

die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren vor dem Gericht zu beteiligen.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten.

Ist das Urteil im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, so muss der Antrag binnen zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden.

Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung des angefochtenen Urteils ausgesetzt werden. Die Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung.

Wird dem Drittwiderspruch stattgegeben, so ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.

Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift des angefochtenen Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des angefochtenen Urteils anzubringen.

Wird ein Urteil des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gerichtshof und durch Drittwiderspruch vor dem Gericht angefochten, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs aussetzen.

Artikel 124

Der Drittwiderspruch wird der Kammer zugewiesen, die das angefochtene Urteil erlassen hat; er wird dem Plenum oder der Großen Kammer des Gerichts zugewiesen, wenn dieses oder diese das Urteil erlassen hat. Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Drittwiderspruch diesem Richter zugewiesen.

Zweiter Abschnitt — Wiederaufnahme des Verfahrens

Artikel 125

Unbeschadet der in Artikel 44 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Frist von zehn Jahren ist die Wiederaufnahme des Verfahrens binnen drei Monaten nach dem Tag zu beantragen, an dem der Antragsteller Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, auf die er seinen Antrag stützt.

Artikel 126

Auf den Antrag finden die Artikel 43 und 44 entsprechende Anwendung. Der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;

b)

die Angabe der Punkte, in denen das Urteil angefochten wird;

c)

die Bezeichnung der Tatsachen, die dem Antrag zugrunde liegen;

d)

die Benennung der Beweismittel für das Vorliegen von Tatsachen, die die Wiederaufnahme rechtfertigen, und für die Wahrung der in Artikel 125 genannten Fristen.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das angefochtene Urteil ergangen ist.

Artikel 127

Der Antrag wird der Kammer zugewiesen, die das angefochtene Urteil erlassen hat; er wird dem Plenum oder der Großen Kammer des Gerichts zugewiesen, wenn dieses oder diese das Urteil erlassen hat. Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Antrag diesem Richter zugewiesen.

Aufgrund der schriftlichen Stellungnahme der Parteien und nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet das Gericht über die Zulässigkeit des Antrags, ohne der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen.

Gibt das Gericht dem Antrag statt, so tritt es erneut in die Prüfung der Hauptsache ein und entscheidet durch Urteil gemäß den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung.

Die Urschrift des abändernden Urteils ist mit der Urschrift des abgeänderten Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des abgeänderten Urteils anzubringen.

Artikel 128

Wird ein Urteil des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gerichtshof und durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Gericht angefochten, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs aussetzen.

Dritter Abschnitt — Auslegung von Urteilen

Artikel 129

Für Anträge auf Auslegung von Urteilen gelten die Artikel 43 und 44 entsprechend. Der Antrag muss ferner bezeichnen:

a)

das auszulegende Urteil;

b)

die Stellen, deren Auslegung beantragt wird.

Er ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das Urteil ergangen ist.

Der Antrag wird der Kammer zugewiesen, die das auszulegende Urteil erlassen hat; er wird dem Plenum oder der Großen Kammer des Gerichts zugewiesen, wenn dieses oder diese das Urteil erlassen hat. Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Antrag diesem Richter zugewiesen.

Das Gericht gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme; es entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts durch Urteil.

Die Urschrift des auslegenden Urteils ist mit der Urschrift des ausgelegten Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des ausgelegten Urteils anzubringen.

Wird ein Urteil des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gerichtshof angefochten und ist dieses Urteil Gegenstand eines Auslegungsantrags vor dem Gericht, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofes aussetzen.

VIERTER TITEL

RECHTSSTREITIGKEITEN BETREFFEND DIE RECHTE DES GEISTIGEN EIGENTUMS

Artikel 130

Vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Titels gelten für Klagen gegen das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) und gegen das Sortenamt der Gemeinschaft (nachstehend: Amt), die die Anwendung der Vorschriften im Rahmen einer Regelung über das geistige Eigentum betreffen, die Bestimmungen dieser Verfahrensordnung.

Die Bestimmungen dieses Titels gelten nicht für Klagen gegen das Amt, denen kein Verfahren vor einer Beschwerdekammer vorausgegangen ist.

Artikel 131

Die Klageschrift ist in einer der in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen abzufassen, die vom Kläger gewählt wird.

Die Sprache, in der die Klageschrift abgefasst ist, wird Verfahrenssprache, wenn der Kläger die einzige Partei des Verfahrens vor der Beschwerdekammer war oder wenn dem keine andere Partei dieses Verfahrens innerhalb einer vom Kanzler nach Einreichung der Klageschrift hierfür gesetzten Frist widerspricht.

Teilen die Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer dem Kanzler innerhalb dieser Frist mit, dass sie sich auf eine der in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen als Verfahrenssprache geeinigt haben, so wird diese Sprache Verfahrenssprache vor dem Gericht.

Im Falle eines Widerspruchs gegen die vom Kläger gewählte Verfahrenssprache innerhalb der vorerwähnten Frist und in Ermangelung einer Einigung zwischen den Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer wird diejenige Sprache Verfahrenssprache, in der die in Frage stehende Anmeldung beim Amt eingereicht worden ist. Stellt der Präsident auf den begründeten Antrag einer Partei hin und nach Anhörung der anderen Parteien jedoch fest, dass bei Gebrauch dieser Sprache nicht alle Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer dem Verfahren folgen und ihre Verteidigung wahrnehmen können und dass nur durch Verwendung einer anderen der in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen hierfür Abhilfe geschaffen werden kann, so kann er diese Sprache als Verfahrenssprache bestimmen; der Präsident kann das Gericht mit dieser Frage befassen.

In den Schriftsätzen und sonstigen Schreiben, die beim Gericht eingereicht werden, sowie während der mündlichen Verhandlung können sich der Kläger der von ihm gemäß § 1 gewählten Sprache und jede andere Partei einer Sprache bedienen, die sie unter den in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen wählt.

Wird nach § 2 eine andere Sprache als diejenige, in der die Klageschrift abgefasst ist, Verfahrenssprache, so veranlasst der Kanzler die Übersetzung der Klageschrift in die Verfahrenssprache.

Jede Partei hat innerhalb einer dafür vom Kanzler gesetzten angemessenen Frist Übersetzungen der von ihr gemäß § 3 in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache eingereichten sonstigen Schriftsätze oder Schreiben in die Verfahrenssprache einzureichen. Die Zuverlässigkeit dieser Übersetzungen, die im Sinne von Artikel 37 verbindlich sind, muss von der Partei, die sie vorlegt, beglaubigt werden. Werden die Übersetzungen nicht fristgerecht eingereicht, so ist der Schriftsatz oder das Schreiben aus der Akte zu entfernen.

Der Kanzler sorgt dafür, dass alle mündlichen Äußerungen während der mündlichen Verhandlung in die Verfahrenssprache und auf Antrag einer Partei in eine andere von ihr gemäß § 3 verwendete Sprache übersetzt werden.

Artikel 132

Unbeschadet des Artikels 44 muss die Klageschrift die Namen aller Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer und die Anschriften enthalten, die diese Parteien für die Zwecke der in diesem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen angegeben haben.

Die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer ist der Klageschrift beizufügen. Das Datum der Zustellung dieser Entscheidung an den Kläger ist anzugeben.

Entspricht die Klageschrift nicht § 1, so findet Artikel 44 § 6 entsprechende Anwendung.

Artikel 133

Der Kanzler unterrichtet das Amt und alle Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer von der Einreichung der Klageschrift. Er stellt die Klageschrift nach Festlegung der Verfahrenssprache gemäß Artikel 131 § 2 zu.

Die Klageschrift wird dem Amt als Beklagtem und den neben dem Kläger am Verfahren vor der Beschwerdekammer beteiligten Parteien zugestellt. Die Zustellung erfolgt in der Verfahrenssprache.

Die Zustellung der Klageschrift an eine Partei des Verfahrens vor der Beschwerdekammer erfolgt auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein an die Anschrift, die die betroffene Partei für die Zwecke der im Verfahren vor der Beschwerdekammer vorzunehmenden Zustellungen angegeben hat.

Unmittelbar nach Zustellung der Klageschrift übermittelt das Amt dem Gericht die Akten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer.

Artikel 134

Die Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer mit Ausnahme des Klägers können sich als Streithelfer am Verfahren vor dem Gericht beteiligen, indem sie form- und fristgerecht eine Klagebeantwortung einreichen.

Die in § 1 bezeichneten Streithelfer verfügen über dieselben prozessualen Rechte wie die Parteien.

Sie können die Anträge einer Partei unterstützen, und sie können Anträge stellen und Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen, die gegenüber denen der Parteien eigenständig sind.

Ein in § 1 bezeichneter Streithelfer kann in seiner gemäß Artikel 135 § 1 eingereichten Klagebeantwortung Anträge stellen, die auf Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung der Beschwerdekammer in einem in der Klageschrift nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind, und Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen, die in der Klageschrift nicht geltend gemacht worden sind.

Derartige in der Klagebeantwortung gestellte Anträge oder vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel werden gegenstandslos, wenn die Klage zurückgenommen wird.

Abweichend von Artikel 122 gelten die Bestimmungen über das Versäumnisverfahren nicht, wenn ein in § 1 des vorliegenden Artikels bezeichneter Streithelfer die Klageschrift form- und fristgerecht beantwortet hat.

Artikel 135

Das Amt und die Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer mit Ausnahme des Klägers reichen Klagebeantwortungen innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift ein.

Artikel 46 findet auf die Klagebeantwortungen entsprechende Anwendung.

Die Klageschrift und die Klagebeantwortungen können durch Erwiderungen und Gegenerwiderungen der Parteien, einschließlich der in Artikel 134 § 1 bezeichneten Streithelfer, ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen begründeten Antrag hin, der binnen zwei Wochen nach Zustellung der Klagebeantwortungen oder der Erwiderungen gestellt wird, für erforderlich hält und gestattet, um es der betroffenen Partei zu ermöglichen, ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen.

Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung dieser Schriftsätze.

Unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen können in den Fällen des Artikels 134 § 3 die anderen Parteien innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Klagebeantwortung an sie einen Schriftsatz einreichen, der auf die Beantwortung der Anträge und Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränkt ist, die erstmals in der Klagebeantwortung eines Streithelfers gestellt und vorgebracht worden sind. Die Frist kann vom Präsidenten auf begründeten Antrag der betreffenden Partei hin verlängert werden.

Die Schriftsätze der Parteien können den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern.

Artikel 135a

Nach Einreichung der in Artikel 135 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 135 §§ 2 und 3 bezeichneten Schriftsätze kann das Gericht auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und der Parteien beschließen, über die Klage ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, eine Partei stellt einen Antrag, in dem die Gründe angeführt sind, aus denen sie gehört werden möchte. Der Antrag ist binnen einem Monat nach der Mitteilung an die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Der Präsident kann diese Frist verlängern.

Artikel 136

Wird einer Klage gegen eine Entscheidung einer Beschwerdekammer stattgegeben, so kann das Gericht beschließen, dass das Amt nur seine eigenen Kosten trägt.

Die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, sowie die Kosten, die durch die Einreichung der in Artikel 131 § 4 Absatz 2 vorgesehenen Übersetzungen der Schriftsätze oder Schreiben in die Verfahrenssprache entstehen, gelten als erstattungsfähige Kosten.

Werden fehlerhafte Übersetzungen eingereicht, so findet Artikel 87 § 3 Absatz 2 Anwendung.

FÜNFTER TITEL

RECHTSMITTEL GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

Artikel 136a

Wird gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst gemäß den Artikeln 9 und 10 des Anhangs der Satzung ein Rechtsmittel eingelegt, so ist Verfahrenssprache diejenige Sprache, in der die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ergangen ist; Artikel 35 Paragraph 2 Buchstaben b und c und Artikel 35 Paragraph 3 Absatz 4 bleiben unberührt.

Artikel 137

Das Rechtsmittel wird durch Einreichung eines Schriftsatzes bei der Kanzlei des Gerichts oder des Gerichts für den öffentlichen Dienst eingelegt.

Die Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst übermittelt die erstinstanzlichen Akten und gegebenenfalls die Rechtsmittelschrift unverzüglich der Kanzlei des Gerichts.

Artikel 138

Die Rechtsmittelschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Rechtsmittelführers;

b)

die Bezeichnung der anderen Parteien des Verfahrens vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst;

c)

die Rechtsmittelgründe;

d)

die Anträge des Rechtsmittelführers.

Die Artikel 43 und 44 §§ 2 und 3 finden auf die Rechtsmittelschrift entsprechende Anwendung.

Die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ist der Rechtsmittelschrift beizufügen. Es ist anzugeben, an welchem Tag die angefochtene Entscheidung dem Rechtsmittelführer zugestellt worden ist.

Entspricht die Rechtsmittelschrift nicht dem Artikel 44 § 3 oder dem § 2 des vorliegenden Artikels, so findet Artikel 44 § 6 entsprechende Anwendung.

Artikel 139

Die Rechtsmittelanträge müssen zum Gegenstand haben:

a)

die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst;

b)

die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.

Das Rechtsmittel kann den vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.

Artikel 140

Die Rechtsmittelschrift wird den Parteien des Verfahrens vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst zugestellt. Artikel 45 findet entsprechende Anwendung.

Artikel 141

Die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst können binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelschrift eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Eine Verlängerung der Beantwortungsfrist ist nicht möglich.

Die Rechtsmittelbeantwortung muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz der Partei, die sie einreicht;

b)

die Angabe des Tages, an dem ihr die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist;

c)

die rechtliche Begründung;

d)

die Anträge.

Die Artikel 43 und 44 §§ 2 und 3 finden entsprechende Anwendung.

Artikel 142

Die Anträge in der Rechtsmittelbeantwortung müssen zum Gegenstand haben:

a)

die vollständige oder teilweise Zurückweisung des Rechtsmittels oder die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst;

b)

die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.

Die Rechtsmittelbeantwortung kann den vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.

Artikel 143

Rechtsmittelschrift und Rechtsmittelbeantwortung können durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen dahin gehenden Antrag des Rechtsmittelführers, der binnen sieben Tagen nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung gestellt wird, für erforderlich hält und die Einreichung einer Erwiderung ausdrücklich gestattet, um dem Rechtsmittelführer zu ermöglichen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, oder um die Entscheidung über das Rechtsmittel vorzubereiten. Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung der Erwiderung und bei der Zustellung dieses Schriftsatzes die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung.

Haben die in einer Rechtsmittelbeantwortung gestellten Anträge die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst aus einem Grund zum Gegenstand, der in der Rechtsmittelschrift nicht geltend gemacht wird, so kann der Rechtsmittelführer oder jede andere Partei binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung eine auf diesen Grund beschränkte Erwiderung einreichen. § 1 findet auf die auf diese Erwiderung hin eingereichten weiteren Schriftsätze entsprechende Anwendung.

Artikel 144

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen finden Artikel 48 § 2, die Artikel 49, 50 und 51 § 1, die Artikel 52, 55 bis 64, 76a bis 110, Artikel 115 § § 2 und 3 sowie die Artikel 116, 123 bis 127 und 129 auf das Verfahren vor dem Gericht, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung.

Artikel 145

Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann das Gericht jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

Artikel 146

Nach Einreichung der in Artikel 141 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 143 §§ 1 und 2 bezeichneten Schriftsätze kann das Gericht auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und der Parteien beschließen, über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, eine Partei stellt einen Antrag, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen sie gehört werden möchte. Der Antrag ist binnen einem Monat nach der Mitteilung an die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Der Präsident kann diese Frist verlängern.

Artikel 147

Der Vorbericht gemäß Artikel 52 ist dem Gericht nach Einreichung der in Artikel 141 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 143 §§ 1 und 2 bezeichneten Schriftsätze vorzulegen. Werden die genannten Schriftsätze nicht eingereicht, so findet nach Ablauf der für ihre Einreichung vorgesehenen Frist das gleiche Verfahren Anwendung.

Artikel 148

Das Gericht entscheidet über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und es selbst den Rechtsstreit entscheidet.

Artikel 88 findet nur dann Anwendung, wenn ein Organ Rechtsmittel einlegt.

Abweichend von Artikel 87 § 2 kann das Gericht bei Rechtsmitteln, die von Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs eingelegt werden, die Kosten zwischen den Parteien teilen, sofern dies aus Gründen der Billigkeit geboten ist.

Wird ein Rechtsmittel zurückgenommen, so findet Artikel 87 § 5 entsprechende Anwendung.

Artikel 149

Anträge auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Gericht sind binnen einem Monat nach der in Artikel 24 § 6 bezeichneten Veröffentlichung zu stellen.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 150

Das Gericht kann praktische Anweisungen insbesondere zur Vorbereitung und zum Ablauf der Sitzungen sowie zur Einreichung von Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen erteilen.

Artikel 151

Diese Verfahrensordnung ist in den in Artikel 35 § 1 genannten Sprachen verbindlich. Sie wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.


(1)  ABl. L 136 vom 30.5.1991 und L 317 vom 19.11.1991, S. 34 (Berichtigung), geändert am 15. September 1994 (ABl. L 249 vom 24.9.1994, S. 17), am 17. Februar 1995 (ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 64), am 6. Juli 1995 (ABl. L 172 vom 22.7.1995, S. 3), am 12. März 1997 (ABl. L 103 vom 19.4.1997, S. 6, und L 351 vom 23.12.1997, S. 72 — Berichtigung), am 17. Mai 1999 (ABl. L 135 vom 29.5.1999, S. 92), am 6. Dezember 2000 (ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 4), am 21. Mai 2003 (ABl. L 147 vom 14.6.2003, S. 22), am 19. April 2004 (ABl. L 132 vom 29.4.2004, S. 3), am 21.4.2004 (ABl. L 127 vom 29.4.2004, S. 108), am 12. Oktober 2005 (ABl. L 298 vom 15.11.2005, S. 1, und L 250 vom 14.9.2006, S. 35 — Berichtigung), am 18. Dezember 2006 (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 45), am 12. Juni 2008 (ABl. L 179 vom 8.7.2008, S. 12), am 14. Januar 2009 (ABl. L 24 vom 28.1.2009, S. 9), am 16. Februar 2009 (ABl. L 60 vom 4.3.2009, S. 3), am 7. Juli 2009 (ABl. L 184 vom 16.7.2009, S. 10) und am 26. März 2010 (ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 14).


2.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 177/71


GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

(2010/C 177/03)

In der vorliegenden Ausgabe sind

die Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 25. Juli 2007 (ABl. L 225 vom 29.8.2007, S. 1) und die Änderungen zusammengestellt, die sich aus den folgenden Rechtsakten ergeben:

1.

Änderung der Verfahrensordung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 14. Januar 2009 (ABl. L 24 vom 28.1.2009, S. 10),

2.

Änderung der Verfahrensordung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 17. März 2010 (ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 17).

Diese Änderung ist nicht rechtsverbindlich. Bezugsvermerke und Begründungserwägungen sind deshalb nicht mit abgedruckt.

 


KONSOLIDIERTE FASSUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

vom 25. Juli 2007  (1)

EINGANGSBESTIMMUNG

Artikel 1

Definitionen

(1)   In dieser Verfahrensordnung werden bezeichnet:

die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit der Nummer des betreffenden Artikels, gefolgt von dem Kürzel „AEUV“;

die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit der Nummer des Artikels, gefolgt von dem Kürzel „EAGV“;

das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union als „Satzung“;

die Verordnung zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union als „Beamtenstatut“.

(2)   In dieser Verfahrensordnung

bezeichnet der Ausdruck „Gericht“ das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union oder für die Rechtssachen, für deren Entscheidung eine Kammer oder ein Einzelrichter zuständig ist, diese Kammer oder diesen Richter;

bezeichnet der Ausdruck „Präsident des Gerichts“ ausschließlich den Präsidenten des Gerichts, während mit dem Ausdruck „Präsident“ der Präsident des Spruchkörpers bezeichnet wird;

bezeichnet der Ausdruck „Organ“ oder „Organe“ die Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt geschaffen worden sind und die in Verfahren vor dem Gericht Partei sein können.

ERSTER TITEL

AUFBAU DES GERICHTS

Erstes Kapitel

PRÄSIDENT UND MITGLIEDER DES GERICHTS

Artikel 2

Amtszeit der Richter

(1)   Die Amtszeit eines Richters beginnt mit dem in der Ernennungsurkunde bestimmten Tag.

(2)   In Ermangelung einer solchen Bestimmung beginnt die Amtszeit mit dem Ausstellungstag der Urkunde.

Artikel 3

Eidesleistung

(1)   Die Richter leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit vor dem Gerichtshof folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich mein Amt unparteiisch und gewissenhaft ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde.“

(2)   Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter eine Erklärung, in der sie die feierliche Verpflichtung übernehmen, während ihrer Amtszeit und nach deren Beendigung die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Übernahme gewisser Tätigkeiten und der Annahme von Vorteilen nach Beendigung ihrer Amtszeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

Artikel 4

Amtsenthebung und Amtsverlust eines Richters

(1)   Hat der Gerichtshof nach Stellungnahme des Gerichts darüber zu entscheiden, ob ein Richter nicht mehr die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so fordert der Präsident des Gerichts den Betroffenen auf, sich hierzu vor dem Gericht zu äußern; dieses tagt hierbei in nichtöffentlicher Sitzung, an der der Kanzler nicht teilnimmt.

(2)   Die Stellungnahme des Gerichts ist mit Gründen zu versehen.

(3)   Für eine Stellungnahme, durch die festgestellt wird, dass ein Richter nicht mehr die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, sind mindestens die Stimmen der Mehrheit der Richter des Gerichts erforderlich. In diesem Fall ist das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis dem Gerichtshof mitzuteilen.

(4)   Die Abstimmung ist geheim; der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit.

Artikel 5

Rangordnung

(1)   Mit Ausnahme des Präsidenten des Gerichts und der Kammerpräsidenten bestimmt sich die Rangordnung der Richter ohne Unterschied nach ihrem Dienstalter.

(2)   Bei gleichem Dienstalter bestimmt sich die Rangordnung nach dem Lebensalter.

(3)   Ausscheidende Richter, die wiederernannt werden, behalten ihren bisherigen Rang.

Artikel 6

Wahl des Präsidenten des Gerichts

(1)   Nach Artikel 4 Absatz 1 des Anhangs I der Satzung wählen die Richter aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.

(2)   Endet die Amtszeit des Präsidenten des Gerichts vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.

(3)   Die in diesem Artikel vorgesehenen Wahlen sind geheim. Gewählt ist der Richter, der die Stimmen von mehr als der Hälfte der Richter, aus denen das Gericht besteht, erhält. Erreicht keiner der Richter diese Mehrheit, so finden weitere Wahlgänge statt, bis sie erreicht wird.

(4)   Der Name des Präsidenten des Gerichts wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 7

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichts

(1)   Der Präsident des Gerichts leitet die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichts.

(2)   Er führt den Vorsitz in den mündlichen Verhandlungen und bei den Beratungen

des Plenums;

der Kammer, die mit fünf Richtern tagt;

der Kammern, die mit drei Richtern tagen und denen er zugeteilt ist.

Artikel 8

Vertretung des Präsidenten des Gerichts

Ist der Präsident des Gerichts abwesend oder verhindert oder sein Amt unbesetzt, so werden seine Aufgaben gemäß der nach Artikel 5 festgelegten Rangordnung wahrgenommen.

Zweites Kapitel

SPRUCHKÖRPER

Artikel 9

Spruchkörper

Nach Artikel 4 Absatz 2 des Anhangs I der Satzung tagt das Gericht als Plenum, als Kammer mit fünf Richtern, in Kammern mit drei Richtern oder als Einzelrichter.

Artikel 10

Bildung der Kammern

(1)   Das Gericht bildet Kammern, die mit drei Richtern tagen. Es kann eine Kammer bilden, die mit fünf Richtern tagt.

(2)   Das Gericht teilt die Richter den Kammern zu. Übersteigt die Zahl der einer Kammer zugeteilten Richter die Zahl der tagenden Richter, bestimmt es, auf welche Weise die dem Spruchkörper angehörenden Richter benannt werden.

(3)   Die gemäß diesem Artikel getroffenen Entscheidungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 11

Kammerpräsidenten

(1)   Nach Artikel 4 Absatz 3 des Anhangs I der Satzung wählen die Richter aus ihrer Mitte für die Dauer von drei Jahren die Präsidenten der Kammern, die mit drei Richtern tagen. Die Wahl erfolgt nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 3. Wiederwahl ist zulässig.

(2)   Die Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2 und 4 finden entsprechende Anwendung.

(3)   Die Kammerpräsidenten leiten die Tätigkeit ihrer Kammer und führen den Vorsitz in den mündlichen Verhandlungen und bei den Beratungen der Kammer.

(4)   Ist der Präsident einer Kammer abwesend oder verhindert oder sein Amt unbesetzt, so führt nach Maßgabe der nach Artikel 5 festgelegten Rangordnung ein Mitglied der Kammer den Kammervorsitz.

(5)   Vervollständigt ausnahmsweise der Präsident des Gerichts den Spruchkörper, so führt er dessen Vorsitz.

Artikel 12

Regelspruchkörper — Zuweisung der Rechtssachen an die Kammern

(1)   Vorbehaltlich der Artikel 13 und 14 tagt das Gericht in Kammern mit drei Richtern.

(2)   Das Gericht legt die Kriterien fest, nach denen sich die Zuweisung der Rechtssachen an diese Kammern richtet.

(3)   Die Entscheidung gemäß dem vorstehenden Absatz wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 13

Verweisung einer Rechtssache an das Plenum oder an die Kammer, die mit fünf Richtern tagt

(1)   Sofern die Schwierigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen, die Bedeutung der Rechtssache oder besondere Umstände es rechtfertigen, kann eine Rechtssache an das Plenum oder an die Kammer, die mit fünf Richtern tagt, verwiesen werden.

(2)   Die Entscheidung über die Verweisung wird vom Gericht als Plenum auf Vorschlag der mit der Rechtssache befassten Kammer oder auf Vorschlag eines Mitglieds des Gerichts getroffen. Sie kann in jedem Verfahrensstadium ergehen.

Artikel 14

Verweisung einer Rechtssache an einen Einzelrichter

(1)   Die Rechtssachen, die einer Kammer, die mit drei Richtern tagt, zugewiesen sind, können vom Berichterstatter als Einzelrichter entschieden werden, sofern sie sich wegen fehlender Schwierigkeit der aufgeworfenen Tatsachen- und Rechtsfragen, begrenzter Bedeutung der Rechtssache und des Fehlens anderer besonderer Umstände dazu eignen.

Die Verweisung an den Einzelrichter ist bei Rechtssachen, die Fragen der Rechtmäßigkeit von Handlungen mit allgemeiner Geltung aufwerfen, ausgeschlossen.

(2)   Die Entscheidung über die Verweisung wird von der Kammer, bei der die Rechtssache anhängig ist, nach Anhörung der Parteien einstimmig getroffen. Sie kann in jedem Verfahrensstadium ergehen.

(3)   Ist der Einzelrichter, an den die Rechtssache verwiesen worden ist, abwesend oder verhindert, so bestimmt der Präsident einen anderen Richter, der ihn ersetzt.

(4)   Der Einzelrichter verweist die Rechtssache an die Kammer zurück, wenn er die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nicht mehr für erfüllt hält.

(5)   In den Rechtssachen, die von einem Einzelrichter entschieden werden, übt dieser die Befugnisse des Präsidenten aus.

Drittes Kapitel

KANZLEI UND SONSTIGE DIENSTSTELLEN

Erster Abschnitt — Kanzlei

Artikel 15

Ernennung des Kanzlers

(1)   Das Gericht ernennt den Kanzler.

(2)   Der Präsident des Gerichts bringt den Richtern zwei Wochen vor dem für die Ernennung vorgesehenen Zeitpunkt die eingegangenen Bewerbungen zur Kenntnis.

(3)   Auf die Ernennung des Kanzlers findet Artikel 6 Absatz 3 entsprechende Anwendung.

(4)   Der Name des gewählten Kanzlers wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(5)   Der Kanzler wird für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Wiederernennung ist zulässig.

(6)   Der Kanzler leistet vor Aufnahme seiner Tätigkeit vor dem Gericht den in Artikel 3 vorgesehenen Eid.

Artikel 16

Ende der Amtszeit des Kanzlers

(1)   Der Kanzler kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn er nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt; das Gericht entscheidet, nachdem es dem Kanzler Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

(2)   Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so ernennt das Gericht einen neuen Kanzler für die Dauer von sechs Jahren.

Artikel 17

Hilfskanzler

Das Gericht kann einen Hilfskanzler ernennen, der den Kanzler unterstützt und ihn nach Maßgabe der in Artikel 19 Absatz 4 bezeichneten Dienstanweisung vertritt; die für die Ernennung des Kanzlers geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.

Artikel 18

Abwesenheit oder Verhinderung des Kanzlers

Sind der Kanzler und gegebenenfalls der Hilfskanzler abwesend oder verhindert oder ihre Stellen unbesetzt, so beauftragt der Präsident des Gerichts Beamte oder sonstige Bedienstete mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Kanzlers.

Artikel 19

Amtsgeschäfte des Kanzlers

(1)   Der Kanzler steht dem Gericht, dem Präsidenten des Gerichts und den übrigen Richtern bei der Ausübung ihres Amtes zur Seite. Er ist unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts für die Organisation und den Geschäftsgang der Kanzlei verantwortlich.

(2)   Der Kanzler verwahrt die Siegel. Er ist für das Archiv verantwortlich und sorgt für die Veröffentlichungen des Gerichts. Der Kanzler hat im Auftrag des Präsidenten des Gerichts alle eingehenden Schriftstücke entgegenzunehmen und sie zu übermitteln oder aufzubewahren sowie für die Zustellungen zu sorgen, die diese Verfahrensordnung vorsieht.

(3)   Vorbehaltlich der Artikel 4, 16 Absatz 1 und 27 ist der Kanzler bei allen Sitzungen des Gerichts zugegen.

(4)   Das Gericht erlässt auf Vorschlag des Präsidenten des Gerichts die Dienstanweisung für den Kanzler. Diese wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 20

Registerführung

(1)   Die Kanzlei führt unter Aufsicht des Kanzlers ein Register, in das alle schriftlichen Vorgänge der einzelnen Rechtssachen einschließlich der Anlagen zu den Schriftsätzen einzutragen sind.

(2)   Die Vorschriften über die Registerführung werden in der in Artikel 19 Absatz 4 bezeichneten Dienstanweisung festgelegt.

(3)   Jeder, der hieran ein begründetes Interesse hat, kann das Register bei der Kanzlei einsehen und nach Maßgabe einer vom Gericht auf Vorschlag des Kanzlers zu erlassenden Gebührenordnung Abschriften oder Auszüge erhalten.

(4)   Jede Partei kann außerdem nach Maßgabe der Gebührenordnung zusätzliche Abschriften von Schriftsätzen sowie von Beschlüssen und Urteilen erhalten.

(5)   Keine dritte Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts kann ohne ausdrückliche, nach Anhörung der Parteien erteilte Genehmigung des Präsidenten die Akten der Rechtssache oder die Verfahrensvorgänge einsehen. Diese Genehmigung kann nur auf schriftlichen Antrag erteilt werden, dem eine eingehende Begründung für das berechtigte Interesse an der Akteneinsicht beizufügen ist.

Zweiter Abschnitt — Dienststellen

Artikel 21

Beamte und sonstige Bedienstete

(1)   Die Beamten und sonstigen Bediensteten, die den Präsidenten des Gerichts, die Richter und den Kanzler unmittelbar unterstützen, werden nach dem Beamtenstatut ernannt. Sie unterstehen dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts.

(2)   Sie leisten vor dem Präsidenten des Gerichts in Gegenwart des Kanzlers folgenden Eid: „Ich schwöre, dass ich das mir vom Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union anvertraute Amt pflichtgetreu, verschwiegen und gewissenhaft ausüben werde.“

Artikel 22

Verwaltung und Finanzverwaltung des Gerichts

Die allgemeine Verwaltung des Gerichts einschließlich der Finanzverwaltung und der Buchführung wird im Auftrag des Präsidenten des Gerichts vom Kanzler wahrgenommen, dem die Dienststellen des Gerichtshofs und des Gerichts der Europäischen Union zur Seite stehen.

Viertes Kapitel

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTS

Artikel 23

Termin für die Sitzungen des Gerichts

(1)   Der Präsident bestimmt den Termin für die Sitzungen des Gerichts.

(2)   Das Gericht kann einzelne Sitzungen an einem anderen Ort als seinem Sitz abhalten.

Artikel 24

Beschlussfähigkeit

Das Gericht ist nur mit folgender Zahl von Richtern beschlussfähig:

das Plenum mit fünf Richtern;

die Kammer, die mit fünf Richtern tagt, und die Kammern, die mit drei Richtern tagen, mit drei Richtern.

Artikel 25

Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters

(1)   Wird die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern infolge Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters nicht erreicht, so vertagt der Präsident die Sitzung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abwesenheit oder Verhinderung endet.

(2)   Damit die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern in einer Kammer erreicht wird, kann der Präsident auch, wenn eine geordnete Rechtspflege dies erfordert, den Spruchkörper durch einen anderen Richter derselben Kammer vervollständigen oder, wenn dies nicht möglich ist, dem Präsidenten des Gerichts vorschlagen, einen Richter einer anderen Kammer zu bestimmen. Die Bestimmung des Ersatzrichters erfolgt reihum nach Maßgabe der nach Artikel 5 festgelegten Rangordnung; dabei werden so weit als möglich der Präsident des Gerichts und die Kammerpräsidenten nicht berücksichtigt.

(3)   Wird der Spruchkörper nach der mündlichen Verhandlung gemäß dem vorstehenden Absatz vervollständigt, so wird das mündliche Verfahren wiedereröffnet.

Artikel 26

Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters der Kammer, die mit fünf Richtern tagt, vor der mündlichen Verhandlung

Ist in der Kammer, die mit fünf Richtern tagt, ein Richter vor der mündlichen Verhandlung abwesend oder verhindert, so bestimmt der Präsident des Gerichts nach Maßgabe der nach Artikel 5 festgelegten Rangordnung reihum einen anderen Richter. Kann die Zahl von fünf Richtern nicht wiederhergestellt werden, so kann die mündliche Verhandlung gleichwohl abgehalten werden, sofern die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern erreicht wird.

Artikel 27

Beratung

(1)   Die Beratungen des Gerichts sind nicht öffentlich.

(2)   An der Beratung nehmen nur die Richter teil, die in der mündlichen Verhandlung getagt haben.

(3)   Nach Artikel 17 Absatz 1 der Satzung in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 des Anhangs I dieser Satzung kann das Gericht nur in der Besetzung mit einer ungeraden Zahl von Richtern rechtswirksam entscheiden.

Ergibt sich in der Kammer, die mit fünf Richtern tagt, oder im Plenum infolge Abwesenheit oder Verhinderung eine gerade Zahl von Richtern, so nimmt der in der Rangordnung nach Artikel 5 niedrigste Richter an den Beratungen nicht teil, es sei denn, er ist Berichterstatter. Im letzten Fall nimmt der Richter mit dem nächstniedrigsten Rang an den Beratungen nicht teil.

(4)   Jeder Richter, der an der Beratung teilnimmt, trägt seine Auffassung vor und begründet sie.

Auf Antrag eines Richters wird jede Frage, bevor sie zur Abstimmung gelangt, in einer von ihm gewünschten Sprache niedergelegt und den übrigen Richtern schriftlich übermittelt.

Die Meinung, auf die sich die Mehrheit der Richter nach der abschließenden Aussprache geeinigt hat, ist für die Entscheidung des Gerichts maßgebend. Die Richter stimmen in der umgekehrten Reihenfolge der nach Artikel 5 festgelegten Rangordnung ab.

Meinungsverschiedenheiten über Gegenstand, Fassung und Reihenfolge der Fragen oder die Auslegung einer Abstimmung entscheidet das Gericht.

(5)   Berät das Gericht über Verwaltungsfragen, so ist der Kanzler zugegen, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

(6)   Tagt das Gericht in Abwesenheit des Kanzlers, so wird ein etwa erforderliches Protokoll von dem in der Rangordnung im Sinne von Artikel 5 niedrigsten Richter aufgenommen; das Protokoll wird vom Präsidenten und von dem betreffenden Richter unterzeichnet.

Artikel 28

Gerichtsferien

(1)   Vorbehaltlich einer besonderen Entscheidung des Gerichts werden die Gerichtsferien wie folgt festgesetzt:

vom 18. Dezember bis zum 10. Januar,

vom Sonntag vor Ostern bis zum zweiten Sonntag nach Ostern,

vom 15. Juli bis zum 15. September.

(2)   Das Amt des Präsidenten des Gerichts wird während der Gerichtsferien am Sitz des Gerichts in der Weise wahrgenommen, dass der Präsident des Gerichts mit dem Kanzler in Verbindung bleibt oder dass er einen Kammerpräsidenten oder einen anderen Richter mit seiner Vertretung beauftragt.

In dringenden Fällen kann der Präsident des Gerichts die Richter einberufen.

(3)   Das Gericht hält die am Ort seines Sitzes geltenden gesetzlichen Feiertage ein.

(4)   Das Gericht kann den Richtern in begründeten Fällen Urlaub gewähren.

Fünftes Kapitel

SPRACHENREGELUNG

Artikel 29

Sprachenregelung

Nach Artikel 257 Absatz 6 AEUV, Artikel 64 der Satzung und Artikel 7 Absatz 2 des Anhangs I dieser Satzung finden die Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union über die Sprachenregelung auf das Gericht entsprechende Anwendung.

Sechstes Kapitel

RECHTE UND PFLICHTEN DER VERTRETER DER PARTEIEN

Artikel 30

Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen

(1)   Die Vertreter der Parteien, die vor dem Gericht oder vor einem von diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, können wegen mündlicher und schriftlicher Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich verfolgt werden.

(2)   Die Vertreter der Parteien genießen ferner folgende Vorrechte und Erleichterungen:

a)

Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten derartige Schriftstücke und Urkunden versiegeln; diese werden unverzüglich dem Gericht übermittelt und in Gegenwart des Kanzlers und des Beteiligten untersucht.

b)

Die Vertreter der Parteien haben Anspruch auf die Zuteilung ausländischer Zahlungsmittel, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.

c)

Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, unterliegen die Vertreter der Parteien keinerlei Beschränkungen.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vergünstigungen werden ausschließlich im Interesse der geordneten Durchführung des Verfahrens gewährt.

(4)   Das Gericht kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn der Fortgang des Verfahrens nach seiner Auffassung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Artikel 31

Vertretereigenschaft

Die in Artikel 30 genannten Vergünstigungen kommen den Berechtigten nur dann zugute, wenn sie ihre Eigenschaft nachgewiesen haben; diesen Nachweis erbringen

a)

die Bevollmächtigten durch eine von ihrem Vollmachtgeber ausgestellte Urkunde, der dem Kanzler unverzüglich eine Abschrift dieser Urkunde übermittelt;

b)

die Beistände und Anwälte durch einen vom Kanzler unterschriebenen Ausweis. Die Gültigkeit dieses Ausweises ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt; sie kann je nach der Dauer des Verfahrens verlängert oder verkürzt werden.

Artikel 32

Ausschluss vom Verfahren

(1)   Ist das Gericht der Auffassung, dass das Verhalten eines Vertreters einer Partei gegenüber dem Gericht, dem Präsidenten, einem Richter oder dem Kanzler mit der Würde des Gerichts oder den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege unvereinbar ist oder dass dieser Vertreter seine Befugnisse missbraucht, so unterrichtet es den Betroffenen davon. Das Gericht kann die zuständigen Stellen, denen der Betroffene untersteht, unterrichten; eine Kopie des an diese Stellen gerichteten Schreibens wird dem Betroffenen übermittelt.

Aus denselben Gründen kann das Gericht den Betroffenen jederzeit nach dessen Anhörung durch Beschluss vom Verfahren ausschließen. Der Beschluss ist sofort vollstreckbar.

(2)   Wird ein Vertreter einer Partei ausgeschlossen, so setzt der Präsident der betroffenen Partei eine Frist zur Bestellung eines anderen Vertreters; bis zum Ablauf dieser Frist tritt eine Unterbrechung des Verfahrens ein.

(3)   Die in Anwendung dieses Artikels getroffenen Entscheidungen können wieder aufgehoben werden.

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

Erstes Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 33

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Das schriftliche Verfahren umfasst die Vorlage der Klageschrift und der Klagebeantwortung sowie nach Maßgabe des Artikels 41 die Vorlage einer Erwiderung und einer Gegenerwiderung.

(2)   Der Präsident bestimmt die Termine oder Fristen für die Vorlage der Schriftsätze.

Artikel 34

Einreichung der Schriftsätze

(1)   Die Urschrift jedes Schriftsatzes ist vom Vertreter der Partei zu unterzeichnen.

Mit diesem Schriftsatz und allen darin erwähnten Anlagen werden fünf Abschriften für das Gericht und je eine Abschrift für jede andere am Rechtsstreit beteiligte Partei eingereicht. Die Partei beglaubigt die von ihr eingereichten Abschriften.

(2)   Die Organe haben innerhalb der vom Gericht festgesetzten Fristen von ihren Schriftsätzen Übersetzungen in den anderen in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen vorzulegen. Absatz 1 Unterabsatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3)   Jeder Schriftsatz ist mit Datum zu versehen. Für die Berechnung der Verfahrensfristen ist nur der Tag des Eingangs bei der Kanzlei maßgebend.

(4)   Mit jedem Schriftsatz ist gegebenenfalls ein Aktenstück einzureichen, das die Urkunden, auf die sich die Partei beruft, sowie ein Verzeichnis dieser Urkunden enthält.

(5)   Werden von einer Urkunde mit Rücksicht auf deren Umfang nur Auszüge vorgelegt, so ist die Urkunde oder eine vollständige Abschrift hiervon bei der Kanzlei zu hinterlegen.

(6)   Unbeschadet der Absätze 1 bis 4 ist der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift eines Schriftsatzes einschließlich des in Absatz 4 genannten Urkundenverzeichnisses mittels eines beim Gericht vorhandenen technischen Kommunikationsmittels bei der Kanzlei eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen maßgebend, sofern die unterzeichnete Urschrift des Schriftsatzes und die in Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Anlagen und Abschriften spätestens zehn Tage nach Eingang der Kopie der Urschrift bei der Kanzlei eingereicht werden. Artikel 100 Absatz 3 findet auf diese Frist von zehn Tagen keine Anwendung.

(7)   Unbeschadet des Absatzes 1 Unterabsatz 1 und der Absätze 2 bis 4 kann das Gericht durch Entscheidung die Voraussetzungen festlegen, unter denen ein der Kanzlei elektronisch übermittelter Schriftsatz als Urschrift des Schriftsatzes gilt. Die Entscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 35

Klageschrift

(1)   Die in Artikel 21 der Satzung bezeichnete Klageschrift muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Klägers;

b)

Stellung und Anschrift des Unterzeichneten;

c)

die Bezeichnung des Beklagten;

d)

den Streitgegenstand und die Anträge des Klägers;

e)

die Klagegründe sowie die tatsächliche und rechtliche Begründung;

f)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

(2)   Der Klageschrift ist gegebenenfalls beizufügen:

a)

der Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wird;

b)

die Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts und die Entscheidung über die Beschwerde mit Angabe des Datums der Einreichung der Beschwerde und der Mitteilung der Entscheidung.

(3)   Für die Zwecke des Verfahrens muss die Klageschrift enthalten:

eine Zustellungsanschrift am Ort des Gerichtssitzes und die Angabe der zur Entgegennahme der Zustellungen ermächtigten Person;

oder die Angabe eines beim Gericht vorhandenen technischen Kommunikationsmittels, mittels dessen der Vertreter des Klägers Zustellungen entgegenzunehmen bereit ist;

oder die Angabe beider der vorstehenden Zustellungsarten.

(4)   Entspricht die Klageschrift nicht den Voraussetzungen des Absatzes 3, so erfolgen bis zur Behebung dieses Mangels alle Zustellungen an die betreffende Partei für die Zwecke des Verfahrens auf dem Postweg durch Einschreiben an den Vertreter der Partei. Abweichend von Artikel 99 Absatz 1 gilt in diesem Fall die Zustellung mit der Aufgabe des Einschreibens zur Post am Ort des Gerichtssitzes als bewirkt.

(5)   Der Anwalt des Klägers hat bei der Kanzlei eine Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass er berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten.

Artikel 36

Mängelbehebung

Entspricht die Klageschrift nicht Artikel 35 Absätze 1 Buchstaben a, b und c, 2 oder 5, so setzt der Kanzler dem Kläger eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels. Wird der Mangel nicht fristgemäß behoben, so entscheidet das Gericht, ob die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.

Artikel 37

Zustellung der Klageschrift und Mitteilung im Amtsblatt

(1)   Die Klageschrift wird dem Beklagten zugestellt. In den in Artikel 36 bezeichneten Fällen erfolgt die Zustellung nach Behebung des Mangels oder andernfalls nach Feststellung des Gerichts, dass die Klage nicht unzulässig ist.

(2)   Über jede Klage wird eine Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, aus der der Tag der Einreichung der Klageschrift, die Parteien, der Streitgegenstand und eine Beschreibung des Rechtsstreits sowie der Klageantrag hervorgehen.

Artikel 38

Zuweisung einer Rechtssache nach Eingang an einen Spruchkörper

Sogleich nach Eingang der Klageschrift weist der Präsident des Gerichts die Rechtssache gemäß den Kriterien im Sinne des Artikels 12 Absatz 2 einer Kammer, die mit drei Richtern tagt, zu.

Der Präsident dieser Kammer schlägt dem Präsidenten des Gerichts für jede der Kammer zugewiesene Rechtssache die Bestimmung eines Berichterstatters vor; der Präsident des Gerichts entscheidet.

Artikel 39

Klagebeantwortung

(1)   Der Beklagte hat innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift eine Klagebeantwortung einzureichen. Diese muss enthalten:

a)

Namen und Wohnsitz des Beklagten;

b)

Stellung und Anschrift des Unterzeichneten;

c)

die Anträge des Beklagten;

d)

die Verteidigungsmittel sowie die tatsächliche und rechtliche Begründung;

e)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

Artikel 35 Absätze 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

Der Anwalt, der als Beistand des Beklagten auftritt, hat bei der Kanzlei eine Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass er berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten.

(2)   Auf begründeten Antrag des Beklagten kann der Präsident unter außergewöhnlichen Umständen die in Absatz 1 bezeichnete Frist verlängern.

Artikel 40

Übermittlung an Rat und Europäische Kommission

Ist der Rat oder die Europäische Kommission nicht Partei einer Rechtssache, so übermittelt ihnen das Gericht eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung mit Ausnahme der diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen, damit das betreffende Organ feststellen kann, ob die Unanwendbarkeit eines seiner Rechtsakte im Sinne des Artikels 277 AEUV geltend gemacht wird.

Artikel 41

Zweiter Schriftsatzwechsel

Nach Artikel 7 Absatz 3 des Anhangs I der Satzung kann das Gericht von Amts wegen oder auf begründeten Antrag des Klägers entscheiden, dass ein zweiter Schriftsatzwechsel zur Ergänzung der Akten erforderlich ist.

Artikel 42

Neue Beweismittel

Die Parteien können bis zum Ende der mündlichen Verhandlung noch Beweismittel benennen, sofern die Verspätung ordnungsgemäß begründet wird.

Artikel 43

Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel

(1)   Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können nach dem ersten Schriftsatzwechsel nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

(2)   Macht eine Partei im Laufe des Verfahrens neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend, so kann der Präsident auch nach Ablauf der gewöhnlichen Verfahrensfristen auf Bericht des Berichterstatters der Gegenpartei eine Frist zur Stellungnahme setzen.

Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens bleibt der das Verfahren beendenden Entscheidung vorbehalten.

Artikel 44

Unterlagen und Beweisstücke — Vertraulichkeit — Anonymität

(1)   Vorbehaltlich des Artikels 109 Absatz 5 berücksichtigt das Gericht nur Unterlagen und Beweisstücke, von denen die Vertreter der Parteien Kenntnis nehmen und zu denen sie Stellung nehmen konnten.

(2)   Hat das Gericht zu prüfen, ob ein Schriftstück, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits von Belang sein kann, gegenüber einer oder mehreren Parteien als vertraulich zu behandeln ist, so wird das Schriftstück den Parteien nicht vor Abschluss dieser Prüfung übermittelt. Das Gericht kann die Vorlage des Schriftstücks durch Beschluss aufgeben.

(3)   Ist ein Schriftstück, in das ein Organ die Einsicht verweigert hat, dem Gericht in einem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verweigerung vorgelegt worden, so wird es den übrigen Parteien nicht übermittelt.

(4)   Das Gericht kann auf begründeten Antrag oder von Amts wegen bei den die Rechtssache betreffenden Veröffentlichungen den Namen des Klägers oder sonstiger im Rahmen des Verfahrens erwähnter Personen sowie bestimmte Angaben weglassen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass die Identität einer Person oder der Inhalt dieser Angaben vertraulich behandelt werden.

Artikel 45

Vorbericht

(1)   Nach dem letzten Schriftsatzwechsel der Parteien bestimmt der Präsident den Zeitpunkt, bis zu dem der Berichterstatter dem Gericht einen Vorbericht abzugeben hat.

(2)   Der Vorbericht enthält Vorschläge zu der Frage, ob prozessleitende Maßnahmen oder Beweiserhebungen erforderlich sind, zu den Möglichkeiten einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits sowie zu der etwaigen Verweisung der Rechtssache an das Plenum, an die Kammer, die mit fünf Richtern tagt, oder an den Berichterstatter als Einzelrichter.

(3)   Das Gericht entscheidet über die Vorschläge des Berichterstatters.

Artikel 46

Zusammenhang — Verbindung

(1)   Im Interesse einer geordneten Rechtspflege kann der Präsident jederzeit nach Anhörung der Parteien mehrere Rechtssachen mit Beschluss zu gemeinsamem schriftlichen oder mündlichen Verfahren oder zu gemeinsamer Entscheidung verbinden, wenn sie miteinander in Zusammenhang stehen. Er kann die Verbindung wieder aufheben. Der Präsident kann die Entscheidung darüber dem Gericht übertragen.

(2)   Können Rechtssachen, die verschiedenen Spruchkörpern zugewiesen sind, verbunden werden, weil sie miteinander in Zusammenhang stehen, so entscheidet der Präsident des Gerichts über ihre Neuzuweisung.

(3)   Die Vertreter der Parteien in den verbundenen Rechtssachen können bei der Kanzlei die den Parteien in den anderen betroffenen Rechtssachen zugestellten Schriftstücke einsehen. Auf Antrag einer Partei kann der Präsident jedoch unbeschadet des Artikels 44 Absätze 1 und 2 geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Einsichtnahme ausnehmen.

Artikel 47

Reihenfolge der Erledigung der Rechtssachen

(1)   Das Gericht erledigt die bei ihm anhängigen Rechtssachen in der Reihenfolge, in der sie zur Erledigung reif sind.

(2)   In besonderen Fällen kann der Präsident anordnen, dass eine Rechtssache mit Vorrang erledigt wird.

(3)   In besonderen Fällen, namentlich um die gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu erleichtern, kann der Präsident nach Anhörung der Parteien von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei anordnen, dass eine Rechtssache zu späterer Erledigung zurückgestellt wird.

Zweites Kapitel

MÜNDLICHES VERFAHREN

Artikel 48

Abhaltung der mündlichen Verhandlung

(1)   Unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieser Verfahrensordnung, nach denen das Gericht durch Beschluss entscheiden kann, und vorbehaltlich des Absatzes 2 dieses Artikels umfasst das Verfahren vor dem Gericht eine mündliche Verhandlung.

(2)   Das Gericht kann, wenn ein zweiter Schriftsatzwechsel stattgefunden hat und es eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich erachtet, mit Zustimmung der Parteien entscheiden, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Artikel 49

Termin der mündlichen Verhandlung

Der Präsident bestimmt den Termin der mündlichen Verhandlung.

Artikel 50

Nichterscheinen der Parteien in der mündlichen Verhandlung

Wünschen die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladenen Vertreter der Parteien nicht, an dieser teilzunehmen, haben sie dies der Kanzlei rechtzeitig mitzuteilen.

Haben die Vertreter sämtlicher Parteien mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden, kann das Gericht entscheiden, dass das mündliche Verfahren geschlossen wird.

Artikel 51

Ablauf der mündlichen Verhandlung

(1)   Der Präsident eröffnet und leitet die Verhandlung; ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der mündlichen Verhandlung.

(2)   Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so darf der Inhalt der mündlichen Verhandlung nicht veröffentlicht werden.

(3)   Die Parteien können nur durch ihren Vertreter verhandeln.

(4)   Der Präsident und jeder Richter können in der Verhandlung

a)

Fragen an die Vertreter der Parteien richten;

b)

die Parteien selbst auffordern, zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits Stellung zu nehmen.

Artikel 52

Schließung des mündlichen Verfahrens

(1)   Der Präsident erklärt am Ende der Verhandlung das mündliche Verfahren für geschlossen.

(2)   Das Gericht kann die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anordnen.

Artikel 53

Protokoll der mündlichen Verhandlung

(1)   Der Kanzler nimmt über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.

(2)   Die Parteien können die Protokolle bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften erhalten.

Drittes Kapitel

PROZESSLEITENDE MASSNAHMEN UND BEWEISAUFNAHME

Artikel 54

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Prozessleitende Maßnahmen und solche der Beweisaufnahme sollen die Vorbereitung der Entscheidungen, den Ablauf der Verfahren und die Erledigung der Rechtsstreitigkeiten unter den bestmöglichen Bedingungen gewährleisten.

Sie können in jedem Verfahrensstadium getroffen und abgeändert werden.

(2)   Jede Partei kann in jedem Verfahrensstadium vorschlagen, dass prozessleitende Maßnahmen oder solche der Beweisaufnahme getroffen oder abgeändert werden. In diesem Fall werden die anderen Parteien angehört, bevor diese Maßnahmen erlassen werden.

(3)   Wenn die Umstände des Verfahrens dies erfordern, unterrichtet der Berichterstatter oder gegebenenfalls das Gericht die Parteien von den geplanten Maßnahmen, um ihnen Gelegenheit zu geben, schriftlich oder mündlich dazu Stellung zu nehmen.

Erster Abschnitt — Prozessleitende Maßnahmen

Artikel 55

Ziel und Arten

(1)   Prozessleitende Maßnahmen haben zum Ziel:

a)

den ordnungsgemäßen Ablauf des schriftlichen und des mündlichen Verfahrens zu gewährleisten und die Beweiserhebung zu erleichtern;

b)

die Punkte zu bestimmen, zu denen die Parteien ihr Vorbringen ergänzen sollen oder die eine Beweisaufnahme erfordern;

c)

die Tragweite der Anträge und des Vorbringens der Parteien zu verdeutlichen und die zwischen den Parteien streitigen Punkte zu klären.

(2)   Zu den prozessleitenden Maßnahmen, die angeordnet werden können, gehören unter anderem:

a)

Fragen an die Parteien;

b)

die Aufforderung an die Parteien, schriftlich oder mündlich zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits Stellung zu nehmen;

c)

Informations- oder Auskunftsverlangen an die Parteien;

d)

die Aufforderung an die Parteien zur Vorlage von Unterlagen oder Beweisstücken im Zusammenhang mit der Rechtssache;

e)

die Ladung der Parteien zu Sitzungen.

Artikel 56

Verfahren

Unbeschadet des Artikels 44 Absatz 2 ordnet der Berichterstatter die prozessleitenden Maßnahmen an, es sei denn, er befasst wegen der Tragweite der beabsichtigten Maßnahmen oder ihrer Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits das Gericht damit. Der Kanzler sorgt für die Unterrichtung der Parteien von den prozessleitenden Maßnahmen.

Zweiter Abschnitt — Beweisaufnahme

Artikel 57

Arten von Beweismitteln

Unbeschadet der Artikel 24 und 25 der Satzung sind folgende Beweismittel zulässig:

a)

Erscheinen der Parteien selbst;

b)

Einholung von Informationen oder Auskünften bei Dritten;

c)

Aufforderung an Dritte zur Vorlage von Unterlagen oder Beweisstücken im Zusammenhang mit der Rechtssache;

d)

Vernehmung von Zeugen;

e)

Begutachtung durch Sachverständige;

f)

Einnahme des Augenscheins.

Artikel 58

Verfahren

(1)   Über die Beweisaufnahme entscheidet das Gericht.

(2)   Die Entscheidung über die in Artikel 57 Buchstaben d, e und f genannten Beweismittel erfolgt nach Anhörung der Parteien durch Beschluss, der die zu beweisenden Tatsachen bezeichnet.

Der Kanzler sorgt für die Unterrichtung der Parteien von der Entscheidung über die in Artikel 57 Buchstaben a, b und c genannten Beweismittel.

(3)   Die Parteien können der Beweisaufnahme beiwohnen.

(4)   Ordnet das Gericht eine Beweisaufnahme an, die nicht vor ihm selbst stattfinden soll, so beauftragt es den Berichterstatter mit ihrer Durchführung.

(5)   Eine Partei kann jederzeit den Gegenbeweis antreten oder den Beweisantritt erweitern.

Dritter Abschnitt — Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Artikel 59

Ladung von Zeugen

(1)   Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Vernehmung von Zeugen über bestimmte Tatsachen beschließen.

Die Partei hat in ihrem Antrag die Tatsachen zu bezeichnen, über die die Vernehmung stattfinden soll, und die Gründe anzugeben, die die Vernehmung rechtfertigen.

(2)   Die Zeugen werden vom Gericht durch Beschluss geladen; dieser Beschluss muss folgende Angaben enthalten:

a)

Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen;

b)

Termin und Ort der Vernehmung;

c)

die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen zu vernehmen sind;

d)

gegebenenfalls einen Hinweis auf die vom Gericht getroffene Regelung über die Erstattung der den Zeugen entstehenden Kosten sowie auf die Geldbußen, die gegen ausbleibende Zeugen verhängt werden können.

(3)   Das Gericht kann in Ausnahmefällen die Ladung von Zeugen, deren Vernehmung von einer Partei beantragt wird, davon abhängig machen, dass die Partei bei der Kasse des Gerichts einen Vorschuss in bestimmter Höhe zur Deckung der voraussichtlichen Kosten hinterlegt.

Zeugen, die von Amts wegen geladen werden, erhalten von der Kasse des Gerichts die erforderlichen Vorschüsse.

Artikel 60

Vernehmung der Zeugen

(1)   Der Präsident weist die Zeugen nach Feststellung ihrer Identität darauf hin, dass sie die Richtigkeit ihrer Aussagen nach den Bestimmungen des Absatzes 2 und des Artikels 63 zu versichern haben.

Die Zeugen werden vom Gericht vernommen; die Parteien sind hierzu zu laden. Der Präsident und jeder Richter können auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen nach Beendigung der Aussage Fragen an die Zeugen richten.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an die Zeugen richten.

(2)   Vorbehaltlich des Artikels 63 leistet der Zeuge vor seiner Aussage folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit sagen werde.“

Das Gericht kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Zeugen verzichten.

(3)   Der Kanzler erstellt ein Protokoll, das die Zeugenaussagen wiedergibt.

Das Protokoll wird vom Präsidenten oder von dem mit der Vernehmung beauftragten Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet. Vor der Unterzeichnung ist dem Zeugen Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Protokolls zu überprüfen und das Protokoll zu unterzeichnen.

Das Protokoll stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Artikel 61

Pflichten der Zeugen

(1)   Zeugen, die ordnungsgemäß geladen sind, haben der Ladung Folge zu leisten.

(2)   Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge nicht, so kann das Gericht gegen ihn eine Geldbuße von bis zu 5 000 Euro verhängen und die erneute Ladung auf Kosten des Zeugen anordnen.

Die gleiche Geldbuße kann gegen einen Zeugen verhängt werden, der ohne berechtigten Grund die Aussage, die Eidesleistung oder gegebenenfalls die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung verweigert.

(3)   Die verhängte Geldbuße kann nur aufgehoben werden, wenn der Zeuge berechtigte Entschuldigungsgründe vorbringt. Die Geldbuße kann auf Antrag des Zeugen verringert werden, wenn der Zeuge nachweist, dass sie in keinem angemessenen Verhältnis zu seinen Einkünften steht.

(4)   Auf die Vollstreckung der nach diesem Artikel verhängten Geldbußen oder sonstigen Maßnahmen finden die Artikel 280 und 299 AEUV sowie 164 EAGV entsprechende Anwendung.

Artikel 62

Begutachtung durch Sachverständige

(1)   Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen beschließen. In dem Beschluss ist der Sachverständige zu benennen, sein Auftrag genau zu umschreiben und eine Frist für die Erstattung des Gutachtens zu bestimmen.

(2)   Der Sachverständige erhält eine Abschrift des Beschlusses sowie die zur Erfüllung seines Auftrags erforderlichen Unterlagen. Er untersteht dem Berichterstatter, der bei den Ermittlungen des Sachverständigen anwesend sein kann und über den Fortgang der Arbeiten auf dem Laufenden zu halten ist.

Das Gericht kann von den Parteien oder einer Partei die Hinterlegung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten des Gutachtens verlangen.

(3)   Auf Antrag des Sachverständigen kann das Gericht die Vernehmung von Zeugen anordnen; Artikel 60 findet entsprechende Anwendung.

(4)   Der Sachverständige hat sich nur zu den Punkten zu äußern, die sein Auftrag ausdrücklich bezeichnet.

(5)   Nach Eingang des Gutachtens kann das Gericht die Anhörung des Sachverständigen anordnen; die Parteien sind hierzu zu laden.

Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an den Sachverständigen richten.

(6)   Vorbehaltlich des Artikels 63 leistet der Sachverständige nach Erstattung des Gutachtens vor dem Gericht folgenden Eid:

„Ich schwöre, dass ich meinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt habe.“

Das Gericht kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Sachverständigen verzichten.

Artikel 63

Eid

(1)   Wer als Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gericht zur Eidesleistung aufgefordert wird, wird vom Präsidenten ermahnt, seine Aussage wahrheitsgemäß zu machen bzw. seinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, und wird von ihm über die in der Gesetzgebung seines Heimatstaats vorgesehenen strafrechtlichen Folgen einer Verletzung dieser Pflicht belehrt.

(2)   Zeugen und Sachverständige leisten den Eid entweder gemäß Artikel 60 Absatz 2 Unterabsatz 1 bzw. Artikel 62 Absatz 6 Unterabsatz 1 oder in den Formen der Gesetzgebung ihres Heimatstaats.

(3)   Erlaubt das Heimatrecht dem Zeugen oder dem Sachverständigen in Gerichtsverfahren, neben dem Eid oder anstelle des Eides eine dem Eid gleichgestellte Erklärung abzugeben, so kann er diese Erklärung unter den Bedingungen und nach den Formen der Gesetzgebung seines Heimatstaats abgeben.

Kennt das Heimatrecht des Zeugen oder des Sachverständigen weder einen Eid noch eine solche Erklärung, so bleibt es bei der Belehrung gemäß Absatz 1.

Artikel 64

Falschaussage des Zeugen oder des Sachverständigen

(1)   Hat ein Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gericht unter Eid falsch ausgesagt, so kann das Gericht entscheiden, dies der in Anlage III der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofs genannten zuständigen Stelle des Mitgliedstaats anzuzeigen, dessen Gerichte für eine Strafverfolgung zuständig sind; Artikel 63 wird berücksichtigt.

(2)   Der Kanzler sorgt für die Zustellung der Entscheidung des Gerichts. In dieser Entscheidung sind die Tatsachen und Umstände anzugeben, auf denen die Anzeige beruht.

Artikel 65

Ablehnung

(1)   Lehnt eine Partei einen Zeugen oder Sachverständigen wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit oder aus sonstigen Gründen ab oder verweigert ein Zeuge oder Sachverständiger die Aussage, die Eidesleistung oder die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung, so entscheidet das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss.

(2)   Die Ablehnung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses, durch den der Zeuge geladen oder der Sachverständige ernannt worden ist, zu erklären; die Erklärung muss die Ablehnungsgründe und die Bezeichnung der Beweismittel enthalten.

Artikel 66

Kostenerstattung — Entschädigung und Vergütung

(1)   Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Erstattung ihrer Reise- und Aufenthaltskosten. Die Kasse des Gerichts kann ihnen einen Vorschuss auf diese Kosten gewähren.

(2)   Zeugen haben ferner Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige auf Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Kasse des Gerichts zahlt die Entschädigung oder Vergütung aus, nachdem der Zeuge oder Sachverständige seiner Pflicht genügt hat.

Artikel 67

Rechtshilfeersuchen

(1)   Das Gericht kann auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen Ersuchen um Rechtshilfe bei der Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ergehen lassen.

(2)   Das Rechtshilfeersuchen ergeht durch Beschluss; dieser Beschluss muss enthalten: Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen oder Sachverständigen, die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen oder Sachverständigen zu vernehmen sind, die Bezeichnung der Parteien, ihrer Vertreter und ihrer Anschrift sowie eine kurze Darstellung des Streitgegenstands.

(3)   Der Kanzler übermittelt den Beschluss der in Anlage I der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofs genannten zuständigen Stelle desjenigen Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Vernehmung der Zeugen oder Sachverständigen stattfinden soll. Er fügt dem Rechtshilfeersuchen gegebenenfalls eine Übersetzung in die Amtssprache oder -sprachen dieses Mitgliedstaats bei.

Die in Unterabsatz 1 bezeichnete Stelle leitet den Beschluss an das nach innerstaatlichem Recht zuständige Gericht weiter.

Das ersuchte Gericht erledigt das Rechtshilfeersuchen nach den Vorschriften seines innerstaatlichen Rechts. Nach Erledigung des Rechtshilfeersuchens gibt das ersuchte Gericht das Rechtshilfeersuchen und die im Zuge der Erledigung angefallenen Vorgänge mit einer Aufstellung der entstandenen Kosten an die in Unterabsatz 1 bezeichnete Stelle zurück. Diese Unterlagen werden dem Kanzler übermittelt.

Der Kanzler sorgt für die Übersetzung der betreffenden Schriftstücke in die Verfahrenssprache.

(4)   Das Gericht übernimmt die durch die Rechtshilfe anfallenden Auslagen; es kann sie gegebenenfalls den Parteien auferlegen.

Viertes Kapitel

GÜTLICHE BEILEGUNG VON RECHTSSTREITIGKEITEN

Artikel 68

Modalitäten

(1)   Das Gericht kann in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeiten für eine gütliche, auch teilweise Beilegung des Streites zwischen dem Kläger und dem Beklagten prüfen, eine oder mehrere Lösungen zur Beendigung des Streites vorschlagen und die Maßnahmen treffen, die geeignet sind, eine solche Einigung zu erleichtern.

Es kann insbesondere

die Parteien oder Dritte auffordern, Informationen oder Auskünfte zu erteilen;

die Parteien oder Dritte auffordern, Unterlagen vorzulegen;

die Vertreter der Parteien, die Parteien selbst oder Beamte oder Bedienstete des Organs, die zur Aushandlung einer etwaigen Vereinbarung ermächtigt sind, zu Güteverhandlungen laden.

(2)   Absatz 1 gilt auch im Rahmen von Verfahren der einstweiligen Anordnung.

(3)   Das Gericht kann den Berichterstatter damit beauftragen, sich um die gütliche Beilegung eines Rechtsstreits zu bemühen oder die Maßnahmen durchzuführen, die Gegenstand der von ihm zu diesem Zweck getroffenen Entscheidungen sind; der Kanzler steht dem Berichterstatter dabei zur Seite.

Artikel 69

Vereinbarung der Parteien

(1)   Einigen sich der Kläger und der Beklagte vor dem Gericht oder vor dem Berichterstatter auf eine Lösung zur Beendigung des Rechtsstreits, so kann der Inhalt dieser Vereinbarung in einem Protokoll festgestellt werden, das vom Präsidenten oder vom Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet wird. Die protokollierte Vereinbarung stellt eine öffentliche Urkunde dar.

Die Streichung der Rechtssache im Register erfolgt durch mit Gründen versehenen Beschluss des Präsidenten.

Der Präsident stellt den Inhalt der Vereinbarung auf Antrag des Klägers und des Beklagten im Streichungsbeschluss fest.

(2)   Teilen der Kläger und der Beklagte dem Gericht mit, dass sie zu einer außergerichtlichen Vereinbarung über die streitigen Fragen gelangt sind, und erklären sie, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so beschließt der Präsident die Streichung der Rechtssache.

(3)   Der Präsident entscheidet über die Kosten nach Maßgabe der Vereinbarung oder, in Ermangelung einer Einigung über die Kosten, nach freiem Ermessen.

Artikel 70

Gütliche Beilegung und gerichtliches Verfahren

Das Gericht und die Parteien dürfen die Ansichten, Vorschläge, Angebote, Zugeständnisse oder Unterlagen, die für die Zwecke der gütlichen Beilegung geäußert, gemacht oder erstellt worden sind, im gerichtlichen Verfahren nicht verwerten.

Fünftes Kapitel

AUSSETZUNG DES VERFAHRENS UND ABGABE EINER RECHTSSACHE AN DEN GERICHTSHOF ODER DAS GERICHT DER EUROPÄISCHEN UNION

Artikel 71

Anwendungsfälle der Aussetzung und Verfahren

(1)   Unbeschadet der Artikel 117 Absatz 4, 118 Absatz 4 und 119 Absatz 4 kann ein anhängiges Verfahren ausgesetzt werden, wenn

a)

beim Gericht und beim Gericht der Europäischen Union oder beim Gerichtshof Rechtssachen anhängig sind, die die gleiche Auslegungsfrage aufwerfen oder die Gültigkeit desselben Rechtsakts betreffen; die Aussetzung erfolgt in diesem Fall bis zur Verkündung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union oder des Gerichtshofs;

b)

beim Gericht der Europäischen Union ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts eingelegt wird, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen ist oder die einen Zwischenstreit beendet, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, oder mit der ein Streithilfeantrag abgelehnt wird;

c)

die Parteien gemeinsam einen entsprechenden Antrag stellen;

d)

die Aussetzung in sonstigen besonderen Fällen den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht.

(2)   Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens ergeht durch mit Gründen versehenen Beschluss des Präsidenten nach Anhörung der Parteien. Der Präsident kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

(3)   Eine Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Ende der Aussetzung oder im Sinne des Artikels 72 Absatz 2 ergeht nach demselben Verfahren.

Artikel 72

Dauer und Wirkungen der Aussetzung

(1)   Die Aussetzung des Verfahrens wird zu dem im Aussetzungsbeschluss angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt dieses Beschlusses wirksam.

(2)   Ist in dem Aussetzungsbeschluss das Ende der Aussetzung nicht festgelegt, so endet die Aussetzung zu dem in dem Beschluss über die Fortsetzung des Verfahrens angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu dem Zeitpunkt des Beschlusses über die Fortsetzung.

(3)   Während der Aussetzung läuft keine Verfahrensfrist gegenüber den Parteien ab; dies gilt nicht für die in Artikel 109 Absatz 1 vorgesehene Streithilfefrist.

Die Verfahrensfristen beginnen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Aussetzung endet, von Beginn an erneut zu laufen.

Artikel 73

Abgabe

(1)   Gemäß Artikel 8 Absatz 2 des Anhangs I der Satzung verweist das Gericht den Rechtsstreit an den Gerichtshof oder an das Gericht der Europäischen Union, wenn es feststellt, dass die bei ihm erhobene Klage in die Zuständigkeit des Gerichtshofs oder des Gerichts der Europäischen Union fällt.

(2)   Das Gericht entscheidet durch mit Gründen versehenen Beschluss.

Sechstes Kapitel

KLAGERÜCKNAHME, ERLEDIGUNG DER HAUPTSACHE UND PROZESSHINDERNISSE

Artikel 74

Klagerücknahme

Nimmt der Kläger durch schriftliche Erklärung oder in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht die Klage zurück, so beschließt der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register und entscheidet gemäß Artikel 89 Absatz 5 über die Kosten.

Artikel 75

Erledigung der Hauptsache

Stellt das Gericht fest, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist, so kann es nach Anhörung der Parteien jederzeit von Amts wegen einen Beschluss erlassen, der mit Gründen zu versehen ist.

Artikel 76

Offensichtlich abzuweisende Klage

Ist das Gericht für eine Klage oder bestimmte Klageanträge offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder fehlt ihr zur Gänze oder in Teilen offensichtlich jede rechtliche Grundlage, so kann das Gericht ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

Artikel 77

Unverzichtbare Prozessvoraussetzungen

Das Gericht kann jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien darüber entscheiden, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen. Hält sich das Gericht für ausreichend unterrichtet, so kann es ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

Artikel 78

Antrag auf Entscheidung über eine Vorfrage

(1)   Will eine Partei vorab eine Entscheidung des Gerichts über die Unzulässigkeit, die Unzuständigkeit oder einen Zwischenstreit herbeiführen, so hat sie dies mit besonderem Schriftsatz zu beantragen. Der Antrag auf Entscheidung über die Unzulässigkeit ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift zu stellen.

Der Schriftsatz muss außer dem Antrag dessen tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten; Unterlagen, auf die sich die Partei beruft, sind beizufügen.

(2)   Unmittelbar nach Eingang des Schriftsatzes bestimmt der Präsident eine Frist, innerhalb deren die Gegenpartei schriftlich ihre Anträge zu stellen und in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu begründen hat.

Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

(3)   Das Gericht entscheidet über den Antrag durch mit Gründen versehenen Beschluss oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor.

Verwirft das Gericht den Antrag oder behält es die Entscheidung dem Endurteil vor, so bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.

(4)   Das Gericht verweist die Rechtssache an den Gerichtshof oder an das Gericht der Europäischen Union, wenn sie in deren Zuständigkeit fällt.

Siebtes Kapitel

URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 79

Urteil

Das Urteil enthält:

die Feststellung, dass es vom Gericht erlassen ist;

den Tag der Verkündung;

die Namen des Präsidenten und der übrigen Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, unter Bezeichnung des Berichterstatters;

den Namen des Kanzlers;

die Bezeichnung der Parteien;

die Namen der Vertreter der Parteien;

die Anträge der Parteien;

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

die Entscheidungsgründe;

die Urteilsformel einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

Artikel 80

Urteilsverkündung

(1)   Das Urteil wird in öffentlicher Sitzung verkündet. Die Parteien sind vom Verkündungstermin ordnungsgemäß zu benachrichtigen.

(2)   Der Präsident, die übrigen Richter, die an der Beratung teilgenommen haben, und der Kanzler unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; der Kanzler sorgt dafür, dass den Parteien eine beglaubigte Abschrift zugestellt wird.

(3)   Der Kanzler vermerkt auf der Urschrift des Urteils den Tag der Verkündung.

Artikel 81

Beschluss

(1)   Jeder Beschluss enthält:

die Feststellung, dass er vom Gericht oder vom Präsidenten des Gerichts oder des Spruchkörpers erlassen ist;

den Tag seines Erlasses;

den Namen des Präsidenten und gegebenenfalls die Namen der übrigen Richter, die am Erlass der Entscheidung mitgewirkt haben, unter Bezeichnung des Berichterstatters;

den Namen des Kanzlers;

die Bezeichnung der Parteien;

die Namen der Vertreter der Parteien;

die Beschlussformel, gegebenenfalls einschließlich der Entscheidung über die Kosten.

(2)   Ist ein Beschluss nach dieser Verfahrensordnung mit Gründen zu versehen, so enthält er ferner:

die Anträge der Parteien;

eine kurze Darstellung des Sachverhalts;

die Entscheidungsgründe.

Artikel 82

Beschlusserlass

Der Präsident unterzeichnet die Urschrift des Beschlusses, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei hinterlegt wird; der Kanzler sorgt dafür, dass den Parteien eine beglaubigte Abschrift zugestellt wird.

Artikel 83

Wirksamwerden

(1)   Vorbehaltlich des Artikels 12 Absatz 1 des Anhangs I der Satzung wird das Urteil mit dem Tag seiner Verkündung wirksam.

(2)   Die Beschlüsse werden vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verfahrensordnung und vorbehaltlich des Artikels 12 Absatz 1 des Anhangs I der Satzung mit dem Tag ihrer Zustellung wirksam.

Artikel 84

Berichtigung von Entscheidungen

(1)   Das Gericht kann Schreib- oder Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, der binnen einem Monat nach der Zustellung der zu berichtigenden Entscheidung zu stellen ist, nach Anhörung der Parteien durch Beschluss berichtigen.

(2)   Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift der berichtigten Entscheidung verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift der berichtigten Entscheidung anzubringen.

Artikel 85

Übergehen der Kostenentscheidung

(1)   Hat das Gericht die Kostenentscheidung übergangen, so kann jede Partei innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung deren Ergänzung beantragen.

(2)   Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt dieser eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

(3)   Nach Eingang dieser Stellungnahme entscheidet das Gericht darüber, ob der Antrag zulässig und begründet ist.

Achtes Kapitel

PROZESSKOSTEN UND GERICHTSKOSTEN

Artikel 86

Kostenentscheidung

Über die Kosten wird im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, entschieden.

Artikel 87

Kostentragung — Allgemeine Vorschriften

(1)   Vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen dieses Kapitels ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

(2)   Das Gericht kann aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

Artikel 88

Ohne angemessenen Grund oder böswillig verursachte Kosten

Eine Partei kann, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilt werden, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere, wenn sie der Gegenpartei Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

Artikel 89

Kostentragung — Sonderfälle

(1)   Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Parteien, so entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten.

(2)   Das Gericht kann die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

(3)   Werden keine Kostenanträge gestellt, so trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

(4)   Der Streithelfer trägt seine eigenen Kosten.

(5)   Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag zurück, so wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

(6)   Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es über die Kosten nach freiem Ermessen.

(7)   Einigen sich die Parteien über die Kosten, so wird gemäß der Vereinbarung entschieden.

Artikel 90

Aufwendungen für die Zwangsvollstreckung

Die notwendigen Aufwendungen einer Partei für die Zwangsvollstreckung sind ihr von der Gegenpartei zu erstatten; maßgebend ist die Gebührenordnung des Staates, in dem die Vollstreckung stattfindet.

Artikel 91

Erstattungsfähige Kosten

Unbeschadet des Artikels 94 gelten als erstattungsfähige Kosten:

a)

Leistungen an Zeugen und Sachverständige gemäß Artikel 66;

b)

Aufwendungen der Parteien für das Verfahren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung des Vertreters, sofern sie notwendig waren.

Artikel 92

Streitigkeiten über die Kosten

(1)   Streitigkeiten über die Höhe oder die Natur der erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist.

Gemäß Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs I der Satzung ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.

(2)   Die Parteien können eine Ausfertigung des Beschlusses zum Zweck der Vollstreckung beantragen.

Artikel 93

Zahlung

(1)   Die Kasse des Gerichts und dessen Schuldner leisten ihre Zahlungen in Euro.

(2)   Sind zu erstattende Auslagen in einer anderen Währung als dem Euro entstanden oder sind die Handlungen, derentwegen die Zahlung geschuldet wird, in einem Land vorgenommen worden, dessen Währung nicht der Euro ist, so ist allen Umrechnungen der am Zahlungstag geltende Referenzwechselkurs der Europäischen Zentralbank zugrunde zu legen.

Artikel 94

Gerichtskosten

Das Verfahren vor dem Gericht ist kostenfrei, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist:

a)

Das Gericht kann Kosten, die vermeidbar gewesen wären, insbesondere im Fall einer offensichtlich missbräuchlichen Klage, der Partei, die sie veranlasst hat, bis zu einem Höchstbetrag von 2 000 Euro vollständig oder zum Teil auferlegen.

b)

Die Kosten für Abschriften und Übersetzungsarbeiten, die nach Ansicht des Kanzlers das gewöhnliche Maß überschreiten, hat die Partei, die diese Abschriften oder Arbeiten beantragt hat, nach Maßgabe der in Artikel 20 bezeichneten Gebührenordnung zu erstatten.

Neuntes Kapitel

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 95

Materielle Voraussetzungen

(1)   Zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Gerichten wird nach Maßgabe der nachstehenden Vorschriften Prozesskostenhilfe für die Verfahren vor dem Gericht bewilligt.

Die Prozesskostenhilfe deckt die Kosten des Beistands und der rechtlichen Vertretung vor dem Gericht vollständig oder teilweise. Diese Kosten werden von der Kasse des Gerichts getragen.

(2)   Natürliche Personen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage vollständig oder teilweise außerstande sind, die Kosten nach Absatz 1 zu tragen, haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Die wirtschaftliche Lage wird unter Berücksichtigung objektiver Faktoren wie des Einkommens, des Vermögens und der familiären Situation beurteilt.

(3)   Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, wenn die Rechtsverfolgung, für die sie beantragt ist, offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet erscheint.

Artikel 96

Formelle Voraussetzungen

(1)   Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann vor oder nach Klageerhebung beantragt werden.

Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

(2)   Mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind Unterlagen und Belege einzureichen, die eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen, wie eine Bescheinigung einer zuständigen nationalen Behörde, die dessen wirtschaftliche Lage bestätigt.

Wird der Antrag vor Klageerhebung eingereicht, so hat der Antragsteller den Gegenstand der beabsichtigten Klage, den Sachverhalt und das Vorbringen zur Stützung der Klage kurz darzulegen. Mit dem Antrag sind entsprechende Unterlagen einzureichen.

(3)   Das Gericht kann nach Artikel 120 für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verwendung eines Formulars vorschreiben.

Artikel 97

Verfahren

(1)   Bevor das Gericht über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet, fordert es die Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme auf, sofern nicht bereits aus den dazu gemachten Angaben hervorgeht, dass die Voraussetzungen nach Artikel 95 Absatz 2 nicht erfüllt oder die nach Artikel 95 Absatz 3 erfüllt sind.

(2)   Der Präsident des Gerichts oder, wenn die Sache bereits einer Kammer zugewiesen ist, der Kammerpräsident entscheidet durch Beschluss über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Der Beschluss, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird, ist mit Gründen zu versehen.

(3)   In dem Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, wird ein Anwalt zur Vertretung des Antragstellers bestimmt.

Hat der Antragsteller nicht selbst einen Anwalt vorgeschlagen oder ist es untunlich, seinem Vorschlag zu folgen, so übermittelt der Kanzler der zuständigen Stelle des betroffenen Staates, die in Anlage II der Zusätzlichen Verfahrensordnung des Gerichtshofs genannt ist, den Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, und eine Abschrift des Antrags. Der mit der Vertretung des Antragstellers beauftragte Anwalt wird unter Berücksichtigung der von dieser Stelle übermittelten Vorschläge bestimmt.

In dem Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, kann ein Betrag festgesetzt werden, der dem mit der Vertretung des Antragstellers beauftragten Anwalt zu zahlen ist, oder eine Obergrenze festgelegt werden, die die Auslagen und Gebühren des Anwalts grundsätzlich nicht überschreiten dürfen. Der Beschluss kann eine Beteiligung des Antragstellers an den in Artikel 95 Absatz 1 genannten Kosten unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage vorsehen.

(4)   Die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hemmt den Lauf der Klagefrist bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beschluss, mit dem über diesen Antrag entschieden wird, oder in den Fällen des Absatzes 3 Unterabsatz 2 der Beschluss, in dem der mit der Vertretung des Antragstellers beauftragte Anwalt bestimmt wird, zugestellt wird.

(5)   Ändern sich die Voraussetzungen, unter denen die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens, so kann der Präsident von Amts wegen oder auf Antrag nach Anhörung des Betroffenen die Prozesskostenhilfe entziehen. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

Der Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe entzogen wird, ist mit Gründen zu versehen.

(6)   Die nach diesem Artikel erlassenen Beschlüsse sind nicht anfechtbar.

Artikel 98

Vorschüsse — Tragung der Kosten

(1)   Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so kann der Präsident auf Antrag des Anwalts des Betroffenen entscheiden, dass dem Anwalt ein Vorschuss gewährt wird.

(2)   Hat der Empfänger der Prozesskostenhilfe aufgrund der das Verfahren beendenden Entscheidung seine eigenen Kosten zu tragen, so setzt der Präsident durch mit Gründen versehenen, unanfechtbaren Beschluss diejenigen Auslagen und Gebühren des Anwalts fest, die von der Kasse des Gerichts getragen werden. Er kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

(3)   Hat das Gericht in der das Verfahren beendenden Entscheidung die Kosten des Empfängers der Prozesskostenhilfe einer anderen Partei auferlegt, so hat diese andere Partei der Kasse des Gerichts die als Prozesskostenhilfe vorgestreckten Beträge zu erstatten.

Im Streitfall oder wenn die Partei einer Aufforderung des Kanzlers zur Erstattung dieser Beträge nicht nachkommt, entscheidet der Präsident durch mit Gründen versehenen, unanfechtbaren Beschluss. Der Präsident kann die Entscheidung dem Gericht übertragen.

(4)   Unterliegt der Empfänger der Prozesskostenhilfe, so kann das Gericht in der das Verfahren beendenden Entscheidung im Rahmen der Kostenentscheidung aus Gründen der Billigkeit anordnen, dass eine oder mehrere andere Parteien ihre eigenen Kosten tragen oder dass diese vollständig oder zum Teil von der Kasse des Gerichts als Prozesskostenhilfe getragen werden.

Zehntes Kapitel

ZUSTELLUNGEN

Artikel 99

Zustellungen

(1)   Die in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Zustellungen werden vom Kanzler veranlasst, und zwar,

wenn der Empfänger eine Zustellungsanschrift am Ort des Gerichtssitzes angegeben hat, durch Übermittlung einer Abschrift des betreffenden Schriftstücks entweder auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein oder durch Übergabe gegen Quittung;

wenn sich der Empfänger gemäß Artikel 35 Absatz 3 oder 39 Absatz 1 Unterabsatz 2 damit einverstanden erklärt hat, dass Zustellungen an ihn mittels eines beim Gericht vorhandenen technischen Kommunikationsmittels erfolgen, durch dieses Mittel.

Die Abschriften werden vom Kanzler ausgefertigt und beglaubigt, es sei denn, dass sie gemäß Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 von den Parteien eingereicht werden.

(2)   Wenn technische Gründe, die insbesondere mit dem Umfang des Schriftstücks zusammenhängen, es erfordern oder wenn es sich bei dem zuzustellenden Schriftstück um ein Urteil oder einen Beschluss handelt, so wird das Schriftstück dem Empfänger, wenn dieser keine Zustellungsanschrift angegeben hat, gemäß dem Verfahren des Absatzes 1 erster Gedankenstrich an seine Anschrift zugestellt. Der Empfänger wird davon mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gericht vorhandener technischer Kommunikationsmittel benachrichtigt. Ein Einschreiben gilt am zehnten Tag nach der Aufgabe zur Post am Ort des Gerichtssitzes als dem Empfänger zugestellt, sofern nicht durch den Rückschein nachgewiesen wird, dass der Zugang zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist, oder der Empfänger dem Kanzler binnen drei Wochen nach der Benachrichtigung mittels Fernkopierer oder eines sonstigen technischen Kommunikationsmittels mitteilt, dass ihm das Einschreiben nicht zugegangen ist.

Elftes Kapitel

FRISTEN

Artikel 100

Fristberechnung — Pauschale Entfernungsfrist

(1)   Die in den Verträgen, in der Satzung und in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Verfahrensfristen werden wie folgt berechnet:

a)

Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, in den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b)

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche, im letzten Monat oder im letzten Jahr dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c)

Ist eine Frist nach Monaten und nach Tagen bemessen, so werden zunächst die vollen Monate und dann die Tage gezählt.

d)

Eine Frist umfasst die gesetzlichen Feiertage, die Sonntage und die Samstage.

e)

Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.

(2)   Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

Das vom Gerichtshof aufgestellte und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage gilt auch für das Gericht.

(3)   Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.

Artikel 101

Verlängerung — Zeichnungsbefugnis

(1)   Aufgrund dieser Verfahrensordnung festgesetzte Fristen können von der anordnenden Stelle verlängert werden.

(2)   Der Präsident kann dem Kanzler die Zeichnungsbefugnis übertragen, bestimmte Fristen, die er aufgrund dieser Verfahrensordnung anzuordnen hat, festzusetzen oder deren Verlängerung zu gewähren.

DRITTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Erstes Kapitel

AUSSETZUNG DES VOLLZUGS ODER DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 102

Anträge auf einstweilige Anordnung

(1)   Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs im Sinne der Artikel 278 AEUV und 157 EAGV sind nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat.

Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne des Artikels 279 AEUV sind nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gericht anhängigen Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.

Die Anträge können ab Einreichung der Beschwerde nach Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts unter den in Artikel 91 Absatz 4 des Beamtenstatuts festgelegten Voraussetzungen gestellt werden.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Anträge müssen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen.

(3)   Der Antrag ist mit besonderem Schriftsatz einzureichen und muss den Artikeln 34 und 35 entsprechen.

Artikel 103

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichts

(1)   Der Präsident des Gerichts entscheidet über die nach Artikel 102 Absatz 1 gestellten Anträge.

(2)   Ist der Präsident des Gerichts abwesend oder verhindert, so wird seine Zuständigkeit von einem anderen Richter nach Maßgabe einer Entscheidung des Gerichts ausgeübt, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird.

Artikel 104

Verfahren

(1)   Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident des Gerichts setzt ihr eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

(2)   Der Präsident des Gerichts entscheidet gegebenenfalls über prozessleitende Maßnahmen und eine Beweisaufnahme.

(3)   Der Präsident des Gerichts kann dem Antrag stattgeben, bevor die Stellungnahme der Gegenpartei eingeht. Diese Entscheidung kann später, auch von Amts wegen, abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 105

Entscheidung über die einstweiligen Anordnungen

(1)   Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist.

(2)   Die Vollstreckung des Beschlusses kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind.

(3)   Die einstweilige Anordnung kann befristet werden. In Ermangelung einer ausdrücklichen Befristung tritt sie mit der Verkündung des Endurteils außer Kraft.

(4)   Der Beschluss stellt nur eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache nicht vor.

Artikel 106

Veränderte Umstände

Auf Antrag einer Partei kann der Beschluss jederzeit wegen veränderter Umstände abgeändert oder aufgehoben werden.

Artikel 107

Neuerlicher Antrag

Die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung hindert den Antragsteller nicht, einen weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Antrag zu stellen.

Artikel 108

Aussetzung der Zwangsvollstreckung

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Anträge, die gemäß den Artikeln 280 und 299 AEUV sowie 164 EAGV gestellt werden und auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung von Maßnahmen eines Organs gerichtet sind.

In dem Beschluss, der dem Antrag stattgibt, wird gegebenenfalls der Zeitpunkt festgesetzt, zu dem die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.

Zweites Kapitel

STREITHILFE

Artikel 109

Antrag auf Zulassung als Streithelfer

(1)   Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur binnen vier Wochen nach der in Artikel 37 Absatz 2 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden.

(2)   Der Antrag muss enthalten:

a)

die Bezeichnung der Rechtssache;

b)

die Bezeichnung der Parteien;

c)

Namen und Wohnsitz des Antragstellers;

d)

die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes oder die Angabe eines beim Gericht vorhandenen technischen Kommunikationsmittels, mittels dessen der Vertreter des Antragstellers Zustellungen entgegenzunehmen bereit ist;

e)

die Anträge des Antragstellers, die der Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge des Klägers zu dienen bestimmt sind;

f)

die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung oder aufgrund besonderer Regelung ergibt.

(3)   Die Artikel 34 und 35 finden entsprechende Anwendung.

(4)   Für die Vertretung des Streithelfers gilt Artikel 19 der Satzung.

(5)   Der Antrag wird den Parteien zugestellt, damit sie Gelegenheit haben, schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen und der Kanzlei gegebenenfalls die Unterlagen zu nennen, die sie als geheim oder vertraulich ansehen und deren Übermittlung an die Streithelfer sie deshalb nicht wünschen.

(6)   Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluss oder überträgt die Entscheidung dem Gericht. Im Fall einer Zurückweisung des Antrags ist der Beschluss mit Gründen zu versehen.

Artikel 110

Streithilfebedingungen

(1)   Wird ein Beitritt zugelassen, so setzt der Präsident dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann.

(2)   Dem Streithelfer sind alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen.

(3)   Der Streithilfeschriftsatz muss enthalten:

a)

die Anträge des Streithelfers;

b)

die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers;

c)

gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.

(4)   Die Anträge des Streithelfers sind nur zulässig, wenn sie der vollständigen oder teilweisen Unterstützung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind.

(5)   Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien eine Frist, innerhalb deren sie sich schriftlich zu diesem Schriftsatz äußern können, oder fordert die Parteien auf, sich im mündlichen Verfahren zu äußern.

(6)   Für die Zwecke der Anwendung dieser Verfahrensordnung ist der Streithelfer einer Partei gleichgestellt, sofern nichts anderes bestimmt ist.

Artikel 111

Aufforderung zum Beitritt

(1)   Der Präsident kann nach Anhörung der Parteien in jedem Verfahrensstadium Personen, Organe oder Mitgliedstaaten, die vom Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, dazu auffordern, dem Gericht gegenüber zu erklären, ob sie dem Verfahren als Streithelfer beizutreten wünschen. In der Aufforderung ist die in Artikel 37 Absatz 2 bezeichnete Mitteilung anzuführen.

(2)   Erklärt der Aufgeforderte innerhalb der vom Präsidenten gesetzten Frist gegenüber dem Gericht, dass er beizutreten wünscht, so setzt der Präsident die Parteien davon in Kenntnis, damit sie Gelegenheit haben, der Kanzlei gegebenenfalls die Unterlagen zu nennen, die sie als geheim oder vertraulich ansehen und deren Übermittlung an den Betroffenen sie deshalb nicht wünschen.

Artikel 110 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3)   Der Streithilfeschriftsatz ist vom Betroffenen innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schriftstücke einzureichen.

Die Artikel 34, 35, 109 Absätze 2 Buchstaben a bis e und 4 sowie 110 Absätze 3 bis 6 finden entsprechende Anwendung.

Drittes Kapitel

RECHTSMITTEL UND ZURÜCKVERWEISUNG VON RECHTSSACHEN NACH AUFHEBUNG

Artikel 112

Voraussetzungen für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts

Unter den Voraussetzungen der Artikel 9 bis 12 des Anhangs I der Satzung kann gegen die Urteile und Beschlüsse des Gerichts ein Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union eingelegt werden.

Artikel 113

Zurückverweisung nach Aufhebung — Zuweisung der zurückverwiesenen Rechtssache

(1)   Verweist das Gericht der Europäischen Union, nachdem es ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts aufgehoben hat, die Rechtssache gemäß Artikel 13 des Anhangs I der Satzung an das Gericht zurück, so wird die Sache durch das zurückverweisende Urteil beim Gericht anhängig.

(2)   Der Präsident des Gerichts weist die Sache entweder dem Spruchkörper, der die aufgehobene Entscheidung erlassen hat, oder einem anderen Spruchkörper zu.

Wird die Entscheidung eines Einzelrichters aufgehoben, so weist der Präsident des Gerichts die Sache einer Kammer zu, die mit drei Richtern tagt und der dieser Richter nicht angehört.

Artikel 114

Verfahren zur Prüfung der zurückverwiesenen Rechtssache

(1)   Der Kläger kann innerhalb von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zugestellt worden ist, einen Schriftsatz einreichen.

(2)   Der Beklagte kann innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm dieser Schriftsatz übermittelt worden ist, einen Schriftsatz einreichen. Die dem Beklagten zur Einreichung dieses Schriftsatzes gewährte Frist beträgt jedoch mindestens zwei Monate von dem Zeitpunkt an, zu dem ihm das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zugestellt worden ist.

(3)   Der Streithelfer kann innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Schriftsätze des Klägers und des Beklagten gleichzeitig übermittelt worden sind, einen Schriftsatz einreichen. Die dem Streithelfer für die Einreichung dieses Schriftsatzes gewährte Frist beträgt jedoch mindestens zwei Monate von dem Zeitpunkt an, zu dem ihm das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zugestellt worden ist.

(4)   War bei Erlass des zurückverweisenden Urteils das schriftliche Verfahren vor dem Gericht noch nicht beendet, so wird es abweichend von den Absätzen 1 bis 3 durch prozessleitende Maßnahmen des Gerichts in dem Stadium, in dem es sich befand, fortgesetzt.

(5)   Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Gericht die Einreichung zusätzlicher Schriftsätze gestatten.

(6)   Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des Zweiten Titels entsprechende Anwendung.

Artikel 115

Kosten

Das Gericht entscheidet über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gericht der Europäischen Union.

Viertes Kapitel

VERSÄUMNISURTEIL UND EINSPRUCH

Artikel 116

Verfahren

(1)   Reicht der Beklagte, gegen den ordnungsgemäß Klage erhoben ist, seine Klagebeantwortung nicht form- und fristgerecht ein, so kann der Kläger Versäumnisurteil beantragen.

Der Antrag wird dem Beklagten zugestellt. Das Gericht kann entscheiden, das mündliche Verfahren über den Antrag zu eröffnen.

(2)   Vor Erlass eines Versäumnisurteils prüft das Gericht, ob die Klage ordnungsgemäß erhoben und zulässig ist und ob die Anträge des Klägers begründet erscheinen. Es kann eine Beweisaufnahme anordnen.

(3)   Das Versäumnisurteil ist vollstreckbar.

Das Gericht kann die Vollstreckung aussetzen, bis über einen gemäß Absatz 4 eingelegten Einspruch entschieden ist, oder sie davon abhängig machen, dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind; wird kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch verworfen, so ist die Sicherheit freizugeben.

(4)   Gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch eingelegt werden.

Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen.

Die Artikel 34 und 35 finden entsprechende Anwendung.

(5)   Nach der Zustellung des Einspruchs setzt der Präsident des Spruchkörpers der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.

Auf das weitere Verfahren finden die Bestimmungen des Zweiten Titels entsprechende Anwendung.

(6)   Das Gericht entscheidet durch Urteil, gegen das weiterer Einspruch nicht zulässig ist. Die Urschrift dieses Urteils wird mit der Urschrift des Versäumnisurteils verbunden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des Versäumnisurteils anzubringen.

Fünftes Kapitel

AUSSERORDENTLICHE RECHTSBEHELFE

Artikel 117

Drittwiderspruch

(1)   Nach Artikel 42 der Satzung kann gegen eine Entscheidung Drittwiderspruch erhoben werden, wenn sie die Rechte eines Dritten beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem er nicht teilgenommen hat.

Ist die angefochtene Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, so muss der Antrag binnen zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden.

(2)   Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 34 und 35 entsprechende Anwendung; der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung;

b)

die Angabe, in welchen Punkten diese Entscheidung die Rechte des Dritten beeinträchtigt;

c)

die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren vor dem Gericht zu beteiligen.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten.

Der Drittwiderspruch wird dem Spruchkörper zugewiesen, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat.

(3)   Wird dem Drittwiderspruch stattgegeben, so ist die angefochtene Entscheidung entsprechend zu ändern.

Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift der angefochtenen Entscheidung zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift der angefochtenen Entscheidung anzubringen.

(4)   Wird eine Entscheidung des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gericht der Europäischen Union und durch Drittwiderspruch vor dem Gericht angefochten, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichts der Europäischen Union aussetzen.

(5)   Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung ausgesetzt werden. Die Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung.

Artikel 118

Auslegung von Entscheidungen des Gerichts

(1)   Nach Artikel 43 der Satzung ist das Gericht, wenn Zweifel über Sinn und Tragweite einer Entscheidung bestehen, zuständig, diese Entscheidung auf Antrag einer Partei oder eines Organs auszulegen, wenn diese ein berechtigtes Interesse hieran glaubhaft machen.

Der Antrag auf Auslegung ist nicht fristgebunden.

(2)   Auf den Antrag finden die Artikel 34 und 35 entsprechende Anwendung; der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung der auszulegenden Entscheidung;

b)

die Angabe der Stellen, deren Auslegung beantragt wird.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem die auszulegende Entscheidung ergangen ist.

Der Antrag wird dem Spruchkörper zugewiesen, der die auszulegende Entscheidung erlassen hat.

(3)   Das Gericht gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme; es entscheidet durch Urteil.

Die Urschrift des auslegenden Urteils ist mit der Urschrift der ausgelegten Entscheidung zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift der ausgelegten Entscheidung anzubringen.

(4)   Wird eine Entscheidung des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten und ist diese Entscheidung Gegenstand eines Auslegungsantrags vor dem Gericht, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichts der Europäischen Union aussetzen.

Artikel 119

Wiederaufnahme des Verfahrens

(1)   Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach Artikel 44 der Satzung beim Gericht nur dann beantragt werden, wenn eine Tatsache von entscheidender Bedeutung bekannt wird, die vor Verkündung oder Erlass der Entscheidung dem Gericht und der die Wiederaufnahme beantragenden Partei unbekannt war.

Unbeschadet der in Artikel 44 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Frist von zehn Jahren ist die Wiederaufnahme des Verfahrens binnen drei Monaten nach dem Tag zu beantragen, an dem der Antragsteller Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, auf die er seinen Antrag stützt.

(2)   Auf den Antrag finden die Artikel 34 und 35 entsprechende Anwendung; der Antrag muss ferner enthalten:

a)

die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung;

b)

die Angabe der Punkte, in denen die Entscheidung angefochten wird;

c)

die Bezeichnung der Tatsachen, die dem Antrag zugrunde liegen;

d)

die Benennung der Beweismittel für das Vorliegen von Tatsachen, die die Wiederaufnahme rechtfertigen, und für die Wahrung der in Absatz 1 genannten Fristen.

Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist.

Der Antrag wird dem Spruchkörper zugewiesen, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat.

(3)   Aufgrund der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien entscheidet das Gericht durch Urteil über die Zulässigkeit des Antrags.

Gibt das Gericht dem Antrag statt, so wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Das Gericht entscheidet durch Urteil.

Die Urschrift des abändernden Urteils ist mit der Urschrift der abgeänderten Entscheidung zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift der abgeänderten Entscheidung anzubringen.

(4)   Wird eine Entscheidung des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gericht der Europäischen Union und durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Gericht angefochten, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichts der Europäischen Union aussetzen.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 120

Praktische Anweisungen des Gerichts

Das Gericht kann praktische Anweisungen insbesondere zur Vorbereitung und zum Ablauf der mündlichen Verhandlungen, zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten sowie zur Präsentation und zur Einreichung von Schriftsätzen und schriftlichen Erklärungen erteilen.

Artikel 121

Veröffentlichung der Verfahrensordnung

Diese Verfahrensordnung ist in den in der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union genannten Verfahrenssprachen verbindlich; sie wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt am ersten Tag des dritten Monats nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Artikel 122

Übergangsbestimmungen zur Kostentragung

Die Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels über die Prozesskosten und Gerichtskosten finden nur auf die Rechtssachen Anwendung, die ab dem Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung beim Gericht anhängig gemacht werden.

Die insoweit geltenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union finden weiterhin entsprechende Anwendung auf die Rechtssachen, die beim Gericht vor diesem Zeitpunkt anhängig waren.

 

INHALTSVERZEICHNIS

EINGANGSBESTIMMUNG

 

Artikel 1

Definitionen

ERSTER TITEL

AUFBAU DES GERICHTS

Erstes Kapitel

PRÄSIDENT UND MITGLIEDER DES GERICHTS

Artikel 2

Amtszeit der Richter

Artikel 3

Eidesleistung

Artikel 4

Amtsenthebung und Amtsverlust eines Richters

Artikel 5

Rangordnung

Artikel 6

Wahl des Präsidenten des Gerichts

Artikel 7

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichts

Artikel 8

Vertretung des Präsidenten des Gerichts

Zweites Kapitel

SPRUCHKÖRPER

Artikel 9

Spruchkörper

Artikel 10

Bildung der Kammern

Artikel 11

Kammerpräsidenten

Artikel 12

Regelspruchkörper — Zuweisung der Rechtssachen an die Kammern

Artikel 13

Verweisung einer Rechtssache an das Plenum oder an die Kammer, die mit fünf Richtern tagt

Artikel 14

Verweisung einer Rechtssache an einen Einzelrichter

Drittes Kapitel

KANZLEI UND SONSTIGE DIENSTSTELLEN

Erster Abschnitt –

Kanzlei

Artikel 15

Ernennung des Kanzlers

Artikel 16

Ende der Amtszeit des Kanzlers

Artikel 17

Hilfskanzler

Artikel 18

Abwesenheit oder Verhinderung des Kanzlers

Artikel 19

Amtsgeschäfte des Kanzlers

Artikel 20

Registerführung

Zweiter Abschnitt –

Dienststellen

Artikel 21

Beamte und sonstige Bedienstete

Artikel 22

Verwaltung und Finanzverwaltung des Gerichts

Viertes Kapitel

GESCHÄFTSGANG DES GERICHTS

Artikel 23

Termin für die Sitzungen des Gerichts

Artikel 24

Beschlussfähigkeit

Artikel 25

Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters

Artikel 26

Abwesenheit oder Verhinderung eines Richters der Kammer, die mit fünf Richtern tagt, vor der mündlichen Verhandlung

Artikel 27

Beratung

Artikel 28

Gerichtsferien

Fünftes Kapitel

SPRACHENREGELUNG

Artikel 29

Sprachenregelung

Sechstes Kapitel

RECHTE UND PFLICHTEN DER VERTRETER DER PARTEIEN

Artikel 30

Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen

Artikel 31

Vertretereigenschaft

Artikel 32

Ausschluss vom Verfahren

ZWEITER TITEL

ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

Erstes Kapitel

SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Artikel 33

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 34

Einreichung der Schriftsätze

Artikel 35

Klageschrift

Artikel 36

Mängelbehebung

Artikel 37

Zustellung der Klageschrift und Mitteilung im Amtsblatt

Artikel 38

Zuweisung einer Rechtssache nach Eingang an einen Spruchkörper

Artikel 39

Klagebeantwortung

Artikel 40

Übermittlung an Rat und Europäische Kommission

Artikel 41

Zweiter Schriftsatzwechsel

Artikel 42

Neue Beweismittel

Artikel 43

Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel

Artikel 44

Unterlagen und Beweisstücke — Vertraulichkeit — Anonymität

Artikel 45

Vorbericht

Artikel 46

Zusammenhang — Verbindung

Artikel 47

Reihenfolge der Erledigung der Rechtssachen

Zweites Kapitel

MÜNDLICHES VERFAHREN

Artikel 48

Abhaltung der mündlichen Verhandlung

Artikel 49

Termin der mündlichen Verhandlung

Artikel 50

Nichterscheinen der Parteien in der mündlichen Verhandlung

Artikel 51

Ablauf der mündlichen Verhandlung

Artikel 52

Schließung des mündlichen Verfahrens

Artikel 53

Protokoll der mündlichen Verhandlung

Drittes Kapitel

PROZESSLEITENDE MASSNAHMEN UND BEWEISAUFNAHME

Artikel 54

Allgemeine Bestimmungen

Erster Abschnitt –

Prozessleitende Maßnahmen

Artikel 55

Ziel und Arten

Artikel 56

Verfahren

Zweiter Abschnitt –

Beweisaufnahme

Artikel 57

Arten von Beweismitteln

Artikel 58

Verfahren

Dritter Abschnitt –

Ladung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Artikel 59

Ladung von Zeugen

Artikel 60

Vernehmung der Zeugen

Artikel 61

Pflichten der Zeugen

Artikel 62

Begutachtung durch Sachverständige

Artikel 63

Eid

Artikel 64

Falschaussage des Zeugen oder des Sachverständigen

Artikel 65

Ablehnung

Artikel 66

Kostenerstattung — Entschädigung und Vergütung

Artikel 67

Rechtshilfeersuchen

Viertes Kapitel

GÜTLICHE BEILEGUNG VON RECHTSSTREITIGKEITEN

Artikel 68

Modalitäten

Artikel 69

Vereinbarung der Parteien

Artikel 70

Gütliche Beilegung und gerichtliches Verfahren

Fünftes Kapitel

AUSSETZUNG DES VERFAHRENS UND ABGABE EINER RECHTSSACHE AN DEN GERICHTSHOF ODER DAS GERICHT DER EUROPÄISCHEN UNION

Artikel 71

Anwendungsfälle der Aussetzung und Verfahren

Artikel 72

Dauer und Wirkungen der Aussetzung

Artikel 73

Abgabe

Sechstes Kapitel

KLAGERÜCKNAHME, ERLEDIGUNG DER HAUPTSACHE UND PROZESSHINDERNISSE

Artikel 74

Klagerücknahme

Artikel 75

Erledigung der Hauptsache

Artikel 76

Offensichtlich abzuweisende Klage

Artikel 77

Unverzichtbare Prozessvoraussetzungen

Artikel 78

Antrag auf Entscheidung über eine Vorfrage

Siebtes Kapitel

URTEILE UND BESCHLÜSSE

Artikel 79

Urteil

Artikel 80

Urteilsverkündung

Artikel 81

Beschluss

Artikel 82

Beschlusserlass

Artikel 83

Wirksamwerden

Artikel 84

Berichtigung von Entscheidungen

Artikel 85

Übergehen der Kostenentscheidung

Achtes Kapitel

PROZESSKOSTEN UND GERICHTSKOSTEN

Artikel 86

Kostenentscheidung

Artikel 87

Kostentragung — Allgemeine Vorschriften

Artikel 88

Ohne angemessenen Grund oder böswillig verursachte Kosten

Artikel 89

Kostentragung — Sonderfälle

Artikel 90

Aufwendungen für die Zwangsvollstreckung

Artikel 91

Erstattungsfähige Kosten

Artikel 92

Streitigkeiten über die Kosten

Artikel 93

Zahlung

Artikel 94

Gerichtskosten

Neuntes Kapitel

PROZESSKOSTENHILFE

Artikel 95

Materielle Voraussetzungen

Artikel 96

Formelle Voraussetzungen

Artikel 97

Verfahren

Artikel 98

Vorschüsse — Tragung der Kosten

Zehntes Kapitel

ZUSTELLUNGEN

Artikel 99

Zustellungen

Elftes Kapitel

FRISTEN

Artikel 100

Fristberechnung — Pauschale Entfernungsfrist

Artikel 101

Verlängerung — Zeichnungsbefugnis

DRITTER TITEL

BESONDERE VERFAHRENSARTEN

Erstes Kapitel

AUSSETZUNG DES VOLLZUGS ODER DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN

Artikel 102

Anträge auf einstweilige Anordnung

Artikel 103

Zuständigkeit des Präsidenten des Gerichts

Artikel 104

Verfahren

Artikel 105

Entscheidung über die einstweiligen Anordnungen

Artikel 106

Veränderte Umstände

Artikel 107

Neuerlicher Antrag

Artikel 108

Aussetzung der Zwangsvollstreckung

Zweites Kapitel

STREITHILFE

Artikel 109

Antrag auf Zulassung als Streithelfer

Artikel 110

Streithilfebedingungen

Artikel 111

Aufforderung zum Beitritt

Drittes Kapitel

RECHTSMITTEL UND ZURÜCKVERWEISUNG VON RECHTSSACHEN NACH AUFHEBUNG

Artikel 112

Voraussetzungen für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts

Artikel 113

Zurückverweisung nach Aufhebung — Zuweisung der zurückverwiesenen Rechtssache

Artikel 114

Verfahren zur Prüfung der zurückverwiesenen Rechtssache

Artikel 115

Kosten

Viertes Kapitel

VERSÄUMNISURTEIL UND EINSPRUCH

Artikel 116

Verfahren

Fünftes Kapitel

AUSSERORDENTLICHE RECHTSBEHELFE

Artikel 117

Drittwiderspruch

Artikel 118

Auslegung von Entscheidungen des Gerichts

Artikel 119

Wiederaufnahme des Verfahrens

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

Artikel 120

Praktische Anweisungen des Gerichts

Artikel 121

Veröffentlichung der Verfahrensordnung

Artikel 122

Übergangsbestimmungen zur Kostentragung

Inhaltsverzeichnis


(1)  ABl. L 225 vom 29.8.2007, S. 1, geändert am 14. Januar 2009, (ABl. L 24 vom 28.1.2009, S. 10) und am 17. März 2010 (ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 17).