ISSN 1725-2407

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 70E

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Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

50. Jahrgang
27. März 2007


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III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Rat

2007/C 070E/01

Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 2/2007 vom 11. Dezember 2006, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

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2007/C 070E/02

Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 3/2007 vom 11. Dezember 2006, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 ( 1 )

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(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

 


III Vorbereitende Rechtsakte

Rat

27.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 70/1


GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 2/2007

vom Rat festgelegt am 11. Dezember 2006

im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

(2007/C 70 E/01)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 71 und 89,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 16 des Vertrags bestätigt den Stellenwert, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen.

(2)

Artikel 86 Absatz 2 des Vertrags bestimmt, dass für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, gelten, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert.

(3)

Artikel 73 des Vertrags stellt eine Sondervorschrift zu Artikel 86 Absatz 2 dar. Darin sind Regeln für die Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich des Landverkehrs festgelegt.

(4)

Die Hauptziele des Weißbuchs der Kommission vom 12. September 2001„Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ sind die Gewährleistung sicherer, effizienter und hochwertiger Personenverkehrsdienste durch einen regulierten Wettbewerb, der auch die Transparenz und Leistungsfähigkeit öffentlicher Personenverkehrsdienste garantiert, und zwar unter Berücksichtigung sozialer, umweltpolitischer und raumplanerischer Faktoren, oder das Angebot spezieller Tarifbedingungen zugunsten bestimmter Gruppen von Reisenden, wie etwa Rentner, und die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen Verkehrsunternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die den Wettbewerb wesentlich verfälschen könnten.

(5)

Viele Personenlandverkehrsdienste, die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erforderlich sind, können derzeit nicht kommerziell betrieben werden. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen können, um die Erbringung dieser Dienste sicherzustellen. Zu den Mechanismen, die sie nutzen können, um die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste sicherzustellen, zählen unter anderem die Gewährung ausschließlicher Rechte an die Betreiber eines öffentlichen Dienstes, die Gewährung einer finanziellen Ausgleichsleistung für Betreiber eines öffentlichen Dienstes sowie die Festlegung allgemeiner Vorschriften für den Betrieb öffentlicher Verkehrsdienste, die für alle Betreiber gelten. Entscheidet ein Mitgliedstaat sich im Einklang mit dieser Verordnung dafür, bestimmte allgemeine Regeln aus ihrem Anwendungsbereich herauszunehmen, so sollte die allgemeine Regelung für staatliche Beihilfen zur Anwendung kommen.

(6)

Viele Mitgliedstaaten haben Rechtsvorschriften erlassen, die zumindest für einen Teilbereich ihres öffentlichen Verkehrsmarktes die Gewährung ausschließlicher Rechte und die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge im Rahmen transparenter und fairer Vergabeverfahren vorsehen. Dies hat eine erhebliche Zunahme des Handels zwischen den Mitgliedstaaten bewirkt und dazu geführt, dass inzwischen mehrere Betreiber eines öffentlichen Dienstes Personenverkehrsdienste in mehr als einem Mitgliedstaat erbringen. Die Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften hat jedoch zu uneinheitlichen Verfahren und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Rechte der Betreiber eines öffentlichen Dienstes und der Pflichten der zuständigen Behörden geführt. Die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (4) regelt nicht die Art und Weise, in der in der Gemeinschaft öffentliche Dienstleistungsaufträge vergeben werden müssen, und insbesondere nicht die Bedingungen, unter denen diese ausgeschrieben werden sollten. Eine Aktualisierung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens ist daher angebracht.

(7)

Studien und die Erfahrungen der Mitgliedstaaten, in denen es schon seit einigen Jahren Wettbewerb im öffentlichen Verkehr gibt, zeigen, dass, sofern angemessene Schutzmaßnahmen vorgesehen werden, die Einführung des regulierten Wettbewerbs zwischen Betreibern zu einem attraktiveren und innovativeren Dienstleistungsangebot zu niedrigeren Kosten führt, ohne dass die Betreiber eines öffentlichen Dienstes bei der Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben behindert werden. Dieser Ansatz wurde vom Europäischen Rat im Rahmen des so genannten Lissabon-Prozesses vom 28. März 2000 gebilligt, der die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse die Liberalisierung in Bereichen wie dem Verkehr zu beschleunigen.

(8)

Personenverkehrsmärkte, die dereguliert sind und in denen keine ausschließlichen Rechte gewährt werden, sollten ihre Merkmale und ihre Funktionsweise beibehalten dürfen, soweit diese mit den Anforderungen des Vertrags vereinbar sind.

(9)

Um die öffentlichen Personenverkehrsdienste optimal nach den Bedürfnissen der Bevölkerung gestalten zu können, müssen alle zuständigen Behörden die Möglichkeit haben, die Betreiber eines öffentlichen Dienstes gemäß den Bedingungen dieser Verordnung frei auszuwählen und dabei die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Um die Anwendung der Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung konkurrierender Betreiber und der Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, wenn Ausgleichsleistungen oder ausschließliche Rechte gewährt werden, müssen in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag der zuständigen Behörde an den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes die Art der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die vereinbarten Gegenleistungen festgelegt werden. Die Form oder Benennung dieses Vertrags kann je nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten variieren.

(10)

Im Gegensatz zu der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, deren Geltungsbereich sich auch auf die öffentlichen Personenverkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen erstreckt, wird es nicht als angezeigt erachtet, in der vorliegenden Verordnung die Frage der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in diesem besonderen Sektor zu regeln. Für die Organisation öffentlicher Personenverkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen gelten daher die allgemeinen Grundsätze des Vertrags, sofern die Mitgliedstaaten nicht beschließen, die vorliegende Verordnung auf diesen besonderen Sektor anzuwenden. Die Bestimmungen dieser Verordnung stehen der Einbeziehung von Verkehrsdiensten auf Binnenschifffahrtswegen in weiter gefasste Stadt-, Vorort- oder Regionalnetze des öffentlichen Personenverkehrs nicht entgegen.

(11)

Im Gegensatz zu der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, deren Geltungsbereich sich auch auf Güterbeförderungsdienste erstreckt, wird es nicht als angezeigt erachtet, in der vorliegenden Verordnung die Frage der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in diesem besonderen Sektor zu regeln. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung sollten für die Organisation von Güterbeförderungsdiensten daher die allgemeinen Grundsätze des Vertrags gelten.

(12)

Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist es unerheblich, ob öffentliche Personenverkehrsdienste von öffentlichen oder privaten Unternehmen erbracht werden. Die vorliegende Verordnung stützt sich auf den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die Eigentumsordnung gemäß Artikel 295 des Vertrags sowie den Grundsatz der freien Gestaltung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 des Vertrags und die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 des Vertrags.

(13)

Einige Verkehrsdienste, häufig in Verbindung mit einer speziellen Infrastruktur, werden hauptsächlich aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben. Da ihr Betrieb offensichtlich anderen Zwecken dient als der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste, müssen die für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Anforderungen geltenden Vorschriften und Verfahren hier keine Anwendung finden.

(14)

Wenn die zuständigen Behörden für die Organisation des öffentlichen Verkehrsnetzes verantwortlich sind, können hierzu neben dem eigentlichen Betrieb des Verkehrsdienstes eine Reihe von anderen Tätigkeiten und Funktionen zählen, bei denen es den zuständigen Behörden freigestellt sein muss, sie selbst auszuführen oder ganz oder teilweise einem Dritten anzuvertrauen.

(15)

Langzeitverträge können bewirken, dass der Markt länger als erforderlich geschlossen bleibt, wodurch sich die Vorteile des Wettbewerbsdrucks verringern. Um den Wettbewerb möglichst wenig zu verfälschen und gleichzeitig die Qualität der Dienste sicherzustellen, sollten öffentliche Dienstleistungsaufträge befristet sein. Die Möglichkeit, öffentliche Dienstleistungsaufträge um maximal die Hälfte ihrer ursprünglichen Laufzeit zu verlängern, sollte jedoch dann vorgesehen werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes Investitionen in Wirtschaftsgüter tätigen muss, deren Amortisierungsdauer außergewöhnlich lang ist, und — aufgrund ihrer besonderen Merkmale und Zwänge — bei den in Artikel 299 des Vertrags genannten Gebieten in äußerster Randlage. Außerdem sollte eine noch weiter gehende Verlängerung möglich sein, wenn ein Betreiber eines öffentlichen Dienstes Investitionen in Infrastrukturen oder Rollmaterial und Fahrzeuge tätigt, die insofern außergewöhnlich sind, als es dabei jeweils um hohe Mittelbeträge geht, und unter der Voraussetzung, dass der Vertrag im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben wird.

(16)

Kann der Abschluss eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu einem Wechsel des Betreibers eines öffentlichen Dienstes führen, so sollten die zuständigen Behörden den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes verpflichten können, die Bestimmungen der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (5) anzuwenden. Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, die Bedingungen für die Übertragung anderer Ansprüche der Arbeitnehmer als der durch die Richtlinie 2001/23/EG abgedeckten zu wahren und dabei gegebenenfalls die durch nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder zwischen den Sozialpartnern geschlossene Tarifverträge oder Vereinbarungen festgelegten Sozialstandards zu berücksichtigen.

(17)

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip steht es den zuständigen Behörden frei, Qualitätsstandards für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen festzulegen, beispielsweise bezüglich der Mindestarbeitsbedingungen, der Fahrgastrechte, der Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität oder des Umweltschutzes.

(18)

Vorbehaltlich der einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts können örtliche Behörden oder — falls diese nicht vorhanden sind — nationale Behörden öffentliche Personenverkehrsdienste in ihrem Gebiet entweder selbst erbringen oder einen internen Betreiber ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren damit beauftragen. Zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen muss die Möglichkeit der Eigenerbringung jedoch streng kontrolliert werden. Die zuständige Behörde oder die Gruppe zuständiger Behörden, die — kollektiv oder durch ihre Mitglieder — integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, sollte die erforderliche Kontrolle ausüben. Ferner sollte es einer zuständigen Behörde, die ihre Verkehrsdienste selbst erbringt, oder einem internen Betreiber untersagt sein, an wettbewerblichen Vergabeverfahren außerhalb des Zuständigkeitsgebiets dieser Behörde teilzunehmen. Die Behörde, die die Kontrolle über den internen Betreiber ausübt, sollte ferner die Möglichkeit haben, diesem Betreiber die Teilnahme an wettbewerblichen Vergabeverfahren innerhalb ihres Zuständigkeitsgebiets zu untersagen. Die Beschränkung der Tätigkeit interner Betreiber berührt nicht die Möglichkeit der Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, die den Eisenbahnverkehr betreffen, mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- und Straßenbahnen. Außerdem berührt die Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für Eisenbahnverkehrsdienste nicht die Möglichkeit der zuständigen Behörden, öffentliche Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste mit anderen schienengestützten Verkehrsträgern wie Untergrund- oder Straßenbahnen an einen internen Betreiber zu vergeben.

(19)

Die Vergabe von Unteraufträgen kann zu einem effizienteren öffentlichen Personenverkehr beitragen und ermöglicht die Beteiligung weiterer Unternehmen neben dem Betreiber eines öffentlichen Dienstes, der den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erhalten hat. Im Hinblick auf eine bestmögliche Nutzung öffentlicher Gelder sollten die zuständigen Behörden jedoch die Bedingungen für die Vergabe von Unteraufträgen bezüglich ihrer öffentlichen Personenverkehrsdienste festlegen können, insbesondere im Falle von Diensten, die von einem internen Betreiber erbracht werden. Ferner sollte es einem Unterauftragnehmer erlaubt sein, an wettbewerblichen Vergabeverfahren im Zuständigkeitsgebiet aller zuständigen Behörden teilzunehmen. Die Auswahl eines Unterauftragnehmers durch die zuständige Behörde oder ihren internen Betreiber muss im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht erfolgen.

(20)

Entscheidet eine Behörde, eine Dienstleistung von allgemeinem Interesse einem Dritten zu übertragen, so muss die Auswahl des Betreibers eines öffentlichen Dienstes unter Einhaltung des für das öffentliche Auftragswesen und Konzessionen geltenden Gemeinschaftsrechts, das sich aus den Artikeln 43 bis 49 des Vertrags ergibt, sowie der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgen. Insbesondere bleiben die Pflichten der Behörden, die sich aus den Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge ergeben, bei unter jene Richtlinien fallenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen von den Bestimmungen dieser Verordnung unberührt.

(21)

Für einige wettbewerbliche Vergabeverfahren müssen die zuständigen Behörden komplexe Systeme festlegen und erläutern. Daher sollten diese Behörden ermächtigt werden, bei der Vergabe von Aufträgen in solchen Fällen die Einzelheiten des Auftrags mit einigen oder allen potenziellen Betreibern eines öffentlichen Dienstes nach Abgabe der Angebote auszuhandeln.

(22)

Ein wettbewerbliches Vergabeverfahren für öffentliche Dienstleistungsaufträge sollte nicht zwingend vorgeschrieben sein, wenn der Auftrag sich auf geringe Summen oder Entfernungen bezieht. In diesem Zusammenhang sollten die zuständigen Behörden in die Lage versetzt werden, bei größeren Summen oder Entfernungen die besonderen Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Den zuständigen Behörden sollte es nicht gestattet sein, Aufträge oder Netze aufzuteilen, um so ein wettbewerbliches Vergabeverfahren zu vermeiden.

(23)

Besteht die Gefahr einer Unterbrechung bei der Erbringung von Diensten, sollten die zuständigen Behörden befugt sein, kurzfristig Notmaßnahmen zu ergreifen, bis ein neuer öffentlicher Dienstleistungsauftrag nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen vergeben wurde.

(24)

Der öffentliche Schienenpersonenverkehr wirft spezielle Fragen in Bezug auf die Investitionslast und die Infrastrukturkosten auf. Die Kommission hat im März 2004 eine Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (6) vorgeschlagen, damit alle Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft zur Durchführung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste Zugang zur Infrastruktur aller Mitgliedstaaten erhalten. Mit der vorliegenden Verordnung soll ein Rechtsrahmen für die Gewährung einer Ausgleichsleistung und/oder ausschließlicher Rechte für öffentliche Dienstleistungsaufträge geschaffen werden; eine weitere Öffnung des Marktes für Schienenverkehrsdienste ist nicht beabsichtigt.

(25)

Diese Verordnung gibt den zuständigen Behörden im Falle öffentlicher Dienstleistungen die Möglichkeit, auf der Grundlage eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags einen Betreiber für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste auszuwählen. Angesichts der unterschiedlichen territorialen Organisation der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht ist es gerechtfertigt, den zuständigen Behörden zu gestatten, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr direkt zu vergeben.

(26)

Die von den zuständigen Behörden gewährten Ausgleichsleistungen zur Deckung der Kosten, die durch die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen verursacht werden, sollten so berechnet werden, dass übermäßige Ausgleichsleistungen vermieden werden. Beabsichtigt eine zuständige Behörde die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren, so sollte sie auch detaillierte Bestimmungen einhalten, mit denen die Angemessenheit der Ausgleichsleistung gewährleistet wird und die der angestrebten Effizienz und Qualität der Dienste Rechnung tragen.

(27)

Die zuständige Behörde und der Betreiber eines öffentlichen Dienstes können beweisen, dass eine übermäßige Ausgleichsleistung vermieden wurde, indem sie allen Auswirkungen der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf die Nachfrage nach öffentlichen Personenverkehrsdiensten in dem im Anhang enthaltenen Berechnungsmodell gebührend Rechnung tragen.

(28)

Hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sollten die zuständigen Behörden — außer bei Notmaßnahmen und Aufträgen für geringe Entfernungen — die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um mindestens ein Jahr im Voraus bekannt zu geben, dass sie solche Aufträge zu vergeben beabsichtigen, so dass potenzielle Betreiber eines öffentlichen Dienstes darauf reagieren können.

(29)

Bei direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen sollte für größere Transparenz gesorgt werden.

(30)

Da die zuständigen Behörden und die Betreiber eines öffentlichen Dienstes Zeit benötigen, um den Bestimmungen dieser Verordnung nachzukommen, sollten Übergangsregelungen vorgesehen werden. Im Hinblick auf eine schrittweise Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten der Kommission binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums einen Fortschrittsbericht vorlegen. Die Kommission kann auf der Grundlage dieser Berichte geeignete Maßnahmen vorschlagen.

(31)

Während des Übergangszeitraums werden die zuständigen Behörden die Bestimmungen dieser Verordnung möglicherweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstmals anwenden. Daher könnten während dieses Zeitraums Betreiber eines öffentlichen Dienstes aus Märkten, die noch nicht von den Bestimmungen dieser Verordnung betroffen sind, Angebote für öffentliche Dienstleistungsaufträge in Märkten einreichen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt für den kontrollierten Wettbewerb geöffnet wurden. Um mit Hilfe angemessener Maßnahmen eine Unausgewogenheit bei der Öffnung des öffentlichen Verkehrsmarktes zu vermeiden, sollten die zuständigen Behörden in der zweiten Hälfte des Übergangszeitraums die Möglichkeit haben, Angebote von Unternehmen abzulehnen, bei denen mehr als die Hälfte des Wertes der von ihnen erbrachten öffentlichen Verkehrsdienste auf Aufträgen beruht, die nicht im Einklang mit dieser Verordnung vergeben wurden, sofern dies ohne Diskriminierung geschieht und vor Veröffentlichung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens beschlossen wird.

(32)

In seinem Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00 — Altmark Trans GmbH (7) hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in den Randnummern 87 bis 95 festgestellt, dass Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen keine Begünstigung im Sinne von Artikel 87 des Vertrags darstellen, sofern vier kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, jedoch die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags, stellen die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen staatliche Beihilfen dar, und es gelten die Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags.

(33)

Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen können sich im Bereich des Personenlandverkehrs als erforderlich erweisen, damit die mit öffentlichen Dienstleistungen betrauten Unternehmen gemäß festgelegten Grundsätzen und unter Bedingungen tätig sein können, die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglichen. Diese Ausgleichsleistungen können unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Artikel 73 des Vertrags mit dem Vertrag vereinbar sein. Zum einen müssen sie gewährt werden, um die Erbringung von Diensten sicherzustellen, die Dienste von allgemeinem Interesse im Sinne des Vertrags sind. Um ungerechtfertigte Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, darf die Ausgleichsleistung zum anderen nicht den Betrag übersteigen, der notwendig ist, um die Nettokosten zu decken, die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursacht werden, wobei den dabei erzielten Einnahmen sowie einem angemessenen Gewinn Rechnung zu tragen ist.

(34)

Die von den zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit dieser Verordnung gewährten Ausgleichsleistungen können daher von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags ausgenommen werden.

(35)

Da die vorliegende Verordnung die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 ersetzt, sollte die genannte Verordnung aufgehoben werden. Die schrittweise Einstellung der von der Kommission nicht genehmigten Ausgleichsleistungen für öffentliche Güterbeförderungsdienste wird durch einen Übergangszeitraum von drei Jahren im Einklang mit den Artikeln 73, 86, 87 und 88 des Vertrags erleichtert werden. Alle anderen durch diese Verordnung nicht erfassten Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste, die staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des Vertrags beinhalten könnten, sollten den Bestimmungen der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags entsprechen, einschließlich aller einschlägigen Auslegungen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und insbesondere dessen Entscheidung in der Rechtssache C-280/00 — Altmark Trans GmbH. Bei der Prüfung solcher Fälle sollte die Kommission daher ähnliche Grundsätze anwenden wie die, die in dieser Verordnung oder gegebenenfalls in anderen Rechtsvorschriften für den Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse enthalten sind.

(36)

Der Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 des Rates vom 4. Juni 1970 über Beihilfen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (8) wird von der vorliegenden Verordnung abgedeckt. Jene Verordnung gilt heute als überholt, da sie die Anwendung von Artikel 73 des Vertrags einschränkt, ohne eine angemessene Rechtsgrundlage für die Zulassung derzeitiger Investitionsregelungen, insbesondere im Hinblick auf Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft, zu bieten. Sie sollte daher aufgehoben werden, damit Artikel 73 des Vertrags unbeschadet der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen (9) entsprechend dem ständigen Wandel in dem Sektor angewendet werden kann. Um die Anwendung der einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften weiter zu erleichtern, wird die Kommission im Jahr 2006 Leitlinien für staatliche Beihilfen für Eisenbahninvestitionen, einschließlich Infrastrukturinvestitionen, vorschlagen.

(37)

Zur Bewertung der Durchführung dieser Verordnung und der Entwicklungen im öffentlichen Personenverkehr in der Gemeinschaft, insbesondere der Qualität der öffentlichen Personenverkehrsdienste und der Auswirkungen der Direktvergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, sollte die Kommission einen Bericht erstellen. Diesem Bericht können erforderlichenfalls geeignete Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung beigefügt werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Anwendungsbereich

(1)   Zweck dieser Verordnung ist es, festzulegen, wie die zuständigen Behörden unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs tätig werden können, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gewährleisten, die unter anderem zahlreicher, sicherer, höherwertig oder preisgünstiger sind als diejenigen, die das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte.

Hierzu wird in dieser Verordnung festgelegt, unter welchen Bedingungen die zuständigen Behörden den Betreibern eines öffentlichen Dienstes eine Ausgleichsleistung für die ihnen durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Kosten und/oder ausschließliche Rechte im Gegenzug für die Erfüllung solcher Verpflichtungen gewähren, wenn sie ihnen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen oder entsprechende Aufträge vergeben.

(2)   Diese Verordnung gilt für den nationalen und grenzüberschreitenden Betrieb öffentlicher Personenverkehrsdienste mit der Eisenbahn und anderen schienengestützten Verkehrsträgern sowie auf der Straße, mit Ausnahme von Verkehrsdiensten, die hauptsächlich aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden. Die Mitgliedstaaten können diese Verordnung auf den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen anwenden.

(3)   Diese Verordnung gilt nicht für öffentliche Baukonzessionen im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (10) oder im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (11).

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„öffentlicher Personenverkehr“ Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden;

b)

„zuständige Behörde“ jede Behörde oder Gruppe von Behörden eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, die zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet befugt ist, oder jede mit einer derartigen Befugnis ausgestattete Einrichtung;

c)

„zuständige örtliche Behörde“ jede zuständige Behörde, deren geografischer Zuständigkeitsbereich sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt;

d)

„Betreiber eines öffentlichen Dienstes“ jedes privat- oder öffentlich-rechtliche Unternehmen oder jede Gruppe von privat- oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen, das/die öffentliche Personenverkehrsdienste betreibt, oder eine öffentliche Einrichtung, die öffentliche Personenverkehrsdienste durchführt;

e)

„gemeinwirtschaftliche Verpflichtung“ eine von der zuständigen Behörde festgelegte oder bestimmte Anforderung im Hinblick auf die Sicherstellung von im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten, die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte;

f)

„ausschließliches Recht“ ein Recht, das einen Betreiber eines öffentlichen Dienstes berechtigt, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen;

g)

„Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ jeden Vorteil, insbesondere finanzieller Art, der mittelbar oder unmittelbar von einer zuständigen Behörde aus öffentlichen Mitteln während des Zeitraums der Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung oder in Verbindung mit diesem Zeitraum gewährt wird;

h)

„Direktvergabe“ die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags an einen bestimmten Betreiber eines öffentlichen Dienstes ohne Durchführung eines vorherigen wettbewerblichen Vergabeverfahrens;

i)

„öffentlicher Dienstleistungsauftrag“ einen oder mehrere rechtsverbindliche Akte, die die Übereinkunft zwischen einer zuständigen Behörde und einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes bekunden, diesen Betreiber eines öffentlichen Dienstes mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu betrauen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen; gemäß der jeweiligen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten können diese rechtsverbindlichen Akte auch in einer Entscheidung der zuständigen Behörde bestehen,

die die Form eines Gesetzes oder einer Verwaltungsregelung für den Einzelfall haben kann oder

die Bedingungen enthält, unter denen die zuständige Behörde diese Dienstleistungen selbst erbringt oder einen internen Betreiber mit der Erbringung dieser Dienstleistungen betraut;

j)

„Wert“ den Wert eines Verkehrsdienstes, einer Strecke, eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder einer Ausgleichsregelung des öffentlichen Personenverkehrs, der den Gesamteinnahmen — ohne Mehrwertsteuer — des Betreibers oder der Betreiber eines öffentlichen Dienstes entspricht, einschließlich der Ausgleichsleistung der Behörden gleich welcher Art und aller Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf, die nicht an die betroffene zuständige Behörde abgeführt werden;

k)

„allgemeine Vorschrift“ eine Maßnahme, die diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem bestimmten geografischen Gebiet, das im Zuständigkeitsbereich einer zuständigen Behörde liegt, gilt;

l)

„integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste“ Beförderungsleistungen, die innerhalb eines festgelegten geografischen Gebiets im Verbund erbracht werden und für die ein einziger Informationsdienst, eine einzige Fahrausweisregelung und ein einziger Fahrplan bestehen.

Artikel 3

Öffentliche Dienstleistungsaufträge und allgemeine Vorschriften

(1)   Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.

(2)   Abweichend von Absatz 1 können gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen auch Gegenstand allgemeiner Vorschriften sein. Die zuständige Behörde gewährt den Betreibern eines öffentlichen Dienstes gemäß den in den Artikeln 4 und 6 und im Anhang festgelegten Grundsätzen eine Ausgleichsleistung für die — positiven oder negativen — finanziellen Auswirkungen auf die Kosten und Einnahmen, die auf die Erfüllung der in den allgemeinen Vorschriften festgelegten tariflichen Verpflichtungen zurückzuführen sind; dabei vermeidet sie eine übermäßige Ausgleichsleistung. Dies gilt ungeachtet des Rechts der zuständigen Behörden, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen in öffentliche Dienstleistungsaufträge aufzunehmen.

(3)   Unbeschadet der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags können die Mitgliedstaaten allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnehmen. Diese allgemeinen Vorschriften sind nach Artikel 88 des Vertrags mitzuteilen. Jede Mitteilung enthält vollständige Informationen über die Maßnahme, insbesondere Einzelheiten zur Berechnungsmethode.

Artikel 4

Obligatorischer Inhalt öffentlicher Dienstleistungsaufträge und allgemeiner Vorschriften

(1)   In den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und den allgemeinen Vorschriften

i)

sind die vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes zu erfüllenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die geografischen Geltungsbereiche klar zu definieren;

ii)

sind zuvor in objektiver und transparenter Weise die Parameter aufzustellen, anhand deren die Ausgleichsleistung berechnet wird; dabei ist eine übermäßige Ausgleichsleistung zu vermeiden. Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die gemäß Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 und 6 vergeben werden, werden diese Parameter so bestimmt, dass die Ausgleichsleistung den Betrag nicht übersteigen kann, der erforderlich ist, um die finanziellen Nettoauswirkungen auf die Kosten und Einnahmen zu decken, die auf die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zurückzuführen sind, wobei die vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes erzielten und einbehaltenen Einnahmen und ein angemessener Gewinn berücksichtigt werden;

iii)

sind die Durchführungsvorschriften für die Aufteilung der Kosten, die mit der Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung stehen, festzulegen. Diese Kosten können insbesondere Personalkosten, Energiekosten, Infrastrukturkosten, Wartungs- und Instandsetzungskosten für Fahrzeuge des öffentlichen Personenverkehrs, das Rollmaterial und für den Betrieb der Personenverkehrsdienste erforderliche Anlagen sowie die Fixkosten und eine angemessene Kapitalrendite umfassen.

(2)   In den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und den allgemeinen Vorschriften sind die Durchführungsvorschriften für die Aufteilung der Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf festzulegen, die entweder beim Betreiber eines öffentlichen Dienstes verbleiben, an die zuständige Behörde übergehen oder unter ihnen aufgeteilt werden.

(3)   Die öffentlichen Dienstleistungsaufträge sind befristet und haben eine Laufzeit von höchstens 10 Jahren für Busverkehrsdienste und von höchstens 15 Jahren für Personenverkehrsdienste mit der Eisenbahn oder anderen schienengestützten Verkehrsträgern. Die Laufzeit von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die mehrere Verkehrsträger umfassen, ist auf 15 Jahre beschränkt, wenn der Verkehr mit der Eisenbahn oder anderen schienengestützten Verkehrsträgern mehr als 50 % des Werts der betreffenden Verkehrsdienste ausmacht.

(4)   Falls erforderlich, kann die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrags unter Berücksichtigung der Amortisierungsdauer der Wirtschaftsgüter um höchstens 50 % verlängert werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes einen wesentlichen Anteil der für die Erbringung der Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, insgesamt erforderlichen Wirtschaftsgüter bereitstellt und diese vorwiegend an die Personenverkehrsdienste gebunden sind, die von dem Auftrag erfasst werden.

Falls dies durch Kosten, die aus der besonderen geografischen Lage entstehen, gerechtfertigt ist, kann die Laufzeit der in Absatz 3 beschriebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträge in den Gebieten in äußerster Randlage um höchstens 50 % verlängert werden.

Falls dies durch die Abschreibung von Kapital in Verbindung mit außergewöhnlichen Investitionen in Infrastruktur, Rollmaterial oder Fahrzeuge gerechtfertigt ist und der öffentliche Dienstleistungsauftrag in einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben wurde, kann ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag eine längere Laufzeit haben. Zur Gewährleistung der Transparenz in diesem Fall muss die zuständige Behörde der Kommission innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Vertrags den öffentlichen Dienstleistungsauftrag und die Elemente, die seine längere Laufzeit rechtfertigen, übermitteln.

(5)   Unbeschadet des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts, einschließlich Tarifverträgen zwischen den Sozialpartnern, kann die zuständige Behörde den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes verpflichten, den Arbeitnehmern, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt wurden, die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG erfolgt wäre. Verpflichtet die zuständige Behörde die Betreiber eines öffentlichen Dienstes, bestimmte Sozialstandards einzuhalten, so werden in den Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen die betreffenden Arbeitnehmer aufgeführt und transparente Angaben zu ihren vertraglichen Rechten und zu den Bedingungen gemacht, unter denen sie als in einem Verhältnis zu den betreffenden Diensten stehend gelten.

(6)   Verpflichtet die zuständige Behörde die Betreiber eines öffentlichen Dienstes im Einklang mit nationalem Recht dazu, bestimmte Qualitätsstandards einzuhalten, so werden diese Standards in die Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und die öffentlichen Dienstleistungsaufträge aufgenommen.

(7)   Die Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und die öffentlichen Dienstleistungsaufträge müssen dahingehend transparent sein, ob eine Vergabe von Unteraufträgen in Frage kommt. Im öffentlichen Dienstleistungsauftrag werden entsprechend dem nationalen Recht und dem Gemeinschaftsrecht die für eine Vergabe von Unteraufträgen geltenden Bedingungen festgelegt.

Artikel 5

Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

(1)   Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in der Richtlinie 2004/17/EG oder 2004/18/EG für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach der Richtlinie 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben, so sind die Absätze 2 bis 6 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar.

(2)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, kann jede zuständige örtliche Behörde — unabhängig davon, ob es sich dabei um eine einzelne Behörde oder eine Gruppe von Behörden handelt, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet — beschließen, selbst öffentliche Personenverkehrsdienste zu erbringen oder öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt an eine rechtlich getrennte Einheit zu vergeben, über die die zuständige örtliche Behörde — oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde — eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht (im Folgenden als „interner Betreiber“ bezeichnet). Fasst eine zuständige örtliche Behörde diesen Beschluss, so gilt Folgendes:

a)

Um festzustellen, ob die zuständige örtliche Behörde diese Kontrolle ausübt, sind Faktoren zu berücksichtigen, wie der Umfang der Vertretung in Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien, diesbezügliche Bestimmungen in der Satzung, Eigentumsrechte, tatsächlicher Einfluss auf und tatsächliche Kontrolle über strategische Entscheidungen und einzelne Managemententscheidungen. Im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht ist zur Feststellung, dass eine Kontrolle im Sinne dieses Absatzes gegeben ist, — insbesondere bei öffentlich-privaten Partnerschaften — nicht zwingend erforderlich, dass die zuständige Behörde zu 100 % Eigentümer ist, sofern ein beherrschender öffentlicher Einfluss besteht und aufgrund anderer Kriterien festgestellt werden kann, dass eine Kontrolle ausgeübt wird.

b)

Die Voraussetzung für die Anwendung dieses Absatzes ist, dass der interne Betreiber und jede andere Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen — ungeachtet der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen — und nicht an außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnehmen.

c)

Ungeachtet des Buchstabens b kann ein interner Betreiber frühestens zwei Jahre vor Ablauf des direkt an ihn vergebenen Auftrags an fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren teilnehmen, sofern endgültig beschlossen wurde, die öffentlichen Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des Auftrags des internen Betreibers sind, im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens zu vergeben und der interne Betreiber nicht Auftragnehmer anderer direkt vergebener öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist.

d)

Gibt es keine zuständige örtliche Behörde, so gelten die Buchstaben a, b und c für die nationalen Behörden in Bezug auf ein geografisches Gebiet, das sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt, sofern der interne Betreiber nicht an wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnimmt, die außerhalb des Gebiets, für das der öffentliche Dienstleistungsauftrag erteilt wurde, organisiert werden.

(3)   Werden die Dienste Dritter, die keine internen Betreiber sind, in Anspruch genommen, so müssen die zuständigen Behörden die öffentlichen Dienstleistungsaufträge außer in den in den Absätzen 4, 5 und 6 vorgesehenen Fällen im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben. Das für die wettbewerbliche Vergabe angewandte Verfahren muss allen Betreibern offen stehen, fair sein und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügen. Nach Abgabe der Angebote und einer eventuellen Vorauswahl können in diesem Verfahren unter Einhaltung dieser Grundsätze Verhandlungen geführt werden, um festzulegen, wie der Besonderheit oder Komplexität der Anforderungen am besten Rechnung zu tragen ist.

(4)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge, die entweder einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 1 Mio. EUR oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 300 000 km aufweisen, direkt zu vergeben.

Im Falle von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die direkt an kleine und mittlere Unternehmen, die nicht mehr als 20 Fahrzeuge betreiben, vergeben werden, können diese Schwellen entweder auf einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 1,7 Mio. EUR odereine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 500 000 km erhöht werden.

(5)   Die zuständige Behörde kann im Fall einer Unterbrechung des Verkehrsdienstes oder bei unmittelbarer Gefahr des Eintretens einer solchen Situation eine Notmaßnahme ergreifen. Diese Notmaßnahme besteht in der Direktvergabe oder einer förmlichen Vereinbarung über die Ausweitung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder einer Auflage, bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu übernehmen. Der Betreiber eines öffentlichen Dienstes hat das Recht, gegen den Beschluss zur Auferlegung der Übernahme bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen Widerspruch einzulegen. Die Vergabe oder Ausweitung eines öffentliche Dienstleistungsauftrags als Notmaßnahme oder die Auferlegung der Übernahme eines derartigen Auftrags ist für längstens zwei Jahre zulässig.

(6)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr — mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- oder Straßenbahnen — direkt zu vergeben. Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 haben diese Aufträge eine Höchstlaufzeit von 10 Jahren, soweit nicht Artikel 4 Absatz 4 anzuwenden ist.

Artikel 6

Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

(1)   Jede Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift oder einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag entspricht unabhängig von den Vergabemodalitäten den Bestimmungen des Artikels 4. Jede wie auch immer beschaffene Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 direkt vergeben wurde, oder im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift unterliegt darüber hinaus den Bestimmungen des Anhangs.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission auf deren schriftliche Aufforderung binnen drei Monaten oder einer anderen in der Aufforderung gesetzten längeren Frist alle Informationen, die diese für erforderlich hält, um festzustellen, ob eine gewährte Ausgleichsleistung mit dieser Verordnung vereinbar ist.

Artikel 7

Veröffentlichung

(1)   Jede zuständige Behörde macht einmal jährlich einen Gesamtbericht über die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes sowie die diesen Betreibern zur Abgeltung gewährten Ausgleichsleistungen und ausschließlichen Rechte öffentlich zugänglich. Dieser Bericht muss eine Kontrolle und Beurteilung der Leistungen, der Qualität und der Finanzierung des öffentlichen Verkehrsnetzes ermöglichen.

(2)   Jede zuständige Behörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass spätestens ein Jahr vor Einleitung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens oder ein Jahr vor der Direktvergabe mindestens die folgenden Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden:

a)

der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde;

b)

die Art des geplanten Vergabeverfahrens;

c)

die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste und Gebiete.

Die zuständigen Behörden können beschließen, diese Informationen nicht zu veröffentlichen, wenn der öffentliche Dienstleistungsauftrag eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 50 000 km aufweist.

Sollten sich diese Informationen nach ihrer Veröffentlichung ändern, so hat die zuständige Behörde so rasch wie möglich eine Berichtigung zu veröffentlichen. Diese Berichtigung erfolgt unbeschadet des Zeitpunkts der Einleitung der Direktvergabe oder des wettbewerblichen Vergabeverfahrens.

Dieser Absatz findet keine Anwendung auf Artikel 5 Absatz 5.

(3)   Bei der Direktvergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Eisenbahnverkehr nach Artikel 5 Absatz 6 macht die zuständige Behörde innerhalb eines Jahres nach der Auftragsvergabe folgende Informationen öffentlich zugänglich:

a)

den Namen des Auftraggebers und seine Eigentümer;

b)

die Dauer des öffentlichen Dienstleistungsauftrags;

c)

eine Beschreibung der zu erbringenden Personenverkehrsdienste;

d)

eine Beschreibung der Parameter für die finanzielle Ausgleichsleistung;

e)

Qualitätsziele;

f)

Bedingungen in Bezug auf die wichtigsten Wirtschaftsgüter.

(4)   Die zuständige Behörde übermittelt jeder interessierten Partei auf entsprechenden Antrag ihre Gründe für die Entscheidung über die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.

Artikel 8

Übergangsregelung

(1)   Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in der Richtlinie 2004/17/EG oder 2004/18/EG für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach der Richtlinie 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben, so sind die Absätze 2 bis 4 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 3 muss die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße ab … (12) im Einklang mit Artikel 5 erfolgen. Während dieses Übergangszeitraums treffen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um Artikel 5 schrittweise anzuwenden und ernste strukturelle Probleme insbesondere hinsichtlich der Transportkapazität zu vermeiden.

Binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums legen die Mitgliedstaaten der Kommission einen Fortschrittsbericht vor, in dem die Umsetzung der schrittweisen Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Einklang mit Artikel 5 dargelegt wird. Auf der Grundlage der Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten kann die Kommission den Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen vorschlagen.

(3)   Von Absatz 2 ausgenommen sind öffentliche Dienstleistungsaufträge, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht wie folgt vergeben wurden:

a)

vor dem 26. Juli 2000 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

b)

vor dem 26. Juli 2000 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

c)

ab dem 26. Juli 2000 und vor dem … (13) nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

d)

ab dem 26. Juli 2000 und vor dem … (13) nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren.

Die unter Buchstabe a genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben. Die unter den Buchstaben b und c genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, jedoch nicht länger als 30 Jahre. Die unter Buchstabe d genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, sofern ihre Laufzeit begrenzt und mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar ist.

Öffentliche Dienstleistungsaufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, wenn ihre Beendigung unangemessene rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen hätte, vorausgesetzt dass die Kommission der Weiterführung zugestimmt hat.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 3 können die zuständigen Behörden während der zweiten Hälfte des in Absatz 2 genannten Übergangszeitraums diejenigen Betreiber eines öffentlichen Dienstes von der Teilnahme an wettbewerblichen Vergabeverfahren ausschließen, die nicht nachweisen können, dass der Wert der öffentlichen Verkehrsdienste, für die sie gemäß dieser Verordnung eine Ausgleichsleistung erhalten oder ausschließliche Rechte genießen, mindestens 50 % des Werts aller von ihnen erbrachten öffentlichen Verkehrsdienste, für die sie eine Ausgleichsleistung erhalten oder ausschließliche Rechte genießen, ausmacht. Betreiber eines öffentlichen Dienstes, die die auszuschreibenden Dienste erbringen, können nicht ausgeschlossen werden. Dieses Kriterium gilt nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die als Notmaßnahme gemäß Artikel 5 Absatz 5 vergeben wurden.

Machen die zuständigen Behörden von der in Unterabsatz 1 genannten Möglichkeit Gebrauch, so hat dies ohne Diskriminierung zu erfolgen; in diesem Fall schließen sie alle potenziellen Betreiber eines öffentlichen Dienstes aus, die dieses Kriterium erfüllen, und unterrichten potenzielle Betreiber zu Beginn des Vergabeverfahrens für öffentliche Dienstleistungsaufträge von ihrer Entscheidung.

Die betroffenen zuständigen Behörden teilen der Kommission ihre Absicht, diese Vorschrift anzuwenden, mindestens zwei Monate vor der Veröffentlichung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens mit.

Artikel 9

Vereinbarkeit mit dem Vertrag

(1)   Eine gemäß dieser Verordnung gewährte Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen beim Betrieb öffentlicher Personenverkehrsdienste oder für die Einhaltung von in allgemeinen Vorschriften festgelegten tariflichen Verpflichtungen muss mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein. Diese Ausgleichsleistungen sind von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags befreit.

(2)   Unbeschadet der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags können die Mitgliedstaaten weiterhin andere als die von dieser Verordnung erfassten Beihilfen für den Verkehrssektor nach Artikel 73 des Vertrags gewähren, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen, und zwar insbesondere

a)

bis zum Inkrafttreten gemeinsamer Vorschriften über die Zuordnung der Infrastrukturkosten, wenn die Beihilfe Unternehmen gewährt wird, die Kosten für die von ihnen benutzte Infrastruktur zu tragen haben, während andere Unternehmen derartigen Belastungen nicht unterworfen sind. Bei der Festlegung des entsprechenden Beihilfebetrags werden die Infrastrukturkosten berücksichtigt, die konkurrierende Verkehrsträger nicht zu tragen haben;

b)

wenn mit der Beihilfe die Erforschung oder die Entwicklung von für die Gemeinschaft insgesamt wirtschaftlicheren Verkehrssystemen und -technologien gefördert werden soll.

Solche Beihilfen sind auf das Forschungs- und Entwicklungsstadium zu beschränken und dürfen nicht für die kommerzielle Nutzung dieser Verkehrssysteme und -technologien gewährt werden.

Artikel 10

Aufhebung

(1)   Die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 wird aufgehoben. Sie gilt jedoch während eines Zeitraums von drei Jahren nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung weiterhin für Güterbeförderungsdienste.

(2)   Die Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 wird aufgehoben.

Artikel 11

Berichte

Die Kommission legt nach Ende des in Artikel 8 Absatz 2 vorgesehenen Übergangszeitraums einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung und über die Entwicklung der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste in der Gemeinschaft vor, in dem insbesondere die Entwicklung der Qualität der öffentlichen Personenverkehrsdienste und die Auswirkungen der Direktvergabe bewertet werden und dem erforderlichenfalls geeignete Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung beigefügt sind.

Artikel 12

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am … (14) in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel,

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 195 vom 18.8.2006, S. 20.

(2)  ABl. C 192 vom 16.8.2006, S. 1.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. November 2001 (ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 262), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 11. Dezember 2006 und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 (ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1).

(5)  ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16.

(6)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164).

(7)  Slg. 2003, I-7747.

(8)  ABl. L 130 vom 15.6.1970, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 543/97 (ABl. L 84 vom 26.3.1997, S. 6).

(9)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 8. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

(10)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2083/2005 der Kommission (ABl. L 333 vom 20.12.2005, S. 28).

(11)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2083/2005 der Kommission.

(12)  12 Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

(13)  Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung.

(14)  Drei Jahre nach der Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt.


ANHANG

REGELN FÜR DIE GEWÄHRUNG EINER AUSGLEICHSLEISTUNG IN DEN IN ARTIKEL 6 ABSATZ 1 GENANNTEN FÄLLEN

1.

Ausgleichsleistungen im Zusammenhang mit direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen gemäß Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 oder Ausgleichsleistungen im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift sind nach den Regeln dieses Anhangs zu berechnen.

2.

Die Ausgleichsleistung darf den Betrag nicht überschreiten, der dem finanziellen Nettoeffekt der Summe aller (positiven oder negativen) Auswirkungen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf die Kosten und Einnahmen des Betreibers eines öffentlichen Dienstes entspricht. Die Auswirkungen werden beurteilt anhand des Vergleichs der Situation bei Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung mit der Situation, die vorläge, wenn die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung nicht erfüllt worden wäre. Für die Berechnung des finanziellen Nettoeffekts geht die zuständige Behörde nach dem folgenden Modell vor:

Kosten, die in Verbindung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung oder einem Paket gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen entstehen, die von einer oder mehreren zuständigen Behörden auferlegt wurden und die in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag und/oder in einer allgemeinen Vorschrift enthalten sind,

abzüglich aller positiven finanziellen Auswirkungen, die innerhalb des Netzes entstehen, das im Rahmen der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung(en) betrieben wird,

abzüglich Einnahmen aus Tarifentgelten oder aller anderen Einnahmen, die in Erfüllung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung(en) erzielt werden,

zuzüglich eines angemessenen Gewinns,

=

finanzieller Nettoeffekt.

3.

Die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung kann Auswirkungen auf mögliche Beförderungstätigkeiten eines Betreibers haben, die über die betreffende(n) gemeinwirtschaftliche(n) Verpflichtung(en) hinausgehen. Zur Vermeidung von übermäßigen oder unzureichenden Ausgleichsleistungen werden daher bei der Berechnung des finanziellen Nettoeffekts alle quantifizierbaren finanziellen Auswirkungen auf die betroffenen Netze des Betreibers berücksichtigt.

4.

Die Berechnung der Kosten und Einnahmen erfolgt anhand der geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften.

5.

Führt ein Betreiber eines öffentlichen Dienstes neben den Diensten, die Gegenstand einer Ausgleichsleistung sind und gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen, auch andere Tätigkeiten aus, so muss die Rechnungslegung für diese öffentlichen Dienste zur Erhöhung der Transparenz und zur Vermeidung von Quersubventionen getrennt erfolgen, wobei zumindest die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

Die Konten für jede dieser betrieblichen Tätigkeiten werden getrennt geführt, und der Anteil der zugehörigen Aktiva sowie die Fixkosten werden gemäß den geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften umgelegt.

Alle variablen Kosten, ein angemessener Beitrag zu den Fixkosten und ein angemessener Gewinn im Zusammenhang mit allen anderen Tätigkeiten des Betreibers eines öffentlichen Dienstes dürfen auf keinen Fall der betreffenden öffentlichen Dienstleistung zugerechnet werden.

Die Kosten für die öffentliche Dienstleistung werden durch die Betriebseinnahmen und die Zahlungen staatlicher Behörden ausgeglichen, ohne dass eine Übertragung der Einnahmen in einen anderen Tätigkeitsbereich des Betreibers eines öffentlichen Dienstes möglich ist.

6.

Unter angemessenem Gewinn ist eine in dem betreffenden Sektor in einem bestimmten Mitgliedstaat übliche angemessene Kapitalrendite zu verstehen, wobei das aufgrund des Eingreifens der Behörde vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangene Risiko oder für ihn entfallende Risiko zu berücksichtigen ist.

7.

Das Verfahren zur Gewährung der Ausgleichsleistung muss einen Anreiz geben zur Aufrechterhaltung oder Entwicklung

einer wirtschaftlichen Geschäftsführung des Betreibers eines öffentlichen Dienstes, die objektiv nachprüfbar ist, und

der Erbringung von Personenverkehrsdiensten ausreichend hoher Qualität.


BEGRÜNDUNG DES RATES

I.   EINLEITUNG

Die Kommission hat den geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße — den so genannten „Vorschlag betreffend gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ — am 20. Juli 2005 vorgelegt (1). Zuvor hatte die Kommission bereits zwei andere Vorschläge unterbreitet, nämlich am 27. Juli 2000 den ursprünglichen Vorschlag (2) und am 21. Februar 2002 einen ersten geänderten Vorschlag (3).

Das Europäische Parlament hatte am 14. November 2001 in erster Lesung zu dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag vom Juli 2000 Stellung genommen (4). Es hat beschlossen, den Vorschlag vom Juli 2005 als geänderte Fassung des ursprünglichen Vorschlags vom Juli 2000 zu betrachten und ihn somit nur in zweiter Lesung zu prüfen.

Der Rat hat auf seiner Tagung am 9. Juni 2006 eine politische Einigung über den geänderten Vorschlag erreicht, wobei sich die tschechische, die griechische, die luxemburgische und die maltesische Delegation der Stimme enthielten. Daraufhin hat der Rat am 11. Dezember 2006 seinen Gemeinsamen Standpunkt festgelegt.

Bei seinen Beratungen hat der Rat die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (5) und des Ausschusses der Regionen (6) berücksichtigt.

II.   ABÄNDERUNGEN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

Da sich die Stellungnahme des Parlaments in erster Lesung auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag von 2000, der Gemeinsame Standpunkt des Rates jedoch auf den erheblich geänderten Vorschlag von 2005 bezieht, kann der Rat in dieser Begründung nicht im Einzelnen auf die Abänderungen des Parlaments eingehen. Stattdessen wird er sich im Zusammenhang mit den zentralen Punkten des Gemeinsamen Standpunkts allgemein zur Stellungnahme des Parlaments in erster Lesung äußern.

III.   ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS

1.   Allgemeines

Die geltenden Rechtsvorschriften für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen stammen aus dem Jahr 1969 und wurden zuletzt 1991 geändert (7). Da es im heutigen europäischen Markt für öffentliche Personenverkehrsdienste keine ausschließlich nationalen, regionalen oder örtlichen Betreiber mehr gibt, bedarf es aus Sicht des Rates neuer Vorschriften. Diese Vorschriften sollen Wettbewerbsverzerrungen verringern, indem sie nicht diskriminierende Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern schaffen, mehr Transparenz herstellen und die Rechtssicherheit sowohl für die Betreiber als auch die für den öffentlichen Personenverkehr zuständigen Behörden gewährleisten. Die sich daraus ergebenden gleichen Rahmenbedingungen werden zu mehr Sicherheit, Effizienz und Qualität bei den öffentlichen Personenverkehrsdiensten führen.

Die Kommissionsvorschläge von 2000 und 2002 fanden nicht die erforderliche Mehrheit im Rat, hauptsächlich weil unter den Mitgliedstaaten äußerst umstritten war, ob im öffentlichen Personenverkehr mehr Wettbewerb eingeführt werden sollte. Zudem wollten die Mitgliedstaaten das Urteil in der Rechtssache Altmark (8) abwarten, in dem es darum ging, inwieweit die Vorschriften über staatliche Beihilfen für den öffentlichen Dienst im Allgemeinen und für den öffentlichen Personenverkehr im Besonderen gelten. Erst nachdem sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten ein pragmatischeres Vorgehen gewählt hatten, war der Weg frei für den Gemeinsamen Standpunkt des Rates. Die Kommission stellte die Subsidiarität mehr in den Vordergrund und gelangte so zu einem Vorschlag, der im Vergleich zu ihren früheren Vorschlägen einfacher ist und mehr Flexibilität bietet, und die Mitgliedstaaten waren aufgrund von mehrjährigen Erfahrungen mit verschiedenen Modellen für die Organisation öffentlicher Verkehrsdienste besser in der Lage, die jeweiligen Vor- und Nachteile dieser Modelle zu erkennen. Darüber hinaus wurde in dem Altmark-Urteil klar zum Ausdruck gebracht, dass die Gemeinschaftsvorschriften für den öffentlichen Personenverkehr modernisiert werden müssen.

In seinem Gemeinsamen Standpunkt versucht der Rat, unterschiedliche Interessen auszugleichen: das Bestreben der Behörden, selbst bestimmen zu können, wie sie den öffentlichen Verkehr organisieren, den Wunsch, durch Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge im Wege von Ausschreibungen mehr Wettbewerb im öffentlichen Verkehr zu erreichen (so genannter regulierter Wettbewerb), und die Notwendigkeit, einen neuen Rechtsrahmen zu schaffen, der den Besonderheiten der bestehenden öffentlichen Verkehrssysteme Rechnung trägt und diesen gleichzeitig genügend Zeit einräumt, sich an die neuen Vorschriften anzupassen. Der Rat hat ferner Änderungen am Kommissionsvorschlag vorgenommen, mit denen die Durchführung der Verordnung in der Praxis erleichtert werden soll.

2.   Zentrale politische Fragen

2.1.   Anwendungsbereich

Der Rat stellt klar, dass sich der Anwendungsbereich der Verordnung auf die öffentlichen Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße erstreckt, für die die zuständigen Behörden den Betreibern einen Ausgleich für die ihnen durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstehenden Kosten leisten und/oder ausschließliche Rechte im Gegenzug für die Erfüllung dieser Verpflichtungen gewähren, wenn sie ihnen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen oder entsprechende Aufträge vergeben. Da sich der europäische Markt für öffentliche Verkehrsdienste weiter entwickelt hat, ist es aus Sicht des Rates nicht mehr angemessen, den Anwendungsbereich — wie vom Parlament vorgeschlagen — auf den Personennahverkehr zu beschränken.

Im Gegensatz zu den Vorschlägen von 2000 und 2002, die den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen als eigenständigen Sektor mit einschlossen, beschränkt sich der Kommissionsvorschlag von 2005 auf den Schienen- und Straßenverkehr. Danach soll die Verordnung nur für die Verkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen gelten, die Teil eines größeren öffentlichen Verkehrssystems sind. Der Rat ist nun allerdings wieder zu den früheren Vorschlägen zurückgekehrt und hat in seinen Gemeinsamen Standpunkt eine Vorschrift aufgenommen, nach der die Mitgliedstaaten die Verordnung auch auf den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen anwenden können, wenn sie dies möchten.

In seinem Gemeinsamen Standpunkt macht der Rat deutlich, für welche Art von Aufträgen die Verordnung gilt. So hebt der Rat erstens hervor, dass Aufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen entsprechend den Verfahren der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge vergeben werden müssen, sofern sie nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annehmen. Dabei präzisiert der Rat den von der Kommission vorgeschlagenen Ansatz, wonach es Sache der Behörden sein soll, zu entscheiden, welches Verfahren sie anwenden. Ist ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag für den Betreiber mit einem Risiko verbunden, so ist die Verordnung anzuwenden, anderenfalls gelten die Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge (9). Wegen der Wahlfreiheit der Behörden gibt der Rat dem Kommissionsansatz den Vorzug vor dem Vorschlag des Parlaments, nach dem die Verordnung für sämtliche Aufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste gelten soll. Zweitens nimmt der Rat in dem Gemeinsamen Standpunkt öffentliche Baukonzessionen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung aus, da die Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge die anwendbaren Regelungen für diese Art von Aufträgen bilden.

Um ferner den Behörden mehr Flexibilität zu geben, räumt der Rat ihnen in seinem Gemeinsamen Standpunkt die Möglichkeit ein, allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung auszuklammern.

2.2.   Direktvergabe

Nach Auffassung des Rates bietet eine Regelung, nach der die zuständigen Behörden zwischen einer Ausschreibung und der Direktvergabe wählen können, am ehesten Gewähr für mehr Qualität und Effizienz im öffentlichen Personenverkehr. Daher hält der Rat in seinem Gemeinsamen Standpunkt an dem Vorschlag der Kommission fest, wonach die Behörden in vier Fällen Aufträge direkt vergeben können, nimmt jedoch in Bezug auf die genauen Modalitäten mehrere Änderungen vor.

2.2.1.   Interne Betreiber

Der Rat begrüßt den Vorschlag der Kommission, wonach die zuständigen Behörden, die ihre öffentlichen Verkehrsdienste nicht ausschreiben wollen, diese Dienste entweder selbst erbringen oder direkt an Dritte vergeben können, über die sie eine Kontrolle ausüben, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht (so genannte interne Betreiber). Der Rat schließt sich der Stellungnahme des Parlaments in erster Lesung und dem geänderten Vorschlag der Kommission an, nach denen ein interner Betreiber an Ausschreibungsverfahren außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der Behörde, die einen Auftrag direkt an ihn vergeben hat, grundsätzlich nicht teilnehmen sollte.

Der Rat hat zwar im Großen und Ganzen das Konzept des internen Betreibers in seinen Gemeinsamen Standpunkt übernommen, den Kommissionsvorschlag jedoch um einige Bestimmungen ergänzt, um den Besonderheiten der nationalen und örtlichen Verkehrssysteme Rechnung zu tragen:

So wird anerkannt, dass die Mitgliedstaaten für die Organisation des öffentlichen Personenverkehrs zuständig sind; sie sind weiterhin befugt, den örtlichen Behörden gesetzlich zu verbieten, von der Möglichkeit der Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in ihrem Hoheitsgebiet Gebrauch zu machen.

Ergänzend zur Definition des Begriffs „zuständige Behörde“ wird hervorgehoben, dass der Begriff „zuständige örtliche Behörde“ sowohl eine einzelne Behörde als auch eine Gruppierung von Behörden, die im Verbund Beförderungsleistungen erbringen, umfasst.

An den von der Kommission vorgeschlagenen Faktoren, anhand deren festgestellt wird, ob die zuständige Behörde eine Kontrolle über den internen Betreiber ausübt, wird festgehalten, jedoch mit der Präzisierung, dass nicht zwingend erforderlich ist, dass die zuständige Behörde zu 100 % Eigentümerin ist.

Es wurde die Frage der territorialen Beschränkungen in Bezug auf interne Betreiber geregelt, damit öffentliche Personenverkehrsdienste, die über die Grenzen eines Zuständigkeitsgebiets hinausreichen, zum Nachteil der Fahrgäste nicht eingeschränkt werden müssen.

Interne Betreiber, deren direkt vergebene öffentliche Dienstleistungsaufträge demnächst auslaufen, können — sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind — an Ausschreibungen teilnehmen, damit sie sich darauf einstellen können, unter wettbewerbsorientierten Rahmenbedingungen tätig zu werden.

Gibt es keine örtlichen zuständigen Behörden, so können die öffentlichen Dienstleistungsaufträge an einen internen Betreiber von den nationalen Behörden vergeben werden.

2.2.2.   Geringfügige Aufträge

Der Rat behält die Schwellen, bis zu denen öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt vergeben werden können, unverändert so bei, wie sie von der Kommission im Licht der ersten Lesung des Parlaments vorgeschlagen wurden. Die Behörden können von einem Wettbewerbsverfahren absehen, sofern der Auftrag einen Jahresdurchschnittswert von weniger als 1 Mio. EUR oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 300 000 km aufweist. Außerdem führt der Rat im Sinne des Interesses des Parlaments an kleinen Unternehmen zusätzliche Schwellen für kleine und mittlere Unternehmen ein, die nicht mehr als 20 Fahrzeuge betreiben. In diesem Fall ist eine Direktvergabe gestattet, sofern der Jahresdurchschnittswert des öffentlichen Dienstleistungsauftrags unter 1,7 Mio. EUR liegt oder eine öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 500 000 km erbracht wird. Schließlich erkennt der Gemeinsame Standpunkt die nationale Zuständigkeit für die Organisation öffentlicher Verkehrsdienste an und gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Behörden in ihrem Hoheitsgebiet zu untersagen, von der Möglichkeit der Direktvergabe bei geringfügigen Aufträgen Gebrauch zu machen.

2.2.3.   Notfälle

Der Rat unterstützt den — von der ersten Lesung im Parlament inspirierten — Vorschlag der Kommission, im Falle einer Unterbrechung der Verkehrsdienste oder bei unmittelbarer Gefahr des Eintretens einer solchen Situation Aufträge direkt zu vergeben. In Anbetracht der für die Organisation der Vergabe neuer öffentlicher Dienstleistungsaufträge erforderlichen Zeit hat sich der Rat jedoch entschieden, Notmaßnahmen für einen Zeitraum von zwei Jahren zu erlauben statt für ein Jahr, wie es die Kommission vorgeschlagen hatte. Um die Praxis widerzuspiegeln, wird im Gemeinsamen Standpunkt außerdem festgelegt, dass Notmaßnahmen in Form einer Direktvergabe, einer förmlichen Vereinbarung über die Ausweitung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder der Verpflichtung zur Erbringung bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erfolgen können. Im letzteren Fall kann der Betreiber des öffentlichen Dienstes dagegen Einspruch erheben.

2.2.4.   Eisenbahnverkehr

Im Hinblick auf die besondere Stellung des öffentlichen Personenverkehrs auf der Schiene gestattet der Rat den Behörden, im Falle aller Eisenbahnverkehrsdienste öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt zu vergeben, sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist. Indem der Rat die Möglichkeit der Direktvergabe im Eisenbahnregional- oder -fernverkehr, wie die Kommission vorgeschlagen hatte, auf alle Eisenbahnverkehrsdienste einschließlich Stadt- und Vorortbahnen und integrierte Netze ausweitet, vermeidet er ferner die Probleme, die sich aus einer Unterscheidung zwischen Fern- und Regionalverkehr einerseits und Stadt- und Vorortbahnen andererseits ergeben könnten. Zur Ausweitung der Direktvergabe auf alle Eisenbahnverkehrsdienste hat die schwedische Delegation, der sich die italienische Delegation anschloss, bei der politischen Einigung auf der Tagung des Rates (Verkehr, Telekommunikation und Energie) vom 9. Juni 2006 eine Erklärung für das Ratsprotokoll abgegeben (Anhang I).

2.3.   Laufzeit der Aufträge

Was die Laufzeit öffentlicher Dienstleistungsaufträge für Busverkehrsdienste und für Eisenbahnverkehrs- und andere Schienenverkehrsdienste anbelangt, so hat der Rat die Notwendigkeit einer finanziell vernünftigen Amortisierungsdauer einerseits und Vertragslaufzeiten, die Anreize für neue Betreiber bieten, andererseits gegeneinander abgewogen. Bei Personenverkehrsdiensten mit der Eisenbahn und anderen schienengestützten Verkehrsträgern hat der Rat die vorgeschlagenen Laufzeit von 15 Jahren beibehalten. Bei Busverkehrsdiensten hat der Rat die von der Kommission vorgeschlagene Laufzeit von acht Jahren auf zehn Jahre erhöht. Dabei folgt der Rat dem Vorschlag der Kommission in der im Lichte der ersten Lesung im Parlament geänderten Fassung mit der Ausnahme, dass für Busverkehrsdienste eine zwei Jahre längere Laufzeit gilt. Um ein Gegengewicht zur Ausweitung der Direktvergabe auf alle Eisenbahnverkehrsdienste zu schaffen, darf die ursprüngliche Laufzeit von direkt vergebenen Aufträgen für Eisenbahnverkehrsdienste zehn Jahre nicht überschreiten.

Außerdem hat der Rat den Vorschlag der Kommission, eine Verlängerung der Laufzeit von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen um höchstens 50 % zu erlauben, sofern dies hinsichtlich der Investitionen erforderlich ist, mit einigen Änderungen beibehalten. Der Rat hat ferner eine Verlängerung um 50 % bei Aufträgen in entlegenen Regionen erlaubt, wenn dies aufgrund der durch die besondere geografische Lage entstehenden Kosten gerechtfertigt ist.

Schließlich erlaubt der Gemeinsame Standpunkt in Ausnahmefällen sogar, die Laufzeit eines Auftrags um mehr als 50 % zu verlängern. Eine solche Verlängerung der Laufzeit muss durch die Abschreibung von Kapital in Verbindung mit außergewöhnlichen Investitionen in Infrastruktur, rollendes Material oder Fahrzeuge gerechtfertigt sein. Außerdem muss der öffentliche Dienstleistungsauftrag in einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben worden sein, und die Behörde, die die längere Laufzeit gestattet, muss den Auftrag und die Elemente, die seine längere Laufzeit rechtfertigen, innerhalb von einem Jahr nach Abschluss des Vertrags der Kommission übermitteln.

2.4.   Sozialstandards und Qualität der Dienstleistung

Im Gegensatz zu den Vorschlägen aus den Jahren 2000 und 2002 überlässt der überarbeitete Vorschlag der Kommission gemäß dem Prinzip der Subsidiarität die Festlegung sozialer und qualitativer Merkmale für öffentliche Personenverkehrsdienste den Behörden. Der Rat unterstützt diesen Ansatz.

Der Rat hat die Bestimmung im Kommissionsvorschlag über den Übergang sozialer Rechte präzisiert und erweitert. Nach dem Kommissionsvorschlag kann die Behörde entscheiden, ob der ausgewählte Betreiber eines öffentlichen Dienstes verpflichtet wird, den zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellten Arbeitnehmern die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG erfolgt wäre. Da nach Auffassung des Rates hier das Subsidiaritätsprinzip zum Tragen kommen sollte, hält der Rat es wie auch die Kommission nicht für erforderlich, diese Bestimmung über die Rechte der Arbeitnehmer zwingend auszugestalten, wie das Parlament in erster Lesung vorgeschlagen hatte. Der Rat hat diese Bestimmung jedoch dahin gehend ergänzt, dass die Behörden sich bei der Festlegung solcher Verpflichtungen an den Rahmen des nationalen Rechts und/oder des Gemeinschaftsrechts halten müssen. Außerdem hat der Rat im Interesse von mehr Transparenz in seinen Gemeinsamen Standpunkt die Verpflichtung aufgenommen, dass Behörden, die von Betreibern öffentlicher Dienste die Einhaltung bestimmter Sozialstandards verlangen, in den Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen die betreffenden Arbeitnehmer aufführen und transparente Angaben zu ihren vertraglichen Rechten und zu den Bedingungen machen müssen, unter denen sie als in einem Verhältnis zu den betreffenden Diensten stehend gelten.

Im Hinblick auf die Vereinfachung der Verordnung und im Einklang mit dem Grundsatz der Subsidiarität hatte die Kommission in ihrem überarbeiteten Vorschlag keine Liste der Qualitätsmerkmale aufgestellt, die die Behörden bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verwenden müssen. Der Rat ist in seinem Gemeinsamen Standpunkt der Argumentation der Kommission gefolgt, dass weiterhin die Behörden für die Festlegung von Qualitätsstandards zuständig sein sollten. Um jedoch die Transparenz zu erhöhen, hat der Rat die Verpflichtung eingeführt, dass die Behörden Qualitätsstandards — sofern solche festgelegt wurden — in die Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und in die öffentlichen Dienstleistungsaufträge aufnehmen müssen.

2.5.   Transparenz

Im Hinblick auf eine verbesserte Transparenz begrüßt der Rat den Vorschlag der Kommission, dass die zuständigen Behörden einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag vergeben müssen, wenn als Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gewährt werden. Außerdem muss bei der Vergabe und beim Inhalt öffentlicher Dienstleistungsaufträge unbedingt Transparenz herrschen, damit Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, insbesondere wenn der Auftrag direkt vergeben wird. Das Parlament hat die Bedeutung einer verbesserten Transparenz im Sektor der öffentlichen Personenverkehrsdienste in seiner ersten Lesung mehrfach anerkannt.

Im Hinblick auf eine weitere Verbesserung der Transparenz im Sektor der öffentlichen Verkehrsdienste und als Ausgleich zur Ausweitung der Möglichkeit der Direktvergabe auf alle Eisenbahnverkehrsdienste hat der Rat folgende Maßnahmen in seinen Gemeinsamen Standpunkt aufgenommen:

Verpflichtung der Behörden, auf Antrag jeder interessierten Partei ihre begründete Entscheidung über einen direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsauftrag zu übermitteln. Die tschechische Delegation hat diese Bestimmung auf der Tagung des Rates (Verkehr, Telekommunikation und Energie) vom 9. Juni 2006 abgelehnt und die in Anhang II enthaltene Erklärung in das Ratsprotokoll aufnehmen lassen;

Verpflichtung der Behörden, im Fall der Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags für Eisenbahnverkehrsdienste bestimmte Informationen innerhalb eines Jahres nach der Vergabe des Auftrags zu veröffentlichen.

Der Rat unterstützt zwar die Vorschläge der Kommission in Bezug auf die Veröffentlichung, hat jedoch mehrere Änderungen aufgenommen, um ihre praktische Durchführbarkeit zu verbessern und unnötigen bürokratischen Aufwand abzubauen:

Die Behörden müssen einen Gesamtbericht über ihre öffentlichen Dienstleistungsaufträge — statt eines detaillierten Berichts, wie von der Kommission vorgeschlagen — vorlegen.

Die Behörden müssen die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags mindestens ein Jahr im Voraus im Amtsblatt ankündigen. Geringfügige Aufträge sind von dieser Verpflichtung ausgenommen.

Die Behörden müssen Berichtigungen veröffentlichen, wenn sich die über die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags veröffentlichten Informationen geändert haben.

Bei Notmaßnahmen muss keine vorherige Ankündigung erfolgen.

Die ursprünglich vorgesehene Frist, innerhalb deren die Mitgliedstaaten der Kommission die Informationen übermitteln müssen, die erforderlich sind, damit festgestellt werden kann, ob die gewährte Ausgleichsleistung mit der Verordnung vereinbar ist, ist von 20 Arbeitstagen, wie sie die Kommission vorgeschlagen hatte, auf drei Monate verlängert worden.

2.6.   Übergangsregelung

Damit die Behörden und Betreiber über genügend Zeit für die Anpassung an den neuen Rechtsrahmen verfügen, hat der Rat verschiedene Änderungen an der von der Kommission vorgeschlagenen Übergangsregelung vorgenommen. Erstens hat der Rat vorgesehen, dass die Verordnung drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung in Kraft tritt. 12 Jahre später hat die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße nach den Bestimmungen der Verordnung zu erfolgen. Zweitens hat der Rat die im Kommissionsvorschlag vorgenommene Unterscheidung zwischen der Übergangszeit für den Schienenverkehr auf der einen und den Straßenverkehr auf der anderen Seite aufgehoben und stattdessen eine einheitliche Übergangsregelung vorgesehen. In Anbetracht der Ausdehnung der Möglichkeit einer Direktvergabe auf die Eisenbahndienste hält es der Rat nicht mehr für gerechtfertigt, für den öffentlichen Verkehr auf Schiene eine längere Übergangszeit vorzusehen als für den Verkehr auf Straßen. Drittens hat der Rat anstelle der zweistufigen Übergangszeit einen schrittweisen Ansatz vorgesehen, der es den Behörden erlaubt, bis zu einem gewissem Grad selbst zu bestimmen, wie sie den Übergang zur Anwendung der neuen Bestimmungen für die Auftragsvergabe bewerkstelligen. Innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Hälfte der Übergangszeit haben die Mitgliedstaaten der Kommission Fortschrittsberichte vorzulegen. Auf der Grundlage dieser Berichte wird die Kommission bewerten, ob zusätzlich Maßnahmen erforderlich sind, um Störungen bei der Erbringung öffentlicher Verkehrsdienstleistungen zu vermeiden.

In Bezug auf die vor dem Inkrafttreten der Verordnung geschlossenen Verträge sieht der Gemeinsame Standpunkt eine Übergangsregelung vor, die sich sehr stark an die vom Parlament in erster Lesung unterbreiteten Vorschläge anlehnt. Der Rat ist bemüht, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der Einhaltung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ und dem Anliegen, eine zu lange andauernde Schließung der Märkte zu vermeiden. Es wird unterschieden zwischen

Aufträgen, die im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben wurden, und solchen, die im Rahmen eines anderen Verfahrens vergeben wurden;

Aufträgen, die vor dem 26. Juli 2000 — Tag der Vorlage des ursprünglichen Kommissionsvorschlags zu den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen — vergeben wurden, und solchen, die nach diesem Tag vergeben wurden.

Für jede einzelne der insgesamt vier Auftragskategorien schlägt der Rat eine gesonderte Regelung für die Beendigung vor. Für den Ausnahmefall, dass die Beendigung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags unangemessene rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen hätte, ist in dem Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen, dass diese Aufträge vorbehaltlich der Zustimmung durch die Kommission für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben können.

Der Rat hat in seinen Gemeinsamen Standpunkt den Vorschlag der Kommission übernommen, dass die Behörden während der zweiten Hälfte des Übergangszeitraums die Möglichkeit haben, von der Teilnahme an ihren wettbewerblichen Vergabeverfahren Betreiber auszuschließen, die nicht nachweisen können, dass der Wert der öffentlichen Verkehrsdienste, für die sie gemäß der Verordnung einen Ausgleich erhalten oder ihnen ausschließliche Rechte gewährt wurden, mindestens 50 % des Werts aller von ihnen erbrachten öffentlichen Verkehrsdienste ausmacht. Dies wird vom Rat durch die Bestimmung erweitert, dass Betreiber, die die auszuschreibenden Dienste bereits erbringen, von den Behörden nicht von dem wettbewerblichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden dürfen. Nach eingehenden Beratungen hat der Rat beschlossen, keine Bestimmung aufzunehmen, die besagt, dass die Behörden von einem wettbewerblichen Vergabeverfahren Betreiber ausschließen können, die alle oder einen Teil ihrer Aufträge im Wege der Direktvergabe erhalten haben. Der Rat hält eine derartige Gegenseitigkeitsklausel aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs für nicht angemessen. Der Gerichtshof knüpft die Anwendung von Gegenseitigkeitsklauseln an strenge Bedingungen in dem Sinne, dass diese nur im Rahmen eines schrittweisen Liberalisierungsprozesses und als zeitlich begrenzte Übergangslösung zulässig sind.

2.7.   Weitere wichtige Fragen

Weitere wichtige Elemente des Gemeinsamen Standpunkts des Rates sind die folgenden:

Der Rat folgt dem Vorschlag der Kommission, für den inländischen öffentlichen Landverkehr keine speziellen Vorschriften für die Unterauftragsvergabe festzulegen. Allerdings hat der Rat im Interesse der Transparenz in den Gemeinsamen Standpunkt die Bestimmung aufgenommen, dass aus den Ausschreibungsunterlagen und öffentlichen Dienstleistungsaufträgen klar hervorgehen muss, ob eine Unterauftragsvergabe in Frage kommt. Ferner müssen in dem Auftrag die nach innerstaatlichem Recht und Gemeinschaftsrecht für eine Unterauftragsvergabe geltenden Bedingungen festgelegt werden.

Die Kommission hat vorgeschlagen, die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 und die Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 vollständig aufzuheben. Da einige Bestimmungen dieser beiden Verordnungen noch angewandt werden, sieht der Rat in dem Gemeinsamen Standpunkt vor, die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 schrittweise auslaufen zu lassen und einige spezifische Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 in die neue Verordnung über die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen aufzunehmen.

Der Rat hat die vorgesehene Berichterstattung durch die Kommission über Entwicklungen im öffentlichen Personenverkehr in Europa vor dem Hintergrund seines Gemeinsamen Standpunkts um die Bestimmung erweitert, dass in dem Bericht insbesondere die Qualität der öffentlichen Personenverkehrsdienste und die Auswirkungen der Direktvergabe zu bewerten sind.

Der Rat hat einige Änderungen am Anhang zu dem Verordnungsentwurf vorgenommen, um die Methode zur Berechnung der Ausgleichsleistung bei direkt vergebenen Aufträgen im Sinne einer leichteren praktischen Anwendung zu verbessern.

IV.   FAZIT

Nachdem über die Vorschläge der Kommission 2000 und 2002 von zu den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen keine Einigung erzielt werden konnte, ist der Rat nun auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission aus dem Jahr 2005 zu einem Gemeinsamen Standpunkt gelangt. Die Kommission hat diesen überarbeiteten Vorschlag im Lichte der Ergebnisse der ersten Lesung ihres ursprünglichen Vorschlags von 2000 durch das Europäische Parlament erstellt, um auf eine Annäherung der Standpunkte der drei Organe hinzuwirken. Da der Gemeinsame Standpunkt dem Ansatz dieses überarbeiteten Vorschlags weitgehend folgt, stellt er nach Auffassung des Rates eine gute Grundlage für die Gespräche mit dem Europäischen Parlament im Rahmen der zweiten Lesung dar.


(1)  ABl. C 49 vom 28.2.2006, S. 37.

(2)  ABl. C 365 E vom 19.12.2000, S. 169.

(3)  ABl. C 151 E vom 25.6.2002, S. 146.

(4)  ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 164.

(5)  ABl. C 195 vom 18.8.2006, S. 20.

(6)  ABl. C 192 vom 16.8.2006, S. 1.

(7)  Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1). Zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/091 (ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1).

(8)  Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH (Slg. 2003, I-7747).

(9)  Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114) bzw. Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1).

ANHANG I

ERKLÄRUNG SCHWEDENS, DER SICH ITALIEN ANSCHLIESST, FÜR DAS PROTOKOLL ÜBER DIE RATSTAGUNG VOM 9. JUNI 2006

Zu Punkt 9: Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße

POLITISCHE EINIGUNG

Anlässlich des Zustandekommens einer politischen Einigung über einen Gemeinsamen Standpunkt zur Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße macht Schweden Folgendes geltend:

1.

Wie der Rat auf seiner Tagung vom 5. Dezember 2005 übereinstimmend festgestellt hat, besteht das Hauptziel dieser Verordnung nicht in der Öffnung des Marktes für Schienenverkehrsdienste, sondern in der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Ausgleichsleistungen für die Übernahme öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Deshalb ist in dieser Verordnung an der Möglichkeit der Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für den Schienenverkehr festgehalten worden.

2.

Die Entscheidung des Rates, die Direktvergabe von Aufträgen für Schienenpersonenverkehrsdienste weiterhin zu erlauben, schließt jedoch nicht aus, dass die Kommission von ihrem Initiativrecht Gebrauch macht und neue Legislativvorschläge über die Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste vorlegt, die dann vom Europäischen Parlament und vom Rat zu prüfen sein werden.

3.

Bei allen künftigen Vorschlägen über eine Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste ist in angemessener Weise zu prüfen, ob hierfür ein offener Zugang zum Eisenbahnnetz für alle Betreiber oder aber wettbewerbliche Vergabeverfahren für öffentliche Dienstleistungsaufträge bzw. ausschließliche Rechte oder aber beides in Frage kommen sollen.

4.

Da harmonisierte Rechtsvorschriften über die Öffnung der nationalen Märkte für Schienenpersonenverkehrsdienste fehlen, haben die Mitgliedstaaten nach Ansicht Schwedens weiterhin das Recht, auf Gegenseitigkeit beruhende Maßnahmen anzuwenden, sofern sie im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen.

ANHANG II

ERKLÄRUNG DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK FÜR DAS PROTOKOLL ÜBER DIE RATSTAGUNG VOM 9. JUNI 2006

Zu Punkt 9: Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße

POLITISCHE EINIGUNG

Die Tschechische Republik ist sich durchaus bewusst, dass ein Höchstmaß an Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu den Hauptzielen des Vorschlags für eine Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße gehört. In dieser Hinsicht gibt es von Seiten der Tschechischen Republik keinerlei Einwände gegen die Forderung, dass die zuständige Behörde jeder interessierten Partei auf Antrag ihre Entscheidung über die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags übermittelt und nachweist, dass sie — unter anderem auch bei der Festlegung der Ausgleichsbeträge entsprechend den Regeln im Anhang zur Verordnung — im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung gehandelt hat. Jedoch kann die Tschechische Republik dem derzeitigen Wortlaut von Artikel 7 Absatz 4 (Dok. 9840/06) nicht zustimmen, da er ihrer Ansicht nach für alle an der Direktvergabe beteiligten Seiten zu einer Beeinträchtigung der Rechtssicherheit führt. Vor allem ist die Tschechische Republik darüber beunruhigt, dass ein unterlegener Bieter eine mit Gründen versehene Entscheidung anfechten könnte, um einen Vergleich zwischen dem direkt vergebenen Auftrag und seinem Konkurrenzangebot zu erzwingen. So könnte im Anschluss daran die Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in manchen Fällen verhindert werden, was für die Tschechische Republik völlig unakzeptabel ist.

Aufgrund dieses Vorbehalts kann die Tschechische Republik die politische Einigung im Rat über diesen Vorschlag nicht mittragen und enthält sich daher der Stimme.


27.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 70/21


GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 3/2007

vom Rat festgelegt am 11. Dezember 2006

im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/C 70 E/02)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Zum Schutz von Personen und Gütern in der Europäischen Union vor unrechtmäßigen Eingriffen im Zusammenhang mit Zivilluftfahrzeugen sollten gemeinsame Vorschriften für den Schutz der Zivilluftfahrt festgelegt werden. Dieses Ziel sollte durch die Festlegung gemeinsamer Vorschriften und Grundnormen für die Luftsicherheit sowie Mechanismen für die Überwachung von deren Einhaltung erreicht werden.

(2)

Im Interesse der allgemeinen Sicherheit in der Zivilluftfahrt sollte die Grundlage für eine gemeinsame Auslegung des Anhangs 17 des Abkommens von Chicago vom 7. Dezember 1944 über die internationale Zivilluftfahrt geschaffen werden.

(3)

Die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (3) wurde in der Folge der Ereignisse des 11. Septembers 2001 in den Vereinigten Staaten verabschiedet.

(4)

Der Inhalt der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 sollte aufgrund der Erfahrungen, die gemacht wurden, überprüft werden, und die Verordnung selbst sollte aufgehoben und durch die vorliegende Verordnung, deren Ziel die Vereinfachung, Harmonisierung und klarere Fassung der bestehenden Vorschriften sowie die Verbesserung des Sicherheitsniveaus ist, ersetzt werden.

(5)

Angesichts der Notwendigkeit von mehr Flexibilität bei der Verabschiedung von Sicherheitsmaßnahmen und -verfahren, um sich verändernden Risikobewertungen Rechnung zu tragen und die Einführung neuer Technologien zu ermöglichen, sollte diese Verordnung die grundlegenden Prinzipien für Maßnahmen zum Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen festlegen, ohne dabei die technischen oder verfahrenstechnischen Details ihrer Durchführung auszuformulieren.

(6)

Diese Verordnung sollte für Zivilflughäfen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, für Betreiber, die Dienstleistungen auf solchen Flughäfen erbringen, und für Stellen, die für oder über diese Flughäfen Güter liefern und/oder Dienstleistungen erbringen, gelten.

(7)

Unbeschadet des Übereinkommens über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen (Tokio 1963), des Übereinkommens zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen (Den Haag 1970) und des Übereinkommens zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt (Montreal 1971) sollte diese Verordnung auch an Bord von Luftfahrzeugen oder während der Flüge von gemeinschaftlichen Luftfahrtunternehmen anzuwendende Sicherheitsmaßnahmen erfassen.

(8)

Jeder Mitgliedstaat kann selbst entscheiden, ob an Bord von bei ihm eingetragenen Luftfahrzeugen und von Luftfahrzeugen von Luftfahrtunternehmen, denen er eine Genehmigung erteilt hat, begleitende Sicherheitsbeamte eingesetzt werden.

(9)

Der Grad der Bedrohung ist in den verschiedenen Bereichen der Zivilluftfahrt nicht notwendigerweise gleich hoch. Bei der Festlegung gemeinsamer Grundnormen für die Luftsicherheit sollten die Größe des Luftfahrzeugs, die Art des Flugs und/oder die Häufigkeit von Flügen auf den Flughäfen berücksichtigt werden, um die Gewährung von Ausnahmen zu ermöglichen.

(10)

Die Mitgliedstaaten sollten außerdem die Möglichkeit haben, aufgrund von Risikobewertungen strengere Maßnahmen als die in dieser Verordnung festgelegten zu ergreifen.

(11)

Drittländer können für Flüge von einem Flughafen in einem Mitgliedstaat in oder über dieses Drittland die Anwendung von Maßnahmen verlangen, die von den in dieser Verordnung festgelegten abweichen. Die Kommission sollte jedoch unbeschadet etwaiger bilateraler Abkommen, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist, die Möglichkeit haben, die von dem Drittland verlangten Maßnahmen zu prüfen.

(12)

Auch wenn innerhalb eines Mitgliedstaats eine oder mehrere Einrichtungen für die Luftsicherheit zuständig sein können, sollte jeder Mitgliedstaat eine einzige Behörde benennen, die für die Koordinierung und Überwachung der Durchführung der gemeinsamen Grundnormen für die Luftsicherheit zuständig ist.

(13)

Um die Zuständigkeiten für die Durchführung der gemeinsamen Grundnormen für die Luftsicherheit festzulegen und zu beschreiben, welche Maßnahmen zu diesem Zweck von Betreibern und anderen Stellen verlangt werden, sollte jeder Mitgliedstaat ein nationales Programm für die Sicherheit der Zivilluftfahrt aufstellen. Zudem sollten alle Flughafenbetreiber, Luftfahrtunternehmen und Stellen, die Luftsicherheitsnormen durchführen, ein Sicherheitsprogramm aufstellen, anwenden und fortentwickeln, um dieser Verordnung nachzukommen und die Auflagen der jeweils geltenden nationalen Programme für die Sicherheit der Zivilluftfahrt zu erfüllen.

(14)

Um die Einhaltung dieser Verordnung und des nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt zu überwachen, sollte jeder Mitgliedstaat ein nationales Programm zur Sicherung der Qualität der Sicherheit der Zivilluftfahrt aufstellen und für dessen Durchführung sorgen.

(15)

Um die Anwendung dieser Verordnung durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und um Empfehlungen zur Verbesserung der Luftsicherheit aussprechen zu können, sollte die Kommission Inspektionen, einschließlich unangekündigte Inspektionen, durchführen.

(16)

Durchführungsbestimmungen, in denen gemeinsame Maßnahmen und Verfahren für die Durchführung der gemeinsamen Grundnormen für die Luftsicherheit festgelegt werden und die sensible Sicherheitsinformationen enthalten, sowie Inspektionsberichte der Kommission und entsprechende Antworten der zuständigen Behörden sollten als „EU-Verschlusssachen“ im Sinne des Beschlusses 2001/844/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 29. November 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (4) betrachtet werden. Sie sollten nicht veröffentlicht werden und nur Betreibern und Stellen mit einem legitimen Interesse zugänglich gemacht werden.

(17)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (5) erlassen werden.

(18)

Insbesondere sollte die Kommission ermächtigt werden, die Bedingungen festzulegen, unter denen die in Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 9 Absatz 2 genannten Maßnahmen erlassen werden können. Da diese Maßnahmen von allgemeiner Tragweite sind und zur Änderung von nicht wesentlichen Bestimmungen dieser Verordnung bestimmt sind, sollten sie gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle nach Artikel 5a des Beschlusses 1999/468/EG erlassen werden.

(19)

Es sollte angestrebt werden, dass bei allen Flügen innerhalb der Europäischen Union nur eine einmalige Sicherheitskontrolle stattfindet.

(20)

Diese Verordnung lässt die Anwendung der Vorschriften für die Luftsicherheit, einschließlich der Vorschriften für die Gefahrgutbeförderung, unberührt.

(21)

Die Mitgliedstaaten sollten die Sanktionen für Verstöße gegen die Bestimmungen dieser Verordnung festlegen. Diese Sanktionen, die sowohl zivilrechtlicher als auch verwaltungsrechtlicher Art sein können, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(22)

Die Ministererklärung zum Flughafen von Gibraltar, die am 18. September 2006 in Córdoba auf dem ersten Ministertreffen des Dialogforums zu Gibraltar vereinbart wurde, wird an die Stelle der Gemeinsamen Erklärung zum Flughafen von Gibraltar, die am 2. Dezember 1987 in London abgegeben wurde, treten, und die vollständige Einhaltung der Erklärung von 2006 wird als Einhaltung der Erklärung von 1987 gelten.

(23)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich der Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen und die Schaffung der Grundlage für eine gemeinsame Auslegung des Anhangs 17 des Abkommens von Chicago über die internationale Zivilluftfahrt, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Verordnung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Ziele

(1)   Diese Verordnung legt gemeinsame Vorschriften für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen fest.

Sie bildet außerdem die Grundlage für eine gemeinsame Auslegung des Anhangs 17 des Abkommens von Chicago über die internationale Zivilluftfahrt.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Ziele sollen erreicht werden durch

a)

die Festlegung gemeinsamer Vorschriften und Grundnormen für die Luftsicherheit;

b)

Mechanismen für die Überwachung von deren Einhaltung.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für

a)

alle nicht ausschließlich für militärische Zwecke genutzten Flughäfen oder Teile von Flughäfen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats;

b)

alle Betreiber, einschließlich Luftfahrtunternehmen, die Dienstleistungen an den in Buchstabe a genannten Flughäfen erbringen;

c)

alle Stellen, die Luftsicherheitsnormen anwenden und an Standorten innerhalb oder außerhalb des Flughafengeländes tätig sind und für oder über die in Buchstabe a genannten Flughäfen Güter liefern und/oder Dienstleistungen erbringen.

(2)   Die Anwendung dieser Verordnung auf den Flughafen von Gibraltar berührt nicht den jeweiligen Rechtsstandpunkt des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs in der strittigen Frage nach der Hoheit über das Gebiet, in dem der Flughafen liegt.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Zivilluftfahrt“ Flüge von Zivilluftfahrzeugen, ausgenommen Flüge von Staatsluftfahrzeugen im Sinne des Artikels 3 des Abkommens von Chicago über die internationale Zivilluftfahrt;

2.

„Luftsicherheit“ die Kombination von Maßnahmen und personellen und materiellen Ressourcen, die dazu dienen, die Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen zu schützen;

3.

„Betreiber“ eine Person, eine Organisation oder ein Unternehmen, die bzw. das Luftverkehrsaktivitäten durchführt oder anbietet;

4.

„Luftfahrtunternehmen“ ein Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung oder einer gleichwertigen Genehmigung;

5.

„gemeinschaftliches Luftfahrtunternehmen“ ein Luftfahrtunternehmen, das über eine gültige Betriebsgenehmigung verfügt, die von einem Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (6) erteilt wurde;

6.

„Stelle“ eine Person, eine Organisation oder ein Unternehmen, die bzw. das kein Betreiber ist;

7.

„verbotene Gegenstände“ Waffen, Sprengstoffe oder andere gefährliche Geräte, Gegenstände oder Stoffe, die für unrechtmäßige Eingriffe verwendet werden können;

8.

„Durchsuchung“ den Einsatz technischer oder sonstiger Mittel, die dazu dienen, verbotene Gegenstände zu identifizieren und/oder aufzuspüren;

9.

„Sicherheitskontrolle“ die Anwendung von Mitteln, mit denen die Einschleusung verbotener Gegenstände verhindert werden kann;

10.

„Zugangskontrolle“ die Anwendung von Mitteln, mit denen das Eindringen unbefugter Personen und/oder unbefugter Fahrzeuge verhindert werden kann;

11.

„Luftseite“ die Bewegungsflächen eines Flughafens, angrenzendes Gelände und angrenzende Gebäude bzw. Teile davon, zu denen der Zugang beschränkt ist;

12.

„Landseite“ den Bereich eines Flughafens, angrenzendes Gelände und angrenzende Gebäude bzw. Teile davon, bei denen es sich nicht um die Luftseite handelt;

13.

„Sicherheitsbereich“ den Teil der Luftseite, für den nicht nur eine Zugangsbeschränkung besteht, sondern weitere Luftsicherheitsnormen gelten;

14.

„abgegrenzter Bereich“ den Bereich, der entweder von den Sicherheitsbereichen oder, wenn der abgegrenzte Bereich selbst ein Sicherheitsbereich ist, von anderen Sicherheitsbereichen eines Flughafens durch eine Zugangskontrolle abgetrennt ist;

15

„Zuverlässigkeitsüberprüfung“ die dokumentierte Überprüfung der Identität einer Person, einschließlich etwaiger Vorstrafen, als Teil der Beurteilung der persönlichen Eignung für den unbegleiteten Zugang zu Sicherheitsbereichen;

16

„umsteigende Fluggäste, umgeladenes Gepäck, umgeladene Fracht oder umgeladene Post“ Fluggäste, Gepäck, Frachtstücke oder Post, die mit einem anderen Luftfahrzeug abfliegen als dem, mit dem sie angekommen sind;

17

„weiterfliegende Fluggäste, weiterfliegendes Gepäck und weiterfliegende Fracht oder weiterfliegende Post“ Fluggäste, Gepäck, Frachtstücke oder Post, die mit demselben Luftfahrzeug abfliegen, mit dem sie angekommen sind;

18

„potenziell gefährlicher Fluggast“ einen Fluggast, bei dem es sich um eine abgeschobene Person, eine Person, der die Einreise verweigert wurde, oder um eine in Gewahrsam befindliche Person handelt;

19

„Handgepäck“ Gepäck, das in der Kabine eines Luftfahrzeugs befördert werden soll;

20

„aufgegebenes Gepäck“ Gepäck, das im Frachtraum eines Luftfahrzeugs befördert werden soll;

21

„begleitetes aufgegebenes Gepäck“ Gepäck, das im Frachtraum eines Luftfahrzeugs befördert wird und von einem Fluggast aufgegeben worden ist, der an Bord desselben Luftfahrzeugs mitfliegt;

22

„Post von Luftfahrtunternehmen“ Postsendungen, deren Absender und Empfänger Luftfahrtunternehmen sind;

23

„Material von Luftfahrtunternehmen“ Material, dessen Versender und Empfänger Luftfahrtunternehmen sind oder das von einem Luftfahrtunternehmen verwendet wird;

24

„Post“ Briefsendungen und andere Gegenstände, die nicht Post von Luftfahrtunternehmen sind, die entsprechend den Regeln des Weltpostvereins einem Postdienst übergeben wurden und an einen solchen geliefert werden sollen;

25

„Fracht“ Gegenstände, die in einem Luftfahrzeug befördert werden sollen und bei denen es sich nicht um Gepäck, Post, Material von Luftfahrtunternehmen, Post von Luftfahrtunternehmen oder Bordvorräte handelt;

26

„reglementierter Beauftragter“ Luftfahrtunternehmen, Agenturen, Spediteure oder sonstige Stellen, die die Sicherheitskontrollen für Fracht oder Post gewährleisten;

27

„bekannter Versender“ einen Versender von Fracht oder Post zur Versendung auf eigene Rechnung, dessen Verfahren gemeinsamen Sicherheitsvorschriften und -normen entsprechen, die es gestatten, die betreffende Fracht oder Post auf dem Luftweg zu befördern;

28

„geschäftlicher Versender“ einen Versender von Fracht oder Post zur Versendung auf eigene Rechnung, dessen Verfahren gemeinsamen Sicherheitsvorschriften und -normen entsprechen, die es gestatten, die betreffende Fracht oder Post mit Nurfracht- bzw. Nurpostluftfahrzeugen zu befördern;

29

„Luftfahrzeug-Sicherheitskontrolle“ die Untersuchung der Innenbereiche des Luftfahrzeugs, zu denen Fluggäste Zugang gehabt haben können, sowie die Untersuchung des Frachtraums des Luftfahrzeugs mit dem Ziel, verbotene Gegenstände aufzuspüren und unrechtmäßige Eingriffe im Zusammenhang mit dem Luftfahrzeug festzustellen;

30

„Luftfahrzeug-Sicherheitsdurchsuchung“ die Untersuchung des Innenraums und der zugänglichen Außenteile des Luftfahrzeugs mit dem Ziel, verbotene Gegenstände aufzuspüren und unrechtmäßige Eingriffe im Zusammenhang mit dem Luftfahrzeug festzustellen;

31

„begleitender Sicherheitsbeamter“ eine Person, die von einem Staat dazu beschäftigt ist, in einem Luftfahrzeug eines Luftfahrtunternehmens, dem der Staat eine Genehmigung erteilt hat, mitzufliegen, um das Luftfahrzeug und die an Bord befindlichen Fluggäste vor unrechtmäßigen Eingriffen zu schützen.

Artikel 4

Gemeinsame Grundnormen

(1)   Die gemeinsamen Grundnormen für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen sind im Anhang festgelegt.

(2)   Detaillierte Maßnahmen für die Durchführung der in Absatz 1 genannten gemeinsamen Grundnormen werden nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt.

Diese Maßnahmen betreffen insbesondere:

a)

Verfahren für die Durchsuchung, die Zugangskontrolle und andere Sicherheitskontrollen;

b)

Verfahren für die Luftfahrzeug-Sicherheitskontrollen und die Luftfahrzeug-Sicherheitsdurchsuchungen;

c)

verbotene Gegenstände;

d)

Leistungskriterien und Abnahmeprüfungen für die Ausrüstung;

e)

Einstellung und Schulung von Personal;

f)

Festlegung sensibler Teile der Sicherheitsbereiche;

g)

Pflichten der reglementierten Beauftragten, bekannten Versender und geschäftlichen Versender und Verfahren zu deren Bewertung;

h)

Kategorien von Personen, Gütern und Luftfahrzeugen, die aus objektiven Gründen besonderen Sicherheitsverfahren unterliegen oder bei denen keine Durchsuchungen, Zugangskontrollen oder andere Sicherheitskontrollen durchzuführen sind.

(3)   Die Kommission legt durch Änderung dieser Verordnung mittels eines Beschlusses, der nach dem in Artikel 15 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen wird, die Kriterien für die Bedingungen fest, unter denen die Mitgliedstaaten von den in Absatz 1 genannten gemeinsamen Grundnormen abweichen und auf der Grundlage einer örtlichen Risikobewertung alternative Sicherheitsmaßnahmen treffen können, die einen angemessenen Schutz gewährleisten. Solche alternativen Maßnahmen sind durch die Luftfahrzeuggröße oder die Art, den Umfang oder die Häufigkeit der Flüge oder anderer einschlägiger Tätigkeiten zu begründen.

Aus zwingenden Gründen der Dringlichkeit kann die Kommission das in Artikel 15 Absatz 4 genannte Dringlichkeitsverfahren anwenden.

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission von diesen Maßnahmen.

(4)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Anwendung der in Absatz 1 genannten gemeinsamen Grundnormen in ihrem Hoheitsgebiet. Hat ein Mitgliedstaat Grund zu der Annahme, dass es durch eine Sicherheitsverletzung zu einer Beeinträchtigung des Sicherheitsniveaus der Luftfahrt gekommen ist, so stellt er sicher, dass rasch geeignete Maßnahmen getroffen werden, damit die Sicherheitsverletzung abgestellt und die Sicherheit der Zivilluftfahrt weiter gewährleistet wird.

Artikel 5

Anwendung strengerer Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten

(1)   Die Mitgliedstaaten können strengere Maßnahmen als die in Artikel 4 genannten gemeinsamen Grundnormen anwenden. Sie müssen dies auf der Grundlage einer Risikobewertung und in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht tun. Die Maßnahmen müssen relevant, objektiv, nicht diskriminierend und dem jeweiligen Risiko angemessen sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über derartige Maßnahmen so bald wie möglich nach deren Anwendung. Die Kommission übermittelt diese Informationen den anderen Mitgliedstaaten.

(3)   Die Mitgliedstaaten müssen die Kommission nicht unterrichten, wenn die betreffenden Maßnahmen auf einen bestimmten Flug an einem bestimmten Datum begrenzt sind.

Artikel 6

Von Drittländern verlangte Sicherheitsmaßnahmen

(1)   Unbeschadet bilateraler Abkommen, bei denen die Gemeinschaft Vertragspartei ist, unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission über die von einem Drittland geforderten Sicherheitsmaßnahmen, wenn diese in Bezug auf Flüge von einem Flughafen in einem Mitgliedstaat zu diesem Drittland oder über dieses Drittland von den in Artikel 4 genannten gemeinsamen Grundnormen abweichen.

(2)   Die Kommission prüft auf Ersuchen des betreffenden Mitgliedstaats oder von sich aus die Anwendung der gemäß Absatz 1 mitgeteilten Maßnahmen und kann nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren eine geeignete Antwort an das betreffende Drittland ausarbeiten.

(3)   Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn

a)

der betreffende Mitgliedstaat die betreffenden Maßnahmen im Einklang mit Artikel 5 anwendet oder

b)

die Anforderungen des Drittlands auf einen bestimmten Flug an einem bestimmten Datum begrenzt sind.

Artikel 7

Zuständige Behörde

Sind in einem Mitgliedstaat zwei oder mehr Einrichtungen für die Sicherheit der Zivilluftfahrt zuständig, benennt der Mitgliedstaat eine einzige Behörde (nachstehend „2zuständige Behörde“ genannt), die für die Koordinierung und Überwachung der Durchführung der in Artikel 4 genannten gemeinsamen Grundnormen zuständig ist.

Artikel 8

Nationales Programm für die Sicherheit der Zivilluftfahrt

(1)   Jeder Mitgliedstaat stellt ein nationales Programm für die Sicherheit der Zivilluftfahrt auf, wendet es an und entwickelt es fort.

Dieses Programm legt die Zuständigkeiten für die Durchführung der in Artikel 4 genannten gemeinsamen Grundnormen fest und beschreibt die zu diesem Zweck von den Betreibern und Stellen verlangten Maßnahmen.

(2)   Die zuständige Behörde stellt Betreibern und Stellen, die nach Ansicht der Behörde ein legitimes Interesse haben, die betreffenden Teile ihres nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt in dem jeweils nötigen Umfang in schriftlicher Form zur Verfügung.

Artikel 9

Nationales Qualitätssicherungsprogramm

(1)   Jeder Mitgliedstaat stellt ein nationales Qualitätssicherungsprogramm auf, wendet es an und entwickelt es fort.

Dieses Programm ermöglicht es den Mitgliedstaaten, die Qualität der Sicherheit der Zivilluftfahrt zu überprüfen und so die Einhaltung dieser Verordnung sowie des nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt zu überwachen.

(2)   Die Spezifikationen für das nationale Qualitätssicherungsprogramm werden angenommen, indem diese Verordnung durch Hinzufügung eines Anhangs nach dem in Artikel 15 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle geändert wird.

Aus zwingenden Gründen der Dringlichkeit kann die Kommission das in Artikel 15 Absatz 4 genannte Dringlichkeitsverfahren anwenden.

Das Programm ermöglicht es, Mängel rasch aufzuspüren und zu beheben. Es sieht außerdem vor, dass alle Flughäfen, Betreiber und für die Durchführung von Sicherheitsnormen zuständigen Stellen im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats regelmäßig direkt von der zuständigen Behörde oder unter ihrer Aufsicht überwacht werden.

Artikel 10

Sicherheitsprogramm für Flughäfen

(1)   Jeder Flughafenbetreiber stellt ein Programm für die Flughafensicherheit auf, wendet es an und entwickelt es fort.

Dieses Programm beschreibt die Methoden und Verfahren, die der Flughafenbetreiber anzuwenden hat, um die Bestimmungen dieser Verordnung sowie die Auflagen des nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt des Mitgliedstaates, in dem der Flughafen liegt, zu erfüllen.

Das Programm enthält auch Bestimmungen über die interne Qualitätssicherung, die beschreiben, wie die Einhaltung dieser Methoden und Verfahren von dem Flughafenbetreiber überwacht wird.

(2)   Das Programm für die Flughafensicherheit ist der zuständigen Behörde vorzulegen, die gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen kann.

Artikel 11

Sicherheitsprogramm für Luftfahrtunternehmen

(1)   Jedes Luftfahrtunternehmen stellt ein Sicherheitsprogramm für Luftfahrtunternehmen auf, wendet es an und entwickelt es fort.

Dieses Programm beschreibt die Methoden und Verfahren, die das Luftfahrtunternehmen anzuwenden hat, um die Bestimmungen dieser Verordnung sowie die Auflagen des nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt des Mitgliedstaates, von dem aus es seine Dienstleistungen erbringt, zu erfüllen.

Das Programm enthält auch Bestimmungen über die interne Qualitätssicherung, die beschreiben, wie die Einhaltung dieser Methoden und Verfahren von dem Luftfahrtunternehmen überwacht wird.

(2)   Auf Ersuchen der zuständigen Behörde ist das Sicherheitsprogramm des Luftfahrtunternehmens dieser vorzulegen; sie kann gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen.

(3)   Hat die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, der die Betriebsgenehmigung erteilt hat, das Sicherheitsprogramm des gemeinschaftlichen Luftfahrtunternehmens gebilligt, so erkennen alle anderen Mitgliedstaaten an, dass dieses Luftfahrtunternehmen die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt. Dies lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, von einem Luftfahrtunternehmen nähere Auskünfte zur Durchführung folgender Maßnahmen bzw. Verfahren zu verlangen:

a)

Sicherheitsmaßnahmen, die der betreffende Mitgliedstaat gemäß Artikel 5 anwendet,und/oder

b)

örtliche Verfahren, die auf den angeflogenen Flughäfen gelten.

Artikel 12

Sicherheitsprogramm für Stellen

(1)   Jede Stelle, die nach dem in Artikel 8 genannten nationalen Programm für die Sicherheit der Zivilluftfahrt Luftsicherheitsnormen anzuwenden hat, stellt ein Sicherheitsprogramm für Stellen auf, wendet es an und entwickelt es fort.

Dieses Programm beschreibt die Methoden und Verfahren, die die betreffende Stelle anzuwenden hat, um in dem betreffenden Mitgliedstaat die Auflagen des nationalen Programms für die Sicherheit der Zivilluftfahrt dieses Mitgliedstaates zu erfüllen.

Das Programm enthält auch Bestimmungen über die interne Qualitätssicherung, die beschreiben, wie die Einhaltung dieser Methoden und Verfahren von der Stelle selbst zu überwachen ist.

(2)   Auf Ersuchen ist das Programm der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats vorzulegen; sie kann gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen.

Artikel 13

Kommissionsinspektionen

(1)   Die Kommission führt in Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats Inspektionen durch, einschließlich Inspektionen von Flughäfen, Betreibern und Stellen, die Luftsicherheitsnormen anwenden, um die Anwendung dieser Verordnung durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und gegebenenfalls Empfehlungen zur Verbesserung der Luftsicherheit auszusprechen. Zu diesem Zweck meldet die zuständige Behörde der Kommission schriftlich alle Zivilflughäfen in ihrem Hoheitsgebiet, die nicht unter Artikel 4 Absatz 3 fallen.

Die Verfahren für die Durchführung von Kommissionsinspektionen werden nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren beschlossen.

(2)   Kommissionsinspektionen von Flughäfen, Betreibern und Stellen, die Luftsicherheitsnormen anwenden, erfolgen unangekündigt. Die Kommission unterrichtet den betreffenden Mitgliedstaat rechtzeitig vor solchen Inspektionen.

(3)   Jeder Inspektionsbericht der Kommission wird der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaates übermittelt, die in ihrer Antwort die Maßnahmen zur Behebung festgestellter Mängel darlegt.

Der Bericht und die Antwort der zuständigen Behörde werden anschließend den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten übermittelt.

Artikel 14

Verbreitung von Informationen

Folgende Dokumente gelten als „EU-Verschlusssachen“ im Sinne des Beschlusses 2001/844/EG, EGKS, Euratom und werden nicht öffentlich zugänglich gemacht:

a)

die in Artikel 4 Absätze 2 und 3, Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1 genannten Maßnahmen und Verfahren, wenn sie sensible Sicherheitsinformationen enthalten;

b)

Inspektionsberichte der Kommission und Antworten der zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 13 Absatz 3.

Artikel 15

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf einen Monat festgesetzt.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

(4)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1, 2 und 6 sowie Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 16

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen die Regeln für Sanktionen bei Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Verordnung fest und treffen die erforderlichen Maßnahmen für deren Anwendung. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Artikel 17

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 wird aufgehoben.

Artikel 18

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem … (7), mit Ausnahme des Artikels 4 Absätze 2 und 3, des Artikels 9 Absatz 2, des Artikels 13 Absatz 1 und des Artikels 15, die ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung gelten.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel,

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 185 vom 8.8.2006, S. 17.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 15. Juni 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 11. Dezember 2006 und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  ABl. L 355 vom 30.12.2002, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 849/2004 (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 1. Berichtigung im ABl. L 229 vom 29.6.2004, S. 3).

(4)  ABl. L 317 vom 3.12.2001, S. 1. Geändert durch den Beschluss 2006/548/EG, Euratom (ABl. L 215 vom 5.8.2006, S. 38).

(5)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(6)  ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 1.

(7)  Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.


ANHANG

GEMEINSAME GRUNDNORMEN (ARTIKEL 4)

1.   FLUGHAFENSICHERHEIT

1.1.   Anforderungen an die Flughafenplanung

1.

Bei der Auslegung und beim Bau neuer Flughafeneinrichtungen oder dem Umbau bestehender Flughafeneinrichtungen sind die Anforderungen für die Anwendung der in diesem Anhang genannten gemeinsamen Grundnormen und ihrer Durchführungsbestimmungen in vollem Umfang zu beachten.

2.

An Flughäfen sind folgende Bereiche zu bestimmen:

a)

Landseite,

b)

Luftseite,

c)

Sicherheitsbereiche und

d)

sensible Teile von Sicherheitsbereichen.

1.2.   Zugangskontrolle

1.

Der Zugang zur Luftseite ist zu beschränken, um das Eindringen unbefugter Personen und Fahrzeuge in diese Bereiche zu verhindern.

2.

Der Zugang zu Sicherheitsbereichen ist zu kontrollieren, um zu gewährleisten, dass keine unbefugten Personen und Fahrzeuge in diese Bereiche eindringen.

3.

Personen und Fahrzeuge dürfen nur Zugang zur Luftseite und zu Sicherheitsbereichen erhalten, wenn sie die erforderlichen Sicherheitsauflagen erfüllen.

4.

Vor Ausstellung eines Flugbesatzungsausweises oder eines Flughafenausweises, der den unbegleiteten Zugang zu Sicherheitsbereichen ermöglicht, müssen die betroffenen Personen, einschließlich der Flugbesatzung, eine Zuverlässigkeitsüberprüfung erfolgreich durchlaufen haben.

1.3.   Durchsuchung von anderen Personen als Fluggästen und mitgeführten Gegenständen

1.

Andere Personen als Fluggäste sowie die von ihnen mitgeführten Gegenstände sind beim Betreten von Sicherheitsbereichen fortlaufenden Stichprobendurchsuchungen zu unterziehen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden.

2.

Andere Personen als Fluggäste sowie die von ihnen mitgeführten Gegenstände sind beim Betreten sensibler Teile von Sicherheitsbereichen zu durchsuchen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden.

1.4.   Überprüfung von Fahrzeugen

Fahrzeuge sind bei der Einfahrt in Sicherheitsbereiche zu überprüfen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden.

1.5.   Überwachung, Streifen und andere physische Kontrollen

Auf Flughäfen und erforderlichenfalls in angrenzenden öffentlich zugänglichen Bereichen sind Überwachungen, Streifen und andere physische Kontrollen durchzuführen, um verdächtiges Verhalten von Personen festzustellen, Schwachstellen zu erkennen, die für unrechtmäßige Eingriffe ausgenutzt werden könnten, und um Personen von der Begehung solcher Handlungen abzuhalten.

2.   ABGEGRENZTE BEREICHE VON FLUGHÄFEN

Luftfahrzeuge, die in abgegrenzten Bereichen von Flughäfen abgestellt wurden und für die die in Artikel 4 Absatz 3 genannten alternativen Maßnahmen gelten, sind von Luftfahrzeugen zu trennen, für die die gemeinsamen Grundnormen in vollem Umfang gelten, um sicherzustellen, dass die auf Luftfahrzeuge, Fluggäste, Gepäck, Fracht und Post in den letztgenannten Bereichen angewandten Sicherheitsnormen nicht geschwächt werden.

3.   SICHERHEIT DER LUFTFAHRZEUGE

1.

Die Luftfahrzeuge werden vor dem Abflug einer Luftfahrzeug-Sicherheitskontrolle oder — Sicherheitsdurchsuchung unterzogen, um sicherzustellen, dass sich keine verbotenen Gegenstände an Bord befinden. Für Luftfahrzeuge im Transit können andere geeignete Maßnahmen vorgesehen werden.

2.

Jedes Luftfahrzeug ist vor unbefugten Eingriffen zu schützen.

4.   FLUGGÄSTE UND HANDGEPÄCK

4.1.   Durchsuchung von Fluggästen und Handgepäck

1.

Alle Fluggäste, die ihren Ausgangsflug antreten, umsteigen oder weiterfliegen, sowie ihr Handgepäck sind zu durchsuchen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord eines Luftfahrzeugs gebracht werden.

2.

Umsteigende Fluggäste und ihr Handgepäck können unter folgenden Voraussetzungen von einer Durchsuchung ausgenommen werden:

a)

Sie kommen aus einem Mitgliedstaat, und die Kommission oder der Mitgliedstaat hat keine Informationen vorgelegt, nach denen diese Fluggäste und ihr Handgepäck nicht als nach den gemeinsamen Grundnormen durchsucht angesehen werden können, oder

b)

sie kommen aus einem Drittland, dessen Sicherheitsnormen nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren als den gemeinsamen Grundnormen gleichwertig anerkannt worden sind.

3.

Weiterfliegende Fluggäste und ihr Handgepäck können unter folgenden Voraussetzungen von einer Durchsuchung ausgenommen werden:

a)

Sie bleiben an Bord des Luftfahrzeugs, oder

b)

sie treffen nicht mit anderen durchsuchten abfliegenden Fluggästen zusammen, die dasselbe Luftfahrzeug besteigen, oder

c)

sie kommen aus einem Mitgliedstaat, und die Kommission oder der Mitgliedstaat hat keine Informationen vorgelegt, nach denen diese Fluggäste und ihr Handgepäck nicht als nach den gemeinsamen Grundnormen durchsucht angesehen werden können, oder

d)

sie kommen aus einem Drittland, dessen Sicherheitsnormen nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren als den gemeinsamen Grundnormen gleichwertig anerkannt worden sind.

4.2.   Schutz von Fluggästen und Handgepäck

1.

Fluggäste und ihr Handgepäck sind ab dem Zeitpunkt, zu dem die Durchsuchung stattfindet, bis zum Abflug des Luftfahrzeugs, mit dem sie befördert werden, vor unbefugten Eingriffen zu schützen.

2.

Durchsuchte abfliegende Fluggäste dürfen nur unter folgenden Voraussetzungen mit ankommenden Fluggästen zusammentreffen:

a)

Die Fluggäste kommen aus einem Mitgliedstaat, und die Kommission oder der Mitgliedstaat hat keine Informationen vorgelegt, nach denen diese ankommenden Fluggäste und ihr Handgepäck nicht als nach den gemeinsamen Grundnormen durchsucht angesehen werden können, oder

b)

die Fluggäste kommen aus einem Drittland, dessen Sicherheitsnormen nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren als den gemeinsamen Grundnormen gleichwertig anerkannt worden sind.

4.3.   Potenziell gefährliche Fluggäste

Vor dem Abflug sind potenziell gefährliche Fluggäste geeigneten Sicherheitsmaßnahmen zu unterziehen.

5.   AUFGEGEBENES GEPÄCK

5.1.   Durchsuchung des aufgegebenen Gepäcks

1.

Alles aufgegebene Gepäck ist vor dem Verladen in ein Luftfahrzeug zu durchsuchen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord von Luftfahrzeugen gebracht werden.

2.

Umgeladenes aufgegebenes Gepäck kann unter folgenden Voraussetzungen von der Durchsuchung ausgenommen werden:

a)

Es kommt aus einem Mitgliedstaat, und die Kommission oder der Mitgliedstaat hat keine Informationen vorgelegt, nach denen dieses aufgegebene Gepäck nicht als nach den gemeinsamen Grundnormen durchsucht angesehen werden kann, oder

b)

es kommt aus einem Drittland, dessen Sicherheitsnormen nach dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Verfahren als den gemeinsamen Grundnormen gleichwertig anerkannt worden sind.

3.

Aufgegebenes Gepäck im Weiterflug kann von der Durchsuchung ausgenommen werden, wenn es an Bord des Luftfahrzeugs bleibt.

5.2.   Schutz des aufgegebenen Gepäcks

Aufgegebenes Gepäck, das mit einem Luftfahrzeug befördert werden soll, ist ab dem Zeitpunkt, zu dem es durchsucht oder dem Luftfahrtunternehmen übergeben wurde, je nachdem, welcher Schritt zuerst erfolgt ist, bis zum Abflug des Luftfahrzeugs, mit dem es befördert werden soll, vor unbefugten Eingriffen zu schützen.

5.3.   Zuordnung von aufgegebenem Gepäck

1.

Jedes aufgegebene Gepäckstück ist als begleitet oder unbegleitet zu kennzeichnen.

2.

Unbegleitetes aufgegebenes Gepäck wird nicht befördert, es sei denn, das Gepäckstück wurde vom Fluggast aus Gründen, auf die er keinen Einfluss hat, getrennt oder es wurde zusätzlichen Sicherheitskontrollen unterzogen.

6.   FRACHT UND POST

6.1.   Sicherheitskontrollen für Fracht und Post

1.

Alle Frachtstücke und Postsendungen sind vor dem Verladen in ein Luftfahrzeug Sicherheitskontrollen zu unterziehen. Ein Luftfahrtunternehmen nimmt Frachtstücke oder Postsendungen zur Beförderung in einem Luftfahrzeug nur dann entgegen, wenn es selbst entsprechende Sicherheitskontrollen durchgeführt hat oder deren Durchführung von einem reglementierten Beauftragten, einem bekannten Versender oder einem geschäftlichen Versender bestätigt und quittiert wurde.

2.

Für umgeladene Frachtstücke und umgeladene Postsendungen können alternative Sicherheitskontrollen vorgesehen werden, deren Einzelheiten in Durchführungsvorschriften festzulegen sind.

3.

Weiterfliegende Frachtstücke und weiterfliegende Postsendungen können von den Sicherheitskontrollen ausgenommen werden, wenn sie an Bord des Luftfahrzeugs bleiben.

6.2.   Schutz der Fracht und der Postsendungen

1.

Frachtstücke und Postsendungen, die mit einem Luftfahrzeug befördert werden sollen, sind ab dem Zeitpunkt, zu dem die Sicherheitskontrollen stattfinden, bis zum Abflug des Luftfahrzeugs, mit dem sie befördert werden, vor unbefugten Eingriffen zu schützen.

2.

Frachtstücke und Postsendungen, die nach den Sicherheitskontrollen nicht angemessen vor unbefugten Eingriffen geschützt sind, müssen durchsucht werden.

7.   POST UND MATERIAL VON LUFTFAHRTUNTERNEHMEN

Post und Material von Luftfahrtunternehmen sind Sicherheitskontrollen zu unterziehen und danach bis zur Verladung in das Luftfahrzeug zu schützen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände an Bord des Luftfahrzeugs gebracht werden.

8.   BORDVORRÄTE

Bordvorräte, einschließlich Bordverpflegung, die an Bord eines Luftfahrzeugs befördert oder verwendet werden sollen, müssen Sicherheitskontrollen unterzogen und danach bis zum Verladen in das Luftfahrzeug geschützt werden, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände an Bord des Luftfahrzeugs gebracht werden.

9.   FLUGHAFENLIEFERUNGEN

Lieferungen, die zum Verkauf oder zur Verwendung in Sicherheitsbereichen von Flughäfen bestimmt sind, einschließlich Lieferungen für den zollfreien Verkauf und für Restaurants, sind Sicherheitskontrollen zu unterziehen, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in diese Bereiche gebracht werden.

10.   SICHERHEITSMASSNAHMEN WÄHREND DES FLUGS

1.

Unbeschadet der anwendbaren Flugsicherheitsvorschriften

a)

ist unbefugten Personen während des Flugs der Zugang zum Cockpit zu verwehren;

b)

sind potenziell gefährliche Fluggäste während des Flugs geeigneten Sicherheitsmaßnahmen zu unterziehen.

2.

Es sind geeignete Sicherheitsmaßnahmen wie etwa entsprechende Schulung der Cockpit- und der Kabinenbesatzungen zu treffen, um einen unrechtmäßigen Eingriff während eines Flugs zu verhindern.

3.

Das Tragen von Waffen ist in der Kabine oder im Cockpit eines Luftfahrzeugs nicht gestattet, es sei denn, die betreffenden Staaten haben im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften hierfür eine Genehmigung erteilt.

4.

Nummer 3 gilt auch für begleitende Sicherheitsbeamte, die Waffen tragen.

11.   EINSTELLUNG UND SCHULUNG VON PERSONAL

1.

Personen, die Durchsuchungen und Zugangskontrollen oder andere Sicherheitskontrollen durchführen oder für die Durchführung dieser Aufgaben verantwortlich sind, müssen so rekrutiert, geschult und gegebenenfalls zertifiziert werden, dass sichergestellt ist, dass sie für eine Einstellung geeignet und für die Durchführung der ihnen zugewiesenen Aufgaben qualifiziert sind.

2.

Andere Personen als Fluggäste, die Zugang zu Sicherheitsbereichen benötigen, müssen vor der Ausstellung eines Flughafenausweises oder eines Besatzungsausweises eine Sicherheitsschulung erhalten.

3.

Die in den Nummern 1 und 2 genannte Schulung erfolgt in Form einer Erstunterweisung sowie als Auffrischungsschulung.

4.

Ausbilder für die in den Nummern 1 und 2 genannte Schulung von Personal müssen über entsprechende Qualifikationen verfügen.

12.   SICHERHEITSAUSRÜSTUNG

Die Ausrüstung für Durchsuchungen, Zugangskontrollen und andere Sicherheitskontrollen muss für die Durchführung der betreffenden Sicherheitskontrollen geeignet sein.


BEGRÜNDUNG DES RATES

I.   EINLEITUNG

Die Kommission hat im September 2005 einen Vorschlag für eine Ratsverordnung vorgelegt, durch die die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (1) ersetzt werden soll. Die genannte Verordnung, die seinerzeit in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten ausgearbeitet und verabschiedet wurde, ist seit Januar 2003 in Kraft. Da ihre Anwendung eine Reihe von Problemen aufwirft, wird es für erforderlich gehalten, sie durch einen neuen Text zu ersetzen.

Das Europäische Parlament hat am 15. Juni 2006 seine Stellungnahme in erster Lesung angenommen, die 85 Abänderungen enthält.

Der Rat hat sorgfältig geprüft, ob in erster Lesung eine Einigung mit dem Europäischen Parlament über den Wortlaut des Verordnungsentwurfs erzielt werden kann. Informelle Kontakte mit Vertretern des Europäischen Parlaments haben jedoch gezeigt, dass die Frage der Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen noch eingehender untersucht werden muss, damit ein für alle Seiten akzeptabler Text zustande kommt. Der Rat hat deshalb beschlossen, einen Gemeinsamen Standpunkt festzulegen, bei dem die vom Europäischen Parlament in erster Lesung vorgeschlagenen Abänderungen so weit wie möglich berücksichtigt werden, und sich in einem späteren Stadium um eine Einigung mit dem Europäischen Parlament zu bemühen.

Nach Überarbeitung des gesamten Textes durch die Rechts- und Sprachsachverständigen hat der Rat seinen Gemeinsamen Standpunkt am 11. Dezember 2006 festgelegt. Dabei hat der Rat die vom Europäischen Parlament in erster Lesung verabschiedete Stellungnahme gebührend zur Kenntnis genommen und 46 Abänderungen akzeptiert.

Ferner hat der Rat die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Kenntnis genommen.

II.   ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS

Der Rat konnte dem Kommissionsvorschlag in seinen Grundzügen zustimmen. In einigen Punkten beschloss der Rat indes, den Text zu ändern, in der Regel, um ihn klarer, einfacher und verständlicher zu fassen.

Die wichtigsten Änderungen, die der Rat am Kommissionsvorschlag vorgenommen hat, betreffen die beiden folgenden Bereiche:

Erstens hat der Rat beim Ausschussverfahren die neuen, vom Rat im Juli 2006 verabschiedeten Vorschriften (2) berücksichtigt. So ist nun in Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 9 Absatz 2 das mit diesen Vorschriften neu eingeführte Regelungsverfahren mit Kontrolle vorgesehen, das dem Europäischen Parlament weitergehende Befugnisse einräumt. Artikel 4 Absatz 3 betrifft die Kriterien für die Bedingungen, unter denen die Mitgliedstaaten von den allgemeinen Grundnormen für kleine Flughäfen und kleine Flugzeuge abweichen können. In Artikel 9 Absatz 2 wird näher angegeben, welche Normen die nationalen Qualitätssicherungsprogramme der Mitgliedstaaten zu erfüllen haben.

Zweitens erlaubt Artikel 5 Absatz 2 den Mitgliedstaaten, strengere einzelstaatliche Maßnahmen anzuwenden als in der Verordnung vorgesehen. In Anbetracht der Tragweite der Problemstellungen und der Bedeutung der verschiedenen Sicherheitsrisiken sowie angesichts der sich rasch verändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit diesen Bedrohungen war der Rat der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten über ausreichenden Spielraum verfügen sollten, um zusätzliche oder besondere Maßnahmen zu treffen, soweit sie dies für erforderlich erachten. Für diese Maßnahmen sollte nach Ansicht des Rates auf Gemeinschaftsebene nicht eigens eine Begründung verlangt werden.

Was die vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Abänderungen anbelangt, so konnte der Rat den folgenden 46 Abänderungen vollständig oder teilweise zustimmen:

2, 4, 5, 7, 8, 11, 12, 15, 17, 18, 20, 21, 23-30, 33, 34, 37, 40, 45-49, 51, 53-58, 65-68, 73, 77-79, 82 und 84.

Eine Reihe anderer Abänderungen konnte der Rat hingegen nicht akzeptieren. Dies gilt vor allem für die Abänderungen 3, 35, 43 und 44 über die Finanzierung der Sicherheitsvorkehrungen im Rahmen dieser Verordnung. Nach Auffassung des Rates sind Finanzierungsanforderungen oder -verpflichtungen in einer technischen Verordnung wie der vorliegenden fehl am Platz. Entsprechend dem Subsidiaritätsgrundsatz müssen diese Fragen auf einzelstaatlicher Ebene geregelt werden.

Einige andere Abänderungen wurden nicht bzw. nicht vollständig akzeptiert, weil mit ihnen der Anwendungsbereich der Verordnung über die mit ihr verfolgten Sicherheitsziele hinaus ausgedehnt würde. Dies gilt insbesondere für die Abänderungen 6, 9, 19, 36, 45, 57, 80 und 85. Die Abänderungen 1, 10, 13, 14, 16, 18, 22, 31, 32, 33, 50, 52, 60, 63, 72 und 74 wurden vollständig bzw. teilweise abgelehnt, da sie in Widerspruch zu anderen Teilen des Verordnungsentwurf stehen, dem Text inhaltlich nichts Neues hinzufügen oder nicht mit der anerkannten Terminologie für den Bereich der Luftfahrtssicherheit übereinstimmen. Die Abänderungen 20, 21, 38, 39, 41, 42, 59, 61, 62, 64, 69, 70, 71, 75, 76 und 83 schließlich wurden vollständig bzw. teilweise abgelehnt, da sie nach Ansicht des Rates entweder für eine Verordnung dieser Art zu sehr ins Detail gehen, mit den institutionellen Vorkehrungen der Gemeinschaft nicht vereinbar sind oder Bestimmungen enthalten, die weder für die Mitgliedstaaten noch für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer in der Praxis umsetzbar wären.

III.   FAZIT

Nach Ansicht des Rates ist sein Gemeinsamer Standpunkt sowohl angemessen als auch ausgewogen und spiegelt die Ziele wider, auf die die meisten vom Parlament vorgeschlagenen Abänderungen abstellen.

Der Rat möchte hervorheben, welch große Anstrengungen unternommen wurden, um zu einer frühzeitigen Einigung über diese Verordnung zu gelangen, und vertraut darauf, dass der Gemeinsame Standpunkt eine baldige Annahme dieses Rechtsakts ermöglichen wird.


(1)  ABl. L 355 vom 30.12.2002, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 849/2004 (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 1. Berichtigung im ABl. L 229 vom 29.6.2004, S. 3).

(2)  ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11.