|
ISSN 1725-2407 |
||
|
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 289E |
|
|
||
|
Ausgabe in deutscher Sprache |
Mitteilungen und Bekanntmachungen |
49. Jahrgang |
|
Informationsnummer |
Inhalt |
Seite |
|
|
I Mitteilungen |
|
|
|
Rat |
|
|
2006/C 289E/1 |
||
|
2006/C 289E/2 |
||
|
2006/C 289E/3 |
||
|
2006/C 289E/4 |
||
|
DE |
|
I Mitteilungen
Rat
|
28.11.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CE 289/1 |
GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 19/2006
vom Rat festgelegt am 24. Juli 2006
im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr
(2006/C 289 E/01)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
|
(1) |
Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es wichtig, die Nutzerrechte der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu schützen und die Qualität und Effektivität der grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdienste zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, um dazu beizutragen, den Verkehrsanteil der Eisenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern zu erhöhen. |
|
(2) |
In der Mitteilung der Kommission „Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006“ (4) ist das Ziel festgelegt, gemäß Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags ein hohes Verbraucherschutzniveau im Bereich des Verkehrs zu erreichen. |
|
(3) |
Da der Fahrgast die schwächere Partei eines Beförderungsvertrags ist, sollten seine Rechte in dieser Hinsicht geschützt werden. |
|
(4) |
Zu den Rechten der Nutzer von Eisenbahnverkehrsdiensten gehört das Erhalten von Informationen über den Verkehrsdienst sowohl vor als auch während der Fahrt. Wann immer möglich sollten Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer diese Informationen im Voraus und so schnell wie möglich bereitstellen. |
|
(5) |
Ausführlichere Anforderungen für die Bereitstellung von Reiseinformationen werden in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) nach der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen Eisenbahnsystems (5) festgelegt. |
|
(6) |
Bei der Stärkung der Rechte der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollte das bereits bestehende einschlägige internationale Regelwerk im Anhang A — Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 3. Juni 1999 (Protokoll 1999) — zugrunde gelegt werden. |
|
(7) |
Die Eisenbahnunternehmen sollten zusammenarbeiten, um den Fahrgästen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr das Umsteigen zwischen Betreibern dadurch zu erleichtern, dass — wann immer möglich — Durchgangsfahrkarten angeboten werden. |
|
(8) |
Die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten für Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollte dadurch erleichtert werden, dass rechnergestützte Systeme an gemeinsamen Spezifikationen ausgerichtet werden. |
|
(9) |
Die Weiterentwicklung der Reiseinformations- und Buchungssysteme sollte nach den TSI erfolgen. |
|
(10) |
Grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste sollten den Bürgern allgemein zugute kommen. Daher sollten Personen mit eingeschränkter Mobilität unabhängig davon, ob die Ursache dafür eine Behinderung, das Alter oder andere Faktoren sind, Bahnreisemöglichkeiten haben, die denen anderer Bürger vergleichbar sind. Personen mit eingeschränkter Mobilität haben das gleiche Recht auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger. Unter anderem sollte besonders darauf geachtet werden, dass Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen über die Zugänglichkeit von Eisenbahnverkehrsdiensten, über die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen und über deren Ausstattung erhalten. Damit auch Fahrgäste mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung bestmöglich über Verspätungen unterrichtet werden, sollten zur Informationsübermittlung gegebenenfalls akustische und optische Systeme genutzt werden. Personen mit eingeschränkter Mobilität sollten die Möglichkeit haben, Fahrkarten im Zug ohne Aufschlag zu kaufen. |
|
(11) |
Eisenbahnunternehmen sollten die Pflicht haben, hinsichtlich ihrer Haftung gegenüber Fahrgästen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr bei Unfällen versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen zu treffen. Der Mindestversicherungsbetrag für Eisenbahnunternehmen sollte künftig überprüft werden. |
|
(12) |
Die Stärkung der Rechte auf Entschädigung und Hilfeleistung bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen im Rahmen von grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten sollte auf dem Markt für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste zu größeren Anreizen zum Nutzen der Fahrgäste führen. |
|
(13) |
Es ist wünschenswert, dass durch diese Verordnung ein System für die Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätungen geschaffen wird, das mit der Haftung des Eisenbahnunternehmens verknüpft ist und auf der gleichen Grundlage beruht wie das internationale System, das im Rahmen des COTIF, insbesondere in dessen Anhang betreffend die Fahrgastrechte (CIV), besteht. |
|
(14) |
Es ist auch wünschenswert, für Unfallopfer und ihre Angehörigen kurzfristige finanzielle Härten unmittelbar nach einem Unfall zu mildern. |
|
(15) |
Im Interesse der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollten im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten. |
|
(16) |
Die Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollten die Möglichkeit haben, hinsichtlich der durch diese Verordnung begründeten Rechte und Pflichten bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen oder Fahrkartenverkäufer eine Beschwerde einzureichen, auf die ihnen innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erteilt werden muss. |
|
(17) |
Die Eisenbahnunternehmen sollten Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste festlegen, anwenden und überwachen. |
|
(18) |
Der Inhalt dieser Verordnung sollte im Hinblick auf die inflationsbezogene Anpassung der darin genannten Beträge und die Anforderungen an die Informationsbereitstellung und die Qualität der Verkehrsdienste im Lichte der Marktentwicklungen ebenso überprüft werden wie im Lichte der Auswirkungen der Verordnung auf die Qualität der Verkehrsdienste. |
|
(19) |
Diese Verordnung sollte die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (6) unberührt lassen. |
|
(20) |
Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen, zu denen auch die Zahlung einer Entschädigung an die betreffende Person gehören könnte, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. |
|
(21) |
Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnen der Gemeinschaft und die Einführung von Fahrgastrechten im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr, auf Ebene der Mitgliedstaaten angesichts der erheblichen internationalen Dimension und der Notwendigkeit einer internationalen Koordinierung im grenzüberschreitenden Personenverkehr nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. |
|
(22) |
Diese Verordnung soll die grenzüberschreitende Integration in Gebieten fördern, in denen Bürger von zwei oder mehr benachbarten Staaten arbeiten und — zu einem großen Teil — in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Arbeitsplatzes wohnen. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, vorübergehend Ausnahmen für einzelne grenzüberschreitende Dienste zu gewähren. Bei diesen Diensten könnte es sich um Beförderungsleistungen handeln, die in Ballungsräumen oder Gebieten mit einer Ausdehnung auf Teile von zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder in Gebieten, bei denen ein erheblicher Teil des Verkehrsdienstes außerhalb der Gemeinschaft erfolgt oder bei denen ein kurzer Abschnitt der Strecke durch einen anderen Mitgliedstaat führt oder lediglich die Endhaltestelle in einem anderen Mitgliedstaat liegt, durchgeführt werden. |
|
(23) |
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (7) erlassen werden — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINES
Artikel 1
Gegenstand
Diese Verordnung enthält Vorschriften für
|
a) |
die von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellenden Informationen, den Abschluss von Beförderungsverträgen, die Ausgabe von Fahrkarten und die Umsetzung eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems für den Eisenbahnverkehr, |
|
b) |
die Haftung von Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck, |
|
c) |
die Pflichten von Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen bei Verspätungen, |
|
d) |
den Schutz von und Hilfeleistungen für Bahnreisende mit eingeschränkter Mobilität, |
|
e) |
die Festlegung und Überwachung von Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste, die Beherrschung von Risiken für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste und die Bearbeitung von Beschwerden, und |
|
f) |
allgemeine Durchsetzungsvorschriften. |
Artikel 2
Anwendungsbereich
1. Vorbehaltlich der Absätze 2, 3 und 4 gilt diese Verordnung gemeinschaftsweit für grenzüberschreitende Fahrten mit inländischen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (8) genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden.
2. Kapitel IV und Artikel 25 gelten nur für grenzüberschreitende Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten.
3. Kapitel V gilt auch für inländische Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten.
4. Ein Mitgliedstaat kann in transparenter und nichtdiskriminierender Weise vorübergehend eine auf höchstens fünf Jahre befristete aber verlängerbare Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf bestimmte grenzüberschreitende Verkehrsdienste oder grenzüberschreitende Fahrten gewähren, für die außergewöhnliche Umstände vorliegen, weil
|
a) |
der grenzüberschreitende Verkehrsdienst Verkehrsleistungen zur Deckung des Verkehrsbedarfs eines Ballungsraums oder eines Gebiets mit einer Ausdehnung auf Teile von zwei oder mehr Mitgliedstaaten erbringt, oder |
|
b) |
ein erheblicher Teil des grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, der mindestens einen planmäßigen Bahnhofshalt umfasst, außerhalb der Gemeinschaft betrieben wird, oder |
|
c) |
der grenzüberschreitende Verkehrsdienst in ein und demselben Mitgliedstaat beginnt und endet und dabei einen anderen Mitgliedstaat auf einer Strecke von weniger als 100 km durchquert, wobei es unerheblich ist, ob in dem anderen Mitgliedstaat in kommerzieller Absicht Haltepunkte angefahren werden oder nicht, oder |
|
d) |
der grenzüberschreitende Verkehrsdienst die Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet und am grenznächsten Bahnhof endet. |
Die Mitgliedstaaten melden der Kommission solche Ausnahmen. Die Kommission stellt fest, ob eine Ausnahme diesem Artikel entspricht.
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
|
1. |
„Eisenbahnunternehmen“ ein Eisenbahnunternehmen im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2001/14/EG (9) sowie jedes öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen; |
|
2. |
„Beförderer“ das vertragliche Eisenbahnunternehmen, mit dem der Fahrgast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, oder eine Reihe aufeinander folgender Eisenbahnunternehmen, die auf der Grundlage dieses Vertrages haften; |
|
3. |
„ausführender Beförderer“ ein Eisenbahnunternehmen, das mit dem Fahrgast den Beförderungsvertrag nicht geschlossen hat, dem aber das vertragliche Eisenbahnunternehmen die Durchführung der Beförderung auf der Schiene ganz oder teilweise übertragen hat; |
|
4. |
„Betreiber der Infrastruktur“ jede Einrichtung oder jedes Unternehmen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG (10), die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn oder Teilen davon zuständig ist; dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur einschließen; mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden; |
|
5. |
„Bahnhofsbetreiber“ eine Stelle in einem Mitgliedstaat, der die Verantwortung für die Leitung eines Bahnhofes übertragen wurde und bei der es sich um den Betreiber der Infrastruktur handeln kann; |
|
6. |
„Reiseveranstalter“ einen Veranstalter oder Vermittler, der kein Eisenbahnunternehmen ist, im Sinne des Artikels 2 Nummern 2 und 3 der Richtlinie 90/314/EWG (11); |
|
7. |
„Fahrkartenverkäufer“ jeden Vermittler von Eisenbahnverkehrsdiensten, der für ein Eisenbahnunternehmen oder für eigene Rechnung Beförderungsverträge schließt und Fahrkarten verkauft |
|
8. |
„Beförderungsvertrag“ einen Vertrag über die entgeltliche oder unentgeltliche Beförderung zwischen einem Eisenbahnunternehmen oder einem Fahrkartenverkäufer und dem Fahrgast über die Durchführung einer oder mehrerer Beförderungsleistungen; |
|
9. |
„Buchung“ eine in Papierform oder elektronisch erteilte Beförderungsberechtigung aufgrund einer zuvor bestätigten personenbezogenen Beförderungsvereinbarung; |
|
10. |
„Durchgangsfahrkarte“ eine oder mehrere Fahrkarten, die einen Beförderungsvertrag für aufeinander folgende Eisenbahnverkehrsdienste belegen, der durch ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen geschlossen wurde; |
|
11. |
„grenzüberschreitende Fahrt“ eine Personenbeförderung mit der Eisenbahn zwischen zwei Mitgliedstaaten aufgrund eines einzigen Beförderungsvertrags, bei der ein Fahrgast zwischen dem Ausgangsort und dem Zielort mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet und im Rahmen desselben Vertrags mit mindestens einem grenzüberschreitenden Verkehrsdienst reist. Je nachdem, welcher Ausgangsort und welcher Zielort im Beförderungsvertrag genannt sind, kann der Fahrgast auch mit einem oder mehreren inländischen Verkehrsdiensten reisen; |
|
12. |
„inländische Fahrt“ eine Personenbeförderung mit der Eisenbahn aufgrund eines einzigen Beförderungsvertrags, bei der der Fahrgast keine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet; |
|
13. |
„grenzüberschreitender Verkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der in der Gemeinschaft beginnt und endet und mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet; |
|
14. |
„inländischer Verkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der keine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet; |
|
15. |
„Verspätung“ die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft; |
|
16. |
„rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr“ ein rechnergestütztes System, das Informationen über alle von Eisenbahnunternehmen angebotenen Eisenbahnverkehrsdienste enthält; zu den im System gespeicherten Informationen über Personenverkehrsdienste gehören
|
|
17. |
„Person mit eingeschränkter Mobilität“ eine Person, deren Mobilität bei der Benutzung von Beförderungsmitteln wegen einer körperlichen (sensorischen oder motorischen, dauerhaften oder zeitweiligen) Behinderung, einer geistigen Behinderung oder Beeinträchtigung, wegen anderer Behinderungen oder aufgrund des Alters eingeschränkt ist und deren Zustand angemessene Unterstützung und eine Anpassung der für alle Fahrgäste bereitgestellten Dienstleistungen an die besonderen Bedürfnisse dieser Person erfordert; |
|
18. |
„Allgemeine Beförderungsbedingungen“ die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Tarifen in jedem Mitgliedstaat rechtsgültigen Bedingungen des Beförderers, die mit Abschluss des Beförderungsvertrages dessen Bestandteil geworden sind; |
|
19. |
„Fahrzeug“ Kraftfahrzeuge oder Anhänger, die aus Anlass einer Personenbeförderung befördert werden. |
KAPITEL II
BEFÖRDERUNGSVERTRAG, INFORMATIONEN UND FAHRKARTEN
Artikel 4
Beförderungsvertrag
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels unterliegen der Abschluss und die Ausführung eines Beförderungsvertrags sowie die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten den Bestimmungen in Anhang I Titel II und III.
Artikel 5
Ausschluss des Rechtsverzichts und der Rechtsbeschränkung
1. Die Verpflichtungen gegenüber Fahrgästen gemäß dieser Verordnung dürfen — insbesondere durch abweichende oder einschränkende Bestimmungen im Beförderungsvertrag — nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
2. Die Eisenbahnunternehmen können Vertragsbedingungen anbieten, die für den Fahrgast günstiger sind als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen.
Artikel 6
Informationspflicht betreffend die Einstellung grenzüberschreitender Verkehrsdienste
Wenn die Eisenbahnunternehmen die Einstellung grenzüberschreitender Verkehrsdienste beschließen, veröffentlichen sie derartige Beschlüsse auf angemessenem Wege vor deren Umsetzung.
Artikel 7
Reiseinformationen
1. Unbeschadet des Artikels 9 erteilen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer, die für ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen Beförderungsverträge anbieten, dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in Anhang II Teil I genannten Informationen zu den grenzüberschreitenden Fahrten, für die das betreffende Eisenbahnunternehmen einen Beförderungsvertrag anbietet. Fahrkartenverkäufer, die für eigene Rechnung Beförderungsverträge anbieten, und Reiseveranstalter erteilen diese Informationen, soweit sie verfügbar sind.
2. Die Eisenbahnunternehmen erteilen dem Fahrgast während der grenzüberschreitenden Fahrt mindestens die in Anhang II Teil II genannten Informationen.
3. Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2 sind in der am besten geeigneten Form zu erteilen.
Artikel 8
Verfügbarkeit von Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen
1. Die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer bieten, soweit verfügbar, Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an. Unbeschadet des Absatzes 2 bieten die Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast über mindestens einen der folgenden Verkaufswege Fahrkarten an:
|
a) |
an Fahrkartenschaltern oder Fahrkartenautomaten, |
|
b) |
über das Telefon/Internet oder jede andere in weitem Umfang verfügbare Informationstechnik, |
|
c) |
in den Zügen. |
2. Die Eisenbahnunternehmen bieten die Möglichkeit an, Fahrkarten für den jeweiligen Verkehrsdienst im Zug zu erhalten, sofern dies nicht aus Gründen der Sicherheit, der Betrugsbekämpfung, der Reservierungspflicht oder aus vertretbaren kommerziellen Gründen eingeschränkt oder verwehrt wird.
Artikel 9
Reiseinformations- und Buchungssysteme
1. Zur Erteilung von Informationen und zur Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung nutzen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr, das nach den in diesem Artikel genannten Verfahren eingerichtet wird.
2. Die Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG werden für die Zwecke dieser Verordnung angewendet.
3. Die Kommission erlässt bis … (12) auf Vorschlag der Europäischen Eisenbahnagentur die TSI zu den Telematikanwendungen für Fahrgäste. Diese TSI ermöglichen die Erteilung der in Anhang II genannten Informationen und die Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung.
4. Die Eisenbahnunternehmen passen ihr rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr gemäß den in den TSI dargelegten Erfordernissen entsprechend einem in den TSI enthaltenen Einführungsplan an.
5. Vorbehaltlich der Richtlinie 95/46/EG dürfen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer keine personenbezogenen Informationen über Einzelbuchungen an andere Eisenbahnunternehmen und/oder Fahrkartenverkäufer weitergeben.
KAPITEL III
HAFTUNG VON EISENBAHNUNTERNEHMEN FÜR FAHRGÄSTE UND DEREN GEPÄCK
Artikel 10
Haftung für Fahrgäste und Gepäck
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung von Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und deren Gepäck in Anhang I Titel IV Kapitel I, III und IV sowie Titel VI und Titel VII geregelt.
Artikel 11
Versicherung
1. Die in Artikel 9 der Richtlinie 95/18/EG festgelegte Pflicht bezüglich der Haftung für Fahrgäste ist als Pflicht eines Eisenbahnunternehmens zu verstehen, ausreichend versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen getroffen zu haben, um seine Haftung aufgrund dieser Verordnung zu decken.
2. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis … (12) einen Bericht über die Festsetzung eines Mindestversicherungsbetrags für Eisenbahnunternehmen vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls geeignete Vorschläge oder Empfehlungen beigefügt.
Artikel 12
Vorschuss
1. Wird ein Fahrgast getötet oder verletzt, so zahlt das Eisenbahnunternehmen unverzüglich, spätestens jedoch fünfzehn Tage nach der Feststellung der Identität der entschädigungsberechtigten natürlichen Person einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse, und zwar im Verhältnis zur Schwere des erlittenen Schadens.
2. Unbeschadet des Absatzes 1 beläuft sich dieser Vorschuss im Todesfall auf einen Betrag von mindestens 21 000 EUR je Fahrgast.
3. Der Vorschuss stellt keine Haftungsanerkennung dar und kann mit den eventuell später auf der Grundlage dieser Verordnung gezahlten Beträgen verrechnet werden; er kann jedoch nur in den Fällen, in denen der Schaden durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Fahrgasts verursacht wurde, oder in denen die Person, die den Vorschuss erhalten hat, keinen Entschädigungsanspruch hatte, zurückgefordert werden.
KAPITEL IV
VERSPÄTUNGEN, VERPASSTE ANSCHLÜSSE UND ZUGAUSFÄLLE
Artikel 13
Haftung für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung der Eisenbahnunternehmen für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle in Anhang I Titel IV Kapitel II geregelt.
Artikel 14
Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung
Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen
|
a) |
der Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, die nicht durchgeführt wurden, und für den Teil oder die Teile, die bereits durchgeführt wurden, wenn die grenzüberschreitende Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit. Die Erstattung erfolgt unter denselben Bedingungen wie die Entschädigung nach Artikel 15; oder |
|
b) |
der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder |
|
c) |
der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts. |
Artikel 15
Fahrpreisentschädigung
1. Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, kann ein Fahrgast bei Verspätungen vom Eisenbahnunternehmen eine Fahrpreisentschädigung verlangen, wenn er eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 14 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt
|
a) |
25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 Minuten bis 119 Minuten; |
|
b) |
50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten. |
Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. In gleicher Weise wird der Preis für eine mit Verspätung erbrachte Leistung, die im Rahmen eines sonstigen Beförderungsvertrags mit mehreren Teilstrecken angeboten wird, anteilig zum vollen Preis berechnet.
Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats eingetreten sind, werden bei der Berechnung der Verspätungsdauer nicht berücksichtigt.
2. Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von vierzehn Tagen nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen, sofern die daran geknüpften Bedingungen (insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts) flexibel sind. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags, wenn Gutscheine und/oder andere Leistungen für ihn wertlos sind.
3. Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens vier EUR betragen.
4. Der Fahrgast hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über eine bestehende Verspätung informiert wurde, oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise mit einem anderen Verkehrsdienst oder mit geänderter Streckenführung weniger als 60 Minuten beträgt.
Artikel 16
Hilfeleistung
1. Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber unverzüglich nach Bekanntwerden der Verspätung über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten.
2. Bei einer Verspätung nach Absatz 1 von mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen Folgendes kostenlos anzubieten:
|
a) |
Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern im Zug oder im Bahnhof verfügbar; |
|
b) |
die Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft und die Beförderung zwischen dem Bahnhof und der Unterkunft in Fällen, in denen ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig wird oder ein zusätzlicher Aufenthalt notwendig wird, sofern dies praktisch durchführbar ist; |
|
c) |
ist der Zug auf der Strecke blockiert, die Beförderung vom Zug zum Bahnhof, zu einem alternativen Abfahrtsort oder zum Zielort des Verkehrsdienstes, sofern dies praktisch durchführbar ist. |
3. Besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes mehr, so organisiert das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst für die Fahrgäste.
4. Die Eisenbahnunternehmen haben auf Anfrage des Fahrgasts auf der Fahrkarte im jeweiligen Fall zu bestätigen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist.
5. Bei der Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 richten die Eisenbahnunternehmen besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität und etwaigen Begleitpersonen.
KAPITEL V
PERSONEN MIT EINGESCHRÄNKTER MOBILITÄT
Artikel 17
Informationsweitergabe an Personen mit eingeschränkter Mobilität
1. Auf Anfrage informieren die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkartenverkäufer oder die Reiseveranstalter über die Zugänglichkeit der Eisenbahnverkehrsdienste für Personen mit eingeschränkter Mobilität, die Bedingungen für den Zugang zu den Wagen und über deren Ausstattung.
2. Die Eisenbahnunternehmen stellen nichtdiskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität auf, um den geltenden gesetzlich festgelegten Sicherheitsanforderungen nachzukommen. Auf Anfrage stellen die Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter diese Regeln unverzüglich zur Verfügung.
Artikel 18
Anspruch auf Beförderung
1. Ein Eisenbahnunternehmen, ein Fahrkartenverkäufer oder ein Reiseveranstalter darf sich nicht aus Gründen der eingeschränkten Mobilität des Fahrgasts weigern, eine Buchung zu akzeptieren oder eine Fahrkarte auszustellen. Buchungen und Fahrkarten werden für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten.
2. Ungeachtet des Absatzes 1 darf ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter sich gemäß den Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 weigern, eine Buchung einer Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird.
3. Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Absatz 2 Gebrauch, so informiert es/er die betroffene Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe.
Artikel 19
Hilfeleistung an Bahnhöfen
1. Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 hat der Bahnhofsbetreiber bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft einer Person mit eingeschränkter Mobilität in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof für kostenlose Hilfeleistung in einer Weise zu sorgen, dass die Person in den abfahrenden Verkehrsdienst einsteigen, zum Anschlussverkehrsdienst umsteigen und aus dem ankommenden Verkehrsdienst aussteigen kann, für den sie eine Fahrkarte erworben hat. Für die Zwecke dieses Artikels gilt ein Bahnhof als nicht mit Personal ausgestattet, wenn die Pflichten des Dienst habenden Personals in Bezug auf Sicherheitsaufgaben, Fahrkartenverkauf oder Schutz der Einnahmen dieses zwingend davon abhalten, solche Hilfeleistungen auszuführen.
2. Die Mitgliedstaaten können für Personen, die einen Verkehrsdienst nutzen, der Gegenstand eines gemeinwirtschaftlichen Vertrags im Sinne des geltenden Gemeinschaftsrechts ist, eine Ausnahme von Absatz 1 vorsehen, sofern die zuständige Behörde alternative Einrichtungen geschaffen oder Regelungen getroffen hat, die eine gleichwertige oder bessere Zugangsmöglichkeit zu den Beförderungsdiensten sicherstellen.
Artikel 20
Hilfeleistung im Zug
Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 hat ein Eisenbahnunternehmen einer Person mit eingeschränkter Mobilität im Zug und während des Ein- und Aussteigens kostenlos Hilfe zu leisten.
Für die Zwecke dieses Artikels gilt als Hilfeleistung im Zug die Hilfe, die einer Person mit eingeschränkter Mobilität geleistet wird, damit diese im Zug Zugang zu denselben Diensten hat wie die anderen Fahrgäste, wenn die Person aufgrund der Einschränkung ihrer Mobilität nicht in der Lage ist, diese Dienste ohne fremde Hilfe und gefahrlos in Anspruch zu nehmen.
Artikel 21
Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen
Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten nach Maßgabe der Artikel 19 und 20 und der nachstehenden Buchstaben bei der Hilfeleistung für Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammen:
|
a) |
Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfsbedarf einer Person dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber oder dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wurde. Im Falle einer Mehrfahrtenkarte ist eine einzige Meldung ausreichend, sofern geeignete Informationen über den Zeitplan für die späteren Fahrten vorgelegt werden. |
|
b) |
Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um Meldungen des Hilfsbedarfs entgegennehmen zu können. |
|
c) |
Ist keine Meldung nach Buchstabe a erfolgt, so bemühen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann. |
|
d) |
Unbeschadet der Zuständigkeiten anderer Einrichtungen für Bereiche, die außerhalb des Bahnhofsgeländes liegen, legt der Bahnhofsbetreiber Punkte innerhalb und außerhalb des Bahnhofs fest, an denen Personen mit eingeschränkter Mobilität ihre Ankunft am Bahnhof melden und gegebenenfalls Hilfe anfordern können. |
|
e) |
Eine Hilfeleistung wird dann erbracht, wenn die betreffende Person sich an dem festgelegten Punkt einfindet, und zwar
|
Artikel 22
Entschädigung für Mobilitätshilfen oder sonstige spezielle Ausrüstungen
Haftet das Eisenbahnunternehmen für den vollständigen oder teilweisen Verlust oder die Beschädigung einer Mobilitätshilfe oder einer sonstigen speziellen Ausrüstung, die von einer Person mit eingeschränkter Mobilität verwendet wird, so gilt keine Haftungsobergrenze.
KAPITEL VI
SICHERHEIT, BESCHWERDEN UND QUALITÄT DES VERKEHRSDIENSTES
Artikel 23
Persönliche Sicherheit der Fahrgäste
Im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen ergreifen das Eisenbahnunternehmen, der Betreiber der Infrastruktur und der Bahnhofsbetreiber in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geeignete Maßnahmen, um die persönliche Sicherheit des Fahrgasts in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten und Risikomanagement zu betreiben, und passen diese Maßnahmen an das von den staatlichen Stellen festgelegte Sicherheitsniveau an. Sie arbeiten zusammen und tauschen Informationen über vorbildliche Verfahren zur Verhinderung von Handlungen aus, die das Sicherheitsniveau beeinträchtigen können.
Artikel 24
Beschwerden
1. Die Eisenbahnunternehmen richten ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung im Zusammenhang mit den in dieser Verordnung festgelegten Rechten und Pflichten ein. Hierbei arbeiten sie mit dem Fahrkartenverkäufer zusammen. Sie machen den Fahrgästen in weitem Umfang bekannt, wie diese mit der Beschwerdestelle in Verbindung treten können und welche Sprachen ihre Arbeitssprachen sind.
2. Der Fahrgast kann seine Beschwerde bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen oder Fahrkartenverkäufer einreichen. Der Adressat der Beschwerde gibt innerhalb von 20 Tagen eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt — in begründeten Fällen — dem Fahrgast mit, wann innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag, an dem die Beschwerde vorgebracht wurde, mit einer Antwort zu rechnen ist.
3. Das Eisenbahnunternehmen veröffentlicht in seinem in Artikel 25 genannten jährlichen Geschäftsbericht die Zahl und die Art der eingegangenen und der bearbeiteten Beschwerden, die Beantwortungsdauer und durchgeführte Abhilfemaßnahmen.
Artikel 25
Qualitätsstandards
1. Die Eisenbahnunternehmen legen Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste fest und wenden ein Qualitätsmanagementsystem zur Aufrechterhaltung der Qualität der Dienste an. Die Qualitätsstandards decken mindestens die in Anhang III aufgeführten Bereiche ab.
2. Die Eisenbahnunternehmen überwachen die eigene Leistung anhand der Qualitätsstandards. Die Eisenbahnunternehmen veröffentlichen jedes Jahr zusammen mit ihrem jährlichen Geschäftsbericht einen Bericht über die erreichte Qualität der Dienste. Die Ergebnisse sind auch auf den Internetseiten der Eisenbahnunternehmen zu veröffentlichen.
KAPITEL VII
DURCHSETZUNG
Artikel 26
Durchsetzung
1. Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere für die Durchsetzung dieser Verordnung zuständige Stellen. Jede dieser Stellen ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Fahrgäste gewahrt werden.
Jede Stelle ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung von den Betreibern der Infrastruktur, den Entgelt erhebenden Stellen, den Zuweisungsstellen und den Eisenbahnunternehmen unabhängig.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß diesem Absatz benannte Stelle oder benannten Stellen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten mit.
2. Jeder Fahrgast kann bei der geeigneten nach Absatz 1 benannten Stelle oder jeder anderen geeigneten von einem Mitgliedstaat benannten Stelle Beschwerde über einen mutmaßlichen Verstoß gegen diese Verordnung einreichen.
Artikel 27
Zusammenarbeit der Durchsetzungsstellen
Die in Artikel 26 genannten Durchsetzungsstellen tauschen Informationen über ihre Arbeit und Entscheidungsgrundsätze und -praktiken aus, um die Entscheidungsgrundsätze gemeinschaftsweit zu koordinieren. Die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe.
KAPITEL VIII
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 28
Sanktionen
Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis … (13) mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.
Artikel 29
Anhänge
Änderungen der Anhänge, mit Ausnahme des Anhangs I, erfolgen nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren.
Artikel 30
Änderungsbestimmungen
1. Die zur Durchführung der Artikel 2, 9 und 11 erforderlichen Maßnahmen werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren erlassen.
2. Die in dieser Verordnung genannten Beträge, mit Ausnahme der Beträge in Anhang I, werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren inflationsbezogen angepasst.
Artikel 31
Ausschussverfahren
1. Die Kommission wird von dem in Artikel 11a der Richtlinie 91/440/EWG eingesetzten Ausschuss unterstützt.
2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.
Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.
3. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel 32
Berichterstattung
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis … (14) über die Durchführung der Verordnung und deren Ergebnis, insbesondere bezüglich des Qualitätsniveaus der Dienste, Bericht.
Dem Bericht werden die gemäß dieser Verordnung sowie gemäß Artikel 10b der Richtlinie 91/440/EWG erteilten Informationen zugrunde gelegt. Notwendigenfalls werden dem Bericht geeignete Vorschläge beigefügt.
Artikel 33
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt 18 Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
…
Im Namen des Rates
Der Präsident
…
(1) ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 8.
(2) ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28.9.2005 (ABl. …) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24.7.2006 (ABl. …) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom ... (ABl. ...) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(4) ABl. C 137 vom 8.6.2002, S. 2.
(5) ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1. Geändert durch die Richtlinie 2004/50/EG (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 114).
(6) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).
(7) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
(8) ABl. L 143 vom 27.6.1995, S. 70. Zuletzt geändert durch die Verordnung 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44).
(9) Richtlinie 2004/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG.
(10) Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 273 vom 24.8.1991, S. 25). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164).
(11) Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59).
(12) Ein Jahr nach Annahme dieser Verordnung.
(13) Sechs Monate nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung.
(14) Drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.
ANHANG I
AUSZUG AUS DEN EINHEITLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN FÜR DEN VERTRAG ÜBER DIE INTERNATIONALE EISENBAHNBEFÖRDERUNG VON PERSONEN UND GEPÄCK (CIV)
Anhang A
Zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr Vom 3. Juni 1999
TITEL II
ABSCHLUSS UND AUSFÜHRUNG DES BEFÖRDERUNGSVERTRAGES
Artikel 6
Beförderungsvertrag
1. Durch den Beförderungsvertrag wird der Beförderer verpflichtet, den Reisenden sowie gegebenenfalls Reisegepäck und Fahrzeuge zum Bestimmungsort zu befördern und das Reisegepäck und die Fahrzeuge am Bestimmungsort auszuliefern.
2. Der Beförderungsvertrag ist in einem oder mehreren Beförderungsausweisen festzuhalten, die dem Reisenden auszuhändigen sind. Unbeschadet des Artikels 9 berührt jedoch das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Beförderungsausweises weder den Bestand noch die Gültigkeit des Vertrages, der weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt.
3. Der Beförderungsausweis dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrages.
Artikel 7
Beförderungsausweis
1. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen bestimmen Form und Inhalt der Beförderungsausweise sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind.
2. In den Beförderungsausweis sind mindestens einzutragen:
|
a) |
der Beförderer oder die Beförderer; |
|
b) |
die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen; |
|
c) |
jede andere Angabe, die notwendig ist, Abschluss und Inhalt des Beförderungsvertrages zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus diesem Vertrag geltend zu machen. |
3. Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsausweises zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.
4. Der Beförderungsausweis ist übertragbar, wenn er nicht auf den Namen lautet und die Reise noch nicht angetreten ist.
5. Der Beförderungsausweis kann auch in elektronischen Datenaufzeichnungen bestehen, die in lesbare Schriftzeichen umwandelbar sind. Die zur Aufzeichnung und Verarbeitung der Daten verwendeten Verfahren müssen, insbesondere hinsichtlich der Beweiskraft des verkörperten Beförderungsausweises, funktional gleichwertig sein.
Artikel 8
Zahlung und Erstattung des Beförderungspreises
1. Soweit zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart ist, ist der Beförderungspreis im Voraus zu zahlen.
2. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen die Bedingungen fest, unter denen ein Beförderungspreis zu erstatten ist.
Artikel 9
Berechtigung zur Fahrt. Ausschluss von der Beförderung
1. Der Reisende muss vom Beginn der Reise an mit einem gültigen Beförderungsausweis versehen sein und ihn bei der Prüfung der Beförderungsausweise vorzeigen. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen,
|
a) |
dass ein Reisender, der keinen gültigen Beförderungsausweis vorzeigt, außer dem Beförderungspreis einen Zuschlag zu zahlen hat; |
|
b) |
dass ein Reisender, der die sofortige Zahlung des Beförderungspreises oder des Zuschlages verweigert, von der Beförderung ausgeschlossen werden kann; |
|
c) |
ob und unter welchen Bedingungen ein Zuschlag zu erstatten ist. |
2. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen, dass Reisende, die
|
a) |
eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Sicherheit der Mitreisenden darstellen, |
|
b) |
die Mitreisenden in unzumutbarer Weise belästigen, |
von der Beförderung ausgeschlossen sind oder unterwegs davon ausgeschlossen werden können, und dass diese Personen keinen Anspruch auf Erstattung des Beförderungspreises und der Gepäckfracht haben.
Artikel 10
Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften
Der Reisende hat die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen.
Artikel 11
Ausfall und Verspätung eines Zuges. Anschlussversäumnis
Der Beförderer hat gegebenenfalls den Ausfall des Zuges oder das Versäumnis des Anschlusses auf dem Beförderungsausweis zu bescheinigen.
TITEL III
BEFÖRDERUNG VON HANDGEPÄCK, TIEREN, REISEGEPÄCK UND FAHRZEUGEN
KAPITEL I
Gemeinsame Bestimmungen
Artikel 12
Zugelassene Gegenstände und Tiere
1. Der Reisende darf leicht tragbare Gegenstände (Handgepäck) und lebende Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Der Reisende darf darüber hinaus sperrige Gegenstände gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Gegenstände und Tiere, die andere Reisende behindern oder belästigen oder Schäden verursachen können, dürfen nicht mitgenommen werden.
2. Der Reisende kann Gegenstände und Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen als Reisegepäck aufgeben.
3. Der Beförderer kann aus Anlass einer Personenbeförderung Fahrzeuge gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zur Beförderung zulassen.
4. Die Beförderung gefährlicher Güter als Handgepäck, Reisegepäck sowie in oder auf Fahrzeugen, die gemäß diesem Titel auf der Schiene befördert werden, ist nur gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) zugelassen.
Artikel 13
Nachprüfung
1. Der Beförderer ist berechtigt, bei begründeter Vermutung einer Nichtbeachtung der Beförderungsbedingungen nachzuprüfen, ob die beförderten Gegenstände (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tiere den Beförderungsbedingungen entsprechen, wenn es die Gesetze und Vorschriften des Staates, in dem die Nachprüfung stattfinden soll, nicht verbieten. Der Reisende ist einzuladen, der Nachprüfung beizuwohnen. Erscheint er nicht oder ist er nicht zu erreichen, so hat der Beförderer zwei unabhängige Zeugen beizuziehen.
2. Wird festgestellt, dass die Beförderungsbedingungen nicht beachtet wurden, so kann der Beförderer vom Reisenden die Zahlung der Kosten der Nachprüfung verlangen.
Artikel 14
Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften
Bei der Beförderung von Gegenständen (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tieren aus Anlass seiner Beförderung hat der Reisende die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen. Er hat der Untersuchung dieser Gegenstände beizuwohnen, soweit die Gesetze und Vorschriften jedes Staates keine Ausnahme vorsehen.
KAPITEL II
Handgepäck und Tiere
Artikel 15
Beaufsichtigung
Das Handgepäck und mitgenommene Tiere sind vom Reisenden zu beaufsichtigen.
KAPITEL III
Reisegepäck
Artikel 16
Gepäckaufgabe
1. Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Reisegepäck sind in einem Gepäckschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist.
2. Unbeschadet des Artikels 22 berührt das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Gepäckscheins weder den Bestand noch die Gültigkeit der Vereinbarungen über die Beförderung des Reisegepäcks, die weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegen.
3. Der Gepäckschein dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die Aufgabe des Reisegepäcks und die Bedingungen seiner Beförderung.
4. Es wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das Reisegepäck bei der Übernahme durch den Beförderer äußerlich in gutem Zustande war und dass die Anzahl und die Masse der Gepäckstücke mit den Angaben im Gepäckschein übereinstimmten.
Artikel 17
Gepäckschein
1. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Gepäckscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.
2. In den Gepäckschein sind mindestens einzutragen:
|
a) |
der Beförderer oder die Beförderer; |
|
b) |
die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen; |
|
c) |
jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung des Reisegepäcks zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen. |
3. Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Gepäckscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.
Artikel 18
Abfertigung und Beförderung
1. Soweit die Allgemeinen Beförderungsbedingungen keine Ausnahme vorsehen, wird Reisegepäck nur gegen Vorzeigen eines mindestens bis zum Bestimmungsort des Reisegepäcks gültigen Beförderungsausweises abgefertigt. Im Übrigen erfolgt die Abfertigung des Reisegepäcks nach den am Aufgabeort geltenden Vorschriften.
2. Lassen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Annahme von Reisegepäck zur Beförderung ohne Vorzeigen eines Beförderungsausweises zu, so gelten hinsichtlich des Reisegepäcks die Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften über die Rechte und Pflichten des Reisenden sinngemäß für den Absender von Reisegepäck.
3. Der Beförderer kann das Reisegepäck mit einem anderen Zug oder mit einem anderen Beförderungsmittel und über einen anderen Weg befördern, als sie vom Reisenden benutzt werden.
Artikel 19
Zahlung der Gepäckfracht
Ist zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart, ist die Gepäckfracht bei der Aufgabe zu zahlen.
Artikel 20
Kennzeichnung des Reisegepäcks
Der Reisende hat auf jedem Gepäckstück, an gut sichtbarer Stelle, haltbar und deutlich anzugeben:
|
a) |
seinen Namen und seine Anschrift, |
|
b) |
den Bestimmungsort. |
Artikel 21
Verfügungsrecht über das Reisegepäck
1. Wenn es die Umstände gestatten und keine zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften entgegenstehen, kann der Reisende gegen Rückgabe des Gepäckscheins und, wenn es die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorsehen, gegen Vorzeigen des Beförderungsausweises die Rückgabe des Gepäcks am Aufgabeort verlangen.
2. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können andere Bestimmungen betreffend das Verfügungsrecht vorsehen, insbesondere die Änderung des Bestimmungsortes und allfällige damit zusammenhängende Kostenfolgen für den Reisenden.
Artikel 22
Auslieferung
1. Das Reisegepäck wird gegen Rückgabe des Gepäckscheins und gegen Zahlung der gegebenenfalls die Sendung belastenden Kosten ausgeliefert.
Der Beförderer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet nachzuprüfen, ob der Inhaber des Gepäckscheins berechtigt ist, das Reisegepäck in Empfang zu nehmen.
2. Der Auslieferung an den Inhaber des Gepäckscheins stehen gleich eine gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften erfolgte
|
a) |
Übergabe des Reisegepäcks an die Zoll- oder Steuerverwaltung in deren Abfertigungs- oder Lagerräumen, wenn diese nicht unter der Obhut des Beförderers stehen, |
|
b) |
Übergabe von lebenden Tieren an einen Dritten zur Verwahrung. |
3. Der Inhaber des Gepäckscheins kann am Bestimmungsort die Auslieferung des Reisegepäcks verlangen, sobald die vereinbarte und die gegebenenfalls zur Abfertigung durch die Zoll- oder sonstigen Verwaltungsbehörden erforderliche Zeit abgelaufen ist.
4. Wird der Gepäckschein nicht zurückgegeben, so braucht der Beförderer das Reisegepäck nur demjenigen auszuliefern, der seine Berechtigung nachweist; bei unzureichendem Nachweis kann der Beförderer eine Sicherheitsleistung verlangen.
5. Das Reisegepäck ist an dem Bestimmungsort auszuliefern, nach dem es abgefertigt worden ist.
6. Der Inhaber des Gepäckscheins, dem das Reisegepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, dass ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde bescheinigt werden, zu denen er die Auslieferung gemäß Absatz 3 verlangt hat.
7. Leistet der Beförderer dem Verlangen des Berechtigten, das Reisegepäck in seiner Gegenwart nachzuprüfen, um einen von ihm behaupteten Schaden festzustellen, nicht Folge, so kann der Berechtigte die Annahme des Reisegepäcks verweigern.
8. Im Übrigen erfolgt die Auslieferung des Reisegepäcks gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften.
KAPITEL IV
Fahrzeuge
Artikel 23
Beförderungsbedingungen
Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen insbesondere die Bedingungen für die Annahme zur Beförderung, die Abfertigung, das Verladen und die Beförderung, das Entladen und die Auslieferung sowie die Verpflichtungen des Reisenden fest.
Artikel 24
Beförderungsschein
1. Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Fahrzeugen sind in einem Beförderungsschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist. Der Beförderungsschein kann Teil des Beförderungsausweises des Reisenden sein.
2. Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Beförderungsscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.
3. In den Beförderungsschein sind mindestens einzutragen:
|
a) |
der Beförderer oder die Beförderer; |
|
b) |
die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen; |
|
c) |
jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung der Fahrzeuge zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen. |
4. Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.
Artikel 25
Anwendbares Recht
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Kapitels III über die Beförderung von Reisegepäck.
TITEL IV
HAFTUNG DES BEFÖRDERERS
KAPITEL I
Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden
Artikel 26
Haftungsgrund
1. Der Beförderer haftet für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende durch einen Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in den Eisenbahnwagen oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, verletzt oder sonst in seiner körperlichen oder in seiner geistigen Gesundheit beeinträchtigt wird, unabhängig davon, welche Eisenbahninfrastruktur benutzt wird.
2. Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit,
|
a) |
wenn der Unfall durch außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände verursacht worden ist und der Beförderer diese Umstände trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen nicht abwenden konnte; |
|
b) |
soweit der Unfall auf ein Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist; |
|
c) |
wenn der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist und der Beförderer dieses Verhalten trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt. |
3. Ist der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen und ist der Beförderer gleichwohl von seiner Haftung nicht gemäß Absatz 2 Buchst. c ganz befreit, so haftet er unter den Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften voll, unbeschadet eines etwaigen Rückgriffsrechtes gegen den Dritten.
4. Eine etwaige Haftung des Beförderers in den in Absatz 1 nicht vorgesehenen Fällen wird durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften nicht berührt.
5. Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von aufeinander folgenden Beförderern ausgeführt, so haftet bei Tötung und Verletzung von Reisenden derjenige Beförderer, der die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, gemäß Beförderungsvertrag zu erbringen hatte. Wurde diese Beförderungsleistung nicht vom Beförderer, sondern von einem ausführenden Beförderer erbracht, haften beide als Gesamtschuldner nach diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.
Artikel 27
Schadenersatz bei Tötung
1. Bei Tötung des Reisenden umfasst der Schadenersatz:
|
a) |
die infolge des Todes des Reisenden entstandenen notwendigen Kosten, insbesondere für die Überführung und die Bestattung; |
|
b) |
bei nicht sofortigem Eintritt des Todes den in Artikel 28 vorgesehenen Schadenersatz. |
2. Haben durch den Tod des Reisenden Personen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder zukünftig unterhaltspflichtig geworden wäre, den Versorger verloren, so ist auch für diesen Verlust Ersatz zu leisten. Der Schadenersatzanspruch von Personen, denen der Reisende ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhalt gewährt hat, richtet sich nach Landesrecht.
Artikel 28
Schadenersatz bei Verletzung
Bei Verletzung oder sonstiger Beeinträchtigung der körperlichen oder der geistigen Gesundheit des Reisenden umfasst der Schadenersatz:
|
a) |
die notwendigen Kosten, insbesondere für Heilung und Pflege sowie für die Beförderung; |
|
b) |
den Vermögensnachteil, den der Reisende durch gänzliche oder teilweise Arbeitsunfähigkeit oder durch eine Vermehrung seiner Bedürfnisse erleidet. |
Artikel 29
Ersatz anderer Personenschäden
Ob und inwieweit der Beförderer bei Personenschäden für andere als die in Artikel 27 und 28 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht.
Artikel 30
Form und Höhe des Schadenersatzes bei Tötung und Verletzung
1. Der in Artikel 27 Absatz 2 und in Artikel 28 Buchst. b vorgesehene Schadenersatz ist in Form eines Kapitalbetrages zu leisten. Ist jedoch nach Landesrecht die Zuerkennung einer Rente zulässig, so wird der Schadenersatz in dieser Form geleistet, wenn der verletzte Reisende oder die gemäß Artikel 27 Absatz 2 Anspruchsberechtigten die Zahlung einer Rente verlangen.
2. Die Höhe des gemäß Absatz 1 zu leistenden Schadenersatzes richtet sich nach Landesrecht. Es gilt jedoch bei Anwendung dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften für jeden Reisenden eine Höchstgrenze von 175 000 Rechnungseinheiten für den Kapitalbetrag oder eine diesem Betrag entsprechende Jahresrente, sofern das Landesrecht eine niedrigere Höchstgrenze vorsieht.
Artikel 31
Andere Beförderungsmittel
1. Die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind, vorbehaltlich des Absatzes 2, nicht auf Schäden anzuwenden, die während einer Beförderung entstehen, die gemäß Beförderungsvertrag nicht auf der Schiene erfolgt.
2. Werden jedoch Eisenbahnwagen auf einem Fährschiff befördert, so sind die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden auf die durch Artikel 26 Absatz 1 und Artikel 33 Absatz 1 erfassten Schäden anzuwenden, die der Reisende durch Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in diesen Wagen, beim Einsteigen in die Wagen oder beim Aussteigen aus den Wagen erleidet.
3. Wenn der Eisenbahnbetrieb infolge außerordentlicher Umstände vorübergehend unterbrochen ist und die Reisenden mit einem anderen Beförderungsmittel befördert werden, haftet der Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.
KAPITEL II
Haftung bei Nichteinhaltung des Fahrplans
Artikel 32
Haftung bei Ausfall, Verspätung und Anschlussversäumnis
1. Der Beförderer haftet dem Reisenden für den Schaden, der dadurch entsteht, dass die Reise wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses nicht am selben Tag fortgesetzt werden kann oder dass unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung am selben Tag nicht zumutbar ist. Der Schadenersatz umfasst die dem Reisenden im Zusammenhang mit der Übernachtung und mit der Benachrichtigung der ihn erwartenden Personen entstandenen angemessenen Kosten.
2. Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, wenn der Ausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen ist:
|
a) |
außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände, die der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte, |
|
b) |
Verschulden des Reisenden oder |
|
c) |
Verhalten eines Dritten, das der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen er nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt. |
3. Ob und inwieweit der Beförderer für andere als die in Absatz 1 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht. Artikel 44 bleibt unberührt.
KAPITEL III
Haftung für Handgepäck, Tiere, Reisegepäck und Fahrzeuge
Abschnitt 1
Handgepäck und Tiere
Artikel 33
Haftung
1. Bei Tötung und Verletzung von Reisenden haftet der Beförderer auch für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung von Sachen entsteht, die der Reisende an sich trägt oder als Handgepäck mit sich führt; dies gilt auch für Tiere, die der Reisende mit sich führt. Artikel 26 findet entsprechende Anwendung.
2. Im Übrigen haftet der Beförderer für Schäden wegen gänzlichen oder teilweisen Verlusts oder wegen Beschädigung von Sachen, Handgepäck oder Tieren, zu deren Beaufsichtigung der Reisende gemäß Artikel 15 verpflichtet ist, nur dann, wenn den Beförderer ein Verschulden trifft. Die übrigen Artikel des Titels IV, mit Ausnahme des Artikels 51, und der Titel VI finden in diesem Fall keine Anwendung.
Artikel 34
Beschränkung des Schadenersatzes bei Verlust oder Beschädigung von Sachen
Haftet der Beförderer gemäß Artikel 33 Absatz 1, so hat er Schadenersatz bis zu einer Höchstgrenze von 1 400 Rechnungseinheiten für jeden Reisenden zu leisten.
Artikel 35
Ausschluss der Haftung
Der Beförderer haftet dem Reisenden gegenüber nicht für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende seinen Verpflichtungen gemäß den zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften nicht nachgekommen ist.
Abschnitt 2
Reisegepäck
Artikel 36
Haftungsgrund
1. Der Beförderer haftet für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung des Reisegepäcks in der Zeit von der Übernahme durch den Beförderer bis zur Auslieferung sowie durch verspätete Auslieferung entsteht.
2. Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch ein Verschulden des Reisenden, eine nicht vom Beförderer verschuldete Anweisung des Reisenden, besondere Mängel des Reisegepäcks oder durch Umstände verursacht worden ist, welche der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.
3. Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung aus der mit einer oder mehreren der folgenden Tatsachen verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist:
|
a) |
Fehlen oder Mängel der Verpackung; |
|
b) |
natürliche Beschaffenheit des Reisegepäcks; |
|
c) |
Aufgabe von Gegenständen als Reisegepäck, die von der Beförderung ausgeschlossen sind. |
Artikel 37
Beweislast
1. Der Beweis, dass der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch eine der in Artikel 36 Absatz 2 erwähnten Tatsachen verursacht worden ist, obliegt dem Beförderer.
2. Legt der Beförderer dar, dass der Verlust oder die Beschädigung nach den Umständen des Falles aus einer oder mehreren der in Artikel 36 Absatz 3 erwähnten besonderen Gefahren entstehen konnte, so wird vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist. Der Berechtigte hat jedoch das Recht nachzuweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist.
Artikel 38
Aufeinander folgende Beförderer
Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von mehreren aufeinander folgenden Beförderern durchgeführt, so tritt jeder Beförderer dadurch, dass er das Reisegepäck mit dem Gepäckschein oder das Fahrzeug mit dem Beförderungsschein übernimmt, hinsichtlich der Beförderung von Reisegepäck oder von Fahrzeugen in den Beförderungsvertrag nach Maßgabe des Gepäckscheins oder des Beförderungsscheins ein und übernimmt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen. In diesem Falle haftet jeder Beförderer für die Ausführung der Beförderung auf der ganzen Strecke bis zur Auslieferung.
Artikel 39
Ausführender Beförderer
1. Hat der Beförderer die Durchführung der Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Beförderer übertragen, gleichviel, ob er auf Grund des Beförderungsvertrages dazu berechtigt war oder nicht, so bleibt der Beförderer dennoch für die gesamte Beförderung verantwortlich.
2. Alle für die Haftung des Beförderers maßgeblichen Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften gelten auch für die Haftung des ausführenden Beförderers für die von ihm durchgeführte Beförderung. Artikel 48 und Artikel 52 sind anzuwenden, wenn ein Anspruch gegen die Bediensteten und anderen Personen, deren sich der ausführende Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient, geltend gemacht wird.
3. Eine besondere Vereinbarung, wonach der Beförderer Verpflichtungen übernimmt, die ihm nicht durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auferlegt werden, oder auf Rechte verzichtet, die ihm durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, berührt den ausführenden Beförderer nur, wenn er dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat. Unabhängig davon, ob der ausführende Beförderer eine solche Zustimmung erklärt hat, bleibt der Beförderer an die sich aus einer solchen besonderen Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen oder Verzichtserklärungen gebunden.
4. Wenn und soweit sowohl der Beförderer als auch der ausführende Beförderer haften, haften sie als Gesamtschuldner.
5. Der Gesamtbetrag der Entschädigung, der von dem Beförderer, dem ausführenden Beförderer sowie ihren Bediensteten und anderen Personen, deren sie sich bei der Durchführung der Beförderung bedienen, erlangt werden kann, übersteigt nicht die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Höchstbeträge.
6. Dieser Artikel lässt die Rechte des Beförderers und des ausführenden Beförderers, untereinander Rückgriff zu nehmen, unberührt.
Artikel 40
Vermutung für den Verlust
1. Der Berechtigte kann ein Gepäckstück ohne weiteren Nachweis als verloren betrachten, wenn es nicht binnen 14 Tagen, nachdem seine Auslieferung gemäß Artikel 22 Absatz 3 verlangt wurde, ausgeliefert oder zu seiner Verfügung bereitgestellt worden ist.
2. Wird ein für verloren gehaltenes Gepäckstück binnen einem Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wieder aufgefunden, so hat der Beförderer den Berechtigten zu benachrichtigen, wenn seine Anschrift bekannt ist oder sich ermitteln lässt.
3. Der Berechtigte kann binnen 30 Tagen nach Empfang der Nachricht gemäß Absatz 2 verlangen, dass ihm das Gepäckstück ausgeliefert wird. In diesem Fall hat er die Kosten für die Beförderung des Gepäckstückes vom Aufgabeort bis zum Ort zu zahlen, an dem das Gepäckstück ausgeliefert wird, und die erhaltene Entschädigung, gegebenenfalls abzüglich der in dieser Entschädigung enthaltenen Kosten, zurückzuzahlen. Er behält jedoch seine Ansprüche auf Entschädigung wegen verspäteter Auslieferung gemäß Artikel 43.
4. Wird das wiederaufgefundene Gepäckstück nicht binnen der in Absatz 3 vorgesehenen Frist zurückverlangt oder wird es später als ein Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wiederaufgefunden, so verfügt der Beförderer darüber gemäß den am Ort, an dem sich das Gepäckstück befindet, geltenden Gesetzen und Vorschriften.
Artikel 41
Entschädigung bei Verlust
1. Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadenersatz zu zahlen:
|
a) |
wenn die Höhe des Schadens nachgewiesen ist, eine Entschädigung in dieser Höhe, die jedoch 80 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder 1 200 Rechnungseinheiten je Gepäckstück nicht übersteigt; |
|
b) |
wenn die Höhe des Schadens nicht nachgewiesen ist, eine Pauschalentschädigung von 20 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder von 300 Rechnungseinheiten je Gepäckstück. |
Die Art der Entschädigung, je fehlendes Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.
2. Der Beförderer hat außerdem Gepäckfracht und sonstige im Zusammenhang mit der Beförderung des verlorenen Gepäckstückes gezahlte Beträge sowie bereits entrichtete Zölle und Verbrauchsabgaben zu erstatten.
Artikel 42
Entschädigung bei Beschädigung
1. Bei Beschädigung des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadenersatz eine Entschädigung zu zahlen, die der Wertminderung des Reisegepäcks entspricht.
2. Die Entschädigung übersteigt nicht,
|
a) |
wenn das gesamte Reisegepäck durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei gänzlichem Verlust zu zahlen wäre; |
|
b) |
wenn nur ein Teil des Reisegepäcks durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei Verlust des entwerteten Teiles zu zahlen wäre. |
Artikel 43
Entschädigung bei verspäteter Auslieferung
1. Bei verspäteter Auslieferung des Reisegepäcks hat der Beförderer für je angefangene 24 Stunden seit dem Verlangen auf Auslieferung, höchstens aber für 14 Tage, zu zahlen:
|
a) |
wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden, einschließlich einer Beschädigung, entstanden ist, eine Entschädigung in der Höhe des Schadens bis zu einem Höchstbetrag von 0,80 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 14 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks; |
|
b) |
wenn der Berechtigte nicht nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Pauschalentschädigung von 0,14 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 2,80 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks. |
Die Art der Entschädigung, je Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.
2. Bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 nicht neben der Entschädigung gemäß Artikel 41 geleistet.
3. Bei teilweisem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 für den nicht verlorenen Teil geleistet.
4. Bei einer Beschädigung des Reisegepäcks, die nicht Folge der verspäteten Auslieferung ist, wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 gegebenenfalls neben der Entschädigung gemäß Artikel 42 geleistet.
5. In keinem Fall ist die Entschädigung gemäß Absatz 1 zuzüglich der Entschädigungen gemäß Artikel 41 und 42 insgesamt höher als die Entschädigung bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks.
Abschnitt 3
Fahrzeuge
Artikel 44
Entschädigung bei Verspätung
1. Wird ein Fahrzeug aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand verspätet verladen oder wird es verspätet ausgeliefert, so hat der Beförderer, wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Entschädigung zu zahlen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.
2. Ergibt sich bei der Verladung aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand eine Verspätung und verzichtet der Berechtigte deshalb auf die Durchführung des Beförderungsvertrages, so wird ihm der Beförderungspreis erstattet. Weist er nach, dass aus dieser Verspätung ein Schaden entstanden ist, so kann er außerdem eine Entschädigung verlangen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.
Artikel 45
Entschädigung bei Verlust
Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust eines Fahrzeugs wird die dem Berechtigten für den nachgewiesenen Schaden zu zahlende Entschädigung nach dem Zeitwert des Fahrzeugs berechnet. Sie beträgt höchstens 8 000 Rechnungseinheiten. Ein Anhänger gilt mit oder ohne Ladung als ein selbstständiges Fahrzeug.
Artikel 46
Haftung hinsichtlich anderer Gegenstände
1. Hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände oder der Gegenstände, die sich in Behältnissen (z.B. Gepäckbehältern oder Skiboxen) befinden, die fest am Fahrzeug angebracht sind, haftet der Beförderer nur für Schäden, die auf sein Verschulden zurückzuführen sind. Die Gesamtentschädigung beträgt höchstens 1 400 Rechnungseinheiten.
2. Für Gegenstände, die außen am Fahrzeug befestigt sind, einschließlich der Behältnisse gemäß Absatz 1, haftet der Beförderer nur, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
Artikel 47
Anwendbares Recht
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Abschnitts 2 über die Haftung für Reisegepäck.
Kapitel IV
Gemeinsame Bestimmungen
Artikel 48
Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung
Die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Haftungsbeschränkungen sowie die Bestimmungen des Landesrechtes, die den Schadenersatz auf einen festen Betrag begrenzen, finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
Artikel 49
Umrechnung und Verzinsung
1. Müssen bei der Berechnung der Entschädigung in ausländischer Währung ausgedrückte Beträge umgerechnet werden, so sind sie nach dem Kurs am Tag und am Ort der Zahlung der Entschädigung umzurechnen.
2. Der Berechtigte kann auf die Entschädigung Zinsen in Höhe von fünf Prozent jährlich beanspruchen, und zwar vom Tag der Reklamation gemäß Artikel 55 oder, wenn keine Reklamation vorangegangen ist, vom Tag der Klageerhebung an.
3. Für Entschädigungen gemäß Artikel 27 und 28 laufen jedoch die Zinsen erst von dem Tag an, an dem die für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgebenden Umstände eingetreten sind, wenn dieser Tag später liegt als derjenige der Reklamation oder der Klageerhebung.
4. Bei Reisegepäck können die Zinsen nur beansprucht werden, wenn die Entschädigung 16 Rechnungseinheiten je Gepäckschein übersteigt.
5. Legt der Berechtigte dem Beförderer bei Reisegepäck die zur abschließenden Behandlung der Reklamation erforderlichen Belege nicht innerhalb einer ihm gestellten angemessenen Frist vor, so ist der Lauf der Zinsen vom Ablauf dieser Frist an bis zur Übergabe dieser Belege gehemmt.
Artikel 50
Haftung bei nuklearem Ereignis
Der Beförderer ist von der ihm gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften obliegenden Haftung befreit, wenn der Schaden durch ein nukleares Ereignis verursacht worden ist und wenn gemäß den Gesetzen und Vorschriften eines Staates über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie der Inhaber einer Kernanlage oder eine ihm gleichgestellte Person für diesen Schaden haftet.
Artikel 51
Personen, für die der Beförderer haftet
Der Beförderer haftet für seine Bediensteten und für andere Personen, deren er sich bei der Durchführung der Beförderung bedient, soweit diese Bediensteten und anderen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Die Betreiber der Eisenbahninfrastruktur, auf der die Beförderung erfolgt, gelten als Personen, deren sich der Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient.
Artikel 52
Sonstige Ansprüche
1. In allen Fällen, auf die diese Einheitlichen Rechtsvorschriften Anwendung finden, kann gegen den Beförderer ein Anspruch auf Schadenersatz, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, nur unter den Voraussetzungen und Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften geltend gemacht werden.
2. Das Gleiche gilt für Ansprüche gegen die Bediensteten und anderen Personen, für die der Beförderer gemäß Artikel 51 haftet.
TITEL V
HAFTUNG DES REISENDEN
Artikel 53
Besondere Haftungsgründe
Der Reisende haftet dem Beförderer für jeden Schaden,
|
a) |
der dadurch entsteht, dass er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die sich für ihn
|
|
b) |
der durch Gegenstände oder Tiere verursacht wird, die er mitnimmt, |
sofern er nicht beweist, dass der Schaden auf Umstände zurückzuführen ist, die er trotz Anwendung der von einem gewissenhaften Reisenden geforderten Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Diese Bestimmung berührt nicht die Haftung des Beförderers nach Artikel 26 und 33 Absatz 1.
TITEL VI
GELTENDMACHUNG VON ANSPRÜCHEN
Artikel 54
Feststellung eines teilweisen Verlustes oder einer Beschädigung
1. Wird ein teilweiser Verlust oder eine Beschädigung eines unter der Obhut des Beförderers beförderten Gegenstandes (Reisegepäck, Fahrzeug) vom Beförderer entdeckt oder vermutet oder vom Berechtigten behauptet, so hat der Beförderer je nach Art des Schadens den Zustand des Gegenstandes und, soweit möglich, das Ausmaß und die Ursache des Schadens sowie den Zeitpunkt seines Entstehens unverzüglich und, wenn möglich, in Gegenwart des Berechtigten in einer Tatbestandsaufnahme festzuhalten.
2. Dem Berechtigten ist eine Abschrift der Tatbestandsaufnahme unentgeltlich auszuhändigen.
3. Erkennt der Berechtigte die Feststellungen in der Tatbestandsaufnahme nicht an, so kann er verlangen, dass der Zustand des Reisegepäcks oder des Fahrzeugs sowie die Ursache und der Betrag des Schadens von einem durch die Parteien des Beförderungsvertrages oder ein Gericht bestellten Sachverständigen festgestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach den Gesetzen und Vorschriften des Staates, in dem die Feststellung erfolgt.
Artikel 55
Reklamationen
1. Reklamationen betreffend die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind schriftlich an den Beförderer zu richten, gegen den Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können. Im Falle einer Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages war und von aufeinander folgenden Beförderern ausgeführt wurde, können Reklamationen auch an den ersten oder letzten Beförderer sowie an den Beförderer gerichtet werden, der im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Reisenden seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.
2. Die anderen Reklamationen aus dem Beförderungsvertrag sind schriftlich an den in Artikel 56 Absätze 2 und 3 genannten Beförderer zu richten.
3. Die Belege, die der Berechtigte der Reklamation beigeben will, sind im Original oder in Abschrift, auf Verlangen des Beförderers in gehörig beglaubigter Form, vorzulegen. Bei der Regelung der Reklamation kann der Beförderer die Rückgabe des Beförderungsausweises, des Gepäckscheins und des Beförderungsscheins verlangen.
Artikel 56
Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können
1. Schadenersatzansprüche auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden können nur gegen einen gemäß Artikel 26 Absatz 5 haftbaren Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden.
2. Vorbehaltlich des Absatzes 4 können sonstige Ansprüche des Reisenden auf Grund des Beförderungsvertrages nur gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Beförderer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf die den Anspruch begründende Tatsache eingetreten ist.
3. Ist bei Beförderungen durch aufeinander folgende Beförderer der zur Auslieferung verpflichtete Beförderer mit seiner Zustimmung im Gepäckschein oder im Beförderungsschein eingetragen, können Ansprüche gemäß Absatz 2 auch dann gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden, wenn er das Gepäck nicht erhalten oder das Fahrzeug nicht übernommen hat.
4. Ansprüche auf Erstattung von Beträgen, die auf Grund des Beförderungsvertrages gezahlt worden sind, können gegen den Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden, der den Betrag erhoben hat, oder gegen den Beförderer, zu dessen Gunsten der Betrag erhoben worden ist.
5. Im Wege der Widerklage oder der Einrede können Ansprüche auch gegen einen anderen als die in den Absätzen 2 und 4 genannten Beförderer geltend gemacht werden, wenn sich die Klage auf denselben Beförderungsvertrag gründet.
6. Soweit diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auf den ausführenden Beförderer Anwendung finden, können die Ansprüche auch gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden.
7. Hat der Kläger die Wahl unter mehreren Beförderern, so erlischt sein Wahlrecht, sobald die Klage gegen einen der Beförderer erhoben ist; dies gilt auch, wenn der Kläger die Wahl zwischen einem oder mehreren Beförderern und einem ausführenden Beförderer hat.
Artikel 58
Erlöschen der Ansprüche bei Tötung und Verletzung
1. Alle Ansprüche des Berechtigten auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind erloschen, wenn er den Unfall des Reisenden nicht spätestens zwölf Monate, nachdem er vom Schaden Kenntnis erlangt hat, einem der Beförderer anzeigt, bei denen die Reklamation gemäß Artikel 55 Absatz 1 eingereicht werden kann. Zeigt der Berechtigte dem Beförderer den Unfall mündlich an, so hat dieser ihm über die mündliche Anzeige eine Bestätigung auszustellen.
2. Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht, wenn
|
a) |
der Berechtigte innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist eine Reklamation an einen der in Artikel 55 Absatz 1 genannten Beförderer gerichtet hat; |
|
b) |
der haftbare Beförderer innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist auf andere Weise vom Unfall des Reisenden Kenntnis erhalten hat; |
|
c) |
infolge von Umständen, die dem Berechtigten nicht zuzurechnen sind, der Unfall nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden ist; |
|
d) |
der Berechtigte nachweist, dass der Unfall durch ein Verschulden des Beförderers verursacht worden ist. |
Artikel 59
Erlöschen der Ansprüche bei Beförderung von Reisegepäck
1. Mit der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten sind alle Ansprüche gegen den Beförderer aus dem Beförderungsvertrag bei teilweisem Verlust, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung erloschen.
2. Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht:
|
a) |
bei teilweisem Verlust oder bei Beschädigung, wenn
|
|
b) |
bei äußerlich nicht erkennbarem Schaden, der erst nach der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten festgestellt worden ist, wenn er
|
|
c) |
bei verspäteter Auslieferung, wenn der Berechtigte binnen 21 Tagen seine Rechte gegen einen der in Artikel 56 Absatz 3 genannten Beförderer geltend gemacht hat; |
|
d) |
wenn der Berechtigte nachweist, dass der Schaden auf ein Verschulden des Beförderers zurückzuführen ist. |
Artikel 60
Verjährung
1. Schadenersatzansprüche auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden verjähren:
|
a) |
Ansprüche des Reisenden in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall; |
|
b) |
Ansprüche der anderen Berechtigten in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Tod des Reisenden, spätestens aber in fünf Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall. |
2. Andere Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag verjähren in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beträgt jedoch zwei Jahre bei Ansprüchen wegen eines Schadens, der auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
3. Die Verjährung gemäß Absatz 2 beginnt bei Ansprüchen
|
a) |
auf Entschädigung wegen gänzlichen Verlustes mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf der Frist gemäß Artikel 22 Absatz 3; |
|
b) |
auf Entschädigung wegen teilweisen Verlustes, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung mit dem Tag der Auslieferung; |
|
c) |
in allen anderen die Beförderung des Reisenden betreffenden Fällen mit dem Tag des Ablaufes der Geltungsdauer des Beförderungsausweises. |
Der als Beginn der Verjährung bezeichnete Tag ist in keinem Fall in der Frist inbegriffen.
4. […]
5. […]
6. Im Übrigen gilt für die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung Landesrecht.
TITEL VII
BEZIEHUNGEN DER BEFÖRDERER UNTEREINANDER
Artikel 61
Aufteilung des Beförderungspreises
1. Jeder Beförderer hat den beteiligten Beförderern den ihnen zukommenden Anteil am Beförderungspreis zu zahlen, den er erhoben hat oder hätte erheben müssen. Die Art und Weise der Zahlung wird durch Vereinbarungen zwischen den Beförderern geregelt.
2. Artikel 6 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 25 gelten auch für die Beziehungen zwischen aufeinander folgenden Beförderern.
Artikel 62
Rückgriffsrecht
1. Hat ein Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften eine Entschädigung gezahlt, so steht ihm ein Rückgriffsrecht gegen die Beförderer, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, gemäß den folgenden Bestimmungen zu:
|
a) |
der Beförderer, der den Schaden verursacht hat, haftet ausschließlich dafür; |
|
b) |
haben mehrere Beförderer den Schaden verursacht, so haftet jeder für den von ihm verursachten Schaden; ist eine Zuordnung nicht möglich, so wird die Entschädigung unter den Beförderern gemäß Buchstabe c) aufgeteilt; |
|
c) |
kann nicht bewiesen werden, welcher der Beförderer den Schaden verursacht hat, wird die Entschädigung auf sämtliche Beförderer aufgeteilt, mit Ausnahme derjenigen, die beweisen, dass der Schaden nicht von ihnen verursacht worden ist; die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der den Beförderern zustehenden Anteile am Beförderungspreis. |
2. Bei Zahlungsunfähigkeit eines dieser Beförderer wird der auf ihn entfallende, aber von ihm nicht gezahlte Anteil unter allen anderen Beförderern, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, im Verhältnis des ihnen zustehenden Anteils am Beförderungspreis aufgeteilt.
Artikel 63
Rückgriffsverfahren
1. Ein Beförderer, gegen den gemäß Artikel 62 Rückgriff genommen wird, kann die Rechtmäßigkeit der durch den Rückgriff nehmenden Beförderer geleisteten Zahlung nicht bestreiten, wenn die Entschädigung gerichtlich festgesetzt worden ist, nachdem dem erstgenannten Beförderer durch gehörige Streitverkündung die Möglichkeit gegeben war, dem Rechtsstreit beizutreten. Das Gericht der Hauptsache bestimmt die Fristen für die Streitverkündung und für den Beitritt.
2. Der Rückgriff nehmende Beförderer hat sämtliche Beförderer, mit denen er sich nicht gütlich geeinigt hat, mit ein und derselben Klage zu belangen; andernfalls erlischt das Rückgriffsrecht gegen die nicht belangten Beförderer.
3. Das Gericht hat in ein und demselben Urteil über alle Rückgriffe, mit denen es befasst ist, zu entscheiden.
4. Der Beförderer, der sein Rückgriffsrecht gerichtlich geltend machen will, kann seinen Anspruch vor dem zuständigen Gericht des Staates erheben, in dem einer der beteiligten Beförderer seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.
5. Ist die Klage gegen mehrere Beförderer zu erheben, so hat der klagende Beförderer die Wahl unter den gemäß Absatz 4 zuständigen Gerichten.
6. Rückgriffsverfahren dürfen nicht in das Entschädigungsverfahren einbezogen werden, das der aus dem Beförderungsvertrag Berechtigte angestrengt hat.
Artikel 64
Vereinbarungen über den Rückgriff
Den Beförderern steht es frei, untereinander Vereinbarungen zu treffen, die von den Artikeln 61 und 62 abweichen.
ANHANG II
VON EISENBAHNUNTERNEHMEN UND/ODER FAHRKARTENVERKÄUFERN ANZUGEBENDE MINDESTINFORMATIONEN
TEIL 1: INFORMATIONEN VOR FAHRTANTRITT
Allgemeine Vertragsbedingungen
Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt mit der kürzesten Fahrtzeit
Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt zum günstigsten Fahrpreis
Zugänglichkeit, Zugangsbedingungen und Verfügbarkeit von Einrichtungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug
Zugänglichkeit und Zugangsbedingungen für Fahrgäste, die Fahrräder mitführen
Verfügbarkeit von Sitzen in Raucher- und Nichtraucherzonen, erster und zweiter Klasse sowie Liege- und Schlafwagen
Aktivitäten, die voraussichtlich zu Störungen oder Verspätungen von Verkehrsdiensten führen
Verfügbarkeit von Dienstleistungen im Zug
Verfahren zur Anzeige des Gepäckverlusts
Beschwerdeverfahren
TEIL II: INFORMATIONEN WÄHREND DER FAHRT
Dienstleistungen im Zug
Nächster Haltebahnhof
Verspätungen
Wichtigste Anschlussverbindungen
Sicherheit
ANHANG III
MINDESTNORMEN FÜR DIE QUALITÄT DER DIENSTE
Informationen und Fahrkarten
Pünktlichkeit der grenzüberschreitenden Verkehrsdienste, allgemeine Grundsätze für die Bewältigung von Betriebsstörungen
Zugausfälle im grenzüberschreitenden Verkehr
Sauberkeit des Fahrzeugmaterials und der Bahnhofseinrichtungen (Luftqualität in den Wagen, Hygiene der sanitären Einrichtungen usw.)
Befragung zur Kundenzufriedenheit
Beschwerdebearbeitung, Erstattungen und Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllung der Qualitätsanforderungen
Hilfeleistung für Personen mit eingeschränkter Mobilität
BEGRÜNDUNG DES RATES
I. EINLEITUNG
Die Kommission hat am 3. März 2004 ihren Vorschlag für eine Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr — einen von insgesamt vier Vorschlägen des Dritten Eisenbahnpakets (1) — vorgelegt.
Das Europäische Parlament hat am 28. September 2005 in erster Lesung Stellung genommen.
Der Rat hat seinen Gemeinsamen Standpunkt gemäß Artikel 251 des Vertrags am 24. Juli 2006 festgelegt.
Bei seinen Beratungen hat der Rat die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2) und des Ausschusses der Regionen (3) berücksichtigt.
II. ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS
1. Hintergrund
Die Verhandlungen über die Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr fanden unter Berücksichtigung von zwei Veröffentlichungen der Europäischen Kommission statt, nämlich des Weißbuchs „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ (4) und der Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament „Schaffung eines integrierten europäischen Eisenbahnraums“ (5). Darin hebt die Kommission hervor, dass die Verkehrsnutzer wieder in den Mittelpunkt der europäischen Verkehrspolitik gerückt und die Mängel bei der Dienstequalität im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr beseitigt werden müssen. Der Verordnungsvorschlag ist auch eine Reaktion auf die bei der Kommission eingegangenen Beschwerden europäischer Bürger über die unzureichende Dienstequalität der Eisenbahnunternehmen im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr.
Der Gemeinsame Standpunkt des Rates umfasst daher Vorschriften zu folgenden Punkten:
|
— |
von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellende Informationen, Abschluss von Beförderungsverträgen, Ausgabe von Fahrkarten und Einführung eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems für den Eisenbahnverkehr; |
|
— |
Haftung der Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck; |
|
— |
Mindestverpflichtungen von Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen; |
|
— |
Schutz und Betreuung von Bahnreisenden mit eingeschränkter Mobilität; |
|
— |
Festlegung und Überwachung von Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste, Beherrschung von Risiken für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste und Bearbeitung von Beschwerden; |
|
— |
allgemeine Durchsetzungsvorschriften. |
2. Zentrale politische Fragen
i) Vereinbarkeit mit dem COTIF/CIV
Einige der im Kommissionsvorschlag vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an den Bestimmungen des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und dem dazugehörigen CIV-Anhang (Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck).
Um die Kohärenz zwischen den Gemeinschaftsvorschriften und dem internationalen Übereinkommen zu gewährleisten, hat der Rat auf seiner Tagung am 21. April 2005 beschlossen, einige Bestimmungen des COTIF/CIV in die neue Verordnung zu übernehmen. Hierzu wurden Einführungsartikel (die Artikel 4, 10 und13) aufgenommen, in denen auf die COTIF/CIV-Auszüge in Anhang I der Verordnung verwiesen wird. Mit den betreffenden Bestimmungen wird zum einen die Vereinbarkeit mit dem COTIF/CIV gewährleistet und zum anderen vermieden, dass Rechtsvorschriften zu Aspekten erlassen werden, die bereits im COTIF/CIV abgedeckt sind (Vorschriften über Beförderungsverträge, Haftung der Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck sowie bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen).
Das Europäische Parlament hat bei seiner Stellungnahme in erster Lesung einen ähnlichen Ansatz verfolgt und Abänderungen angenommen, die darauf hinauslaufen, dass die entsprechenden COTIF/CIV-Bestimmungen ganz oder teilweise angewandt werden (Abänderungen 138/rev + 32, 50, 80, 81, 83 und 108). Zudem hat sich das Europäische Parlament dafür ausgesprochen, einige mit dem CIV unvereinbare Vorschriften der ursprünglichen Kommissionsfassung zu streichen (z.B. Abänderungen 34, 35, 52, 53, 54 und 108).
ii) Anwendungsbereich
Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates gilt die Verordnung grundsätzlich gemeinschaftsweit für grenzüberschreitende Fahrten mit inländischen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, die von einem oder mehreren Eisenbahnunternehmen erbracht werden.
|
a) |
Begrenzung für inländische Verkehrsdienste Der Rat hat beschlossen, den Anwendungsbereich in Bezug auf Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle (Kapitel IV) und auf die Qualitätsstandards (Kapitel VI Artikel 25) zu begrenzen. Um eine übertriebene finanzielle Belastung zu vermeiden, sollen die folgenden Bestimmungen nur für grenzüberschreitende Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, nicht aber für inländische Verkehrsdienste gelten:
|
|
b) |
Begrenzung in Form befristeter Ausnahmen Der Rat beschloss des Weiteren, den Anwendungsbereich seines Gemeinsamen Standpunkts insoweit zu begrenzen, als darin den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, für bestimmte regionale grenzüberschreitende Dienste sowie für grenzüberschreitende Dienste, die zu einem erheblichen Teil außerhalb der Gemeinschaft erbracht werden, befristete Ausnahmenregelungen einzuführen. Mitgliedstaaten, die hiervon Gebrauch machen, müssen dies der Kommission mitteilen, die daraufhin prüft, ob die betreffende Ausnahme im Einklang mit der Verordnung steht. Mit der Möglichkeit, solche Ausnahmen zu gewähren, wollte der Rat es den Mitgliedstaaten überlassen, wie sie diese Fälle, in denen derart außergewöhnlichen Umständen vorliegen, regeln, um zusätzliche finanzielle Belastungen für die Beförderer zu vermeiden. |
|
c) |
Ausweitung des Anwendungsbereichs in Bezug auf Personen mit eingeschränkter Mobilität Eines der Hauptziele der vorgeschlagenen Verordnung ist es, Personen mit eingeschränkter Mobilität leichten Zugang zu Bahnreisen zu ermöglichen. Daher hat der Rat beschlossen, über den Kommissionsvorschlag hinaus festzulegen, dass die Bestimmungen zugunsten von Personen mit eingeschränkter Mobilität auch für inländische Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten gelten sollen. Das Europäische Parlament hat sich in seiner Stellungnahme in erster Lesung für einen anderen Weg entschieden, nämlich dafür, dass die Bestimmungen der vorgeschlagenen Verordnung für alle Fahrgäste im Eisenbahnverkehr gelten sollen (Abänderung 11 u.a.). Der Rat hält dies für verfrüht; er versteht seinen Gemeinsamen Standpunkt als Ergänzung zur Marktzugangsrichtlinie, in der lediglich die Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste geregelt wird. |
iii) Rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr
Der Rat hat überdies beschlossen, dass die Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer zur Erteilung von Auskünften und zur Ausgabe von Tickets gemäß der vorgeschlagenen Verordnung das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr nutzen müssen. Die Verfahren für die Einrichtung dieses Systems sind in Artikel 9 Absätze 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts des Rates festgelegt und beruhen auf den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG (6) (Kapitel II und Anhang II Nr. 2.5). Mit der Einführung dieses Systems ist der Rat vom Vorschlag der Kommission abgewichen, die sich in Bezug auf den Zugang zu Reiseinformationen für das Konzept der Systemverkäufer entschieden hatte. Der Rat hält die Beteiligung solcher Intermediäre für überflüssig und hat daher beschlossen, dass sich die betreffenden Bestimmungen direkt an die Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer richten sollen.
iv) Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle
Wie bereits erwähnt hat sich der Rat dafür entschieden, die Bestimmungen über die Haftung der Eisenbahnunternehmen bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen an das betreffende Kapitel des COTIF/CIV anzupassen. Darüber hinaus hat er beschlossen, besondere Bestimmungen über die Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung, Fahrpreisentschädigung und die Pflicht zur Hilfeleistung im Falle einer Verspätung bei der Abfahrt oder Ankunft aufzunehmen. Was die Fahrpreisentschädigung betrifft, so sieht der Gemeinsame Standpunkt des Rates eine einfachere und transparentere Regelung vor als der Kommissions-vorschlag und entspricht damit eher dem Standpunkt des Europäischen Parlaments (Abänderung 61). Nach der vom Rat angenommenen Bestimmung ist der Umfang der Verspätung ausschlag-gebend für die Höhe der Entschädigung. Außerdem hat der Rat die Frage, in welcher Form die Entschädigung zu erfolgen hat (Gutscheine und/oder andere Leistungen oder Geldbetrag), flexibler geregelt, was ebenfalls einer Forderung des Europäischen Parlaments (Abänderung 124) entspricht.
v) Besondere Bestimmungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität
Um Personen mit eingeschränkter Mobilität das Reisen mit der Eisenbahn zu erleichtern, hat der Rat in seinen Gemeinsamen Standpunkt besondere Bestimmungen über ihren Anspruch auf Beförderung, die Hilfeleistung an Bahnhöfen und im Zug, die Voraussetzungen für das Erbringen dieser Hilfeleistungen, die Entschädigung für Mobilitätshilfen sowie die an diesen Personenkreis zu erteilenden Auskünfte aufgenommen. Damit wollte er sicherstellen, dass die betreffenden Fahrgäste ohne Mehrkosten gleichberechtigten Zugang zu Bahnreisen haben. Der Rat ist davon überzeugt, dass diese Bestimmungen dazu beitragen werden, dass Personen mit eingeschränkter Mobilität die selben Reisemöglichkeiten in Anspruch nehmen können wie andere Bürger auch.
3. Sonstiges
i) Sicherheit, Beschwerden und Dienstequalität
Die persönliche Sicherheit der Fahrgäste hat sich in jüngster Zeit zu einem Leitprinzip des Verkehrswesens entwickelt. Daher enthält der Gemeinsame Standpunkt des Rates Bestimmungen, nach denen alle Beteiligten verpflichtet sind, im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten, und Risikomanagement zu betreiben. Dabei ist der Rat der Empfehlung des Europäischen Parlaments (Abänderung 100) gefolgt und hat diese Verpflichtung auf die Bahnhofsbetreiber ausgedehnt.
Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates sind die Eisenbahnunternehmen zudem verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den Fahrkartenverkäufern ein Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit den im Verordnungsentwurf festgelegten Rechten und Pflichten einzuführen. Überdies müssen sie jährlich einen Bericht über die eingegangenen Beschwerden und ihre Bearbeitung veröffentlichen.
Was die Dienstequalität betrifft, so sind die Eisenbahnunternehmen nach dem Gemeinsamen Standpunkt gehalten, Qualitätsstandards für ihre Dienste festzulegen und ein System zur Aufrechterhaltung der Dienstequalität einzuführen. In Anhang III des Verordnungsentwurfs sind die Aspekte aufgeführt, die mit diesen Standards mindestens abgedeckt werden müssen. Die Eisenbahnunternehmen sind ferner verpflichtet, jährlich einen Bericht über die von ihnen erreichte Dienstequalität zu veröffentlichen.
Mit diesen Maßnahmen will der Rat den Verbraucherschutz im Bereich des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs vorantreiben und auf strengere Qualitätsstandards bei den Eisenbahnunternehmen hinwirken.
ii) Durchsetzung
Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates sind die Mitgliedstaaten ferner verpflichtet, eine oder mehrere Stellen zu benennen, die für die Durchsetzung der Verordnung zuständig sind. Außerdem sollen diese Stellen nach dem Gemeinsamen Standpunkt zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um gemeinschaftsweit abgestimmte Entscheidungsgrundsätze zu fördern.
III. FAZIT
Bei der Festlegung seines Gemeinsamen Standpunkts hat der Rat den Kommissionsvorschlag und die vom Europäischen Parlament in erster Lesung abgegebene Stellungnahme uneingeschränkt berücksichtigt. Bezüglich der vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Abänderungen stellt der Rat fest, dass diese mit seinem Gemeinsamen Standpunkt bereits zu einem erheblichen Teil sinngemäß, teilweise oder ganz abgedeckt werden. Die Entscheidung, sich überschneidende Rechtsvorschriften zu vermeiden und bestimmte COTIF/CIV-Bestimmungen in die Verordnung aufzunehmen, ist ein klares Zeichen für das Einvernehmen zwischen den beiden Gesetzgebern.
Was den Hauptstreitpunkt betrifft, nämlich die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Verordnungsentwurfs auf den inländischen Schienenpersonenverkehr, so hält der Rat seinen Ansatz für eine ausgewogene und angemessene Lösung.
(1) Bei den drei anderen vorgeschlagenen Rechtsakten handelt es sich um
|
— |
eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (Dok. 7147/04 TRANS 107 CODEC 335), |
|
— |
eine Richtlinie über die Zertifizierung von mit dem Führen von Triebfahrzeugen und Zügen im Eisenbahnnetz der Gemeinschaft betrautem Zugpersonal (Dok. 7148/04 TRANS 108 CODEC 336), |
|
— |
eine Verordnung über die Qualitätsanforderungen im Schienengüterverkehr (Dok. 7150/04 TRANS 110 CODEC 338). |
(2) ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 8.
(3) ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(4) Dok. 11932/01 TRANS 131 AVIATION 70 MAR 76.
(5) KOM (2002) 18 endg. vom 23.1.2002.
|
28.11.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CE 289/30 |
GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 20/2006
vom Rat festgelegt am 24. Juli 2006
im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2006/ /EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom … zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft sowie der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur
(2006/C 289 E/02)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),
nach dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
|
(1) |
Mit der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (4) wurde eine erleichterte Anpassung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft an die Anforderungen des Binnenmarktes sowie die Steigerung ihrer Effizienz bezweckt. |
|
(2) |
Die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (5) betrifft die Grundsätze und Verfahren für die Festlegung und Berechnung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn. |
|
(3) |
Die Kommission hatte in ihrem Weißbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ ihre Absicht bekundet, die Verwirklichung des Binnenmarkts für Eisenbahnverkehrsdienste fortzusetzen und hierzu eine Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorzuschlagen. |
|
(4) |
Zweck der vorliegenden Richtlinie ist es, den Markt für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf der Schiene innerhalb der Gemeinschaft zu öffnen; daher sollte diese Richtlinie nicht Verkehrsdienste zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland betreffen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, Verkehrsdienste, die im Transit durch die Gemeinschaft erbracht werden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen. |
|
(5) |
Die derzeitige Lage der grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrsdienste stellt sich sehr unterschiedlich dar. Einerseits steht der Verkehr von Fernzügen (zum Beispiel Nachtzügen) vor Schwierigkeiten, und mehrere dieser Verbindungen wurden in jüngerer Zeit von den sie betreibenden Eisenbahnunternehmen eingestellt, um die Verluste zu begrenzen. Andererseits war im Markt für grenzüberschreitende Hochgeschwindigkeitsverkehrsdienste eine erhebliche Zunahme des Verkehrsaufkommens zu verzeichnen, die sich mit der Verdoppelung und der weiteren Verflechtung des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes bis 2010 noch fortsetzen wird. In beiden Fällen gibt es jedoch einen starken Wettbewerbsdruck durch Billigfluganbieter. Es ist daher unabdingbar, den Wettbewerb zwischen Eisenbahnunternehmen zu fördern und auf diese Weise Impulse für neue Initiativen zu geben. |
|
(6) |
Eine Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste ist nicht möglich ohne detaillierte Bestimmungen für den Zugang zur Infrastruktur, ohne erhebliche Fortschritte im Bereich der Interoperabilität und ohne einen strengen Rahmen für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs auf nationaler und europäischer Ebene. Alle diese Voraussetzungen sind nunmehr mit der Umsetzung der folgenden Richtlinien gegeben: Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG (6), Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates (7), Richtlinie 2001/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG (8), Richtlinie 2001/14/EG und Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (9). Eine gefestigte Handhabung dieses neuen rechtlichen Rahmens muss zu dem Datum, das für die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorgeschlagen wird, gewährleistet sein. Das wird eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen. Daher sollte das Zieldatum für die Öffnung des Marktes der 1. Januar 2010 sein. |
|
(7) |
Die Zahl der Eisenbahnverbindungen ohne Zwischenhalte ist sehr klein. Auf Strecken mit Zwischenhalten ist es unabdingbar, neuen Marktteilnehmern zu erlauben, Fahrgäste an Zwischenhalten aufzunehmen und abzusetzen, um sicherzustellen, dass solche Verkehrsdienste eine realistische Chance haben, rentabel zu sein und potenzielle Wettbewerber nicht gegenüber den bisherigen Marktteilnehmern, die Fahrgäste an Zwischenhalten aufnehmen und absetzen dürfen, zu benachteiligen. Dieses Recht sollte die gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Wettbewerbsvorschriften unberührt lassen. |
|
(8) |
Die Einführung neuer, allgemein zugänglicher grenzüberschreitender Eisenbahnverbindungen mit Zwischenhalten sollte nicht dafür benutzt werden, eine Marktöffnung für inländische Personenverkehrsdienste zu bewirken, sondern sich lediglich auf zusätzliche Zwischenhalte auf der grenzüberschreitenden Strecke konzentrieren. Dementsprechend sollte deren Einführung Verkehrsdienste betreffen, deren Hauptzweck in der grenzüberschreitenden Beförderung von Fahrgästen liegt. Bei der Bestimmung des Hauptzwecks des Verkehrsdienstes sollten Kriterien wie beispielsweise der Anteil am Umsatz und am Fahrgastaufkommen (ermittelt anhand der Fahrgastzahlen im inländischen oder grenzüberschreitenden Verkehr und der Streckenlänge) berücksichtigt werden. Diese Bestimmung sollte durch die jeweilige nationale Regulierungsstelle auf Antrag eines Betroffenen vorgenommen werden. |
|
(9) |
Die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (10) sieht die Möglichkeit vor, dass Mitgliedstaaten und lokale Gebietskörperschaften Verträge über öffentliche Dienstleistungen vergeben. Diese Verträge können ausschließliche Rechte zur Durchführung bestimmter Dienste umfassen. Es ist daher erforderlich, die Kohärenz zwischen den Bestimmungen der genannten Verordnung und dem Grundsatz der Öffnung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste für den Wettbewerb zu gewährleisten. |
|
(10) |
Die Öffnung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste für den Wettbewerb, die das Recht einschließen, Fahrgäste zwischen beliebigen Bahnhöfen auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes — auch zwischen Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat — zu befördern, könnte sich auf die Organisation und die Finanzierung von Personenverkehrsdiensten auf der Schiene auswirken, die im Rahmen eines Vertrages über öffentliche Dienstleistungen erbracht werden. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, das Zugangsrecht zum Markt einzuschränken, wenn dieses Recht das wirtschaftliche Gleichgewicht dieser Verträge über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde und wenn die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannte zuständige Regulierungsstelle einem entsprechenden Antrag der zuständigen Behörden, die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen geschlossen haben, auf der Grundlage einer objektiven wirtschaftlichen Analyse stattgibt. |
|
(11) |
Einige Mitgliedstaaten sind bereits dazu übergegangen, den Markt für Personenverkehrsdienste auf der Schiene durch transparente, wettbewerbliche Ausschreibungsverfahren für die Erbringung bestimmter Leistungen dieser Art zu öffnen. Es sollte nicht von ihnen verlangt werden, einen völlig uneingeschränkten Zugang zu grenzüberschreitenden Personenverkehrsdiensten zu gewähren, da der Wettstreit um das Nutzungsrecht für bestimmte Bahnstrecken einen ausreichenden Nachweis des Marktwertes solcher Dienste erbracht hat. |
|
(12) |
Bei der Beurteilung der Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages über öffentliche Dienstleistungen gefährdet sein könnte, sollten vorab festgelegte Kriterien berücksichtigt werden, wie beispielsweise die Auswirkungen auf die Rentabilität von Verkehrsdiensten, auf die sich ein Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erstreckt, einschließlich der dadurch verursachten Auswirkungen auf die Nettokosten für die zuständige Behörde, die den Vertrag geschlossen hat, die Fahrgastnachfrage, die Fahrpreisgestaltung, die Regelungen für den Fahrscheinverkauf, die Lage und die Anzahl der Halte auf beiden Seiten der Grenze sowie die Fahrzeiten und die Häufigkeit der geplanten neuen Verbindung. Unter Beachtung dieser Beurteilung und der Entscheidung der zuständigen Regulierungsstelle können die Mitgliedstaaten das angestrebte Recht auf Zugang zu grenzüberschreitenden Personenverkehrsdiensten gewähren, ändern oder verweigern; hierzu gehört auch die Erhebung eines Entgelts vom Betreiber eines neuen grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes im Einklang mit der wirtschaftlichen Analyse, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts sowie gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung. |
|
(13) |
Damit die Mitgliedstaaten die Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sicherstellen können, sollten sie die Möglichkeit haben, eine Abgabe für Personenverkehrsdienste in ihrem Hoheitsgebiet nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts zu erheben. |
|
(14) |
Die Funktionsweise der Regulierungsstelle sollte dergestalt sein, dass jeder Interessenkonflikt und jede Mitwirkung an der Vergabe des betreffenden Vertrages über öffentliche Dienstleistungen vermieden wird. Insbesondere sollte ihre funktionelle Unabhängigkeit gewährleistet sein, wenn aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen eine enge Beziehung zu der zuständigen Behörde besteht, die bei der Vergabe des betreffenden Vertrages über öffentliche Dienstleistungen mitwirkt. Die Zuständigkeit der Regulierungsstelle sollte dahin gehend erweitert werden, dass sie die Befugnis erhält, den Zweck eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes und gegebenenfalls etwaige wirtschaftliche Auswirkungen auf bestehende Verträge über öffentliche Dienstleistungen zu bewerten. |
|
(15) |
Diese Richtlinie stellt eine weitere Etappe auf dem Weg zur Öffnung des Schienenverkehrsmarktes dar. Einige Mitgliedstaaten haben bereits den Markt für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf ihrem Hoheitsgebiet geöffnet. Diese Richtlinie sollte in diesem Zusammenhang nicht so verstanden werden, dass diese Mitgliedstaaten verpflichtet werden, vor dem 1. Januar 2010 Zugangsrechte für Eisenbahnunternehmen zu erteilen, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem vergleichbare Rechte nicht erteilt werden. |
|
(16) |
Die nationalen Regulierungsstellen sollten nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EG Informationen austauschen und in Einzelfällen gegebenenfalls ihre Beurteilungsgrundsätze und ihre Beurteilungspraxis in der Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Vertrages über öffentliche Dienstleistungen gefährdet ist, koordinieren. Ausgehend von ihrer Erfahrung sollten sie schrittweise Leitlinien entwickeln. |
|
(17) |
Die Anwendung der vorliegenden Richtlinie sollte auf der Grundlage eines Berichts bewertet werden, der zwei Jahre nach der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste von der Kommission vorzulegen ist. |
|
(18) |
Für Mitgliedstaaten, die über kein Eisenbahnsystem verfügen und auch in nächster Zukunft nicht über ein solches verfügen werden, wäre die Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung der Richtlinien 91/440/EWG und 2001/14/EG unverhältnismäßig und zwecklos. Daher sollten diese Mitgliedstaaten von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung der genannten Richtlinien ausgenommen werden, solange sie über kein Eisenbahnsystem verfügen. |
|
(19) |
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, weil die Notwendigkeit besteht, gerechte und nichtdiskriminierende Bedingungen für den Zugang zur Infrastruktur sicherzustellen und der offensichtlich internationalen Dimension wichtiger Bestandteile des Eisenbahnnetzes Rechnung zu tragen, und daher wegen der Notwendigkeit eines koordinierten länderübergreifenden Vorgehens besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Zieles erforderliche Maß hinaus. |
|
(20) |
Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung (11) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen. |
|
(21) |
Die Richtlinien 91/440/EWG und 2001/14/EG sollten daher entsprechend geändert werden — |
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Die Richtlinie 91/440/EWG wird wie folgt geändert:
|
1. |
In Artikel 2 wird folgender Absatz angefügt: „4. Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnverkehrsdienste, die im Transit durch die Gemeinschaft erbracht werden und außerhalb des Gemeinschaftsgebiets beginnen und enden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen.“ |
|
2. |
In Artikel 3 wird der vierte Gedankenstrich gestrichen. |
|
3. |
In Artikel 3 wird nach dem fünften Gedankenstrich folgender Gedankenstrich eingefügt:
|
|
4. |
In Artikel 3 wird nach dem sechsten Gedankenstrich folgender Gedankenstrich eingefügt:
|
|
5. |
In Artikel 5 Absatz 3 wird der erste Gedankenstrich gestrichen. |
|
6. |
In Artikel 8 Absatz 1 werden die Worte „und internationalen Gruppierungen“ gestrichen. |
|
7. |
Artikel 10 Absatz 1 wird gestrichen. |
|
8. |
In Artikel 10 werden die folgenden Absätze eingefügt: „3a. Die Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, erhalten spätestens ab dem 1. Januar 2010 das Recht auf Zugang zur Infrastruktur in allen Mitgliedstaaten, um grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste zu erbringen. Bei der Durchführung eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes haben die Eisenbahnunternehmen das Recht, Fahrgäste an beliebigen Bahnhöfen auf der internationalen Strecke aufzunehmen und an einem anderen abzusetzen, auch an Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat. Das Recht auf Zugang zur Infrastruktur der Mitgliedstaaten, in denen der Anteil des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene mehr als die Hälfte des Personenverkehrumsatzes der Eisenbahnunternehmen dieses Mitgliedstaats ausmacht, ist spätestens ab dem 1. Januar 2012 zu erteilen. Die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannte(n) zuständige(n) Regulierungsstelle(n) bestimmt (bestimmen) auf Antrag der jeweils zuständigen Behörden und/oder der betroffenen Eisenbahnunternehmen, ob der Hauptzweck des Verkehrsdienstes in der Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten liegt. 3b. Die Mitgliedstaaten können das in Absatz 3a festgelegte Zugangsrecht auf Strecken zwischen einem Ursprungsort und einem Zielort, die Gegenstand eines oder mehrerer mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbarer Verträge über öffentliche Dienstleistungen sind, einschränken. Eine derartige Einschränkung darf das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, auch zwischen Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat, nur in dem Fall einschränken, in dem die Ausübung dieses Rechts das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Vertrages über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde. Die Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht gefährdet würde, wird von der (den) in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannten Regulierungsstelle(n) auf der Grundlage einer objektiven wirtschaftlichen Analyse und vorab festgelegter Kriterien auf Antrag eines der folgenden Beteiligten beurteilt:
Die zuständigen Behörden und die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllenden Eisenbahnunternehmen stellen der (den) zuständigen Regulierungsstelle(n) die Informationen zur Verfügung, die diese nach vernünftigem Ermessen für die Entscheidungsfindung benötigt (benötigen). Die Regulierungsstelle prüft die zur Verfügung gestellten Informationen, hört gegebenenfalls alle Betroffenen an und unterrichtet die Betroffenen von ihrer mit einer Begründung versehenen Entscheidung innerhalb einer vorher festgelegten angemessenen Frist, auf jeden Fall jedoch spätestens zwei Monate nach Eingang aller entscheidungserheblichen Informationen. Die Regulierungsstelle teilt die Gründe für ihre Entscheidung mit und gibt an, in welchem Zeitraum und unter welchen Bedingungen
eine erneute Prüfung der Entscheidung verlangen können. 3c. Die Mitgliedstaaten können auch das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen innerhalb desselben Mitgliedstaats auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes einschränken, wenn im Rahmen eines vor dem … nach einem fairen wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren und im Einklang mit den einschlägigen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts geschlossenen Konzessionsvertrages ausschließliche Rechte für die Beförderung von Fahrgästen zwischen diesen Bahnhöfen eingeräumt wurden. Diese Einschränkung darf bis zur ursprünglichen Laufzeit des Vertrages oder 15 Jahre lang angewendet werden, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist. 3d. Diese Richtlinie verpflichtet keinen Mitgliedstaat, vor dem 1. Januar 2010 Eisenbahnunternehmen und ihren direkt oder indirekt kontrollierten Tochterunternehmen, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem keine vergleichbaren Zugangsrechte erteilt werden, das Zugangsrecht nach Absatz 3a zu erteilen. 3e. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die gerichtliche Nachprüfbarkeit der in den Absätzen 3b, 3c und 3d genannten Entscheidungen zu gewährleisten. 3f. Unbeschadet des Absatzes 3b können die Mitgliedstaaten gemäß den Bedingungen dieses Artikels die zuständigen Behörden ermächtigen, auf sämtliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene in ihrem Hoheitsgebiet eine Abgabe als Beitrag zur Finanzierung der Ausgleichsleistung für die öffentliche Dienstleistungsverpflichtung im Rahmen von im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen Verträgen über öffentliche Dienstleistungen zu erheben. Nach dem Gemeinschaftsrecht darf die in Unterabsatz 1 genannte Ausgleichsleistung einen Betrag nicht übersteigen, der erforderlich ist, um die bei der Erfüllung der öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen angefallenen Kosten unter Berücksichtigung der entsprechenden Quittungen und einer angemessenen Gewinnmarge für die Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Die Abgabe wird nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts erhoben, wobei vor allem den Grundsätzen der Fairness, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, insbesondere zwischen dem Preis der Dienstleistung und der Höhe der Abgabe, Rechnung zu tragen ist. Die Verpflichtung, zur Finanzierung der Ausgleichsleistung für die öffentliche Dienstleistungsverpflichtung beizutragen, darf die wirtschaftliche Rentabilität des grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes nicht gefährden. Die zuständigen Behörden bewahren die Informationen auf, die sie benötigen, um zu gewährleisten, dass die Herkunft und die Verwendung der Abgaben nachverfolgt werden kann. Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission diese Informationen zur Verfügung.“ |
|
9. |
Artikel 10 Absatz 8 erhält folgende Fassung: „8. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 1. Januar 2009 einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor. In diesem Bericht werden folgende Aspekte behandelt:
|
|
10. |
In Artikel 10 wird folgender Absatz angefügt: „9. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 31. Dezember 2012 einen Bericht über die Umsetzung des Absatzes 3 vor.“ |
|
11. |
In Artikel 15 wird folgender Absatz angefügt: „Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, solange in ihrem Staatsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.“ |
Artikel 2
Die Richtlinie 2001/14/EG wird wie folgt geändert:
|
1. |
In Artikel 1 Absatz 3 wird folgender Buchstabe angefügt:
|
|
2. |
In Artikel 2 wird folgender Buchstabe angefügt:
|
|
3. |
In Artikel 13 wird folgender Absatz angefügt: „4. Beabsichtigt ein Antragsteller, Fahrwegkapazität mit dem Ziel zu beantragen, einen grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienst im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG zu betreiben, so setzt er die betreffenden Betreiber der Infrastruktur und die betreffenden Regulierungsstellen davon in Kenntnis. Damit der Zweck eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes zur Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten und mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf bestehende Verträge über öffentliche Dienstleistungen bewertet werden können, sorgen die Regulierungsstellen dafür, dass die zuständigen Behörden, die Personenverkehrsdienste auf der Schiene vergeben haben, die Gegenstand eines Vertrages über öffentliche Dienstleistungen sind, und andere betroffene zuständige Behörden, die zur Einschränkung des Zugangsrechts gemäß Artikel 10 Absatz 3b der Richtlinie 91/440/EG befugt sind, sowie die Eisenbahnunternehmen, die auf der Strecke dieses grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllen, darüber unterrichtet werden.“ |
|
4. |
Artikel 17 Absatz 5 erhält folgende Fassung: „5. Rahmenverträge haben grundsätzlich eine Laufzeit von fünf Jahren und können um die gleichen Zeiträume wie die ursprüngliche Laufzeit verlängert werden. Der Betreiber der Infrastruktur kann einer kürzeren oder längeren Laufzeit in besonderen Fällen zustimmen. Jede Laufzeit von über fünf Jahren ist durch das Bestehen geschäftlicher Verträge, besonderer Investitionen oder Risiken zu rechtfertigen. 5a. Für Dienste auf besonderen Fahrwegen im Sinne des Artikels 24, die vom Antragsteller gebührend zu begründende, erhebliche und langfristige Investitionen erfordern, können Rahmenverträge eine Laufzeit von 15 Jahren haben. Eine längere Laufzeit als 15 Jahre ist nur in Ausnahmefällen zulässig, und zwar insbesondere bei umfangreichen und langfristigen Investitionen, vor allem wenn die Investitionen mit vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich eines mehrjährigen Abschreibungsplans, einhergehen. Aufgrund der vom Antragsteller mitgeteilten Anforderungen kann es in einem solchen Fall erforderlich sein, die Angaben zu den Fahrwegkapazitäten– unter anderem die Nutzungshäufigkeit, den Umfang und die Qualität der Zugtrassen –, die dem Antragsteller für die Laufzeit des Rahmenvertrags zur Verfügung zu stellen sind, genau festzulegen. Der Betreiber der Infrastruktur kann die reservierte Fahrwegkapazität verringern, wenn die Nutzung dieser Fahrwegkapazität in einem Zeitraum von mindestens einem Monat unterhalb des Schwellenwerts nach Artikel 27 liegt. Ab dem 1. Januar 2010 kann auf der Grundlage der Fahrwegkapazitäten, die von Antragstellern genutzt werden, die vor dem 1. Januar 2010 Dienste betreiben, ein erster, einmal verlängerbarer Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von 5 Jahren geschlossen werden, um geleisteten besonderen Investitionen oder dem Bestehen von geschäftlichen Verträgen Rechnung zu tragen. Die in Artikel 30 genannte Regulierungsstelle ist für die Genehmigung des Inkrafttretens eines solchen Vertrags verantwortlich.“ |
|
5. |
In Artikel 30 Absatz 1 wird vor dem letzte Satz folgender Satz eingefügt: „Darüber hinaus ist die Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe von Verträgen über öffentliche Dienstleistungen mitwirken.“ |
|
6. |
In Artikel 38 wird folgender Absatz angefügt: „Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, solange in ihrem Staatsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.“ |
Artikel 3
1. Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem … (12) nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
3. Die Bestimmungen des Artikels 1 Nummern 2, 5, 6 und 7 gelten ab dem 1. Januar 2010.
Artikel 4
Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 5
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
…
Im Namen des Rates
Der Präsident
…
(1) ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 56.
(2) ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24.7.2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom ... (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(4) ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164). Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 58.
(5) ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44). Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16.
(6) ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 1.
(7) ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004 S. 58.
(8) ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 26.
(9) ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16.
(10) ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 (ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1).
(11) ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
(12) 18 Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinie.
BEGRÜNDUNG DES RATES
I. EINLEITUNG
Die Kommission hat am 3. März 2004 den Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (den so genannten „Vorschlag betreffend den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt“) als einen der vier Vorschläge des Dritten Eisenbahnpakets vorgelegt (1).
Das Europäische Parlament hat am 28. September 2005 seine Stellungnahme in erster Lesung abgegeben.
Der Rat hat am 24. Juli 2006 im Verfahren nach Artikel 251 des Vertrags einen Gemeinsamen Standpunkt festgelegt.
Bei seinen Beratungen hat der Rat die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2) und des Ausschusses der Regionen (3) berücksichtigt.
II. ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS
1. Allgemeine Bemerkungen
Die Verhandlungen über die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste standen unter dem Zeichen des Weißbuchs der Kommission über die europäische Verkehrspolitik bis 2010 (4) sowie des Ersten und Zweiten Eisenbahnpakets. Im Weißbuch bekundete die Kommission ihre Absicht, weiter am Ausbau des Binnenmarkts für Schienenverkehrsdienste zu arbeiten, und schlug unter anderem vor, den Markt für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste zu öffnen. Das Erste und das Zweite Eisenbahnpaket enthalten ausführliche Bestimmungen über den Zugang zur Infrastruktur, Interoperabilität und Sicherheit im Schienenverkehr auf nationaler und europäischer Ebene und bilden so den erforderlichen Rahmen für die Marktöffnung im Schienengüterverkehr und im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr.
Der Rat konnte auf seiner Tagung vom 5. Dezember 2005 eine politische Einigung zu drei der vier Legislativvorschläge des Dritten Eisenbahnpakets erzielen, und zwar über den Vorschlag betreffend den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt, der Gegenstand des vorliegenden Dokuments ist, und über die Vorschläge betreffend die Rechte und Pflichten der Fahrgäste bzw. das Zugpersonal; damit wurde der Weg frei für die Annahme der drei Gemeinsamen Standpunkte.
Im Mittelpunkt der Beratungen des Rates über den Vorschlag betreffend den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt stand das Verhältnis zwischen diesem Vorschlag und dem überarbeiteten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (dem so genannten „Vorschlag betreffend gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“) (5). Infolgedessen konnte auf der Tagung des Rates vom 5. Dezember 2005 eine politische Einigung über den Vorschlag betreffend den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt nur erreicht werden, indem das Verhältnis zwischen beiden Vorschlägen geklärt wurde und in einer Protokollerklärung des Rates und der Kommission Weichenstellungen in Bezug auf mehrere Bestandteile des Vorschlags für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen vorgenommen wurden (siehe Anlage I).
2. Zentrale politische Fragen
2.1. Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste
Die Öffnung des Markts kann — durch den damit verbundenen größeren Wettbewerb — zu einer größeren Effizienz und Attraktivität der europäischen Eisenbahnen beitragen. Der Rat hat beschlossen, den Eisenbahnunternehmen, die grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste erbringen, zum 1. Januar 2010 den Zugang zur Infrastruktur in allen Mitgliedstaaten zu gewähren; er setzt damit den mit dem Europäischen Parlament im Vermittlungsverfahren zum Zweiten Eisenbahnpaket gefundenen Kompromiss um (6). Die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste bis zum Jahr 2010 soll den Betreibern eine angemessene Vorbereitung ermöglichen. Ferner dürfte sie mit einer Verdoppelung und weiteren Verflechtung des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes sowie mit der Konsolidierung des mit dem Ersten und dem Zweiten Eisenbahnpaket geschaffenen Rahmens einhergehen.
Die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Verkehrsdienste einschließlich der Kabotage wird sich nachhaltig auf die Mitgliedstaaten auswirken, in denen der grenzüberschreitende Verkehr einen bedeutenden Anteil der gesamten Personenverkehrsdienste ausmacht. Der Rat möchte daher diesen Mitgliedstaaten mehr Zeit zur Vorbereitung auf die Marktöffnung lassen und ihnen gestatten, das Zugangsrecht bis spätestens 1. Januar 2012 einzuräumen.
Daher teilt der Rat nicht die Auffassung des Europäischen Parlaments, dass die Öffnung für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste bis 2008 und für alle anderen Arten von Schienenpersonenverkehrsdiensten bis 2012 erfolgen sollte (Abänderungen 2, 8 und 9 in Bezug auf den Zeitplan für die Marktöffnung für Schienenpersonenverkehrsdienste sowie Abänderungen 6 und 12 für die Ausarbeitung der Evaluierungsberichte der Kommission über die Marktöffnung für inländische und grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste).
2.2. Recht auf Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in ein und demselben Mitgliedstaat
Wie das Europäische Parlament akzeptiert der Rat den Vorschlag der Kommission, wonach im Rahmen grenzüberschreitender Schienenpersonenverkehrsdienste die Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in ein und demselben Mitgliedstaat zugelassen wird. Nach Auffassung des Rates ist diese so genannte Kabotage notwendig, damit grenzüberschreitende Verkehrsdienste tragfähig werden.
Der Rat möchte jedoch vermeiden, dass das Recht auf Zugang zu grenzüberschreitenden Personenverkehrsdiensten, einschließlich Kabotage, zu einer Öffnung des Markts für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste führt. Daher ist im Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen, dass nur diejenigen grenzüberschreitenden Verkehrsdienste das Zugangsrecht erhalten, deren „Hauptzweck“ in der Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten besteht. Im Gemeinsamen Standpunkt ist ein Verfahren zur Bestimmung des Zwecks des grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, für den der Zugang beantragt wird, vorgesehen.
2.3. Schutz der öffentlichen Verkehrsdienste
Mit dem vorliegenden Gemeinsamen Standpunkt wird im Wesentlichen das vom Rat gefundene Gleichgewicht zwischen Marktöffnung einerseits und Schutz der öffentlichen Verkehrsdienste andererseits gewahrt. Im Hinblick auf dieses Gleichgewicht hat der Rat den Kommissionsvorschlag um drei Komponenten ergänzt: ein Verfahren, in dem festgestellt wird, ob die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste einen öffentlichen Verkehrsdienst gefährden würde, eine Präzisierung der Einzelheiten der Gewährung des Zugangsrechts und eine Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten eine Abgabe auf grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste erheben können. Das Gleichgewicht zwischen Marktöffnung und Schutz der öffentlichen Verkehrsdienste kommt ferner in der Erklärung des Rates und der Kommission für das Protokoll über die Tagung des Rates vom 5. Dezember 2005 zum Ausdruck (siehe Anlage I).
2.3.1. Verfahren
Zur Klärung der Frage, wann das Zugangsrecht eingeschränkt werden kann, ist im Gemeinsamen Standpunkt ein Verfahren vorgesehen, mit dem festgestellt werden soll, ob ein grenzüberschreitender Schienenpersonenverkehrsdienst das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Verkehrsdienstes gefährden würde. Eine bedeutende Komponente dieses Verfahrens ist die von der Regulierungsstelle durchgeführte objektive wirtschaftliche Analyse der Auswirkungen des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdienstes auf die öffentlichen Verkehrsdienste. Der Rat hat sich dabei von der Abänderung 10 des Europäischen Parlaments inspirieren lassen.
2.3.2. Abgestufte Einschränkung des Zugangsrechts
Um einem Beschluss zur Gewährung von Zugangsrechten mehr Flexibilität zu verleihen, wird im Gemeinsamen Standpunkt präzisiert, dass — nach der Feststellung, dass das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Verkehrsdienstes gefährdet ist — mehrere Modalitäten für die Einschränkung des Rechts auf Zugang zu grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdiensten bestehen. Entsprechend dem Gleichbehandlungs- und dem Nichtdiskriminierungsgrundsatz hat der Rat vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten das Zugangsrecht gewähren, abändern oder verweigern und dabei auch vom Betreiber eines neuen grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdienstes eine Abgabe erheben dürfen. Mit der Möglichkeit, öffentliche Verkehrsdienste mit den für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste erhobenen Abgaben zu fördern, verfügen die Mitgliedstaaten über mehr Spielraum für die Marktöffnung bei gleichzeitigem Schutz der öffentlichen Verkehrsdienste.
2.3.3. Ausgleich
In einigen Mitgliedstaaten leisten rentable Schienenpersonenverkehrsdienste über eine Abgabe einen Beitrag zugunsten defizitärer öffentlicher Verkehrsdienste. Der Rat möchte gewährleistet wissen, dass eine derartige Abgabe auch von Eisenbahnunternehmen erhoben werden kann, denen ein Zugangsrecht gewährt wird. Diese Verpflichtung, zum Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen beizutragen, beschränkt sich auf das Hoheitsgebiet des die Abgabe erhebenden Mitgliedstaats. Ferner sollte die Abgabe die Rentabilität des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdienstes nicht gefährden. Zu guter Letzt ist in dem Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen, dass ein Mitgliedstaat, der derartige Abgaben erhebt, der Kommission die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen muss. Zur Frage des Ausgleichs hat Portugal eine Erklärung für das Protokoll über die Tagung des Rates (Verkehr, Telekommunikation und Energie) vom Dezember 2005 abgegeben (siehe Anlage II).
2.4. Rahmenverträge
Wie das Europäische Parlament hält es auch der Rat für erforderlich, die Marktöffnung für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste mit Vorkehrungen für ein stabileres und berechenbareres Klima für Infrastrukturinvestitionen für diese Verkehrsdienste — insbesondere für Verkehrsdienste auf spezialisierten Infrastrukturen — zu flankieren. Daher schlägt der Rat in Anlehnung an die Abänderungen 5, 7 und 13 des Europäischen Parlaments vor, die die Rahmenverträge betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/14/EG (7) zu ändern. Während das Europäische Parlament vorschlägt, für Verkehrsdienste, die spezialisierte Infrastrukturen nutzen, für die umfangreiche und langfristige Investitionen erforderlich sind, Rahmenverträge mit einer Laufzeit von 10 Jahren zuzulassen, hält der Rat eine Laufzeit von 15 Jahren für angemessener.
2.5. Gegenseitigkeitsklausel
Wie es das Europäische Parlament mit seinen Abänderungen 3 und 11 beabsichtigt, möchte der Rat in den Vorschlag über den Marktzugang eine Bestimmung aufnehmen, wonach die Mitgliedstaaten, die ihren Markt für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste geöffnet haben, das Zugangsrecht denjenigen Unternehmen verweigern können, die in einem Mitgliedstaat, in dem keine vergleichbaren Zugangsrechte gewährt werden, eine Genehmigung erhalten haben.
2.6. Sonstige wichtige Fragen
2.6.1. Transit
Im Gemeinsamen Standpunkt präzisiert der Rat, dass das Ziel des Vorschlags betreffend den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt darin besteht, den Markt für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf der Schiene innerhalb der Gemeinschaft zu öffnen, und dass Personen- und Güterverkehrsdienste, die in einem Drittstaat beginnen, im Transit durch das Gebiet der Gemeinschaft führen und in einem Drittstaat enden, nicht in den Anwendungsbereich des Vorschlags fallen. Litauen hat zur Transitfrage eine Protokollerklärung abgegeben (siehe Anlage III).
2.6.2. Konzessionssystem
Der Vorschlag der Kommission stützt sich auf den Grundsatz des Wettbewerbs auf der Schiene. Der Rat macht sich zwar diesen Grundsatz zu eigen, stellt aber fest, dass auch andere Grundsätze in Bezug auf die Einführung des Wettbewerbs möglich sind, die darüber hinaus bereits in der Praxis Anwendung finden. Infolgedessen ist der Rat dafür, den Mitgliedstaaten für einen Übergangszeitraum zu gestatten, dass sie in den Fällen keinen vollständig offenen Zugang zu grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdiensten gewähren, in denen für bestimmte Schienenstrecken der Marktwert nach dem Grundsatz des Wettbewerbs um die Schiene bereits ausreichend erwiesen ist.
2.6.3. Befreiung Maltas bzw. Zyperns von der Umsetzung
Da Malta und Zypern nicht über ein Eisenbahnsystem verfügen und diesbezüglich kaum mit einer Änderung zu rechnen ist, entbindet der Rat diese beiden Mitgliedstaaten von der Verpflichtung, der Marktzugangsrichtlinie nachzukommen.
3. Abänderungen des Europäischen Parlaments
Die Reaktion des Rates auf die Abänderungen 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 ist oben bei der Erläuterung der Kernfragen dargelegt.
Darüber hinaus hat der Rat die Abänderung 2 (Bezugnahme auf die Richtlinie 2004 /49/EG), die Abänderung 4 (Verweis auf den ersten die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betreffenden Vorschlag der Kommission vom Juli 2000) und die Abänderung 7 vollständig übernommen.
Die Abänderung 4 (Annahme eines Gemeinsamen Standpunkts zu dem Vorschlag betreffend gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen) und die Abänderung 6 (Verpflichtung für die Kommission, bis 2005 eine Untersuchung der Auswirkungen der Öffnung der Netze für inländische Personenverkehrsdienste vorzulegen) lehnt der Rat ab.
III. FAZIT
Nach gründlicher Prüfung der Stellungnahme des Europäischen Parlaments hat der Rat einen Gemeinsamen Standpunkt festgelegt, mit dem das Gleichgewicht zwischen der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste einerseits und dem Schutz der öffentlichen Verkehrsdienste andererseits gewahrt wird. Bei der Suche nach diesem Gleichgewicht hat der Rat sich auf mehrere wichtige Abänderungen des Europäischen Parlaments gestützt. Zwar konnte sich der Rat den Ansatz des Europäischen Parlaments in Bezug auf das Tempo der Gewährung der Zugangsrechte nicht vollständig zu eigen machen, aber im Gemeinsamen Standpunkt wird eine Zeitplanung vorgegeben, die es sowohl den Betreibern als auch den Behörden ermöglichen dürfte, sich angemessen auf die Öffnung des Marktes für Schienenpersonenverkehrsdienste vorzubereiten.
(1) Bei den übrigen drei Vorschlägen handelt es sich um
|
— |
eine Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr (Dok. 7149/04 TRANS 109 CODEC 337); |
|
— |
eine Verordnung über die Qualitätsanforderungen im Schienengüterverkehr (Dok. 7150/04 TRANS 110 CODEC 338); |
|
— |
eine Richtlinie über die Zertifizierung von mit dem Führen von Triebfahrzeugen und Zügen im Eisenbahnnetz der Gemeinschaft betrautem Zugpersonal (Dok. 7148/04 TRANS 108 CODEC 336). |
(2) ABl. C 221 vom 9.9.2005, S. 56.
(3) ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(4) Dok. 11932/01 TRANS 131 AVIATION 70 MAR 76.
(5) Dok. 11508/05 TRANS 155 CODEC 657.
(6) Der Kompromiss hat in Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2004/51/EG Eingang gefunden; dort heißt es: „Hinsichtlich der Marktöffnung für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste muss der von der Kommission vorgeschlagene Zeitpunkt des Jahres 2010 als ein Ziel angesehen werden, das es allen Betreibern ermöglicht, sich angemessen vorzubereiten“.
(7) Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung
(ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29).
ANLAGE I
ANLAGE II
ERKLÄRUNG DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK
Portugal bringt erneut seine Unterstützung der Liberalisierung des Schienenverkehrs zum Ausdruck und stimmt daher für den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft.
Portugal bedauert jedoch, dass damit der neue Artikel 1 Nummer 8 Absatz 3f angenommen wird, der es den Mitgliedstaaten gestattet, eine neue Abgabe auf grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste zu erheben, um einen Beitrag zu Verträgen über öffentliche Verkehrsdienste zu leisten.
Diese gesetzgeberische Lösung wird die normale Entwicklung des europäischen Marktes beeinträchtigen und sich auf die Anbindung der Fahrgäste aus den Mitgliedstaaten in Randlage an die übrigen Regionen Europas auswirken. Ferner steht sie im Gegensatz zur Förderung des Umstiegs auf andere Verkehrsträger, die eines der Hauptziele der Gemeinschaft für den Verkehrssektor darstellt.
Portugal hofft, dass in der nächsten Phase des Mitentscheidungsverfahrens diese Bestimmung mit dem Ziel überprüft werden kann, ihre potenziellen negativen Auswirkungen auf die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs zu reduzieren.
|
28.11.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CE 289/42 |
GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 21/2006
vom Rat festgelegt am 14. September 2006
im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2006/ /EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen
(2006/C 289 E/03)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
|
(1) |
Nach der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (4) bauen die Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen ihre eigenen Sicherheitsmanagementsysteme in der Weise auf, dass im Eisenbahnsystem mindestens die gemeinsamen Sicherheitsziele erreicht, die nationalen Sicherheitsvorschriften sowie die Sicherheitsanforderungen der technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) erfüllt und die einschlägigen Teile der gemeinsamen Sicherheitsmethoden angewendet werden. Im Rahmen dieser Sicherheitsmanagementsysteme sind u.a. Schulungsprogramme für das Personal und Systeme vorgesehen, die sicherstellen, dass die Qualifikation des Personals aufrechterhalten und die Arbeit ordnungsgemäß ausgeführt wird. |
|
(2) |
Gemäß der Richtlinie 2004/49/EG benötigt ein Eisenbahnunternehmen für den Zugang zur Infrastruktur eine Sicherheitsbescheinigung. |
|
(3) |
Nach der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (5) haben zugelassene Eisenbahnunternehmen seit dem 15. März 2003 das Recht auf Zugang zum transeuropäischen Netz für den Schienengüterverkehr und werden spätestens ab 2007 das Recht auf Zugang zum gesamten Netz für inländische und grenzüberschreitende Güterverkehrsdienste haben. Diese schrittweise Ausweitung der Zugangsrechte wird unweigerlich eine Zunahme des grenzüberschreitenden Einsatzes von Triebfahrzeugführern mit sich bringen. Dadurch wächst der Bedarf an Fahrzeugführern, die für Dienste in mehr als einem Mitgliedstaat ausgebildet und zertifiziert sind. |
|
(4) |
Eine von der Kommission im Jahr 2002 durchgeführte Studie hat jedoch große Unterschiede in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern aufgezeigt. Um diese Unterschiede zu beseitigen und gleichzeitig den gegenwärtigen hohen Sicherheitsstandard des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft zu erhalten, sollten daher Gemeinschaftsvorschriften über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern erlassen werden. |
|
(5) |
Diese Gemeinschaftsvorschriften sollten darüber hinaus zur Umsetzung der Strategien der Gemeinschaft in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik beitragen und gleichzeitig Wettbewerbsverzerrungen ausschließen. |
|
(6) |
Diese gemeinsamen Bestimmungen sollten vor allem darauf ausgerichtet sein, den Triebfahrzeugführern den Wechsel zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten, aber auch zwischen unterschiedlichen Eisenbahnunternehmen zu erleichtern und ganz allgemein die Anerkennung der Fahrerlaubnisse und der harmonisierten Zusatzbescheinigungen durch alle Beteiligten im Eisenbahnsektor zu vereinfachen. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass Mindestanforderungen festgelegt werden, die der Bewerber erfüllen muss, um eine Fahrerlaubnis und eine harmonisierte Zusatzbescheinigung zu erlangen. |
|
(7) |
Selbst wenn ein Mitgliedstaat Triebfahrzeugführer, die ausschließlich in bestimmten Kategorien von Eisenbahnsystemen, -netzen und -infrastrukturen eingesetzt werden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschließt, so sollte das keineswegs die Verpflichtung dieses Mitgliedstaats einschränken, die Gültigkeit der Fahrerlaubnisse für das gesamte Gebiet der Europäischen Union bzw. die Gültigkeit der harmonisierten Zusatzbescheinigungen für die betreffende Infrastruktur anzuerkennen. |
|
(8) |
Es sollten jedenfalls die Anforderungen an das Mindestalter für Triebfahrzeugführer, die physische und arbeitspsychologische Eignung des Bewerbers, seine Berufserfahrung und sein Wissen in bestimmten, für das Führen eines Zuges relevanten Bereichen sowie die Kenntnis der Infrastrukturen und der dort verwendeten Sprache vorgeschrieben werden. |
|
(9) |
Zur Verbesserung der Kostenwirksamkeit sollte die Ausbildung, die Triebfahrzeugführer zur Erlangung einer harmonisierten Zusatzbescheinigung absolvieren müssen, soweit möglich und unter Sicherheitsgesichtspunkten wünschenswert, auf die besonderen Dienste konzentriert werden, die vom Triebfahrzeugführer zu erbringen sind, beispielsweise Rangierbetrieb, Wartungsarbeiten, Personen- oder Güterverkehrdienste. Bei der Beurteilung der Durchführung dieser Richtlinie sollte die Europäische Eisenbahnagentur (nachstehend „Agentur“ genannt) der Frage nachgehen, ob die im Anhang aufgeführten Ausbildungsanforderungen geändert werden sollten, um der sich abzeichnenden neuen Struktur des Marktes besser Rechnung zu tragen. |
|
(10) |
Die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber, die harmonisierte Zusatzbescheinigungen ausstellen, können selbst Schulungsmaßnahmen für die allgemeinen beruflichen Kenntnisse, die Sprachkenntnisse sowie die Kenntnis der Fahrzeuge und der Infrastruktur anbieten. Unbeschadet der Tatsache, dass ein Prüfer dem die harmonisierte Zusatzbescheinigung ausstellenden Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber angehört, sollten Interessenkonflikte bei den Prüfungen vermieden werden. |
|
(11) |
Die Befähigung des Personals sowie die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften werden im Rahmen der Interoperabilitätsrichtlinien behandelt, insbesondere als Teil der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“. Die Kohärenz zwischen den TSI und den Anhängen der vorliegenden Richtlinie ist zu gewährleisten. Das wird durch Änderungen dieser Richtlinie erreicht, die die Kommission im Rahmen eines Ausschussverfahrens nach Stellungnahme des betreffenden Ausschusses vornimmt. |
|
(12) |
Die mit dieser Richtlinie eingeführten Anforderungen im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis und der harmonisierten Zusatzbescheinigung sollten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für die Berechtigung eines Triebfahrzeugführers, Züge zu führen, betreffen. Alle anderen das Eisenbahnunternehmen, den Infrastrukturbetreiber, die Infrastruktur und die Fahrzeuge betreffenden rechtlichen Anforderungen, die mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vereinbar sind und in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sollten ebenfalls erfüllt sein, bevor ein Triebfahrzeugführer einen Zug auf einer bestimmten Infrastruktur führen darf. |
|
(13) |
Diese Richtlinie sollte weder die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (6) noch die der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (7) berühren. |
|
(14) |
Damit die erforderliche Einheitlichkeit und Transparenz gewährleistet ist, sollte die Gemeinschaft ein einheitliches, von allen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkanntes Modell für die Zertifizierung festlegen, durch die sowohl die Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen durch die Triebfahrzeugführer als auch ihre Fachkenntnisse und Sprachkenntnisse bescheinigt werden, wobei die Erteilung der Fahrerlaubnisse den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die Ausstellung der harmonisierten Zusatzbescheinigungen den Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern überlassen sein sollte. |
|
(15) |
Die Agentur sollte ferner prüfen, ob an Stelle der Fahrerlaubnis und der harmonisierten Zusatzbescheinigungen eine Chipkarte eingesetzt werden kann. Eine solche Chipkarte hätte den Vorteil, diese beiden Elemente zu kombinieren, und könnte auch für andere Anwendungen entweder im Bereich der Sicherheit oder für die Personalverwaltung der Triebfahrzeugführer eingesetzt werden. |
|
(16) |
Die Sicherheitsbehörden sollten sämtliche in der Fahrerlaubnis, der harmonisierten Zusatzbescheinigung und den Registern der Fahrerlaubnisse und harmonisierten Zusatzbescheinigungen enthaltenen Informationen nutzen, um die Bewertung des Verfahrens zur Zertifizierung des Personals gemäß den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie 2004/49/EG zu erleichtern und die in jenen Artikeln vorgesehene Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen zu beschleunigen. |
|
(17) |
Die Beschäftigung von Triebfahrzeugführern, die entsprechend dieser Richtlinie zertifiziert sind, sollte die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber nicht von der Pflicht befreien, ein System zur Überwachung und internen Kontrolle der Befähigung und des Verhaltens ihrer Triebfahrzeugführer gemäß Artikel 9 und Anhang III der Richtlinie 2004/49/EG einzurichten, wobei die Beschäftigungsaspekte Teil dieses Systems sein sollten. Die harmonisierte Zusatzbescheinigung sollte Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber nicht von ihrer Verantwortung für alle Aspekte der Sicherheit und insbesondere für die Ausbildung ihres Personals entbinden. |
|
(18) |
Einige Unternehmen erbringen die Dienstleistung des Triebfahrzeugführers für Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber. In diesen Fällen sollte die Verantwortung dafür, dass ein Triebfahrzeugführer eine Fahrerlaubnis und eine Bescheinigung entsprechend dieser Richtlinie besitzt, bei dem Eisenbahnunternehmen oder dem Infrastrukturbetreiber liegen, das bzw. der den Triebfahrzeugführer unter Vertrag nimmt. |
|
(19) |
Für das weitere wirksame Funktionieren des Eisenbahnverkehrs ist es erforderlich, dass die Fahrberechtigungen von Triebfahrzeugführern, die ihren Beruf bereits vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgeübt haben, während eines Übergangszeitraums weiterhin Bestand haben. |
|
(20) |
Bei der Ersetzung von Fahrberechtigungen, die Triebfahrzeugführern vor Beginn der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie erteilt wurden, durch harmonisierte Zusatzbescheinigungen oder Fahrerlaubnisse gemäß dieser Richtlinie sollte unnötiger Verwaltungs- und Finanzaufwand so weit wie möglich vermieden werden. Bereits erteilte Fahrberechtigungen sollten deshalb im Rahmen des Möglichen aufrechterhalten werden. Die erteilende Stelle sollte den Qualifikationen und Erfahrungen der jeweiligen Triebfahrzeugführer oder Gruppe von Triebfahrzeugführern Rechnung tragen, wenn diese Fahrberechtigungen zu ersetzen sind. Die erteilende Stelle sollte anhand der Qualifikationen und/oder Erfahrungen entscheiden, ob es bei einem Triebfahrzeugführer oder einer Gruppe von Triebfahrzeugführern erforderlich ist, dass sie eine zusätzliche Prüfung und/oder Schulung absolvieren, bevor sie ihre die Fahrberechtigungen ersetzenden Fahrerlaubnisse oder harmonisierten Zusatzbescheinigungen erhalten können. Die erteilende Stelle sollte deshalb entscheiden können, ob die Qualifikationen und/oder Erfahrungen für die Erteilung der vorgeschriebenen Fahrerlaubnisse und harmonisierten Zusatzbescheinigungen ausreichen, ohne dass eine weitere Prüfung oder Schulung erforderlich ist. |
|
(21) |
Wenn ein Triebfahrzeugführer den Arbeitgeber wechselt, sollte ebenfalls unnötiger Verwaltungs- und Finanzaufwand vermieden werden. Ein Eisenbahnunternehmen, das einen Fahrzeugführer einstellt, sollte den bereits erworbenen Qualifikationen Rechnung tragen und zusätzliche Prüfungen und Schulungsmaßnahmen so weit wie möglich vermeiden. |
|
(22) |
Unbeschadet der allgemeinen Regelung zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (8), die bis zum Ende des Übergangszeitraums weiter Anwendung findet, sollte die vorliegende Richtlinie hinsichtlich der Fahrberechtigungen, die Triebfahrzeugführern vor Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilt wurden, kein Recht auf gegenseitige Anerkennung begründen. |
|
(23) |
Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (9) erlassen werden. |
|
(24) |
Gemäß Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ (10) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen. |
|
(25) |
Die Mitgliedstaaten sollten Kontrollen der Einhaltung dieser Richtlinie und geeignete Maßnahmen für den Fall vorsehen, dass ein Triebfahrzeugführer gegen Bestimmungen dieser Richtlinie verstößt. |
|
(26) |
Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Sanktionen für Verstöße gegen einzelstaatliche Vorschriften, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen werden, vorsehen. |
|
(27) |
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge des Personen- und Güterverkehrverkehrs führen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. |
|
(28) |
Aus Gründen der Kostenwirksamkeit könnte es sich als zweckmäßig erweisen, Triebfahrzeugführer, die ausschließlich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingesetzt werden, für einen befristeten Zeitraum von der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auszunehmen, die sich auf die Verpflichtung dieser Triebfahrzeugführer beziehen, Fahrerlaubnisse und harmonisierte Zusatzbescheinigungen entsprechend dieser Richtlinie zu besitzen. Die Bedingungen für diese Ausnahmen sollten klar festgelegt werden. |
|
(29) |
Für Mitgliedstaaten, die nicht über ein Eisenbahnsystem verfügen und auch in nächster Zukunft nicht über ein solches verfügen werden, wäre die Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung diese Richtlinie unverhältnismäßig und sinnlos. Daher sollten diese Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie freigestellt werden, solange sie nicht über ein Eisenbahnsystem verfügen — |
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
KAPITEL I
ZWECK, GELTUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Zweck
In dieser Richtlinie werden die Voraussetzungen und Verfahren für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen, festgelegt. In ihr wird geregelt, welche Aufgaben den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, den Triebfahrzeugführern und anderen Betroffenen des Sektors, insbesondere Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreibern und Ausbildungszentren, zukommen.
Artikel 2
Geltungsbereich
1. Diese Richtlinie gilt für die Triebfahrzeugführer, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft für ein Eisenbahnunternehmen, das über eine Sicherheitsbescheinigung verfügen muss, oder für einen Infrastrukturbetreiber, der über eine Sicherheitsgenehmigung verfügen muss, führen.
2. Die Mitgliedstaaten dürfen Güterzüge nicht aufgrund innerstaatlicher Vorschriften für sonstiges Zugpersonal in Güterzügen daran hindern, Grenzen zu überqueren oder Inlandsverkehrsdienste in ihrem Hoheitsgebiet zu erbringen.
3. Unbeschadet des Artikels 7 können die Mitgliedstaaten von den Maßnahmen, die sie zur Durchführung dieser Richtlinie treffen, Triebfahrzeugführer ausnehmen, die ausschließlich wie folgt eingesetzt werden:
|
a) |
Untergrundbahnen, Straßenbahnen und andere Stadtbahnsysteme; |
|
b) |
Netze, die vom übrigen Eisenbahnsystem funktional getrennt sind und die nur für die Personen- und Güterbeförderung im örtlichen Verkehr, Stadt- oder Vorortverkehr bestimmt sind; |
|
c) |
Eisenbahninfrastruktur im Privateigentum, die ausschließlich zur Nutzung durch den Eigentümer der Infrastruktur für den eigenen Güterverkehr besteht; |
|
d) |
Streckenabschnitte, die für Instandhaltungs-, Erneuerungs- oder Modernisierungsarbeiten für den normalen Verkehr vorübergehend gesperrt sind. |
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
|
a) |
„zuständige Behörde“ die Sicherheitsbehörde gemäß Artikel 16 der Richtlinie 2004/49/EG; |
|
b) |
„Triebfahrzeugführer“ eine Person, die in der Lage und befugt ist, Züge, einschließlich Lokomotiven, Rangierlokomotiven, Bauzügen, Eisenbahnfahrzeugen für Unterhaltungsarbeiten und Zügen für den Personen- oder Güterverkehr, selbstständig, verantwortlich und sicher zu führen; |
|
c) |
„Eisenbahnsystem“ das System, das durch die Strecken und ortsfeste Anlagen umfassende Eisenbahninfrastruktur und durch die auf dieser Infrastruktur verkehrenden Fahrzeuge jeder Kategorie und Herkunft gebildet wird, wie es in der Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (11) und der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen Eisenbahnsystems (12) definiert wurde; |
|
d) |
„Infrastrukturbetreiber“ jede Stelle oder jedes Unternehmen, die bzw. das gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung von Eisenbahninfrastruktur oder Teilen davon zuständig ist und auch die Führung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur umfassen kann. Die Funktionen des Infrastrukturbetreibers in einem Schienennetz oder in Teilen davon können verschiedenen Stellen oder Unternehmen übertragen werden; |
|
e) |
„Eisenbahnunternehmen“ jedes Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Infrastrukturkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (13) sowie jedes sonstige öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss. Dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung sicherstellen; |
|
f) |
„Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI)“ die Spezifikationen, die für jedes Teilsystem oder Teile davon zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen und zur Gewährleistung der Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems im Sinne der Richtlinie 96/48/EG und der Richtlinie 2001/16/EG gelten; |
|
g) |
„Agentur“ die durch die Verordnung (EG) Nr. 881/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Errichtung einer Europäischen Eisenbahnagentur (14) errichtete Europäische Eisenbahnagentur; |
|
h) |
„Sicherheitsbescheinigung“ die Bescheinigung, die einem Eisenbahnunternehmen von einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 10 der Richtlinie 2004/49/EG erteilt wurde; |
|
i) |
„Bescheinigung“ die harmonisierte Zusatzbescheinigung, in der aufgeführt ist, auf welcher Infrastruktur der Inhaber fahren und welche Fahrzeuge er führen darf; |
|
j) |
„Sicherheitsgenehmigung“ die Bescheinigung, die einem Infrastrukturbetreiber von einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2004/49/EG erteilt wird; |
|
k) |
„Ausbildungszentrum“ eine von der zuständigen Behörde für die Erteilung der Lehrgänge zugelassene oder anerkannte Stelle. |
KAPITEL II
ZERTIFIZIERUNG VON TRIEBFAHRZEUGFÜHRERN
Artikel 4
Gemeinschaftsmodell für die Zertifizierung
1. Jeder Triebfahrzeugführer muss die für das Führen eines Zuges erforderliche Eignung und Qualifikation besitzen und folgende Dokumente vorweisen können:
|
a) |
eine Fahrerlaubnis, aus der hervorgeht, dass der Triebfahrzeugführer die Mindestvoraussetzungen in Bezug auf medizinische Anforderungen, Grundausbildung und allgemeine berufliche Kenntnisse erfüllt. Die Fahrerlaubnis enthält die persönlichen Daten des Fahrzeugführers, die ausstellende Behörde und die Gültigkeitsdauer. Bis zur Festlegung des Gemeinschaftsmodells für die Zertifizierung nach Absatz 4 hat die Fahrerlaubnis den Anforderungen des Anhangs I zu entsprechen; |
|
b) |
eine oder mehrere Bescheinigungen, in der bzw. denen aufgeführt ist, auf welcher Infrastruktur der Inhaber welche Fahrzeuge führen darf. Jede Bescheinigung hat den Anforderungen des Anhangs I zu entsprechen. |
2. Die vorgeschriebene Bescheinigung für einen bestimmten Teil der Infrastruktur ist jedoch in den nachstehend aufgeführten Ausnahmefällen nicht erforderlich, sofern ein anderer Triebfahrzeugführer, der über eine gültige Bescheinigung für die betreffende Infrastruktur verfügt, während des Fahrbetriebs neben dem Triebfahrzeugführer sitzt:
|
a) |
vom Infrastrukturbetreiber festgelegte Umleitung von Zügen oder Instandhaltung der Gleise aufgrund von Störungen des Eisenbahndienstes; |
|
b) |
einmalige Sonderfahrten mit historischen Zügen; |
|
c) |
einmalige Sonderfahrten im Güterverkehr, sofern der Infrastrukturbetreiber zustimmt; |
|
d) |
Auslieferung oder Vorführung eines neuen Zuges oder Triebfahrzeugs; |
|
e) |
Ausbildungs- und Prüfungsfahrten von Triebfahrzeugführern. |
Der Rückgriff auf diese Möglichkeit liegt in der Entscheidung des Eisenbahnunternehmens und kann weder von dem betreffenden Infrastrukturbetreiber noch von der zuständigen Behörde vorgeschrieben werden.
Wird ein zusätzlicher Fahrer auf die vorstehend festgelegte Weise eingesetzt, so ist das dem Infrastrukturbetreiber zuvor mitzuteilen.
3. Die Bescheinigung berechtigt zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen einer oder mehrerer der folgenden Klassen:
|
a) |
Klasse A: Rangierlokomotiven, Bauzüge, Eisenbahnfahrzeuge für Unterhaltungsarbeiten und Lokomotiven während des Rangierbetriebs; |
|
b) |
Klasse B: Personen- und/oder Güterverkehr. |
Eine Bescheinigung kann eine Genehmigung für alle Kategorien enthalten, die alle Codes nach Absatz 4 abdeckt.
4. Die Kommission legt vor dem […] (15) nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren auf der Grundlage eines von der Agentur erarbeiteten Entwurfs ein Gemeinschaftsmodell für die Fahrerlaubnis, die Bescheinigung und die beglaubigte Kopie der Bescheinigung fest und bestimmt deren äußere Merkmale. Die Kommission trägt dabei Maßnahmen für den Fälschungsschutz Rechnung.
Bis zum […] (15) legt die Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren auf der Grundlage einer Empfehlung der Agentur die Gemeinschaftscodes für die verschiedenen Typen in den Kategorien A und B nach Absatz 3 fest.
Artikel 5
Maßnahmen gegen Betrug
Die zuständigen Behörden und die ausstellenden Stellen ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um der Fälschung von Fahrerlaubnissen und Bescheinigungen und der Manipulation der in Artikel 22 vorgesehenen Register vorzubeugen.
Artikel 6
Eigentum, Sprache und ausstellende Stellen
1. Die Fahrerlaubnis ist Eigentum des Inhabers und wird von der zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a ausgestellt. Wenn eine zuständige Behörde oder ihr Vertreter eine Fahrerlaubnis in einer Landessprache ausstellt, die keine Gemeinschaftssprache ist, stellt sie bzw. er eine zweisprachige Fassung der Fahrerlaubnis aus, bei der eine Gemeinschaftssprache verwendet wird.
2. Die Bescheinigung wird vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber ausgestellt, das bzw. der den Triebfahrzeugführer beschäftigt oder unter Vertrag genommen hat. Die Bescheinigung ist Eigentum des ausstellenden Eisenbahnunternehmens oder Infrastrukturbetreibers; der Triebfahrzeugführer hat jedoch gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie 2004/49/EG einen Anspruch auf Ausstellung einer beglaubigten Kopie. Wenn ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber eine Bescheinigung in einer Landessprache ausstellt, die keine Gemeinschaftssprache ist, stellt es bzw. er eine zweisprachige Fassung der Bescheinigung aus, bei der eine Gemeinschaftssprache verwendet wird.
Artikel 7
Geografischer Geltungsbereich
1. Fahrerlaubnisse gelten für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft.
2. Bescheinigungen gelten ausschließlich für die in ihr aufgeführten Infrastrukturen und Fahrzeuge.
Artikel 8
Anerkennung der Zertifizierungsdokumente von Triebfahrzeugführern aus Drittländern
Zertifizierungsdokumente von Triebfahrzeugführern aus Drittländern, die ausschließlich in grenzüberschreitenden Abschnitten des Eisenbahnsystems eines Mitgliedstaats eingesetzt werden, können von diesem Mitgliedstaat im Rahmen bilateraler Vereinbarungen mit dem betreffenden Drittland anerkannt werden.
KAPITEL III
VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE ERTEILUNG DER FAHRERLAUBNIS UND DER BESCHEINIGUNG
Artikel 9
Mindestanforderungen
1. Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist, dass der Bewerber die in den Artikeln 10 und 11 genannten Mindestanforderungen erfüllt. Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung und für deren weitere Gültigkeit ist, dass der Bewerber Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und die in den Artikeln 12 und 13 genannten Mindestanforderungen erfüllt.
2. Ein Mitgliedstaat kann für die Erteilung von Fahrerlaubnissen in seinem Hoheitsgebiet strengere Anforderungen festlegen. Dessen ungeachtet erkennt er die von anderen Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse gemäß Artikel 7 an.
ABSCHNITT I
Fahrerlaubnis
Artikel 10
Mindestalter
Die Mitgliedstaaten schreiben für die Bewerber um eine Fahrerlaubnis ein Mindestalter vor, das mindestens 20 Jahre beträgt. Die Mitgliedstaaten können jedoch Bewerbern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Fahrerlaubnis erteilen, die nur im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der sie erteilt hat, gültig ist.
Artikel 11
Grundlegende Anforderungen
1. Der Bewerber muss eine mindestens neunjährige Schulausbildung (Primar- und Sekundarstufe) sowie eine Grundausbildung, die der Stufe 3 gemäß der Entscheidung 85/368/EWG des Rates vom 16. Juli 1985 über die Entsprechungen der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (16) entspricht, erfolgreich abgeschlossen haben.
2. Der Bewerber muss seine physische Eignung im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung nachweisen, die je nach Festlegung durch den Mitgliedstaat entweder von einem gemäß Artikel 20 anerkannten oder zugelassenen Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt wird. Diese Untersuchung erstreckt sich mindestens auf die in Anhang II Abschnitte 1.1, 1.2, 1.3 und 2.1 aufgeführten Punkte.
3. Der Bewerber muss seine arbeitspsychologische Eignung im Rahmen einer Untersuchung nachweisen, die je nach Festlegung durch den Mitgliedstaat entweder von einem gemäß Artikel 20 anerkannten oder zugelassenen Psychologen oder Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt wird. Diese Untersuchung erstreckt sich mindestens auf die in Anhang II Abschnitt 2.2 aufgeführten Punkte.
4. Der Bewerber muss seine allgemeinen Fachkenntnisse im Rahmen einer Prüfung nachgewiesen haben, die mindestens die in Anhang IV aufgeführten allgemeinen Themen umfasst.
ABSCHNITT II
Bescheinigung
Artikel 12
Sprachkenntnisse
Der Bewerber muss die in Anhang VI vorgeschriebenen Sprachkenntnisse vorweisen, welche für die Infrastrukturen geprüft werden, für die die Bescheinigung beantragt wird.
Artikel 13
Berufliche Qualifikation
1. Der Bewerber muss eine Prüfung seiner beruflichen Kenntnisse und seiner Befähigung für die Fahrzeuge bestanden haben, für die die Bescheinigung angestrebt wird. Diese Prüfung muss mindestens die in Anhang V aufgeführten allgemeinen Themen umfassen.
2. Der Bewerber muss eine Prüfung seiner beruflichen Kenntnisse und seiner Befähigung für die jeweiligen Infrastrukturen bestanden haben, für die die Bescheinigung angestrebt wird. Diese Prüfung muss mindestens die in Anhang VI aufgeführten Themen umfassen. Gegebenenfalls werden in dieser Prüfung auch die Sprachkenntnisse gemäß Anhang VI Abschnitt 8 geprüft.
3. Der Bewerber wird vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber für dessen in der Richtlinie 2004/49/EG vorgeschriebenes Sicherheitsmanagementsystem geschult.
KAPITEL IV
VERFAHREN FÜR DIE ERTEILUNG DER FAHRERLAUBNIS UND DER BESCHEINIGUNG
Artikel 14
Erteilung der Fahrerlaubnis
1. Die zuständige Behörde macht das Verfahren zur Erteilung einer Fahrerlaubnis öffentlich bekannt.
2. Alle Anträge auf Erteilung einer Fahrerlaubnis sind vom Bewerber selbst oder von einer Stelle in seinem Namen bei der zuständigen Behörde einzureichen.
3. Der Antrag bei der zuständigen Behörde kann auf die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, auf eine Aktualisierung der Einzelangaben in der Fahrerlaubnis, auf eine Erneuerung oder auf die Ausstellung eines Duplikats gerichtet sein.
4. Die zuständige Behörde erteilt die Fahrerlaubnis so bald wie möglich, spätestens jedoch einen Monat nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen.
5. Die Fahrerlaubnis ist vorbehaltlich des Artikels 16 Absatz 1 zehn Jahre lang gültig.
6. Die Fahrerlaubnis wird in einem einzigen Original erteilt. Jede Art der Vervielfältigung, ausgenommen der Fall eines Antrags auf Ausstellung eines Duplikats durch die zuständige Behörde, ist verboten.
Artikel 15
Ausstellung der Bescheinigung
Jedes Eisenbahnunternehmen und jeder Infrastrukturbetreiber richtet im Rahmen seines Sicherheitsmanagementsystems Verfahren für die Ausstellung oder Aktualisierung der Bescheinigungen gemäß dieser Richtlinie ein sowie Beschwerdeverfahren, die es den Triebfahrzeugführern ermöglichen, die Überprüfung einer Entscheidung über die Ausstellung, Aktualisierung, Aussetzung oder Entziehung einer Bescheinigung zu verlangen.
Das Eisenbahnunternehmen bzw. der Infrastrukturbetreiber aktualisiert die Bescheinigung unverzüglich, wenn dem Inhaber der Bescheinigung zusätzliche Genehmigungen für bestimmte Fahrzeuge oder Infrastrukturen erteilt wurden.
Artikel 16
Regelmäßige Überprüfungen
1. Zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis hat sich der Inhaber regelmäßigen Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen der in Artikel 11 Absätze 2 und 3 genannten Anforderungen zu unterziehen. Bei den medizinischen Anforderungen ist die Mindesthäufigkeit nach Anhang II Abschnitt 3.1 einzuhalten. Diese ärztlichen Untersuchungen werden von einem gemäß Artikel 20 anerkannten oder zugelassenen Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt. Für die allgemeinen beruflichen Kenntnisse gilt Artikel 23 Absatz 8.
Bei Erneuerung einer Fahrerlaubnis überprüft die zuständige Behörde anhand des Registers nach Artikel 22 Absatz 1, ob der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Unterabsatzes 1 des vorliegenden Absatzes erfüllt hat.
2. Zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit der Bescheinigung hat sich der Inhaber regelmäßigen Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen der in den Artikeln 12 und 13 genannten Anforderungen zu unterziehen. Die Häufigkeit dieser Überprüfungen bzw. Kontrollen ist vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber, das bzw. der den Triebfahrzeugführer beschäftigt oder unter Vertrag genommen hat, gemäß seinem internen Sicherheitsmanagementsystem festzulegen, wobei die in Anhang VII vorgesehene Mindesthäufigkeit einzuhalten ist.
Bei jeder dieser Überprüfungen bestätigt die Stelle, die die Bescheinigung ausgestellt hat, durch einen Vermerk auf der Bescheinigung selbst und einen entsprechenden Eintrag im Register nach Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a, dass der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Unterabsatzes 1 des vorliegenden Absatzes erfüllt hat.
3. Versäumt der Triebfahrzeugführer eine regelmäßige Überprüfung oder ergibt die Überprüfung ein negatives Ergebnis, so gilt das Verfahren des Artikels 18.
Artikel 17
Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
Wenn ein Triebfahrzeugführer nicht länger für ein Eisenbahnunternehmen oder einen Infrastrukturbetreiber arbeitet, setzt das Eisenbahnunternehmen oder der Infrastrukturbetreiber die zuständige Behörde unverzüglich davon in Kenntnis.
Die Fahrerlaubnis bleibt gültig, solange die Voraussetzungen des Artikels 16 Absatz 1 weiterhin erfüllt sind.
Die Bescheinigung wird ungültig, wenn ihr Inhaber nicht länger als Triebfahrzeugführer beschäftigt ist. Der Inhaber erhält jedoch eine beglaubigte Kopie der Bescheinigung als Nachweis seiner beruflichen Befähigung. Bei der Ausstellung einer Bescheinigung an einen Triebfahrzeugführer trägt ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber dieser Befähigung Rechnung.
Artikel 18
Überwachung von Triebfahrzeugführern durch Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber
1. Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber sind zu verpflichten, dafür zu sorgen und zu überprüfen, dass die Fahrerlaubnisse und die Bescheinigungen der von ihnen beschäftigten oder unter Vertrag genommenen Triebfahrzeugführer gültig sind.
Sie richten ein System zur Überwachung ihrer Triebfahrzeugführer ein. Stellen die Ergebnisse einer solchen Überwachung die berufliche Befähigung eines Triebfahrzeugführers und die Aufrechterhaltung der Fahrerlaubnis oder der Bescheinigung in Frage, so ergreift das Eisenbahnunternehmen bzw. der Infrastrukturbetreiber unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen.
2. Ist ein Triebfahrzeugführer der Ansicht, dass sein Gesundheitszustand seine berufliche Eignung in Frage stellt, so hat er je nach Sachlage unverzüglich das Eisenbahnunternehmen oder den Infrastrukturbetreiber zu unterrichten.
Sobald ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber davon Kenntnis hat oder von einem Arzt darüber unterrichtet wird, dass der Gesundheitszustand eines Triebfahrzeugführers sich so weit verschlechtert hat, dass seine berufliche Eignung in Frage gestellt ist, ergreift es bzw. er unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Untersuchung nach Anhang II Abschnitt 3.1. Darüber hinaus hat es bzw. er dafür zu sorgen, dass ein Triebfahrzeugführer während seines Dienstes zu keinem Zeitpunkt unter dem Einfluss von Stoffen steht, die seine Konzentration, seine Aufmerksamkeit oder sein Verhalten beeinträchtigen können. Die zuständige Behörde ist in jedem Fall unverzüglich zu unterrichten, wenn eine Arbeitsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.
KAPITEL V
AUFGABEN UND ENTSCHEIDUNGEN DER ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDE
Artikel 19
Aufgaben der zuständigen Behörde
1. Die zuständige Behörde nimmt in transparenter und nicht diskriminierender Weise folgende Aufgaben wahr:
|
a) |
Erteilung und Aktualisierung von Fahrerlaubnissen und Ausstellung von Duplikaten gemäß den Artikeln 6 und 14; |
|
b) |
Durchführung regelmäßiger Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen gemäß Artikel 16 Absatz 1; |
|
c) |
Aussetzung und Entziehung von Fahrerlaubnissen und — an die ausstellende Stelle gerichtete — begründete Aufforderungen zur Aussetzung von Bescheinigungen gemäß Artikel 28; |
|
d) |
Anerkennung von Personen oder Stellen gemäß den Artikeln 23 und 24, sofern sie vom jeweiligen Mitgliedstaat hierfür bestellt wurden; |
|
e) |
Gewährleistung, dass ein Register der gemäß Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Personen und Stellen veröffentlicht und aktualisiert wird; |
|
f) |
Gewährleistung, dass das in Artikel 16 Absatz 1 und Artikel 22 vorgesehene Fahrerlaubnisregister geführt und aktualisiert wird; |
|
g) |
Überwachung des Verfahrens für die Zertifizierung der Triebfahrzeugführer gemäß Artikel 25; |
|
h) |
Durchführung von Kontrollen gemäß Artikel 28; |
|
i) |
Festlegung nationaler Kriterien für Prüfer nach Artikel 24 Absatz 5. |
Im Vorfeld der Erteilung einer Fahrerlaubnis reagiert die zuständige Behörde umgehend auf Informationsanfragen und legt unverzüglich etwaige Ersuchen um zusätzliche Informationen vor.
2. Die zuständige Behörde darf die in Absatz 1 Buchstaben c, f und g genannten Aufgaben nicht an Dritte übertragen.
3. Die Übertragung von Aufgaben an Dritte erfolgt in transparenter und nicht diskriminierender Weise und darf nicht zu Interessenskonflikten führen.
4. Überträgt die zuständige Behörde die in Absatz 1 Buchstaben a oder b genannten Aufgaben einem Eisenbahnunternehmen oder gibt sie ihm diese Aufgaben in Auftrag, so muss mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:
|
a) |
das Eisenbahnunternehmen erteilt nur den eigenen Triebfahrzeugführern Fahrerlaubnisse; |
|
b) |
das Eisenbahnunternehmen ist in dem betroffenen Hoheitsgebiet für keine der ihm übertragenen oder in Auftrag gegebenen Aufgaben ausschließlich zuständig. |
5. Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben oder gibt sie diese in Auftrag, so sind die ermächtigten Vertreter oder Auftragnehmer zu verpflichten, bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben den Verpflichtungen der zuständigen Behörde aus dieser Richtlinie nachzukommen.
6. Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben oder gibt sie diese in Auftrag, so richtet sie ein Kontrollsystem ein, mit dem überprüft wird, wie diese Aufgaben ausgeführt worden sind, und gewährleistet die Einhaltung der in den Absätzen 2, 4 und 5 festgelegten Bedingungen.
Artikel 20
Zulassung und Anerkennung
1. Nach dieser Richtlinie zugelassene Personen oder Stellen werden von einer vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Akkreditierungsstelle zugelassen. Die Zulassung erfolgt anhand der Kriterien Unabhängigkeit, Sachverstand und Unparteilichkeit, beispielsweise anhand der einschlägigen europäischen Normen der Reihe EN 45000, sowie aufgrund der Auswertung der von den Bewerbern vorgelegten Unterlagen, in denen sie ihre Fähigkeiten in dem betreffenden Bereich nachweisen.
2. Alternativ zur Zulassung nach Absatz 1 kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass die im Rahmen dieser Richtlinie anerkannten Personen oder Stellen von der zuständigen Behörde oder einer vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Stelle anerkannt werden. Die Anerkennung erfolgt anhand der Kriterien Unabhängigkeit, Sachverstand und Unparteilichkeit. In den Fällen, in denen der spezielle Sachverstand äußerst selten ist, ist jedoch eine Ausnahme von dieser Regel nach einer befürwortenden Stellungnahme der Kommission zulässig, die diese nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren abgibt.
Das Kriterium der Unabhängigkeit findet keine Anwendung bei der Ausbildung im Sinne von Artikel 23 Absätze 5 und 6.
3. Die zuständige Behörde sorgt für die Veröffentlichung und Aktualisierung eines Registers der Personen und Stellen, die im Rahmen dieser Richtlinie zugelassen oder anerkannt worden sind.
Artikel 21
Entscheidungen der zuständigen Behörde
1. Die zuständige Behörde hat ihre Entscheidungen zu begründen.
2. Die zuständige Behörde sorgt dafür, dass ein Verwaltungsbeschwerdeverfahren eingerichtet wird, das es dem Arbeitgeber und dem Triebfahrzeugführer ermöglicht, die Überprüfung von Entscheidungen über alle im Rahmen dieser Richtlinie gestellten Anträgen zu verlangen.
3. Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um eine gerichtliche Überprüfung der von der zuständigen Behörde getroffenen Entscheidungen sicherzustellen.
Artikel 22
Register und Datenaustausch
1. Die zuständigen Behörden sind zu verpflichten,
|
a) |
ein Register aller erteilten, aktualisierten, erneuerten, geänderten, abgelaufenen, ausgesetzten, entzogenen oder als verloren, gestohlen oder zerstört gemeldeten Fahrerlaubnisse zu führen. Dieses Register enthält für jede Fahrerlaubnis die in Anhang I Abschnitt 4 vorgeschriebenen Angaben, die mit Hilfe der jedem Triebfahrzeugführer zugewiesenen nationalen Kennnummer zugänglich sind. Das Register ist regelmäßig zu aktualisieren; |
|
b) |
den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten, der Agentur oder jedem Arbeitgeber von Triebfahrzeugführern auf begründete Anfrage Auskunft über den Status der Fahrerlaubnisse zu erteilen. |
2. Die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber sind zu verpflichten,
|
a) |
ein Register aller ausgestellten, aktualisierten, erneuerten, geänderten, abgelaufenen, ausgesetzten, entzogenen oder als verloren, gestohlen oder zerstört gemeldeten Bescheinigungen zu führen oder dafür zu sorgen, dass ein solches Register geführt wird. Dieses Register enthält die in Anhang I Abschnitt 4 vorgeschriebenen Angaben jeder Bescheinigung sowie die Angaben zu den regelmäßigen Überprüfungen gemäß Artikel 16. Das Register ist regelmäßig zu aktualisieren; |
|
b) |
mit der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem sie niedergelassen sind, zusammenzuarbeiten, um Informationen mit der zuständigen Behörde auszutauschen und ihr Zugang zu den angeforderten Daten zu geben; |
|
c) |
den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten auf deren Anfrage Auskünfte über den Inhalt dieser Bescheinigungen zu erteilen, sofern das aufgrund ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeiten erforderlich ist. |
3. Die zuständigen Behörden arbeiten mit der Agentur zusammen, um die Interoperabilität der in den Absätzen 1 und 2 genannten Register sicherzustellen. Dazu legt die Kommission vor dem […] (17) nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren auf der Grundlage eines von der Agentur erarbeiteten Entwurfs die Eckdaten der einzurichtenden Register fest, wie die zu registrierenden Daten, das Format dieser Daten und das Datenaustauschprotokoll, die Zugriffsrechte, die Dauer der Speicherung der Daten sowie das zu befolgende Verfahren bei Insolvenz.
4. Die zuständigen Behörden, Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen stellen sicher, dass die Register nach den Absätzen 1 und 2 und die Art der Nutzung dieser Register der Richtlinie 95/46/EG entsprechen.
5. Die Agentur stellt sicher, dass das nach Absatz 2 Buchstaben a und b eingeführte System der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 entspricht.
KAPITEL VI
AUSBILDUNG UND PRÜFUNG DER TRIEBFAHRZEUGFÜHRER
Artikel 23
Ausbildung
1. Die Ausbildung von Triebfahrzeugführern umfasst einen Teil, der sich auf die Fahrerlaubnis bezieht und die allgemeinen beruflichen Fertigkeiten gemäß Anhang IV zum Gegenstand hat, und einen Teil, der sich auf die Bescheinigung bezieht und die speziellen beruflichen Fertigkeiten gemäß den Anhängen V und VI zum Gegenstand hat.
2. Die Ausbildungsmethode muss den Kriterien des Anhangs III genügen.
3. Die Ziele dieser Ausbildung sind im Einzelnen für die Fahrerlaubnis in Anhang IV und für die Bescheinigung in den Anhängen V und VI festgelegt. Sie können ergänzt werden
|
a) |
entweder durch die einschlägigen TSI — wobei die Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren für die Abstimmung zwischen den vorstehend genannten TSI und den Anhängen dieser Richtlinie sorgt — oder |
|
b) |
durch die von der Agentur gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 881/2004 vorgeschlagenen und von der Kommission gemäß Artikel 31 Absatz 2 der vorliegenden Richtlinie festgelegten Kriterien. |
4. Gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2004/49/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bewerber einen fairen und nicht diskriminierenden Zugang zu der Ausbildung haben, die zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis und die Ausstellung der Bescheinigung erforderlich ist.
5. Ausbildungsaufgaben im Bereich der allgemeinen beruflichen Kenntnisse nach Artikel 11 Absatz 4, Sprachkenntnisse nach Artikel 12 und beruflichen Kenntnisse für die Fahrzeuge nach Artikel 13 Absatz 1 werden von Personen oder Stellen wahrgenommen, die gemäß Artikel 20 zugelassen oder anerkannt sind.
6. Ausbildungsaufgaben im Bereich der Infrastrukturkenntnisse nach Artikel 13 Absatz 2, einschließlich der Streckenkenntnis und der Kenntnis der Betriebsvorschriften und -verfahren, werden von Personen oder Stellen wahrgenommen, die von dem Mitgliedstaat zugelassen oder anerkannt sind, in dem sich die Infrastruktur befindet.
7. Bei der Fahrerlaubnis gilt für die Anerkennung der beruflichen Qualifikation von Triebfahrzeugführern, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind und ihren Ausbildungsnachweis in einem Drittland erworben haben, weiterhin die durch die Richtlinie 2005/36/EG festgelegte allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise.
8. Es ist ein Verfahren der ständigen Weiterbildung einzurichten, um sicherzustellen, dass die Befähigung des Personals aufrechterhalten wird entsprechend Anhang III Nummer 2 Buchstabe e der Richtlinie 2004/49/EG.
Artikel 24
Prüfungen
1. Die Prüfungen zur Kontrolle der geforderten Qualifikationen und die entsprechenden Prüfer werden wie folgt festgelegt:
|
a) |
Prüfungen und Prüfer für die Fahrerlaubnis: durch die zuständige Behörde, wenn diese das Verfahren zur Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß Artikel 14 Absatz 1 festlegt; |
|
b) |
Prüfungen und Prüfer für die Bescheinigung: durch das Eisenbahnunternehmen oder den Infrastrukturbetreiber, wenn diese das Verfahren zur Ausstellung der Bescheinigung gemäß Artikel 15 festlegen. |
2. Die in Absatz 1 genannten Prüfungen werden von sachkundigen Prüfern vorgenommen, die gemäß Artikel 20 zugelassen oder anerkannt sind, wobei die Prüfungen so durchzuführen sind, dass Interessenkonflikte ausgeschlossen sind.
3. Die Bewertung der Kenntnis der Infrastrukturen, einschließlich der Streckenkenntnis und der Kenntnis der Betriebsvorschriften, erfolgt durch Personen oder Stellen, die von dem Mitgliedstaat, in dem sich die Infrastrukturen befinden, zugelassen oder anerkannt sind.
4. Die in Absatz 1 genannten Prüfungen werden so organisiert, dass jeder Interessenskonflikt vermieden wird, was jedoch nicht ausschließt, dass der Prüfer dem Eisenbahnunternehmen oder dem Infrastrukturbetreiber angehört, das bzw. der die Bescheinigung ausstellt.
5. Für die Auswahl der Prüfer und Prüfungen können gemeinschaftliche Kriterien zugrunde gelegt werden, die von der Agentur vorgeschlagen und von der Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt werden. Fehlen solche gemeinschaftliche Kriterien, so legen die zuständigen Behörden nationale Kriterien fest.
6. Die Ausbildung wird mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung abgeschlossen. Das Fahrkönnen wird auf Fahrten im Streckennetz bewertet. Simulatoren können auch zur Prüfung der Anwendung der Betriebsvorschriften und der Leistung des Triebfahrzeugführers in besonders schwierigen Situationen eingesetzt werden.
KAPITEL VII
BEURTEILUNG
Artikel 25
Qualitätsnormen
Die zuständigen Behörden sorgen dafür, dass alle Tätigkeiten, die mit der Ausbildung, der Beurteilung der Fähigkeiten und der Aktualisierung von Fahrerlaubnissen und Bescheinigungen im Zusammenhang stehen, im Rahmen eines Systems von Qualitätsnormen ständig überwacht werden. Das gilt nicht für Tätigkeiten, die bereits von den Sicherheitsmanagementsystemen erfasst werden, die von Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern gemäß der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet wurden.
Artikel 26
Unabhängige Beurteilung
1. In jedem Mitgliedstaat wird in Abständen von höchstens fünf Jahren eine unabhängige Beurteilung der Verfahren zum Erwerb und zur Beurteilung der Fachkenntnisse und der Fähigkeiten sowie des Systems für die Erteilung von Fahrerlaubnissen und die Ausstellung von Bescheinigungen vorgenommen. Das gilt nicht für Tätigkeiten, die bereits von den Sicherheitsmanagementsystemen erfasst werden, die von Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern gemäß der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet wurden. Die Beurteilung wird von qualifizierten Personen vorgenommen, die selber die betreffenden Tätigkeiten nicht ausüben.
2. Die Ergebnisse dieser unabhängigen Beurteilungen werden ordnungsgemäß dokumentiert und den betroffenen zuständigen Behörden vorgelegt. Falls erforderlich ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um alle bei der unabhängigen Beurteilung aufgedeckten Mängel zu beheben.
KAPITEL VIII
ZERTIFIZIERUNG VON SONSTIGEM PERSONAL
Artikel 27
Bericht zu sonstigem Personal
Für sonstiges Personal im Triebfahrzeug oder im Zug, das sicherheitsrelevante Aufgaben wahrnimmt und dessen berufliche Qualifikationen dementsprechend zur Eisenbahnsicherheit beitragen, benennt die Agentur in einem Bericht, der bis zum […] (18) vorzulegen ist, das Anforderungsprofil und die Aufgaben dieses Personals, die mittels eines Systems von Genehmigungen und bzw. oder Bescheinigungen, das dem durch diese Richtlinie geschaffenen System vergleichbar sein kann, auf Gemeinschaftsebene geregelt werden sollten.
KAPITEL IX
KONTROLLEN UND SANKTIONEN
Artikel 28
Kontrollen durch die zuständige Behörde
1. Die zuständige Behörde kann jederzeit Vorkehrungen treffen, um an Bord von Zügen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich verkehren, zu überprüfen, ob der Triebfahrzeugführer die gemäß dieser Richtlinie erteilten Dokumente vorweisen kann.
2. Ungeachtet der Überprüfung nach Absatz 1 kann die zuständige Behörde bei fahrlässigem Verhalten des jeweiligen Triebfahrzeugführers am Arbeitsplatz prüfen, ob der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Artikels 13 erfüllt.
3. Die zuständige Behörde kann Untersuchungen durchführen, um zu überprüfen, ob die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Triebfahrzeugführer, Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreiber, Prüfer und Ausbildungszentren diese Richtlinie einhalten.
4. Stellt die zuständige Behörde fest, dass ein Triebfahrzeugführer eine oder mehrere geforderte Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, so ergreift sie folgende Maßnahmen:
|
a) |
Im Falle einer von der zuständigen Behörde erteilten Fahrerlaubnis: Die zuständige Behörde setzt die Fahrerlaubnis aus. Diese Aussetzung erfolgt je nach Umfang der für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs verursachten Probleme vorübergehend oder auf Dauer. Sie unterrichtet unter Angabe der Gründe umgehend den betroffenen Triebfahrzeugführer und seinen Arbeitgeber von ihrer Entscheidung, wobei das Beschwerderecht nach Artikel 21 unberührt bleibt. Die zuständige Behörde teilt mit, nach welchem Verfahren die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden kann. |
|
b) |
Im Falle einer Fahrerlaubnis, die von einer zuständigen Behörde in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde: Die zuständige Behörde wendet sich an jene Behörde und verlangt unter Angabe von Gründen entweder eine zusätzliche Kontrolle oder die Aussetzung der Fahrerlaubnis. Die ersuchende zuständige Behörde unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von ihrem Ersuchen. Die Behörde, die die betreffende Fahrerlaubnis erteilt hat, prüft das Ersuchen innerhalb von vier Wochen und teilt der ersuchenden Behörde ihre Entscheidung mit. Die Behörde, die die betreffende Fahrerlaubnis erteilt hat, unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von dieser Entscheidung. Bis zur Mitteilung der Entscheidung der Behörde, die die Fahrerlaubnis erteilt hat, kann jede zuständige Behörde dem betreffenden Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen. |
|
c) |
Im Falle einer Bescheinigung: Die zuständige Behörde wendet sich an die ausstellende Stelle und verlangt entweder eine zusätzliche Kontrolle oder die Aussetzung der Bescheinigung. Die erteilende Stelle ergreift die erforderlichen Maßnahmen und erstattet der zuständigen Behörde innerhalb von vier Wochen Rückmeldung. Bis zur Vorlage der Rückmeldung der ausstellenden Stelle kann die zuständige Behörde dem betreffenden Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen und unterrichtet hiervon die Kommission und die anderen zuständigen Behörden. |
Wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass ein bestimmter Triebfahrzeugführer eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs darstellt, ergreift sie auf jeden Fall unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, indem sie beispielsweise den Infrastrukturbetreiber auffordert, den Zug anzuhalten, und dem Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich so lange wie nötig untersagt. Sie unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von jeder solchen Entscheidung.
In allen Fällen aktualisiert die zuständige Behörde oder die zu diesem Zweck benannte Stelle das Register nach Artikel 22.
5. Ist eine zuständige Behörde der Auffassung, dass eine von einer zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats gemäß Absatz 4 getroffene Entscheidung die einschlägigen Kriterien nicht erfüllt, so wird die Kommission mit dieser Frage befasst, die dann innerhalb von drei Monaten dazu Stellung nimmt. Dem betreffenden Mitgliedstaat werden erforderlichenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen. Bei Meinungsverschiedenheiten oder in Streitfällen wird der in Artikel 31 Absatz 1 genannte Ausschuss mit dieser Frage befasst, und die Kommission trifft nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren die notwendigen Maßnahmen. Ein Mitgliedstaat kann das Fahrverbot für den betreffenden Triebfahrzeugführer in seinem Hoheitsgebiet nach Absatz 4 aufrechterhalten, bis die Angelegenheit gemäß dem vorliegenden Absatz abgeschlossen ist.
Artikel 29
Sanktionen
Unbeschadet anderer in dieser Richtlinie vorgesehener Sanktionen und Verfahren legen die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, nicht diskriminierend und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen diese Bestimmungen der Kommission spätestens zu dem in Artikel 35 genannten Zeitpunkt mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.
KAPITEL X
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 30
Anpassung der Anhänge
Die Anhänge werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt angepasst.
Artikel 31
Ausschussverfahren
1. Die Kommission wird von dem durch Artikel 21 der Richtlinie 96/48/EG eingesetzten Ausschuss unterstützt.
2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.
Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.
3. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel 32
Bericht
Die Agentur beurteilt die Entwicklung der gemäß dieser Richtlinie vorgenommenen Zertifizierung von Triebfahrzeugführern. Sie legt der Kommission spätestens vier Jahre nach Festlegung der Eckdaten der Register nach Artikel 22 Absatz 3 einen Bericht vor, in dem sie gegebenenfalls Systemverbesserungen bei folgenden Punkten vorschlägt:
|
a) |
Verfahren für die Erteilung von Fahrerlaubnissen und die Ausstellung von Bescheinigungen, |
|
b) |
Zulassung von Ausbildungszentren und Prüfern, |
|
c) |
das von den zuständigen Behörden eingerichtete Qualitätssicherungssystem, |
|
d) |
gegenseitige Anerkennung von Befähigungsnachweisen, |
|
e) |
Angemessenheit der Ausbildungsanforderungen in den Anhängen IV, V und VI in Bezug auf die Marktstruktur und auf die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a genannten Klassen, |
|
f) |
Vernetzung von Registern und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. |
Darüber hinaus kann die Agentur in diesem Bericht gegebenenfalls Maßnahmen für die theoretische und praktische Prüfung der Fachkenntnisse der Bewerber um die harmonisierte Bescheinigung für Fahrzeuge und die entsprechenden Infrastrukturen empfehlen.
Die Kommission ergreift anhand dieser Empfehlungen die geeigneten Maßnahmen und schlägt erforderlichenfalls Änderungen dieser Richtlinie vor.
Artikel 33
Einsatz von Chipkarten
Die Agentur prüft bis zum […] (19) die Möglichkeit des Einsatzes einer Chipkarte, die die Fahrerlaubnis und die Bescheinigungen nach Artikel 4 miteinander kombiniert, und erstellt eine Kosten-Nutzen-Analyse. Gegebenenfalls legt die Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren auf der Grundlage eines von der Agentur erarbeiteten Entwurfs die technischen und betriebsbezogenen Spezifikationen einer solchen Chipkarte fest. Die Einführung dieser Chipkarte kann eine Anpassung der Anhänge gemäß Artikel 30 erforderlich machen.
Artikel 34
Zusammenarbeit
Die Mitgliedstaaten unterstützen sich gegenseitig bei der Durchführung dieser Richtlinie. Die zuständigen Behörden arbeiten in dieser Durchführungsphase zusammen.
Die Agentur fördert diese Zusammenarbeit und organisiert zu diesem Zweck geeignete Zusammenkünfte mit Vertretern der zuständigen Behörden.
Artikel 35
Umsetzung
1. Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie ab dem […] (20) nachzukommen. Sie übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Die Kommission setzt die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis.
3. Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, so lange in ihrem Hoheitsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.
Artikel 36
Schrittweise Durchführung und Übergangszeiträume
Die Durchführung dieser Richtlinie erfolgt in folgenden Schritten:
|
1. |
Die Register nach Artikel 22 werden innerhalb von zwei Jahren nach Festlegung der Eckdaten der Register im Sinne von Artikel 22 Absatz 3 eingerichtet. |
|
2. |
|
|
3. |
Triebfahrzeugführer, denen Fahrberechtigungen gemäß den vor Anwendung der Nummer 2 Buchstaben a und b geltenden Bestimmungen erteilt wurden, dürfen ihre berufliche Tätigkeit aufgrund ihrer Fahrberechtigungen und ohne Anwendung dieser Richtlinie bis zum Ablauf von sieben Jahren nach Einrichtung der in Nummer 1 genannten Register weiter ausüben. Die Mitgliedstaaten können Triebfahrzeugführer in Ausbildung, die vor Anwendung der Nummer 2 Buchstaben a und b mit einem zugelassenen allgemein- und berufsbildenden Programm oder mit einem zugelassenen berufsbildenden Lehrgang begonnen haben, nach den geltenden einzelstaatlichen Vorschriften zertifizieren. Die zuständige Behörde bzw. die zuständigen Behören kann bzw. können in der vorliegenden Nummer genannte Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführer in Ausbildung in Ausnahmefällen vom Erfordernis der Erfüllung der medizinischen Anforderungen nach Anhang II befreien. Die Gültigkeit einer Fahrerlaubnis, die aufgrund einer solchen Befreiung erteilt wurde, ist auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu begrenzen. |
|
4. |
Die zuständigen Behörden, die Eisenbahnunternehmen und die Infrastrukturbetreiber stellen sicher, dass schrittweise eine regelmäßige Überprüfung der Triebfahrzeugführer, die nicht über Fahrerlaubnisse und Bescheinigungen im Sinne dieser Richtlinie verfügen, eingeführt wird, die der in Artikel 16 vorgesehenen Überprüfung vergleichbar ist. |
|
5. |
Für Mitgliedstaaten, die das beantragen, ersucht die Kommission in Abstimmung mit dem betreffenden Mitgliedstaat die Agentur, eine Kosten-Nutzen-Analyse der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auf Triebfahrzeugführer durchzuführen, die ausschließlich auf Strecken im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats fahren. Die Kosten-Nutzen-Analyse deckt einen Zeitraum von zehn Jahren ab. Sie wird der Kommission bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Einrichtung des in Nummer 1 genannten Registers unterbreitet. Zeigt die Kosten-Nutzen-Analyse, dass die Kosten der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auf solche Triebfahrzeugführer die Vorteile überwiegen, so erlässt die Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren binnen sechs Monaten nach Vorlage der Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse eine Entscheidung. In dieser Entscheidung kann vorgesehen werden, dass Nummer 2 Buchstaben b und c des vorliegenden Artikels während eines Zeitraums von bis zu zehn Jahren im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht auf solche Triebfahrzeugführer anzuwenden ist. Spätestens 24 Monate vor Ablauf dieses befristeten Befreiungszeitraums kann die Kommission unter Berücksichtigung einschlägiger Entwicklungen im Eisenbahnsektor des betreffenden Mitgliedstaats die Agentur nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren ersuchen, eine weitere Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen, die der Kommission spätestens zwölf Monate vor Ablauf des befristeten Befreiungszeitraums zu unterbreiten ist. Die Kommission erlässt dann eine Entscheidung gemäß dem in Unterabsatz 2 der vorliegenden Nummer beschriebenen Verfahren. |
Artikel 37
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 38
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
…
Im Namen des Rates
Der Präsident
…
(1) ABl. L 221 vom 8.9.2005, S. 64.
(2) ABl. L 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28.9.2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 14.9.2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom... (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(4) ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44.
(5) ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/51/EG des Europäisches Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164).
(6) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).
(7) ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
(8) ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.
(9) ABl. L 184 vom 17.7. 1999, S. 23.
(10) ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
(11) ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 6. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 114).
(12) ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/50/EG.
(13) ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG.
(14) ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 1. Berichtigte Fassung in ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 3.
(15) Ein Jahr nach dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie.
(16) ABl. L 199 vom 31.7.1985, S. 56.
(17) Ein Jahr nach dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie.
(18) Zwei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie.
(19) Fünf Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie.
(20) 24 Monate nach dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Richtlinie.
ANHANG I
GEMEINSCHAFTS-MODELL DER FAHRERLAUBNIS UND DER HARMONISIERTEN ZUSATZBESCHEINIGUNG
1. MERKMALE DER FAHRERLAUBNIS
Die äußeren Merkmale der Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer entsprechen den ISO-Normen 7810 und 7816-1.
Die Karte besteht aus Polycarbonat.
Die Verfahren, mit denen die Merkmale der Fahrerlaubnisse auf Übereinstimmung mit den internationalen Normen geprüft werden, entsprechen der ISO-Norm 10373.
2. INHALT DER FAHRERLAUBNIS
Die Vorderseite der Fahrerlaubnis enthält folgende Angaben:
|
a) |
In großen Schrifttypen die Aufschrift „Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer“ in der (den) Sprache(n) des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt; |
|
b) |
den Namen des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt; |
|
c) |
das Unterscheidungszeichen des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt, gemäß dem Ländercode nach ISO 3166, im Negativdruck in einem blauen Rechteck, umgeben von zwölf gelben Sternen; |
|
d) |
Angaben, die bei Erteilung der Fahrerlaubnis unter Verwendung folgender Nummerierung einzutragen sind:
|
|
e) |
die Aufschrift „Modell der Europäischen Gemeinschaften“ in der (den) Sprache(n) des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt, und die Aufschrift „Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer“ in den anderen Sprachen der Gemeinschaft in gelbem Druck als Hintergrund der Fahrerlaubnis; |
|
f) |
die Referenzfarben:
|
|
g) |
gegebenenfalls zusätzliche Angaben oder gesundheitlich bedingte Verwendungsbeschränkungen, die gemäß Anhang II von einer zuständigen Behörde ausgesprochen wurden, in kodierter Form. Die Codes werden von der Kommission nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren auf Empfehlung der Agentur festgelegt. |
3. BESCHEINIGUNG
Die Bescheinigung enthält folgende Angaben:
|
a) |
Name des Inhabers; |
|
b) |
Vorname(n) des Inhabers; |
|
c) |
Geburtsdatum und Geburtsort des Inhabers; |
|
d) |
|
|
e) |
Nummer der Bescheinigung, die den Zugriff auf Daten im nationalen Register ermöglicht; |
|
f) |
Lichtbild des Inhabers; |
|
g) |
Unterschrift des Inhabers; |
|
h) |
Wohnort, Wohnsitz oder Postanschrift des Inhabers (fakultative Angabe); |
|
i) |
Name und Anschrift des Eisenbahnunternehmens oder Infrastrukturbetreibers, für die der Triebfahrzeugführer Züge führen darf; |
|
j) |
Zugklasse, die der Inhaber führen darf; |
|
k) |
Fahrzeugtypen, die der Inhaber führen darf; |
|
l) |
Infrastrukturen, auf denen der Inhaber fahren darf; |
|
m) |
gegebenenfalls zusätzliche Angaben oder Einschränkungen; |
|
n) |
Sprachkenntnisse. |
4. MINDESTANGABEN IN DEN NATIONALEN REGISTERN
|
a) |
Angaben zur Fahrerlaubnis:
|
|
b) |
Angaben zur Bescheinigung:
|
ANHANG II
MEDIZINISCHE ANFORDERUNGEN
1. ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN
|
1.1. |
Ein Triebfahrzeugführer darf nicht unter gesundheitlichen Störungen leiden oder Arzneimittel, Drogen oder Stoffe nehmen, die Folgendes auslösen können:
|
1.2. Sehvermögen
Folgende Anforderungen an das Sehvermögen müssen erfüllt sein:
|
— |
Fern-Sehschärfe mit oder ohne Sehhilfe: 1,0; mindestens 0,5 für das schlechtere Auge; |
|
— |
maximale Korrektur-Linsenstärke: Hyperopie +5/Myopie –8. Abweichungen sind in Ausnahmefällen und nach Einholung einer Stellungnahme eines Augenarztes zulässig. Die Entscheidung wird dann vom Arzt getroffen; |
|
— |
Sehvermögen nahe und mittlere Entfernung: ausreichend, mit oder ohne Sehhilfe; |
|
— |
Kontaktlinsen und Brillen sind zulässig, sofern sie regelmäßig von einem Spezialisten überprüft werden; |
|
— |
normale Farbwahrnehmung: Verwendung eines anerkannten Tests wie des Ishihara-Tests, erforderlichenfalls ergänzt durch einen anderen anerkannten Test; |
|
— |
Sichtfeld: vollständig; |
|
— |
Sehvermögen beider Augen: effektiv; nicht erforderlich, wenn der Betreffende über eine angemessene Anpassung und ausreichende Kompensationserfahrung verfügt. Nur erforderlich, wenn der Betreffende das binokulare Sehvermögen nach Aufnahme der Tätigkeit verloren hat; |
|
— |
binokulares Sehvermögen: effektiv; |
|
— |
Erkennen farbiger Signale: die Prüfung erfolgt auf der Grundlage der Erkennung einzelner Farben, nicht auf der Grundlage relativer Unterschiede; |
|
— |
Kontrastempfindlichkeit: gut; |
|
— |
keine fortschreitenden Augenkrankheiten; |
|
— |
Linsenimplantate, Keratotomien und Keratektomien sind nur zulässig, wenn sie jährlich oder in vom Arzt festgelegten regelmäßigen Abständen überprüft werden; |
|
— |
Unempfindlichkeit gegen Blendung; |
|
— |
farbige Kontaktlinsen und fotochromatische Linsen sind nicht zulässig. Linsen mit UV-Filter sind zulässig. |
1.3. Anforderungen an das Hör- und Sprachvermögen
Ausreichendes, durch ein Audiogramm nachgewiesenes Hörvermögen, d.h.:
|
— |
ausreichendes Hörvermögen für ein Telefongespräch und die Fähigkeit, akustische Warnsignale und Funkmeldungen zu hören. |
Dafür gelten folgende Richtwerte:
|
— |
es darf kein Hördefizit von über 40 dB bei 500 und 1 000 Hz vorliegen; |
|
— |
es darf kein Hördefizit von über 45 dB bei 2 000 Hz bei dem Ohr, das die schlechtere Schallleitung aufweist, vorliegen; |
|
— |
keine Anomalie des Vestibularapparats; |
|
— |
keine chronische Sprachstörung (aufgrund der Notwendigkeit, Mitteilungen laut und deutlich auszutauschen); |
|
— |
die Verwendung von Hörhilfen ist in bestimmten Fällen zulässig. |
1.4. Schwangerschaft
Schwangerschaft ist im Fall einer geringen Toleranz oder eines pathologischen Befunds als Grund für den vorübergehenden Ausschluss von Triebfahrzeugführerinnen zu betrachten. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von schwangeren Triebfahrzeugführerinnen sind einzuhalten.
2. MINDESTINHALT DER EINSTELLUNGSUNTERSUCHUNG
2.1. Ärztliche Untersuchungen
|
— |
allgemeine ärztliche Untersuchung; |
|
— |
Untersuchung der sensorischen Funktionen (Sehvermögen, Hörvermögen, Farbwahrnehmung); |
|
— |
Blut- oder Urinanalysen, unter anderem um eine eventuelle Zuckerkrankheit festzustellen, soweit sie zur Beurteilung der körperlichen Eignung des Bewerbers erforderlich sind; |
|
— |
Ruhe-Elektrokardiogramm (EKG); |
|
— |
Untersuchung auf psychotrope Stoffe wie beispielsweise verbotene Drogen oder psychotrope Arzneimittel sowie auf Alkoholmissbrauch, die die berufliche Eignung in Frage stellen; |
|
— |
kognitive Fähigkeiten: Aufmerksamkeit und Konzentration; Gedächtnis; Wahrnehmungsfähigkeit; Urteilsvermögen; |
|
— |
Kommunikation; |
|
— |
psychomotorische Fähigkeiten: Reaktionsgeschwindigkeit, Koordination der Hände. |
2.2. Arbeitspsychologische Untersuchungen
Die arbeitspsychologischen Untersuchungen sollen dem Eisenbahnunternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern und bei der Personalverwaltung helfen. Was den Inhalt der psychologischen Beurteilung anbelangt, so muss bei der Untersuchung festgestellt werden, dass der Bewerber keine nachgewiesenen arbeitspsychologischen Defizite, insbesondere in Bezug auf seine Einsatzfähigkeit, und keine relevanten Persönlichkeitsfaktoren aufweist, die eine sichere Ausübung seiner Tätigkeit beeinträchtigen könnten.
3. REGELMÄSSIGE UNTERSUCHUNGEN NACH DER EINSTELLUNG
3.1. Häufigkeit
Die ärztliche Untersuchung (körperliche Eignung) wird bis zum Alter von 55 Jahren mindestens alle drei Jahre durchgeführt, danach jährlich.
Zusätzlich zu dieser Häufigkeit erhöht der Arzt die Häufigkeit der Untersuchungen, wenn der Gesundheitszustand des Mitarbeiters es erfordert.
Unbeschadet des Artikels 16 Absatz 1 wird eine entsprechende ärztliche Untersuchung durchgeführt, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis oder einer Bescheinigung die in Anhang II Abschnitt 1 genannten medizinischen Anforderungen nicht mehr erfüllt.
Die körperliche Eignung wird regelmäßig und nach jedem Arbeitsunfall überprüft. Der Arzt oder der medizinische Dienst des Unternehmens kann — insbesondere nach einer krankheitsbedingten Arbeitsunterbrechung von mindestens 30 Tagen — die Durchführung einer entsprechenden zusätzlichen ärztlichen Untersuchung beschließen. Der Arbeitgeber muss den Arzt auffordern, die körperliche Eignung des Triebfahrzeugführers zu überprüfen, wenn er den Zugführer aus Sicherheitsgründen vom Dienst entbinden musste.
3.2. Mindestinhalt der regelmäßigen ärztlichen Untersuchung
Erfüllt ein Triebfahrzeugführer die Kriterien der Einstellungsuntersuchung, so umfassen die regelmäßigen Untersuchungen mindestens
|
— |
eine allgemeine ärztliche Untersuchung; |
|
— |
eine Untersuchung der sensorischen Funktionen (Sehvermögen, Hörvermögen, Farbwahrnehmung); |
|
— |
eine Blut- oder Urinanalyse zur Feststellung von Diabetes mellitus und anderen Krankheiten entsprechend dem Ergebnis der klinischen Untersuchung; |
|
— |
eine Untersuchung auf Drogen, sofern klinisch angezeigt. |
Ferner muss bei Triebfahrzeugführern, die älter als 40 Jahre sind, ein Ruhe-EKG durchgeführt werden.
ANHANG III
AUSBILDUNGSMETHODE
Die Ausbildung sollte eine ausgewogene Aufteilung in theoretische Aspekte (Unterricht und Vorführungen) und praktische Aspekte (Ausbildung am Arbeitsplatz, Fahrten unter Aufsicht und ohne Aufsicht auf Gleisen, die zu Ausbildungszwecken gesperrt sind) aufweisen.
Die computergestützte Ausbildung ist für das individuelle Lernen der Betriebsvorschriften, der Signalsysteme usw. zulässig.
Der Einsatz von Simulatoren ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, kann aber bei der Ausbildung von Triebfahrzeugführern sehr nützlich sein, da dadurch insbesondere das Verhalten in außergewöhnlichen Arbeitssituationen und selten anzuwendende Regeln geübt werden können. Simulatoren bieten den besonderen Vorzug eines „Learning-by-doing“ für Ereignisse, die nicht in der Realität trainiert werden können. Grundsätzlich sollten Simulatoren der neuesten Generation eingesetzt werden.
Beim Erwerb von Streckenkenntnissen sollte der Auszubildende bevorzugt einen anderen Triebfahrzeugführer über einen ausreichenden Zeitraum bei Tag- und Nachtfahrten begleiten. Als alternative Ausbildungsmethode können u.a. auch Videos eingesetzt werden, die die Strecke aus der Sicht des Triebfahrzeugführers zeigen.
ANHANG IV
ALLGEMEINE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE FAHRERLAUBNIS
Die allgemeine Ausbildung umfasst folgende Ziele:
|
— |
Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der Eisenbahntechnik, einschließlich der Sicherheitsgrundsätze und -philosophie der Betriebsvorschriften; |
|
— |
Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der mit dem Eisenbahnbetrieb verbundenen Risiken und der verschiedenen Mittel zur Risikovermeidung; |
|
— |
Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der Leitgrundsätze für eine oder mehrere Betriebsarten; |
|
— |
Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen von Zügen, ihrer Zusammensetzung und der technischen Anforderungen für Triebfahrzeuge, Güterwagen, Reisezugwagen und sonstige Fahrzeuge. |
Der Triebfahrzeugführer muss insbesondere in der Lage sein,
|
— |
die konkreten Anforderungen an die Arbeit als Triebfahrzeugführer, die Bedeutung dieses Berufs sowie die damit verbundenen beruflichen und persönlichen Anforderungen (lange Arbeitszeiten, Abwesenheit von zu Hause usw.) zu beurteilen; |
|
— |
die Sicherheitsvorschriften für das Personal anzuwenden; |
|
— |
die verschiedenen Fahrzeuge zu unterscheiden; |
|
— |
Arbeitsmethoden zu kennen und präzise anzuwenden; |
|
— |
die Referenz- und Anwendungsunterlagen zu kennen (Verfahrenshandbuch und Streckenhandbuch gemäß der TSI „Verkehrsbetrieb“, Handbuch für Triebfahrzeugführer, Pannenratgeber usw.); |
|
— |
sich Verhaltensweisen anzueignen, die mit der sicherheitsrelevanten Verantwortung vereinbar sind; |
|
— |
die bei einem Unfall mit Personenschaden anzuwendenden Verfahren zu kennen; |
|
— |
die mit dem Eisenbahnverkehr im Allgemeinen verbundenen Gefahren zu kennen; |
|
— |
die Grundsätze der Betriebssicherheit zu kennen; |
|
— |
die Grundlagen der Elektrotechnik anzuwenden. |
ANHANG V
FAHRZEUGBEZOGENE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE BESCHEINIGUNG
Nach Abschluss einer spezifischen fahrzeugbezogenen Ausbildung muss der Triebfahrzeugführer in der Lage sein, die folgenden Aufgaben auszuführen.
1. PRÜFUNGEN UND KONTROLLEN VOR FAHRTANTRITT
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
die Unterlagen und die erforderliche Ausrüstung zusammenzustellen; |
|
— |
die Funktionsfähigkeit des Triebfahrzeugs zu überprüfen; |
|
— |
die Eintragungen in den Borddokumenten des Triebfahrzeugs zu überprüfen; |
|
— |
sich mittels der vorgesehenen Prüfungen und Kontrollen zu vergewissern, dass das Triebfahrzeug in der Lage ist, die erforderliche Zugkraft zu erbringen, und dass die Sicherheitseinrichtungen ordnungsgemäß funktionieren; |
|
— |
bei Übergabe eines Triebfahrzeugs oder bei Fahrtantritt die Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit der vorgeschriebenen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen zu überprüfen; |
|
— |
die eventuell vorgesehenen laufenden vorbeugenden Wartungsarbeiten vorzunehmen. |
2. KENNTNIS DER FAHRZEUGE
Um ein Triebfahrzeug führen zu können, muss der Triebfahrzeugführer alle ihm zur Verfügung stehenden Bedienelemente und Anzeigen kennen, und zwar insbesondere jene für
|
— |
das Antriebssystem, |
|
— |
das Bremssystem, |
|
— |
die für die Betriebssicherheit relevanten Einrichtungen. |
Um Unregelmäßigkeiten an Fahrzeugen zu erkennen und zu lokalisieren, diese zu melden und festzulegen, welche Reparaturarbeiten erforderlich sind, sowie in bestimmten Fällen selbst Maßnahmen zu ergreifen, muss der Triebfahrzeugführer Folgendes kennen:
|
— |
mechanischer Aufbau, |
|
— |
Aufhängung und Kupplungsvorrichtungen, |
|
— |
Laufwerk, |
|
— |
Sicherheitsausrüstung, |
|
— |
Kraftstoffbehälter, Kraftstoffversorgung, Abgassysteme, |
|
— |
die Bedeutung der Kennzeichnungen im Inneren und im Außenbereich der Fahrzeuge, insbesondere die Bedeutung der für die Beförderung gefährlicher Güter benutzten Symbole, |
|
— |
Fahrtaufzeichnungssysteme, |
|
— |
Strom- und Druckluftsysteme, |
|
— |
Stromabnehmer und Hochspannungssysteme, |
|
— |
Kommunikationseinrichtungen (Funkverbindung Betriebsstelle — Zug usw.), |
|
— |
Fahrtvorbereitungen, |
|
— |
die Bestandteile der Fahrzeuge und deren Funktion sowie die spezifischen Vorrichtungen für die Wagons, insbesondere das System zum Anhalten des Zuges durch Entlüftung der Bremsleitung, |
|
— |
Bremssystem, |
|
— |
die speziellen Bestandteile von Triebfahrzeugen, |
|
— |
Kraftübertragung, Motoren und Getriebe. |
3. BREMSPROBE
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
vor Fahrtantritt zu überprüfen und zu berechnen, dass die Bremsleistung des Zuges der anhand der Wagenpapiere für die Strecke vorgeschriebenen Bremsleistung entspricht, |
|
— |
die Funktionsfähigkeit der verschiedenen Komponenten des Bremssystems des Triebfahrzeugs und des Zuges erforderlichenfalls vor Fahrtantritt, bei Antritt der Fahrt und während der Fahrt zu überprüfen. |
4. FAHRSTUFE UND HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT DES ZUGES IN BEZUG AUF DIE STRECKENMERKMALE
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
die ihm vor Fahrtantritt übermittelten Informationen zu berücksichtigen, |
|
— |
die Fahrstufe und die Höchstgeschwindigkeit des Zuges nach Maßgabe variabler Elemente wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, Witterungsbedingungen oder eventueller Änderungen der Signalgebung festzulegen. |
5. FÜHREN DES ZUGES OHNE SCHÄDIGUNG VON ANLAGEN UND FAHRZEUGEN
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
alle zur Verfügung stehenden Steuerungssysteme gemäß den geltenden Regeln zu nutzen, |
|
— |
den Zug unter Berücksichtigung der jeweiligen Reibungs- und Leistungsfaktoren anzufahren, |
|
— |
die Bremsen zur Verlangsamung und zum Anhalten ohne Schädigung von Fahrzeugen und Anlagen einzusetzen. |
6. STÖRUNGEN
Der Triebfahrzeugführer muss
|
— |
in der Lage sein, ungewöhnliche Vorkommnisse in Bezug auf das Fahrverhalten des Zuges zu registrieren, |
|
— |
in der Lage sein, den Zug zu überprüfen und Hinweise auf Störungen zu erkennen und zu differenzieren und entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung darauf zu reagieren und die Behebung dieser Störungen zu versuchen, wobei in allen Fällen die Sicherheit von Bahnverkehr und Personen Vorrang haben muss, |
|
— |
die verfügbaren Sicherungs- und Kommunikationsmittel kennen. |
7. BETRIEBSBEDINGTE STÖRFÄLLE UND UNFÄLLE, BRÄNDE UND UNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN
Der Triebfahrzeugführer muss
|
— |
in der Lage sein, bei Unfällen mit Personenschaden Maßnahmen zur Sicherung des Zuges zu ergreifen und Hilfe anzufordern, |
|
— |
in der Lage sein, festzustellen, ob der Zug gefährliche Güter befördert und diese auf der Grundlage der Zugdokumente und der Wagonlisten zu bestimmen, |
|
— |
die Verfahren zur Räumung eines Zuges im Notfall kennen. |
8. BEDINGUNGEN FÜR DIE WIEDERAUFNAHME DES FAHRBETRIEBS NACH EINEM STÖRFALL MIT FAHRZEUGEN
Nach einem Störfall muss der Triebfahrzeugführer in der Lage sein, zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen das Fahrzeug weiterfahren kann, so dass er den Infrastrukturbetreiber so rasch wie möglich über diese Bedingungen unterrichten kann.
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, zu beurteilen, ob eine Begutachtung durch einen Experten notwendig ist, bevor der Zug weiterfahren kann.
9. STILLSTAND DES ZUGES
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit der Zug oder ein Teil des Zuges sich — selbst unter ungünstigsten Bedingungen — nicht unvermittelt in Bewegung setzen kann.
Darüber hinaus muss der Triebfahrzeugführer die Maßnahmen kennen, mit denen ein Zug oder ein Teil des Zuges, der sich unvermittelt in Bewegung gesetzt hat, angehalten werden kann.
ANHANG VI
INFRASTRUKTURBEZOGENE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE BESCHEINIGUNG
Infrastrukturbezogene Inhalte
1. BREMSPROBE
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vor Fahrtantritt zu überprüfen und zu berechnen, dass die Bremsleistung des Zuges der anhand der Wagenpapiere für die Strecke vorgeschriebenen Bremsleistung entspricht.
2. FAHRSTUFE UND HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT DES ZUGES IN BEZUG AUF DIE STRECKENMERKMALE
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
die erhaltenen Informationen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder eventuelle Änderungen der Signalgebung zur Kenntnis zu nehmen, |
|
— |
die Fahrstufe und die Höchstgeschwindigkeit des Zuges auf der Grundlage der Streckenmerkmale festzulegen. |
3. KENNTNIS DER STRECKE
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vorausschauend zu fahren und in Bezug auf Sicherheit und andere Elemente der Aufgabenerfüllung wie Pünktlichkeit und wirtschaftliche Aspekte angemessen zu reagieren. Daher muss er über gute Kenntnisse der Strecken und Bahnanlagen sowie der gegebenenfalls vereinbarten alternativen Streckenführungen verfügen.
Folgende Aspekte sind wichtig:
|
— |
Betriebsführung (Gleiswechsel, Richtungsbetrieb usw.), |
|
— |
Streckenüberprüfung anhand der relevanten Unterlagen, |
|
— |
Identifizierung der für die jeweilige Betriebsart nutzbaren Gleise, |
|
— |
geltende Verkehrsvorschriften und Bedeutung des Signalsystems, |
|
— |
Betriebssystem, |
|
— |
Blocksystem und diesbezügliche Regelungen, |
|
— |
Bezeichnung der Bahnhöfe sowie Lage und Fernerkennung von Bahnhöfen und Stellwerken im Sinne des vorausschauenden Fahrens, |
|
— |
Anzeige von Übergängen zwischen Betriebssystemen oder Energieversorgungssystemen, |
|
— |
Geschwindigkeitsbegrenzungen für die verschiedenen Zugklassen, |
|
— |
topografische Streckenprofile, |
|
— |
besondere Bremsbedingungen wie beispielsweise bei Strecken mit starkem Gefälle, |
|
— |
betriebliche Besonderheiten wie Sondersignale, Schilder, Bedingungen für die Abfahrt usw. |
4. SICHERHEITSVORSCHRIFTEN
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
den Zug nur dann in Bewegung zu setzen, wenn alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind (Fahrplan, Abfahrtbefehl oder -signal, erforderlichenfalls Betätigung von Signalen usw.), |
|
— |
die Signale an der Strecke und Signale im Führerraum zu beachten, sie unverzüglich und fehlerfrei zu erkennen und entsprechend zu handeln, |
|
— |
den Zug gemäß den spezifischen Betriebsarten sicher zu fahren: spezielle Fahrstufen auf Anweisung, vorübergehende Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verkehr in Gegenrichtung, Genehmigung zum Überfahren von Signalen in Gefahrensituationen, Rangieren, Wenden, Verkehr in Baustellenbereichen usw., |
|
— |
die fahrplanmäßigen oder zusätzlichen Halte zu beachten und erforderlichenfalls bei diesen Halten Leistungen für Fahrgäste zu erbringen, insbesondere Öffnen und Schließen der Türen. |
5. FÜHREN DES ZUGES
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
jederzeit die Position des Zuges auf der befahrenen Strecke zu kennen, |
|
— |
die Bremsen zur Verlangsamung und zum Anhalten ohne Schädigung von Fahrzeugen und Anlagen einzusetzen, |
|
— |
die Fahrstufe des Zuges gemäß Fahrplan sowie möglicher Energiesparanweisungen und unter Berücksichtung der Merkmale des Triebfahrzeugs, des Zuges, der Strecke und der Umwelt zu regeln. |
6. STÖRUNGEN
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
soweit das Führen des Zuges es gestattet, ungewöhnliche Vorkommnisse in Bezug auf die Infrastruktur und das Umfeld (Signale, Gleise, Energieversorgung, Bahnübergänge, Gleisumgebung, sonstiger Verkehr) zu registrieren, |
|
— |
die Entfernung zu sichtbaren Hindernissen einzuschätzen, |
|
— |
den Infrastrukturbetreiber schnellstmöglich über den Ort und die Art der beobachteten Störungen zu unterrichten und sicherzustellen, dass diese Informationen richtig verstanden wurden, |
|
— |
unter Berücksichtigung der Infrastruktur die Sicherheit von Zugverkehr und Personen zu gewährleisten oder darauf gerichtete Maßnahmen zu treffen, wann immer es erforderlich ist. |
7. BETRIEBSBEDINGTE STÖRFÄLLE UND UNFÄLLE, BRÄNDE UND UNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN
Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,
|
— |
bei Unfällen mit Personenschaden Maßnahmen zur Sicherung des Zuges zu ergreifen und Hilfe anzufordern, |
|
— |
im Falle eines Brandes den Haltepunkt des Zuges zu bestimmen und erforderlichenfalls bei der Evakuierung der Fahrgäste zu helfen, |
|
— |
schnellstmöglich alle nützlichen Informationen über den Brand weiterzuleiten, wenn er den Brand nicht selbst unter Kontrolle bringen kann, |
|
— |
den Infrastrukturbetreiber so rasch wie möglich über diese Bedingungen zu unterrichten, |
|
— |
zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen das Fahrzeug angesichts des Zustands der Infrastruktur weiterfahren kann. |
8. SPRACHPRÜFUNGEN
Triebfahrzeugführer, die sich mit dem Infrastrukturbetreiber über kritische Sicherheitsfragen austauschen müssen, müssen über Kenntnisse der vom betreffenden Infrastrukturbetreiber angegebenen Sprache verfügen. Ihre Sprachkenntnisse müssen ihnen eine aktive und effiziente Kommunikation im Routinebetrieb, in schwierigen Situationen und im Notfall erlauben.
Sie müssen in der Lage sein, die Mitteilungen und die Kommunikationsmethode gemäß der TSI „Verkehrsbetrieb“ zu verwenden. Triebfahrzeugführer müssen in der Lage sein, sich auf dem Niveau der Stufe 3 der folgenden Tabelle zu verständigen:
Sprach- und Kommunikationsniveau
Die mündliche Ausdrucksfähigkeit in einer bestimmten Sprache lässt sich in fünf Stufen unterteilen:
|
Stufe |
Beschreibung |
||||||||||
|
5 |
|
||||||||||
|
4 |
|
||||||||||
|
3 |
|
||||||||||
|
2 |
|
||||||||||
|
1 |
|
ANHANG VII
HÄUFIGKEIT DER PRÜFUNGEN
Bei regelmäßigen Überprüfungen ist folgende Mindesthäufigkeit einzuhalten:
|
a) |
Sprachkenntnisse (nur für Nichtmuttersprachler): alle drei Jahre oder nach jeder Abwesenheit von mehr als einem Jahr; |
|
b) |
Infrastrukturkenntnisse (einschließlich Streckenkenntnis und Kenntnis der Betriebsvorschriften): alle drei Jahre und immer dann, wenn eine bestimmte Strecke länger als ein Jahr nicht befahren wurde; |
|
c) |
Fahrzeugkenntnisse: alle drei Jahre. |
BEGRÜNDUNG DES RATES
I. EINLEITUNG
Die Kommission hat ihren Vorschlag für eine Richtlinie über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen, am 3. März 2004 als einen von vier Vorschlägen des Dritten Eisenbahnpakets vorgelegt (1).
Das Europäische Parlament hat seine Stellungnahme in erster Lesung am 28. September 2005 abgegeben.
Der Rat hat seinen Gemeinsamen Standpunkt gemäß Artikel 251 des Vertrags am 14. September 2006 festgelegt.
Bei seinen Beratungen hat der Rat der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2) sowie des Ausschusses der Regionen (3) Rechnung getragen.
II. ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS
1. Allgemeines
Die Verhandlungen über die Zertifizierung von Zugpersonal standen unter dem Zeichen des Weißbuchs der Kommission über die europäische Verkehrspolitik bis 2010 (4) sowie des Ersten und des Zweiten Eisenbahnpakets. In dem Weißbuch hebt die Kommission hervor, dass Triebfahrzeugführer benötigt werden, die „auf dem gesamten transeuropäischen Netz fahren“ können. Das Erste und das Zweite Eisenbahnpaket enthalten ausführliche Bestimmungen über den Zugang zur Infrastruktur, Interoperabilität und Sicherheit im Schienenverkehr auf nationaler und europäischer Ebene und bilden so den erforderlichen Rahmen für die Marktöffnung im Schienengüterverkehr und im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr.
Was die Marktöffnung anbelangt, so wurde deutlich, dass gemeinsame Regeln für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern festgelegt werden müssen, um deren Interoperabilität zu ermöglichen und die Voraussetzungen für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Eisenbahnsektor sicherzustellen.
Der Gemeinsame Standpunkt enthält die Voraussetzungen und Verfahren für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die mit dem Führen von Triebfahrzeugen und Zügen im Eisenbahnsytem der Gemeinschaft betraut sind. Darin wird festgelegt, welche Aufgaben jeweils den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, den Triebfahrzeugführern und den anderen Akteuren des Sektors, insbesondere den Eisenbahnunternehmen, den Infrastrukturbetreibern und den Ausbildungszentren, zukommen. Darüber hinaus sind Mindestanforderungen für die körperliche und geistige Eignung, Vorschriften für regelmäßige Überprüfungen und eine Beschreibung der Fähigkeiten, über die ein Triebfahrzeugführer verfügen muss, vorgesehen. Der Richtlinienentwurf gilt nur für Triebfahrzeugführer. Sonstiges Zugpersonal, das sich an Bord von Triebfahrzeugen und Zügen befindet und unmittelbar oder mittelbar an der Fahrzeugführung beteiligt ist und/oder sicherheitsrelevante Aufgaben wahrnimmt, fällt nicht in seinen Anwendungsbereich. Vorgesehen ist ferner ein besonderes Verfahren, wonach Triebfahrzeugführer, die nur auf Inlandsstrecken der Mitgliedstaaten eingesetzt werden, zeitweise vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind.
2. Zentrale politische Fragen
i) Nichteinbeziehung von „sonstigem Personal“
Im Kommissionsvorschlag war vorgesehen, dass sich der Anwendungsbereich der Richtlinie sowohl auf die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern als auch von sonstigem Personal erstreckt, das sich an Bord von Triebfahrzeugen und Zügen befindet und unmittelbar oder mittelbar an der Fahrzeugführung beteiligt ist und/oder sicherheitsrelevante Aufgaben wahrnimmt. Die Einbeziehung von „sonstigem Personal“ ging auf eine Zusage zurück, die die Kommission im Rahmen der Verhandlungen über das Zweite Eisenbahnpaket gegeben hatte (5).
Der Rat hat die in erster Lesung ergangene Stellungnahme des Europäischen Parlaments sorgfältig geprüft; darin wurde vorgeschlagen, den Geltungsbereich des Richtlinienentwurfs auch auf Zugpersonal auszudehnen sowie einen Zertifizierungsmechanismus in Artikel 27 aufzunehmen.
In seinem Gemeinsamen Standpunkt hat der Rat den Geltungsbereich dennoch auf Triebfahrzeugführer beschränkt. Er hat zwar die Zertifizierung von „sonstigem Personal“ nicht grundsätzlich abgelehnt, hält allerdings einen so weit gefassten Geltungsbereich für verfrüht, da weder bekannt ist, welches Personal in diese Kategorie fällt, noch welche Aufgaben es übernehmen wird. Daher wurde die Europäische Eisenbahnagentur im Richtlinienentwurf mit der Erstellung eines Berichts zum Anforderungsprofil und zu den Aufgaben dieses Personals beauftragt. Dieser Bericht soll zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie vorgelegt werden (vgl. Artikel 27).
Der Rat hat ferner eine spezielle Bestimmung aufgenommen, die den freien Verkehr von Güterzügen im gesamten Gebiet der Europäischen Union gewährleistet (siehe Artikel 2 Absatz 2).
ii) Zertifizierung von „Triebfahrzeugführern, die nur auf Inlandsstrecken eingesetzt werden“
Der Rat folgte dem Vorschlag der Kommission und beschloss, die Bestimmungen des Richtlinienentwurfs auf alle Triebfahrzeugführer innerhalb der Gemeinschaft anzuwenden. Das bedeutet, dass Triebfahrzeugführer, die nur auf Inlandsstrecken der Mitgliedstaaten eingesetzt werden, ebenfalls in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Allerdings beschloss der Rat, dass ein Mitgliedstaat von der Kommission verlangen kann, dass die Europäische Eisenbahnagentur eine Kosten-/Nutzen-Analyse der Anwendung dieser Richtlinie auf Triebfahrzeugführer, die ausschließlich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates tätig sind, durchführt. Sollte diese Analyse zeigen, dass die Kosten der Anwendung dieser Richtlinie auf solche Triebfahrzeugführer die Vorteile überwiegen, so erlässt die Kommission binnen sechs Monaten nach Vorlage dieser Kosten-/Nutzen-Analyse eine Entscheidung. Die auf diesen Ergebnissen beruhende Entscheidung der Kommission kann dazu führen, dass die Richtlinie über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht auf Triebfahrzeugführer angewandt zu werden braucht, die nur auf Inlandsstrecken eingesetzt werden. Falls erforderlich kann ein neuer Befreiungszeitraum nach einem ähnlichen Verfahren gewährt werden (siehe Artikel 36 Absatz 5).
Das Europäische Parlament teilt den Standpunkt des Rates in dieser Hinsicht und stimmte im zweiten Teil seiner Abänderung 40 für ein ähnliches Verfahren.
iii) Schrittweise Einführung
Die Kommission hatte eine schrittweise Einführung in drei Stufen vorgeschlagen, die sich über die Jahre 2006 — 2015 erstrecken soll.
Das Europäische Parlament schloss sich in seiner Stellungnahme in erster Lesung (erster Teil der Abänderung 40) der Kommission an, beschloss aber, die Stichtage um jeweils ein Jahr vorzuziehen.
Der Rat schloss sich in seinem Gemeinsamen Standpunkt grundsätzlich dem dreistufigen Ansatz der Kommission an, allerdings ohne feste Termine für die verschiedenen Stufen. Die vom Rat vorgesehene schrittweise Einführung (die Ausstellung „neuer“ Fahrerlaubnisse und/oder Zertifikate im Einklang mit dieser Richtlinie) stellt sich wie folgt dar:
Laufzeit ab Einrichtung der erforderlichen nationalen Register:
|
1. |
Nach einem Jahr: Anwendung auf neue Triebfahrzeugführer, die grenzüberschreitend, in der Kabotage oder im Frachtdienst in einem anderen Mitgliedstaat tätig sind oder in mehreren Mitgliedstaaten arbeiten, und auf Triebfahrzeugführer, die diese Tätigkeiten bereits ausgeübt haben, aber eine neue Fahrerlaubnis oder Bescheinigung benötigen. |
|
2. |
Nach drei Jahren: Anwendung auf alle Triebfahrzeugführer, die eine neue Fahrerlaubnis oder Bescheinigung benötigen. |
|
3. |
Nach acht Jahren: Anwendung auf alle Triebfahrzeugführer. |
Eine flankierende Bestimmung in Artikel 36 Absatz 3 gewährleistet, dass ein Triebfahrzeugführer seine Tätigkeit auf der Grundlage seiner aktuellen Fahrberechtigungen fortsetzen kann, bis die Bestimmungen von Artikel 36 Absatz 2 Buchstaben a, b oder c Anwendung finden.
III. ABÄNDERUNGEN DES EUROPÄISCHE PARLAMENTS
Der Rat konnte die Abänderungen 27, 36 und 44 des Europäischen Parlaments uneingeschränkt akzeptieren. Wie bereits oben dargelegt, hat der Rat die Abänderungen 7, 9, 11, 34, 35 und 40 (erster Teil) abgelehnt. Was die Abänderungen 15, 24, 25, 26, 32, 38, 39 und 45 anbelangt, so beschloss der Rat, sich der Europäischen Kommission anzuschließen und diese abzulehnen. Die Abänderungen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 21, 22, 23, 28, 29, 30, 31, 33, 37, 40 (zweiter Teil), 41, 42, 43, 46 und 47 entsprechen in etwa oder sinngemäß dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates.
IV. FAZIT
Der Rat hat bei der Ausarbeitung seines Gemeinsamen Standpunkts dem Vorschlag der Kommission und der Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung uneingeschränkt Rechnung getragen. Was die Abänderungen des Europäischen Parlaments anbelangt, so weist der Rat darauf hin, dass ein Großteil dieser Abänderungen bereits sinngemäß, teilweise oder vollständig in seinem Gemeinsamen Standpunkt berücksichtigt wurde.
Was die beiden wichtigsten strittigen Fragen anbelangt, nämlich die Einbeziehung von Zugpersonal in den Anwendungsbereich und die Fristen für die stufenweise Einführung, so hält der Rat seine Lösungen für ausgewogen und angemessen.
(1) Bei den übrigen drei Vorschlägen handelt es sich um
|
— |
eine Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr (Dok. 7149/04 TRANS 109 CODEC 337) |
|
— |
eine Verordnung über Qualitätsanforderungen im Schienengüterverkehr (Dok. 7150/04 TRANS 110 CODEC 338) |
|
— |
eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (Dok. 7147/04 TRANS 107 CODEC 335). |
(2) ABl. C 221 vom 9.9.2005, S. 20.
(3) ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.
(4) Dok. 11932/01 TRANS 131 AVIATION 70 MAR 76.
(5) Siehe Richtlinie 2004/49/EG über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft, ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16 bis 31 (Erwägungsgrund 21).
|
28.11.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CE 289/68 |
GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 22/2006
vom Rat festgelegt am 25. September 2006
im Hinblick auf die Annahme der Verordnung (EG) Nr. …/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („ROM II“)
(2006/C 289 E/04)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 67,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
|
(1) |
Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zur schrittweisen Schaffung eines solchen Raums muss die Gemeinschaft im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen erlassen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. |
|
(2) |
Nach Artikel 65 Buchstabe b des Vertrags schließen diese Maßnahmen auch solche ein, die die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten fördern. |
|
(3) |
Auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere hat der Europäische Rat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen und anderen Entscheidungen von Justizbehörden als Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen unterstützt und den Rat und die Kommission ersucht, ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung dieses Grundsatzes anzunehmen. |
|
(4) |
Der Rat hat am 30. November 2000 ein gemeinsames Maßnahmenprogramm der Kommission und des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (3) angenommen. Nach dem Programm können Maßnahmen zur Harmonisierung der Kollisionsnormen dazu beitragen, die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zu vereinfachen. |
|
(5) |
In dem vom Europäischen Rat am 5. November 2004 angenommenen Haager Programm (4) wird dazu aufgerufen, die Beratungen über die Regelung der Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse („Rom II“) energisch voranzutreiben. |
|
(6) |
Um den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen und die Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht sowie den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen zu fördern, müssen die in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts unabhängig von dem Staat, in dem das Gericht liegt, bei dem der Anspruch geltend gemacht wird, dieselben Verweisungen zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts vorsehen. |
|
(7) |
Der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung sollten mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (5) (Brüssel I) und dem Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (6) in Einklang stehen. |
|
(8) |
Diese Verordnung ist unabhängig von der Art des angerufenen Gerichts anwendbar. |
|
(9) |
Forderungen aufgrund von „acta iure imperii“ sollten sich auch auf Forderungen gegen im Namen des Staates handelnde Bedienstete und auf die Haftung für Handlungen öffentlicher Stellen erstrecken, einschließlich der Haftung amtlich ernannter öffentlicher Bediensteter. Sie sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden. |
|
(10) |
Familienverhältnisse sollten die Verwandtschaft in gerader Linie, die Ehe, die Schwägerschaft und die Verwandtschaft in der Seitenlinie umfassen. Die Bezugnahme in Artikel 1 Absatz 2 auf Verhältnisse, die mit der Ehe oder anderen Familienverhältnissen vergleichbare Wirkungen entfalten, sollte nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sich das angerufene Gericht befindet, ausgelegt werden. |
|
(11) |
Der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden definiert. Im Sinne dieser Verordnung sollte der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses daher als autonomer Begriff verstanden werden. |
|
(12) |
Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zwischen Wettbewerbern aus der Gemeinschaft sind vermeidbar, wenn einheitliche Bestimmungen unabhängig von dem durch sie bezeichneten Recht angewandt werden. |
|
(13) |
Zwar wird in nahezu allen Mitgliedstaaten bei außervertraglichen Schuldverhältnissen grundsätzlich von der lex loci delicti commissi ausgegangen, doch wird dieser Grundsatz in der Praxis unterschiedlich angewandt, wenn sich Sachverhaltselemente des Falles über mehrere Staaten erstrecken. Dies führt zu Unsicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht. |
|
(14) |
Einheitliche Bestimmungen sollten die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen verbessern und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Personen, deren Haftung geltend gemacht wird, und Geschädigten gewährleisten. Die Anknüpfung an das Land, in dem der Schaden selbst eingetreten ist (lex loci damni), schafft einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Person, deren Haftung geltend gemacht wird und der Person, die geschädigt wurde und entspricht der modernen Konzeption der zivilrechtlichen Haftung und der Entwicklung der Gefährdungshaftung. |
|
(15) |
Das anzuwendende Recht sollte das Recht des Staates sein, in dem der Schaden eintritt, und zwar unabhängig von dem Staat oder den Staaten, in dem bzw. denen die indirekten Folgen auftreten könnten. Daher sollte auch bei Personen- oder Sachschäden als Staat, in dem der Schaden eintritt, der Staat gelten, in dem der Personen- oder Sachschaden tatsächlich eingetreten ist. |
|
(16) |
Als allgemeine Regel in dieser Verordnung sollte die „lex loci damni“ nach Artikel 4 Absatz 1 gelten. Artikel 4 Absatz 2 sollte als Ausnahme von dieser allgemeinen Regel verstanden werden; durch diese Ausnahme wird eine besondere Anknüpfung für Fälle geschaffen, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben. Artikel 4 Absatz 3 sollte als „Ausweichklausel“ zu Artikel 4 Absätze 1 und 2 betrachtet werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat aufweist. |
|
(17) |
Für besondere unerlaubte Handlungen, bei denen die allgemeine Kollisionsnorm nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt, sollten besondere Bestimmungen vorgesehen werden. |
|
(18) |
Die Kollisionsnorm für die Produkthaftung sollte für eine gerechte Verteilung der Risiken einer modernen, hochtechnisierten Gesellschaft sorgen, die Gesundheit der Verbraucher schützen, Innovationsanreize geben, einen unverfälschten Wettbewerb gewährleisten und den Handel erleichtern. Die Schaffung einer Anknüpfungsleiter stellt, zusammen mit einer Vorhersehbarkeitsklausel, im Hinblick auf diese Ziele eine ausgewogene Lösung dar. Als erstes Element ist das Recht des Staates zu berücksichtigen, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in den Verkehr gebracht wurde. Die weiteren Elemente der Anknüpfungsleiter kommen zur Anwendung, wenn das Produkt nicht in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, unbeschadet von Artikel 4 Absatz 2 und der Möglichkeit einer offensichtlich engeren Verbindung mit einem anderen Staat. |
|
(19) |
Die Sonderregel nach Artikel 6 stellt keine Ausnahme von der allgemeinen Regel nach Artikel 4 Absatz 1 dar, sondern vielmehr eine Präzisierung derselben. Im Bereich des unlauteren Wettbewerbs sollte die Kollisionsnorm die Wettbewerber, die Verbraucher und die Öffentlichkeit schützen und das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellen. Durch eine Anknüpfung an das Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt zu werden drohen, können diese Ziele im Allgemeinen erreicht werden. |
|
(20) |
Außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten nach Artikel 6 Absatz 3 entstanden sind, sollten sich auf Verstöße sowohl gegen nationale als auch gegen gemeinschaftliche Wettbewerbsvorschriften erstrecken. Auf solche außervertraglichen Schuldverhältnisse sollte das Recht des Staates anzuwenden sein, in dessen Gebiet sich die Einschränkung auswirkt oder auszuwirken droht, sofern es sich um eine unmittelbare und erhebliche Auswirkung handelt. Ist der Schaden in mehr als einem Staat eingetreten, so ist das Recht jedes dieser Staaten nur für den jeweils in dessen Gebiet entstandenen Schaden anzuwenden. |
|
(21) |
Zu den Fällen nach Artikel 6 Absatz 3 gehören beispielsweise Verbote von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes bezwecken oder bewirken, sowie das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes. |
|
(22) |
Im Falle von Umweltschäden rechtfertigt Artikel 174 des Vertrags, wonach ein hohes Schutzniveau erreicht werden sollte, und der auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen vorrangig an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip beruht, in vollem Umfang die Anwendung des Grundsatzes der Begünstigung des Geschädigten. Die Frage, wann der Geschädigte die Wahl des anzuwendenden Rechts zu treffen hat, sollte nach dem Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts entschieden werden. |
|
(23) |
Bei einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums gilt es, den allgemein anerkannten Grundsatz der lex loci protectionis zu wahren. Im Sinne dieser Verordnung sollte der Ausdruck ’Rechte des geistigen Eigentums’ dahin interpretiert werden, dass er beispielsweise Urheberrechte, verwandte Schutzrechte, das Schutzrecht sui generis für Datenbanken und gewerbliche Schutzrechte umfasst. |
|
(24) |
Die exakte Definition des Begriffs „Arbeitskampfmaßnahmen“, beispielsweise Streikaktionen oder Aussperrung, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden und unterliegt den innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten. Daher wird in dieser Verordnung grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Arbeitskampfmaßnahmen ergriffen wurden, mit dem Ziel, die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu schützen. |
|
(25) |
Die Sonderbestimmung für Arbeitskampfmaßnahmen nach Artikel 9 lässt die Bedingungen für die Durchführung solcher Maßnahmen nach nationalem Recht und die im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Rechtsstellung der Gewerkschaften oder der repräsentativen Arbeitnehmerorganisationen unberührt. |
|
(26) |
Für Schäden, die aufgrund einer anderen Handlung als aus unerlaubter Handlung, wie ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen, entstanden sind, sollten Sonderbestimmungen vorgesehen werden. |
|
(27) |
Der Begriff des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ist für die Zwecke dieser Verordnung als autonomer Begriff zu verstehen und sollte daher nicht zwangsläufig im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden. Er sollte die Verletzung der Offenlegungspflicht und den Abbruch von Vertragsverhandlungen einschließen. Artikel 12 gilt nur für außervertragliche Schuldverhältnisse, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags stehen. So sollten in den Fällen, in denen einer Person während der Vertragsverhandlungen ein Personenschaden zugefügt wird, Artikel 4 oder andere einschlägige Bestimmungen dieser Verordnung zur Anwendung gelangen. |
|
(28) |
Um den Willen der Parteien zu achten und die Rechtssicherheit zu verbessern, sollten die Parteien das auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anzuwendende Recht ausdrücklich wählen können. Diese Möglichkeit der Rechtswahl sollte zum Schutz der schwächeren Partei mit bestimmten Bedingungen versehen werden. |
|
(29) |
Gründe des öffentlichen Interesses rechtfertigen es, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten unter außergewöhnlichen Umständen die Vorbehaltsklausel (ordre public) und Eingriffsnormen anwenden können. |
|
(30) |
Zur Wahrung eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen den Parteien müssen, soweit dies angemessen ist, die Sicherheits- und Verhaltensregeln des Staates, in dem die schädigende Handlung begangen wurde, selbst dann beachtet werden, wenn auf das außervertragliche Schuldverhältnis das Recht eines anderen Staates anzuwenden ist. Der Begriff „Sicherheits- und Verhaltensregeln“ ist in dem Sinne auszulegen, dass er sich auf alle Vorschriften bezieht, die in Zusammenhang mit Sicherheit und Verhalten stehen, einschließlich beispielsweise der Straßenverkehrssicherheit im Falle eines Unfalls. |
|
(31) |
Die Aufteilung der Kollisionsnormen auf zahlreiche Rechtsakte sowie Unterschiede zwischen diesen Normen sollten vermieden werden. Diese Verordnung schließt jedoch die Möglichkeit der Aufnahme von Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse in Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf besondere Gegenstände nicht aus. Diese Verordnung sollte die Anwendung anderer Rechtsakte nicht ausschließen, die Bestimmungen enthalten, die zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen sollen, soweit sie nicht in Verbindung mit dem Recht angewendet werden können, das sich aus den Regeln dieser Verordnung ergibt. |
|
(32) |
Um die internationalen Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten eingegangen sind, zu wahren, darf sich die Verordnung nicht auf internationale Übereinkommen auswirken, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören. Um den Zugang zu den Rechtsakten zu erleichtern, sollte die Kommission anhand der Angaben der Mitgliedstaaten ein Verzeichnis der betreffenden Übereinkommen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen. |
|
(33) |
Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag unterbreiten, nach welchen Verfahren und unter welchen Bedingungen die Mitgliedstaaten in Einzel– und Ausnahmefällen in eigenem Namen Übereinkünfte mit Drittländern über sektorspezifische Fragen aushandeln und abschließen dürfen, die Bestimmungen über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht enthalten. |
|
(34) |
Da das Ziel dieser Verordnung auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Verordnung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem ebenfalls in diesem Artikel festgelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus. |
|
(35) |
Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. |
|
(36) |
Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist — |
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
ANWENDUNGSBEREICH
Artikel 1
Sachlicher Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für außervertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Sie gilt insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“).
(2) Vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind
|
a) |
außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis oder aus Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht vergleichbare Wirkungen entfalten, einschließlich der Unterhaltspflichten; |
|
b) |
außervertragliche Schuldverhältnisse aus ehelichen Güterständen, aus Güterständen aufgrund von Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht mit der Ehe vergleichbare Wirkungen entfalten, und aus Testamenten und Erbrecht; |
|
c) |
außervertragliche Schuldverhältnisse aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen; |
|
d) |
außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht, dem Vereinsrecht und dem Recht der juristischen Personen ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen, die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen; |
|
e) |
außervertragliche Schuldverhältnisse aus den Beziehungen zwischen den Verfügenden, den Treuhändern und den Begünstigten eines durch Rechtsgeschäft errichteten „Trusts“; |
|
f) |
außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus Schäden durch Kernenergie ergeben; |
|
g) |
außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verleumdung. |
(3) Diese Verordnung gilt unbeschadet der Artikel 21 und 22 nicht für den Beweis und das Verfahren.
(4) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff „Mitgliedstaat“ jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme Dänemarks.
Artikel 2
Außervertragliche Schuldverhältnisse
(1) Im Sinne dieser Verordnung umfasst der Begriff des Schadens sämtliche Folgen einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag („Negotiorum gestio“) oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen („Culpa in contrahendo“).
(2) Diese Verordnung gilt auch für außervertragliche Schuldverhältnisse, deren Entstehen wahrscheinlich ist.
(3) Sämtliche Bezugnahmen in dieser Verordnung auf
|
a) |
ein schadensbegründendes Ereignis gelten auch für schadensbegründende Ereignisse, deren Eintritt wahrscheinlich ist, und |
|
b) |
einen Schaden gelten auch für Schäden, deren Eintritt wahrscheinlich ist. |
Artikel 3
Universelle Anwendung
Das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.
KAPITEL II
UNERLAUBTE HANDLUNGEN
Artikel 4
Allgemeine Kollisionsnorm
(1) Soweit in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.
(2) Haben jedoch die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, und die Person, die geschädigt wurde, zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so unterliegt die unerlaubte Handlung dem Recht dieses Staates.
(3) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einem Vertrag — ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.
Artikel 5
Produkthaftung
(1) Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis im Falle eines Schadens durch ein Produkt folgendes Recht anzuwenden:
|
a) |
das Recht des Staates, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls |
|
b) |
das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls |
|
c) |
das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde. |
Jedoch ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn sie das Inverkehrbringen des Produkts oder eines gleichartigen Produkts in dem Staat, dessen Recht nach den Buchstaben a, b oder c anzuwenden ist, vernünftigerweise nicht voraussehen konnte.
(2) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in Absatz 1 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einem Vertrag — ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.
Artikel 6
Unlauterer Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendes Verhalten
(1) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.
(2) Beeinträchtigt ein unlauteres Wettbewerbsverhalten ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, ist Artikel 4 anwendbar.
(3) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet sich die Einschränkung auswirkt oder die Auswirkung wahrscheinlich ist.
(4) Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung gemäß Artikel 14 abgewichen werden.
Artikel 7
Umweltschädigung
Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Umweltschädigung oder einem aus einer solchen Schädigung herrührenden Personen- oder Sachschaden ist das nach Artikel 4 Absatz 1 geltende Recht anzuwenden, es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist.
Artikel 8
Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums
(1) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.
(2) Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus einer Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums ist auf Fragen, die nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Gemeinschaft fallen, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde.
(3) Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung nach Artikel 14 abgewichen werden.
Artikel 9
Arbeitskampfmaßnahmen
Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf die Haftung einer Person in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber oder der Organisationen, die deren berufliche Interessen vertreten, für Schäden, die aus bevorstehenden oder durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen entstanden sind, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgen soll oder erfolgt ist.
KAPITEL III
UNGERECHTFERTIGTE BEREICHERUNG, GESCHÄFTSFÜHRUNG OHNE AUFTRAG UND VERSCHULDEN BEI VERTRAGSVERHANDLUNGEN
Artikel 10
Ungerechtfertigte Bereicherung
(1) Knüpft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung, einschließlich von Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, an ein bestehendes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einen Vertrag oder eine unerlaubte Handlung — an, das eine enge Verbindung mit dieser ungerechtfertigten Bereicherung aufweist, so ist das Recht anzuwenden, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt.
(2) Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden und haben die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses, das die ungerechtfertigte Bereicherung zur Folge hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden.
(3) Kann das anzuwendende Recht nicht nach den Absätzen 1 oder 2 bestimmt werden, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist.
(4) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Artikel 11
Geschäftsführung ohne Auftrag
(1) Knüpft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus Geschäftsführung ohne Auftrag an ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einen Vertrag oder eine unerlaubte Handlung — an, das eine enge Verbindung mit dieser Geschäftsführung ohne Auftrag aufweist, so ist das Recht anzuwenden, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt.
(2) Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden und haben die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden.
(3) Kann das anzuwendende Recht nicht nach den Absätzen 1 oder 2 bestimmt werden, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Geschäftsführung erfolgt ist.
(4) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus Geschäftsführung ohne Auftrag eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Artikel 12
Verschulden bei Vertragsverhandlungen
(1) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags, unabhängig davon, ob der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde oder nicht, ist das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre.
(2) Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden, so ist das anzuwendende Recht
|
a) |
das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind, oder, |
|
b) |
wenn die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, das Recht dieses Staates, oder, |
|
c) |
wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Buchstaben a oder b bezeichneten Staat aufweist, das Recht dieses anderen Staates. |
Artikel 13
Anwendbarkeit des Artikels 8
Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist für die Zwecke dieses Kapitels Artikel 8 anzuwenden.
KAPITEL IV
FREIE RECHTSWAHL
Artikel 14
Freie Rechtswahl
(1) Die Parteien können das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll:
|
a) |
durch eine Vereinbarung nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses; oder |
|
b) |
wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses frei ausgehandelte Vereinbarung. |
Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben und lässt Rechte Dritter unberührt.
(2) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.
(3) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen, so berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung — gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form — der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.
KAPITEL V
GEMEINSAME VORSCHRIFTEN
Artikel 15
Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts
Das nach dieser Verordnung auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für
|
a) |
den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können; |
|
b) |
die Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung; |
|
c) |
das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung; |
|
d) |
die Maßnahmen, die ein Gericht innerhalb der Grenzen seiner verfahrensrechtlichen Befugnisse zur Vorbeugung, zur Beendigung oder zum Ersatz des Schadens anordnen kann; |
|
e) |
die Übertragbarkeit, einschließlich der Vererbbarkeit, des Anspruchs auf Schadenersatz oder Wiedergutmachung; |
|
f) |
die Personen, die Anspruch auf Ersatz eines persönlich erlittenen Schadens haben; |
|
g) |
die Haftung für die von einem anderen begangenen Handlungen; |
|
h) |
die Bedingungen für das Erlöschen von Verpflichtungen und die Vorschriften über die Verjährung und die Rechtsverluste, einschließlich der Vorschriften über den Beginn, die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährungsfristen und der Fristen für den Rechtsverlust. |
Artikel 16
Eingriffsnormen
Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts geltenden Vorschriften, die ohne Rücksicht auf das für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.
Artikel 17
Sicherheits- und Verhaltensregeln
Bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, sind faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind.
Artikel 18
Direktklage gegen den Versicherer des Haftenden
Der Geschädigte kann seinen Anspruch direkt gegen den Versicherer des Haftenden geltend machen, wenn dies nach dem auf das außervertragliche Schuldverhältnis oder nach dem auf den Versicherungsvertrag anzuwendenden Recht vorgesehen ist.
Artikel 19
Gesetzlicher Forderungsübergang
Hat eine Person („der Gläubiger“) aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses eine Forderung gegen eine andere Person („den Schuldner“) und hat ein Dritter die Verpflichtung, den Gläubiger zu befriedigen, oder befriedigt er den Gläubiger aufgrund dieser Verpflichtung, so bestimmt das für die Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Gläubiger maßgebende Recht, ob und in welchem Umfang der Dritte die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner nach dem für deren Beziehungen maßgebenden Recht geltend zu machen berechtigt ist.
Artikel 20
Mehrfache Haftung
Hat ein Gläubiger eine Forderung gegen mehrere für dieselbe Forderung haftende Schuldner und ist er von einem der Schuldner vollständig oder teilweise befriedigt worden, so bestimmt sich der Anspruch dieses Schuldners auf Ausgleich durch die anderen Schuldner nach dem Recht, das auf die Verpflichtung dieses Schuldners gegenüber dem Gläubiger aus dem außervertraglichen Schuldverhältnis anzuwenden ist.
Artikel 21
Form
Eine einseitige Rechtshandlung, die ein außervertragliches Schuldverhältnis betrifft, ist formgültig, wenn sie die Formerfordernisse des für das betreffende außervertragliche Schuldverhältnis maßgebenden Rechts oder des Rechts des Staates, in dem sie vorgenommen wurde, erfüllt.
Artikel 22
Beweis
(1) Das nach dieser Verordnung für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht ist insoweit anzuwenden, als es für außervertragliche Schuldverhältnisse gesetzliche Vermutungen aufstellt oder die Beweislast verteilt.
(2) Zum Beweis einer Rechtshandlung sind alle Beweisarten des Rechts des angerufenen Gerichts oder eines der in Artikel 21 bezeichneten Rechte, nach denen die Rechtshandlung formgültig ist, zulässig, sofern der Beweis in dieser Art vor dem angerufenen Gericht erbracht werden kann.
KAPITEL VI
SONSTIGE VORSCHRIFTEN
Artikel 23
Gewöhnlicher Aufenthalt
(1) Für die Zwecke dieser Verordnung steht der Ort der Hauptverwaltung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts gleich.
Wenn jedoch das schadensbegründende Ereignis oder der Schaden aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung herrührt, steht dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der Ort gleich, an dem sich diese Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung befindet.
(2) Im Sinne dieser Verordnung gilt als gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person, die im Rahmen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit handelt, ihre Hauptniederlassung.
Artikel 24
Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung
Unter dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Staates sind die in diesem Staat geltenden Rechtsnormen unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts zu verstehen.
Artikel 25
Staaten ohne einheitliche Rechtsordnung
(1) Umfasst ein Staat mehrere Gebietseinheiten, von denen jede für außervertragliche Schuldverhältnisse ihre eigenen Rechtsnormen hat, so gilt für die Bestimmung des nach dieser Verordnung anzuwendenden Rechts jede Gebietseinheit als Staat.
(2) Ein Mitgliedstaat, in dem verschiedene Gebietseinheiten ihre eigenen Rechtsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse haben, ist nicht verpflichtet, diese Verordnung auf Kollisionen zwischen den Rechtsordnungen dieser Gebietseinheiten anzuwenden.
Artikel 26
Öffentliche Ordnung im Staat des angerufenen Gerichts
Die Anwendung einer Vorschrift des nach dieser Verordnung bezeichneten Rechts kann nur versagt werden, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist.
Artikel 27
Verhältnis zu anderen Gemeinschaftsrechtsakten
Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung von Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die für besondere Gegenstände Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten.
Artikel 28
Verhältnis zu bestehenden internationalen Übereinkommen
(1) Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der internationalen Übereinkommen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören und die Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten.
(2) Diese Verordnung hat jedoch in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten Vorrang vor den ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkommen, soweit diese Bereiche betreffen, die in dieser Verordnung geregelt sind.
KAPITEL VII
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 29
Verzeichnis der Übereinkommen
(1) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission spätestens ….. (7) die Übereinkommen gemäß Artikel 28 Absatz 1. Kündigen die Mitgliedstaaten nach diesem Stichtag eines dieser Übereinkommen, so setzen sie die Kommission davon in Kenntnis.
(2) Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union innerhalb von sechs Monaten nach deren Erhalt
|
i) |
ein Verzeichnis der in Absatz 1 genannten Übereinkommen; |
|
ii) |
die in Absatz 1 genannten Kündigungen . |
Artikel 30
Überprüfungsklausel
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis spätestens … (8) einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt. In dem Bericht werden insbesondere außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verkehrsunfällen und der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich Verleumdung, berücksichtigt.
Artikel 31
Zeitliche Anwendbarkeit
Diese Verordnung wird auf schadensbegründende Ereignisse angewandt, die nach ihrem Inkrafttreten eintreten.
Artikel 32
Zeitpunkt des Beginns der Anwendung
Diese Verordnung gilt ab dem … (9), mit Ausnahme des Artikels 29, der ab dem … (7) gilt.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
…
Im Namen des Rates
Der Präsident
…
(1) ABl. C 241 vom 28.9.2004, S. 1.
(2) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2005 (C 157 E vom 6.7.2006, S. 371), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom … (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.
(4) ABl. C 53 vom 3.3.2005, S. 1.
(5) ABl. L 12, 16.01.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2245/2004 der Kommission (ABl. L 381 vom 28.12.2004, S. 10).
(6) ABl. C 27 vom 26.1.1998, S. 34.
(7) 12 Monate nach dem Tag der Annahme dieser Verordnung.
(8) Vier Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.
(9) 18 Monate nach dem Tag der Annahme dieser Verordnung.
BEGRÜNDUNG DES RATES
I. EINLEITUNG
Der Rat ist am 1./2. Juni 2006 zu einer allgemeinen Einigung über den Entwurf einer Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht gelangt. Daraufhin wurde am 25. September 2006 ein Gemeinsamer Standpunkt im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens festgelegt.
Der Rat hat seinen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit gefasst. Die Delegationen Estlands und Lettlands stimmten wegen ihrer Vorbehalte zu Artikel 9 (Arbeitskampfmaßnahmen) und seiner Auswirkungen auf die Dienstleistungsfreiheit dagegen. (1)
Bei der Festlegung seines Standpunkts berücksichtigte der Rat die am 6. Juli 2005 vom Europäischen Parlament in erster Lesung verabschiedete Stellungnahme. (2)
Ziel des Vorschlags ist die Festlegung einheitlicher Rechtsvorschriften für außervertragliche Schuldverhältnisse unabhängig davon, in welchem Staat der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird. Dies dürfte für mehr Sicherheit in Bezug auf das anwendbare Recht sorgen und den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten berechenbarer machen sowie den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen fördern.
II. ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS
I. Allgemeines
Der Gemeinsame Standpunkt des Rates stützt sich weitgehend auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag in der Fassung des geänderten Vorschlags, der dem Rat am 22. Februar 2006 übermittelt wurde. (3)
Nachstehend sind die wesentlichen Änderungen aufgeführt, die an dem Text vorgenommen wurden:
|
1. |
Gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag wurde der Anwendungsbereich des Rechtsakts präzisiert und weiter ausgestaltet. Die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“) gilt nicht für Zivil- und Handelssachen. Eine weitere Ausnahmebestimmung wurde in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe g aufgenommen, um den Beratungen und dem endgültigen Kompromiss bezüglich der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte Rechnung zu tragen. |
|
2. |
Die Verordnung folgt insofern der gleichen Logik wie der ursprüngliche Kommissionsvorschlag, als sie eine allgemeine Regel für das auf eine unerlaubte Handlung anzuwendende Recht festlegt. Die allgemeine Regel besteht darin, dass das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Schaden eingetreten ist. Dies ist im Vergleich zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag unverändert geblieben. Artikel 4 Absatz 2 enthält eine Ausnahme von der allgemeinen Regel; durch diese Ausnahme wird eine besondere Anknüpfung für Fälle geschaffen, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben. Artikel 4 Absatz 3 sollte als „Ausweichklausel“ zu Artikel 4 Absätze 1 und 2 betrachtet werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat aufweist. Grundsätzlich sollte die allgemeine Regel für alle von der Verordnung erfassten außervertraglichen Schuldverhältnisse gelten. Nur in bestimmten eingeschränkten und hinreichend gerechtfertigten Fällen sollte davon abgewichen und auf Sonderbestimmungen zurückgegriffen werden. Gemäß den in Artikel 14 festgelegten Bedingungen können die Parteien das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll. |
|
3. |
Gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag wurde der Anwendungsbereich der Sonderbestimmungen präzisiert, um ihre praktische Anwendung zu erleichtern. Die Verordnung enthält derzeit Sonderbestimmungen für die Produkthaftung, den unlauteren Wettbewerb, die Schädigung der Umwelt, die Verletzung des geistigen Eigentums sowie für Arbeitskampfmaßnahmen. |
|
4. |
Die Verhandlungen über die Aspekte der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte bereiteten vielen Delegationen Schwierigkeiten. Der Rat hat diese Aspekte mehrfach erörtert und alle Verhandlungsoptionen, einschließlich des Vorschlags des Europäischen Parlaments, eingehend geprüft. Um zu einem endgültigen Kompromiss zu gelangen und die widerstreitenden Interessen in Einklang zu bringen, hat der Rat gleichwohl beschlossen, die Sonderbestimmung über die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte einstweilen zu streichen. Wie bereits dargelegt wurde, sind diese Aspekte derzeit aufgrund von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe g vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Diese Bestimmung ist jedoch im Zusammenhang mit Artikel 30 zu lesen. Die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene und derzeit in Artikel 30 enthaltene Überprüfungsklausel sieht vor, dass die Kommission spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung einen Bericht vorlegt. In dem Bericht sollten insbesondere außervertragliche Schuldverhältnisse aufgrund von Verletzungen der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich Verleumdung, berücksichtigt werden. |
|
5. |
Abweichend von dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag enthält die Verordnung nun auch eine Bestimmung über Arbeitskampfmaßnahmen entsprechend dem Vorschlag des Europäischen Parlaments. Damit die Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber in ausgewogener Weise berücksichtigt werden, ist dieser Bestimmung zufolge das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgt ist. Diese Bestimmung empfanden zwei Delegationen jedoch als dermaßen problematisch, dass sie gegen den gemeinsamen Standpunkt stimmten. |
|
6. |
Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag enthielt eine Bestimmung über außervertragliche Schuldverhältnisse, die durch andere als unerlaubte Handlungen entstanden sind. Die Verordnung enthält nun ein besonderes Kapitel mit separaten Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen. |
|
7. |
Die Artikel über Eingriffsnormen, das Verhältnis zu anderen Gemeinschaftsrechtsakten und das Verhältnis zu bestehenden internationalen Übereinkommen wurden weiter vereinfacht. |
|
8. |
Die Verordnung enthält nun — wie vom Europäischen Parlament gefordert — eine Überprüfungsklausel, nach der die Kommission verpflichtet ist, dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Anwendung der Verordnung vorzulegen. In dem Bericht werden insbesondere außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verkehrsunfällen und der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich Verleumdung, berücksichtigt. Weitere Abänderungen sind eher formaler Art und dienen der besseren Lesbarkeit des Textes. Der Text und die Erwägungsgründe wurden nach Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen neu nummeriert. Aus der als Anlage beigefügten Tabelle sind die im Gemeinsamen Standpunkt verwendete Nummerierung und die entsprechende Nummerierung im ursprünglichen Vorschlag ersichtlich. |
2. Abänderungen des Parlaments
Der Rat hat viele Abänderungen des Europäischen Parlaments übernommen. In einzelnen Fällen zeigte sich jedoch im Zuge der Beratungen im Rat und der Überarbeitung des Textes durch die Rechts- und Sprachsachverständigen, dass bestimmte technische Klarstellungen erforderlich waren. Damit die Erwägungsgründe mit dem Text der Verordnung übereinstimmen, wurden sie entsprechend angepasst und auf den neuesten Stand gebracht.
Die in den Artikeln 1, 2, 4, 9, 10, 11, 12, 28 und 30 vorgenommen Änderungen erfordern die Aufnahme zusätzlicher Erwägungsgründe.
Die Erwägungsgründe 1 bis 5 wurden aktualisiert, um den letzten Entwicklungen auf politischer Ebene Rechnung zu tragen. So wurde der Verweis auf den Aktionsplan aus dem Jahr 1998 durch einen Verweis auf die Leitlinien des vom Europäischen Rat im Jahr 2004 angenommenen Haager Programms ersetzt.
a) Vollständig übernommene Abänderungen
Die Abänderungen 12, 17, 21, 22, 35, 37, 39, 40, 45, 51 und 52 sowie die mündlichen Abänderungen können in der vom Europäischen Parlament vorgelegten Form übernommen werden, da sie für größere Klarheit und Stimmigkeit des Rechtsakts sorgen bzw. zu Detailfragen beitragen.
b) Inhaltlich übernommene Abänderungen
Die Abänderungen 2, 15, 18, 19, 20, 23, 24, 28, 31, 34, 38, 45 und 54 sind inhaltlich annehmbar, sofern sie umformuliert werden.
Abänderung 2 wird durch die derzeitigen Erwägungsgründe 29 und 31 abgedeckt.
Abänderung 15 wird dem Inhalt nach durch den Erwägungsgrund 24 aufgegriffen.
Die in Abänderung 18 vorgeschlagenen Änderungen sind inhaltlich in Artikel 2 und Artikel 1 Absatz 1 berücksichtigt.
Die Abänderungen 19 und 20 sind im Text von Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben b und d enthalten. Allerdings wurden insbesondere wegen der Einfügung von Artikel 2 redaktionelle Vereinfachungen vorgenommen.
Abänderung 23 wird inhaltlich akzeptiert. Angesichts der Änderungen, die im Erwägungsgrund 9 und in Artikel 1 Absatz 1 vorgenommen wurden, hält der Rat diese Abänderung nun allerdings für entbehrlich.
Nach Ansicht des Rates werden die in Abänderung 24 vorgeschlagenen Änderungen inhaltlich durch die Änderungen abgedeckt, die in den Artikeln 16, 26 und 27 sowie im Erwägungsgrund 31 erfolgt sind.
Der Rat kann den Abänderungen 28 und 34, durch die sich der Aufbau und die Betitelung der Abschnitte ändern würden, grundsätzlich zustimmen. Er ist der Auffassung, dass dies im derzeitigen Aufbau der Verordnung (Kapitel I „Anwendungsbereich“, Kapitel II „Unerlaubte Handlungen“, Kapitel III „Ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen“, Kapitel IV „Freie Rechtswahl“ und Kapitel V „Gemeinsame Vorschriften“), der den gleichen Zweck erfüllen würde, seinen Niederschlag findet.
Mit Abänderung 31 wird eine neue Bestimmung über Arbeitskampfmaßnahmen aufgenommen. Dies entspricht den im Rat geführten Verhandlungen. Allerdings ist der Inhalt der Vorschrift in Artikel 9 und durch die Erwägungsgründe 24 und 25 weiter ausgestaltet worden.
Abänderung 38 wird dem Inhalt nach durch Artikel 14 aufgegriffen. Allerdings hat der Rat versucht, den Text zu vereinfachen und flexibler zu gestalten.
Abänderung 46 wird dem Inhalt nach durch Artikel 18 aufgegriffen.
c) Teilweise übernommene Abänderungen
Die Abänderungen 3, 14, 25, 26, 36, 44, 53 und 54 sind teilweise annehmbar.
Abänderung 3 ist nur teilweise annehmbar, da sich der Erwägungsgrund auf Artikel 4 bezieht und die Abänderung 26 zu Artikel 4 nicht vollständig übernommen wird. Der erste Satz der Abänderung wird inhaltlich im derzeitigen Text der Erwägungsgründe 13 und 14 berücksichtigt. Dem letzten Teil der Abänderung wird im derzeitigen Text des Erwägungsgrunds 28 Rechnung getragen.
In Abänderung 14 wird vorgeschlagen, erstens die Formulierung „sofern angemessen“ hinzuzufügen, um dem Ermessen des Gerichts mehr Gewicht zu verleihen, und zweitens dieses Ermessen bei Verletzungen der Privatsphäre und in Fällen von unlauterem Wettbewerb auszuschließen. Den ersten Teil der Abänderung kann der Rat übernehmen. Verletzungen der Privatsphäre sind hingegen vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen worden, und der Rat sieht keinen Grund, der eine Ausnahme für Fälle von unlauterem Wettbewerb rechtfertigen würde.
Abänderung 25 ist grundsätzlich annehmbar. Allerdings müssten die Bedingungen, unter denen eine Rechtswahl ex ante erfolgen kann, nach Ansicht des Rates klar und eindeutig festgelegt werden.
Abänderung 26 betrifft die allgemeine Kollisionsnorm in Artikel 4.
Hinsichtlich Artikel 4 Absatz 1 kann der Rat die vorgeschlagenen Änderungen akzeptieren.
Nicht übernehmen kann der Rat hingegen die Änderungen in Absatz 2. In Absatz 2 wird eine spezielle Kollisionsnorm für Verkehrsunfälle eingeführt, die dazu führen würde, dass auf das außervertragliche Schuldverhältnis und auf den Schadenersatz zwei unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden würden. Wie die Kommission in ihrem geänderten Vorschlag (4) dargelegt hat, würde eine solche Regelung vom positiven Recht der Mitgliedstaaten abweichen und kann daher nicht ohne eingehende Prüfung eingeführt werden. Es wird deshalb vorgeschlagen, dieser Frage im Rahmen des in Artikel 30 vorgesehenen Berichts nachzugehen.
Was Artikel 4 Absatz 3 betrifft, so sollte dieser Absatz als Ausweichklausel zu Artikel 4 Absätze 1 und 2 betrachtet werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat aufweist. In Anbetracht dessen sieht der Rat keine Notwendigkeit, spezifische Anknüpfungspunkte aufzuführen.
Abänderung 36 betrifft den neuen Artikel 10. Grundsätzlich sind die vorgeschlagenen Änderungen zwar akzeptabel, doch ist der Rat der Auffassung, dass das Recht des Staates, in dem die Bereicherung eingetreten ist, einen geeigneteren Anknüpfungspunkt darstellt, wenn das anwendbare Recht auf der Grundlage von Artikel 10 Absätze 1 oder 2 nicht bestimmt werden kann.
Den ersten Teil der Abänderung 44 kann der Rat übernehmen. Allerdings wurde im Laufe der Verhandlungen vereinbart, den Absatz 2, der einigen Mitgliedstaaten fundamentale Probleme bereiten würde, zu streichen, weshalb der Rat diesen Teil der Abänderung nicht übernehmen kann.
Abänderung 53 wird teilweise übernommen. Dem Rat erscheint es zweckdienlicher, der Verordnung automatisch Vorrang vor den ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkommen einzuräumen, soweit diese Bereiche betreffen, die in der Verordnung geregelt sind. Die für Artikel 28 Absatz 3 vorgeschlagene Abänderung wurde nicht übernommen, weil das Haager Übereinkommen eine Sonderregelung für Verkehrsunfälle vorsieht und viele Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, den Erhalt dieser Regelung wünschen. In diesem Zusammenhang sei auf die Überprüfungsklausel in Artikel 30 verwiesen, in der ausdrücklich auf Verkehrsunfälle Bezug genommen wird.
Der Rat begrüßt die mit Abänderung 54 vorgeschlagene Überprüfungsklausel. Er hält es jedoch für zweckdienlicher, die Überprüfungsklausel allgemeiner zu fassen, um eine effiziente Bewertung im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten zu gewährleisten (siehe Artikel 30).
d) Abgelehnte Abänderungen
Die Abänderungen 1, 4, 5, 6, 8, 10, 11, 13, 16, 27, 29, 32, 33, 41, 42, 43, 47, 49, 50, 56 und 57 werden abgelehnt.
Abänderung 1 nimmt auf die Rom-I-Verordnung Bezug. Solange diese jedoch nicht erlassen ist, sollte eher auf das bestehende Übereinkommen Rom I über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht aus dem Jahr 1980 verwiesen werden.
Abänderung 4 steht im Zusammenhang mit den für die die allgemeine Kollisionsnorm vorgeschlagenen Änderungen (Abänderung 26). Da Abänderung 26 teilweise abgelehnt wurde, wären auch die entsprechenden Änderungen des Erwägungsgrunds abzulehnen.
Angesichts der am Anwendungsbereich der Verordnung vorgenommenen Änderungen sieht der Rat keine Notwendigkeit für Abänderung 5.
Mit den Abänderungen 6, 8, 11 und 13 sollen die Erwägungsgründe den Abänderungen 27 (Produkthaftung), 29 (Unlauterer Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendes Verhalten) und 33 (Umweltschädigung) angepasst werden, mit denen die Streichung mehrerer spezieller Kollisionsnormen aus der Verordnung vorgeschlagen wird. Der Rat kann die Streichung dieser speziellen Bestimmungen nicht akzeptieren, weshalb die entsprechenden Abänderungen der Erwägungsgründe ebenfalls abzulehnen wären. Der Rat hat sich jedoch bemüht, den Anwendungsbereich dieser speziellen Bestimmungen eindeutig festzulegen, um ihre praktische Anwendung zu erleichtern.
Die Abänderungen 10 und 56 wären abzulehnen, da außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verleumdung, ergeben, vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen wurden.
Abänderung 16 kann der Rat nicht akzeptieren, da er Abänderung 42, auf die sich diese Abänderung bezieht, ablehnt.
Abänderung 27 bezweckt die Aufhebung der speziellen Kollisionsnorm für die Produkthaftung. Nach Auffassung des Rates wäre es bei Anwendung der allgemeinen Kollisionsnormen auf Fälle von Produkthaftung nicht möglich, das anwendbare Recht mit hinreichender Sicherheit vorherzusehen. Die Schaffung eines Kaskadensystems von Anknüpfungspunkten erscheint, zusammen mit einer Vorhersehbarkeitsklausel, im Hinblick auf dieses Ziel als eine ausgewogene Lösung.
Abänderung 29 bezweckt die Streichung der speziellen Kollisionsnorm für den unlauteren Wettbewerb. Der Rat kann dies nicht akzeptieren. Die Sonderregel nach Artikel 6 stellt keine Ausnahme von der allgemeinen Kollisionsnorm nach Artikel 4 Absatz 1 dar, sondern vielmehr eine Präzisierung derselben zum Zwecke der Bestimmung des Orts des Schadenseintritts. Im Bereich des unlauteren Wettbewerbs sollte die Kollisionsnorm die Wettbewerber, die Verbraucher und die Öffentlichkeit schützen und das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellen. Durch eine Anknüpfung an den Ort, an dem die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt werden, oder — im Falle von Wettbewerbsbeschränkungen — an den Staat, in dessen Gebiet sich die Wettbewerbsbeschränkungen auswirken oder auszuwirken drohen, können diese Ziele im Allgemeinen erreicht werden. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten nach Artikel 6 Absatz 3 entstanden sind, sollten sich auf Verstöße sowohl gegen gemeinschaftliche als auch gegen nationale Wettbewerbsvorschriften erstrecken.
Abänderung 32 steht in Zusammenhang mit Abänderung 26, die von Rat insoweit abgelehnt wird, als sie Verkehrsunfälle betrifft. Aus den gleichen Gründen wird auch Abänderung 32 abgelehnt.
Der Rat kann die in Abänderung 33 vorgeschlagene Streichung der speziellen Kollisionsnorm für Umweltschäden nicht akzeptieren. Die vorgeschlagene Regelung entspricht dem von der Gemeinschaft vertretenen Verursacherprinzip, das bereits in mehreren Mitgliedstaaten Anwendung findet.
Der Rat kann Abänderung 41 nicht akzeptieren, da ihre Übernahme allem Anschein nach im Widerspruch zu den in Abänderung 40 vorgeschlagenen und vom Rat gebilligten Änderungen stünde.
Bei den Abänderungen 42 und 43 geht es um die Anwendung ausländischen Rechts durch die Gerichte. Der Rat lehnt die Abänderungen ab, da diese Frage in einem anderen Zusammenhang behandelt werden sollte.
Infolge der Übernahme von Abänderung 22 ist Abänderung 47 nach Ansicht des Rates entbehrlich geworden.
Der Rat ist der Ansicht, dass die in Artikel 23 Absatz 2 enthaltene Präzisierung für natürliche Personen, die im Rahmen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit handeln, ausreicht. Abänderung 49 wird deshalb abgelehnt.
Mit Abänderung 50 soll der Begriff der öffentlichen Ordnung präzisiert werden. Es wäre derzeit schwierig, gemeinsame Kriterien und einschlägige Referenzen für die Bestimmung des Begriffs der öffentlichen Ordnung festzulegen. Aus diesem Grund wird Abänderung 50 abgelehnt.
Abänderung 57 bezieht sich auf Artikel 6 des ursprünglichen Kommissionsvorschlags. Der Rat hat diese Frage mehrmals erörtert und alle Verhandlungsoptionen, einschließlich der vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Lösung, eingehend geprüft. Um zu einem endgültigen Kompromiss zu gelangen und die widerstreitenden Interessen in Einklang zu bringen, schlägt der Rat jedoch vor, die spezielle Kollisionsnorm für die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte einstweilen zu streichen. Infolgedessen muss Abänderung 57 abgelehnt werden. Stattdessen ist in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe g der Verordnung eine Ausnahme vom Anwendungsbereich vorgesehen.
Dies sollte jedoch im Zusammenhang mit Artikel 30 gelesen werden. Die in Artikel 30 enthaltene Überprüfungsklausel sieht vor, dass die Kommission spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung einen Bericht vorlegt. In dem Bericht werden insbesondere außervertragliche Schuldverhältnisse aufgrund von Verletzungen der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich Verleumdung, berücksichtigt.
III. FAZIT
Der Rat ist der Auffassung, dass es ihm mit dem Text seines Gemeinsamen Standpunkts zu der Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht gelungen ist, ein ausgewogenes System von Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse zu schaffen und die angestrebte Einheitlichkeit der anwendbaren Rechtsvorschriften herbeizuführen. Außerdem entspricht der Gemeinsame Standpunkt in weiten Teilen dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission und der Stellungnahme des Europäischen Parlaments.
(1) Siehe Verweis auf den I/A-Punkt-Vermerk 12219/06 CODEC 838 JUSTCIV 181.
(2) Vgl. Dok. 10812/05 CODEC 590 JUSTCIV 132.
(3) Vgl. Dok. 6622/06 JUSTCIV 32 CODEC 171.
(4) Vgl. Dok. 6622/06 JUSTCIV 32 CODEC 171.
ANLAGE
ENTSPRECHUNGSTABELLE
|
Ursprünglicher Kommissionsvorschlag |
Gemeinsamer Standpunkt des Rates |
|
Erwägungsgrund (1) |
Erwägungsgrund (1) |
|
neu |
Erwägungsgrund (2) |
|
Erwägungsgrund (2) |
gestrichen |
|
Erwägungsgrund (3) |
Erwägungsgrund (3) |
|
neu |
Erwägungsgrund (4) |
|
neu |
Erwägungsgrund (5) |
|
Erwägungsgrund (4) |
Erwägungsgrund (6) |
|
Erwägungsgrund (5) |
Erwägungsgrund (7) |
|
neu |
Erwägungsgrund (8) |
|
neu |
Erwägungsgrund (9) |
|
neu |
Erwägungsgrund (10) |
|
neu |
Erwägungsgrund (11) |
|
Erwägungsgrund (6) |
Erwägungsgrund (12) |
|
Erwägungsgrund (7) |
Erwägungsgrund (13) |
|
Erwägungsgrund (8) |
Erwägungsgrund (14) |
|
neu |
Erwägungsgrund (15) |
|
neu |
Erwägungsgrund (16) |
|
Erwägungsgrund (9) |
Erwägungsgrund (17) |
|
Erwägungsgrund (10) |
Erwägungsgrund (18) |
|
Erwägungsgrund (11) |
Erwägungsgrund (19) |
|
neu |
Erwägungsgrund (20) |
|
neu |
Erwägungsgrund (21) |
|
Erwägungsgrund (12) |
gestrichen |
|
Erwägungsgrund (13) |
Erwägungsgrund (22) |
|
Erwägungsgrund (14) |
Erwägungsgrund (23) |
|
neu |
Erwägungsgrund (24) |
|
neu |
Erwägungsgrund (25) |
|
Erwägungsgrund (15) |
Erwägungsgrund (26) |
|
neu |
Erwägungsgrund (27) |
|
Erwägungsgrund (16) |
Erwägungsgrund (28) |
|
Erwägungsgrund (17) |
Erwägungsgrund (29) |
|
Erwägungsgrund (18) |
Erwägungsgrund (30) |
|
Erwägungsgrund (19) |
Erwägungsgrund (31) |
|
Erwägungsgrund (20) |
Erwägungsgrund (32) |
|
neu |
Erwägungsgrund (33) |
|
Erwägungsgrund (21) |
Erwägungsgrund (34) |
|
Erwägungsgrund (22) |
Erwägungsgrund (35) |
|
Erwägungsgrund (23) |
Erwägungsgrund (36) |
|
Artikel 1 |
Artikel 1 |
|
neu |
Artikel 2 |
|
Artikel 2 |
Artikel 3 |
|
Artikel 3 |
Artikel 4 |
|
Artikel 4 |
Artikel 5 |
|
Artikel 5 |
Artikel 6 |
|
Artikel 6 |
gestrichen |
|
Artikel 7 |
Artikel 7 |
|
Artikel 8 |
Artikel 8 |
|
neu |
Artikel 9 |
|
Artikel 9 Absatz 1 |
Artikel 12 |
|
Artikel 9 Absatz 2 |
Artikel 10 Absatz 2, Artikel 11 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b |
|
Artikel 9 Absatz 3 |
Artikel 10 |
|
Artikel 9 Absatz 4 |
Artikel 11 |
|
Artikel 9 Absatz 5 |
Artikel 10 Absatz 4, Artikel 11 Absatz 4, Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe c |
|
Artikel 9 Absatz 6 |
Artikel 13 |
|
Artikel 10 |
Artikel 14 |
|
Artikel 11 |
Artikel 15 |
|
Artikel 12 |
Artikel 16 |
|
Artikel 13 |
Artikel 17 |
|
Artikel 14 |
Artikel 18 |
|
Artikel 15 Absatz 1 |
Artikel 19 |
|
Artikel 15 Absatz 2 |
Artikel 20 |
|
Artikel 16 |
Artikel 21 |
|
Artikel 17 |
Artikel 22 |
|
Artikel 18 |
gestrichen |
|
Artikel 19 |
Artikel 23 |
|
Artikel 20 |
Artikel 24 |
|
Artikel 21 |
Artikel 25 |
|
Artikel 22 |
Artikel 26 |
|
Artikel 23 |
Artikel 27 |
|
Artikel 24 |
gestrichen |
|
Artikel 25 |
Artikel 28 |
|
Artikel 26 |
Artikel 29 |
|
neu |
Artikel 30 |
|
Artikel 27 Absatz 2 |
Artikel 31 |
|
Artikel 27 Absätze 1 und 3 |
Artikel 32 |