ISSN 1725-2407

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 115

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Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

49. Jahrgang
16. Mai 2006


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II   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

62. Plenartagung vom 16./17. November 2005

2006/C 115/1

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission: Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung: Strategische Leitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013

1

2006/C 115/2

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Aktionsplan staatliche Beihilfen — Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen — Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009

6

2006/C 115/3

Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Wettbewerbsfähigkeit und Dezentralisierung

10

2006/C 115/4

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013)

17

2006/C 115/5

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013)

20

2006/C 115/6

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission: Umstrukturierung und Beschäftigung — Umstrukturierungen antizipieren und begleiten und die Beschäftigung fördern: die Rolle der Europäischen Union

27

2006/C 115/7

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im demokratischen Leben der Union

32

2006/C 115/8

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Leitlinien für die Anwendung und Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit

35

2006/C 115/9

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Dezentralisierte Zusammenarbeit bei der Reform der Entwicklungspolitik der EU

42

2006/C 115/0

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Aufstellung eines Rahmenprogramms für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007-2013

47

2006/C 115/1

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat Eine europäische Zukunft für das Kosovo

53

2006/C 115/2

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung Kulturhauptstadt Europas für die Jahre 2007 bis 2019

56

2006/C 115/3

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Grünbuch Angesichts des demografischen Wandels — eine neue Solidarität zwischen den Generationen

61

2006/C 115/4

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle — eine Rahmenstrategie und dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) — Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft

65

2006/C 115/5

Entschließung des Ausschusses der Regionen zu dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und zu den Prioritäten des Ausschusses der Regionen für 2006

69

2006/C 115/6

Entschließung Der Weg in die Zukunft für die Finanzielle Vorausschau 2007-2013

73

2006/C 115/7

Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Die Sicherheit der einzelnen Verkehrsträger und ihre Finanzierung

75

2006/C 115/8

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm Bürger/innen für Europa für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft

81

2006/C 115/9

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Bericht über die Durchführung der EU-Forststrategie

84

2006/C 115/0

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung des Klimawandels

88

2006/C 115/1

Prospektivbericht des Ausschusses der Regionen zum Thema Umsetzung der Richtlinie über Abfalldeponien (1999/31/EG) auf regionaler und lokaler Ebene

95

DE

 


II Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

62. Plenartagung vom 16./17. November 2005

16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/1


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission: Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung: Strategische Leitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013“

(2006/C 115/01)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die „Mitteilung der Kommission: Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung: Strategische Leitlinien der Gemeinschaft für den Zeitraum 2007-2013“ (KOM(2005) 299 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 5. Juli 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 19. Mai 2005, die Fachkommission für Kohäsionspolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die „Mitteilung der Kommission: Dritter Zwischenbericht über den Zusammenhalt: Auf dem Weg zu einer Partnerschaft für Wachstum, Beschäftigung und Zusammenhalt“ (KOM(2005) 192 endg. — SEK(2005) 632);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission: Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ (KOM(2004) 107 endg.) (CdR 120/2004 fin (1));

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Finanziellen Vorausschau — „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen. Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union 2007-2013“ (KOM(2004) 101 endg.) (CdR 162/2004 fin (2));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (KOM(2004) 495 endg. — 2004/0167 (COD)) (CdR 233/2004 fin (3));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung eines Kohäsionsfonds“ (KOM(2004) 494 endg. — 2004/0166 (AVC)) (CdR 234/2004 fin (4));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds“ (KOM(2004) 493 endg. — 2004/0165 (COD)) (CdR 240/2004 fin (5));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds“ (KOM(2004) 492 endg. — 2004/0163 (AVC)) (CdR 232/2004 fin (6));

gestützt auf die von seinem Präsidium am 2. September 2005 verabschiedete Erklärung von Birmingham zur Kohäsionspolitik und zu den nationalen Rahmenplänen zur Umsetzung der Lissabon-Strategie;

gestützt auf seinen von der Fachkommission für Kohäsionspolitik am 30. September 2005 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 140/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Rousset, Präsident des Regionalrates von Aquitanien (FR/SPE));

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

I.   Allgemeine Bemerkungen

Der Ausschuss der Regionen

1)

nimmt die von der Europäischen Kommission am 5. Juli 2005 verabschiedeten strategischen Leitlinien der Gemeinschaft zur Kenntnis;

2)

begrüßt, dass den Regionen mit Entwicklungsrückstand insbesondere im Zusammenhang mit der Erweiterung der EU um 10 neue Mitgliedstaaten im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ explizit Priorität eingeräumt wird. Europa muss sich mit diesen Regionen solidarisch zeigen, um ihre Wirtschafts- und Sozialentwicklung anzukurbeln, so wie dies bereits in früheren Programmgenerationen der Fall war;

3)

begrüßt auch den Willen, durch das künftige Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ eine europäische Kohäsionspolitik für die Gesamtheit der europäischen Regionen zu verfolgen; betont jedoch, dass im Rahmen dieses Ziels die in Randlage befindlichen und/oder weniger wettbewerbsfähigen Regionen Vorrang erhalten müssen, um die inter- und intraregionalen Entwicklungsunterschiede zu verringern; Hauptziel der Kohäsionspolitik ist ja die Beseitigung der regionalen und lokalen Disparitäten und nicht die Förderung der wettbewerbsfähigsten Regionen;

4)

bedauert, dass in den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft nicht zwischen den Prioritäten für Konvergenzregionen und denen für Regionen des künftigen Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ unterschieden wird. Das Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ muss auf Projekte ausgerichtet sein, die die Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit bezwecken (Forschung, Innovation, allgemeine und berufliche Bildung, Zugänglichkeit in den Bereichen Verkehr, Informations- und Kommunikationstechnologien und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse). Dabei muss das derzeit häufig kritisierte „Gießkannenprinzip“ vermieden werden;

5)

begrüßt, dass die Kohäsionspolitik als Instrument zur Umsetzung der Lissabon-Strategie auf regionaler Ebene herangezogen wird, betont aber, dass es absolut notwendig ist, sie vorrangig als Instrument zur Behebung regionaler und lokaler Entwicklungsunterschiede einzusetzen;

6)

unterstreicht die grundlegende Bedeutung dieses Dokuments für die Gestaltung der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 und für die Überwachung dieser Politik bezüglich der genannten Ziele und Prioritäten auf europäischer Ebene;

7)

betont, dass für die Regional- und Kohäsionspolitik ein europäisches Strategiepapier erforderlich ist, wie es z.B. bereits seit Jahren für die europäische Beschäftigungsstrategie existiert;

8)

verweist gleichwohl auf das Missverhältnis zwischen den von der Kommission in ihrer Mitteilung bekundeten Ambitionen und den geringen Mitteln, die einige Mitgliedstaaten im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 hierfür zur Verfügung stellen möchten;

9)

fragt sich, welchen Gebrauch die Mitgliedstaaten von dieser Mitteilung machen werden, insbesondere dann, wenn die Finanzielle Vorausschau nicht ausreichen sollte, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern;

10)

hält es zwar für notwendig, das Subsidiaritätsprinzip zu achten und dabei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu lassen, die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft ihren Bedürfnissen und Besonderheiten anzupassen, wichtig ist aber auch, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Maßnahmen nicht aus den EU-Strukturfonds finanzieren;

11)

ist besorgt angesichts des Risikos, dass eine solche Tendenz auf längere Sicht die Kontinuität einer wirklichen gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik — eine der von den europäischen Bürgern am stärksten wahrgenommenen Gemeinschaftspolitiken — beeinträchtigen kann;

12)

bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Kommission unter dem Druck der Mitgliedstaaten darauf verzichtet hat, die nationalen Fassungen dieses Dokuments im Anhang aufzuführen, die sich auf die Ergebnisse des von den Mitgliedstaaten über das Beobachtungsnetz für die europäische Raumordnung (European Spatial Planning Observation Network/ESPON) durchgeführten Programms für Regionalstudien stützen und die Überprüfung der strategischen Kohärenz zwischen den gemeinschaftlichen und den einzelstaatlichen Zielen im Bereich des territorialen Zusammenhalts ermöglichen könnten.

1.   Strategische Leitlinien der Gemeinschaft und Lissabon-Strategie

Der Ausschuss der Regionen

1.1

bekräftigt seine umfassende Unterstützung für die Lissabon-Strategie und nimmt die Absicht der Kommission, die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft im Wesentlichen auf diese Strategie auszurichten, zur Kenntnis; bedauert jedoch die Zurückstellung der Umweltpriorität und der Göteborg-Strategie;

1.2

befürwortet die drei von der Kommission vorgeschlagenen Hauptprioritäten (Stärkung der Anziehungskraft Europas und seiner Regionen für Investoren und Arbeitskräfte, Förderung von Wissen und Innovation für Wachstum, mehr und bessere Arbeitsplätze);

1.3

bedauert hingegen, dass in der Darstellung dieser drei Hauptprioritäten jeder Bezug zum Konzept der „ausgewogenen Wettbewerbsfähigkeit“ fehlt; bekräftigt seine Auffassung, dass den drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung (Wirtschaft, Soziales, Umwelt) dieselbe Aufmerksamkeit zuteil werden sollte;

1.4

betont erneut, dass das Hauptproblem der Lissabon-Strategie — wie auch der europäischen Beschäftigungsstrategie — in ihrer Umsetzung vor allem durch die Mitgliedstaaten besteht; bedauert insbesondere, dass ein wirklicher dezentralisierter Ansatz fehlt und es nicht gelungen ist, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Koordinierungsmethode einzubinden; bedauert darüber hinaus, dass die entsprechend dieser Methode entwickelte Zusammenarbeit weiterhin vornehmlich auf Regierungsebene stattfindet, wobei die zunehmend bedeutende Rolle der Sozialpartner im Lissabon-Prozess außer Acht gelassen wird;

1.5

ist erfreut über die zentrale Rolle, die die Kommission den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie zukommen lassen möchte, und darüber, dass die Kommission zur Verwirklichung der einschlägigen Ziele eine Verbindung zur Kohäsionspolitik herstellt;

1.6

hält es deshalb für notwendig, die gemeinschaftlichen strategischen Leitlinien, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten und Regionen ihre eigenen strategischen Prioritäten für die Kohäsionspolitik festlegen, in die nationalen „Lissabon-Aktionsprogramme“ aufzunehmen und die Bedeutung der regionalen und lokalen Ebene für die strategische territoriale Entwicklung hervorzuheben;

1.7

wünscht, dass die Strukturfonds über die für die Gemeinschaftsintervention vorrangigen Konvergenzregionen hinaus im Rahmen des künftigen Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ eingesetzt werden, um in erster Linie die Entwicklung der in Randlage befindlichen und weniger wettbewerbsfähigen Regionen anzukurbeln, und zwar in zentralen Bereichen wie Forschung, Innovation, allgemeine und berufliche Bildung und Zugänglichkeit (Verkehr, Informations- und Kommunikationstechnologien, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse). Jede europäische Region muss auf regionaler und lokaler Ebene ihre eigene Lissabon-Agenda umsetzen können;

1.8

lenkt die Aufmerksamkeit auf die Verwendung der europäischen Fonds zur Finanzierung bzw. Kofinanzierung einzelstaatlicher bzw. gemeinschaftlicher Maßnahmen (Transeuropäische Verkehrsnetze, Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung, Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation), die nicht auf den territorialen Zusammenhalt, sondern einzig auf die nationale Wettbewerbsfähigkeit abzielt und damit nicht in den Bereich der Kohäsionspolitik fällt. Zwar ist es gerechtfertigt und wichtig, dass die Regionen mit Entwicklungsrückstand die Strukturfonds für derartige Finanzierungszwecke nutzen können, doch wäre es schädlich, wenn die unter dem künftigen Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ förderfähigen Regionen die Fondsmittel nicht auf echte Prioritäten der Regionalentwicklung konzentrieren könnten;

1.9

bekräftigt seine Forderung, auch künftig private Kofinanzierungsmöglichkeiten zuzulassen;

1.10

stellt fest, dass die sektorspezifischen Maßnahmen im derzeitigen Programmplanungszeitraum zum Kohäsionsziel beitragen müssen; ab 2007 könnte das Gegenteil zutreffen, indem die Kohäsionspolitik zur Finanzierung der sektorspezifischen Maßnahmen dienen sollte;

1.11

vertritt die Auffassung, dass durch die Ausrichtung der strategischen Leitlinien der Gemeinschaft auf die Lissabon-Strategie die Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit erhalten sollten, sich der Kohäsionspolitik zu bedienen, um ihre nationalen Maßnahmen ungeachtet der in ihrem Staatsgebiet geltenden Grundsätze des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zu finanzieren;

1.12

warnt deshalb vor dem Risiko einer „Renationalisierung“ der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik;

1.13

fordert schließlich, in den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft klare und präzise Ziele für den Bereich des territorialen Zusammenhalts festzulegen, um dieses Risiko zu minimieren.

2.   Territoriale Dimension der Kohäsionspolitik

Der Ausschuss der Regionen

2.1

bedauert, dass die territoriale Dimension der Kohäsionspolitik kein Ziel einer eigenständigen Priorität oder eines die drei in der Mitteilung genannten Hauptprioritäten betreffenden Querschnittsthemas darstellt und sich nicht wie der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt als roter Faden durch die gesamten strategischen Leitlinien der Gemeinschaft zieht;

2.2

bekräftigt die Ansicht, dass die territoriale Dimension die Grundlage der Regional- und der Kohäsionspolitik ist;

2.3

ist deshalb erstaunt, dass sich das Kapitel über die territoriale Dimension nur auf Städte und ländliche Gebiete bezieht und es weit hinter den Zielen zurückbleibt, die sich die Kommission in ihrem dritten Kohäsionsbericht gesteckt hat — und dies, obwohl die territoriale Dynamik Akteuren und Bürgern ermöglicht, vor Ort die Auswirkungen der EU-Politik zu ermessen; unterstreicht, dass es unabdingbar ist, städtische Belange in den Regionalprogrammen zu berücksichtigen;

2.4

verlangt, das Konzept der ausgewogenen Wettbewerbsfähigkeit — so wie im EU-Vertrag entwickelt — und das Konzept der polyzentrischen Entwicklung des Gemeinschaftsraums zu berücksichtigen, die eine Anpassung der Art und Intensität der durchgeführten Maßnahmen im Verhältnis zur tatsächlichen Wettbewerbssituation der Regionen ermöglichen sollten;

2.5

fordert, in das Kapitel über die territoriale Dimension einen eigenen Abschnitt über die dauerhaft benachteiligten Regionen (Inselgebiete, Berggebiete, schwach besiedelte Gebiete), die Regionen in äußerster Randlage, die benachteiligten ländlichen Gebiete sowie die städtischen Problemzonen aufzunehmen und die Stärkung der Verbindung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten zu berücksichtigen; er anerkennt die herausgehobene Bedeutung der Städte und der städtischen Gebiete für die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie mit dem Ziel, die Sicherheit, den Zusammenhalt und die Nachhaltigkeit der Gemeinschaften selbst in den am stärksten benachteiligten Stadtvierteln zu fördern;

2.6

erwartet diesbezüglich die Veröffentlichung der Mitteilung der Europäischen Kommission über die städtische Dimension der strategischen Leitlinien für die Kohäsionspolitik;

2.7

unterstreicht grundsätzlich die Bedeutung des Ziels des territorialen Zusammenhalts für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als unabdingbare und untrennbare Ergänzung des Ziels des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts;

2.8

bedauert, dass der territorialen Zusammenarbeit in der gesamten Mitteilung nur wenig Bedeutung zugemessen wird; ist auch darüber beunruhigt, dass die Mitgliedstaaten die Reduzierung der finanziellen Ausstattung dieses grundlegenden regional- und kohäsionspolitischen Ziels planen;

2.9

bekräftigt seine Unterstützung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit als wesentliches Instrument der europäischen Integration und fordert eine angemessene Berücksichtigung u.a. der Bereiche Kultur, Umwelt, Austausch zwischen Verwaltungen und Katastrophenschutz und Gesundheit im Rahmen dieses Instruments;

2.10

empfiehlt, zur Durchführung von Maßnahmen eine wirklich transnationale Zusammenarbeit über die bloße Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten hinaus zu schaffen, da diese Art der Zusammenarbeit ein effektives kohäsionspolitisches Instrument ist;

2.11

fordert, die transnationale Zusammenarbeit auf einer effektiven Strategie zur Gliederung und Verflechtung der Gebiete zu basieren; unterstreicht, dass in den Arbeiten des ESPON zahlreiche Vorschläge zur Ausrichtung der transnationalen Zusammenarbeit auf eine Reihe von Hauptthemen zu finden sind, und fordert eine stärkere Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht nur an der Verwaltung der Programme sondern auch an der Festlegung der Interventionsprioritäten;

2.12

fordert die Mitgliedstaaten auf, die von der Kommission vorgeschlagenen Haushaltsmittel für die transnationale Zusammenarbeit nicht zu reduzieren;

2.13

empfiehlt, die interregionale Dimension ausführlicher zu behandeln, und unterstreicht, dass es von grundlegender Bedeutung ist, über angemessene Mittel zu verfügen.

3.   Anpassung der Finanzmittel an die genannten Ziele

Der Ausschuss der Regionen

3.1

hebt zunächst die Notwendigkeit hervor, dass die Europäische Union über einen Haushalt verfügen muss, der ihren Ambitionen und vor allem ihren auf der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon festgelegten Zielen entspricht;

3.2

ist beunruhigt angesichts des Risikos eines erheblichen Ungleichgewichts zwischen den erklärten strategischen Zielen und den Finanzmitteln, die für diese Ziele — den Ergebnissen der letzten Regierungsverhandlungen nach zu urteilen — nur in geringem Umfang bereitgestellt werden dürften;

3.3

bedauert deshalb, dass in der Kommissionsmitteilung nicht vorgeschlagen wird, die Gemeinschaftsintervention stärker auf Bereiche und Regionen zu konzentrieren, in denen sie eine echte Hebelwirkung erzielen kann;

3.4

hält es hinsichtlich des künftigen Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“für sinnvoll, zwischen den Interventionskriterien des ESF und denen des EFRE zu differenzieren: Während es gerechtfertigt ist, dass der ESF allen europäischen Regionen aus klar ersichtlichen Gründen der Arbeitslosigkeit und der sozialen Ausgrenzung offen steht, ist es notwendig, beim Einsatz des EFRE eine Reihe territorialer Kriterien für die Mittelzuweisung heranzuziehen;

3.5

schlägt vor, die Strukturfondsmittel vorrangig den am wenigsten wettbewerbsfähigen und am stärksten benachteiligten Regionen auf der Grundlage der Gemeinschaftskriterien zuzuweisen, sie jedoch auf der Grundlage klarer und objektiver territorialer Kriterien zu gewichten;

3.6

bedauert, dass auf der Tagung des Europäischen Rates am 16./17. Juni 2005 keine Einigung über die Finanzielle Vorausschau erzielt wurde, und warnt, dass sich das Fehlen einer solchen Einigung längerfristig negativ auf die Vorbereitung der künftigen Programmplanungsperiode 2007-2013 auswirken könnte.

II.   Empfehlungen

Der Ausschuss der Regionen

1.

erkennt die Anstrengungen der Kommission zur Vorlage des Strategiepapiers an, fragt sich jedoch, welchen Gebrauch die Mitgliedstaaten von diesem Papier machen werden;

2.

begrüßt erneut die Tatsache, dass den Konvergenzregionen — insbesondere im Zusammenhang mit der Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten — Priorität eingeräumt wird;

3.

vertritt die Auffassung, dass sich die Regional- und Kohäsionspolitik nicht auf die alleinige Finanzierung der in der Lissabon-Strategie als vorrangig erachteten sektorspezifischen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten beschränken darf; das vornehmliche Ziel der Kohäsionspolitik besteht im Ausgleich der regionalen und lokalen Unterschiede und nicht in der Förderung der wettbewerbsfähigsten Regionen;

4.

ist der Auffassung, dass der Erfolg der Lissabon-Strategie in erster Linie von ihrer Umsetzung auf regionaler und lokaler Ebene abhängt;

5.

wünscht, dass die unter dem künftigen Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ förderfähigen Regionen die Gemeinschaftsintervention auf die Finanzierung wirklicher regional umgesetzter Regionalentwicklungsstrategien ausrichten können;

6.

ist besorgt über die Nichtberücksichtigung einer wirklichen territorialen Dimension, die doch die Existenzberechtigung einer gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik darstellt;

7.

hält die Verwirklichung des Ziels des territorialen Zusammenhalts vor allem im Rahmen der Erweiterung der EU für äußerst wichtig;

8.

fordert mehr Ausgewogenheit zwischen den Erfordernissen der Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten einerseits und dem Bedarf an territorialem Zusammenhalt des Gemeinschaftsraums andererseits;

9.

ist der Auffassung, dass dieses ausgewogenere Verhältnis nicht nur durch die Förderfähigkeit aller europäischen Regionen erreicht werden kann, sondern auch durch die Aufnahme einer wirklich territorialen Dimension in die von den Mitgliedstaaten erarbeiteten einzelstaatlichen strategischen Rahmenpläne zur Ausrichtung der Gemeinschaftsintervention auf die in Randlage befindlichen und/oder weniger wettbewerbsfähigen Regionen;

10.

empfiehlt, der territorialen Zusammenarbeit im Allgemeinen und der transnationalen Zusammenarbeit im Besonderen mehr Bedeutung beizumessen, und zwar durch die Verstärkung ihrer strategischen Eigenschaften hinsichtlich der territorialen Gliederung des Gemeinschaftsraums und durch ihre angemessene Ausstattung mit Haushaltsmitteln;

11.

bekräftigt schließlich seine Zustimmung zu den Vorschlägen der Kommission hinsichtlich der Finanziellen Vorausschau für den Zeitraum 2007-2013; ist der Auffassung, dass zur Erreichung der in den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft genannten Ziele ein realistischer, aber ambitionierter Gemeinschaftshaushalt, der die Verwirklichung einer effektiven Regional- und Kohäsionspolitik für die gesamte Europäische Union erlaubt, unabdingbar ist.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 318 vom 22.12.2004, S. 1.

(2)  ABl. C 164 vom 5.7.2005, S. 4.

(3)  ABl. C 231 vom 20.9.2005, S. 19.

(4)  ABl. C 231 vom 20.9.2005, S. 35.

(5)  ABl. C 164 vom 5.7.2005, S. 48.

(6)  ABl. C 231 vom 20.9.2005, S. 1.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/6


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Aktionsplan staatliche Beihilfen — Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen — Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009“

(2006/C 115/02)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „AKTIONSPLAN STAATLICHE BEIHILFEN. Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen — Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009“, KOM(2005) 107 endg.;

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 8. Juni 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 22. Februar 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Entscheidung der Kommission vom 18. Juli 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden, sowie auf die Richtlinie der Kommission .../.../EG zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, sowie den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden;

gestützt auf seine Stellungnahme zur Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (CdR 77/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Entwurf einer Entscheidung der Kommission über die Anwendung von Artikel 86 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen, die bestimmten Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden, sowie zu dem Entwurf einer Richtlinie der Kommission zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen und einem Vorhaben zur Schaffung eines Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen, die bestimmten Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden (CdR 155/2004 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (CdR 327/2004) (2);

gestützt auf die am 24. Februar 2005 verabschiedete Entschließung des Ausschusses der Regionen zur Neubelebung der Lissabon-Strategie;

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 225/2005 rev. 1), der am 23. September 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommen wurde (Berichterstatter: Herr Gabor Bihary, Mitglied des Stadtparlaments der Hauptstadt Budapest, Vorsitzender des Ausschusses für europäische Integration und auswärtige Angelegenheiten (HU/SPE));

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

begrüßt den Ansatz der Europäischen Kommission, eine umfassende Konsultation bezüglich der Reform der Beihilfepolitik einzuleiten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Europa über den Ausschuss der Regionen einzubinden;

verweist auf seine bereits früher dargelegten Standpunkte in Bezug auf die Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung.

1.   Eine moderne Beihilfepolitik im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung

Der Ausschuss der Regionen

1.1

begrüßt, dass die Beihilfepolitik eng mit den Zielen der Lissabon-Strategie verknüpft werden soll; ebenso begrüßt er die Neuausrichtung hin zu einem selektiveren, horizontalen Ansatz (ohne die Bedürfnisse der konkret betroffenen Regionen außer Acht zu lassen) und die Konzentration auf wesentliche Politikbereiche wie Innovation und FuE, Humanressourcen, unternehmerische Initiative, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, Regionalbeihilfen, umweltverträgliche Entwicklung und Infrastruktureinrichtungen im Bereich Verkehr, Energie sowie Information und Kommunikation;

1.2

hält das von der Kommission zur Rechtfertigung staatlicher Beihilfen entwickelte Kriterium des Marktversagens für einen interessanten Ansatz, das jedoch als Konzept nicht auf dem EG-Vertrag aufbaut, für die praktische Verwendung nicht eindeutig definiert ist und auf die Fälle, in denen es keinen bestehenden Markt gibt, nicht angewandt werden kann. Wendet sich folglich dagegen, dass das Marktversagen eine zentrale Bedeutung als Kriterium für die Prüfung der Zulässigkeit von Beihilfen erhält, und hält dessen Anwendung nur dann für akzeptabel, wenn dabei nicht gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen wird und darüber hinaus die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einen angemessenen Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung von Marktversagen sowie der Auswahl der Mittel, um Marktversagen zu begegnen, beibehalten.

1.3

erinnert daran, dass der AdR in seiner am 24. Februar 2005 verabschiedeten Entschließung zur Neubelebung der Lissabon-Strategie forderte, dass „die EU künftig die Vergabe staatlicher Beihilfen stärker auf die langfristige Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen ausrichten sollte anstatt das Ziel einer quantitativen Reduzierung der staatlichen Beihilfen zu verfolgen“; hält es für falsch, den Schwerpunkt ohne Differenzierung der Beihilfearten ausschließlich auf die Globalkosten für staatliche Beihilfen zu legen, ohne deren Nutzen für das Gemeinwohl zu würdigen;

1.4

macht darauf aufmerksam, dass ausreichend gezielte und effizient eingesetzte staatliche Beihilfen in erheblichem Maße dazu beitragen können, die von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgestellten Anforderungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu erfüllen, und vertritt die Auffassung, dass diese Tatsache bei der Reform der Beihilferegeln ähnlich wie die Auswirkungen staatlicher Beihilfen auf das Funktionieren des Marktes berücksichtigt werden sollte;

1.5

weist darauf hin, dass das Ziel der auf Unternehmen anzuwendenden Wettbewerbsregeln im Sinne der Artikel 81 und 82 des EG-Vertrags der Schutz des Wettbewerbs auf den Märkten ist, um so das Verbraucherwohl zu fördern. Die Definition von „Wettbewerb“ muss im Vertrag einheitlich und kohärent sein, daher bedauert der Ausschuss der Regionen, dass das Verbraucherwohl als Ziel im Aktionsplan „Staatliche Beihilfen“ nicht genannt wird;

1.6

nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das Konzept der Nichtbeeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nicht mehr als prioritäres Kriterium für die Gewährung staatlicher Beihilfen angelegt wird. Der AdR ist der Ansicht, dass die Beihilfen, die von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an Unternehmen für die Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen gezahlt werden, den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Binnenmarkt nicht notwendigerweise beeinträchtigen oder den Wettbewerb ernsthaft behindern, d.h. eine dominante Marktstellung des/der jeweiligen Unternehmen schaffen bzw. ausbauen;

1.7

unterstreicht, dass die EU international wettbewerbsfähig sein muss, um Investitionen anzuziehen, und dass die Regeln für staatliche Beihilfen die Realitäten in der offenen, globalisierten Wirtschaft besser widerspiegeln müssen. Die Regeln müssen ausreichend flexibel sein, sodass die Regionen der Mitgliedstaaten mit Nicht-EU-Regionen, in denen stark subventioniert wird, um ausländische Investitionsprojekte (aus Drittstaaten) konkurrieren können;

1.8

ist der Ansicht, dass staatliche Beihilfen in Zeiten schwächeren Wirtschaftswachstums eine größere Rolle spielen, und empfiehlt daher flexible Regeln, bei denen dies berücksichtigt werden kann;

1.9

vertritt ferner die Auffassung, dass innerhalb eines wirtschaftlich integrierten Gebiets umso mehr staatliche Beihilfen als Anteil am BIP gerechtfertigt sein könnten, je schwächer ein Mitgliedstaat wirtschaftlich entwickelt ist, um öffentliche Dienstleistungen zu entwickeln bzw. um öffentliche Dienstleistungen mit ähnlichen Standards wie in den anderen Mitgliedstaaten bereitzustellen; ferner sollten seines Erachtens innerhalb eines Mitgliedstaates bestimmten Regionen (insbesondere weniger entwickelten Regionen und im Übergang befindlichen Regionen) besondere Fördermaßnahmen zugute kommen;

1.10

schlägt vor, dass die Europäische Kommission die Folgenabschätzung ihrer Entscheidungen im Bereich der staatlichen Beihilfen vor allem deswegen ausbauen sollte, weil der Aktionsplan staatliche Beihilfen auf einem „wirtschaftsorientierten Ansatz“ bei der Beihilfenkontrolle aufbaut;

1.11

bedauert, dass im Aktionsplan staatliche Beihilfen die Besonderheiten öffentlich-privater Partnerschaften in Bezug auf staatliche Beihilfen nicht berücksichtigt werden.

2.   Konzentration auf das Wesentliche

Der Ausschuss der Regionen

2.1

begrüßt die Absicht, die Freistellungsverordnungen für Ausbildungs- und Beschäftigungsbeihilfen zu vereinfachen und zu konsolidieren, und weist darauf hin, dass bei dieser Gelegenheit auch die Definitionen vereinheitlicht werden könnten, wie z.B. die Definition von „benachteiligten Arbeitnehmern“, die in den einzelnen Freistellungsverordnungen unterschiedlich ist;

2.2

ist der Ansicht, dass zwischen spezifischen und allgemeinen Ausbildungsmaßnahmen in der Praxis meist eine künstliche Unterscheidung getroffen wird, und schlägt daher vor, die Intensität staatlicher Beihilfen in Zukunft nicht mehr von diesem Unterscheidungskriterium abhängig zu machen;

2.3

begrüßt die Bemühungen der Kommission, die nach dem Altmark-Urteil (3) verbliebenen Unsicherheiten durch eine Reihe von Maßnahmen bezüglich der Finanzierung der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu beseitigen. Der Ausschuss der Regionen ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen, durch die lokale und regionale Gebietskörperschaften verpflichtet werden, ihre öffentlichen Dienstleistungsaufträge zu definieren, zu mehr Transparenz und demokratischer Verantwortlichkeit bei der Handhabung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse führen werden;

2.4

nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang mit der Forderung des Ausschusses der Regionen übereinstimmt, staatliche Beihilfen für Krankenhäuser und für den sozialen Wohnungsbau von der Anmeldepflicht freizustellen;

2.5

betont, dass ein Vorschlag für einen Rechtsrahmen für öffentliche Dienstleistungen, der die Festlegung klarer gemeinsamer Grundsätze erleichtert, mehr denn je erforderlich ist. Ein solcher Rahmen sollte u.a. Folgendes beinhalten:

Kriterien zur Unterscheidung zwischen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und Dienstleistungen von allgemeinem nicht-wirtschaftlichen Interesse;

Grundsätze und allgemeine Verpflichtungen bei Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, darunter Universalität, Kontinuität, Qualität, Effizienz, Zugänglichkeit und Schutz der Nutzer und Verbraucher;

Kriterien zur Eindämmung von Handelsverzerrungen;

die Anerkennung des Rechts der lokalen und regionalen Körperschaften auf Selbsterbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und die Leitlinien der Finanzierung;

Bewertungsmechanismen;

2.6

begrüßt die Absicht der Kommission, eine allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung zu erlassen, der zufolge bestimmte Beihilfekategorien von der Anmeldepflicht freigestellt werden, und ist der Ansicht, dass durch diese künftige Verordnung eine bessere Kontrolle gewährleistet wird;

2.7

unterstützt die Absicht, weitere Bereiche, wie KMU- und FuE-Beihilfen, in die Gruppenfreistellung einzubeziehen;

2.8

vertritt die Auffassung, dass die Ausnahmeregelung für die De-minimis-Beihilfen aufgrund ihrer Verfahrensvorschriften in der Praxis sehr schwer anwendbar ist. Jede Anhebung der Obergrenzen für De-minimis-Beihilfen sollte daher mit einer Vereinfachung und Präzisierung der derzeitigen Vorschriften der De-minimis-Verordnung einhergehen und insbesondere Folgendes klarstellen:

(i)

ob die Grenze für De-minimis-Beihilfen für unabhängige Unternehmen oder eigene Rechtspersönlichkeiten gilt,

(ii)

wie die in mehr als einem Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeiten ein- und derselben Rechtspersönlichkeit, die in verschiedenen Mitgliedstaaten De-minimis-Beihilfen erhält, berücksichtigt werden, und

(iii)

welchen Status EU-Beihilfen bei der Bestimmung haben, ob die De-minimis-Obergrenze erreicht worden ist.

Der Ausschuss unterstützt daher die Anhebung der Obergrenzen für De-minimis-Beihilfen und regt an, als Grundlage hierfür die kumulierte Inflation seit der letzten Anhebung im Jahr 2001 zu nehmen;

2.9

ist der Auffassung, dass sich die Kommission aufgrund der starken Zunahme der staatlichen Beihilfen für gemeinnützige Organisationen explizit und unmissverständlich auf diese Beihilfen beziehen und dabei die einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigen sollte;

2.10

hält den Ausbau der Infrastrukturen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für ebenso wichtig wie den Ausbau von Infrastrukturen im Bereich Verkehr und Energie; macht jedoch darauf aufmerksam, dass für die IKT-Entwicklung andere Marktvoraussetzungen gelten, und weist daher auf die Notwendigkeit spezifischer Leitlinien hin, die mehr Flexibilität ermöglichen, um Beihilfen zur Entwicklung der IKT zu bewilligen;

2.11

 

2.11.1

begrüßt, dass die Europäische Kommission am 24. August 2005 eine Fragebogenaktion zur Überprüfung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzvorschriften gestartet hat, bedauert jedoch die für den 10. Oktober 2005 angesetzte kurze Frist für den Eingang der Antworten;

2.11.2

unterstützt den Vorschlag, die „Gesundheit von Verbrauchern“ in den derzeitigen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrahmens einzubeziehen; dieser Bereich umfasst nach Auffassung des Ausschusses der Regionen auch die „Sicherheit von Zivilpersonen und ihrer Umwelt“, die „Sicherheit von Arbeitnehmern“ und die „Gesundheit von Arbeitnehmern“;

2.11.3

spricht sich für ausdrückliche Vorschriften für Umweltschutzbeihilfen an Unternehmen zur Bekämpfung der Verschmutzung durch andere Unternehmen aus;

2.11.4

befürwortet die Beibehaltung höherer Beihilfen für KMU;

2.11.5

hält es für erforderlich, höhere Beihilfen für die Regionen beizubehalten, die aufgrund wirtschaftlicher Umstellungen die Umweltschutzvorschriften der Gemeinschaft noch nicht erfüllen;

2.12

begrüßt, dass die Europäische Kommission am 21. September 2005 eine Konsultation zur Reform der Vorschriften für staatliche Innovationsbeihilfen eingeleitet hat (KOM(2005) 436 endg.), bedauert jedoch die auf den 21. November 2005 festgelegte kurze Frist für die Abgabe von Stellungnahmen;

2.12.1

spricht sich entsprechend dem Ziel der Vereinfachung dafür aus, die Innovation in den gegenwärtigen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (4) einzubeziehen, anstatt neue spezifische Vorschriften zu schaffen;

2.12.2

unterstützt das Ziel, innovationsbezogene staatliche Beihilfen auf kleine und mittlere Unternehmen auszurichten;

2.12.3

plädiert für die Beibehaltung der derzeit zulässigen Kumulierung von Innovations- und Regionalbeihilfen;

2.12.4

wirft im Hinblick auf neue innovative Unternehmen die Frage auf, warum lediglich eine „Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen und anderen (nicht gewinnbezogenen) Kommunal/Regionalsteuern in Höhe von [50 %]“ vorgesehen wird;

2.12.5

begrüßt, dass „das Verfahren für KMU-Beihilfen und/oder Beihilfen für marktferne Aktivitäten vereinfacht und die Anmeldepflicht aufgehoben werden [könnte]“ (KOM(2005) 436 endg., Erwägungsgrund 24);

2.12.6

hält es jedoch für fragwürdig, dass die Kommission den Schwerpunkt auf das „Marktversagen“ legt. Die Kommission räumt selbst ein, dass innovationsbezogene Aktivitäten insofern eine Besonderheit darstellen, als es sich häufig um marktferne Aktivitäten handelt: „Es ist erfahrungsgemäß sehr schwierig, im Voraus abzuschätzen, welche innovativen Produkte und Dienstleistungen am Markt erfolgreich sein werden.“ (KOM(2005) 436 endg., Erwägungsgrund 18).

3.   Modernere Beihilfeverfahren und -praktiken

Der Ausschuss der Regionen

3.1

begrüßt die Vorschläge der Kommission zur Sicherstellung einer besseren Beihilfenkontrolle und unterstützt insbesondere den Vorschlag, nach Konsultation der Mitgliedstaaten und der Beteiligten Leitlinien für bewährte Praktiken herauszugeben;

3.2

weist darauf hin, dass eine geteilte Verantwortung mit den Mitgliedstaaten ein Schlüsselfaktor für die Reform der Beihilfen ist, und begrüßt daher die Elemente des Aktionsplans staatliche Beihilfen, welche die Mitverantwortung der Mitgliedstaaten stärken;

3.3

ist der Ansicht, dass der Vorschlag, unabhängige Kontrollbehörden für staatliche Beihilfen in den Mitgliedstaaten zu schaffen, hinsichtlich der verfahrenstechnischen Vorteile und die geplante Aufgabenstellung dieser Behörden evaluiert werden sollte, und fordert dazu auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an dieser Evaluierung zu beteiligen;

3.4

ruft dazu auf, die nationalen Beihilfebehörden miteinander zu vernetzen, um einen ständigen Informationsfluss und den Austausch bewährter Praktiken zu ermöglichen, was der Unterstützung durch die Mitgliedstaaten und einer besseren Kontrolle zugute käme;

3.5

spricht sich für das skizzierte System aus, das eine gewisse Flexibilität zulässt, mit einem strikten Zeitplan versehen ist und bei dem zwischen einfachen Fällen und Fällen, die eingehender geprüft werden müssen, unterschieden wird;

3.6

ruft im Zusammenhang mit der angekündigten Überarbeitung der Durchführungsverordnung 659/1999 dazu auf, die Rechte von Dritten (Begünstigte und Kläger) im Rahmen des Verfahrens nach Einleitung des Verfahrens zu stärken;

3.7

fordert dazu auf, im Rahmen der in der Roadmap für 2007/2008 angekündigten Bewertung oder Änderung der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sowie hinsichtlich der übrigen Reformen, die für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von Interesse sind, konsultiert zu werden.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 13.

(2)  ABl. C 164 vom 5.7.2005, S. 53.

(3)  Rechtssache C-280/00, Urteil vom 24.7.2003.

(4)  ABl. C 45 vom 17.2.1996, S. 5-16.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/10


Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Wettbewerbsfähigkeit und Dezentralisierung“

(2006/C 115/03)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 21. Januar 2005 gemäß Artikel 265 Absatz 5 des EG-Vertrags, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu beauftragen;

gestützt auf den Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe unter Vorsitz von Wim Kok „Die Herausforderung annehmen — Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“ (November 2004);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates „Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze — Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon“ (KOM(2005) 24 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union“ (KOM(2005) 97 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Halbzeitbewertung der Lissabon-Strategie“ (CdR 152/2004 fin) (1);

gestützt auf seine am 24. Februar 2005 verabschiedete Entschließung zur Neubelebung der Lissabon-Strategie (CdR 518/2004 fin) (2);

gestützt auf die am 19./20. Mai 2005 auf dem Europäischen Gipfeltreffen der Städte und Regionen in Breslau (Wrocław)/Polen verabschiedete Breslauer Erklärung (CdR 158/2005);

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme zum Thema „Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008) mit einer Empfehlung der Kommission zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (gemäß Artikel 99 EG-Vertrag) und einem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten“ (CdR 147/2005 fin);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Die Beschäftigung vor Ort fördern — Eine lokale Dimension für die europäische Beschäftigungsstrategie“ (KOM(2000) 196 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Die lokale Dimension der europäischen Beschäftigungsstrategie stärken“ (KOM(2001) 629 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission „Die Beschäftigung vor Ort fördern — Eine lokale Dimension für die europäische Beschäftigungsstrategie“ (CdR 187/2000 fin);

gestützt auf den von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik am 23. September 2005 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 23/2005 rev. 2) (Berichterstatter: Herr Anders Gustâv, Bürgermeister von Solna (SE/EVP);

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen über die notwendigen administrativen und finanziellen Zuständigkeiten und Ressourcen verfügen, damit sie ihrer natürlichen Rolle, im Dienst der regionalen und lokalen Entwicklung Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Zusammenhalt zu fördern und zu verwalten, gerecht werden können;

2)

Eine auf die besonderen Gegebenheiten der einzelnen Mitgliedstaaten zugeschnittene Dezentralisierung stärkt die regionale und lokale Selbstverwaltung und Demokratie und stellt damit ein Element dar, um den angesichts der Globalisierung und der weltweiten wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen bestehenden Ängsten in der Bevölkerung zu begegnen;

3)

Dreiseitige Vereinbarungen zwischen der europäischen, nationalen und regionalen Ebene, ggf. unter Berücksichtigung städtischer Fragestellungen, sind ein geeignetes Instrument für die bessere Einbeziehung und Aufgabenteilung zwischen allen an der Umsetzung der europäischen Regionalpolitik beteiligten Akteuren;

4)

Den Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft, auf die in der auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. März 2005 in Brüssel zur Neubelebung der Lissabon-Strategie beschlossenen „Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung“ eingegangen wird, kann wirksamer begegnet werden, wenn in einem Bottom-up-Ansatz die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung und Umsetzung der zu diesem Zweck aufgestellten nationalen Programme einbezogen werden, da sie eine entscheidende Rolle für die Schaffung eines wachstumsfreundlichen Umfelds spielen;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.1   Die Wettbewerbsfähigkeit in den Regionen, Städten und Gemeinden stärken

Der Ausschuss der Regionen

1.1.1

stellt fest, dass das vom Europäischen Rat vereinbarte Ziel der Lissabon-Strategie darin bestand, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der EU zu steigern, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen und eine nachhaltige ökologische und soziale Entwicklung sicherzustellen. Bis 2010 sollte die Europäische Union weltweit führend sein. Fünf Jahre nach der Tagung in Lissabon stellt die Europäische Kommission fest, dass nur sehr wenig erreicht worden ist. Die Lissabon-Strategie muss deshalb neue Impulse erhalten, wobei den Mitgliedstaaten eine größere Verantwortung für die Umsetzung der Strategie zukommen sollte;

1.1.2

reiht seine Initiativstellungnahme zum Thema „Wettbewerbsfähigkeit und Dezentralisierung“ in diesen Rahmen ein. In dieser Stellungnahme sollen die Wachstumsrelevanz der Dezentralisierung aufgezeigt und die auf lokaler und regionaler Ebene wirksamen Schlüsselfaktoren für die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum ausgemacht werden. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit soll allerdings einer nachhaltigen Entwicklung nicht im Wege stehen. Die Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung teilen sich alle Staaten, Bürger und Gemeinden, Städte und Regionen. Dass in der Stellungnahme schwerpunktmäßig Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit erörtert werden, bedeutet in keiner Weise, dass die Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung hintangestellt werden sollten;

1.1.3

weist darauf hin, dass es sich bei den in der Stellungnahme angesprochenen Schlüsselfaktoren für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit um die Faktoren handelt, auf die Gemeinden, Städte oder Regionen selbst Einfluss nehmen können. Der Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit soll eine Mikroperspektive hinzugefügt werden, es soll gezeigt werden, welchen konkreten Beitrag die lokale und regionale Ebene leisten kann. Daher werden in der Stellungnahme auch Vorschläge für konkrete Maßnahmen gemacht, die zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf lokaler und regionaler Ebene durchgeführt werden können;

1.2   Europa braucht mehr Unternehmer und expandierende Kleinunternehmen

1.2.1

stellt fest, dass Europa in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg eine bemerkenswerte Entwicklung verzeichnet hat. Die Pro-Kopf-Produktion Westeuropas stieg von 40 % des US-Niveaus bei Kriegsende auf 70 % im Jahr 1970, seitdem hat sich dieser Wert relativ gesehen nicht verändert. Wachstum und Aufbau der Sozialsysteme gingen miteinander einher, und die in den letzten Jahren aufgetretenen Probleme bei der Finanzierung der Sozialsysteme fallen zusammen mit schwachem Wirtschaftswachstum;

1.2.2

hebt hervor, dass aus der Entwicklung der Nachkriegszeit zahlreiche große, auf dem Weltmarkt führende Unternehmen mit guten Zukunftsaussichten hervorgegangen sind, doch kann die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Europas nicht ausschließlich auf ihnen beruhen. Für Europa ist es nicht nur erforderlich, dass sich die gegenwärtig wettbewerbsfähigen Unternehmen im globalen Wettbewerb behaupten können, sondern es müssen vor allem auch neue, wachstumsfähige Unternehmen gegründet werden, welche die Arbeitsplätze ersetzen können, die in anderen, vom Markt verdrängten, ins Ausland verlagerten oder mit verringerter Produktion arbeitenden Unternehmen verloren gegangen sind;

1.2.3

weist darauf hin, dass die meisten Unternehmen in kleinem Maßstab auf lokaler Ebene gegründet werden. Die Anzahl voraussichtlicher Unternehmensneugründungen und die Expansion kleiner Unternehmen hängen stark davon ab, wie die lokale Unternehmenskultur, die Einstellung gegenüber dem Unternehmertum und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, Wissen und Finanzierungsmöglichkeiten beschaffen ist;

1.3   Wettbewerbsfähigkeit entsteht von unten nach oben in einem Bottom-up-Prozess

1.3.1

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als öffentliche Akteure und als demokratische Institutionen einen großen Einfluss auf den Nährboden haben, aus dem Unternehmen sprießen, und auf das Klima, in dem sie gedeihen. Sie sind Anlaufstellen der Demokratie für Unternehmen und Bürger; die hier geführte Debatte und die Zusammenarbeit mit dem Ziel der Gestaltung des näheren Umfelds sind für die Entwicklung in ganz Europa von entscheidender Bedeutung. Mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Gemeinden und Regionen für das Wachstum in Europa soll die große, entscheidende Verantwortung der Mitgliedstaaten in diesem Bereich nicht geschmälert werden, allerdings muss die Debatte über Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsstrategien um eine den Unionsbürgern möglichst nahe Perspektive erweitert werden, die von den Arbeitnehmern, den Unternehmern und den Arbeitsuchenden ausgeht. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit muss daher auf Subsidiarität und Dezentralisierung gründen. Entscheidungen sollten unter Anerkennung und Berücksichtigung der lokalen und regionalen Entwicklungsdynamik vor Ort und möglichst nah am Geschehen getroffen werden;

1.3.2

weist darauf hin, dass die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Wettbewerbsfähigkeitsziele von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden ist. In Ländern mit einer stark dezentralisierten Verwaltung, in denen die Kommunen eine relativ weit gehende Finanzhoheit haben (die Ausgaben der Kommunalverwaltung werden größtenteils direkt aus Personen-/Körperschaftsteuern und aus Gebühreneinnahmen bestritten), hat die lokale Ebene von sich aus ein unmittelbares Interesse daran, die Beschäftigung, die Qualität der Arbeitsplätze, den Unternehmensgeist und das Handlungsumfeld der Unternehmen, die Bildungs- und Innovationsdienstleistungen sowie die Qualität der Umwelt zu fördern. Dieses direkte Motiv hat ein stärkeres Engagement der regionalen und der lokalen Ebene für die Umsetzung der Wettbewerbsfähigkeitsziele zur Folge. Eine wirkliche Teilhabe, wie vom Europäischen Rat gefordert, entsteht nur über echte Partizipations- und Einflussmöglichkeiten. Die Nähe der Kommunalverwaltungen zum Bürger sorgt für Transparenz und Effizienz bei der Umsetzung der Wettbewerbsfähigkeitsziele;

1.3.3

macht darauf aufmerksam, dass die in Europa herrschende regionale Vielfalt stärker als Aktivposten angesehen werden sollte. Die unterschiedlichen Gegebenheiten der einzelnen Regionen sollten als Ausgangspunkt genutzt werden. So weisen z.B. Großstädte, Wachstumsregionen, Berggebiete, Gebiete im ländlichen Raum, Regionen mit rückläufiger Entwicklung oder vom Wandel betroffene Orte ganz unterschiedliche Voraussetzungen auf. Es gibt kein europäisches Modell, das für alle passt. Wachstumsregionen haben beispielsweise eine große Bedeutung für die Entwicklung in der gesamten EU, ihr Potenzial muss anerkannt werden. Beim Wachstum werden immer einige Regionen führend sein, doch können die Entscheidungsträger in jedem Fall durch die Nutzung der komparativen Vorteile der einzelnen Regionen eine Dynamik erzeugen und die Regionen aus eigener Kraft weiterentwickeln. Europa kann es sich nicht leisten, weder für stärkere noch für schwächere Regionen Entwicklungshemmnisse bestehen zu lassen. Wettbewerbsfähigkeit und unternehmerische Initiative können nur gestärkt werden, wenn die in Europas Regionen, Städten und Gemeinden gegebenen Voraussetzungen und Möglichkeiten als Ausgangspunkt genutzt werden;

1.3.4

unterstreicht, dass sich Europas Gemeinden und Regionen zwar voneinander unterscheiden, doch verfügen alle über ihr eigenes Potenzial und haben ein Interesse an der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und tragen auch Verantwortung hierfür;

1.4   Faktoren zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

1.4.1

betont, dass eine dynamische Wirtschaft das Kernstück einer wettbewerbsfähigen Europäischen Union bildet. Die Faktoren, die zu einem Umfeld beitragen, das zum Auf- und Ausbau von Unternehmen anregt, sind an verschiedener Stelle ermittelt worden. Im Kok-Bericht werden Maßnahmen zum Bürokratieabbau, für eine verbesserte Qualität der Rechtsvorschriften, die Erleichterung von Unternehmensneugründungen und die Schaffung eines unternehmensfreundlichen Umfelds aufgelistet. Im Arbeitsdokument der Kommission „Benchmarking der Unternehmenspolitik“ (SEK(2004) 1427) werden auch einige Faktoren genannt, wie z.B. der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten und die Bedeutung von Innovationen und der Wissensverbreitung. In der Mitteilung der Kommission „Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union“ (KOM(2005) 97) wird ferner auf die große Bedeutung der Rechtsetzung für das Unternehmensumfeld hingewiesen, daher werden weniger und besser angepasste Rechtsvorschriften empfohlen;

1.4.2

ist der Ansicht, dass Regionen, Städte und Gemeinden oftmals zur Stärkung der Faktoren beitragen können, die sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Der Ausschuss verweist insbesondere auf die im Folgenden aufgelisteten Faktoren, auf die lokale und regionale Gebietskörperschaften den größten Einfluss ausüben können:

a)

Die Fähigkeit der Gesellschaft, sich auf Strukturveränderungen einzustellen. Das Vermögen, sich sowohl auf langsame als auch auf plötzliche Strukturveränderungen, wie z.B. Betriebsschließungen in großem Umfang, einzustellen, ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine starke, gut funktionierende lokale und regionale Führung und eine Gesellschaft, die zum ständigen Lernen bereit ist, verfügen über bessere Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewältigung von Strukturveränderungen.

b)

Einstellung zu unternehmerischer Initiative und Unternehmertum. Einige Regionen zeichnen sich durch eine stark ausgeprägte Unternehmerkultur aus, die sie wettbewerbsfähig macht; zwar braucht die Entwicklung einer solchen Kultur Zeit, doch ist es durchaus möglich, sie aufzubauen und zu pflegen.

c)

Zweckmäßigkeit von Gesetzen und Vorschriften und deren Anwendung. Das Regelungsumfeld von Unternehmen muss gut an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst und zweckdienlich sein; bei der Anwendung der Vorschriften sollten Objektivität und Problemverständnis im Vordergrund stehen. Hier ist die Fähigkeit der öffentlichen Verwaltung gefragt, zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.

d)

Zugang zu Innovationen und Forschungsergebnissen. Forschungsergebnisse müssen stärker in marktgerechte Produkte umgesetzt und Innovationen rascher produktreif gemacht werden. Dies setzt eine ständig lernende Gesellschaft und eine lokale und regionale Kultur voraus, in der unternehmerische Initiative gefördert wird.

e)

Verfügbarkeit von Wissen und Humanressourcen. Die lernende Gesellschaft muss den Zugang zu Wissen erleichtern. Unternehmer und Arbeitsuchende sollten durch eine bessere Erreichbarkeit der Arbeitsplätze und eine flexiblere Gestaltung des Arbeitsmarkts leichter zusammenkommen können.

f)

Die Rolle der lokalen und regionalen Märkte. Wettbewerbsfähigkeit kann nicht vom Ausmaß des weltweiten, europäischen, nationalen, regionalen oder lokalen Wettbewerbs unterschieden werden. Eine Verwaltung, die sich um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bemüht, ist dazu aufgerufen, ein hohes Maß an Wettbewerb auf lokalen und regionalen Märkten zu ermöglichen. Es gehört zu den Aufgaben lokaler und regionaler Verwaltungen, effiziente lokale und regionale Märkte zu fördern.

g)

Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Viel zu wenige Finanzinstitute sind auf kleinere Unternehmen spezialisiert, was kleinen Unternehmen den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten und zu Risikokapital erschwert. Zur Stärkung der Unternehmerkultur sind regionale Vermittler und Dienstleistungsangebote erforderlich, deren Aufgabe die Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen sein sollte.

h)

Die Auswirkungen kommunaler und regionaler Steuern auf Unternehmer. Der öffentliche Dienst braucht Steuereinnahmen, um seine Pflichten erfüllen zu können; gleichzeitig hat das Steuerniveau direkte Auswirkungen auf die Kosten, beispielsweise für die Arbeit. Führung und Verwaltung stehen vor der Herausforderung, die Steuersätze auf einem Niveau festzusetzen, das die Wirtschaft so wenig wie möglich belastet, dabei aber gleichzeitig die erforderlichen Einnahmen sicherstellt;

1.4.3

macht darauf aufmerksam, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen erheblichen Teil der europäischen Wirtschaft ausmachen. Wie die steuer- und beitragsfinanzierten öffentlichen Aufgaben erbracht werden, beeinflusst auch die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Die folgenden Faktoren haben besonderen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung:

a)

Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Eine gesteigerte Produktivität des öffentlichen Sektors wirkt sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Durch einen effizienteren Ressourceneinsatz können qualitativ hochwertige Dienstleistungen erbracht werden. Bemühungen um eine gesteigerte Effizienz erfordern eine wettbewerbsfähige Verwaltung, die hochwertige Dienstleistungen zu geringen Kosten anbietet.

b)

Kreativität bei der Bereitstellung von Dienstleistungen. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip dürfen lokale und regionale Gebietskörperschaften frei entscheiden, wie sie öffentliche Dienstleistungen bereitstellen. Es gibt viele alternative Möglichkeiten, um die Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen sicherzustellen. Ein Zeichen für eine wettbewerbsfähige Verwaltung ist die Bereitschaft, in dem Bemühen um eine höhere Effizienz kontinuierlich nach kreativen Formen der Bereitstellung von Dienstleistungen zu suchen und diese zu prüfen;

1.4.4

ist der Ansicht, dass sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften folgenden Herausforderungen stellen müssen, um wettbewerbsfähigkeitssteigernde Faktoren beeinflussen zu können: Ausbau von Führungsstrukturen, Schaffung einer Unternehmerkultur, Schaffung einer wettbewerbsfähigen Verwaltung, Schaffung einer lernenden Gesellschaft und leichtere Erreichbarkeit von Arbeit und Diensten;

1.4.5

stellt fest, dass der Grad der Beeinflussung wettbewerbsfähigkeitssteigernder Faktoren einer Gemeinde, Region oder Großstadt u.a. von der formalen Kompetenz, dem Umfang einzelstaatlicher Rechtsvorschriften, der Wirtschaftsstruktur und vielen anderen Voraussetzungen, die die Möglichkeiten der kommunalen oder regionalen Politik bestimmen, abhängt. Trotz der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen ist jedoch zu betonen, dass alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Europa Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ergreifen können. Auch wenn eine andere Stelle zuständig sein sollte, besteht immer die Möglichkeit, sich um eine engere Zusammenarbeit mit der zuständigen Stelle zu bemühen. Der Ausschuss der Regionen stellt im Folgenden 26 Beispiele für konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit vor.

1.5   Konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

Eine wettbewerbsfähige Führung

1.5.1

Schaffung einer Führung, die Strukturveränderungen erfolgreich bewältigen kann. Die Erfahrung zeigt, dass ein offener Dialog und eine umfassende Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteuren unerlässlich sind. „Führung“ bezieht sich nicht nur auf die politische Führung, sondern auf die gesamte Führungsriege einer Gemeinde oder Region. Es geht darum, kontinuierlich und langfristig eine Zusammenarbeit und Einvernehmen zwischen den unterschiedlichen Akteuren der Gesellschaft zu schaffen und die Aufgaben und Zuständigkeiten deutlich aufzuzeigen. Selbstverständlich schließt diese Führung auch die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft ein. Durch die Zusammenarbeit wird die Grundlage für eine strategische Entwicklung geschaffen, was zum Ausbau eines Wissenspools, des sozialen Netzwerks und des Vertrauens — Kennzeichen erfolgreicher Regionen — beiträgt. Die lokale und regionale Führung muss einen ständig aktualisierten Überblick über das gemeinsame Umfeld haben, um für einen möglichen Strukturwandel gerüstet zu sein.

1.5.2

Entwicklungsfragen müssen ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Es ist ganz normal, dass sich die Debatte auf kommunaler und regionaler Ebene vor allem um die zu erbringenden öffentlich finanzierten Dienstleistungen dreht. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung darf dabei jedoch nicht in den Hintergrund treten. Die politische Führung ist dafür verantwortlich, Entwicklungsfragen auf die Tagesordnung zu setzen — vor allem den Zusammenhang zwischen der lokalen und regionalen Wettbewerbsfähigkeit und dem Wohlstand in einer globalisierten Welt. Der Handel hat Europa reich gemacht, doch steht heute häufig die Angst vor der Konkurrenz im Vordergrund, und die Menschen sehen immer seltener die sich bietenden Möglichkeiten. Wenn Entwicklungsfragen oben auf die Tagesordnung gesetzt werden und die Politiker mehr über die vorhandenen Möglichkeiten zur Stärkung von Wohlstand und Gemeinwohl sprechen, wächst das Gefühl der Sicherheit.

1.5.3

Entwicklung lokaler und regionaler Aktionspläne für mehr Wachstum. Im Rahmen des Lissabon-Prozesses werden nationale Aktionspläne aufgestellt. Auch Städte, Gemeinden und Regionen müssen Wachstum planen. Unabhängig von den unterschiedlichen lokalen und regionalen Gegebenheiten müssen Aktionspläne aufgestellt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die komparativen Vorteile der einzelnen europäischen Regionen zu nutzen.

1.5.4

Aktive und konstruktive Mitwirkung an der einzelstaatlichen und europäischen Entwicklungspolitik. Für europäische und nationale Entwicklungspläne ist die aktive Mitwirkung einer engagierten lokalen und regionalen Führung erforderlich. Die einzelnen Ebenen in der Union sind voneinander abhängig, und nur im Rahmen einer konstruktiven Zusammenarbeit können die Union, die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen aktiven Beitrag zur vollen Entfaltung des Potenzials der EU leisten. Dies ist vor allem in den Ländern wichtig, die über die Strukturfonds der Europäischen Union unterstützt werden.

1.5.5

Von den Besten lernen. Offenheit in Bezug auf die Strategien und Vorgehensweisen, die für die eigene Stadt oder Region am geeignetsten sind, ist ein Schlüsselfaktor für den Fortschritt. Die Eignung der eigenen Voraussetzungen und Strategien kann gut in einem Vergleich mit erfolgreichen Strategien ermittelt werden. Ein solcher Vergleich kann beispielsweise durch gezielte Studienreisen unter Beteiligung der Wirtschaft, von Universitäten und Hochschulen und Lokalzeitungen angestellt werden. Auch eine kritische Überprüfung der Leistungsfähigkeit einer Stadt oder Region durch ein Benchmarking ist sinnvoll.

1.5.6

Anerkennung von Vielfalt und regionaler Identität als wesentliche Faktoren für die Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit. Die lokale und regionale Führung sollte sich stärker um eine größere lokale und regionale Attraktivität bemühen, die auf den komparativen Vorteilen einer Region aufbaut. Auch Europas Vielfalt sollte als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.

Kultur der unternehmerischen Initiative

1.5.7

Unternehmerische Initiative in der Schule einführen. Für das Leben zu lernen bedeutet nicht nur, für ein Leben als Arbeitnehmer zu lernen. Unternehmerische Initiative als Schulfach oder als integrierter Bestandteil eines Schulfachs ist wichtig für ein modernes Schulwesen. Durch Kenntnisse über das Unternehmertum und die Unternehmenspraxis lernen die Schüler mehr über die gesellschaftlichen Zusammenhänge und erweitern ihre Beschäftigungsperspektive. Auch ein Dialog mit lokalen und regionalen Arbeitgebern trägt dazu bei, den Unterricht besser an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts anzupassen.

1.5.8

Das Beratungsangebot für Unternehmensgründer einschließlich derer, die dazu einen zweiten Anlauf unternehmen, ausbauen. Unternehmern, die eine Idee und den Willen zur Umsetzung dieser Idee haben, muss ein leicht zugängliches, zweckmäßiges Beratungsangebot zur Verfügung gestellt werden. Ferner benötigen Arbeitnehmer, die sich selbständig machen wollen, Information und Beratung. Zudem kann die bei einer fehlgeschlagenen Unternehmensgründung gewonnene Erfahrungsgrundlage zum Erfolg eines neuerlichen unternehmerischen Versuchs beitragen.

1.5.9

Einrichtung von Informations- und Beratungszentren (First Stop Shops) für Unternehmen zur Unterstützung durch Beratung und bei der Finanzierung. Sowohl Unternehmensgründer als auch etablierte Unternehmen brauchen Beratung und Unterstützung. Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit eines etablierten Unternehmens erfordert erheblichen Einsatz, hierbei ist professionelle Unterstützung und Beratung sehr wertvoll. Auch beim Kontakt mit Behörden kann Unterstützung erforderlich sein, hier kann ein Informations- und Beratungszentrum als erste Anlaufstelle vermittelnd tätig werden. Auch der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten spielt eine große Rolle. Ein Zentrum, das auf den Zugang zu Kapital spezialisiert ist, kann für viele Unternehmer eine große Hilfe sein. Es gibt immer weniger lokale Banken, daher wissen die Banken auch immer weniger über die Gegebenheiten vor Ort. Das Problem der Kapitalbeschaffung ist zwar ein Problem auf Ebene der Mitgliedstaaten bzw. der EU, doch können die Gemeinden und Regionen dazu beitragen, die Auswirkungen abzuschwächen.

1.5.10

Sensibilisierung der Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung für den Komplex „Unternehmertum“. Damit die kommunale und regionale Verwaltung unternehmerische Initiative und Unternehmertum fördern kann und sie nicht behindert, benötigt sie ein besseres Verständnis der Bedingungen und Voraussetzungen der Unternehmenstätigkeit. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Befugnisse der Behörden oder bestimmte Bedingungen infrage gestellt werden sollten. Ein Mitarbeiter des öffentlichen Diensts, der mehr über die einzelnen Bestandteile der Gesellschaft weiß, verfügt ganz einfach über eine bessere Ausgangslage, um ausgewogene Entscheidungen zu treffen.

1.5.11

Einsetzung beratender Gremien mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Die lokale und regionale Demokratie fasst eigenständig Beschlüsse, auf der Grundlage des Mandats, das ihr von den Wählern erteilt wurde. Damit die Beschlüsse möglichst sachlich fundiert sind, ist ein ständiger Dialog mit den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren und den Bürgern erforderlich. Beschäftigungssicherung und Wachstumssteigerung erfordern einen Dialog mit der lokalen und regionalen Wirtschaft sowie mit den Arbeitnehmern. Durch ein beratendes Gremium, das Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmer vereint, kann die Grundlage für politische Beschlüsse erweitert werden.

Lernende Gesellschaft

1.5.12

Die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Organisationen und Arbeitnehmern fördern. Das Lernen geht auch nach der Schulzeit weiter, daher muss das lebenslange Lernen gefördert werden, um neuen Anforderungen an die Qualifikation zu entsprechen. Lernangebot und -nachfrage können z.B. über lokale Lernzentren besser zusammengebracht werden. Das Bildungsangebot muss an die Unternehmen und deren Mitarbeiter angepasst werden. Vor allem sollten deutlich mehr Abendkurse angeboten werden.

1.5.13

Die Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen ausbauen. Die Hochschulbildung sollte gefördert werden, auch der Zugang zu akademischer Aus- und Fortbildung sollte verbessert werden. Generell sollte die Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen verbessert werden, um Forschung mehr in Anwendungen zu überführen und den Bedürfnissen der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors entgegenzukommen. Das Zusammenspiel zwischen Hochschulen und Gesellschaft nach amerikanischem Vorbild trägt zum Wachstum bei, daher sollten sich Gemeinden und Regionen um ein solches Zusammenspiel bemühen. Zugleich sollten aber auch stärkere Anreize für eine interuniversitäre Zusammenarbeit geschaffen werden.

1.5.14

Zur Verbreitung von Forschungsergebnissen beitragen. Eine Herausforderung für Europa besteht darin, die Forschung, die betrieben wird, auch stärker praktisch anzuwenden. Kontaktpunkte für die Verbreitung von Forschungsergebnissen und Innovationen sollten in der Nähe von Unternehmen geschaffen werden, die diese neuen Erkenntnisse und Ideen nutzen können.

1.5.15

Die Clusterbildung fördern. Unternehmen aus derselben Branche, die räumlich nah beieinander liegen, können Wirtschaftscluster bilden, in denen sich Dienste, Mitarbeiter und Ideen zwischen Unternehmen hin- und herbewegen. Cluster verbessern durch das enge Wechselspiel zwischen Einzelnen und Unternehmen innerhalb derselben Branche und desselben Kenntnisbereichs die Verbreitung von Best Practice und die Wettbewerbsfähigkeit. Dies sollte durch einen leichteren Zugang zu bewährten Verfahren und qualifizierten Mitarbeitern begünstigt werden. Die Förderung der Clusterbildung sollte ein wichtiger Bestandteil der regionalen und lokalen Planung sein.

Wettbewerbsfähige Verwaltung

1.5.16

Die Raumordnung als ein Mittel zur aktiven Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit einsetzen. Die Raumplanung hat einen großen Einfluss auf die Entstehung des lokalen Markts. Die Verfügbarkeit von Geschäftsräumen und Niederlassungsmöglichkeiten für Unternehmen werden von der Planung beeinflusst. Ob ein Markt funktioniert, hängt auch von der Erreichbarkeit der Geschäfte und Dienstleistungen für die Kunden ab. Auch der öffentliche Personenverkehr spielt hier eine wichtige Rolle. In Europa herrscht Niederlassungsfreiheit, doch kann eine falsch eingesetzte lokale und regionale Raumplanung in der Praxis die Niederlassung von Unternehmen erschweren. Die Planung auf regionaler und kommunaler Ebene muss sowohl für städtische als auch für ländliche Gebiete in stärkerem Maße auf Wachstum und Entwicklung ausgerichtet werden.

1.5.17

Ziele für die Steigerung der Effizienz öffentlicher Dienstleistungen setzen. Öffentlich finanzierte Dienstleistungen, die auf kommunaler und regionaler Ebene erbracht werden, machen einen großen Teil der europäischen Wirtschaft aus. Wie diese Ressourcen eingesetzt werden, wirkt sich nicht nur auf die Dienstleistungen für die Bürger, sondern auch auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Eine effizientere Nutzung von Steuermitteln hat sowohl auf die Gesamtwirtschaft als auch auf die Beschäftigungslage positive Auswirkungen. Eine ständige Steigerung der Effizienz der angebotenen öffentlichen Dienstleistungen führt zu Produktivitätszuwächsen, größeren Spielräumen bei der Festlegung der Steuersätze und einem höheren Service-Niveau. Die Steigerung der Effizienz des öffentlichen Dienstleistungsangebots erfordert auch eine genaue Beobachtung und Auswertung sowie die Möglichkeit zum Vergleich und zur Weiterentwicklung nach dem Beispiel bewährter Verfahren.

1.5.18

Die Folgen von Beschlüssen auf das Unternehmensumfeld abschätzen. Staatliche Stellen müssen die Auswirkungen ihrer Beschlüsse auf verschiedene Bürger oder z.B. auf die Umwelt berücksichtigen. Analog zu Umweltfolgenabschätzungen sollten auch die Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung abgeschätzt werden. Auch vorhandene Vorschriften sollten überprüft werden, um Vorschriften abzuschaffen, die unnötige Kosten verursachen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigen.

1.5.19

Kreative Formen der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen erproben und prüfen. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip sollten sich lokale und regionale Gebietskörperschaften bemühen, die Effizienz bei der Bereitstellung von Dienstleistungen zu steigern, indem kreative Formen der Bereitstellung — wie z.B. die Auslagerung von Diensten (Outsourcing) — erprobt und geprüft werden, was wiederum lokalen und regionalen Märkten neue Impulse verleihen könnte.

1.5.20

Das öffentliche Auftragswesen verbessern. Das öffentliche Auftragswesen sollte zu einem aktiven und transparenten Mittel für mehr Wettbewerb ausgebaut werden. Das öffentliche Auftragswesen muss kompetenter werden, um Qualität und Vorhersehbarkeit bei der Bewertung der Angebote zu verbessern. In vielen Fällen könnten zentrale Ausschreibungsstellen eingerichtet werden, an denen mehrere öffentliche Stellen beteiligt sind, um so eine hohe Qualität sicherzustellen.

1.5.21

Kleinunternehmen in öffentlichen Ausschreibungen fördern. Ausschreibungen sollten nicht nur über kommunale Grenzen hinweg koordiniert werden, es sollte auch darauf geachtet werden, dass Ausschreibungen nicht in so großen Aufträgen zusammengefasst werden, dass sie für Kleinunternehmen nicht zu bewältigen sind. Stattdessen sollten große Ausschreibungen möglichst in mehrere kleinere Aufträge aufgeteilt werden, die auch von Kleinunternehmen ausgeführt werden können. Der bürokratische Aufwand des Ausschreibungsverfahrens ist für viele Kleinunternehmen häufig einfach zu groß. Ausschreibungsformulare sollten so weit wie möglich standardisiert werden, auf regionaler, nationaler und letztlich auch europäischer Ebene sollten einheitliche Normen aufgestellt werden. Die Informationstechnik sollte sowohl im Auftragswesen als auch bei kleineren Beschaffungen stärker eingesetzt werden.

1.5.22

e -Government verstärkt einsetzen. Elektronische Behördendienste („e-Government“) sollten ausgebaut werden, um Bürgern, Unternehmen und der Verwaltung Kosten zu sparen. Durch ein funktionierendes e-Government werden Dienstleistungen verbessert, Ressourcen für Kernaufgaben freigesetzt und der zunehmende elektronische Informationsaustausch zwischen öffentlichen Einrichtungen vereinfacht.

1.5.23

Beschäftigung fördern und Abhängigkeit von Sozialleistungen verringern. Alle auf lokaler und regionaler Ebene ergriffenen wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen müssen stärker darauf ausgerichtet werden, Arbeitsplätze zu schaffen, mehr Menschen in Brot und Arbeit zu bringen und die Abhängigkeit von Sozialleistungen zu verringern. Ein Arbeitsplatz ist immer das beste Mittel zur Lösung sozialer Probleme. Die Beschäftigungseffekte der Sozialpolitik müssen ständig ausgewertet werden, um die Verfahren zu verbessern. In diesem Zusammenhang sollten auch Fachsitzungen zum Austausch bewährter Verfahren abgehalten werden.

1.5.24

Erhöhung der Beschäftigung. Ein Beitrag zur Erhöhung der Beschäftigung könnte u.a. durch vermehrte Kinderbetreuungsmöglichkeiten und soziale Maßnahmen zur besseren Integration arbeitsloser Zuwanderer in das Arbeitsleben und in die Selbständigkeit erfolgen. In diesem Zusammenhang spielt auch die Gleichstellung von Mann und Frau eine wichtige Rolle: Verbesserungen im Bereich der Geschlechtergleichstellung sind in hohem Maße wachstumsrelevant. Auch ältere Arbeitskräfte, die das Rentenalter bereits überschritten haben und weiterarbeiten möchten, sind eine wertvolle Ressource und sollten von der Gesellschaft nicht gehindert, sondern vielmehr begrüßt werden.

Erreichbare Arbeitsplätze und Dienste

1.5.25

Den Arbeitsmarkt durch bessere Verkehrsverbindungen erweitern. Der wirtschaftliche Fortschritt von Großstädten beruht u.a. auf dem großen verfügbaren Angebot an Arbeitskräften und Arbeitsplätzen sowie darauf, dass die Entfernungen gering und die Verkehrsverbindungen gut ausgebaut sind. So finden freie Arbeitsstellen und Arbeitsuchende leichter zueinander. Die Bedeutung des Zugangs zu einem großen Arbeitsmarkt für den einzelnen Arbeitnehmer ist nicht zu unterschätzen. Daher müssen die Infrastruktur und der öffentliche Verkehr ausgebaut werden, um Arbeitsplätze besser erreichbar zu machen. Aneinandergrenzende Regionen müssen dafür sorgen, dass das Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsplatz über die Grenzen einer Region hinweg nicht teurer ist als das Pendeln innerhalb einer Region.

1.5.26

Die umfangreiche Verfügbarkeit von Breitbanddiensten sicherstellen. Kommunale und regionale Behörden können zum Ausbau marktorientierter Breitbanddienste beitragen. Breitband macht Dienste leichter zugänglich und vereinfacht Telearbeit.

2.   Empfehlungen zur Steigerung der lokalen und regionalen Wettbewerbsfähigkeit

Der Ausschuss der Regionen

2.1

will die lokale und regionale Wettbewerbsfähigkeit auch weiterhin thematisieren und fordert die europäischen Gemeinden, Städte und Regionen auf, diese Debatte in ihren eigenen demokratischen Organen zu führen. Wettbewerbsfähigkeit entsteht von unten nach oben in einem Bottom-up-Prozess, daher muss diese für die Zukunft Europas so wichtige Debatte auch hier vor Ort geführt werden, denn hier müssen die Konzepte in die Praxis umgesetzt werden;

2.2

fordert die europäischen Gemeinden, Städte und Regionen auf, die in dieser Stellungnahme vorgeschlagenen konkreten Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu prüfen und lokale und regionale, auf Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Wachstumspläne aufzustellen. Die Pläne sollten an die jeweiligen lokalen und regionalen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen enthalten;

2.3

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rolle der Gemeinden und Regionen in Bezug auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit anzuerkennen und die lokale und regionale Entwicklungsdynamik durch einen großen Handlungsspielraum der lokalen und regionalen Ebene im Rahmen der Entwicklungspolitik zu sichern. Die Ausarbeitung der nationalen Reformprogramme müsste auch eine Bewertung der Rolle der lokalen und regionalen Ebene bei der Umsetzung der verschiedenen Leitlinien der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik umfassen. Die Kohäsionspolitik sollte auf die Erreichung der Lissabon-Ziele ausgerichtet werden und ausdrücklich eine konkrete Rolle für die Städte und lokalen Gebietskörperschaften vorsehen;

2.4

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die wichtige Funktion der europäischen Wachstumsregionen und großstädtischen Ballungsräume für die Entwicklung der gesamten Union anzuerkennen. Regionen mit Entwicklungsrückstand brauchen die Zugkraft von Europas Wirtschaftsmotoren;

2.5

fordert die Kommission auf, die Kenntnisse über regionales Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa tatkräftig zu erweitern. Ein strategischer Einsatz ist erforderlich, um aus erfolgreichen Beispielen sowohl in Europa als auch in anderen Teilen der Welt Nutzen ziehen zu können. Auch ein thematisches Benchmarking, bei dem vergleichbare Regionen miteinander verglichen werden, sollte gefördert werden;

2.6

fordert die Kommission auf, jährliche Berichte über die regionale Wettbewerbsfähigkeit vorzulegen, in denen die Lage in den Regionen beschrieben wird, um das thematische Benchmarking zu erleichtern und bewährte Verfahren zu ermitteln. Der Ausschuss der Regionen bietet der Kommission hierbei seine Unterstützung an;

2.7

beabsichtigt, sich aktiv an den Vorbereitungen für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates und an der Auswertung der nationalen Aktionspläne zu beteiligen.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 1.

(2)  ABl. C 164 vom 5.7.2005, S. 91.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/17


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013)“

(2006/C 115/04)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

GESTÜTZT AUF den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013) KOM(2005) 121 endg. — 2005/0050 (COD);

AUFGRUND des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 6. April 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 und Artikel 156 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

AUFGRUND des Beschlusses seines Präsidenten vom 19. Mai 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

GESTÜTZT AUF den von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik am 23. September 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 150/2005 rev. 2) (Berichterstatter: Herr Dijksma, Mitglied der Exekutive der Provinz Flevoland (NL/ALDE));

IN DER ERWÄGUNG, dass er zu den meisten der in dem vorgeschlagenen Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zusammengefassten Teilprogrammen und wichtigen Themen vor kurzem Stellungnahmen abgegeben hat und eine Wiederholung aller früher vertretenen und weiterhin geltenden Standpunkte folglich nicht effizient ist;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

RPWI begrüßenswert

1.

Der Ausschuss der Regionen stellt mit Genugtuung fest, dass die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag für ein Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-1013), im Weiteren RPWI genannt, seinem Wunsch nach einer besseren Koordinierung verschiedener sektorspezifischer Politikbereiche der Union sowie nach mehr Aufmerksamkeit für die KMU und für das Erfordernis einer größeren Wettbewerbsfähigkeit entspricht.

Das RPWI innerhalb einer Mehrebenenregierung und –verwaltung in Europa

2.

Nach Ansicht der Kommission wird ihr Vorschlag den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gerecht. Der Ausschuss kann der Argumentation der Kommission angesichts der heutigen Praxis im Großen und Ganzen folgen. Er ist jedoch der Auffassung, dass den dezentralen Gebietskörperschaften — zumindest wenn es um die Durchführung geht — nicht die Position zugestanden wird, die ihnen allein schon als mitgestaltenden Gebietskörperschaften im Rahmen verantwortungsvollen europäischen Regierens zukommt.

3.

Der Ausschuss sieht das RPWI an sich als eine Verbesserung gegenüber der heutigen Situation an. Es hat jedoch nach wie vor in erster Linie einen Ansatz von oben nach unten, der nicht unbedingt zu den besten Ergebnissen führt.

4.

Die Union muss die Gebietskörperschaften und Unternehmen mittels einer Rahmenpolitik dazu anregen, sich im veränderten internationalen Kontext wieder auf ihre eigenen Kräfte zu besinnen, und dabei vor allem als Motor fungieren und günstige Voraussetzungen schaffen, indem sie den Ansatz von oben nach unten durch einen Ansatz von unten nach oben ergänzt, anstatt Programme mit einem Ansatz von oben nach unten so detailliert auszuarbeiten, dass die mitgestaltenden Gebietskörperschaften nur noch eine rein ausführende Funktion haben.

5.

Die Globalisierung der Wirtschaft schreitet extrem schnell voran. Eine europäische Rahmenpolitik für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation mit einem ordentlichen Haushalt ist deshalb nach Meinung des Ausschusses auch bei einer anderen Verteilung der Aufgaben zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und den dezentralen Gebietskörperschaften nach wie vor grundlegend.

6.

Unter anderem dank der Hebelwirkung generiert der finanzielle Beitrag der EU in Europa einen erheblichen Mehrwert. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass europaweit hinreichende Haushaltsmittel für diese RPWI-Politik zur Verfügung stehen müssen. Um die mit der Lissabon-Strategie einhergehenden Ziele zu verwirklichen, ist das politische und finanzielle Engagement aller Ebenen der öffentlichen Hand in Europa erforderlich.

7.

Die Frage, die der Ausschuss in diesem Zusammenhang stellen möchte, lautet, ob die Lissabon-Strategie nicht noch zu sehr einem linearen Denken verhaftet ist, während vielleicht ein Denken in Trendbrüchen ausgehend von der besonderen Stärke Europas inzwischen näher liegen würde.

8.

Die Stärke Europas liegt in der Vielfalt, nicht in der Vereinheitlichung. Maßarbeit ist auch bei der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation eine Voraussetzung. Aufgrund ihrer Verwaltungstätigkeit verfügen die dezentralen Gebietskörperschaften über die beste Ausgangsposition, um die Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation in ihrem Gebiet zu fördern. Unternehmensnah ist es am einfachsten, einen integrierten Ansatz umzusetzen, und lassen sich somit auch die größten Synergieeffekte erzielen. Zudem können auch schnell Kooperationsbeziehungen aufgebaut werden.

9.

Deshalb müssen die dezentralen Gebietskörperschaften in der europäischen Partnerschaft als vollwertige mitgestaltende Gebietskörperschaften bei der Durchführung dieser europaweiten Politik im Mittelpunkt stehen.

10.

In diesem Zusammenhang ruft der Ausschuss auch alle Regierungs- und Verwaltungsebenen in Europa auf, intern die Innovation weiter voranzutreiben und dabei vor allem auf die Möglichkeiten zu achten, Dritte zu innovativem Handeln zu veranlassen. Denn es steht außer Frage, dass die Glaubwürdigkeit der Innovationspolitik und damit ihre Wirksamkeit steigt, wenn die Behörden selbst mit gutem Beispiel vorangehen.

RPWI — Vereinfachung und Kohärenz

11.

Das RPWI ist an sich eine Vereinfachung gegenüber der heutigen Situation. Vom Standpunkt der politischen Kohärenz und Wirksamkeit aus ist jedoch ein Verwaltungsausschuss und ein Arbeitsprogramm an Stelle von drei zu empfehlen. Auf jeden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Existenz verschiedener Arbeitsprogramme für ein und denselben Zweck eine gute Koordinierung voraussetzt, um die Programme optimal zu nutzen.

12.

Die Kommission skizziert in ihrem Vorschlag die politischen Verbindungen zwischen den einzelnen Bestandteilen des RPWI sowie zwischen dem RPWI und verschiedenen relevanten europäischen Programmen. Dadurch entsteht ein kohärentes Bild der Politik. Aus den jährlichen Arbeitsprogrammen sollte hervorgehen, wie diese Verknüpfung des RPWI mit anderen europäischen Programmen, insbesondere dem 7. Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (RP7-FTE), in der Praxis genutzt werden kann, um umfassende, sowohl nationale als auch regionale und lokale Aktionsprogramme zu erarbeiten, die optimale Synergieeffekte erzielen.

13.

Das RPWI stellt den allgemeinen Rahmen mit vielen Handlungsmöglichkeiten dar. Erst die jährlichen Arbeitsprogramme werden Aufschluss darüber geben, welche Maßnahmen wann für wen auf welche Weise zugänglich sind, sowie über die von der Kommission anzuwendenden Kriterien, d.h. also über die tatsächlichen Möglichkeiten. Der Ausschuss möchte im Rahmen des Verfahrens zur Festlegung der Arbeitsprogramme in vergleichbarer Weise informiert werden wie das Europäische Parlament, damit er seine Ansichten bei Bedarf rechtzeitig äußern kann. Außerdem müssen die Regionalregierungen Zugang zu den Programmentwürfen haben, um ihre Ansichten und Anregungen einbringen und so ihre Rolle als Wegbereiter für die Wettbewerbsfähigkeit ausbauen zu können.

14.

Der Zugang zu europäischen Programmen wird häufig als aufwändig, um nicht zu sagen schwierig bezeichnet. Der Ausschuss ersucht darum die Kommission, für kurze, klarere Verfahren mit eindeutigen Bewertungsrahmen, minimalem Verwaltungsaufwand von der Antragstellung bis einschließlich dem Audit und — was selbstverständlich sein müsste — mit optimaler Nutzung der durch die IKT gebotenen Möglichkeiten zu sorgen.

15.

Angesichts der voraufgehenden Ziffer sollte die Kommission unbedingt in Erwägung ziehen, zumindest ausführende Verwaltungsaufgaben an dezentrale Gebietskörperschaften zu delegieren, die zu deren Wahrnehmung in der Lage und bereit sind.

Unternehmerische Initiative und Innovation

16.

Der Ausschuss stellt mit Genugtuung fest, dass die Kommission die gesamte Palette der zu den KMU zählenden Unternehmen berücksichtigt, hierunter auch sehr kleine, eher traditionelle und Familienunternehmen. Sie bezieht auch die Rolle lokal und regional eingesetzter Finanzfonds und operierender Vermittler ein. Allerdings wird die besondere Risikobereitschaft erfordernde Bereitstellung von Kapital durch die Politik sowohl der betreffenden europäischen Institutionen als auch der Aufsichts- und Verwaltungsbehörden häufig erschwert. Auch hier sollten Politik und Rechtsetzung reformiert werden.

17.

Das RPWI setzt in hohem Maße auf Zusammenarbeit, einschließlich transnationaler Zusammenarbeit, für die Partner aus drei Ländern erforderlich sind. Der Ausschuss rät, aufgrund der Wirksamkeit der intensiven Zusammenarbeit von zwei Parteien auch Zweierpartnerschaften zu ermöglichen.

18.

Damit KMU die sprichwörtliche Schwelle zur Zusammenarbeit überschreiten, ist es empfehlenswert, Zusammenarbeit zwischen Unternehmen auch in kleinem Maßstab auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, sei es als Vorstufe zu einer weiter reichenden Zusammenarbeit oder auch nicht.

19.

Der Ausschuss begrüßt, dass junge Menschen im Teilprogramm für unternehmerische Initiative ausdrücklich als Zielgruppe genannt werden. Besondere Aufmerksamkeit für die unternehmerische Initiative von und für ältere Menschen sowie Minderheiten ist jedoch aus gesellschaftlicher Sicht ebenso wünschenswert.

IKT-Politik

20.

Der Ausschuss empfiehlt, im Teilprogramm IKT dem Markt — wie dies in der Umwelttechnologie der Fall ist — über den auf einer Innovationskette beruhenden Ansatz gezielte Impulse zu geben, um die erforderlichen Breitbandanwendungen, die notwendige Breitbandinfrastruktur und vergleichbare Techniken schneller zu realisieren.

21.

Ebenso wie der Dienstleistungssektor nutzt auch die öffentliche Verwaltung die IKT weniger, als dies wünschenswert wäre. Nach Ansicht des Ausschusses müssen sich auch die dezentralen Gebietskörperschaften bemühen, ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Verfügen sie über unzureichende Kapazitäten und Finanzmittel, so müssen sie durch die anderen mitgestaltenden Gebietskörperschaften auf nationaler und europäischer Ebene — unbeschadet ihrer Verantwortung, die eigenen Möglichkeiten voll auszuschöpfen — bei der Suche nach kreativen Lösungen unterstützt werden.

Intelligente Energie — Europa

22.

In der Einleitung zur Begründung ihres Vorschlags nennt die Kommission LIFE als eines der bestehenden Instrumente, für die das RPWI einen gemeinsamen Rahmen schafft. Im weiteren Verlauf des Textes ist von LIFE zumindest nicht mehr ausdrücklich die Rede. Die Rolle des RPWI im Hinblick auf LIFE sollte verdeutlicht werden.

23.

Obwohl darüber im RPWI nichts gesagt wird, geht der Ausschuss davon aus, dass die kürzlich gestartete und bis 2008 laufende Europäische Kampagne für nachhaltige Energie und das Teilprogramm Intelligente Energie — Europa aufeinander abgestimmt wurden.

Staatliche Beihilfen

24.

Der Ausschuss begrüßt, dass die Europäische Kommission am 21. September eine Konsultation zur Reform der staatlichen Innovationsbeihilfen eingeleitet hat (KOM(2005) 436 endg.), bedauert jedoch die bis zum 21. November 2005 kurze Frist für die Abgabe von Stellungnahmen.

Zu diesem Punkt möchte der Ausschuss Folgendes vorbringen:

Der Ausschuss unterstützt im Sinne des Ziels der Vereinfachung, Innovation in bestehende Regeln zu integrieren, anstatt neue Regeln aufzustellen.

Er unterstützt das Ziel, innovationsbezogene staatliche Beihilfen auf kleine und mittlere Unternehmen auszurichten.

Er plädiert für den Erhalt der jetzigen Möglichkeit, Innovationsbeihilfen mit Regionalbeihilfen kumulieren zu können.

Der Ausschuss fragt sich in Bezug auf neue innovative Unternehmen, warum nur eine „Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen und anderen (nicht gewinnbezogenen) Kommunal-/Regionalsteuern in Höhe von [50 %]“ vorgesehen ist.

Er begrüßt die folgende Aussage: „Das Verfahren für KMU-Beihilfen und/oder Beihilfen für marktferne Aktivitäten könnte vereinfacht und die Anmeldepflicht aufgehoben werden.“ (Ziffer 24)

Der Ausschuss hegt jedoch Bedenken bezüglich des Schwerpunkts der Kommission auf dem „Marktversagen“. Die Kommission räumt nämlich selbst ein, dass innovationsbezogene Maßnahmen insofern etwas Besonderes sind, als sie häufig marktfern sind: „Es ist erfahrungsgemäß sehr schwierig, im Voraus abzuschätzen, welche innovativen Produkte und Dienstleistungen am Markt erfolgreich sein werden.“ (Ziffer 18).

Schlussbemerkung

25.

Der Ausschuss glaubt, mit dieser Stellungnahme zu einer besseren Politik zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation beitragen und die Debatte über die Finanzielle Vorausschau weiter bringen zu können. Gleichzeitig wird die Anpassung des RPWI in die vorgeschlagene Richtung seiner Ansicht nach zu einer ausgewogeneren Verteilung der Zuständigkeiten und Aufgaben innerhalb der europäischen Verwaltung führen.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/20


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013)“

(2006/C 115/05)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013) (KOM(2005) 119 endg. — 2005/0043 (COD) — 2005/0044 (CNS));

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Die Schaffung des EFR des Wissens für Wachstum“ (KOM(2005) 118 endg.);

aufgrund des Beschlusses des Rates vom 31. März 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 19. Mai 2005, die Fachkommission für Kultur und Bildung mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Entscheidung des Europäischen Rates in Lissabon im Jahr 2000, einen „Europäischen Forschungsraum“ zu schaffen und dadurch die Grundlage für eine gemeinsame Politik für Forschung und technologische Entwicklung in der Europäischen Union zu legen;

gestützt auf den Beschluss des Europäischen Rates von Barcelona im März 2002, dass sich die Europäische Union das Ziel setzen solle, bis Ende 2010 die europäischen Forschungsausgaben auf 3 % des Gemeinschafts-BIP zu erhöhen;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Eine europäische Wachstumsinitiative — Investitionen in Netze und Wissen für Wachstum und Beschäftigung“ (KOM(2003) 690 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas — Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union“ (KOM(2004) 353 endg.) und die diesbezügliche Stellungnahme des Ausschusses CdR 194/2004 fin) (1);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission im Anschluss an die Bemerkungen und Empfehlungen des hochrangigen Gremiums unabhängiger Sachverständiger zur Bewertung der Effizienz der neuen Instrumente des sechsten Rahmenprogramms (KOM(2004) 574 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2005 „Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze — Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon“ (KOM(2005) 24 endg.);

gestützt auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013) (KOM(2005) 121 endg. — 2005/0050 (COD));

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Das intellektuelle Potenzial Europas wecken: So können die Universitäten ihren vollen Beitrag zur Lissabonner Strategie leisten“ (KOM(2005) 152 endg.) und die diesbezügliche Stellungnahme des Ausschusses CdR 154/2005 fin);

gestützt auf den Bericht der hochrangigen Arbeitsgruppe unter Leitung von Professor Ramon Marimon „Bewertung der Effizienz der neuen Instrumente im 7. Rahmenprogramm“ (21. Juni 2004);

gestützt auf die von der Fachkommission für Kultur und Bildung am 22. September 2005 angenommene Stellungnahme (CdR 155/2005 rev. 2, Berichterstatter: Herr Lars Nordström, Mitglied des Regionalrats der Region Västra Götaland (SE/ALDE));

in Erwägung folgender Gründe:

1.

Die im Kommissionsvorschlag genannten Gesamtziele sind für die Durchführung der Lissabon-Strategie unerlässlich. Eine Erhöhung der Forschungsaufwendungen auf 3 % des BIP der Europäischen Union, wobei 2 % vom Privatsektor aufzubringen sind und im Mittelpunkt der Forschung und Entwicklung die Förderung einer wissensbasierten Gesellschaft und Wirtschaft in Europa steht, ist ein sehr anspruchsvolles Ziel, das nur durch gemeinsame Anstrengungen und mittels eines koordinierten Einsatzes von Mitgliedstaaten und Europäischer Union erreicht werden kann.

2.

Forschung, Innovation und lebenslanges Lernen sind die Schlüssel für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.

3.

Die notwendige Verdoppelung der Aufwendungen für die Forschung in der Europäischen Union im Zeitraum 2007-2013 steht in Einklang mit den Zielen der Lissabon-Strategie und trägt dem im Jahre 2004 erfolgten Beitritt zehn neuer Mitgliedstaaten zur Union Rechnung. Die Verwirklichung des Vorschlags liegt im Interesse aller europäischer Länder, auch wenn andere Bereiche der Finanziellen Vorausschau für 2007-2013 eventuell Änderungen erfahren sollten.

4.

Es besteht ein hohes Maß an Kontinuität zwischen dem derzeitigen sechsten Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2002-2006) und dem kommenden siebten Rahmenprogramm, wobei der Vorschlag aber auch neue Bereiche, wie z.B. die Schaffung eines Europäischen Forschungsrates und gemeinsame Technologieinitiativen, enthält.

5.

Die Maßnahmen des Kommissionsvorschlags sind keine Kohäsionsinstrumente, haben jedoch zweifelsohne Einfluss auf den Zusammenhalt in Europa.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.   Allgemeine Bemerkungen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

begrüßt, dass der politische Zusammenhang und die Ziele dieses Vorschlags in einer eigenen Mitteilung über die Schaffung eines europäischen Forschungsraums dargestellt werden, die zusammen mit diesem Vorschlag vorgelegt wird;

1.2

bewertet den Vorschlag der Kommission überwiegend positiv, da er in hohem Maße die Kontinuität mit dem derzeitigen Rahmenprogramm wahrt. Die Bedingungen für die Teilnahme lokaler und regionaler Gebietskörperschaften sowie kleiner und mittelständischer Betriebe (KMU) haben sich verbessert, auch wenn die Instrumente des 7. Rahmenprogramms weiterhin „Großprojekte“ favorisieren;

1.3

betont im Hinblick auf die Neubelebung der Lissabon-Strategie die Bedeutung einer Einigung über die Finanzielle Vorausschau, die die notwendige Finanzierung des 7. Rahmenprogramms gemäß den Vorschlägen der Kommission ermöglicht;

1.4

begrüßt die verwaltungstechnischen, finanziellen und rechtlichen Vereinfachungen, die in dem Arbeitsdokument über die Durchführung, das den Vorschlag begleitet, enthalten sind, und legt besonderen Wert auf die Feststellung, dass in allen Teilen der Antragsverfahren, der Vertragsverhandlungen und der Durchführung Vereinfachungen erforderlich sind;

1.5

stellt fest, dass die Kommission die Ansichten zahlreicher Interessenträger im Wege einer breit angelegten Konsultation angehört hat und dass der Vorschlag auf einer eingehenden Folgenabschätzung fußt, in die Informationen der Beteiligten und Auswertungen mit eingeflossen sind;

1.6

teilt die Auffassung, wonach „Wissen“ das Kernstück der Lissabon-Strategie ist und dass Innovation, Ausbildung und Forschung ein „Dreieck des Wissens“ bilden. Dem Ausschuss liegt daran zu betonen, dass das Streben nach Qualität und herausragenden Leistungen ein zentraler Aspekt der Forschungspolitik ist, denn dadurch kann Wissen hervorgebracht werden, das zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und sozialem Zusammenhalt beiträgt;

1.7

unterstützt die übergreifenden Programmziele sowie die Unterteilung des siebten Rahmenprogramms in vier Einzelprogramme — Zusammenarbeit, Ideen, Menschen und Kapazitäten — die sich mit vier Hauptzielen der europäischen Forschungspolitik decken;

1.8

begrüßt die Konzentration der in grenzüberschreitender Zusammenarbeit durchgeführten Forschungsmaßnahmen — von Verbundprojekten und –netzen bis hin zur Koordinierung von Forschungsprogrammen — auf wenige Themen, die das Programm Zusammenarbeit umfasst:

a)

Gesundheit

b)

Lebensmittel, Landwirtschaft und Biotechnik

c)

Informations- und Kommunikationstechnik

d)

Nanowissenschaft, Nanotechnologie, Werkstoffe und neue Produktionstechnologien

e)

Energie

f)

Umwelt (einschließlich Klimawandel)

g)

Verkehr (einschließlich Luftfahrt)

h)

Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften

i)

Sicherheits- und Weltraumforschung.

1.9

setzt große Hoffnungen in das Programm Ideen , das einen eigenständigen Europäischen Forschungsrat vorsieht, um die von Forschern angeregte Spitzenforschung zu unterstützen, die von einzelnen Teams, die in allen wissenschaftlichen Fachbereichen miteinander im Wettbewerb stehen, vorangetrieben wird. Der Ausschuss hebt besonders die Bedeutung des unabhängigen Forschungsrates hervor und befürwortet die systematische Verbreitung der Forschungsresultate in voller Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Der vorgeschlagene Europäische Forschungsrat sollte so gestaltet werden, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und der AdR eng miteingebunden werden;

1.10

begrüßt, dass im Rahmen des Programms Menschen die Förderung der Ausbildung und der Laufbahnentwicklung von Forschern verstärkt wird, wobei das Schwergewicht auf Fertigkeiten, Laufbahnentwicklung sowie auf intensiveren Verbindungen zu den einzelstaatlichen Systemen liegt;

1.11

betont im Zusammenhang mit dem Programm Kapazitäten die besondere Notwendigkeit einer Abstimmung zwischen Rahmenprogramm und Strukturfonds zwecks Erhöhung der europäischen Forschungs-, Ausbildungs- und Innovationskapazitäten, insbesondere mit Blick auf Forschungsinfrastruktur, Forschung zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen, regionale forschungsorientierte Cluster und Freisetzung von Forschungspotenzial in den „Konvergenzregionen“ der EU, Fragen rund um das Thema „Wissenschaft in der Gesellschaft“ und übergreifende internationale Zusammenarbeit.

1.12

Europa muss sich um die vollumfassende Integration der neuen Mitgliedstaaten bemühen. Die Einbeziehung in alle EU-Politiken und EU-Instrumente ist eine Vorbedingung für die effektive Nutzung des bedeutenden menschlichen und wirtschaftlichen Potenzials dieser Länder beim Aufbau eines wettbewerbsfähigeren Europas, das einen stärkeren Zusammenhalt hat und sich nachhaltig entwickelt. Die Rahmenprogramme sollten einen Beitrag zur Beschleunigung des Integrationsprozesses leisten.

2.   Das Programm „Zusammenarbeit“

2.1

Dem Wissenstransfer und der Wissensverbreitung kommt eine zentrale Bedeutung zu. Das derzeitige Rahmenprogramm sieht Mechanismen hierfür vor, jedoch stellt sich die Frage, ob diese auch systematisch und effizient angewendet werden. Wie ist es mit den Ergebnissen bestellt? Darüber ist wenig bekannt, denn es gibt keine klaren Anforderungen an die Weiterverfolgung. Ein Lösungsansatz könnte darin bestehen, bei genehmigten Projekten verstärkt die Entwicklung und die Umsetzung von Strategien für den Wissenstransfer zur Auflage zu machen. Die Kommission sollte dies im Auge behalten und prüfen, welche Resultate erzielt werden.

2.2

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) spielen eine Schlüsselrolle in allen Feldern der Industrie, des Geschäftslebens, des Dienstleistungsbereichs, in Wissenschaft und Technologie bis hin zu Sicherheit und Verteidigung. Im Vergleich mit Japan und besonders den Vereinigten Staaten hat Europa einen großen Rückstand aufzuholen, vor allem angesichts des Bedarfs an Supercomputern in vielen wichtigen Bereichen, darunter in der Klima-, der Sicherheits- und der Materialforschung und bei der Synthese neuer Arzneistoffe.

2.3

Der Ausschuss verweist im Zusammenhang mit der ökologischen Dimension der nachhaltigen Entwicklung auf die Perspektiven, die die Natur als Ressource bietet; dementsprechend geforscht werden müsste in den Gebieten Bioenergie und Biobrennstoffe, Pflanzengenomik, Holztechnik, nachhaltige Forstwirtschaft, Bergbautechnik, Entsorgungstechnologie sowie im Bereich Tourismus.

2.4

Der Ausschuss gibt erneut seiner großen Zufriedenheit über die abermalige Aufnahme des wichtigen Unterprogramms Energie in das 7. Rahmenprogramm Ausdruck. Die Forschung im Bereich Energie wird zwar auch im Rahmen des Euratom-FP7 stark hervorgehoben, doch müsste dieser Kernbereich noch weitaus stärker in den Vordergrund gestellt werden. Energie ist die Schlüsselressource einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, doch ist Europa, wie allseits bekannt, in einem beunruhigenden Maße von der Energieeinfuhr abhängig.

2.5

Die ökologische Ausrichtung sollte durch die Berücksichtigung der sozialen Dimension vervollständigt werden, und der Ausschuss der Regionen möchte in diesem Zusammenhang vor allem Fragen der Integration als ein wichtiges Querschnittsthema hervorheben. Beispielsweise sollte sich die Forschung damit befassen, wie die Integrationspolitik in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt wird und welche Folgemaßnahmen durchgeführt werden, welche Ziele dahinter stehen, welche Indikatoren verwendet werden und auf welche Art und Weise die Integration durch steuerpolitische Maßnahmen beeinflusst wird (in vielen Mitgliedstaaten werden die Steuern von der nationalen Ebene erhoben, indes muss ein Großteil der Integrationskosten, z.B. für Maßnahmen gegen Ausgrenzung, von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften getragen werden). Wesentlich sind auch Demokratieaspekte der Integrationspolitik, wie die Auswirkungen eines förmlichen Stimmrechts oder die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Integrationspolitik auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen. Weitere Fragen berühren den Komplex Flüchtlinge und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt.

2.6

Der AdR begrüßt den Baubeginn des Galileo-Projekts. Es ist nicht nur unter dem Innovationsaspekt überaus wertvoll — die technischen Lösungen, die es einsetzt, und speziell deren Anwendungen machen es nach Ansicht des Ausschusses auch zu einem wahrhaft multidisziplinären und -funktionalen Vorhaben.

2.7

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass Forschung im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowie des Gesundheits- und Pflegewesens im weiteren Sinne Teil der thematischen Forschungsprioritäten im gesamteuropäischen Interesse sein sollte. Zu den Fragestellungen, mit denen man sich befassen sollte, gehören auch verschiedene Aspekte der Volksgesundheit, wie beispielsweise Maßnahmen zur Eindämmung der Schadwirkungen des Alkohols und des Tabaks. Kenntnisse über den Umfang und die Auswirkungen der Alkohol- und Tabakproblematik sind sowohl kurz- als auch langfristig wichtig.

2.8

Verschiedene Fragen der Stadtentwicklung, die über die Umweltaspekte hinaus gehen, sollten ebenfalls in diesem Sinne Forschungsgegenstand sein. Hierbei könnte es sich um die Bereiche Verkehr, Stadtplanung, Wasser- und Abwasserwirtschaft, kulturelles Erbe und Tourismus handeln, aber auch um Integrations- und Steuerungsfragen. Diese Themenbereiche wurden im fünften Rahmenprogramm behandelt, fehlen jedoch im sechsten. Eine übergeordnete Perspektive der Stadtentwicklung wird deshalb für das siebte Rahmenprogramm angemahnt.

2.9

Ein wichtiges Forschungsgebiet sieht der Ausschuss der Regionen in der Verzahnung von Forschung und Praxis. Die Fähigkeit der praktischen Anwendung forschungsbasierten Wissens stellt sowohl für den öffentlichen wie für den privaten Sektor eine große Herausforderung dar, u.a. im Zusammenhang mit der Reform und der Weiterentwicklung der Sozialschutzsysteme. Dies trifft im Prinzip für alle Forschungsbereiche zu, jedoch wohl in besonderem Maße für neues Wissen im Dienstleistungsbereich. Folglich sollte die Forschung im Bereich der Forschungsanwendung verstärkt werden. Gegenstand dieses neuen Forschungsbereichs wären z.B. die Methodik der Überführung von Forschungsergebnissen in praktische Anwendungen, Veränderungsbarrieren, die Gründe, warum manche Verbesserungsstrategien erfolgreich sind und andere nicht, wie lerngesteuerte Veränderungsprozesse ablaufen, wie Mitarbeiter einbezogen werden und wie ein Vorschlagssystem zur Entstehung eines kreativen Umfelds beitragen kann. Somit muss die europäische Forschungspolitik ein Forschungsgebiet definieren, dass die Wechselwirkung zwischen Forschung und Praxis erforscht und eine innovations- und entwicklungsfördernde Ausrichtung hat. Die EU sollte dies anerkennen und den Aufbau dieses Forschungsfelds im Dienstleistungssektor fördern.

2.10

Nach Auffassung des Ausschusses sollten die verschiedenen Aspekte des demographischen Wandels, darunter die Bevölkerungsalterung, zum einen im Rahmen einzelstaatlicher Forschungsprogramme erforscht werden, die dann auf europäischer Ebene verstärkt koordiniert werden müssten. Verfahren zur Koordinierung der Programme sollten im Rahmen der überregionalen Zusammenarbeit gemäß dem ERA-NET-Schema auf der Grundlage von Artikel 169 EG-Vertrag ausgebaut werden. Zum anderen sollte die Förderung der Forschung zum Thema Bevölkerungsalterung durch das siebte Rahmenprogramm selbst wesentlich gestärkt werden. Ein in diesem Zusammenhang relevantes Thema ist z.B. das „aktive Altern“, das auch in der Kommissionsmitteilung zu der „Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“ thematisiert wird. Aktives Altern meint jedoch einen umfassenderen Ansatz; so müsste z.B. der Kenntnisstand über Menschen, die gesund altern, erweitert und aufgezeigt werden, welchen Beitrag die ältere Generation für die Gesellschaft leisten kann. In den EU-Mitgliedstaaten bestehen kulturelle Unterschiede und Erfahrungen bezüglich des demographischen Wandels, die Ausgangspunkt für eine Reihe verschiedener Forschungsfragen sein können, die interdisziplinär behandelt werden sollten. Relevante Themen sind die zu niedrige Geburtenrate, die Abwanderung und der drastische Bevölkerungsrückgang und Themen wie die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf den Bedarf an Gesundheits- und Pflegeleistungen sowie Selbstpflege. Die Koordination zwischen europäischen und einzelstaatlichen Forschungsprogrammen wird zwar im Rahmen des Programms „Zusammenarbeit“ erwähnt, sollte aber nach Auffassung des Ausschusses verstärkt werden. Der Begriff „Altern“ umspannt sowohl soziale als auch wirtschaftliche und kulturelle Komponenten. Die Entwicklung gesellschaftlicher Lösungen und Anpassungskonzepte als Antwort auf den demografischen Wandel ist eine der größten politischen Herausforderungen der kommenden Jahre insbesondere auf regionaler Ebene. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass die lokale und die regionale Ebene bei der Ausarbeitung nationaler Programme mit einbezogen wird.

2.11

Nach Auffassung des Ausschusses der Regionen sind die Schnittstellen zwischen Forschung, Innovation und Wirtschaft durch die Aufteilung auf dieses Rahmenprogramm und das Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) unscharf geworden. Projektideen, die den Programmen nicht eindeutig zuzuordnen sind, aber zentral für das Wachstum und die Schaffung von Beschäftigung sind, laufen somit Gefahr, in einer Grauzone zu enden und an einer allzu bürokratischen Handhabung zu scheitern; schlimmstenfalls werden potenzielle Antragsteller völlig abgeschreckt, was sich Europa nicht leisten kann. Es ist von größter Wichtigkeit, dass die Kommission als Ganze darauf hinarbeitet, die administrativen Grenzen zwischen den verschiedenen Generaldirektionen und Programmen nicht zu Hinderungsgründen für vielversprechende Projekte werden zu lassen.

2.12

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können aufgrund ihrer Zuständigkeit für wichtige gesellschaftliche Bereiche Nutzen aus einer Beteiligung an den Technologieplattformen ziehen. Bei der Ausarbeitung von Forschungsstrategien für neue, den Bedürfnissen der Bürger entsprechende Technologieplattformen und der Weiterentwicklung einschlägiger, jüngst lancierter Plattformen kommt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein natürlicher Platz in der Zusammenarbeit von Hochschulen, Wirtschaft und öffentlichem Sektor zu, die eine Voraussetzung für Technologieplattformen ist. Es gibt Technologieplattformen, die gut auf die Entwicklung lokaler und regionaler Aktivitäten zugeschnitten werden können. Technologieplattformen sind langfristige Unterfangen, aber ihre Entwicklung ist häufig eher von fest etablierten Technikbereichen als von den grundlegenden Bedürfnissen der Bürger geleitet.

2.13

Aufgrund der Bedeutung der Städte, Kommunen und Regionen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Bevölkerung und des Umlands sollten sie voll und ganz in die Programme für Innovation und lebenslanges Lernen einbezogen werden. Denn die Städte, Kommunen und Regionen sind Katalysatoren für Partnerschaften zur Erleichterung eines breiten Zugangs zu den Fonds, und die lokalen Institutionen sind treibende Kräfte bei der Entwicklung von Innovation und Forschung auf ihrem Gebiet.

2.14

Der Ausschuss zeigt sich erfreut, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten im Rat sowie das Europäische Parlament im Zuge des 7. Rahmenprogramms den Begriff der Gesellschaftlich motivierten Forschungsplattformen (Societally Motivated Research Platforms — SMRP) aufgreifen. Diese sind als eine Ergänzung der Technologieplattformen zu verstehen, dergestalt, dass gesellschaftliche Bedürfnisse bei der Konzeption langfristiger Forschungsstrategien durch die einschlägigen Akteure, wie staatliche Einrichtungen, Forscher (in Universitäten, Hochschulen und Instituten), aber gegebenenfalls auch der Wirtschaft, von ausschlaggebendem Gewicht sein sollten. Europa braucht neue Erkenntnisse, um die Probleme besser zu verstehen, die sich aus sozialen Herausforderungen, wie z.B. bestimmten interkulturellen und ethnischen Unterschieden, der demografischen Entwicklung, der Umwelt einschließlich den Klimaveränderungen, ergeben. Ziel der SMRP ist, europäische Interessenträger in Sachen Wissensentwicklung zu vereinen, um sich den großen, langfristigen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen Europa steht, zu stellen. Zu den wichtigsten Interessenten gehören natürlich die „Endverbraucher“ des Wissens, darunter die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

2.15

Der Begriff bzw. das Konzept der Gesellschaftlich motivierten Forschungsplattform baut in hohem Maße auf der Initiative öffentlicher gesellschaftlicher Interessenten und deren Bedarf an neuen Kenntnissen, die auf Spitzenforschung in verschiedenen gesellschaftlichen Gebieten beruhen, auf. Das Konzept schließt auch ein, dass sich diese Interessenten aktiv daran beteiligen, die Probleme und Fragestellungen zu benennen, die erforscht werden sollen. Außerdem basiert es darauf, dass die gesellschaftlichen Interessenträger aktiv die Verantwortung für die Verbreitung und die Anwendung des Wissens übernehmen, das generiert wird. Die Erfolgsaussichten hierfür erhöhen sich selbstverständlich dadurch, dass die Interessenträger selbst in hohem Maße an der Problemformulierung beteiligt sind. Somit sollten die SMRP als eine Ergänzung der Technologieplattformen, in denen die Industrie tonangebend ist, aufgefasst werden. Industrielle Akteure könnten sich je nach Forschungsgebiet auch stark in einzelne SMRP einbringen, auch wenn andere Akteure richtungsbestimmend sind. Das SMRP-Konzept schließt die interdisziplinäre Forschung mit ein, um der Komplexität der menschlichen und gesellschaftlichen Probleme gerecht zu werden. Diese lassen sich am besten verstehen, wenn sie aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven betrachtet werden. Um die Wissensentwicklung und die Möglichkeiten für gesellschaftliche Neuerungen zu erweitern, ist eine umfassende transnationale Zusammenarbeit Teil der SMRP.

2.16

In der Diskussion um die SMRP sind verschiedene Inhalte und Themen ins Gespräch gebracht worden, von denen der Ausschuss der Regionen an dieser Stelle einige potenzielle Themen aufgreifen möchte: die demografischen Veränderungen in Europa (Bevölkerungsalterung), Europa und die Integration/Migration sowie die nachhaltige Entwicklung aus der Umweltperspektive.

Das Problem der Bevölkerungsalterung betrifft alle EU-Mitgliedstaaten und wirft Fragen im Bereich des Gesundheitswesens, der Pflege (beispielsweise e-Gesundheit, gesundes Altern, sicheres Wohnen), der Rentensysteme, der Verlängerung der Lebensarbeitszeit usw. auf. Diese demografische Entwicklung wird oft als Problem beschrieben, sie eröffnet jedoch auch viele Möglichkeiten. Die ältere Generation stellt eine große, auf Kompetenz und Erfahrung basierende Wissensressource dar; viele ältere Bürger sind wohlinformierte und anspruchsvolle Kunden/Nutzer/Patienten, die in verschiedenen Bereichen innovative Lösungen fordern werden. Wie können Humanressourcen bestmöglich und für die gesamte Lebensdauer zum Nutzen von Individuum und Gesellschaft freigesetzt und entwickelt werden? Das Thema „Integration und Migration“ kann z.B. bestimmte Aspekte der Integration, des Arbeitslebens und der Diskriminierung etc. aufgreifen. Das Thema „Nachhaltige EntwicklungUmweltschutz“ könnte sich Fragen der Raumordnung in Europa annehmen: die Stadt als Impulsgeber, mit Fokus auf der Wechselbeziehung Stadt-Land, Umweltverschmutzung und deren Auswirkung auf die Landschaft, mit Fokus auf dem Wechselspiel zwischen den Städten und den ländlichen Räumen verschiedener Regionen; die Verantwortung Europas für eine globale nachhaltige Entwicklung, mit Fokus auf dem Wechselverhältnis zwischen dem globalen und dem europäischen Kontext.

3.   Das Progamm „Ideen“

3.1

Wesentlich ist, dass der Europäische Forschungsrat ein hohes Maß an Integrität in der Arbeit mit unabhängigen und profilierten Forschern wahrt. Seine Arbeit muss sich durch eine unkomplizierte verwaltungstechnische Behandlung der Anträge auszeichnen. Es muss erkennbar sein, wer die Prioritäten setzt.

3.2

Die Ergebnisse der vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Forschungen müssen systematisch und effektiv den in anderen europäischen Regionen tätigen Forschern zugänglich gemacht werden. Die dafür erforderlichen Mittel sind dem für Maßnahmen zur Forschermobilität bestimmten Budget zu entnehmen oder sollten als Direktzuschuss des Europäischen Forschungsrates erfolgen. In letzterem Falle sollte der Zuschuss nur einen kleineren Anteil an der für die bewilligten Projekte vorgesehenen Gesamtsumme ausmachen.

4.   Das Programm „Menschen“

4.1

Der Ausschuss hält es im Sinne einer ausreichenden Versorgung Europas mit Wissenschaftlern für erforderlich, die Arbeit von Frauen im Bereich der Forschung zu erleichtern. In diesem Zusammenhang können diverse politische Maßnahmen sowie die Veränderung mentaler Einstellungen in der Wirtschaft und in den Universitäten wichtige Faktoren darstellen. Marie-Curie-Maßnahmen sollten ausgebaut werden, um bereits bei Jugendlichen in den weiterführenden Schulen Interesse für die Rolle und den Platz der Frauen in Wissenschaft und Forschung zu wecken und so die Unterrepräsentation von Frauen zu verringern.

4.2

Der Ausschuss hebt hervor, dass es sicher einer Vielzahl verschiedener Maßnahmen bedarf, um renommierte Forscherteams in großer Zahl nach Europa zu locken. Die Unterschiede, die eine chancenreiche Karriereentwicklung in Europa behindern, sind sowohl geografischer, rechtlicher und administrativer als auch kultureller Natur. Ein Vergleich der Laufbahnschritte, des Gehaltsniveaus und der Sozialleistungen usw. könnte eine Möglichkeit zur positiven Entwicklung der Berufsaussichten für Forscher in Europa sein. Eine weitere Möglichkeit könnte die Schaffung so genannter „Kombi-Stellen“ sein, bei denen Berufstätige im Rahmen ihrer Arbeit auch die Möglichkeit zum Forschen hätten.

4.3

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die Bedeutung des „lebenslangen Lernens“ als Ressource für das Wachstum in Europa und als Instrument für die Erreichung der europäischen forschungspolitischen Ziele verdeutlicht werden sollte. Positiv ist, dass sich diese Perspektive im Kommissionsvorschlag wiederfindet, und es ist wichtig, dass sowohl die regionalen als auch die nationalen Akteure und die Gemeinschaftsakteure diese Arbeit vorantreiben. In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuss auf die Initiative „Plattformen des gegenseitigen Lernens“ der GD Forschung, der GD Unternehmen und des Ausschusses der Regionen. Diese wendet sich an Entscheidungsträger auf der regionalen Ebene, denen konkrete Werkzeuge im Bereich „Lernen“ an die Hand gegeben werden sollen, z.B. regionale Umschau, regionale Leistungsvergleiche („Benchmarking“) und regionale Profile.

4.4

Nach Ansicht des Ausschusses sollte die Kommission ferner berücksichtigen, dass die Berufschancen von Forschern in Europa alle EU-Mitgliedstaaten und dort wiederum all jene öffentlichen Sektoren betreffen, für die Kommunen, Landkreise und Regionen verantwortlich sind.

4.5

Der Ausschuss betont darüber hinaus, dass verstärkt Maßnahmen ergriffen werden sollten, die auf die Herausbildung einer neuen Generation von Forschern abzielen, die in den Universitäten, der Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor agieren können. Zu denken ist hier u.a. an Maßnahmen in der Ausbildung von Forschern, indem z.B. Doktoranden während ihrer Ausbildung praktische Erfahrungen sowohl in der Wirtschaft als auch im öffentlichen Bereich sammeln. Angehende Forscher müssen auch für eine Beschäftigung außerhalb der Universitäten ausgebildet sein und darauf vorbereitet werden.

5.   Das Programm „Kapazitäten“

Der Ausschuss begrüßt diesen Teil des Rahmenprogramms. Er ist der Ansicht, dass alle sechs Teilbereiche wichtig sind, möchte aber Folgendes besonders hervorheben:

5.1

Die Initiative Wissensbasierte Regionen ist u.a. deshalb begrüßenswert, weil sie die gestiegene Bedeutung der Regionen für Innovation und Wachstum verdeutlicht. Die Bedeutung der wissensbasierten Regionen für das allgemeine Wirtschaftswachstum in Europa kann gar nicht stark genug unterstrichen werden — sie sind die Grundpfeiler der nationalen Wirtschaften.

5.2

Der Ausschuss wünscht eine stärkere Verzahnung von Rahmenprogrammen und Strukturfonds. Es ist ein Spannungsverhältnis zwischen der Unterstützung für Spitzenforschung und der Förderung des Zusammenhalts zu verzeichnen. Durch Anreizförderung für Akteure im Bereich der Spitzenforschung in allen Regionen kann dieses Spannungsverhältnis ausgeglichen werden. Der Ausschuss der Regionen hat überdies eine Studie erarbeiten lassen, in der die strukturelle Kapazität und die Bereitschaft der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, FuE zu unterstützen, unter die Lupe genommen wird. In dieser Studie wird u.a. auf die Kopplung zwischen FuE, Strukturfonds und Fragen der Innovation abgestellt.

5.3

Der Ausschuss der Regionen ist sich der in Europa geführten Diskussion um die finanzielle Vorausschau bewusst. Jedoch ist es von größter Bedeutung, dass diese neuen Initiativen auch dann aufrecht erhalten werden, sollte das Finanzvolumen gegenüber dem vorliegenden Vorschlag abgesenkt werden. Die vorgesehenen Mittel, die mit ca. 160 Mio. EUR nur ca. 2 % des mit 7,4 Mrd. EUR ausgestatteten Teilprogramms „Kapazitäten“ ausmachen, sind gemessen an den Ambitionen des Vorschlags völlig unzureichend bemessen.

5.4

Des Weiteren fehlen deutliche Anstrengungen zur Verknüpfung von Hochschulen mit der gemeinsamen Entwicklung und Förderung der kommerziellen Anwendung der FuE-Arbeit zusammen mit der Industrie. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass die Bereiche, die die Innovation betreffen, herausgenommen wurden und in einem speziellen Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, dem so genannten CIP-Programm, behandelt werden. Es gibt gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der Abgrenzungen und möglicher Überschneidungen zwischen diesen Rahmenprogrammen. Hier sollte die Kommission für eine Klärung sorgen. Dies mag zwar nicht zu Problemen führen, aber wenn der Fall eintritt, sollte die Kommission ein Modell bereit halten, das die bessere Kompatibilität der Programme sicherstellt. Als Beispiel sei das Risikokapital für gemeinsame Technologieinitiativen genannt: Ist ein Projekt in der Markteinführungsphase im Rahmen des 7. Rahmenprogramms förderungsberechtigt, oder müssten die Mittel in dieser Phase aus dem CIP-Programm beantragt werden?

5.5

Der Ausschuss der Regionen weist darauf hin, dass auch Forschungsinstitute als natürliche Verbündete für die Überführung in technische Anwendungen und die gemeinsame Produktentwicklung Beachtung finden sollten. Je nach der speziellen Wirtschaftsstruktur und der Gestalt des öffentlichen Sektors von Regionen kann sich ein großer Spezialisierungsbedarf ergeben. Die Kommission sollte nicht nur auf kohäsionspolitische Synergien hinweisen, sondern auch die Bedeutung der EU-Mittel bei der Durchführung sowohl nationaler als auch regionaler Innovationsstrategien betonen.

5.6

Der Ausschuss der Regionen teilt die Auffassung der Kommission, dass in den Konvergenzregionen der EU, wie sie im Rahmen der Strukturfonds definiert werden, große Forschungspotenziale schlummern, die geweckt werden können.

5.7

Weniger forschungsintensive Arbeitsmarktsektoren, die gleichwohl in hohem Grade zum Wirtschaftswachstum in Europa und zum Lissabon-Prozess beitragen, dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Bisher ist das sechste Forschungsrahmenprogramm hauptsächlich auf forschungsintensive Bereiche ausgerichtet. Finanzielle Unterstützung für weniger forschungsintensive Bereiche, die es diesen ermöglicht, an bereits existierenden Technologien teilzuhaben, kann zur Realisierung von Innovationen führen, die ansonsten ausbleiben würden. Diesen Akteuren sollte daher im Forschungsprogramm größere Beachtung geschenkt werden.

5.8

Der Ausschuss der Regionen begrüßt das Aktionsprogramm „Wissenschaft in der Gesellschaft“ und betont die Bedeutung dieses wichtigen Bereichs des neuen Rahmenprogramms.

6.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

6.1

ist der Auffassung, dass die soziale und ökologische Dimension der nachhaltigen Entwicklung in stärkerem Maße Leitfaden für das ganze 7. Rahmenprogramm sein sollte;

6.2

hofft, dass die Kommission eine proaktive Rolle übernimmt und auf vielfältige Weise SMRP-Prozesse (Socially Motivated Research Platforms) unterstützt, so wie sie dies bei den Technikplattformen getan hat. Beispielsweise könnte zunächst das SMRP-Konzept definiert und verschiedene Interessenträger dazu ermuntert werden, eine langfristige Vision und eine strategische Forschungsagenda zu erarbeiten, als Beobachter an verschiedenen Plattformen teilzunehmen und dort mit Rat und Unterstützung weiterzuhelfen; zudem könnten sie für Transparenz und Offenheit sowie für eine gewisse organisatorische Unterstützung sorgen. Auf diese Weise würde die Kommission einer erfolgreichen Umsetzung den Weg ebnen;

6.3

stellt fest, dass verschiedene Vertreter der lokalen und regionalen Ebene aktiv daran arbeiten, relevante Akteure für die Entwicklung des SMRP-Konzepts zu gewinnen. Der Ausschuss würde es begrüßen, wenn ein Dialog zwischen der Kommission, dem Parlament, dem Rat, den einzelstaatlichen Forschungsträgern, den Gemeinden, Kreisen und Regionen sowie den Forschern und anderen Akteuren entstünde, der zunächst das Thema der Bevölkerungsalterung in den Mittelpunkt stellen würde;

6.4

betrachtet es als Aufgabe der Kommission, dafür Sorge zu tragen, dass keine verwaltungstechnischen Probleme die Umsetzung der Programme behindern, die dadurch bedingt sein könnten, dass die Verwaltung dieses Rahmenprogramms und des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) verschiedenen Generaldirektionen obliegt; die Abgrenzung dieser beiden Programme muss klar herausgearbeitet werden;

6.5

betont die Bedeutung der technologischen Entwicklung im 7. Rahmenprogramm. Es ist für enge Synergien mit dem Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) zu sorgen, damit in allen europäischen Regionen neue Unternehmen und Arbeitsplätze in wissensbasierten Unternehmen entstehen;

6.6

ist der Ansicht, dass die Themenschwerpunkte durch allgemeine Fragen der Volksgesundheit, der Gesundheit sowie des Gesundheits- und Pflegesektors ergänzt werden müssten. Außerdem sind verschiedene Aspekte der Stadtentwicklung, nicht nur zu den Umweltaspekten, zu erforschen;

6.7

schlägt in Anbetracht der Rolle der KMU als Motor der europäischen Wirtschaft vor, im 7. Rahmenprogramm einen besseren Ausgleich zwischen Großprojekten und Projekten für die KMU zu suchen, beispielsweise durch eine Aufstockung der Mittel für die Initiative „Wissensbasierte Regionen“;

6.8

regt an, dass die Kommission Beispiele für vorbildliche wissenschaftliche Zusammenarbeit verschiedener Beteiligter auf lokaler Ebene zu ermitteln versucht. Dies könnte auch in der Form eines Wettbewerbs durchgeführt werden;

6.9

empfiehlt dem Rat und dem Europäischen Parlament, dem Vorschlag der Kommission zur Ausstattung des 7. Rahmenprogramm mit Mitteln in Höhe von 72.726 Mio. EUR zuzustimmen.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 22.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/27


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission: „Umstrukturierung und Beschäftigung — Umstrukturierungen antizipieren und begleiten und die Beschäftigung fördern: die Rolle der Europäischen Union“

(2006/C 115/06)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Umstrukturierung und Beschäftigung — Umstrukturierungen antizipieren und begleiten und die Beschäftigung fördern: die Rolle der Europäischen Union“ (KOM(2005) 120 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 31. März 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 12. April 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008)“ (CdR 147/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung“ (CdR 77/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission — Sozialpolitische Agenda“ (CdR 80/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission über die soziale Dimension der Globalisierung — Der politische Beitrag der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens“ (CdR 328/2004 fin);

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 148/2005 rev. 2), der am 23. September 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommen wurde (Berichterstatterin: Frau Irene Oldfather, Mitglied des schottischen Parlaments (UK/SPE));

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

begrüßt die Mitteilung als nutzbringenden Beitrag zu der wichtigen Debatte über Unternehmensumstrukturierungen und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung. Umstrukturierungen werden als Reaktion auf Marktveränderungen, die Schaffung des Binnenmarktes und die Globalisierung vorgenommen. Sie werden von vielen Unternehmen als wichtiges Instrument zur Beibehaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erachtet, wenn sie als eine Gelegenheit zum Einstieg in neue Betätigungsfelder mit höherer Wertschöpfung und zur Schaffung nachhaltigerer Arbeitsplätze in dem betroffenen Gebiet gesehen werden;

1.2

ist erfreut über die Tatsache, dass Unternehmensumstrukturierungen im Kontext der Lissabonner Wachstumsstrategie und des Europäischen Sozialmodells erörtert werden. Der AdR möchte die Bedeutung des Europäischen Sozialmodells hervorheben, da dieses die negativen Auswirkungen von Umstrukturierungen auf Menschen und lokale Gebietskörperschaften gleichermaßen lindert, und teilt die Auffassung, dass diesbezügliche Präventivmaßnahmen ergriffen werden müssen, soweit dies möglich ist;

1.3

stimmt der Auffassung zu, dass es entscheidend auf ein gutes Management der Umstrukturierungsprozesse ankommt. Dies ist gleichermaßen ein wirtschaftliches und ein soziales Erfordernis und muss Teil einer langfristigen Perspektive für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft sein, damit die Veränderungen auch wirklich zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit beitragen;

1.4

stellt fest, dass in der Mitteilung nur die Situation auf EU-Ebene untersucht wird. Angesichts der wichtigen Rolle, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie die Mitgliedstaaten spielen, ist der Ausschuss der Regionen enttäuscht, dass die Mitteilung nicht weiter gefasst ist und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen sowie deren jeweilige Rolle nicht näher beleuchtet. Gleichwohl fallen Bereiche wie die Entwicklung des Binnenmarktes, die Handels- und die Entwicklungspolitik und die Lissabon-Agenda in die Zuständigkeit der EU. Es ist wichtig, dass die Europäische Kommission die Auswirkungen der politischen Gestaltungsarbeit in diesen Bereichen auf die wirtschaftliche Umstrukturierung sowie umgekehrt die Auswirkungen dieser Umstrukturierung auf die Politikgestaltung berücksichtigt;

1.5

unterschreibt die in der Mitteilung enthaltene Darstellung, dass Unternehmensumstrukturierungen nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmer, sondern aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf die örtliche bzw. regionale Wirtschaft auch für diese mit sehr hohen Kosten verbunden sein können;

1.6

hebt die wichtige Rolle hervor, die der Europäischen Stelle zur Beobachtung des Wandels bei der Verbreitung vorbildlicher Verfahrensweisen zukommt, denn dadurch kann die öffentliche Debatte über Umstrukturierungen und Standortverlegungen auf eine tragfähigere Basis gestellt werden.

DIE AKTUELLEN HERAUSFORDERUNGEN

Der Ausschuss der Regionen

1.7

stimmt zu, dass folgende Gründe zu Umstrukturierungen auf Unternehmensebene führen können:

der Europäische Binnenmarkt und die internationale Öffnung der Volkswirtschaften,

die technologische Innovation,

die Entwicklung des Rechtsrahmens,

erhebliche Veränderungen der Verbrauchernachfrage;

1.8

ist der Ansicht, dass in der Mitteilung auch die Globalisierung und die Verlagerung einer großen Zahl von Arbeitsplätzen in Länder außerhalb der Europäischen Union genauer hätten untersucht werden müssen;

1.9

gibt zu bedenken, dass Änderungen der Beschäftigungsmuster in den einzelnen Industriesektoren und die Qualität von Arbeitsplätzen wichtige Gesichtspunkte sind, wenn es um den Entwurf einer EU-Politik für die Bereiche Beschäftigung, Ausbildung, Industrie und Landwirtschaft geht. In der Mitteilung wird erwähnt, dass zwischen 1977 und 2002 ungefähr 30 Millionen Arbeitsplätze in der EU geschaffen wurden. Im Dienstleistungssektor war ein Zuwachs von über 44 Millionen zu verzeichnen, während es in Industrie und Landwirtschaft zu Arbeitsplatzverlusten in Höhe von 7 bzw. 7,5 Millionen kam. Das Beschäftigungswachstum beträgt 25,1 % für Hochqualifizierte, 14,2 % für Personen mit mittlerer Qualifikation und nur 2,2 % für Geringqualifizierte;

1.10

teilt die in der Mitteilung vertretene Auffassung, dass die Weiterentwicklung des Binnenmarktes und die wirtschaftliche Öffnung positive Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung haben. Der AdR begrüßt außerdem die Tatsache, dass in der Mitteilung die regionalen Auswirkungen dieser Politik und das Erfordernis der sozialen Gerechtigkeit in diesen Politikbereichen anerkannt werden;

1.11

teilt die in der Mitteilung vertretene Ansicht, dass die Auswirkungen von Umstrukturierungen dadurch beeinflusst werden können, dass für ein besseres Funktionieren des Arbeitsmarktes gesorgt wird, die aktiven Beschäftigungspolitiken verstärkt und Veränderungen antizipiert sowie Mechanismen geschaffen werden, die einen Arbeitsplatzwechsel erleichtern. Der AdR möchte ferner die Bedeutung effizienter lokaler und regionaler Wirtschaftsentwicklungsstrategien betonen, die einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zu einer größeren Vielfalt des wirtschaftlichen Fundaments darstellen. In einem solchen wirtschaftlichen Umfeld lassen sich Unternehmensumstrukturierungen sehr viel einfacher durchführen;

1.12

stellt fest, dass der US-„Trade Adjustment Assistance Reform Act“ von 2002 als positives Beispiel für die wirtschaftliche Öffnung und die Abfederung ihrer Auswirkungen für Unternehmen und Arbeitnehmer genannt wird. Allerdings ist der AdR der Auffassung, dass sich auch innerhalb der EU viele Beispiele finden lassen, bei denen staatliche Stellen Umstrukturierungen aktiv begleitet haben, die als vorbildlich gelten können.

ANTWORTEN AUF GEMEINSCHAFTSEBENE

i.   Allgemeiner Ansatz

Der Ausschuss der Regionen

1.13

unterschreibt die Notwendigkeit einer verstärkten Koordinierung der Gemeinschaftsmaßnahmen, die einen Einfluss auf Umstrukturierungen haben, und begrüßt insbesondere die Einrichtung einer Taskforce, in die alle Abteilungen der Kommission, deren Entscheidungen sich auf Umstrukturierungen auswirken, eingebunden sind;

1.14

stimmt der Untersuchung der horizontalen Gemeinschaftsmaßnahmen, die Auswirkungen auf Umstrukturierungen haben, zu, damit die entsprechenden Änderungen vorgenommen werden können.

ii.   Reform der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS)

Der Ausschuss der Regionen

1.15

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Maßnahmen im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie effektiv und zeitnah umgesetzt werden;

1.16

begrüßt es, dass in der Mitteilung wesentliche Zusammenhänge zwischen der Lissabon-Strategie, der Europäischen Beschäftigungsstrategie und den EU-Strukturfonds hergestellt werden. Der AdR betont die Bedeutung der im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Unterstützung von Anpassung und Umstrukturierungen. Der AdR hebt außerdem die Notwendigkeit von qualitativ hochwertigen Ausbildungsmaßnahmen für den Managementbereich hervor, die auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmt sind und sich auf eine breite Partnerschaft stützen, um den Arbeitgebern und Arbeitnehmern die notwendigen Kenntnisse für eine effiziente Bewältigung des Wandels zu vermitteln; daher begrüßt der Ausschuss die Vorschläge für eine Ausbildung in „Change Management“;

1.17

stimmt völlig mit der Schlussfolgerung der Mitteilung überein, dass „gerade auf lokaler Ebene (...) die Antizipation des Wandels am wirksamsten“ ist und dass die „Regional- und Kohäsionspolitik der Europäischen Union (...) hier eine Katalysatorrolle übernehmen muss“ (1);

1.18

fordert die Mitgliedstaaten zu einer angemessenen Finanzierung der Regional- und Kohäsionspolitik auf, damit diese als Katalysator für den Wandel fungieren kann;

1.19

erinnert daran, dass es auch in den Ländern, die bereits vor der jüngsten Erweiterung zu den Mitgliedstaaten zählten, noch Regionen gibt, die im Hinblick auf die Erzielung von Konvergenz mit den übrigen Regionen der Gemeinschaft darauf angewiesen sind, dass die von den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds mitfinanzierten Regionalentwicklungsmaßnahmen zumindest für eine Übergangszeit fortgesetzt werden.

iii.   Reform der gemeinschaftlichen Finanzinstrumente für bessere Antizipation und besseres Management von Umstrukturierungen

Der Ausschuss der Regionen

1.20

teilt die in der Mitteilung vertretene Auffassung, dass neben der europäischen Beschäftigungsstrategie und den EU-Strukturfonds auch das Siebte Forschungsrahmenprogramm und die EU-Bildungs- und Berufsbildungsprogramme zur Entwicklung einer wettbewerbsfähigen, wissensbasierten und der Mobilität förderlichen Wirtschaft beitragen können;

1.21

schlägt vor, die Unterstützung in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation zu verstärken, weil diese Tätigkeitsfelder bei der Bewältigung von Umstrukturierungsprozessen in Unternehmen sowie bei der Linderung möglicher negativer Auswirkungen solcher Prozesse auf lokale und regionale Wirtschaftsgefüge von erheblichem Nutzen sind;

1.22

stellt fest, dass die unterschiedlichen Auswirkungen der Umstrukturierungsprozesse für Männer und Frauen nicht berücksichtigt worden sind, wodurch die Durchführung spezifischer, auf die jeweilige Problematik abgestimmter Maßnahmen verhindert wird;

1.23

ist besorgt ob der geringen Finanzmittel, die bei den Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten dem Ziel „Wettbewerbsfähigkeit“ zugewiesen wurden. Es wird weiterhin Umstrukturierungen in den einzelnen Gebieten geben, und viele davon benötigen Unterstützung für eine umfassende Modernisierung der regionalen Wirtschaftssysteme und für die Errichtung einer wissensbasierten Wirtschaft;

1.24

bekräftigt sein Einverständnis mit den in den EU-Strukturfonds-Verhandlungen für den Zeitraum 2007-2013 unterbreiteten Vorschlägen der Kommission hinsichtlich eines Wachstumsanpassungsfonds;

1.25

ist erfreut über die neuen Impulse durch den Vorschlag zur Einrichtung eines Globalisierungsanpassungsfonds mit dem Ziel, erhebliche wirtschaftliche und soziale Schocks auf lokaler und regionaler Ebene abzufedern, die auf globalisierungsbedingte Umstrukturierungen zurückzuführen sind und denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht im Vorfeld begegnen konnten;

1.26

weist auf die Bedeutung einer Reform der GAP und der Politik der ländlichen Entwicklung für die Abschwächung der nachteiligen Folgen von Umstrukturierungen auf die Beschäftigten der Landwirtschaft und auf ländliche Gemeinden und insbesondere auf die Zweckmäßigkeit von Maßnahmen zur Unterstützung der endogenen Entwicklung hin.

iv.   Industrie- und Unternehmenspolitik

Der Ausschuss der Regionen

1.27

unterstützt den im April 2004 im Zuge der Überarbeitung der Industrie- und Unternehmenspolitik von der EU beschlossenen Ansatz. Die Überarbeitung brachte eine Verbesserung der für Unternehmen geltenden Rechtsvorschriften, die Unterstützung ihrer Bemühungen in den Bereichen Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sowie ein besser koordiniertes Vorgehen auf sektoraler Ebene mit sich;

1.28

befürwortet den in der Mitteilung gemachten Vorschlag, dass die Europäische Kommission feststellen solle, in welchen Sektoren sich rasche und tief greifende Veränderungen vollziehen, und sich mithilfe hochrangiger Gruppen, an denen alle betroffenen Parteien beteiligt sind, darauf konzentrieren solle, die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit, die Chancen und Gefahren für die Umwelt, die Auswirkungen auf regionaler Ebene und die Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene, mit denen die Veränderungen antizipiert und begleitet werden können, zu analysieren.

v.   Wettbewerbspolitik

Der Ausschuss der Regionen

1.29

stellt fest, dass die derzeit gültigen Leitlinien für die Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in der Krise im Oktober 2004 ohne Konsultation des Ausschusses der Regionen oder des Europäischen Parlaments eingeführt wurden;

1.30

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission im Juni 2005 den Aktionsplan Staatliche Beihilfen (2) veröffentlicht hat, zu dem der AdR eine eigene Stellungnahme erarbeiten wird. Der AdR stellt weiter fest, dass im Aktionsplan Staatliche Beihilfen für das Jahr 2007/2008 eine Bewertung und Änderung der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen angekündigt wird, und unterstreicht die Notwendigkeit einer Konsultation des Ausschusses der Regionen vor der Einführung neuer Leitlinien im Jahr 2009;

1.31

verweist auf die Bedeutung des Entwurfs für eine Verordnung mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (KOM(2004) 492), nach dem Unternehmen, die Mittel aus den Fonds erhalten, diese zurückzahlen müssen, falls sie innerhalb von sieben Jahren den Standort einer Produktionstätigkeit verlagern oder aufgeben und dadurch gegebenenfalls Arbeitsplätze verloren gehen.

vi.   Außenpolitik

Der Ausschuss der Regionen

1.32

begrüßt die in der Mitteilung gemachte Feststellung, dass die sozialpolitische Agenda auch für externe Maßnahmen gilt und die Förderung der Beschäftigung, der Sozialpolitik und zumutbarer Arbeitsbedingungen für alle vorsieht. In der Mitteilung heißt es weiter, dass zu den Zielen der Sozialagenda auch die Förderung der sozialen Grundrechte, der Ausbau des sozialen Dialogs, die soziale Verantwortung von Unternehmen und die Förderung des aktiven Umgangs mit Veränderungen auf globaler Ebene gehören. Diese Ziele werden richtungsweisend für die Beziehungen der EU mit internationalen Organisationen wie IAO, OECD, UNO, IWF, Weltbank und WTO sein.

vii.   Ausbau der Partnerschaft für den Wandel

Der Ausschuss der Regionen

1.33

nimmt mit Zufriedenheit die Ankündigung aus der Mitteilung zur Kenntnis, dass die Kommission durch eine Stärkung des sozialen Dialogs, eine Mitteilung über die soziale Verantwortung der Unternehmen und die Einrichtung eines Forums „Umstrukturierungen“ auf den Ausbau der Partnerschaften für den Wandel dringen will;

1.34

ist der Auffassung, dass das erste Forum „Umstrukturierungen“ vom Juni 2005 ein großer Erfolg war, und ist gespannt auf die Einrichtung des Forums als regelmäßige Veranstaltung. Insbesondere begrüßt der AdR die Absicht, bei einem künftigen Forum den Schwerpunkt auf die lokale und regionale Ebene zu legen;

1.35

stimmt zu, dass die vorgeschlagene Mitteilung über die soziale Verantwortung der Unternehmen besonders die vorbildlichen Verfahrensweisen, mit denen Unternehmen und betroffene Parteien die Umstrukturierung angehen, berücksichtigen sollte. Der Kommissionsmitteilung zufolge verzeichnen Unternehmen, die Umstrukturierungen sozialverträglich gestalten, erwiesenermaßen häufig bessere Ergebnisse in puncto Wettbewerbsfähigkeit und Solidität. Der AdR begrüßt diese Schlussfolgerungen;

1.36

begrüßt den in der Mitteilung gemachten Vorschlag, dass die Europäische Stelle zur Beobachtung des Wandels aufgerufen werden soll, eine quantitative und qualitative Analyse der Umstrukturierungen zu erstellen, auf die sich die öffentliche Debatte über Umstrukturierungen stützen kann;

viii.   Anpassung der rechtlichen und tarifvertraglichen Rahmenbedingungen

1.37

begrüßt die in diesem Abschnitt gemachten Vorschläge für im Lissabon-Aktionsprogramm vorgesehene Maßnahmen zur Modernisierung und Vereinfachung der Rechtsvorschriften und den Vorschlag für ein Grünbuch zum Arbeitsrecht, das eine Analyse der derzeitigen Trends bei der Entwicklung neuer Arbeitsstrukturen sowie eine Untersuchung der Bedeutung des Arbeitsrechts für die Bewältigung von Umstrukturierungen beinhalten soll. Dabei könnte die Förderung von individuell abgestimmten Umstrukturierungen („reflexive restructuring“) geprüft werden. Entsprechende Maßnahmen sind u.a. Beschäftigungspausen zu Ausbildungszwecken, Sabbatjahre, Jobsharing sowie Tele- und Teilzeitarbeit, die weniger Umbrüche verursachen als die mit aggressiveren Umstrukturierungen einhergehenden Zwangsentlassungen.

ix.   Zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner zu den Themen Unternehmensumstrukturierungen und Europäische Betriebsräte

Der Ausschuss der Regionen

1.38

teilt die in der Mitteilung zum Ausdruck kommende Auffassung, dass die Sozialpartner sich eingehender mit der Frage der Antizipation und Bewältigung von Wandel und Umstrukturierungen beschäftigen müssen;

1.39

begrüßt den Ansatz der Kommission im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte, die im April 2004 eingeleitet wurde. Die Kommission hat vier Bereiche für eine Vereinbarung über die Rolle der Europäischen Betriebsräte bei der Antizipation und Bewältigung von Veränderungen und Umstrukturierungen genannt. Zu diesen Bereichen gehören die Übernahme bewährter Verfahrensweisen und allgemeingültiger Ansätze für Umstrukturierungen.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

ist der Ansicht, dass die wirtschaftliche Umstrukturierung von Unternehmen einen unvermeidbaren Bestandteil des Modernisierungsprozesses darstellt, wenn es darum geht, eine zukunftsorientierte, wissensbasierte Wirtschaft zu errichten. Er betont jedoch die Notwendigkeit, das Europäische Sozialmodell zu stärken, um die Probleme zu lindern, die Umstrukturierungen für Einzelpersonen und für das Gemeinwesen mit sich bringen können;

2.2

stimmt mit der Europäischen Kommission darin überein, dass das Forum „Umstrukturierungen“ einen wertvollen Beitrag leisten kann und dass ein künftiges Forum sich mit der Rolle bei Umstrukturierungen auf lokaler und regionaler Ebene beschäftigen sollte;

2.3

fordert eine genauere Untersuchung darüber, wie Verwaltungsbehörden auf die Umstrukturierung von Unternehmen reagieren. Dabei sollte besonders die jeweilige Rolle der Behörden auf EU-, nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie deren Interaktion analysiert und eine genauere Untersuchung über die Gründe für Umstrukturierungen — mit dem Schwerpunkt Globalisierung — durchgeführt werden;

2.4

fordert, dass die Politik auf EU-, nationaler und lokaler Ebene statt der Arbeitsplatzsicherheit die Beschäftigungssicherheit in den Mittelpunkt stellen sollte. Dies würde weg vom Konzept einer einzigen, lebenslangen Arbeitsstelle (Arbeitsplatzsicherheit) und hin zu einer Situation führen, in der Arbeitnehmer Fertigkeiten lernen, mit denen sie einfacher von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle wechseln können (Beschäftigungssicherheit);

2.5

unterstreicht die Rolle der Europäischen Stelle zur Beobachtung des Wandels, besonders bei der Bereitstellung von Daten über wirtschaftliche Umstrukturierungen, die in der Debatte über Antizipation und Bewältigung des Wandels genutzt werden können;

2.6

betont die Notwendigkeit einer umfassenderen Koordinierung der EU-Politik, um sich den Veränderungen anzupassen und sie zu bewältigen, und fordert im Einklang mit den Empfehlungen der Kommission dazu auf, die Bildungs- und Berufsbildungspolitik in die Liste der Maßnahmen, deren Koordinierung verstärkt werden muss, einzugliedern;

2.7

wünscht sich eine gut funktionierende Europäische Beschäftigungsstrategie, die eine entscheidende Rolle bei der Anpassung an und der Bewältigung von Veränderungen sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in Wachstumssektoren spielt;

2.8

betont die Tatsache, dass Umstrukturierungen von Unternehmen einfacher zu bewältigen sind, wenn lokale und regionale Behörden Strategien für wirtschaftliche Entwicklung und Diversifizierung ausgearbeitet haben. Dies macht es für ehemalige Arbeitnehmer einfacher, einen neuen Arbeitsplatz zu finden;

2.9

anerkennt die Schlüsselrolle, die die EU-Strukturfonds und der Europäische Sozialfonds bei den Umstrukturierungen und der Bewältigung des Wandels spielen. Der AdR ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, sich auf die Bereitstellung von Mitteln aus dem EU-Haushalt zu verständigen, die es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erlauben, ihre Wirtschaft zu modernisieren und so die negativen Folgen von Umstrukturierungen auf der Ebene des einzelnen Unternehmens zu verringern, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich um eine Querschnittsproblematik handelt, die alle Arten von Regionen betrifft;

2.10

empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Bildung eines über die EU-Strukturfonds finanzierten Wachstums- oder Globalisierungsanpassungsfonds, mit dessen Hilfe die EU im Falle einer durch Umstrukturierungen bedingten, wirtschaftlichen Krisensituation auf lokaler oder regionaler Ebene intervenieren könnte, nochmals zu prüfen; nach Ansicht des AdR sollte dieser Fonds nur dann zum Einsatz kommen können, wenn eine regionale Schwelle erreicht ist. Diese sollte nach der Zahl der vom — nicht antizipierbaren — Umstrukturierungsschock betroffenen Arbeitnehmer, der regionalen Arbeitslosenrate sowie den Auswirkungen auf das regionale BIP festgelegt werden. Der Ausschuss ist ferner der Ansicht, dass der Fonds Maßnahmen zur Abfederung des Schocks für das „Humankapital“, z.B. durch Weiterbildung und Umschulung der Arbeitnehmer, umfassen sollte, und empfiehlt, ihn im EU-Haushaltsplan als ständigen, unabhängigen Fonds mit eigenem festen Jahresbudget vorzusehen. Der AdR spricht sich dafür aus, den Fonds mit 1 Mrd. EUR pro Jahr auszustatten;

2.11

empfiehlt der Europäischen Union, Maßnahmen zur Schaffung einer größeren wirtschaftlichen Vielfalt in ländlichen Gebieten zu prüfen, um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Gebiete zu erhöhen und somit die bitteren Folgen der Umstrukturierung der Landwirtschaft mildern zu können, und weist insbesondere darauf hin, dass die Maßnahmen zur Unterstützung der endogenen Entwicklung hierbei eine wichtige Rolle spielen können;

2.12

begrüßt die Vorschläge zur Industrie- und Unternehmenspolitik, empfiehlt der Europäischen Kommission aber, bei der Erfassung der Sektoren, in denen sich rasante Veränderungen vollziehen, eng mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zusammenzuarbeiten;

2.13

möchte konsultiert werden, wenn 2007/2008 die Überprüfung der Leitlinien für die Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in der Krise ansteht;

2.14

empfiehlt, Überlegungen im Zusammenhang mit der Sozialagenda bei den Verhandlungen mit internationalen Organisationen und in der Doha-Runde in den Vordergrund zu stellen;

2.15

unterstreicht die Notwendigkeit, Wandel und Umstrukturierungen auf der Unternehmens- und auf den verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen verantwortungsvoll anzugehen und zu gewährleisten, dass sich die Arbeitgeber ihrer Pflichten bewusst sind. Der AdR empfiehlt, auf EU-Ebene auf verschiedenen Wegen — durch die Stärkung des sozialen Dialogs sowie mithilfe der Mitteilung über die soziale Verantwortung von Unternehmen und der Verhandlungen im Zusammenhang mit der Richtlinie über Europäische Betriebsräte — auf dieses Ziel hinzuarbeiten;

2.16

empfiehlt Unternehmen, zunächst die Förderung individuell abgestimmter Umstrukturierungen („reflexive restructuring“) zu prüfen. Entsprechende Maßnahmen sind u.a. Beschäftigungspausen zu Ausbildungszwecken, Sabbatjahre, Jobsharing sowie Tele- und Teilzeitarbeit, die weniger Umbrüche verursachen als die mit aggressiveren Umstrukturierungen einhergehenden Zwangsentlassungen.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  KOM(2005) 120 endg., S. 12..

(2)  KOM(2005) 107 endg. - CdR 225/2005.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/32


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im demokratischen Leben der Union“

(2006/C 115/07)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 15. Juni 2004, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Erarbeitung einer Initiativstellungnahme zum Thema „Die Rolle der Regionalparlamente im demokratischen Leben der Union“ zu beauftragen;

gestützt auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa, insbesondere auf die Bestimmungen über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips;

gestützt auf seine Stellungnahme über den Vertrag über eine Verfassung für Europa (CdR 354/2003 fin (1));

gestützt auf seine Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 über „Die Phase des Nachdenkens: Struktur, Themen und Rahmen für die Bewertung der Debatte über die Europäische Union“ (CdR 250/2005 fin);

gestützt auf die Erklärung seines Präsidiums vom 26. Oktober 2001 über „Die Rolle der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis im gemeinschaftlichen Beschlussfassungsprozess“ (CdR 191/2001 fin);

gestützt auf den gemeinsamen Aktionsplan 2003-2004 des Ausschusses der Regionen und der Konferenz der gesetzgebenden Regionalversammlungen Europas (CALRE);

gestützt auf die Erklärungen der Konferenz der Präsidenten der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union auf ihren Tagungen am 27./28. Oktober 2003 in Reggio di Calabria, am 26. Oktober 2004 in Mailand sowie am 24./25. Oktober 2005 in Barcelona;

gestützt auf das Dokument von Oviedo zur Einsetzung der Konferenz der europäischen regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE) von 1997, in dem die Ziele und Grundsätze dieser Konferenz festgelegt werden;

gestützt auf den von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 22. April 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 221/2004 rev. 3) (Berichterstatter: Herr Luc VAN DEN BRANDE, BE/EVP, Mitglied des flämischen Parlaments und Senator);

1)

in der Erwägung, dass es in einigen Mitgliedstaaten Regionen mit Gesetzgebungsbefugnis gibt, die demnach für die Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften zuständig sind;

2)

in der Erwägung, dass die spezifischen Befugnisse der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen im Vertrag über eine Verfassung für Europa ausdrücklich eine Zuständigkeit im Hinblick auf die Mechanismen zur Anwendung und Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips erhalten, und dass sie folglich einen besonderen Platz im demokratischen Beschlussfassungsprozess der Europäischen Union einnehmen;

3)

in der Erwägung, dass in den Grenzen dieser Stellungnahme, in der die Besonderheit der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen aus den ihnen durch den Vertrag über eine Verfassung für Europa übertragenen Befugnissen abgeleitet wurde, die Anerkennung der Bedeutung anderer Ebenen der politischen Entscheidungsfindung nicht geschmälert wird und dass die Empfehlungen dieser Stellungnahme mutatis mutandis auch für die anderen Ebenen der Entscheidungsfindung gelten können;

4)

in der Erwägung, dass die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen selbst voll und ganz die Umsetzung ihrer Entscheidungen gewährleisten und in dieser Eigenschaft ausdrücklich im „Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ im Anhang zum Verfassungsvertrag genannt werden;

5)

in der Erwägung, dass die von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 3. März 2005 durchgeführte Anhörung zum Thema „Die Rolle der Regionalparlamente und -versammlungen mit Gesetzgebungsbefugnissen im demokratischen Leben der Union“ deutlich gemacht hat, dass die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis in den politischen Einigungsprozess Europas immer stärker eingebunden werden;

6)

in der Erwägung, dass die Pause im Ratifizierungsprozess des Verfassungsvertrags keineswegs dazu führen darf, dass Initiativen gebremst werden, die darauf abzielen, die Regionalparlamente in das demokratische Leben der Union stärker einzubinden und ihre Teilnahme an der Rechtsetzung der Gemeinschaft sowie an der Anwendung und der Kontrolle des EU-Rechts auszubauen, wie sie sich aus dem politischen Konsens im Zusammenhang mit dem Verfassungsvertrag ableitet;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

empfiehlt, das Protokoll über die Anwendung und Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und das Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, die die Demokratie und Teilhabe der Bürger im Rahmen des Beschlussfassungsprozesses der Europäischen Union wesentlich verbessern können, in die derzeitigen Verträge einzugliedern;

1.2

ist der Ansicht, dass die regionale Demokratie in besonderer Weise dazu beiträgt, die Bürgerinnen und Bürger in die Politik einzubeziehen, und dass ihr deshalb auf der Ebene der Europäischen Union die nötige Aufmerksamkeit zuteil werden sollte. Aus diesem Grunde muss der Beitrag der gewählten Regional- und Lokalversammlungen zu mehr Bürgernähe unter anderem dadurch Anerkennung erfahren, dass diese Gebietskörperschaften in vollem Umfang in den Beschlussfassungsprozess einbezogen werden;

1.3

ist der Ansicht, dass die Regionalparlamente unter Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union ihren Beitrag zum Aufbau der europäischen Bürgerschaft leisten;

1.4

ist davon überzeugt, dass die Stärkung der lokalen und regionalen Autonomie in mehreren Mitgliedstaaten ein wesentlicher Beitrag zum Aufbau eines u.a. von den Prinzipien der Demokratie, der Bürgernähe und der Dezentralisierung geleiteten Europas ist;

1.5

stellt fest, dass es in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bedeutende Entwicklungen bei der Dezentralisierung gegeben hat, wodurch die Regionen auf europäischer Ebene zu wichtigen politischen und wirtschaftlichen Akteuren geworden sind;

1.6

merkt an, dass die Lokal- und Regionalversammlungen fester Bestandteil des Prozesses sind, durch den die europäischen Staaten ihrer Demokratie Gestalt verleihen. Die subnationale Politik muss daher in der europäischen Debatte ihren festen Platz erhalten;

1.7

bedauert, dass — obwohl die Erklärung von Laeken einen ersten positiven Impuls gegeben hatte, den dezentralen Befugnissen der gesetzgebenden Regionalparlamente Rechnung zu tragen — dieser Ansatz sich im Vertrag über eine Verfassung für Europa nicht in einem direkten Regressrecht der betroffenen Regionen niedergeschlagen hat;

1.8

begrüßt, dass ihm das Recht zuerkannt wurde, vor dem Europäischen Gerichtshof Klage in Bezug auf Gesetzgebungsakte, für deren Annahme er nach der Verfassung angehört werden muss, einzureichen. Gleichzeitig bedauert der Ausschuss der Regionen, dass die Regionen mit gesetzgebenden Befugnissen (noch) nicht das Recht auf Anrufung des Gerichtshofs erhalten haben;

1.9

stellt fest, dass folglich die Regionalparlamente, insbesondere jene mit Gesetzgebungsbefugnis, künftig sowohl den AdR einschalten können, wenn sie ein solches gerichtliches Verfahren anstrengen wollen, als auch die Möglichkeit haben, erforderlichenfalls den Weg über die nationalen Parlamente zu nehmen;

1.10

unterstützt die Anstrengungen der Konferenz der Präsidenten der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE), die sich um die Einbeziehung der parlamentarischen Systeme auf regionaler Ebene in den europäischen Beschlussfassungsprozess bemüht;

1.11

betont zum wiederholten Male, und zwar im Einklang mit den Empfehlungen des Weißbuchs „Europäisches Regieren“, dass es angebracht ist, die politischen Ebenen, die für die Durchführung der europäischen Rechtsvorschriften verantwortlich sind, in die Vorbereitungen zu dieser Rechtsetzung und in die Abstimmung der europäischen Politik als vollwertige Partner einzubeziehen. Das trifft seines Erachtens umso mehr auf die gesetzgebenden Regionalversammlungen zu, da sie die regionalen Durchführungsvorschriften für das Gemeinschaftsrecht verabschieden. Der Ausschuss unterstützt folglich ihre aktive Mitwirkung im prälegislativen Konsultationsprozess und die Einbindung der sie repräsentierenden Verbände in den strukturierten Dialog;

1.12

hat die verschiedenen Vorschläge und Initiativen zur Intensivierung der interparlamentarischen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zur Kenntnis genommen und ist der Ansicht, dass eine interparlamentarische Zusammenarbeit einen Beitrag zum europäischen Einigungswerk leisten kann;

1.13

ist gleichwohl der Ansicht, dass noch näher untersucht werden muss, ob dies wirklich wünschenswert und durchführbar ist, und zu prüfen ist, ob diese Vorschläge dazu beitragen können, den politischen Einfluss der Regionalversammlungen zu verstärken;

1.14

betont, dass diese offene Phase des EU-weiten Nachdenkens über den Verfassungstext auf keinen Fall einem Verzicht oder einer Aufgabe dieser Forderungen gleichkommen sollte;

1.15

stellt fest, dass das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit im Anhang zum Vertrag über eine Verfassung für Europa ein erster, wichtiger Schritt in Richtung der faktischen Anerkennung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis ist. In diesem Protokoll ist vorgesehen, dass es den nationalen Parlamenten obliegt, gegebenenfalls die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen in den Belangen der Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu konsultieren;

1.16

stellt fest, dass alle Regionalversammlungen nach Maßgabe ihrer jeweiligen Befugnisse von den Mechanismen zur Anwendung und Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit betroffen sind;

1.17

weist darauf hin, dass die EU mit den Vorschlägen der Europäischen Kommission über das Regieren in Europa und dem Vertragsentwurf über eine Verfassung für Europa unbestreitbar in ein System des Regierens auf mehreren Ebenen eingetreten ist. Das bedeutet, dass die verschiedenen politischen Ebenen eine Beziehung unterhalten müssen, die auf einer horizontalen Partnerschaft fußt und dafür konzipiert ist, eine effiziente und integrierte Entscheidungsfindung sicherzustellen, und dass die Zuständigkeitsverteilung zwischen ihnen festgelegt werden muss, damit klar ist, wer wofür zuständig ist und auf welcher Ebene die politische Verantwortung liegt;

1.18

stellt fest, dass die Beteiligung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis innerhalb des Ausschusses die große Vielfalt der Regionen in der EU widerspiegelt und somit einen Pluspunkt darstellt. Auf diese Weise wird eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss der Regionen und den Regionalparlamenten mit Gesetzgebungsbefugnis möglich, um gemeinsam auf eine Stärkung der Demokratie in Europa auf regionaler Ebene hinzuwirken, einen besseren Beitrag zur Ausübung der durch den Verfassungsvertrag übertragenen neuen, einschlägigen Kompetenzen zu leisten und für eine korrekte Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Sorge zu tragen, und zwar in Absprache mit den regionalen Exekutivorganen;

1.19

ist der Ansicht, dass die Ratifizierung des Vertrags über eine Verfassung für Europa für die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis eine große Chance ist, ihre Rolle und Bedeutung im europäischen Einigungswerk ins rechte Licht zu rücken.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

wünscht, dass die Regionalparlamente, die Kommunalversammlungen und die lokalen Gebietskörperschaften gemäß den ihnen übertragenen Zuständigkeiten auf institutioneller Ebene proaktiv beteiligen und umfassend in die europäische Debatte und den Beschlussfassungsprozess der Gemeinschaft eingebunden werden, wobei sie ihre Verpflichtungen gegenüber den Bürgern wahrnehmen müssen, vor allem in der jetzigen Phase des Nachdenkens;

2.2

spricht sich dafür aus, dass die Regionalparlamente in die im Zusammenhang mit der Phase des Nachdenkens vom Europäischen Parlament geplanten parlamentarischen Foren eingebunden werden, um den europäischen Dialog zu fördern und die Verfassungskrise zu überwinden;

2.3

empfiehlt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, und zumal die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen, bei den Vorarbeiten zur Rechtsetzung, d.h. schon in der Phase der Konzertierung im Vorfeld der Rechtsetzung der Gemeinschaft, einbezogen und im Rahmen der Umsetzung des Frühwarnsystems angehört werden;

2.4

fordert die völlige Einbindung der Regionalparlamente in den Maßnahmenkatalog des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Plans D, sowohl im Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen, als auch der empfohlenen nationalen Debatten über die Zukunft Europas und die Erwartungen der Bürger;

2.5

beabsichtigt, die Zusammenarbeit und den Dialog mit den gesetzgebenden Regionalparlamenten zu intensivieren, um dieses Engagement zu optimieren;

2.6

stellt fest, dass er im Rahmen der Netzwerkarbeit mit regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie deren Verbänden Anregungen für Klagen gegen EU-Rechtsakte im Rahmen seiner noch festzulegenden internen Verfahren aufmerksam prüfen wird;

2.7

wird darum bemüht sein, dass die gesetzgebenden Regionalparlamente je nach den Befugnissen, die die Union ausübt, als Teil des Systems des nationalen Parlaments oder als Kammern des Nationalparlaments fungieren und sich im Hinblick auf eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips jeweils auch an ihr nationales Parlament wenden können;

2.8

fordert die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen und die Regionalversammlungen auf, ihren Beitrag zur regelmäßigen Aktualisierung der von ihm aufgestellten „Aufteilung/Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Europäischer Union, Mitgliedstaaten und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Verzeichnis der Zuständigkeiten“ (CdR 104/2004) zu leisten;

2.9

fordert, dass auf der Ebene der gesetzgebenden Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen erwogen wird, einen parlamentarischen Ausschuss einzurichten, dem die Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips obliegt und der folglich erster Ansprechpartner innerhalb des erwähnten Netzes wäre;

2.10

spricht sich dafür aus, dass in den Mitgliedstaaten, in denen es eine Aufteilung der Befugnisse zwischen nationaler und regionaler Ebene gibt, verbindliche interne Absprachen bezüglich des Verfahrens im Rahmen des Frühwarnsystems zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips getroffen werden, um zu gewährleisten, dass dieser Prozess klar und transparent ist. Der Ausschuss der Regionen schlägt vor, sich über diese Absprachen, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten getroffen werden, einen Überblick zu verschaffen;

2.11

empfiehlt, gleichzeitig mit der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips innerhalb der Mitgliedstaaten unter Beachtung der existierenden Verfassungsstrukturen interne Reformen durchzuführen, die die Einbeziehung der gesetzgebenden Regionalparlamente in die Mechanismen regeln, wie sie im Protokoll über die Anwendung und Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit befürwortet werden;

2.12

empfiehlt den Regionalparlamenten, die über grundlegende Kompetenzen verfügen, diese im Rahmen der europäischen Entscheidungsfindung einzusetzen, und zwar nicht nur auf Grundlage ihrer institutionellen Kapazität, sondern auch ihrer Steuerkraft;

2.13

fordert abschließend die Europäische Union dringend auf, sich dazu zu verpflichten, der regionalen Debatte in Europa mehr Nachdruck zu verleihen. Diese Debatte muss unbedingt in Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament, den nationalen Parlamenten, den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und zumal den Regionalparlamenten mit Gesetzgebungsbefugnissen geführt werden. Wie diese Zusammenarbeit konkret aussehen soll, wird Gegenstand weiterer Überlegungen sein müssen; auch muss ihr Mehrwert für die Demokratie in Europa klar erkennbar sein.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 1.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/35


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Leitlinien für die Anwendung und Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“

(2006/C 115/08)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 20. Juni 2004, gemäß Artikel 265 Absatz 5 des EG-Vertrags die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Erarbeitung einer Initiativstellungnahme zum Thema „Die Anwendung und Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ zu beauftragen;

gestützt auf den von den Staats- und Regierungschefs am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa, insbesondere auf die Bestimmungen des „Protokolls über die Anwendung des Subsidiaritäts- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips“ (im Folgenden Subsidiaritätsprotokoll) (CIG 87/04 rev. 1, CIG 87/04 Add. 1 rev. 1, CIG 87/04 Add. 2 rev. 1);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission: Durchführung des Aktionsrahmens „Aktualisierung und Vereinfachung des gemeinschaftlichen Acquis“ (KOM(2004) 432 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Revision des Vertrags über die Europäische Union“ (CdR 136/1995) und auf seine ergänzende Stellungnahme zu der „Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in der Europäischen Union“ (CdR 136/1995 Anhang);

gestützt auf seine Entschließung zu den „Ergebnissen der Regierungskonferenz“ (CdR 305/1997 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Für eine echte Subsidiaritätskultur! Ein Appell des Ausschusses der Regionen“ (CdR 302/1998 fin (1));

gestützt auf seine Stellungnahme „Eine bessere Rechtsetzung: gemeinsam Verantwortung übernehmen 1998“ (CdR 50/1999 fin (2));

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Umsetzung des EU-Rechts seitens der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften“ (CdR 51/1999 fin (3));

gestützt auf seine Stellungnahme zur Regierungskonferenz 2000 (CdR 53/1999 fin (4));

gestützt auf seine Entschließung zur nächsten Regierungskonferenz (CdR 54/1999 (5));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission an den Europäischen Rat mit dem Titel „Eine bessere Rechtsetzung 1999“ (CdR 18/2000 fin (6));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission „Bessere Rechtsetzung 2002“ und der Mitteilung der Kommission „Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire“ (CdR 62/2003 fin (7));

gestützt auf seine Stellungnahme „Bessere Rechtsetzung 2004“ und „Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union“ (CdR 121/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa (CdR 354/2003 fin);

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Die Phase des Nachdenkens: Struktur, Themen und Rahmen für eine Bewertung der Debatte über die Europäische Union“ (CdR 250/2005 fin);

gestützt auf den von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 4. Oktober 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 220/2004 rev. 3) (Berichterstatter: Herr Peter Straub, DE/EVP, Präsident des Landtags von Baden-Württemberg);

1)

in Erwägung dessen, dass bei der Fortentwicklung des Subsidiaritätsprinzips in den Verträgen, seine Vorschläge in den letzten Jahren schrittweise in die Verträge aufgenommen wurden;

2)

in Erwägung der Ergebnisse der ersten Konferenz zum Thema Subsidiarität, die auf seine Initiative hin am 27. Mai 2004 in Berlin stattfand;

3)

in Erwägung dessen, dass das Subsidiaritätsprinzip auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ausgedehnt wird (Artikel I-11) und damit der in der Verfassung verankerte Grundsatz der Achtung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung (Artikel I-5 Absatz 1) konkretisiert wird;

4)

in Erwägung dessen, dass die Europäische Kommission in der prälegislativen Phase zur breiten Konsultation der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften angehalten wird (Artikel 2 Subsidiaritätsprotokoll);

5)

in Erwägung dessen, dass ihm als institutionellen Sprachrohr der Regionen und Kommunen in der Union ein Klagerecht zur Wahrung seiner Rechte vor dem Europäischen Gerichtshof (Artikel III-365 Absatz 3) eingeräumt wird;

6)

in Erwägung dessen, dass er ein weiteres Klagerecht zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips erhält (Artikel III-365 und Artikel 8 Subsidiaritätsprotokoll);

7)

in Erwägung dessen, dass er zusammen mit den anderen Institutionen und den nationalen Parlamenten aufgerufen ist, den Jahresbericht der Europäischen Kommission über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung (Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit) zu behandeln (Artikel 9 Subsidiaritätsprotokoll);

8)

in Erwägung dessen, dass ein Frühwarnsystem zur politischen Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips geschaffen wird, das erstmals auch nationalen und regionalen Parlamenten eine Rolle im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union einräumt (Artikel 6 Subsidiaritätsprotokoll);

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

STANDPUNKTE UND ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

1.   Vorbemerkung zum Stand des Ratifizierungsverfahrens des Verfassungsvertrags

Der Ausschuss der Regionen

1.1

nimmt zur Kenntnis, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten den Verfassungsvertrag ratifiziert hat, während die Bevölkerung zweier Mitgliedstaaten den Verfassungsvertrag in einem Referendum abgelehnt hat;

1.2

begrüßt die vom Europäischen Rat am 16./17. Juni 2005 beschlossene „Denkpause“ im Ratifizierungsprozess und hält es für erforderlich, diese Phase zu nutzen, darüber nachzudenken, wie die Union ihre Politik stärker an den Erwartungen der Bürger ausrichten und die Kommunikation mit den Bürgern verbessern kann; betont, dass gerade die Vertreter der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die den Bürgern besonders nah sind, hierbei einen entscheidenden Beitrag auch in Form von Vorschlägen und Initiativen leisten können;

1.3

betont, wie wichtig die Beteiligung der lokalen und regionalen Ebene an der „Phase des Nachdenkens“ ist, und unterbreitet Empfehlungen für die Struktur der Debatte, die Themen und die Bewertung (CdR 250/2005);

1.4

betont, dass eine Ausrichtung der europäischen Politik an den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit und die Entwicklung einer Kultur der Subsidiarität entscheidend dazu beitragen können, das Vertrauen der Bürger in die europäische Zusammenarbeit zu stärken und die in den negativen Referenden zum Ausdruck gekommene Skepsis zu überwinden;

1.5

appelliert deshalb an die Organe und Institutionen der EU, insbesondere die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit und ihrer Kontrolle unabhängig von der Ratifizierung des Verfassungsvertrags — soweit rechtlich möglich — unverzüglich in die Praxis umzusetzen;

1.6

hält es in diesem Zusammenhang für unerlässlich, wie im neuen Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgesehen, der regionalen und lokalen Dimension der Europäischen Union dadurch stärker Rechnung zu tragen, dass vor Annahme eines jeden Rechtsaktes breit angelegte Konsultationen durchgeführt werden, und für jedes europäische Rahmengesetz ein „Subsidiaritätsbogen“ erstellt wird, in dem die Europäische Kommission eine Bewertung der Auswirkungen auf die zu erlassenden Rechtsvorschriften sowie der voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen des Rahmengesetzes für die regionalen und lokalen Behörden vornimmt (CdR 121/2005 — Ziffer 2.1.2).

2.   Politische Bewertung der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Verfassungsvertrag

Der Ausschuss der Regionen

2.1

gibt seiner großen Freude darüber Ausdruck, dass mit den verschiedenen Reformen der Verträge seit 1996 und dem am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Verfassungsvertrag nunmehr nahezu alle während der letzten 10 Jahre vom ihm erhobenen Forderungen bezüglich des Subsidiaritätsprinzips erfüllt wurden, insbesondere im Rahmen der Arbeiten des Verfassungskonventes; dies zeugt von seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem Einfluss im europäischen Rechtsetzungsprozess;

2.2

begrüßt die neue Definition des Subsidiaritätsprinzips und seine Beteiligung an der Ex-post-Überwachung seiner Einhaltung; auch anerkennt er, dass er zusammen mit anderen Institutionen und den nationalen Parlamenten den Bericht der Kommission über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung (Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit — Artikel 9) erhalten wird (CdR 354/2003 Ziffer 1.12);

2.3

betont, dass der Ausschuss durch die Änderungen des Verfassungsvertrags neben seiner bisherigen bloßen Beratungsfunktion der legislativen Organe der Europäischen Union eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips erhält; seine institutionelle Rolle in der Union wird damit gestärkt;

2.4

wird alle Anstrengungen unternehmen, um sich auf die Erfüllung dieser neuen Aufgabe vorzubereiten und um mit den betroffenen Institutionen und den zu vertretenden regionalen und lokalen Gebietskörperschaften noch enger als bisher zusammenzuarbeiten;

2.5

betont, dass die ernsthafte Anwendung des reformierten Subsidiaritätsprinzips, d.h. die stärkere Einbeziehung regionaler und lokaler Akteure, ein Schlüsselelement werden kann, um die Politiken und Maßnahmen der Gemeinschaftsinstitutionen konkreter zu gestalten; dies deshalb, weil Regionen und lokale Gebietskörperschaften aufgrund ihrer besonderen Bürgernähe die von ihrer Ebene kommenden Vorschläge und Hinweise betreffend die konkreten Erfordernisse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung an die Gemeinschaftsinstitutionen weitergeben können. Außerdem können die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu beitragen, die Bürger vom europäischen Ideal zu überzeugen;

2.6

begrüßt das von Kommissionspräsident Barroso während der Plenarversammlung vom 24. Februar 2005 gemachte Angebot einer Verstärkung der politischen Partnerschaft mit der EU-Kommission und der Fortentwicklung des Kooperationsabkommens aus dem Jahr 2001; erinnert an seine Erwartung eines echten Dialog mit der Kommission, der auf Schlüsselthemen ausgeweitet werden sollte (CdR 354/2003 Ziffer 1.18);

2.7

begrüßt, dass im Verfassungsvertrag zum ersten Mal, wie vom ihm wiederholt gefordert (8), klare Kompetenzkategorien (ausschließliche, geteilte, ergänzende Kompetenzen, Artikel I-12) eingeführt und genauere Kompetenzabgrenzungen zwischen der Union, den Mitgliedstaaten und deren regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vorgenommen werden (Artikel I-13 bis I-18);

2.8

erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass das Hauptziel des Subsidiaritätsprinzips als dynamisches politisches Prinzip, mit dem die Ausübung der zwischen den Institutionen und den am öffentlichen Leben der Union teilnehmenden Organen geteilten Zuständigkeiten angepasst werden kann, darin besteht, sicherzustellen, dass die Entscheidungen in Europa auf jener Ebene getroffen werden, auf der die beste Wirkung bei größtmöglicher Bürgernähe erreicht werden kann;

2.9

stellt fest, dass das Subsidiaritätsprinzip ein dynamischer Grundsatz ist, der in dem einen Bereich zu „mehr“, in dem anderen zu „weniger Europa“ führen kann (CdR 302/1998 Ziffer 1.1.5);

2.10

betont, dass die Europäische Union sowohl Harmonisierung als auch Erhaltung der gewachsenen Vielfalt benötigt und setzt sich für ein Europa ein, in dem die Vielfalt und die Identitäten seiner Völker ihre Kraft entfalten können, um einen fruchtbringenden Wettbewerb zu fördern, ohne der Solidarität und dem Zusammenhalt in der Union Abbruch zu tun (9);

2.11

weist deshalb die Europäische Kommission darauf hin, dass die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips insbesondere bedeutet, pro-aktiv zu prüfen, ob überhaupt eine Gesetzgebungsinitiative Europas notwendig ist;

2.12

betont, dass gemäß Ziffer 1 des dem Verfassungsvertrag angeschlossenen „Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ alle europäischen Organe zur Einhaltung der Grundsätze verpflichtet sind und diese während des gesamten Gesetzgebungsprozesses, also auch in den Beratungen im Europäischen Parlament und im Ministerrat, umzusetzen sind; es ist daher von großer Bedeutung, dass er angesichts seiner neuen Kompetenzen die Mittel erhält bzw. entwickelt, die Einhaltung insbesondere des Subsidiaritätsprinzips während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens zu verfolgen und gegebenenfalls den EuGH zu befassen;

2.13

weist mit Befriedigung darauf hin, dass durch die Einbeziehung der lokalen Ebene in das Subsidiaritätsprinzip klargestellt wurde, dass es bei diesem Prinzip nicht nur um die Achtung der legislativen Rechte der nationalen und regionalen Ebene geht, sondern die Europäische Union auch die Wahrung der Vorrechte von Städten, Kommunen und Regionen im Rahmen der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zu gewährleisten hat;

2.14

bedauert hingegen, dass die im Subsidiaritätsprotokoll des Vertrags von Amsterdam enthaltenen Kriterien zur Prüfung der Vereinbarkeit eines Gesetzgebungsvorschlags der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip im neuen Subsidiaritätsprotokoll nicht vollständig übernommen wurden; und regt an, dass die Europäische Kommission künftig im Rahmen der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips insbesondere auch deutlich macht, ob,

der betreffende Bereich transnationale Aspekte aufweist, die durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder deren regionaler und lokaler Gebietskörperschaften nicht ausreichend geregelt werden können,

alleinige Maßnahmen der Mitgliedstaaten bzw. deren regionaler und lokaler Gebietskörperschaften oder das Fehlen von Gemeinschaftsmaßnahmen gegen die Anforderung des Vertrags verstoßen würden oder auf sonstige Weise die Interessen der Mitgliedstaaten oder deren regionaler und lokaler Gebietskörperschaften erheblich beeinträchtigen würden,

Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkung im Vergleich zu Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder deren regionaler und lokaler Gebietskörperschaften deutliche Vorteile mit sich bringen würden;

2.15

ist der Auffassung, dass bei der Prüfung der Subsidiarität berücksichtigt werden sollte, inwieweit durch Maßnahmen der Union wirtschaftliche Skalenerträge und ein Mehrwert durch grenzüberschreitende und transnationale Wirkungen erzielt werden kann;

2.16

betont, dass in Fällen, in denen europäische Gesetzgebung aufgrund des Subsidiaritätsprinzips notwendig ist, diese so zu konzipieren ist, dass der Spielraum für nationale, regionale und kommunale Entscheidungen so groß wie möglich bleibt, und dass die europäische Regelungsdichte noch stärker als bisher auf das zur Erreichung der Vertragsziele unbedingt notwendige Maß beschränkt werden (Verhältnismäßigkeitsprinzips) muss; im Interesse insbesondere der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, dürfen Bürger und Wirtschaft nicht mit unnötiger Bürokratie belastet werden; begrüßt deshalb auch die Maßnahmen der Europäischen Kommission zur Aktualisierung und Vereinfachung des Gemeinschaftlichen Acquis, die intensiviert werden müssen;

2.17

bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Bestimmungen über das Verhältnismäßigkeitsprinzip weniger umfassend und klar sind als jene über die Subsidiarität; dies um so mehr, als die Verfassung die Autonomie der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung anerkennt (Artikel I-5 und Teil II Präambel) und die lokalen und regionalen Einheiten für die Umsetzung von mehr als 70 % der EU-Rechtsakte zuständig sind;

2.18

weist in diesem Zusammenhang auf die bestehende Rechtsprechung des EuGH (10) hin, dass bereits bei der Beurteilung der Vereinbarkeit eines Gesetzgebungsvorhabens mit dem Subsidiaritätsprinzip Aspekte der Verhältnismäßigkeit miteinbezogen werden müssen und dass die beiden Prinzipien nicht völlig voneinander getrennt werden können;

2.19

stellt im Hinblick auf die Klagebefugnis in Subsidiaritätsfragen klar, dass es ihm vor allem um einen wirkungsvollen Beitrag der regionalen und lokalen Ebene zur besseren Anwendung des Subsidiaritätsprinzips geht, von der Konzipierung von Gesetzesvorschlägen durch die Europäische Kommission bis zu ihrer Verabschiedung durch das Europäische Parlament und den Ministerrat;

2.20

ruft deshalb die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Ministerrat und die nationalen und regionalen Parlamente auf, eine echte Subsidiaritätskultur in der Union zu schaffen und gemeinsam daran zu arbeiten, das Prinzip fest im Bewusstsein der politisch Verantwortlichen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu verankern sowie einen nachhaltigen Dialog über konkrete Maßnahmen zur Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu führen;

2.21

erinnert diesbezüglich an den engen Zusammenhang zwischen der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips und den Prinzipien des guten Regierens in Europa. Diese Prinzipien bewirken eine Stärkung der demokratischen Legitimation und Transparenz der Union, und durch den Verfassungsvertrag wird eine begrüßenswerte Ausweitung der prälegislativen Konsultationen zwischen der Europäischen Kommission und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eingeführt (Artikel 2 des Subsidiaritätsprotokolls), die zu einem wirklichen Meinungsaustausch führen sollte;

2.22

lädt die nationalen Parlamente, die ebenso wie er ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof erhalten haben, ein, in einen ständigen Dialog mit ihm zu treten, um gemeinsame Strategien zur effizienten Anwendung des Subsidiaritätsprotokolls zu entwickeln, und auf nationaler Ebene die Vertreter der lokalen und regionalen Ebene anzuhören und insbesondere die im Verfassungsvertrag vorgesehene Konsultation der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis effizient und transparent umzusetzen;

2.23

lädt die regionalen Parlamente ein, sich auch weiterhin mit ihm zu koordinieren und interne Maßnahmen umzusetzen, die eine rasche Beschlussfassung und einen wirkungsvollen Informationsaustausch zu Subsidiaritätsfragen im Rahmen des Frühwarnsystems ermöglichen.

3.   Die Rolle des Ausschusses der Regionen bei der Kontrolle der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit von der prälegislativen Phase bis zur Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

a)   Prälegislative Phase

Der Ausschuss der Regionen

3.1

betont, dass die Planungsphase eines Rechtsaktes ihm und den Gebietskörperschaften die meisten Möglichkeiten bietet, die lokale und regionale Dimension wirksam einzubringen und weist darauf hin, dass seine frühzeitige Beteiligung und die Berücksichtigung seiner Positionen die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips überflüssig machen könnte;

3.2

begrüßt, dass die Europäische Kommission vor der Unterbreitung von Legislativvorschlägen zuvor deren finanzielle und administrative Auswirkungen prüfen muss, und erwartet, dass im Subsidiaritätsbogen auch die Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beschrieben werden müssen, da sehr häufig diese Regierungs- und Verwaltungsebene für die Regelung, Umsetzung und Durchführung neuer EU-Initiativen zuständig ist; er ersucht das Europäische Parlament, die Auswirkungen seiner Abänderungen zu Legislativvorschlägen in ähnlicher Weise zu berücksichtigen (CdR 354/2003 Ziffer 1.21);

3.3

betont, dass die Kommission so weit wie möglich von der Rahmengesetzgebung Gebrauch machen und damit den nationalen, regionalen und lokalen Behörden die Wahl der am besten geeigneten Formen und Methoden zur Verwirklichung der angestrebten Ziele überlassen sollte;

3.4

regt an, dass die Europäische Kommission bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß Artikel 2 des Subsidiaritätsprotokolls Subsidiaritätsbögen mit fundierten Angaben zu den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sowie zur Folgenabschätzung vorlegt;

3.5

erwartet, dass ihn die Europäische Kommission regelmäßig am prälegislativen Konsultationsprozess gemäß Artikel 2 des Subsidiaritätsprotokolls beteiligt;

3.6

erwartet, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, im Rahmen der jährlichen Berichterstattung der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Rat über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips seinen Beitrag zu leisten; insbesondere ist seine Stellungnahme zum Jahresbericht der Europäischen Kommission über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung (Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit) dem Bericht der Kommission beizufügen;

3.7

schlägt vor, zur Fortentwicklung einer Kultur der Subsidiarität in der Europäischen Union jährlich eine Subsidiaritätskonferenz mit Beteiligung der Europäischen Kommission, dem Ministerrat, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Gerichtshof sowie den nationalen Parlamenten und den regionalen Versammlungen durchzuführen, auf der die Fortschritte, Hemmnisse und Entwicklungen bei der Anwendung des Subsidiaritäts- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips diskutiert und bewertet werden sollen;

3.8

ist der Überzeugung, dass seine Möglichkeiten, im prälegislativen Verfahren mitzuwirken, weiter ausgebaut werden müssen, und lädt daher die Europäische Kommission ein, bei der im Jahr 2005 anstehenden Überarbeitung der Kooperationsvereinbarung den Fragen der Kooperation im Rahmen der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und seiner neuen Rolle besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

b)   Gesetzgebungsverfahren

Der Ausschuss der Regionen

3.9

betont, dass er aufgrund seiner bereits bestehenden beratenden Funktion das Recht hat, die Vereinbarkeit einer EU-Gesetzesvorlage mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu prüfen und seinen Standpunkt den europäischen Institutionen und den nationalen Parlamenten zu übermitteln;

3.10

ist der Auffassung, dass sich der AdR bei seiner Bewertung der Modalitäten zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips nicht etwa auf die 10 Bereiche der obligatorischen Befassung beschränken sollte, sondern in der Lage sein sollte, „sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“;

3.11

ist sich bewusst, dass das Klagerecht zur Wahrung seiner Rechte zu seiner politischen Stärkung führen wird;

3.12

weist darauf hin, dass er bei Rügen wegen Nichteinhaltung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips — anders als die nationalen Parlamente — nicht an eine Frist im Rahmen des Frühwarnsystems gebunden ist;

3.13

beschließt daher, angesichts der einzuhaltenden Fristen im Frühwarnsystem und bei der Klageerhebung des AdR dem Präsidium die Befugnis zu übertragen, von der Kommission vorgelegte Gesetzesvorschläge, zu denen er angehört werden muss, auf die Vereinbarkeit mit den Prinzipen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu prüfen und es außerdem mit der Aufgabe zu betrauen, den europäischen Institutionen und nationalen Parlamenten seinen Standpunkt zuzuleiten; die Einzelheiten der Vorgehensweise des Präsidiums müssen im Rahmen einer Revision der Geschäftsordnung des AdR festgelegt werden;

3.14

betont, dass während des gesamten Gesetzgebungsprozesses die Wahrung der inhaltlichen Aussage der Stellungnahme zu allen Gesetzesvorhaben auch weiterhin in der Zuständigkeit der Fachkommissionen und ihrer Berichterstatter verbleibt;

3.15

weist jedoch auf die Notwendigkeit hin, für seine Evaluierung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit während des gesamten Gesetzgebungsprozesses ein Follow-up sicherzustellen; insbesondere wird von den Berichterstattern darauf zu achten sein, ob durch die Beratungen im Parlament und im Ministerrat Änderungen im Text vorgenommen werden, die den Vorschlag unvereinbar mit dem Subsidiaritäts- oder Verhältnismäßigkeitsprinzip werden lassen. Hierüber ist gegebenenfalls der Ausschuss (das Präsidium) in Kenntnis zu setzen;

3.16

lädt deshalb den Ministerrat und das Europäische Parlament angesichts seiner im Verfassungsvertrag vorgesehenen künftigen Verpflichtung, ihn in den Fällen obligatorischer Befassung zu hören (Artikel III-388) sowie angesichts seiner neuen Kompetenzen bei der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips ein, die Möglichkeit zu prüfen, Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen aufzunehmen; darin sollten im Hinblick auf seine Subsidiaritätskompetenz insbesondere die Modalitäten der Befassung des AdR bzw. der Informationsfluss zwischen ihm und dem Parlament bzw. dem Ministerrat im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens festgelegt werden;

3.17

hat die Absicht, bereits vor Inkrafttreten des Europäischen Verfassungsvertrags in einer Testphase im Rahmen des geltenden Rechts von den Instrumenten zur Subsidiaritätsprüfung, insbesondere dem Aufbau eines elektronischen Netzwerks mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und ihren Verbänden, Gebrauch zu machen.

c)   Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Der Ausschuss der Regionen

3.18

stellt fest, dass der Europäische Gerichtshof bislang die Prüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips sehr restriktiv handhabt. Der Gerichtshof prüft im Wesentlichen, ob die Organe ihrer Pflicht nachgekommen sind, sich zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu äußern. Dagegen bezieht sich die Untersuchung des Europäischen Gerichtshofs nicht auf materiellrechtliche Fragen, es sei denn, eine offensichtliche Verletzung liegt vor. Nachdem das Subsidiaritätsprinzip und seine Kontrolle durch den Verfassungsvertrag erheblich an Bedeutung gewonnen haben, bleibt abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof seine Prüfung intensivieren wird;

3.19

stellt fest, dass er nach Artikel III-365 spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten von Rechtsakten Klage wegen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip einzureichen hat;

3.20

begrüßt, dass er mit dem Klagerecht zur Wahrung seiner Rechte wie auch zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips bei Legislativakten, zu denen er obligatorisch zu hören ist, eine neue gerichtliche Legitimation gewinnt;

3.21

ist der Auffassung, dass er den Europäischen Gerichtshof auch dann wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips anrufen kann, wenn er keine kritische Stellungnahme zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, sondern nur im Rahmen seiner beratenden Funktion eine Stellungnahme aufgrund einer obligatorischen oder fakultativen Befassung verabschiedet hat;

3.22

ist entschlossen, das Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof als ultima ratio einzusetzen, das nur zur Anwendung kommt, wenn alle anderen Einflussmöglichkeiten erschöpft sind;

3.23

beschließt, dass grundsätzlich das Präsidium über die Einreichung von Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip entscheidet. Wenn es mit den vorgesehenen Fristen zu vereinbaren ist, entscheidet die Plenarversammlung auf Vorschlag des Präsidiums; die Plenarversammlung behält sich aber aufgrund der Bedeutung der Klageerhebung für den Ausschuss jederzeit das Recht vor, die Entscheidung des Präsidiums zu revidieren. Wie dies im Einzelnen zu geschehen hat, muss noch im Rahmen einer Revision der Geschäftsordnung des AdR festgelegt werden;

3.24

stellt fest, dass er im Rahmen der Netzwerkarbeit mit regionalen, lokalen Gebietskörperschaften und deren Verbänden Anregungen für Klagen gegen EU-Rechtsakte im Rahmen seiner noch festzulegenden internen Verfahren aufmerksam prüfen wird.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 198 vom 14.7.1999, S. 73.

(2)  ABl. C 374 vom 23.12.1999, S. 11.

(3)  ABl. C 374 vom 23.12.1999, S. 25.

(4)  ABl. C 156 vom 6.6.2000, S. 6.

(5)  ABl. C 293 vom 13.10.1999, S. 74.

(6)  ABl. C 226 vom 8.8.2000, S. 60.

(7)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 38.

(8)  Stellungnahme zum Thema „Eine bessere Aufteilung und Festlegung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union“ (CdR 119/2002 fin).

(9)  CdR 308/1998.

(10)  (C 491/01).


ANHANG

ENTWURF EINER SCHEMATISCHEN SUBSIDIARITÄTSANALYSE (1)

1.   Referenz des Dokuments der Europäischen Kommission

2.   Rechtsgrundlage

3.   Begründung und Ziel der Maßnahmen:

Fällt die Maßnahme in einen Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Gemeinschaft oder in einen Bereich der mit den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit?

Entsprechen die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme den Pflichten der Union?

Bringt die auf Gemeinschaftsebene ergriffene Maßnahme einen Mehrwert?

Ist nachgewiesen worden, dass die einzelstaatlichen Maßnahmen potenziell unzureichend wären?

Hätte das Ziel der in Betracht gezogenen Maßnahme in ausreichendem Maße auf lokaler oder regionaler Ebene erreicht werden können?

4.   Lokale und regionale Dimension:

Wurde der lokalen und regionalen Dimension der in Betracht gezogenen Maßnahme Rechnung getragen?

Welche potenziellen Auswirkungen bestehen im Hinblick auf die Regulierung auf lokaler und regionaler Ebene?

5.   Wahl der Instrumente:

Ist das vorgeschlagene Instrument (Richtlinie, Verordnung u.a.) das geeignetste?

6.   Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften:

Entspricht die vorgeschlagene Maßnahme sowohl auf der gemeinschaftlichen als auch auf der einzelstaatlichen Ebene den Kriterien zur Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften?

Welche Vorzüge bzw. Zwänge bringt die vorgeschlagene Maßnahme in Bezug auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften?

7.   Finanzielle Bewertung:

Bewertung des dem Vorschlag der Europäischen Kommission beigefügten Finanzbogens.

Bewertung der Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Finanzen.

8.   Externe Konsultation:

Wurde beim Konsultationsprozess die lokale und regionale Dimension der in Betracht gezogenen Maßnahmen berücksichtigt?

War die Initiative der Europäischen Kommission Gegenstand einer Konsultation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften? War diese Konsultation sachdienlich?

9.   Folgenabschätzung:

Wurde zu der Initiative der Europäischen Kommission eine Folgenabschätzung vorgenommen?

Wurden die territorialen Auswirkungen berücksichtigt?

10.   Verhältnismäßigkeit:

Ist die Regelung geeignet, erforderlich und angemessen?

Sind Rechtsform, Regelungsumfang und Regelungsdichte angemessen?

Sind die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand angemessen?


(1)  Dieser Entwurf wurde im Rahmen der Maßnahme B32 der AdR-Verwaltungsreform erarbeitet. Ziel dieser Maßnahme ist es, schrittweise eine Bewertung der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in verwaltungstechnischer und finanzieller Hinsicht in den in Artikel 51 der Geschäftsordnung festgelegten Aufbau der AdR-Stellungnahmen aufzunehmen. Auf der Grundlage einiger Versuchsstellungnahmen wird diese schematische Subsidiaritätsanalyse derzeit auf ihre Funktionalität hin geprüft und dürfte im Laufe des Jahres 2005 allgemein angewandt werden. Sie wird durch eine im Hauptteil der Stellungnahme enthaltene politische Analyse ergänzt und mit Durchführungsbestimmungen versehen.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/42


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Dezentralisierte Zusammenarbeit bei der Reform der Entwicklungspolitik der EU“

(2006/C 115/09)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf den Beschluss seines Präsidiums vom 5. Juli 2005, die Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Erarbeitung einer Initiativstellungnahme gemäß Artikel 265 Absatz 5 des EG-Vertrags zum Thema „Dezentralisierte Zusammenarbeit bei der Reform der Entwicklungspolitik der EU“ zu beauftragen;

gestützt auf „Die Strategie der Außenbeziehungen des Ausschusses der Regionen: Leitlinien“ (DI CdR 8/2005), deren Übermittlung an das Präsidium von der Fachkommission Außenbeziehungen am 30. Juni 2005 beschlossen wurde;

gestützt auf das Arbeitsprogramm der Fachkommission RELEX (CdR 62/2005 Punkt 8 Anlage 6), das in der Präsidiumssitzung am 12. April 2005 angenommen wurde, insbesondere Ziffer 1.3;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 23. Februar 2005 zu der Mitteilung der Kommission über „Die soziale Dimension der Globalisierung“ (CdR 328/2004 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 9. Oktober 2003 zu der Mitteilung der Kommission „Handel und EntwicklungUnterstützung der Entwicklungsländer bei der Nutzung der Vorteile des Handels“ (CdR 100/2003 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 3. Juli 2003 zum Thema „Die Auswirkungen der Verhandlungen über das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) im Rahmen der WTO auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“ (CdR 103/2003 fin) (3);

gestützt auf die Artikel 177 bis 181 des EG-Vertrags;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 23./24. Mai 2005, in denen insbesondere die Mitteilungen der Kommission vom 12. April 2005 gebilligt wurden;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Beschleunigte Verwirklichung der entwicklungspolitischen Millenniumsziele: Der Beitrag der Europäischen Union“, KOM(2005) 132 endg. vom 12. April 2005;

gestützt auf die Ergebnisse der Konsultation über die Zukunft der EU-Entwicklungspolitik, die die Kommission am 7. Januar 2005 begonnen hat;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005 (10255/05), insbesondere Punkt IV;

gestützt auf die geänderte Fassung des Cotonou-Abkommens, die am 25. Juni 2005 unterzeichnet wurde;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission: Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union‚Der Europäische Konsens‘“, KOM(2005) 311 endg. vom 13. Juli 2005;

gestützt auf den am 21. März 2005 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen vorgelegten Bericht über den Stand und die Aussichten der Verwirklichung der im September 2005 auf dem Gipfel in New York erörterten Millenniums-Entwicklungsziele;

gestützt auf den am 15. September 2005 von der Fachkommission für Außenbeziehungen angenommenen Stellungnahmenentwurf (CdR 224/2005) (Berichterstatterin: Frau Juliette Soulabaille, Bürgermeisterin von Corps-Nuds, FR/SPE);

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Der Ausschuss der Regionen muss sich zum institutionellen Fürsprecher für die besondere Bedeutung der Projekte der dezentralisierten Zusammenarbeit machen, die von den europäischen Gebietskörperschaften im Bereich Entwicklung getragen werden;

2)

für den bedarfsgerechten Einsatz und die Wirksamkeit der Maßnahmen der EU bei der Verwirklichung der weltweiten Ziele im Kampf gegen die Armut muss der spezifische Beitrag der Akteure berücksichtigt werden, die aufgrund ihrer spezifischen Funktion Erfahrung mit der Entwicklung und Gestaltung von Demokratie haben, die den Bedürfnissen und Erwartungen der Bevölkerung Rechnung trägt;

3)

die Kommission hat dem Ausschuss den „Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission: Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union — ‚Der europäische Konsens‘“, KOM(2005) 311 endg., übermittelt;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.1   Zur EU-Entwicklungspolitik

Der Ausschuss der Regionen

1.1.1

erinnert daran, dass die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft in den Artikeln 177 bis 181 des EG-Vertrags geregelt ist und einen der Hauptbestandteile des außenpolitischen Handelns der Europäischen Union darstellt;

1.1.2

stimmt der im November 2000 beschlossenen Reform der EU-Entwicklungspolitik zu, deren Hauptziel im Kampf gegen die Armut in der Welt besteht. Mit der Reform, die im Geiste der Partnerschaft mit den Empfängerländern zustande kam, bekräftigt die EU ihren Einsatz für Demokratie und Menschenrechte. Der Ausschuss der Regionen hebt die Bedeutung der UN-Millenniumsziele und der von ihnen bezweckten Armutsbekämpfung hervor. Der Ausschuss unterstreicht, dass diese ehrgeizigen Ziele nicht ohne die aktive Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erreicht werden können. Dies sollte klar hervorgehen und ihnen sollte eine wichtige Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit zuerkannt werden;

1.1.3

würdigt die Maßnahmen, die die Öffentlichkeitswirksamkeit und die Effektivität der EU-Hilfe erhöhen und die Umsetzung dieser Hilfe in den Empfängerländern verbessern sollen (die Ausarbeitung wirklicher, mehrjähriger Entwicklungsstrategien; die Einrichtung des Amtes für Zusammenarbeit (EuropeAid); die bereits durchgeführte Verlagerung der Zuständigkeit für die EU-Programme auf die Kommissionsdelegationen);

1.1.4

stellt fest, dass die Entwicklungspolitik der Europäischen Union sich heute auf 151 Länder und Gebiete einer internationalen Liste erstreckt und ihren Ausdruck in zahlreichen geographischen und thematischen Programmen bzw. — bei den AKP-Staaten — im Cotonou-Abkommen findet;

1.1.5

bedauert, dass die Kommission in ihrer Absicht, die Umsetzung ihrer Entwicklungsprogramme durch die Bevölkerung der betroffenen Länder zu fördern, in ihrer Mitteilung aus dem Jahr 2002 über die Mitwirkung der regierungsunabhängigen Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit der EG  (4) im Wesentlichen auf die Organisationen der Zivilgesellschaft eingegangen ist, ohne den Beitrag der Gebietskörperschaften zu berücksichtigen;

1.1.6

begrüßt folglich die Abkehr von diesem Ansatz durch die kürzlich im Rahmen der Halbzeitbewertung erfolgte Änderung des Cotonou-Abkommens (5), und besonders durch die Ausweitung der in Artikel 4 aufgeführten und bisher auf die nichtstaatlichen Akteure beschränkten Bestimmungen auf die „dezentralen örtlichen Behörden“.

1.2   Zum Stellenwert der dezentralisierten Zusammenarbeit

Der Ausschuss der Regionen

1.2.1

versteht unter „dezentralisierter Zusammenarbeit“ die internationale Zusammenarbeit der europäischen Gebietskörperschaften (gemäß der jeweiligen Definition in der Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedstaaten) unter der Leitung ihrer demokratisch gewählten Exekutive und unter Mobilisierung der maßgeblichen Kräfte ihres Gebietes, die sich sowohl von der staatlichen Zentralgewalt als auch von der Zivilgesellschaft unterscheiden;

1.2.2

bedauert, dass der Beitrag der europäischen Gebietskörperschaften zur europäischen Entwicklungspolitik sowie zu anderen Bereichen der Außenhilfe nach wie vor weitestgehend verkannt wird;

1.2.3

stellt fest, dass diese Fehleinschätzung sich insbesondere darin ausdrückt, dass in verschiedenen Programmen aus dem Bereich der Entwicklungspolitik die Stellung der lokalen Gebietskörperschaften unterschiedlich definiert ist. So kommt es, dass

a)

ihnen in einigen Programmen, wie URB-AL und Asia-Urbs (künftig Teil von Asia Pro Eco II), eine besondere Stellung eingeräumt wird;

b)

in der Mitteilung der Kommission von 2002 über die „Mitwirkung der regierungsunabhängigen Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit der EG“ sowie in dem im Juni 2000 unterzeichneten Cotonou-Abkommen die „örtliche Verwaltung“ unter den staatlichen Akteuren, die von den regierungsunabhängigen Akteuren unterschieden werden, aufgelistet wird, während

c)

dieselben „lokalen (auch kommunalen) Behörden“ in der Verordnung über die Haushaltslinie „Dezentralisierte Zusammenarbeit“ in einer langen Aufzählung von Akteuren aus den Reihen der Zivilgesellschaft genannt werden;

1.2.4

wünscht, dass bei der Berücksichtigung von Akteuren im Bereich Entwicklung, bei denen es sich nicht um Regierungen handelt, für ein stärkeres Gleichgewicht zwischen den verschiedenen, als „regierungsunabhängige Akteure“ bezeichneten Organisationsformen der Zivilgesellschaft und den Gebietskörperschaften gesorgt wird. Dieser Wunsch ist keineswegs mit den Partnerschaften unvereinbar, die häufig zwischen den Gebietskörperschaften und den regierungsunabhängigen Akteuren zum Zwecke der dezentralisierten Zusammenarbeit vereinbart werden.

1.3   Zu den lokalen Gebietskörperschaften in ihrer Eigenschaft als Akteure der Entwicklungspolitik

Der Ausschuss der Regionen

1.3.1

betont, dass die lokalen Gebietskörperschaften Europas im Rahmen der nationalen Bestimmungen der Mitgliedstaaten seit vielen Jahren mit ihren Pendants aus Nicht-EU-Staaten, und insbesondere aus Entwicklungsländern, zusammenarbeiten;

1.3.2

stellt fest, dass die Mitgliedstaaten den Gebietskörperschaften, unabhängig davon, über wie viel Eigenständigkeit diese verfügen, häufig auf unterschiedlichen Wegen Unterstützung zuteil werden lassen, um die Effektivität der dezentralisierten Zusammenarbeit zu erhöhen und ihr Zusammenspiel mit der Entwicklungszusammenarbeit auf staatlicher Ebene zu fördern. Auf diese Weise erkennen sie den ergänzenden Beitrag der Gebietskörperschaften an;

1.3.3

weist darauf hin, dass die Gebietskörperschaften zur dezentralisierten Zusammenarbeit das Wissen und die Erfahrung beitragen, die sie bei der Wahrnehmung ihrer verschiedenen Zuständigkeiten gewonnen haben. Dies gilt für Dienstleistungen für die Bevölkerung im Gesundheits- und Bildungswesen, kommunale Aufgaben (Wasserversorgung, Müllabfuhr) und die wirtschaftliche Entwicklung eines Gebietes, u.a. über den Handel, umfasst aber auch institutionelle Unterstützung für die Lokalverwaltung, Erfahrungen mit der lokalen und regionalen Demokratie und funktionierenden demokratischen Institutionen sowie die Nutzung des Natur- und Kulturerbes, ganz zu schweigen von der Rolle, die die Gebietskörperschaften bei der Wahrung des Friedens spielen können („Diplomatie der Städte“). Ihr Beitrag ist daher besonders wertvoll, weil dadurch den „lokalen, dezentralisierten Behörden“ in den Entwicklungsländern geholfen wird, besser mit der Verantwortung umzugehen, die ihnen durch die Dezentralisierung zufällt;

1.3.4

unterstreicht gleichzeitig, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Bezug auf Sensibilisierungsmaßnahmen eine besonders geeignete Ebene sind, um die Aufmerksamkeit der Bürger Europas auf die Problematik der Entwicklungshilfe zu lenken und sie diesbezüglich zum Handeln zu ermuntern;

1.3.5

räumt ein, dass die Vielfalt der einzelstaatlichen Instrumente und die Vielzahl der Bereiche, in denen eine Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften stattfindet, die besonderen Merkmale der einzelnen Gebietskörperschaften und der unterschiedliche Umfang an personellen und finanziellen Mitteln, die sie für die dezentralisierte Zusammenarbeit zur Verfügung stellen, derzeit noch ein buntes und gleichzeitig komplexes Bild ergeben;

1.3.6

ist der Auffassung, dass die Nachvollziehbarkeit ein wesentlicher Faktor für die Anerkennung des Beitrags der Gebietskörperschaften zur Bekämpfung der Armut und zur Verwirklichung der Demokratie ist, da sie es erlaubt, die dezentralisierte Zusammenarbeit nicht mehr nur einfach als Vervielfachung von Maßnahmen und Programmen, sondern als lokale Dimension einer globalen Strategie zugunsten der Entwicklung auf Landes- bzw. Regionalebene anzusehen;

1.3.7

begrüßt die Initiativen, die die lokalen Gebietskörperschaften sowohl in Europa als auch in den Entwicklungsländern ergriffen haben, um ihre Zusammenarbeit thematisch oder geographisch zu strukturieren;

1.3.8

begrüßt die Schaffung des weltweiten Dachverbands „Vereinigte Städte und lokale Gebietskörperschaften (CGLU)“ im Jahr 2004, der von den Vereinten Nationen mittlerweile als Gesprächspartner anerkannt wird und auf Werte wie Frieden, lokale Autonomie und Solidarität gegründet ist. Anliegen des Verbandes, zu dem sich die Gebietskörperschaften aus allen Regionen der Welt zusammengeschlossen haben, ist die Problematik der internationalen Zusammenarbeit.

1.4   Zu dem Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission: Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union — „Der europäische Konsens“, KOM(2005) 311 endg.

Der Ausschuss der Regionen

1.4.1

dankt der Kommission für die Übermittlung ihres Vorschlages für eine gemeinsame Erklärung, der von großer politischer Bedeutung ist;

1.4.2

freut sich über diese Übermittlung, da allein dadurch schon die lokalen Gebietskörperschaften als Akteure der europäischen Entwicklungspolitik anerkannt werden;

1.4.3

teilt die allgemeine Sichtweise des Dokuments, in dem gefordert wird, dass „die Globalisierung eine positive Kraft für die gesamte Menschheit“ darstellen müsse. Dieses Postulat hat der Ausschuss der Regionen in einer seiner früheren Stellungnahmen selbst aufgestellt; (6)

1.4.4

anerkennt den Willen, die Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich Entwicklung durch die Festsetzung eines „thematischen Rahmens“ noch kohärenter zu machen. Dieser soll als Wegweiser für die (besonders im Zusammenhang mit dem internationalen Handel und der Landwirtschaft notwendige) Gewichtung der Prioritäten zwischen internen und externen Politikbereichen sowie zwischen Maßnahmen der Kommission und der Mitgliedstaaten dienen;

1.4.5

begrüßt die Tatsache, dass die lokalen Gebietskörperschaften bei mehreren der gewählten Aktionsthemen ausdrücklich als Akteure der lokalen Governance und der dezentralisierten Entwicklung erwähnt werden, ist jedoch der Auffassung, dass sie durchaus auch in anderen Zusammenhängen (insbesondere beim Zugang zu Wasser) genannt werden könnten;

1.4.6

erwartet mit Interesse das eigens der Situation in Afrika und der Hilfe für diesen Kontinent gewidmete Dokument, das die Kommission angekündigt hat.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

empfiehlt, die Rolle der dezentralisierten Zusammenarbeit nach folgenden Grundsätzen zu bewerten:

a)

Der globale Ansatz zur Bekämpfung der Armut in der Welt und die Bestrebungen zur Erfüllung der UN-Millenniumsziele müssen der lokalen Dimension sowohl in Bezug auf die Bedürfnisse als auch deren Befriedigung deutlich Rechnung tragen;

b)

es muss daher anerkannt werden, dass die Gebietskörperschaften neben anderen Akteuren über das spezifische Wissen und die Erfahrung verfügen, die sie aus der Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten und ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung ihres Territoriums beziehen;

c)

zur Steigerung ihrer Wirkung müssen die Strategien der europäischen Entwicklungspolitik um Beiträge von Akteuren ergänzt werden, die für Demokratie und Entwicklung gleichermaßen stehen und die dieselben Grundsätze der Partnerschaft und der Eigenverantwortung haben wie die Europäische Union;

d)

es steht außer Frage, dass die internationale Entwicklung ein Prozess des Gebens und Nehmens ist und dass die lokalen und regionalen europäischen Gebietskörperschaften nicht nur enorm viele Ideen und bewährte Verfahrensweisen zur Entwicklung beitragen können, sondern dass sie gleichzeitig von mehr Interaktion und Kontakt mit Regierungen, lokalen Behörden und Gemeinden auf der ganzen Welt profitieren, indem sie von deren Arbeit und Erfahrungen lernen;

e)

bessere Governance ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Entwicklungspolitik, und als ein Kernelement einer guten Governance muss anerkannt werden, dass Entscheidungen am besten auf einer Ebene getroffen werden, die so nah wie möglich an den Bürgern ist, die sie betreffen;

2.2

schlägt vor, mit der Unterstützung der bereits von den Gebietskörperschaften zur Strukturierung ihrer dezentralisierten Entwicklungszusammenarbeit geschaffenen Organisationen, insbesondere im Rahmen des Verbands „Vereinigte Städte und lokale Gebietskörperschaften“ (CGLU), sowie der an der Aufwertung der dezentralisierten Zusammenarbeit mitwirkenden Einrichtungen wie folgt vorzugehen:

2.2.1

– mit Blick auf die lokalen Gebietskörperschaften Europas:

a)

eine Liste der Maßnahmen der dezentralisierten Zusammenarbeit zusammenstellen. Dies ist die erste Voraussetzung für die Würdigung der Vielfalt der dezentralisierten Zusammenarbeit durch die Gesprächspartner innerhalb der EU und die Förderung des Austauschs von Erfahrungen sowie die Schaffung von Synergieeffekten zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften. Das Beispiel der Beobachtungsstelle für Beziehungen dezentralisierter Zusammenarbeit Europa/Lateinamerika (auf eine Projektausschreibung im Rahmen von Urb-AL hin gegründet) ist zu begrüßen und anderen Regionen der Welt zur Nachahmung zu empfehlen;

b)

die Schaffung einer Plattform analog zu CONCORD (Plattform der Nichtregierungsorganisationen) fördern, um einen politischen Dialog zwischen den EU-Institutionen und den lokalen Gebietskörperschaften, die mit dem Bereich Entwicklung befasst sind, anzuregen;

c)

den Informations- und Gedankenaustausch zwischen den Gebietskörperschaften erleichtern, und zwar auch durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Partnerschaftsprogramme zwischen Gebietskörperschaften der EU und der Entwicklungsländer;

d)

im Rahmen einer Studie die verschiedenen Gesetze und Vorschriften analysieren, die in den einzelnen Mitgliedstaaten die Grundlage für die Maßnahmen der Gebietskörperschaften im Bereich der internationalen Zusammenarbeit bilden;

2.2.2

– mit Blick auf die Gebietskörperschaften der Entwicklungsländer die allgemeinen Grundsätze der europäischen Entwicklungshilfe an einem dezentralisierten Ansatz ausrichten:

a)

im Zusammenhang mit der Dekonzentration der Maßnahmen der Kommission: Die Kommissionsdelegationen sollten für die lokale Dimension sensibilisiert werden, indem besonders dafür Sorge getragen wird, dass die dezentralisierte Zusammenarbeit die staatliche Entwicklungspolitik ergänzt und auf die Bedürfnisse der lokalen Gebietskörperschaften der betroffenen Länder zugeschnitten ist, um Demokratisierung und Dezentralisierung voranzubringen. Es könnten dementsprechende Leitlinien erarbeitet werden, um diesen Gesichtspunkt in allen Stadien der Ausarbeitung von Programmen von Beginn an bis zur Finanzierung der Umsetzung zu berücksichtigen;

b)

für die Stärkung der regionalen Integration könnte der Aufbau von Verbänden und Netzen von gewählten Vertretern der lokalen Gebietskörperschaften der Entwicklungsländer gefördert werden. Diese könnten von der Unterstützung ihrer europäischen Pendants profitieren;

c)

für die Harmonisierung der Hilfe könnten „Länderforen“, bestehend aus europäischen Gebietskörperschaften, die sich in einem bestimmten Entwicklungsland engagieren, eingerichtet werden. Möglich wäre dies beispielsweise in den vier Ländern, in denen den Beschlüssen des Rates von Barcelona vom März 2002 folgend die Harmonisierung der Hilfen der Mitgliedstaaten getestet wird;

2.3

empfiehlt, die lokalen Gebietskörperschaften in die von der Kommission angestrebte Dynamisierung der europäischen Entwicklungspolitik zu integrieren. Sie haben bereits Erfahrung darin, sich mit spezifischen Maßnahmen für ihre Bürger und insbesondere für die Jugend, häufig gemeinsam mit den NGOs, an der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Kampf gegen die Armut in der Welt zu beteiligen.

2.4

Zu dem Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung des Rates, des Europäischen Parlaments und der Kommission: Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union — „Der europäische Konsens“, KOM(2005) 311 endg.

Der Ausschuss der Regionen

2.4.1

zeigt sich angesichts der großen Aufmerksamkeit für die Länder, deren Beziehungen zur Europäischen Union sich schwierig gestalten, besorgt ob der Veränderungen, die ab 2007 an der speziell für diese Länder vorgesehenen Haushaltslinie „Dezentralisierte Zusammenarbeit“ (7) vorgenommen werden sollen, obgleich für sie bekanntermaßen zu wenig Mittel zur Verfügung stehen;

2.4.2

wünscht, dass die Finanzhilfe, die im Rahmen der europäischen Hilfe immer mehr an Bedeutung gewinnen dürfte, von den Regierungen der unterstützten Länder genutzt werden sollte, um den lokalen Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit den Verantwortlichkeiten, die im Rahmen der laufenden Dezentralisierungsmaßnahmen auf sie übergehen, Mittel aus dem nationalen Haushalt zu übertragen;

2.4.3

bittet die Kommission, die in der vorliegenden Stellungnahme abgegebenen Empfehlungen bei der Einleitung dieser neuen Etappe in der EU-Entwicklungspolitik zu berücksichtigen.

Brüssel, de 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 164 vom 5.7.2005, S. 82.

(2)  ABl. C 23 vom 27.1.2004, S. 8.

(3)  ABl. C 256 vom 24.10.2003, S. 83.

(4)  KOM(2002) 598 endg.

(5)  KOM(2005) 185 endg.

(6)  CdR 328/2004 fin.

(7)  Verordnung (EG) Nr. 625/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates für die Jahre 2004-2006 - Haushaltslinie 21 02 13.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/47


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Aufstellung eines Rahmenprogramms für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007-2013“

(2006/C 115/10)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Aufstellung eines Rahmenprogramms für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007-2013“ (KOM(2005) 123 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 6. April 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 22. Februar 2005, die Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 7. Juli 2005 zu dem „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“ (CdR 82/2005 fin);

gestützt auf den am 15. September 2005 von der Fachkommission für Außenbeziehungen angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 144/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Paleologos, Mitglied des Gemeinderats von Livadia (EL/SPE));

in Erwägung folgender Gründe:

Das Solidaritätsprogramm wird ein neues Politikinstrument für die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union bilden.

Es soll eine Balance zwischen einer wirkungsvollen Unterstützung aller EU-Maßnahmen, die der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts dienen, und den auf der nationalen, der regionalen und der lokalen Ebene bestehenden Erfordernissen im Sinne einer gerechten Lastenverteilung herstellen.

Die Gründe, die die Menschen zum Verlassen ihrer alten und zum Suchen einer neuen Heimat veranlassen, werden auch weiterhin Migrationsbewegungen von den weniger entwickelten und unsicheren Ländern in aller Welt zur Europäischen Union auslösen, während kriminelle Netze, rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen und Bewegungen und Lücken in der Bürokratie eine geregelte, geordnete und sozial und wirtschaftlich integrative Migration zum Nutzen sowohl der Migranten als auch der Herkunfts- und Empfängerländer bedrohen können.

Die zunehmende Mitwirkung der EU an einer Reihe von Politikbereichen und Maßnahmen erfordert eine Unterstützung mit adäquaten finanziellen Mitteln und Instrumenten.

Vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung und der Abnahme der Erwerbsbevölkerung ist der weitere Zustrom von Einwanderern wahrscheinlich, die zunehmend benötigt werden, um den Bedarf der erweiterten EU zu decken.

Das Rahmenprogramm enthält eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Einbindung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften: „Jeder Mitgliedstaat organisiert gemäß seinen innerstaatlichen Vorschriften und seiner Praxis die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den von ihm benannten Behörden und Einrichtungen, insbesondere a) den regionalen, lokalen und städtischen Behörden und den übrigen zuständigen öffentlichen Behörden (…)“.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Aufstellung eines Rahmenprogramms für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007-2013;

1.2

erkennt den Wert und das Ausmaß der globalen Migration und ihre Bedeutung für die Vielfalt und Entwicklung insbesondere in der örtlichen Gemeinschaft. Auch der Ausschuss hält eine Koordinierung der Zuwanderungs-, Asyl- und Integrationspolitik in der Europäischen Union für sehr wichtig. In der erweiterten Union ist dies von umso größerer Bedeutung;

1.3

hält eine vom Gemeinschaftsgedanken geleitete, umfassende und nachhaltige Politik für die Steuerung der Migrationsströme für wichtig, die der Sicherheit an den Grenzen, einem wirkungsvollen Schutz von Menschen, die des internationalen Schutzes bedürfen, einer effektiven Repatriierung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal im Gemeinschaftsgebiet aufhalten, und der Integration legaler Migranten in das wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Leben Rechnung trägt;

1.4

betont, dass die Verantwortung für die Formulierung und Umsetzung von Rechtsvorschriften bei den Mitgliedstaaten liegt, während für die Aufnahme, Unterbringung und Eingliederung der Einwanderer in erster Linie die lokale und regionale Ebene zuständig ist. Der Ausschuss verweist daher insbesondere auf die wichtige Funktion der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, deren Zuständigkeit u.a. für Planung, Unterkunft, Bildung und den Arbeitsmarkt einen direkten Einfluss auf die Integration hat und den sozialen Zusammenhalt, die gesellschaftliche Eingliederung und nachhaltige Gesellschaften fördern kann;

1.5

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein wichtiges Glied in der Solidaritätskette bilden und helfen wollen, die Migrationsursachen zu beseitigen, indem Maßnahmen der finanziellen Zusammenarbeit intensiviert werden und eine gemeinsame Strategie für die Förderung der grenzübergreifenden regionalen und nationalen Kooperation auf dem Gebiet der Steuerung von Migrationsbewegungen entwickelt wird. Aufgrund ihrer Befugnisse in den Bereichen Migration, Immigration und Integration und ihrer Stellung als Betreiber oder Eigner von Infrastrukturen sind die Gebietskörperschaften wichtige Akteure bei allen Schritten, die mit der Verhinderung, Finanzierung und Steuerung von Migrationsströmen zusammenhängen;

1.6

betont, dass vielfach in der EU das Steueraufkommen auf der nationalen Ebene eingezogen wird, während die lokale Ebene die wirtschaftlichen Folgekosten der mit der Zuwanderung zusammenhängenden Ausgrenzung zu tragen hat. Mangelnde Konsultation zwischen den einzelnen Ebenen erschwert kann den optimalen Einsatz der wirtschaftlichen Ressourcen erschweren. Diese Art der Lastenteilung wäre eine wertvolle Ergänzung der Anstrengungen auf Unionsebene und könnte fruchtbare Ergebnisse auf diesem Gebiet hervorbringen;

1.7

a)

weist darauf hin, dass Frauen sowohl aus Gründen des Geschlechts als auch der ethnischen Herkunft diskriminiert werden. Die Berücksichtigung von Fragen der Geschlechtergleichstellung würde die Bemühungen um eine bessere Steuerung von Migrationströmen zielorientierter und wirkungsvoller machen. Die Bedeutung von Frauen für eine erfolgreiche Integration darf nicht unterschätzt werden, da über sie meist der direkte Weg zu den Kindern in der Familie führt;

b)

betont, dass eine Migrationspolitik nur erfolgreich sein kann, wenn neben den wirtschaftlichen auch andere Werte berücksichtigt werden. Durch die Immigration öffnen sich neue Perspektiven, die das Leben aller Bürger bereichern und gleichzeitig der EU Kompetenzen und Ressourcen geben können, die im globalen Zusammenhang wertvoll sind;

c)

fordert den Rat und die Kommission auf, das Wissen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, das diese sich in jahrzehntelanger Arbeit durch die konkrete Umsetzung migrationspolitischer Maßnahmen aufgebaut haben, zu nutzen;

1.8

a)

betont, dass Initiativen, mit denen eine wirkungsvolle wirtschaftliche Unterstützung einer gemeinsamen Zuwanderungspolitik gewährleistet werden soll, regionalen Unterschieden Rechnung tragen müssen. Die Unterstützung muss Anreize zu flexiblen Lösungen bieten, und die lokale und regionale Ebene müssen frei über ihre Vorgehensweise entscheiden können;

b)

dringt darauf, in der Debatte über die künftige europäische Kohäsionspolitik die Initiativen zu berücksichtigen, die in Regionen durchgeführt werden, die möglicherweise weniger Beihilfen aus den Strukturfonds erhalten und in denen die Zahl der Einwanderer in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Dies gilt insbesondere für die größeren Mittelstädte und die Großstädte

1.9

unterstreicht, dass Einwanderung allein nicht ausreicht, um dem Arbeitskräftemangel in der EU langfristig abzuhelfen, und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme zum Beitrag älterer Arbeitnehmer zum Arbeitsmarkt;

1.10

aus wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gründen sollten dringend Strategien für die große Gruppe von Einwanderern aufgestellt werden, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind;

1.11

dringt auf Maßnahmen für die große Zahl von Arbeitsmigranten, die illegal in die EU eingereist sind und dort leben. Es müssen Maßnahmen ergriffen und entsprechende Regelungen gefunden werden, die es Zuwanderern, die gegen das geltende Einwanderungsrecht verstoßen, erlauben, ihren Status ggf. unverzüglich zu legalisieren, insbesondere wenn ihr illegaler Aufenthalt auf administrative Schwachstellen oder besondere geopolitische Gegebenheiten, mit denen die Mitgliedstaaten konfrontiert sind, zurückzuführen ist. Diese Maßnahmen sollten Ausnahmecharakter haben, keine regelmäßige Übung darstellen und zugleich darauf abheben, a) den Betroffenen einen menschenwürdigen Aufnahmestandard zu gewährleisten, b) die Überzeugung zu verstetigen, daß die illegale Zuwanderung nicht hinnehmbar ist, c) den Menschenhandel und die soziale Ausgrenzung rigoros anzugehen und d) effiziente Strukturen und Politiken für die Förderung der legalen Arbeitsmigration zu schaffen.

1.12

unterstreicht, dass das Bedürfnis des einzelnen Einwanderers, durch Arbeit seinen eigenen Lebensunterhalt zu sichern, anerkannt und angeregt werden muss. Neben wirtschaftlichen Aspekten tragen Unternehmertum und Kleinunternehmen zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung bei. Die Gelegenheit zur Gründung und Führung einer eigenen Firma wirkt integrationsfördernd und sollte daher stärker gesellschaftlich unterstützt werden;

1.13

begrüßt die zunehmende Anerkennung der Kreativität und Eigeninitiative von Einwanderern in der EU. Der Schritt zum Unternehmertum und Unternehmensgründungen sind von wesentlicher Bedeutung für einen erfolgreichen Integrationsprozess und ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der Lissabon-Strategie;

1.14

betont die Bedeutung der Arbeit nichtstaatlicher Organisationen in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und unterstützt deren Programme, die ein rascheres Wirken migrationspolitischer Maßnahmen und Aktionen zum Ziel haben (z.B. Integration in das politische und gesellschaftliche Leben des Landes usw.);

1.15

begrüßt die Entscheidung zur Einrichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds und insbesondere die Bestimmung über die Integration der Zielgruppen. Der AdR verweist darauf, dass die weitaus meisten Maßnahmen, die sowohl für die Verbesserung der Aufnahmebedingungen als auch für die Integration von Flüchtlingen als förderungswürdig gelten, in den Tätigkeitsbereich der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften fallen;

1.16

begrüßt die Entscheidung zur Einrichtung eines Außengrenzenfonds, macht allerdings darauf aufmerksam, dass einige Regionen Europas aufgrund ihrer Lage an den Außengrenzen der EU besondere Nachteile haben, die ihre Entwicklung und ihren sozialen Zusammenhalt erschweren. Dieser Umstand sollte seinen Niederschlag in der Entscheidung finden;

1.17

stellt fest, dass mangelnde Integrationserfolge in der Europäischen Union zum Teil darauf zurückzuführen sind, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht in die Gestaltung der Politik eingebunden wurden. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind die Regierungsebene, die den Bürgern am nächsten steht, doch wurden die Auswirkungen der Umsetzung auf die lokale Ebene meistens außer Acht gelassen und nicht immer berücksichtigt;

1.18

unterstreicht, dass Integrationsfragen in alle Politikbereiche eingebunden werden müssen, um den sozialen Zusammenhalt erfolgreich zu sichern. Die Immigrations- und Integrationspolitik der EU muss im Einklang stehen mit ihren übergreifenden Zielen im Bereich der Sozial- und Wirtschaftspolitik, der Außen- und Entwicklungspolitik und auch mit solch grundlegenden europäischen Werten wie Chancengleichheit, Menschenrechte, Menschenwürde, Toleranz, Achtung der Vielfalt, Bekämpfung von Diskriminierung und der Förderung einer stärkeren Teilhabe an der Gesellschaft;

1.19

betont, dass die gesamte Gesellschaft für die Integration gefordert ist und dass sowohl Bemühungen seitens der Einwanderer als auch seitens der örtlichen Bevölkerung erforderlich sind, um einen nachhaltigen sozialen Zusammenhalt und ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen;

1.20

stimmt zu, dass Arbeitsmarktfragen für die Integration von Einwanderern von ausschlaggebender Bedeutung sind, doch können sie nicht aus dem Zusammenhang herausgerissen betrachtet werden, da der Integrationsgrad auch von einer Reihe weiterer Faktoren, wie z.B. dem sozialen Hintergrund, Bildung und Sprachkenntnissen sowie von der Teilhabe am Leben in der örtlichen Gemeinschaft abhängt. Die erfolgreiche Integration von Einwanderern ist ein erster Schritt hin zu einer Gesellschaft, in der Platz für alle ist, sowohl zum Nutzen des Einzelnen als auch der örtlichen Gemeinschaft und der Gesellschaft im weiteren Sinne;

1.21

bedauert, dass im Solidaritätsprogramm nicht genügend auf die Lage der ca. 500 000 Asylbewerber in der Europäischen Union eingegangen wird, die auf eine Entscheidung bezüglich ihrer Aufenthaltsgenehmigung o.ä. warten. Die meisten von ihnen haben keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt;

1.22

hebt hervor, dass der Kontrast zwischen dem Bedarf an Arbeitsmigranten auf der Ebene der Mitgliedstaaten und den Bemühungen der lokalen Ebene gegen soziale Ausgrenzung, Marginalisierung und Fremdenfeindlichkeit die Notwendigkeit des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Ebenen verstärkt;

1.23

ist der Ansicht, dass das Solidaritätsprogramm als maßgebliches Element auch Handlungen und Maßnahmen umfassen sollte, die Schritt für Schritt in ein offizielles Wahlrecht münden, was eine stärkere Beteiligung der Einwanderer am demokratischen Leben ermöglichen würde;

1.24

begrüßt die Entscheidung zur Einrichtung eines Europäischen Rückkehrfonds, weist allerdings darauf hin, dass ein integriertes Rückkehrmanagement regional mitgestaltet werden muss, insbesondere wegen des Einsatzes, den regionale und lokale Gebietskörperschaften an den EU-Außengrenzen zur Unterstützung freiwilliger Rückkehrprogramme leisten.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

betont, dass eine ausgewogene Kombination aus Maßnahmen zur Gewährleistung eines gleichmäßigen Zustroms legaler Einwanderer und Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Einwanderung und zur Bekämpfung von Schmuggel und Menschenhandel von grundlegender Bedeutung ist. Der AdR unterstreicht außerdem die wichtige Rolle der Migration für das Ausgleichen des Fachkräftemangels und ruft den Europäischen Rat auf, wirksame politische Schritte in diesen Bereichen zu unternehmen, einschließlich der Anwerbung von Drittstaatsangehörigen für die wissenschaftliche Forschung;

2.2

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker in die Gestaltung und Umsetzung der Asylpolitik einbezogen werden sollten. Nach Ansicht des AdR sollte erwogen werden, den Umfang der Finanzierung im Rahmen der Regionalkooperation und der neuen Nachbarschaftspolitik, die zum dritten Hauptziel der Strukturfonds für den Zeitraum 2007-2013 gehören, auf diese Aufgaben auszudehnen. Außerdem hofft der Ausschuss, dass die unter diesem Ziel durchgeführten gemeinsamen multilateralen Programme und die bilateralen Aktionspläne, die als Teil der Nachbarschaftspolitik durchzuführen sein werden, wirkungsvoll aufeinander abgestimmt werden;

2.3

hält es für vordringlich, für die konkrete Einbeziehung regionaler und lokaler Gebietskörperschaften sowohl in die Konzipierung als auch die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen aller vier Fonds Sorge zu tragen, um dem Querschnittsgedanken der Partnerschaft Gestalt zu geben;

2.4

regt eine Verstärkung auf Aufklärung gerichteter Aktionen und Maßnahmen bei den Bemühungen zur Steuerung von Migrationsströmen an, insbesondere auf dem Gebiet der Integration von Migranten und Flüchtlingen;

2.5

schlägt vor, in alle vier Vorschläge für Entscheidungen zur Einrichtung der einzelnen Fonds spezielle horizontale Bestimmungen folgender Art aufzunehmen:

Empfehlung 1

Artikel 3

Textvorschlag der Europäischen Kommission (KOM(2005) 123 endg. — 2005/0049 (COD))

Änderung

Artikel 3

Spezifische Ziele

1.   Der Fonds trägt zur Verwirklichung folgender spezifischer Ziele bei:

a)

Einführung eines integrierten Rückkehrmanagements durch die Mitgliedstaaten sowie Verbesserung der Organisation und Umsetzung dieses Rückkehrmanagements;

b)

Intensivierung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen des integrierten Rückkehrmanagements und bei dessen Umsetzung;

c)

Förderung einer effektiven und einheitlichen Anwendung gemeinsamer Rückkehrnormen entsprechend den politischen Entwicklungen in diesem Bereich.

Artikel 3

Spezifische Ziele

1.   Der Fonds trägt zur Verwirklichung folgender spezifischer Ziele bei:

a)

Einführung eines integrierten Rückkehrmanagements durch die Mitgliedstaaten sowie Verbesserung der Organisation und Umsetzung dieses Rückkehrmanagements, insbesondere durch die Schaffung von Mechanismen für die Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen öffentlichen Stellen, wo dies angebracht ist ;

b)

Intensivierung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen des integrierten Rückkehrmanagements und bei dessen Umsetzung;

c)

Förderung einer effektiven und einheitlichen Anwendung gemeinsamer Rückkehrnormen entsprechend den politischen Entwicklungen in diesem Bereich.

Begründung

Da sich der Kommissionsvorschlag auf eine Rechtsgrundlage stützt, die zum Bereich der Mitentscheidung gehört, sollte der Ausschuss der Regionen bestrebt sein, konkrete Änderungen am Kommissionsvorschlag nach dem vom Europäischen Parlament benutzten Muster vorzuschlagen.

Empfehlung 2

Artikel 4 Absatz 1

Textvorschlag der Europäischen Kommission (KOM(2005) 123 endg. — 2005/0049 (COD))

Änderung

Artikel 4

Förderfähige Aktionen in den Mitgliedstaaten

1.   Für eine Förderung aus dem Fonds in Betracht kommen Aktionen zur Verwirklichung des Ziels nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a, insbesondere folgende Aktionen:

a)

Einführung oder Verbesserung einer wirksamen, stabilen und dauerhaften operativen Zusammenarbeit der Behörden der Mitgliedstaaten mit den Konsularstellen und Einwanderungsbehörden von Drittländern im Hinblick auf die Erlangung von Reisedokumenten für die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen und die Durchführung zügiger und erfolgreicher Abschiebungsverfahren;

b)

Förderung und Erleichterung der freiwilligen Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, insbesondere durch Rückkehrförderprogramme, zur Gewährleistung einer dauerhaften Rückkehr;

c)

Vereinfachung und Durchführung der erzwungenen Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zur Förderung der Glaubwürdigkeit und Integrität der Einwanderungspolitik sowie zur Verkürzung der Dauer der Abschiebungshaft.

Artikel 4

Förderfähige Aktionen in den Mitgliedstaaten

1.   Für eine Förderung aus dem Fonds in Betracht kommen Aktionen zur Verwirklichung des Ziels nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a, insbesondere folgende Aktionen:

a)

Einführung oder Verbesserung einer wirksamen, stabilen und dauerhaften operativen Zusammenarbeit der Behörden der Mitgliedstaaten mit den Konsularstellen und Einwanderungsbehörden von Drittländern im Hinblick auf die Erlangung von Reisedokumenten für die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen und die Durchführung zügiger und erfolgreicher Abschiebungsverfahren;

b)

Förderung und Erleichterung der freiwilligen Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, insbesondere durch Rückkehrförderprogramme, zur Gewährleistung einer dauerhaften Rückkehr;

c)

Vereinfachung und Durchführung der erzwungenen Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zur Förderung der Glaubwürdigkeit und Integrität der Einwanderungspolitik sowie zur Verkürzung der Dauer der Abschiebungshaft;

d)

Maßnahmen, die zu einer besseren Koordination zwischen den verschiedenen Ebenen, d.h. den nationalen, regionalen, lokalen, städtischen und sonstigen öffentlichen Stellen, beitragen können.

Begründung

Da sich der Kommissionsvorschlag auf eine Rechtsgrundlage stützt, die zum Bereich der Mitentscheidung gehört, sollte der Ausschuss der Regionen bestrebt sein, konkrete Änderungen am Kommissionsvorschlag nach dem vom Europäischen Parlament benutzten Muster vorzuschlagen.

Empfehlung 3

Artikel 4 Absatz 2

Textvorschlag der Europäischen Kommission (KOM(2005) 123 endg. — 2005/0049 (COD))

Änderung

Artikel 4

Förderfähige Aktionen in den Mitgliedstaaten

(...)

2.   Für eine Förderung aus dem Fonds in Betracht kommen außerdem Aktionen zur Verwirklichung des Ziels nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b, insbesondere folgende Aktionen:

a)

Zusammenarbeit bei der Zusammenstellung von Informationen über das Herkunftsland und der Weiterleitung dieser Informationen an potenzielle Rückkehrer;

b)

Zusammenarbeit bei der Entwicklung wirksamer, stabiler und dauerhafter operativer Arbeitsbeziehungen zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten sowie den Konsularstellen und Einwanderungsbehörden von Drittländern zur Erleichterung der konsularischen Unterstützung bei der Erlangung von Reisedokumenten für die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen und zur Durchführung zügiger und erfolgreicher Abschiebungsverfahren;

c)

Konzeption von gemeinsamen integrierten Rückkehrplänen und deren Umsetzung, einschließlich gemeinsamen Rückkehrförderprogrammen für bestimmte Herkunfts-/Transitländer oder -regionen bzw. Länder oder Regionen des vorherigen Aufenthalts;

d)

Studien über den gegenwärtigen Stand der Verwaltungskooperation der Mitgliedstaaten in Rückkehrangelegenheiten und die Möglichkeiten einer intensiveren diesbezüglichen Zusammenarbeit sowie über die Rolle, die internationale und Nichtregierungsorganisationen in diesem Zusammenhang spielen;

e)

Informationsaustausch, Unterstützung und Beratung im Hinblick auf die Rückkehr besonders schutzbedürftiger Personen;

f)

Veranstaltung von Seminaren für einschlägig tätige Personen über bewährte Praktiken mit Schwergewicht auf bestimmten Drittländern und/oder -regionen;

g)

gemeinsame Maßnahmen, die die Aufnahme rückübernommener Personen in den Herkunfts- oder Transitländern bzw. den Ländern des vorherigen Aufenthalts ermöglichen;

h)

gemeinsame Entwicklung von Aktionen, die eine dauerhafte Wiedereingliederung von Personen im Herkunftsland oder im Land des vorherigen Aufenthalts gewährleisten;

i)

gemeinsame Maßnahmen zur Überwachung der Situation von Rückkehrern und des Fortbestands ihrer Situation nach der Rückkehr.

Artikel 4

Förderfähige Aktionen in den Mitgliedstaaten

(...)

2.   Für eine Förderung aus dem Fonds in Betracht kommen außerdem Aktionen zur Verwirklichung des Ziels nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b, insbesondere folgende Aktionen:

a)

Zusammenarbeit bei der Zusammenstellung von Informationen über das Herkunftsland und der Weiterleitung dieser Informationen an potenzielle Rückkehrer;

b)

Zusammenarbeit bei der Entwicklung wirksamer, stabiler und dauerhafter operativer Arbeitsbeziehungen zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten sowie den Konsularstellen und Einwanderungsbehörden von Drittländern zur Erleichterung der konsularischen Unterstützung bei der Erlangung von Reisedokumenten für die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen und zur Durchführung zügiger und erfolgreicher Abschiebungsverfahren;

c)

Konzeption von gemeinsamen integrierten Rückkehrplänen und deren Umsetzung, einschließlich gemeinsamen Rückkehrförderprogrammen für bestimmte Herkunfts-/Transitländer oder -regionen bzw. Länder oder Regionen des vorherigen Aufenthalts;

d)

Studien über den gegenwärtigen Stand der Verwaltungskooperation der Mitgliedstaaten in Rückkehrangelegenheiten und die Möglichkeiten einer intensiveren diesbezüglichen Zusammenarbeit sowie über die Rolle, die internationale und Nichtregierungsorganisationen in diesem Zusammenhang spielen;

e)

Informationsaustausch, Unterstützung und Beratung im Hinblick auf die Rückkehr besonders schutzbedürftiger Personen;

f)

Veranstaltung von Seminaren für einschlägig tätige Personen über bewährte Praktiken mit Schwergewicht auf bestimmten Drittländern und/oder -regionen;

g)

gemeinsame Maßnahmen, die die Aufnahme rückübernommener Personen in den Herkunfts- oder Transitländern bzw. den Ländern des vorherigen Aufenthalts ermöglichen;

h)

gemeinsame Entwicklung von Aktionen, die eine dauerhafte Wiedereingliederung von Personen im Herkunftsland oder im Land des vorherigen Aufenthalts gewährleisten;

i)

gemeinsame Maßnahmen zur Überwachung der Situation von Rückkehrern und des Fortbestands ihrer Situation nach der Rückkehr;

j)

Veranstaltung von Seminaren und gemeinsamen Ausbildungsmaßnahmen für die Bediensteten der zuständigen nationalen, regionalen, lokalen, städtischen und sonstigen zuständigen Stellen in Verwaltung, Gesetzesvollzug und Justiz;

k)

Verbreitung eines „Handbuchs erfolgreicher Lösungen“, einer gemeinsamen Initiative des Rates der Europäischen Union, der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und des AdR. Das Handbuch sollte Beiträge von nationalen, regionalen und lokalen öffentlichen Stellen enthalten und Strategien für das nähere Zusammenbringen der Bürger, die Zusammenarbeit mit Verbänden und nichtstaatlichen Organisationen, die Bildung lokaler Netzwerke, Datensammlung und Studien sowie die Kooperation mit anderen Polizeikräften und Institutionen umfassen;

Den regionalen und lokalen öffentlichen Stellen wird dabei Rechnung getragen, wo dies angebracht ist.

Begründung

Da sich der Kommissionsvorschlag auf eine Rechtsgrundlage stützt, die zum Bereich der Mitentscheidung gehört, sollte der Ausschuss der Regionen bestrebt sein, konkrete Änderungen am Kommissionsvorschlag nach dem vom Europäischen Parlament benutzten Muster vorzuschlagen.

2.6

bedauert die geringe Höhe der Ausgaben für technische Hilfe in allen vier Entscheidungen, obwohl doch Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit entscheidend für den Erfolg und die Wirksamkeit aller im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ergriffenen Maßnahmen sind;

2.7

ermuntert lokale und regionale Verwaltungen zu einem Austausch im Ausbildungsbereich und zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit entsprechenden europäischen und nationalen Stellen im Bemühen um Synergie;

2.8

empfiehlt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, zu einer raschen, wirkungsvollen Umsetzung der im Rahmenprogramm vorgeschlagenen Maßnahmen beizutragen;

2.9

bringt einen Aktionsplan des Ausschusses der Regionen auf den Weg, mit dem eine Haltung gefördert werden soll, die eine faire Aufgabenteilung zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Mitgliedstaaten zwischen nationalen, regionalen, lokalen, städtischen und sonstigen für Migration zuständigen öffentlichen Stellen erlaubt;

2.10

dringt darauf, als relevanter, im Interesse der Gemeinschaft handelnder Partner anerkannt zu werden, der einen effektiven Beitrag zur Klärung der Zuständigkeiten von Kommunal- und Regionalvertretern in Fragen der Finanzierung und Steuerung von Migrationsströmen im Zeitraum 2007-2013 leisten und dadurch mithelfen kann, sie in den Kooperationsmechanismus einzubinden, den die EU aufbauen möchte.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/53


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat „Eine europäische Zukunft für das Kosovo“

(2006/C 115/11)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat „Eine europäische Zukunft für das Kosovo“ (KOM(2005) 156 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 11. Mai 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 12. April 2005, die Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Ausarbeitung der diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 16./17. Juni 2005;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19./20. Juni 2003;

aufgrund des Beschlusses des Europäischen Rates vom 14. Juni 2004 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Europäischen Partnerschaft mit Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo;

gestützt auf den Bericht über die Fähigkeit Serbiens und Montenegros zur Aushandlung eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union (SEC(2005) 478 final);

gestützt auf die Stellungnahme der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betreffend „Die gegenwärtige Lage im Kosovo“, verabschiedet am 3. Juni 2005 (doc. 10572, Berichterstatterin: Marianne Tritz);

gestützt auf den Bericht des Generalsekretärs vom 23. Mai 2005 über die Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (doc. 05-33918);

gestützt auf die Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999;

gestützt auf die Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss der Regionen und dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats vom 13. April 2005, CdR 62/2005 (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der EU im Demokratisierungsprozess im westlichen Balkanraum“ — CdR 101/2003 fin;

gestützt auf die Schlussfolgerungen der Teilnehmer der Konferenz von Pristina vom 22. Juni 2005 (Erklärung von Pristina), CdR 145/2005 fin;

gestützt auf seinen am 15. September 2005 von der Fachkommission für Außenbeziehungen (Berichterstatter: Herr ŠTEBE, Bürgermeister der Gemeinde Mengeš, SI/EVP) angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 143/2005 rev. 2);

in der Absicht, einen Ausblick auf die europäische Zukunft für das Kosovo aus der lokalen und regionalen Perspektive zu geben;

in Erwägung folgender Gründe:

1.

Die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19./20. Juni 2003 haben der gesamten westlichen Balkanregion eine europäische Perspektive für die Zukunft gegeben. Diese Perspektive wurde erneut in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel vom 16./17. Juni 2005 betont;

2.

alle westlichen Balkanländer, darunter auch das Kosovo, vollziehen gegenwärtig positive Veränderungen in ihren Ansichten, auch in Bezug auf den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY). Diese Veränderungen sind ein bedeutender Schritt in Richtung ihrer möglichen europäischen Integration. Dennoch sind weitere erhebliche Fortschritte erforderlich;

3.

im Kosovo reagierten die Menschen mit Gelassenheit auf den Rücktritt des früheren Premierministers Haradinaj, und die Regierung zeigte politische Reife während eines reibungslosen Übergangs zu der neuen, von Premierminister Kosumi geführten Regierung des Kosovo; dies ging mit einem erneuerten Engagement für die Fortsetzung des auf die Umsetzung der UN-Standards gerichteten Programms der vorhergehenden Regierung einher;

4.

die Regierung des Kosovo verabschiedete am 22. Februar 2005 die „Reform der lokalen Selbstverwaltung — Arbeitsprogramm 2005“. Mit der Reform sollen die Leistungen auf lokaler Ebene verbessert werden, um dadurch (a) zur Sicherung einer stabilen Verwaltung und stabiler Lebensbedingungen für alle Menschen im Kosovo, (b) zur Integration aller Bevölkerungsgruppen des Kosovo in die demokratischen Strukturen sowie (c) zur Errichtung und Festigung funktionierender demokratischer Institutionen im Kosovo gemäß den Standards beizutragen;

5.

die Aktivitäten sind auf die Fortsetzung der wirtschaftlichen Integration des Kosovo in der Region gerichtet. Diese fortlaufenden Anstrengungen zielen auf die Bewältigung der schwierigen Wirtschaftslage im Kosovo ab, einschließlich eines niedrigen Einkommensniveaus, hoher Arbeitslosigkeit und eines gewaltigen Infrastrukturdefizits. Es wird dringend ein rechtlicher Rahmen zur Festlegung klarer Eigentumsrechte benötigt;

6.

eine anspruchsvolle, umfassende Bilanz der gegenwärtig stattfindenden Umsetzung der Standards soll einen realistischen Prozess einleiten, der zur Regelung des zukünftigen Status des Kosovo führt. Starke, autonome und multiethnische lokale und kommunale Gebietskörperschaften sind die Voraussetzung für dauerhaften Frieden und Wohlstand im Kosovo sowie das Schlüsselelement eines jeden Abkommens zum zukünftigen Status des Kosovo;

7.

die Schlusserklärung der Konferenz über „Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union im Demokratisierungsprozess im westlichen Balkanraum“, die gemeinsam vom Ausschuss der Regionen, der Europäischen Kommission, dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats und dem Stabilitätspakt für Südosteuropa in Priština am 22. Juni 2005 veranstaltet wurde, unterstreicht, dass eine Zukunft der Menschen des Kosovo innerhalb der Europäischen Union an eine wirksame Dezentralisierung und partizipatorische Demokratie, die die demokratischen Werte und Minderheitenrechte in vollem Umfang respektiert, gebunden ist.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

begrüßt den Bericht und die von der Kommission in der Mitteilung „Eine europäische Zukunft für das Kosovo“, KOM(2005) 156 endg., gezogenen Schlussfolgerungen, die einen Rahmen für einen Ausweg aus der Sackgasse, in der sich die Entwicklung einer demokratischen und multiethnischen Gesellschaft im Kosovo momentan befindet, aufzeigen, um dem Kosovo die Möglichkeit zu geben, sich in der Region bezüglich Frieden und Wohlstand einzubringen;

1.2

begrüßt den Bericht über die Fähigkeit Serbiens und Montenegros zur Aushandlung eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union, SEC(2005) 478 final, der mit einer positiven Empfehlung in Richtung Eröffnung von Stabilisierungs- und Assoziierungsverhandlungen abschließt, sofern Serbien-Montenegro seine Vorbereitungen entsprechend dem eingeschlagenen Weg fortsetzt;

1.3

begrüßt die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 16./17. Juni 2005 und die beigefügte Erklärung zum Kosovo, in der betont wird, dass das Ergebnis der Gesamtbilanz nicht von vornherein feststehe: Von besonderer Bedeutung seien in diesem Zusammenhang die Umsetzung der Standards, insbesondere der als vorrangig eingestuften Standards, und die Dezentralisierung;

1.4

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften des Kosovo und der EU helfen müssen, der Herausforderung der Gestaltung einer europäischen Zukunft für das Kosovo gerecht zu werden;

1.5

begrüßt das Engagement der Kommission, sich auf die spezielle Situation und die besonderen Bedürfnisse des Kosovo zu konzentrieren, um Fortschritte im Stabilisierungs- und Assoziationsprozess zu erreichen;

1.6

begrüßt die Konzentration der Maßnahmen auf die Entwicklung und die Reformbedürfnisse des Kosovo mit der Zusage, Mittel der Kommission aufzuwenden, um diese Entwicklung und die Reformen voranzutreiben;

1.7

unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, neue Wege zu erforschen, die es dem Kosovo ermöglichen, alle geeigneten Instrumente der Europäischen Union in vollem Umfang in Anspruch zu nehmen;

1.8

misst dem politischen Dialog zwischen den Gemeinschaften des Kosovo und den Entscheidungsträgern in Belgrad und Priština größte Bedeutung bei, da nur mit diesem Dialog der Stabilisierungsprozess als Vorbedingung für die europäische Integration des gesamten westlichen Balkanraums intensiviert werden kann;

1.9

begrüßt den Ansatz der provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) zur Reform der Kommunalverwaltung im Kosovo;

1.10

weist darauf hin, dass die Dezentralisierung mit einer tatsächlichen Übertragung von Befugnissen und vor allem mit der Bereitstellung von finanziellen Mitteln und Vermögenswerten einhergehen muss, die den auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben angemessen sind;

1.11

unterstützt die wichtige Rolle, die die Verbände der Regionen und Gemeinden als Vertreter der kollektiven Interessen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gegenüber ihren Regierungen und als unerlässliche Instrumente zur Förderung des Handlungspotentials durch lokale und regionale Politiker spielen müssen;

1.12

unterstützt das Engagement der Kommission in den Beratungen auf hoher Ebene mit den wichtigsten internationalen Entscheidungsträgern, einen koordinierten Politikansatz im Kosovo umzusetzen und begrüßt den Beschluss, eine Gesamtbilanz über die Fortschritte hinsichtlich der Umsetzung der Kosovo-Standards zu ziehen.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

fordert die Kommission auf, die lokalen Gebietskörperschaften des Kosovo aktiv in die Umsetzung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Reformen auf der Basisebene bei gleichzeitiger voller Anerkennung der Grundsätze der Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und der verantwortungsvollen Regierungsführung einzubeziehen;

2.2

bestärkt die Kommission, in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Gebietskörperschaften Informationskampagnen zu fördern und zu unterstützen, um einerseits die EU-Bürger über die Beziehungen zum Kosovo und andererseits die Bürger des Kosovo über die Werte der Europäischen Union zu informieren;

2.3

bestärkt die Kommission, in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Gebietskörperschaften Austausch- und Partnerschaftsprogramme zu unterstützen, die zur Erhöhung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Bürgern und den Verwaltungen der EU und des Kosovo sowie zur Stärkung der Verwaltungskapazität auf lokaler und regionaler Ebene beitragen;

2.4

empfiehlt, dass die Kommission bei ihrer Unterstützung für den Verwaltungsaufbau die lokalen Verwaltungskapazitäten besonders berücksichtigen sollte, insbesondere um bei der Umsetzung des Rechts sowie der Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen zentraler und lokaler Verwaltung zu helfen;

2.5

fordert Kooperationsbemühungen sowie den Austausch von Erfahrungen und bewährter Verfahren, die im Rahmen der Heranführungspolitik mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten der EU, den Bewerberstaaten und den westlichen Balkanstaaten gesammelt bzw. angewendet wurden;

2.6

betont, dass eines der Mittel zur Stärkung des Vertrauens und der Stabilität im Kosovo und der westlichen Balkanregion in der aktiven grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften besteht;

2.7

bestärkt alle für die Umsetzung der Standards Verantwortlichen und insbesondere die provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) des Kosovo, die Umsetzung der Reform der Kommunalverwaltung im gesamten Kosovo fortzusetzen und die lokalen Gebietskörperschaften des Kosovo bei der Einhaltung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung zu unterstützen, indem ihnen insbesondere genügend Finanzmittel, Land- und Humanressourcen zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Befugnisse bewilligt werden;

2.8

erinnert alle für die Umsetzung der Standards Verantwortlichen und insbesondere die provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) des Kosovo daran, dass die Erhaltung und Förderung der Regional- und Minderheitensprachen sowie des kulturellen Erbes aller Bevölkerungsgruppen Grundvoraussetzungen für Toleranz und gegenseitiges Verständnis in einem pluralistischen, multiethnischen und multikulturellen Kosovo sind;

2.9

bestärkt alle für die Umsetzung der Standards Verantwortlichen und insbesondere die provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) des Kosovo, die Mitwirkung von Angehörigen aller ethnischer Gruppen und Gemeinschaften am Entscheidungsprozess, insbesondere auf lokaler und kommunaler Ebene zu erleichtern und unterstreicht, dass multiethnische Kommunen Grundvoraussetzung für die Stabilisierung und Aussöhnung im Kosovo sind;

2.10

empfiehlt allen für die Umsetzung der Standards Verantwortlichen und insbesondere den provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) des Kosovo, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, damit baldmöglichst konkrete Ergebnisse erzielt werden, insbesondere was die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen sowie den freien Personenverkehr für alle Bevölkerungsgruppen betrifft;

2.11

fordert alle für die Umsetzung der Standards Verantwortlichen und insbesondere die provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen (PISG) des Kosovo auf, in Zusammenarbeit mit der EU und internationalen Institutionen Maßnahmen zu ergreifen, die über die Umsetzung der Standards hinausgehen und auf die Vorbereitung der Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften, einschließlich auf lokaler Ebene, gerichtet sind;

2.12

empfiehlt die enge Zusammenarbeit mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) des Europarats und die Förderung einer stärkeren Beteiligung der Entscheidungsträger des Kosovo am demokratischen Prozess Europas;

2.13

empfiehlt, dass im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 eine ausreichende finanzielle Unterstützung für das Kosovo bewilligt wird.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter Straub


(1)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 1.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/56


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung ‚Kulturhauptstadt Europas‘ für die Jahre 2007 bis 2019“

(2006/C 115/12)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf den von der Kommission vorgelegten „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung ‚Kulturhauptstadt Europas‘ für die Jahre 2007 bis 2019“ (KOM(2005) 209 endg. — 2005/102 (COD));

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 30. Mai 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 25. Juli 2005, die Fachkommission für Kultur und Bildung mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung einer Gemeinschaftsinitiative zur Förderung der Veranstaltung ‚Kulturstadt Europas‘“ (CdR 448/97 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses 1419/1999/EG über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung ‚Kulturhauptstadt Europas‘ für die Jahre 2005 bis 2019“ (CdR 393/2003 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Kultur und kulturelle Vielfalt und ihre Bedeutung für die Zukunft Europas“ (CdR 447/97 fin) (3);

gestützt auf den von der Fachkommission für Bildung und Kultur am 22. September 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 251/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Seamus Murray, Mitglied des Grafschaftsrates von Meath und der Regionalbehörde Mid-East (IE/UEN-EA));

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkt des Ausschusses der Regionen

Die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“

Der Ausschuss der Regionen

1.1

erachtet die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ als wirkungsvolles Instrument, das der Darstellung, Förderung, Bereicherung und Vermittlung der europäischen und der örtlichen Kultur dient. Der AdR begrüßt es, dass die Ernennung zur „Kulturhauptstadt Europas“ für die betreffenden Städte nicht nur im kulturellen Sektor äußerst positive Folgen hat, sondern auch in den Bereichen Tourismus, Freizeit und Sport neue Chancen für Wirtschaft und Beschäftigung eröffnet, und dass sie der Erneuerung von Städten eine Vielzahl wichtiger Impulse verleihen kann;

1.2

stellt fest, dass die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ eine größere Wirkung erzielen kann, wenn sie in eine langfristige Kulturentwicklungsstrategie der betreffenden Städte eingebettet ist. Im Rahmen dieser Veranstaltung sollten deshalb nachhaltigere Ansätze der Kulturentwicklung gefördert werden. Darüber hinaus ist der AdR der Auffassung, dass die regionale Dimension der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ in dem Maße an Bedeutung gewinnt, wie die Städte die umliegenden Gebiete immer stärker in die Planung und Umsetzung ihrer Kulturprogramme einbeziehen;

1.3

ist der Ansicht, dass die Bedeutung und die sich aus einer solchen Veranstaltung ergebenden Möglichkeiten aus folgenden Gründen bisher nicht hinreichend zur Geltung kamen: geringe finanzielle Förderung durch die EU, mangelndes Engagement bei der Entwicklung der europäischen Dimension der Veranstaltung und bei der Werbung für die betreffenden Städte sowie fehlende Unterstützung dieser Städte bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Kulturprogramme;

1.4

vertritt die Auffassung, dass es die EU in der Vergangenheit versäumt hat, die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ — trotz ihrer großen Medienresonanz und Öffentlichkeitswirkung — zur Förderung der europäischen Integration und Identität einzusetzen. Nach dem Dafürhalten des AdR kann die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ zu einer positiven Identifikation der Bürger mit der EU beitragen.

Vorgeschlagenes Auswahl- und Überprüfungsverfahren

Der Ausschuss der Regionen

1.5

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das Auswahlverfahren für die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ zu überarbeiten und ein Verfahren zur Überprüfung des Stands der Vorbereitungen für die Kulturprogramme der nominierten Städte vorzusehen;

1.6

ist der Auffassung, dass sich die Kommission in ihrem Vorschlag mit zahlreichen Problemen des derzeitigen Auswahlverfahrens befasst und ihr Ansatz folgenden Notwendigkeiten in ausgewogener Weise Rechnung trägt: Schaffung eines echten Wettbewerbs zwischen den Städten, größerer Einfluss der Auswahljury, Betonung der europäischen Dimension der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“, Anerkennung des Beitrags der Mitgliedstaaten und der Rolle des Rates bei der Nominierung und Ernennung der Städte;

1.7

begrüßt und unterstützt folgende Aspekte des vorgeschlagenen Auswahl- und Überprüfungsverfahrens:

frühere Nominierung der Kulturhauptstädte Europas und Verlängerung der Einführungsphase für die nominierten Städte zur Ausarbeitung ihrer Kulturprogramme;

mehr Klarheit für die Städte durch die Einteilung der Kriterien für Kulturprogramme in die beiden Kategorien „Europäische Dimension“ und „Stadt und Bürger“ und die Festlegung von Zielen für jede der beiden Kategorien;

größere Transparenz des Auswahlverfahrens und Hervorhebung des europäischen Mehrwerts in diesem Verfahren;

Einführung einer Wettbewerbskomponente als Anreiz und Anregung für die nominierten Städte zur Verbesserung der Qualität und der künstlerischen Inhalte ihrer Kulturprogramme;

regelmäßiger Kontakt zwischen den nominierten Städten und dem Überprüfungsausschuss zwecks Überwachung der Fortschritte, Beratung und frühzeitiger Behandlung möglicher Probleme in der Vorbereitungsphase;

1.8

fordert die Europäische Kommission auf, die zentrale Rolle, die die Städte im Auswahl- und Überprüfungsverfahren spielen werden, angemessen zu berücksichtigen, und bedauert in dieser Hinsicht, dass der derzeitige Vorschlag sowohl ambivalent als auch normativ ist und für die Städte, die die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ ausrichten möchten, Unsicherheit schafft;

1.9

hat Bedenken hinsichtlich folgender Aspekte des vorgeschlagenen Auswahl- und Überprüfungsverfahrens:

mögliche Belastung der ernannten Städte durch die Erstellung von Halbzeit-, Überprüfungs- und Auswertungsberichten Diese Belastung kann im Vergleich zu dem geringen finanziellen Beitrag der EU zum Gesamthaushalt der Kulturhauptstädte Europas unverhältnismäßig groß sein und insbesondere für kleinere Städte, die die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ ausrichten möchten, ein Problem darstellen;

aufgrund bisheriger Erfahrungen: Fähigkeit des Überprüfungsausschusses, die Städte bei der Vorbereitung ihrer Programme fachlich zu beraten und bei der Verwirklichung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ mit praktischen Ratschlägen zu unterstützen;

die auch im neuen Nominierungsverfahren bestehende Möglichkeit, dass es — insbesondere in der Zeit zwischen der Benennung einer Stadt durch einen Mitgliedstaat und dem Ernennungsbeschluss des Rates — zu Verzögerungen kommt;

1.10

ist der Auffassung, dass mehrere Aspekte des vorgeschlagenen Auswahl- und Überprüfungsverfahrens geklärt werden müssen, vor allem:

die Definition des Begriffs „unabhängige Experten“, die von den europäischen Institutionen als Mitglieder der Auswahljury und des Überprüfungsausschusses ernannt werden, und die möglichen Folgen dieser Definition für die Institutionen im Hinblick auf ihre Ernennung;

das Verfahren für die Verleihung der Auszeichnung (Artikel 11) an die nominierten Städte, die die Kriterien und Empfehlungen der Ausschüsse erfüllen;

1.11

begrüßt die Zusammensetzung der Auswahljury (Artikel 5) mit 13 Mitgliedern, von denen sieben von den europäischen Institutionen und sechs von den betreffenden Mitgliedstaaten ernannt werden. Der AdR plädiert jedoch dafür, dass die Mitgliedstaaten einen Kandidaten aus den Reihen der jeweiligen nationalen Organisation auswählen, die die lokalen bzw. kommunalen Gebietskörperschaften vertritt;

1.12

begrüßt, dass nach den Kriterien Verbindungen zwischen den Programmen der beiden nominierten Städte geschaffen werden müssen, wie in einer früheren Stellungnahme (CdR 393/2003 fin) empfohlen. Der AdR ist zudem der Auffassung, dass der Überprüfungsausschuss eine wichtige Rolle bei der Förderung dieser Synergien in der Phase der Programmvorbereitung spielen sollte;

1.13

betont, dass alle Mitgliedstaaten ungeachtet ihres Beitrittsdatums im Rahmen der Kulturhauptstadt-Initiative gleich behandelt werden sollten. Der AdR bedauert, dass die Europäische Kommission erneut keine Vorkehrungen für künftige Erweiterungen getroffen hat, und fordert sie auf, die Situation der Länder, die derzeit über ihren Beitritt verhandeln, zu klären.

Finanzierung und Unterstützung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“

Der Ausschuss der Regionen

1.14

begrüßt, dass der Gemeinschaftsbeitrag für jede Kulturhauptstadt im Rahmen des Programms „Kultur 2007“ im Vergleich zum laufenden Programm verdreifacht werden soll, da dies seiner Auffassung nach eine bessere Wahrnehmung des Engagements der EU in der Öffentlichkeit gewährleisten, mit der verstärkten Betonung der europäischen Dimension der Kulturprogramme der Städte in Einklang stehen und zur Erfüllung der Erwartungen dieser Städte beitragen wird;

1.15

warnt davor, in den Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007-2013 eine Kürzung der Haushaltsmittel für die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ im Rahmen des Programms „Kultur 2007“ vorzunehmen;

1.16

ist der Auffassung, dass die Kommission in ihrem Vorschlag umgehend klarstellen sollte, wie sie die ernannten Städte durch eine „Auszeichnung“ finanziell unterstützen möchte und welche potenziellen Vorteile ein solches Verfahren für die ernannten Städte im Vergleich zur derzeitigen Praxis bringt. Darüber hinaus ersucht der AdR die Kommission, einen anderen Begriff als „Auszeichnung“ zu verwenden, da dieser eine Belohnung bzw. Ehrung für den Gewinn eines Wettbewerbs nahe legt, nicht aber eine Bezahlung für die Erfüllung bestimmter Programmkriterien;

1.17

ist darüber besorgt, dass es bei der Auszahlung der diesbezüglichen Fördermittel an die Städte seitens der Europäischen Kommission oftmals zu erheblichen Verzögerungen kommt (so erhielten die Städte oft erst ein Jahr nach ihrer Nominierung einen signifikanten Teil der Fördermittel);

1.18

würde weitere Vorschläge für Methoden begrüßen, mit denen die Europäische Kommission die nominierten Städte bei der Vorbereitung und Umsetzung ihrer Kulturprogramme unterstützen könnte;

1.19

würde es zudem begrüßen, wenn die Europäische Kommission die betreffenden Städte auch nach Ablauf des Kulturhauptstadt-Jahres unterstützen würde, um die Nachwirkungen dieser Veranstaltung über einen längeren Zeitraum zu sichern und der Stadt ein kulturelles Vermächtnis zu hinterlassen. Der Überprüfungsausschuss könnte einen wichtigen Beitrag zur Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips für Kulturaktionen in den entsprechenden Programmen der Städte leisten. Dazu bedarf es jedoch der finanziellen Unterstützung durch die EU.

Beteiligung von Drittstaaten

Der Ausschuss der Regionen

1.20

unterstützt den allgemeinen Vorschlag der Kommission, Drittstaaten durch die Wiederbelebung der „Kulturmonat“-Initiative in die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ einzubeziehen, anstatt eine zusätzliche „Kulturhauptstadt“ in einem Drittstaat zu ernennen. Allerdings sollte die Frage der finanziellen Unterstützung der „Kulturmonat“-Initiative durch die EU geklärt werden;

1.21

ist der Auffassung, dass vor allem im Rahmen der grenzüberschreitenden und interregionalen Kulturzusammenarbeit Synergien zwischen den ernannten Städten und (mindestens zwei) Städten, in denen der „Kulturmonat“ stattfindet, entstehen sollten. Die einschlägigen Maßnahmen und die Verbindungen zum „Kulturmonat“ sollten zentrale Elemente der Kulturhauptstadt-Kulturprogramme sein, da dies deren europäische Dimension fördern würde;

1.22

vertritt deshalb die Ansicht, dass der Vorschlag zur künftigen Beteiligung von Drittstaaten in Verbindung mit dem derzeitigen Vorschlag für die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ hätte erarbeitet werden sollen, um zu erreichen, dass die Nominierungsprozesse für die Kulturhauptstädte und die „Kulturmonat“-Städte zeitgleich stattfinden.

Beteiligung des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.23

bekräftigt sein aktives Engagement zugunsten der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ und erklärt gleichzeitig seine Bereitschaft, sich auch weiterhin an dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Auswahl- und Überprüfungsverfahren zu beteiligen;

1.24

fordert eine Klärung des Ernennungsverfahrens für die Mitglieder der Auswahljury (Artikel 5), um zu gewährleisten, dass der AdR auch künftig durch eines seiner Mitglieder im Ernennungsverfahren vertreten wird. Der AdR plädiert auch für die Fortsetzung der Praxis der Ernennung eines persönlichen Stellvertreters, damit seine aktive Beteiligung auch dann gewährleistet ist, wenn das betreffende AdR-Mitglied an einer Sitzung der Auswahljury nicht teilnehmen kann.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Auswahl- und Überprüfungsverfahren

Der Ausschuss der Regionen

2.1

empfiehlt den nominierten Städten, die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ als langfristige Kulturentwicklungsstrategie einzusetzen, um nachhaltigere Ansätze für die kulturelle Entwicklung zu fördern sowie die durch die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ erzielten Wirkungen und deren Vermächtnis zu verstärken;

2.2

fordert das Europäische Parlament, den Rat und die Europäische Kommission auf, die Verzögerungen zwischen der Nominierung der Städte durch die Mitgliedstaaten und der Ernennung durch den Rat zu minimieren, um den Städten möglichst viel Zeit für die Programmvorbereitung zu geben;

2.3

ersucht die Mitgliedstaaten, unter den sechs Kandidaten für die Auswahljury einen Kandidaten aus den Reihen der betreffenden einzelstaatlichen Organisation zu benennen, die die lokalen bzw. kommunalen Gebietskörperschaften vertritt.

Unterstützung der ernannten Städte

Der Ausschuss der Regionen

2.4

ersucht die Europäische Kommission, den Verwaltungsaufwand für die ernannten Städte mittels des neuen Überprüfungsverfahrens in der Vorbereitungsphase zu reduzieren;

2.5

fordert, die ausgewählten Städte rechzeitig vor der Umsetzung ihrer Programme über die Höhe der für sie vorgesehenen EU-Fördermittel zu informieren, um den Planungsprozess zu erleichtern. Der AdR begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, den Städten, die die Kriterien erfüllen, sechs Monate vor dem Beginn des Jahres ihrer Ernennung eine Auszeichnung zu verleihen, wünscht jedoch eingehender darüber informiert zu werden, wie und unter welchen Bedingungen diese Auszeichnung verliehen werden soll;

2.6

fordert die Europäische Kommission auf, das Verfahren für die Beantragung von Fördermitteln umgehend zu vereinfachen und die Auszahlung der Gelder an die ernannten Kulturhauptstädte zu beschleunigen;

2.7

fordert die Europäische Kommission auf, den ausgewählten Städten im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die Möglichkeit zu bieten, sich durch Bereitstellung eines Beratungsdienstes (mentoring service) rasch über praktische Erfahrungen zu informieren und Know-how in Anspruch zu nehmen. Dieser Dienst sollte flexibel und auf die Erfordernisse der Städte abgestimmt sein sowie den Städten Informationen bieten, die die auf der Website der Kommission enthaltenen Informationen für die Städte ergänzen. In dieser Hinsicht bestehen zwei Möglichkeiten:

a)

Bereitstellung einer Liste von Mentoren (z.B. Programmdirektoren und Fachleute) aus Städten, die bereits Kulturhauptstadt-Programme durchgeführt haben; oder

b)

Neubelebung des Netzes „Kulturhauptstädte Europas und Kulturmonate“ zur Erleichterung des Erfahrungsaustauschs und zur Unterstützung neu nominierter Städte;

2.8

fordert die Europäische Kommission auf, andere Methoden vorzuschlagen, mit denen sie die ernannten Städte bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihrer Kulturprogramme unterstützen und beraten könnte, z.B. durch:

a)

die direkte Hilfe bei der Durchführung von Marketingaktionen, der Verteilung von Werbematerial und der Verbesserung der Öffentlichkeitswirksamkeit der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“;

b)

die Bereitstellung von Anleitungen zur Frage, wie die Städte die umfangreichen Bewertungs- und Überprüfungsanforderungen erfüllen können;

2.9

fordert die Europäische Kommission auf, die betreffenden Städte nach Ablauf des Kulturhauptstadt-Jahres u.a. finanziell zu unterstützen, um die Nachwirkungen dieser Veranstaltung über einen längeren Zeitraum zu sichern und der Stadt ein kulturelles Vermächtnis zu hinterlassen.

Beteiligung an der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ in größerem Umfang

Der Ausschuss der Regionen

2.10

ersucht die Europäische Kommission, in ihrem Vorschlag für die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ so schnell wie möglich die Bestimmungen über künftige Erweiterungen der Union zu klären;

2.11

empfiehlt die Veranstaltung des „Kulturmonats“ in zwei Städten in Drittstaaten. Diese Städte sollten gleichzeitig mit den Kulturhauptstädten Europas nominiert werden, damit zwischen ihnen Synergien in einer frühen Vorbereitungsphase entstehen können und die europäische Dimension der Hauptstadt-Kulturprogramme stärker in den Vordergrund gerückt wird.

Beteiligung des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.12

betont, dass sein Vertreter weiterhin ein gewähltes Mitglied des AdR sein muss (so wie dies bereits seit Jahren praktiziert wird), und ersucht darum, diesen Vertreter für zwei statt für drei Jahre zu ernennen, um die interne Koordinierung zu erleichtern.

Empfehlung 1

Artikel 5 Absatz 3

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission ernennen jeweils zwei Mitglieder der Jury, der Ausschuss der Regionen ernennt ein Mitglied.

Die Mitglieder der Jury sind unabhängige Experten, die sich in keinem Interessenkonflikt befinden und über umfangreiche Erfahrungen und Fachkenntnisse im Kulturbereich, auf dem Gebiet der kulturellen Entwicklung von Städten oder der Organisation der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ verfügen.

Sie werden für drei Jahre ernannt.

Abweichend von Unterabsatz 1 gilt für das erste Jahr, in dem dieser Beschluss in Kraft ist, dass die Kommission zwei Mitglieder für ein Jahr, das Europäische Parlament zwei Mitglieder für zwei Jahre, der Rat zwei Mitglieder für drei Jahre und der Ausschuss der Regionen ein Mitglied für drei Jahre ernennt.

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission ernennen jeweils zwei Mitglieder der Jury, der Ausschuss der Regionen ernennt ein Mitglied.

Die Mitglieder der Jury sind führende unabhängige Persönlichkeiten Experten, die sich in keinem Interessenkonflikt befinden und über umfangreiche Erfahrungen und Fachkenntnisse im Kulturbereich, auf dem Gebiet der kulturellen Entwicklung von Städten oder der Organisation der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ verfügen.

Sie werden für drei Jahre ernannt.

Abweichend von Unterabsatz 1 gilt für das erste Jahr, in dem dieser Beschluss in Kraft ist, dass die Kommission zwei Mitglieder für ein Jahr, das Europäische Parlament zwei Mitglieder für zwei Jahre, der Rat zwei Mitglieder für drei Jahre und der Ausschuss der Regionen ein Mitglied für zwei drei Jahre ernennt.

2.13

fordert dazu auf, durch den Beschlussvorschlag die Rolle des Ausschusses der Regionen im Überprüfungsausschuss zu bestätigen und dem Überprüfungsausschuss die Aufgabe zu übertragen, aktiv für die Entwicklung der Synergien zwischen den Kulturprogrammen der ausgewählten Städte in der Phase der Programmvorbereitung Sorge zu tragen.

Empfehlung 2

Artikel 9 Absatz 2

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

Spätestens 24 Monate vor dem vorgesehenen Beginn der Veranstaltung beruft die Kommission die sieben vom Europäischen Parlament, vom Rat, von der Kommission und vom Ausschuss der Regionen benannten Experten sowie Vertreter der für die Umsetzung der Veranstaltungsprogramme zuständigen Behörden der zu Kulturhauptstädten Europas ernannten Städte zu einer Sitzung ein.

Ab diesem Zeitpunkt bilden diese Experten den „Überprüfungsausschuss“.

Auf ihren Sitzungen bewerten die Experten die Vorbereitung der Veranstaltung, insbesondere hinsichtlich des europäischen Mehrwerts der Programme.

Spätestens 24 Monate vor dem vorgesehenen Beginn der Veranstaltung beruft die Kommission die sieben vom Europäischen Parlament, vom Rat, von der Kommission und vom Ausschuss der Regionen6 benannten Mitglieder Experten sowie Vertreter der für die Umsetzung der Veranstaltungsprogramme zuständigen Behörden der zu Kulturhauptstädten Europas ernannten Städte zu einer Sitzung ein.

Ab diesem Zeitpunkt bilden diese Mitglieder Experten den „Überprüfungsausschuss“.

Auf ihren Sitzungen bewerten sie7 die Vorbereitung der Veranstaltung, insbesondere hinsichtlich des europäischen Mehrwerts und der Synergien zwischen den der Programmen der beiden Städte.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 180, 11.6.1998, S. 70.

(2)  ABl. C 121, 30.4.2004, S. 15.

(3)  ABl. C 180, 11.6.1998, S. 63.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/61


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Grünbuch „Angesichts des demografischen Wandels — eine neue Solidarität zwischen den Generationen“

(2006/C 115/13)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission — Grünbuch „Angesichts des demografischen Wandels — eine neue Solidarität zwischen den Generationen“, (KOM(2005) 94 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 16. März 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 10. Januar 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission — „Ein Europa für alle Altersgruppen — Wohlstand und Solidarität zwischen den Generationen“, (KOM(1999) 221 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Vom Europäischen Rat in Stockholm angeforderter Bericht:„Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns“, (KOM(2002) 9 endg. — CdR 94/2002 fin) (1);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission — „Reaktion Europas auf die Alterung der Weltbevölkerung — wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt in einer alternden Welt. Beitrag der Europäischen Kommission zur 2. Weltkonferenz über das Altern“, (KOM(2002) 143 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über Einwanderung, Integration und Beschäftigung“, (KOM(2003) 336 endg. — CdR 223/2003 fin); (2)

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“, (KOM(2004) 146 endg. — CdR 151/2004 fin); (3)

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“, (KOM(2004) 811 endg. — CdR 82/2005 fin);

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 152/2005 rev. 1), der am 23. September 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommen wurde (Berichterstatter: Roman Línek, Stellvertretender Landeshauptmann der Region Pardubice (CZ/EVP) —

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) folgende Stellungnahme:

1.   Bemerkungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen —

in Erwägung einiger wichtiger Fragestellungen, zu denen mit dem Grünbuch

Die Herausforderung der demografischen Situation in Europa

die Debatte eröffnet wird —

1.1

ist der Auffassung, dass die öffentliche Politik auf europäischer, einzelstaatlicher, aber auch regionaler und kommunaler Ebene die derzeitigen demografischen Veränderungen in Europa berücksichtigen muss;

1.2

ist der Ansicht, dass eine Diskussion über die demografische Entwicklung und die Bewältigung ihrer Auswirkungen auf europäischer, einzelstaatlicher, regionaler und kommunaler Ebene stattfinden muss. Die Debatte muss im Rahmen der Umsetzung der Lissabon-Strategie erfolgen und Antworten auf folgende Fragen geben:

Wie kann die Solidarität zwischen den Generationen durch eine stärkere soziale Integration der jungen Menschen sowie der älteren Menschen und Rentner gefördert werden?

Wie kann die Lebensqualität, eine bessere Gesundheitsversorgung für alle sowie das lebensbegleitende Lernen — auch über den Zeitpunkt der Pensionierung hinaus — gewährleistet werden?

Wie können die Produktions- und Sozialschutzsysteme auf die Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft abgestimmt werden?

Wie kann gewährleistet werden, dass die Bevölkerungsalterung in allen Bereichen des politischen Handelns berücksichtigt wird?

Wie kann die Stellung der Familie und der Alleinerziehenden in der Gesellschaft gefördert werden?

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass Familien — Kinder und ihre Eltern bzw. die sie erziehenden Personen — sowie andere von ihnen abhängige Personen und Angehörige eines allgemein günstigeren gesellschaftlichen Klimas und besserer Voraussetzungen in allen Bereichen bedürfen, die es den Menschen ermöglichen, ihre eigene Lebensstrategie zur Umsetzung ihrer Pläne in Bezug auf Partnerschaft und Elternschaft zu verwirklichen und dabei die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Familientypen sowie der einzelnen Familienmitglieder im Auge zu behalten. Zentrale Voraussetzung ist dabei die Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Familien und die Schaffung von Perspektiven. In diesem Sinne werden Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zur unmittelbaren Voraussetzung für eine erfolgreiche Familienpolitik;

1.3

ist der Ansicht, dass eine bessere Vereinbarkeit von beruflichem Fortkommen und Familienleben, beispielsweise durch Dienstleistungsangebote für Familien sowie durch neue Maßnahmen im Bereich des Erziehungsurlaubs für beide Elternteile, zu einer Verbesserung der Situation bei der Kindererziehung und bei der Betreuung und Pflege anderer abhängiger Personen führen kann;

1.4

ist der Ansicht, dass ein Dienstleistungsangebot von Seiten des Staates und der Wirtschaft zu einer ausgeglicheneren Verteilung der Pflichten von Mann und Frau im Haushalt und in der Familie beitragen kann, allerdings unter der Voraussetzung, dass beide Partner sich nach ihren Möglichkeiten und unter Einhaltung ihrer beiderseitigen Vereinbarungen an der Bewältigung dieser Aufgaben beteiligen und die gleichberechtigte Stellung von Mann und Frau respektiert wird;

1.5

schlägt vor, die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt zu fördern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten wirksame Maßnahmen einschließlich korrigierender Eingriffe zur Vermeidung der Diskriminierung Alleinerziehender entwickelt und gefördert werden;

1.6

ist der Ansicht, dass der Ausbau der sozialen Dienste und Erziehungsangebote für 0- bis 3-Jährige und der Pflege älterer Menschen sowie für andere abhängige Personen durch den öffentlichen und privaten Sektor verbessert werden kann, indem die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden — sofern nicht bereits vorhanden -, die dem privaten Sektor einen Anreiz geben, sich auf diesem Gebiet zu engagieren, beispielsweise durch Vergünstigungen für die Träger und die Nutzer derartiger Dienstleistungen;

1.7

betont, dass der Zugang der Eltern, insbesondere junger Paare, zum Arbeitsmarkt, die berufliche Selbstverwirklichung sowie die Möglichkeit, die gewünschte Anzahl der Kinder zu haben, vor allem auf ihre eigene Initiative zurückgehen muss, und zwar unter der Voraussetzung, dass jegliche Diskriminierung von Familien mit Kindern ausgeschlossen wird;

1.8

ist der Ansicht, dass die derzeitigen demografischen Veränderungen in Europa einen Druck auf den Arbeitsmarkt und die soziale Sicherungssysteme ausüben. Er unterstreicht die dringende Notwendigkeit, angemessene Maßnahmen zur Verbesserung der Stellung älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu treffen. Ferner sind entsprechende politische Reaktionen nötig, die diese Entwicklung nicht nur umkehren, sondern neue Chancen im Hinblick auf eine verbesserte Qualität des Arbeitslebens, das Recht auf lebenslanges Lernen, eine größere Flexibilität bei der Wahl der Rentenprogramme, den Eintritt sozial oder anderweitig benachteiligter Personen in das Erwerbsleben sowie falls erforderlich eine allmähliche positive Motivation, länger im aktiven Erwerbsleben zu verbleiben, mit sich bringen. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass eine breite Diskussion über das Recht auf eine Rente in angemessener Höhe eingeleitet werden sollte, und zwar für alle Erwerbstätigen einschließlich der in atypischen Arbeitsverhältnissen Beschäftigten sowie der Menschen aus Risikogruppen;

1.9

ist der Ansicht, dass wegen der rückläufigen Zahl von Erwerbsfähigen zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses bedarfsermittelnde Arbeitsmarktanalysen und das stärkere Zusammenwirken aller gesellschaftlicher Gruppen notwendig werden. Gefordert sind vor allem unternehmerische Verantwortung im Rahmen der Ausbildung mit dem Ziel der bedarfsgerechten Bereitstellung von Ausbildungsplätzen; am wichtigsten sind a) gezielte Berufswerbung, b) flankierende Maßnahmen wie z.B. theorieentlastende und praxisorientierte Ausbildungsordnungen, c) die Erhöhung des Anteils der Studienberechtigten sowie d) Maßnahmen, die einen stärkeren Verbleib von Studienabsolventen auch in wirtschaftsschwächeren Regionen ermöglichen;

1.10

betont, dass Aufklärung ein grundlegendes Instrument ist, um Zuwanderer nicht nur über die verfügbaren Mittel, sondern auch die Eigenheiten der Gesellschaft zu informieren, in der sie leben wollen;

1.11

stellt fest, dass durch Zuwanderung allein die aus der demografischen Überalterung der Bevölkerung resultierenden Probleme nicht gelöst, wirtschaftliche Reformen nicht ersetzt und Bedürfnisse in puncto größerer Flexibilität des Arbeitsmarkts nicht befriedigt werden können. Die Zuwanderung kann jedoch als ergänzender Faktor dazu beitragen, den Auswirkungen der derzeitigen demografischen Entwicklung in Europa zu begegnen;

1.12

ist der Ansicht, dass die Einwanderung als Chance für die Gesellschaft der europäischen Staaten zu sehen ist, dass sie aber nicht die einzige Lösung für das Problem der Alterung der europäischen Bevölkerung sein kann. Die für die Gewährleistung des sozialen Zusammenhalts in einem mehr und mehr multikulturellen Umfeld wie dem Europa des 21. Jahrhunderts maßgebliche Politik zur Eingliederung der Zuwanderer, insbesondere junger Menschen und älterer Einwanderer, sollte sich auf den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich erstrecken. Die unzureichende Integration der Zuwanderer kann jedoch kurzfristig das Risiko eines Anstiegs der staatlichen Sozialausgaben mit sich bringen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Bekämpfung der Diskriminierung (in erster Linie aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Minderheit) intensiviert werden und die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu angehalten werden sollten, Informationen über bewährte Verfahrensweisen auszutauschen;

1.13

ist der Ansicht, dass die Instrumente der Gemeinschaft, insbesondere der Rechtsrahmen für die Bekämpfung der Diskriminierung, die Strukturfonds und die Beschäftigungsstrategie in aktiver Weise dazu beigetragen werden, die Eingliederung der Zuwanderer in die europäische Werteskala zu verstärken;

1.14

ist der Ansicht, dass eine angemessene Migrationspolitik der Europäischen Union den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Probleme im Zusammenhang mit der Einwanderung entschieden helfen kann; außerdem kann sie sowohl die Integration der sich legal in der Union aufhaltenden Einwanderer erleichtern wie auch einen wesentlichen Fortschritt bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung ermöglichen und dem auf dem Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten der Union bestehenden Bedarf an Gastarbeitern gerecht werden;

Eine neue Solidarität zwischen den Generationen

1.15

hebt mit Nachdruck die Notwendigkeit einer vielschichtigen Erziehung des Kindes zu einer soziokulturellen und werteorientierten Persönlichkeit hervor, die in der Lage ist, ein erfülltes Leben zu führen und auf verschiedene Lebenssituationen aus einer Vision eigener Vorstellungen heraus zu reagieren. Ein stabiles familiäres Umfeld schafft die Voraussetzungen für eine gesunde physische und psychische Entwicklung der Kinder und ermöglicht auf diese Weise das reibungslose Funktionieren des wirtschaftlichen und sozialen Gefüges der Gesellschaft;

1.16

unterstreicht die Notwendigkeit, Minderjährige als aktive, teilhabende und kreative Personen anzusehen, die in der Lage sind, ihr persönliches und gesellschaftliches Umfeld zu verändern, und die dazu beitragen können, ihre Bedürfnisse zu ermitteln und diesen ebenso wie den Bedürfnissen ihrer Mitmenschen gerecht zu werden, und er betont, dass der wesentliche Inhalt der Rechte der Minderjährigen keinesfalls aufgrund fehlender grundlegender Ressourcen der Gesellschaft geschmälert werden darf.

1.17

ist der Auffassung, dass die Rolle, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in zahlreichen Mitgliedstaaten im Bereich der Bildung spielen, anerkannt werden muss; betont, dass die Veränderungen in der Erstausbildung dem neuen Verständnis über das lebenslange Lernen Rechnung tragen, dessen Grundanforderungen darin bestehen, einen gleichen Zugang aller zur Bildung zu gewährleisten und eine vollständige Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die Erwachsenenbildung muss unter Berücksichtigung der Vielschichtigkeit der Bildungsanforderungen der einzelnen Gruppen mit der Schulbildung verknüpft werden;

1.18

ist der Meinung, dass das Bildungssystem die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Übergang junger Menschen aus der Schule ins Erwerbsleben schaffen kann, sofern die Erstausbildung mit der Beschäftigung und weiterer Bildung verbunden wird, also Bildung und die berufliche Praxis miteinander kombiniert werden, und sofern ein gut organisiertes Informations- und Beratungssystem insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene vorhanden ist;

1.19

ist der Ansicht, dass kurzfristige Wechselmöglichkeiten zwischen Voll- und Teilzeitarbeit für Männer und Frauen, flexible Arbeitszeiten oder neue Formen der Beschäftigung (beispielsweise Heimarbeit u.ä.), dazu beitragen können, dass den besonderen Bedürfnissen aller Altersgruppen Rechnung getragen wird, was zur Modernisierung der Arbeitsorganisation führt;

1.20

ist davon überzeugt, dass das am 23./24. März 2001 formulierte Ziel des Europäischen Rates von Stockholm, die durchschnittliche Beschäftigungsquote älterer Männer und Frauen (zwischen 55 und 64) bis 2010 auf 50 % anzuheben, nur dann erreicht werden kann, wenn der Anstieg des durchschnittlichen Lebensalters der Beschäftigten mit einer Verbesserung der Arbeitsorganisation, insbesondere im Bereich des lebensbegleitenden Lernens, einhergeht;

1.21

ist der Meinung, dass Senioren verstärkt in Projekte und Maßnahmen des bürgerschaftlichen Engagements eingebunden werden sollten. Sei es in der Kinder- und Jugendbetreuung, bei der Seniorenbetreuung oder im kulturellen Bereich sowie bei der Pflege und Betreuung von Hochbetagten. Betreuung und nachbarschaftliche Fürsorge von Senioren für Senioren verhindern Vereinsamung, stärken die Gesundheit und erhalten die gesellschaftliche Integration von Senioren;

1.22

ist der Ansicht, dass die Teilnahme der Senioren am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben durch die Förderung der Schaffung entsprechender Bedingungen am Arbeitsplatz gewährleistet werden kann, denn die Senioren sollen unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten weiterhin erwerbstätig sein können. Es ist keinesfalls gesichert, dass ältere erwerbstätige Bürger weniger produktiv sind als jüngere Arbeitnehmer. In gesellschaftlicher Hinsicht ist es notwendig, die Senioren zur Unterstützung ihrer Kinder durch die Weitergabe ihrer persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen zu motivieren;

1.23

ist der Ansicht, dass die Mobilität der Rentner zwischen den Mitgliedstaaten die Schaffung eines Rechtsinstruments erfordert, das die Fragen des Sozialschutzes und der Gesundheitsfürsorge im Rahmen der Migration innerhalb der EU regelt;

1.24

ist der Meinung, dass zwischen Altersrente und Leistungen für Fürsorgebedürftige klar unterschieden werden sollte;

1.25

ist der Ansicht, dass die Ungleichheiten zwischen pensionierten Männern und Frauen zurückzuführen sind auf die großen Unterschiede bei der Entlohnung und den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten von Männern und Frauen und das Fehlen von Bildungschancen für Frauen; ferner auf die unzureichenden Bemühungen seitens der Politik, Berufs- und Privatleben vereinbar zu machen, sowie auf die in den meisten Staaten der Europäischen Union vorliegenden Unzulänglichkeiten bei den sozialen Diensten. Eine echte Politik der Chancengleichheit von Mann und Frau, verbunden mit der Förderung von Sonderurlaubsregelungen für Männer zwecks Kinder- oder Altenbetreuung, kann dazu beitragen, die Situation der Frauen im Ruhestand zu verbessern. Der Staat muss sich bei der Bekämpfung der Armut von älteren Frauen, engagieren;

1.26

ist der Ansicht, dass eine Unterstützung der Senioren sich auf die Prinzipien der traditionellen Bildung sowie des modernen, lebenslangen Lernens stützen könnte (z.B. in Form des sog. e-Learnings). Im Rahmen der Einführung neuer Formen beruflicher Tätigkeit sollten die Heimarbeit gefördert und das Internet sowie andere moderne Technologien genutzt werden. Die Senioren sollten sich stärker am öffentlichen Leben beteiligen, sie sollten ermutigt werden, dem Arbeitsmarkt länger zur Verfügung zu stehen, wodurch der Gesellschaft bedeutende berufliche und wirtschaftliche Ressourcen erwachsen würden.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

befürwortet die Beschäftigungs- und Sozialpolitik der EU, durch die ein Ansatz zur systematischen Berücksichtigung des Lebens insgesamt verfolgt wird, um die Reformen sowie die Umsetzung der Agenda von Lissabon zu unterstützen;

2.2

empfiehlt, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in ihren Zuständigkeitsbereichen eine umfassende Politik formulieren, die auf die Entwicklung der Minderjährigen durch geeignete Maßnahmen abzielt, und zwar insbesondere in Bezug auf die in der Gesetzgebung jedes einzelnen Mitgliedstaates und in der Grundrechtscharta im Kapitel zu den Rechten des Kindes verankerten Rechte;

2.3

ist der Überzeugung, dass die EU bei den Akteuren in Politik und Wirtschaft das Bewusstsein für die Bedeutung eines das ganze Leben berücksichtigenden Konzeptes schärfen und bei allen politischen Initiativen anhand einer Folgenabschätzung untersuchen sollte, inwiefern dieser Ansatz berücksichtigt wurde. Untersucht werden sollten Initiativen der EU in den Bereichen Arbeitsqualität, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Arbeitszeit, lebenslanges Lernen, Betreuung von Kindern und anderen Angehörigen, Lebensqualität, Chancengleichheit, soziale Eingliederung sowie Modernisierung der Bestimmungen zur Sozialversicherung;

2.4

betont, dass die EU in verschiedenen politischen Gremien wie dem Ministerrat, beim sozialen und zivilen Dialog und in den betroffenen Gemeinschaftsagenturen weitere Diskussionen als Folgemaßnahmen zum Grünbuch „Angesichts des demografischen Wandels“ über die Bedeutung einer das ganze Leben berücksichtigenden Politik anregen sollte;

2.5

ist davon überzeugt, dass die EU in höherem Maße Forschungen fördern sollte, die darauf abzielen, den Wissensstand über den sich verändernden Ablauf des Arbeitslebens und die Auswirkungen auf die Bereiche Einkommen, Beschäftigung, Bestimmungen zur sozialen Sicherheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf während des ganzen Lebens zu erhöhen;

2.6

ruft sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten dazu auf, sich für ein günstigeres soziales Klima und die Schaffung besserer Bedingungen für Familien, Kinder und Eltern sowie erziehende Personen einzusetzen;

2.7

betont, dass die Propagierung der Familie ein Schlüsselfaktor für eine Trendumkehrung bei den demografischen Entwicklungen in der EU ist, welcher die Lebensfähigkeit der Wirtschaft und den sozialen Frieden in der Zukunft gefährden. Auf regionaler wie auch auf lokaler Ebene muss eine wirksame Familienpolitik auf Grundlage des Subsidiaritätsprinzips und der Zusammenarbeit eines weiten Spektrums von Mitgliedern der Zivilgesellschaft realisiert werden.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 287 vom 22.11.2002, S. 1.

(2)  ABl. C 109 vom 30.4.2004, S. 46.

(3)  ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 7.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/65


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle — eine Rahmenstrategie“ und dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) — Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft“

(2006/C 115/14)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle — eine Rahmenstrategie“ (KOM(2005) 224 endg.) und den „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) — Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft“ (KOM(2005) 225 endg. — 2005/0107 (COD));

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 1. Juni 2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa sowie die künftige Stellungnahme des AdR zu dieser Entschließung;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 25. Juli 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema Gleichbehandlung (CdR 513/99 fin) (1);

gestützt auf die Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG (zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf);

gestützt auf seine Stellungnahme zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (CdR 19/2004 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Grünbuch zum Thema „Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union“ (KOM(2004) 379 endg.) (CdR 241/2004 fin) (3);

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 226/2005 rev. 1), der am 23. September 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommen wurde (Berichterstatter: Herr Peter Moore, Mitglied des Rats des Großraumbezirks Sheffield (UK/ALDE);

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

der Vertrag über die Europäische Union (Artikel 13 EUV) setzt das grundlegende Ziel der Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung;

2)

die im Dezember 2000 in Nizza verabschiedete EU-Grundrechtecharta, die in den Vertrag über eine Verfassung für Europa aufgenommen wurde (Artikel II-81), beinhaltet ein umfassendes Diskriminierungsverbot: „Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten“;

3)

die Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse (2000/43/EG) und die Rahmenrichtlinie zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung (2000/78/EG) hätten bis Ende 2003 von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden sollen;

4)

die Sozialpolitische Agenda 2005-2010, die die Lissabon-Strategie ergänzt und unterstützt, spielt eine Schlüsselrolle bei der Förderung der sozialen Dimension des Wirtschaftswachstums, und zu den Prioritäten der Sozialpolitischen Agenda gehört die Förderung von Chancengleichheit für alle;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 16. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

I)   Ergebnis der Konsultation zum Grünbuch

1.1

begrüßt das Bemühen der Kommission, die Kommentare und Rückmeldungen zu berücksichtigen, die von 1 500 Organisationen in Reaktion auf die Konsultation zu dem im Mai 2004 von der Kommission angenommenen Grünbuch „Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union“ eingegangen waren;

1.2

stellt fest, dass sich neben dem Ausschuss der Regionen auch zahlreiche lokale und regionale Gebietskörperschaften und deren Verbände am Konsultationsverfahren beteiligt haben;

1.3

unterstreicht, dass das auf lokaler und regionaler Ebene am Grünbuch gezeigte Interesse die Tatsache widerspiegelt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine bedeutende Rolle bei der Durchführung von Strategien zur Bekämpfung von Diskriminierungen und zur Förderung von Chancengleichheit für alle spielen. Dies ist weitgehend auf ihre Rolle als wichtige Arbeitgeber und ihre Verantwortung als Anbieter und Abnehmer von Waren und Dienstleistungen zurückzuführen;

1.4

nimmt dankbar zur Kenntnis, dass die Kommission einige der vom Ausschuss in seiner Stellungnahme zum Grünbuch dargelegten Anliegen berücksichtigt hat, insbesondere in Bezug auf die Bemühungen um eine bessere Umsetzung der Nichtdiskriminierungsgesetze, Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen, die Einbeziehung der Akteure und die Notwendigkeit, die Verfahren zur Überwachung und Berichterstattung zu verbessern;

II)   Einen wirksamen rechtlichen Schutz gegen Diskriminierungen gewährleisten

1.5

begrüßt den Vorschlag, einen umfassenden Jahresbericht über die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG zu erstellen;

1.6

begrüßt die für Anfang 2006 vorgesehene Veröffentlichung von Berichten der Kommission an den Rat und das Parlament über den Stand der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG;

1.7

hebt jedoch hervor, dass die Umsetzung der Maßnahmen gegen Diskriminierung durch die Mitgliedstaaten bislang zu wünschen übrig lässt;

III)   Bewertung der Notwendigkeit einer Ergänzung des gegenwärtigen Rechtsrahmens

1.8

weist die Kommission erneut darauf hin, dass sich bedauerlicherweise eine Rangfolge hinsichtlich des Schutzes der einzelnen, unter Artikel 13 fallenden Gruppen herausgebildet hat, und dass ein umfassenderer und vollständiger politischer Rahmen in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Behinderungen, Religion und Glauben sowie sexuelle Orientierung noch aussteht;

1.9

weist darauf hin, dass bei der Frauenbeschäftigung zwar Fortschritte zu verzeichnen sind, Frauen jedoch ungeachtet eines hohen Bildungsstandes und trotz gleicher Arbeit und gleicher Position weiterhin schlechter bezahlt werden als Männer. Zudem sehen die Arbeitgeber den Geschlechtsunterschied im Hinblick auf Schwangerschaft und Mutterschaft nach wie vor nicht positiv;

1.10

weist auf die besondere Situation von Migrantinnen in Beruf und Beschäftigung sowie im zwischenmenschlichen und familiären Bereich hin und spricht sich dafür aus, diese mit Blick auf das Jahr 2008 in einer spezifischen Studie zu untersuchen;

1.11

nimmt mit Interesse den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, eine Studie über die Durchführbarkeit neuer Initiativen zur Ergänzung des gegenwärtigen Rechtsrahmens durchzuführen;

IV)   Mainstreaming der Nichtdiskriminierung und der Chancengleichheit für alle

1.12

pflichtet der Feststellung bei, dass Gesetzgebung allein schwerlich die komplexen und tief verwurzelten Verhaltensmuster verändern kann, die Ursache der Ungleichbehandlung bestimmter Gruppen sind, und dass Instrumente für das Mainstreaming der Nichtdiskriminierung entwickelt werden sollten. Dies dürfte es auch ermöglichen, das Gewicht stärker auf Mehrfachdiskriminierungen zu legen;

1.13

wiederholt seine Empfehlung, als Querschnittsmaßnahme zur Gleichstellung Verfahren einzuführen, die sicherstellen, dass die Grundsätze und Aspekte der Gleichstellung bei der Konzipierung, Verwaltung und Bewertung aller Maßnahmen und Politikfelder ausreichend Berücksichtigung finden;

1.14

merkt an, dass der Verfassungsvertrag die Instrumente der Europäischen Union zur Bekämpfung von Diskriminierung weiter stärkt, indem das Diskriminierungsverbot in Artikel II-81 ausgeweitet, in Artikel III-118 eine horizontale Nichtdiskriminierungsklausel festgeschrieben und in Artikel III-125 die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Verabschiedung von Antidiskriminierungsvorschriften gestärkt wird. Unabhängig von der Ratifizierung des Verfassungsvertrags bietet Artikel 13 EG-Vertrag bereits eine Rechtsgrundlage für die Entwicklung eines Mainstreaming-Ansatzes für sämtliche Diskriminierungsgründe;

V)   Innovation und bewährte Praktiken fördern und davon lernen

1.15

ist der Ansicht, dass die Bildung ein wichtiges Mittel zur Diskriminierungsbekämpfung ist und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf diesem Gebiet eine wesentliche Rolle spielen;

1.16

begrüßt die Absicht der Kommission, den Austausch von Erfahrungen und bewährten Praktiken zwischen zahlreichen Akteuren zu fördern, und ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hierbei maßgebliche Akteure sein sollten;

1.17

begrüßt zwar, dass in den Vorschlägen für die Strukturfonds nach 2006 mehr Gewicht auf die Geschlechtergleichstellung gelegt wird, ist sich aber auch bewusst, wie wichtig ein horizontaler Ansatz zur Bekämpfung der Diskriminierung ist;

1.18

ist der festen Überzeugung, dass die Finanzierungsprogramme zur Förderung des Austauschs bewährter Praktiken und des Voneinanderlernens keinen übermäßigen bürokratischen Aufwand im Hinblick auf die verwaltungstechnischen Auflagen mit sich bringen sollten, da dadurch die Inanspruchnahme der verfügbaren Mittel behindert werden könnte;

1.19

erkennt die wertvolle Arbeit der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an und vermerkt die Absicht, sie durch eine neue Agentur für Grundrechte zu ersetzen; er fordert nachdrücklich die Bereitstellung angemessener Ressourcen für die neue Agentur, damit sie ihre Rolle bei der Bekämpfung der Diskriminierung in vollem Umfang spielen kann;

VI)   Sensibilisierung und Zusammenarbeit mit Stakeholdern

1.20

ist der Ansicht, dass Sensibilisierungsinitiativen von entscheidender Bedeutung für die verstärkte Aufklärung der Öffentlichkeit über ihre Rechte auf EU-Ebene sind, und hält es für wichtig, diese auf Kinder und Jugendliche auszurichten;

1.21

verweist darauf, dass insbesondere in ländlichen Gebieten und in Gebieten, in denen beispielsweise eine kleine ethnische Minderheit lebt, die Pflege von Beziehungen zu Minderheitengruppen und lokalen Gruppierungen wesentlich ist;

1.22

unterstützt die Initiative, das Jahr 2007 zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle auszurufen, und hält den Zeitpunkt für sehr gut gewählt, da dann seit dem Europäischen Jahr gegen den Rassismus und dem Vertrag von Amsterdam, der aufgrund der mit ihm eingeführten neuen Rechtsvorschriften zur Gleichstellung von Bedeutung war, zehn Jahre vergangen sein werden;

1.23

weist auf die Gefahr hin, dass sich — wenn der Schwerpunkt zu stark auf Großveranstaltungen mit Breitenwirkung gelegt wird — die Aufmerksamkeit zu sehr auf die Hauptveranstaltungen konzentrieren könnte, möglicherweise zum Nachteil der auf lokaler Ebene und in den Gemeinwesen durchgeführten Maßnahmen;

1.24

billigt die für das Europäische Jahr ausgewählten Themen, nämlich Rechte, Anerkennung, gesellschaftliche Präsenz sowie Respekt und Toleranz;

1.25

ist der Auffassung, dass eine direkte Verbindung zu dem für 2008 vorgeschlagenen Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs hergestellt werden sollte und sich alle Aktionen im Jahr 2007 gegenseitig ergänzen und aufwerten sollten;

1.26

betont, dass die Rolle der Medien für den Erfolg des Europäischen Jahres ausschlaggebend sein wird. Gebührende Aufmerksamkeit sollte der Rolle der lokalen Medien gewidmet werden. Durch entsprechende Kontakte zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und den lokalen Medien kann die Sensibilisierung der Öffentlichkeit während dieses Jahres gefördert werden;

1.27

unterstreicht die Notwendigkeit, die lokale und regionale Verwaltung zu konsultieren, da auf dieser Ebene viele Maßnahmen der EU-Politik umgesetzt werden, die häufig mit einem erheblichen administrativen und finanziellen Aufwand verbunden sind. Eine gute Politikgestaltung und Rechtsetzung setzt die Mitwirkung der Schlüsselakteure voraus;

VII)   Bekämpfung der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung benachteiligter ethnischer Minderheiten

1.28

pflichtet der Kommission in ihrer Einschätzung der Situation der Roma als besorgniserregend bei und befürwortet die Einsetzung einer hochrangigen Beratergruppe zum Thema Integration von benachteiligten ethnischen Minderheiten in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

Durchführung bestehender Rechtsvorschriften

2.1

erinnert den Generalsekretär des AdR an sein Ersuchen, die Personalpolitik des Generalsekretariates und das Profil seiner Mitarbeiter auf die Einhaltung der neuen Rechtsvorschriften hin zu prüfen und dem Präsidium und der Fachkommission ECOS innerhalb der nächsten sechs Monate diesbezüglich Bericht zu erstatten;

2.2

fordert die nationalen Delegationen des AdR auf, sicherzustellen, dass die für die Mandatsperiode 2006 vorgelegten Vorschlagslisten im Hinblick auf Geschlecht und ethnische Herkunft ausgewogen sind und dass der Rat dies bei den Ernennungen berücksichtigt;

Bewährte Praktiken fördern und davon lernen

2.3

wiederholt seine Forderung, dass der AdR einen Leitfaden mit vorbildlichen Maßnahmen gegen Diskriminierungen für Kommunen in ihrer Rolle als Arbeitgeber in Auftrag geben und veröffentlichen sollte. Außerdem sollte sich dieser Leitfaden auch auf die Rolle als Anbieter und Abnehmer von Waren und Dienstleistungen sowie als maßgebliche Kräfte für den Zusammenhalt des Gemeinwesens und die Bekämpfung der Diskriminierung erstrecken, und aus jedem Mitgliedstaat sollten Beispiele für Initiativen zu allen sechs Diskriminierungsgründen gemäß Artikel 13 EGV angeführt werden. Im Falle einer Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und anderen Partnern bei der Bereitstellung dieser Dienstleistungen sind Beispiele für bewährte Praktiken bei der partnerschaftlichen Zusammenarbeit besonders willkommen. Die Veröffentlichung dieses Dokuments sollte so gelegt werden, dass sie mit dem Auftakt des Jahres der Chancengleichheit für alle 2007 zusammenfällt. Der AdR wird gebührend dafür Sorge tragen, dass es zu keinen Überschneidungen mit diesbezüglichen Initiativen der Kommission kommt;

2.4

ersucht die Kommission im Hinblick auf die EU-Finanzierung, nach kreativen Lösungen zu suchen, um kleinen NRO den Zugang zu geringeren Finanzierungsbeträgen zu ermöglichen, wobei dies bei den Verwaltungs- und Berichterstattungsverfahren gebührend berücksichtigt werden müsste;

2.5

unterstreicht, dass eine bessere Datenerfassung, -überwachung und -analyse wichtig ist, um Informationen für die Entwicklung wirksamer politischer Maßnahmen zur Förderung von Gleichheit und zur Bekämpfung von Diskriminierung bereitzustellen. Er betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Erörterungen mit der Kommission über die Ausarbeitung vergleichbarer quantitativer Daten einbezogen werden müssen, anhand derer ermittelt und aufgezeigt werden kann, in welchem Maße Ungleichheiten vorhanden sind. Bei der Datenüberwachung müssen möglichst viele Aspekte potenzieller Diskriminierung abgedeckt werden, nicht nur Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit. Außerdem ist es wichtig, die Auswirkungen verschiedener Arten von Aktionen zu messen und zu ermitteln, ob Änderungen notwendig sind;

Weitere Maßnahmen zur Ergänzung des gegenwärtigen Rechtsrahmens

2.6

wiederholt seine zuvor in seiner Stellungnahme zum Grünbuch erhobene Forderung, die Rechtsvorschriften über den Zugang zu Waren und Dienstleistungen umfassend auf alle unter Artikel 13 fallenden Bereiche auszudehnen;

2.7

schlägt vor, dass sich die Durchführbarkeitsstudie der Kommission, in der mögliche neue Maßnahmen zur Ergänzung des gegenwärtigen Rechtsrahmens untersucht werden, auf die vom AdR bei der Erstellung des Leitfadens mit vorbildlichen Maßnahmen gegen Diskriminierungen gesammelten Daten stützen sollte;

Einbeziehung der Akteure

2.8

ersucht die Kommission, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften konsequent in der gesamten Mitteilung über die Rahmenstrategie sowie im gesamten Dokument über das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle ausdrücklich zu nennen, wenn sie auf die maßgeblichen Akteure verweist;

2.9

betont, dass die lokale und regionale Ebene und der Ausschuss der Regionen in vollem Umfang in sämtliche in der Rahmenstrategie hervorgehobenen Folgemaßnahmen einbezogen werden sollten;

2.10

wünscht insbesondere, dass der Ausschuss der Regionen in den in der Rahmenstrategie umrissenen jährlichen „Gleichstellungsgipfel“ hochrangiger Vertreter einbezogen wird;

2.11

erachtet es für zweckmäßig, bei der von der Kommission geplanten hochrangigen Beratergruppe zum Thema Integration von benachteiligten ethnischen Minderheiten in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt eine lokale/regionale Dimension vorzusehen;

Sensibilisierungsmaßnahmen, einschließlich des Europäischen Jahres der Chancengleichheit für alle 2007

2.12

fordert den britischen Ratsvorsitz auf, dafür zu sorgen, dass dieses Dossier im Rat rasch vorangebracht wird, damit rechtzeitig eine Rechtsgrundlage für das Europäische Jahr gewährleistet werden kann;

2.13

befürwortet die folgenden besonderen Zielsetzungen:

i)

Rechte — die Öffentlichkeit für das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung sensibilisieren. Da die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die den Bürgern am nächsten stehenden gewählten Körperschaften sind, spielen sie hierbei nach Ansicht des Ausschusses eine wesentliche Rolle, insbesondere bei der Verbreitung diesbezüglicher Informationen in den abseits von den größeren Stadtgebieten liegenden Regionen. Der Ausschuss begrüßt die Arbeit, die durch den von der Kommission eingesetzten Bus zur Verbreitung von Informationen über die Rechte der EU-Bürger im Bereich der Chancengleichheit geleistet wurde, und regt an, diese Arbeit nun auch über die Hauptstädte der Mitgliedstaaten hinaus auszudehnen. Um den Einsatz des Busses auf lokaler Ebene zu fördern, sollte ein proaktiver Ansatz unter Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des AdR gewählt werden;

ii)

Gesellschaftliche Präsenz — eine Debatte mit allen Minderheiten anregen über Möglichkeiten, die gesellschaftliche Teilhabe zu stärken, wobei besonderes Gewicht auf eine verstärkte Teilhabe von Roma- und muslimischen Gemeinschaften gelegt wird;

iii)

Anerkennung — die Vielfalt als Wert anerkennen und würdigen;

iv)

Respekt und Toleranz — den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern und Stereotype und Vorurteile abbauen. Ein wichtiges Instrument bei der Erreichung dieses Ziels könnten kulturelle Veranstaltungen wie Musik und Theater oder Sport sein. Die Kommission könnte diese Veranstaltungen fördern und in Zusammenarbeit mit lokalen, regionalen und nationalen Gebietskörperschaften sowie der Zivilgesellschaft sicherstellen, dass die Veranstaltungen in allen teilnehmenden Länder durchgeführt werden und in einem großen europäischen Festival gipfeln, das das Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) und das Jahr des Interkulturellen Dialogs (2008) miteinander verbindet. Dieses Festival sollte in einem der beiden Länder stattfinden, die 2008 den Vorsitz innehaben (Slowenien/Frankreich);

2.14

teilt die Ansicht der Kommission, dass die teilnehmenden Länder eine nationale Koordinierungsstelle benennen sollten, der Vertreter der Regierung, der Sozialpartner, der Zielgruppen und anderer Gruppen der Zivilgesellschaft angehören, fordert aber die einzelnen Koordinierungsstellen auf, Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einzubeziehen;

2.15

hält die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu an, bei der Werbung für Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit, die von ihnen im Jahr 2007 durchgeführt werden, das Logo für das Europäische Jahr zu verwenden;

2.16

schlägt vor, dass der AdR ebenso wie bei anderen „Europäischen Jahren“ Anfang 2007 eine Konferenz zum Auftakt des Europäischen Jahres veranstaltet.

Brüssel, den 16. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 226 vom 8.8.2000, S. 1.

(2)  ABl. C 121 vom 30.4.2004, S. 25.

(3)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 62.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/69


Entschließung des Ausschusses der Regionen zu dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und zu den Prioritäten des Ausschusses der Regionen für 2006

(2006/C 115/15)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf das Arbeitsprogramm der Kommission für 2006 „Das ganze Potenzial Europas freisetzen“ (KOM(2005) 531 endg.);

gestützt auf die strategischen Ziele 2005-2009 (KOM(2005) 12 endg.);

gestützt auf das strategische Mehrjahresprogramm 2004-2006 der sechs Mitgliedstaaten, die in diesem Zeitraum nacheinander den Vorsitz innehaben;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Der Beitrag der Kommission in der Zeit der Reflexion und danach: Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion“ (KOM(2005) 494 endg.);

gestützt auf das Protokoll über die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen (DI CdR 81/2001 rev. 2);

gestützt auf die Entschließung des Ausschusses der Regionen zur Neubelebung der Lissabon-Strategie (CdR 518/2004);

gestützt auf die Entschließung des Ausschusses der Regionen zu dem künftigen Finanzrahmen 2007-2013 (CdR 203/2005);

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind für die Umsetzung eines Großteils der Maßnahmen der Europäischen Union zuständig.

Würden die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Festlegung der Prioritäten der Europäischen Union mitwirken, so wären die Maßnahmen der EU in viel höherem Maße demokratisch legitimiert.

Der Ausschuss der Regionen wird seine Prioritäten für die nächsten vier Jahre im Februar 2006 zu Beginn seiner vierten Mandatsperiode (2006-2010) festlegen.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) folgende Entschließung:

Der Ausschuss der Regionen —

FINANZIELLE VORAUSSCHAU

ist der Auffassung, dass unter britischem Vorsitz unbedingt ein Beschluss über eine ambitionierte Finanzvorschau zustande kommen muss, damit die Europäische Union ihre Aufgaben erfüllen und eine größere Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern erhalten kann, um sie wieder auf den Weg der Reformen zurückzubringen, um den europäischen Mehrwert einer gemeinsamen Kohäsions- und Agrarpolitik zu sichern und um die Marschroute für eine wahrhaft gemeinschaftliche Forschungs- und Innovationspolitik abzustecken;

PHASE DES NACHDENKENS

bekräftigt, wie wichtig ihm die Errungenschaften des Verfassungsvertrags sind, der im Vergleich zu den bestehenden Verträgen beträchtliche Verbesserungen hinsichtlich der Funktionsweise, Einfachheit und Transparenz der EU bringt, wodurch ein besseres Regieren in Europa gewährleistet wird;

empfiehlt der Europäischen Kommission, seinem Vorschlag für einen Fahrplan für eine dezentrale Debatte in der Phase des Nachdenkens Rechnung zu tragen, die getreu dem Konzept der Bürgernähe in den Städten und Regionen Europas über Sinn und Zweck der Europäischen Union, ihren Mehrwert, ihre Grundwerte und ihre Politik geführt wird;

ersucht die Europäische Kommission, im Rahmen der Durchführung des Plans D wie auch ihrer künftigen Informations- und Kommunikationspolitik einen ehrgeizigen, entschlossenen und vor allem dezentralen Ansatz zu verfolgen, um die Bürgerinnen und Bürger für das europäische Projekt einzunehmen;

bekundet in diesem Zusammenhang seine Bereitschaft, seine Handlungsmöglichkeiten gegenüber regionalen und kommunalen öffentlichen Stellen und regionalen und lokalen Medien, die unentbehrliche Mittler in der Kommunikation mit den Bürgern sind, wahrzunehmen, und ersucht daher um eine Aufstockung der ihm zur Verfügung stehenden Finanzmittel, damit er einen wirkungsvollen Beitrag zur Phase des Nachdenkens leisten kann;

REGIEREN IN EUROPA

begrüßt es, dass die Europäische Kommission von dem Ansatz ausgeht, dass die Europäische Union ihre Ziele nur erreichen wird, wenn diese von allen ihren Institutionen, den nationalen, regionalen und lokalen Regierungen und von den Bürgern selbst gemeinsam verfolgt werden, und hofft, dass diese Partnerschaft bei der Entwicklung und Durchführung der EU-Politik ihren Niederschlag insbesondere in folgenden Elementen findet:

in Überlegungen, wie dreiseitige Zielvereinbarungen und -verträge zu den Mechanismen für die Neubelebung der Lissabon-Strategie beitragen könnten;

in einer systematischen Konsultation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in einem frühen Stadium der Erarbeitung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, und zwar unabhängig vom weiteren Verlauf der Ratifizierung des Verfassungsvertrags;

in einer weiteren durchgängigen Anwendung der neuen Methode der Folgenabschätzung der wichtigsten Initiativen der Europäischen Kommission und seiner Einbeziehung in das Folgenabschätzungsverfahren;

in der Aufnahme eines Kapitels mit regionalem Bezug in die nationalen Aktionspläne zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften;

in einer besonderen Beachtung der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und ihrer Auswirkungen auf die Gesetzgebung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

begrüßt die von der Kommission beabsichtigte Intensivierung des Konsultations- und Gesetzesfolgenabschätzungsprozesses im Rahmen des Ziels einer besseren Gesetzgebung. Vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen der gemeinsamen Handelspolitik auf die Regionen und Kommunen wird die Kommission aufgefordert, den AdR auch bei Initiativen der gemeinsamen Handelspolitik anzuhören, insbesondere bei der Ausarbeitung der Empfehlungen für Verhandlungsmandate für internationale Handelsabkommen;

fordert die Europäische Kommission daher auf, seine Möglichkeiten einer stärker vorausblickenden Beurteilung vor einem Tätigwerden der Gemeinschaft durch Prospektivstellungnahmen zu künftigen Gemeinschaftsmaßnahmen und deren Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie durch Wirkungsberichte über die Folgen bestimmter Richtlinien auf lokaler und regionaler Ebene zu nutzen;

betont, dass im Rahmen der Anstrengungen der Kommission zur Kodifizierung und Neufassung von Legislativvorschlägen „bessere Rechtsetzung“ nicht unbedingt „weniger Rechtsetzung“ heißen muss. So sollte bei jeder Rücknahme einer Legislativmaßnahme durch die Kommission der zusätzliche Nutzen für die Gemeinschaft geprüft werden, der die Legislativmaßnahme rechtfertigen könnte;

WOHLSTAND

bringt erneut seine Überzeugung zum Ausdruck, dass allen drei Pfeilern der Lissabon-Strategie — Wirtschaft, Soziales und Umweltschutz — dieselbe Aufmerksamkeit geschenkt werden muss;

fordert die Europäische Kommission auf, bei der Revision und Implementierung der „Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung“ die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Verwirklichung von mehr Wachstum und Beschäftigung in der EU zu bedenken;

betrachtet Zusammenhalt und Wettbewerbsfähigkeit als zwei Ziele, die einander stärken und parallel verfolgt werden müssen: durch die Erschließung von brachliegendem lokalem und regionalem Potenzial und Kapital kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Gebiets verbessert und ein positiver Beitrag zur Verwirklichung von territorialem Gleichgewicht und Zusammenhalt geleistet werden. Er teilt auch die Auffassung, dass die Wettbewerbsfähigkeit von einem funktionierenden Binnenmarkt abhängt, und weist darauf hin, dass dabei Grenzregionen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss;

hält es für notwendig, die Verwaltungsstrukturen der Lissabon-Strategie in den Mitgliedstaaten so anzupassen, dass eine unmittelbarere und engere Integrierung der Strukturfondsunterstützung und der Lissabon-Strategie ermöglicht wird;

schließt sich voll und ganz der Einschätzung der Kommission an, dass die Globalisierung eine Realität ist, die wir annehmen müssen, wenn wir in Europa wieder ein dynamisches Wachstum und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze erreichen wollen; dabei muss der Schwerpunkt insbesondere auf der Antizipierung und Flankierung globalisierungsbedingter Umstrukturierungen liegen;

fordert die Europäische Kommission auf, auch künftig darauf hinzuarbeiten, dass Hemmnisse für die Mobilität der Bürger abgebaut und die Bürger ermutigt werden, Arbeitsgelegenheiten in der gesamten EU wahrzunehmen, was für die Dynamik der Wirtschaft unentbehrlich ist;

stellt fest, dass Bildung und Ausbildung entscheidende Instrumente für die Verwirklichung der Lissabon-Ziele und die Einbindung aller Europäer in die wissensbasierte Gesellschaft sind. Er nimmt in diesem Zusammenhang zustimmend zur Kenntnis, dass die Kommission den Schwerpunkt auf die Anerkennung von Befähigungsnachweisen, die Steigerung der Mobilität und die Förderung des Unternehmergeistes legen wird;

misst der Förderung einer regional und sozial ausgewogenen Informationsgesellschaft, die sicherstellt, dass alle Bürger über die für das Leben und Arbeiten in diesem neuen digitalen Zeitalter erforderlichen Fertigkeiten verfügen, große Bedeutung bei. Der AdR wird wie schon in der Vergangenheit auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung netzgestützter Dienste und elektronischer Behördendienste auf lokaler und regionaler Ebene leisten, und betont, dass mit lokalen und regionalen Maßnahmen am effizientesten Ergebnisse erzielt werden könnten;

teilt die Auffassung der Kommission, dass die transeuropäischen Netze auf der Grundlage der Wachstumsinitiative ausgebaut werden müssen, wobei umfangreichen zusätzlichen Ressourcen auch neue Maßnahmen für ein besseres Funktionieren und eine bessere Koordinierung der Netze gegenüberstehen müssen;

vertritt den Standpunkt, dass die transeuropäischen Netze in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie eine wesentliche Voraussetzung sind, um das volle Potenzial der europäischen Wirtschaft zu erschließen, das erweiterte Europa zu verbinden und den territorialen Zusammenhalt zu verbessern;

SOLIDARITÄT

befürwortet die Absicht, die Anstrengungen auf eine angemessene Programmplanung für die neue Generation von Strukturfonds zu konzentrieren, weist in diesem Zusammenhang jedoch auf die administrativen und finanziellen Konsequenzen hin, die die immer noch ausstehende Einigung über die Finanzielle Vorausschau für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hat;

verfolgt besonders aufmerksam die Verwirklichung des Ziels der territorialen Zusammenarbeit in Europa, insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der förderfähigen Regionen, der Vereinfachung der Verwaltungsverfahren und der Übereinstimmung der unter diesem Ziel durchgeführten Maßnahmen mit den europäischen strategischen Leitlinien;

empfiehlt dringend, dass künftige, aus den Strukturfonds zu finanzierende Programme Probleme in den Bereichen Stadtsanierung, Bekämpfung der Verarmung, besondere Wohnungsbaumaßnahmen, wirtschaftliche Umstrukturierung und öffentlicher Verkehr, die verstärkt in Ballungsräumen auftreten, zum Gegenstand haben sollten, erkennt gleichwohl die Bedeutung aller europäischen Regionen an und hebt hervor, dass in künftigen Programmen ein Stadt-Land-Ausgleich anzustreben ist;

fordert die Mitgliedstaaten und ihre Gebietskörperschaften auf, die ESF-Mittel zielgerichtet zur Unterstützung von städtischen Gebieten, die von Gewalt heimgesucht sind, einzusetzen. Der Ausschuss hegt die Erwartung, dass die Kommission die Gemeinschaftsinitiative URBAN II und deren Ziele in die künftigen Strukturfonds überführen wird;

begrüßt nachdrücklich den wertvollen Beitrag des neuen Rechtsinstruments „Europäischer Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ zur Förderung von Kooperationsinitiativen zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und betont, dass die Kontrollverfahren in der Aufbauphase der EVGZ nicht zu schwerfällig gestaltet werden dürfen. Der Ausschuss hat eine Plattform der lokalen und regionalen Akteure der Zusammenarbeit eingerichtet, die das Verfahren zur Verabschiedung der Verordnung und Initiierung der ersten EVGZ verfolgen soll;

bekräftigt die Notwendigkeit, eine multifunktionale Landwirtschaft in allen Gebieten Europas aufrechterhalten, da der ländliche Raum 90 % des Gemeinschaftsgebiets ausmacht, und begrüßt die Fortsetzung der GAP-Reform in denjenigen Sektoren, in denen noch keine Reform stattgefunden hat; er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Gelegenheit der anstehenden Reformen genutzt werden muss, um neben neuen Mitteln für den Ausgleich der natürlichen Behinderungen, von denen die ländlichen Betriebe sehr stark betroffen sind, auch Möglichkeiten zu erschließen, die Anreize zur Bewirtschaftung großer Flächen und deren wirtschaftliche Entwicklung ganz allgemein schaffen;

hält es für unerlässlich, die Arbeiten im Bereich der Leistungen der Daseinsvorsorge fortzuführen, die für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften von strategischer Bedeutung sind. Der Ausschuss hebt besonders die Notwendigkeit eines horizontalen, sektorübergreifenden gemeinschaftlichen Referenzrahmens hervor, durch den der Umfang der Leistungen der Daseinsvorsorge, die nicht den Wettbewerbsvorschriften unterliegen, definiert wird. In diesem Zusammenhang wird sich der AdR 2006 mit besonderem Interesse der Mitteilung über die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse widmen;

weist darauf hin, dass der demografische Wandel die Gebietskörperschaften in Europa vor politische, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen stellt. Dieser Wandel muss als Anreiz zum Handeln in allen Bereichen des öffentlichen Lebens begriffen werden, da von dem rechtzeitigen Sich-darauf-Einstellen die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften abhängt. Er ersucht daher die Kommission, im Jahr 2006 konkrete Folgemaßnahmen zum Grünbuch über den demografischen Wandel zu ergreifen;

begrüßt die Initiativen der Kommission zur Entwicklung einer neuen Strategie im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, die es der Europäischen Union ermöglichen wird, auf diesem Gebiet einen kohärenteren Rahmen zu definieren. Er betont, dass insbesondere bei der Festlegung von Gesundheitsindikatoren und bei künftigen Benchmarkings eine echte Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften gewährleistet werden muss;

macht auf die Bedeutung der Chancengleichheit aufmerksam, wo die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Funktion als wichtige Arbeitgeber und ihrer Verantwortung als Anbieter und Abnehmer von Waren und Dienstleistungen eine bedeutende Rolle spielen, und sieht der Mitteilung der Kommission zur Gleichstellungsstrategie mit Interesse entgegen;

begrüßt den Vorschlag, dass 2008 ein europäisches Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen stattfinden soll, und bekräftigt seinen Standpunkt, dass die Wahrung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt eines der Grundprinzipien des europäischen Integrationsprozesses ist, bei dem es nicht um das Gleichmachen von Unterschieden oder die Schaffung einheitlicher Identitäten geht, sondern darum, eine engere Zusammenarbeit und ein größeres Verständnis zwischen den europäischen Völkern zu fördern;

teilt die Auffassung der Europäischen Kommission, dass der Klimawandel mit Hilfe einer ganzen Palette von Maßnahmen in Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen und gemeinsam mit der Privatwirtschaft, dem Gesundheitswesen, Bürgervereinigungen und Interessengruppen im Bildungsbereich sowie mit im Bereich Energieeffizienz tätigen Organisationen bekämpft werden muss;

fordert die Europäische Kommission auf, im Aktionsplan mehr Maßnahmen vorzusehen, die gezielt auf die Energieversorgungs- und -verteilerunternehmen ausgerichtet sind; er schlägt vor, Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz — und insbesondere zur Nutzung erneuerbarer Energieträger — wirtschaftlich zu unterstützen und staatliche Beihilfen für Maßnahmen zuzulassen, die die ökologische Innovation und die Produktivitätsverbesserungen zur Steigerung der Energieeffizienz fördern, um so Innovationsanreize zu setzen, Europa wettbewerbsfähiger zu machen und eine nachhaltige und sichere Energieversorgung zu gewährleisten;

unterstreicht die Notwendigkeit, einen dynamischen maritimen Sektor zu schaffen, der auf nachhaltiger Entwicklung basiert, und dringt darauf, dass der Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich der Bewirtschaftung der maritimen Ressourcen im Rahmen der neuen Meerespolitik der EU voll gewürdigt und berücksichtigt wird;

SICHERHEIT

unterstützt die Verwirklichung der zehn Prioritäten des Haager Programms für die kommenden fünf Jahre, die von einer Bereitschaft und einem Willen zeugen, den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu stärken, und ersucht die Europäische Kommission, einen spezifischen Handlungsplan für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu erarbeiten, sodass die lokale und regionale Dimension im gemeinschaftlichen Ansatz einen adäquateren Niederschlag findet;

pflichtet der Europäischen Kommission in ihrem Eintreten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus bei und wiederholt seinen Vorschlag der Schaffung einer Beobachtungsstelle für die urbane Sicherheit, in der Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten mitwirken, die geeignet sind, alle Informationen über städtepolitische Maßnahmen, die Förderung und Koordinierung der Forschungsanstrengungen, die Erfassung und systematische Aufarbeitung sicherheitsrelevanter Daten zu übermitteln und die insbesondere durch die Verbreitung von Beispielfällen und bewährten Vorgehensweisen sowie den Aufbau regionaler und lokaler Partnerschaften einen Beitrag leisten können;

wiederholt seine Empfehlung, die Strukturfonds zur Unterstützung und Entwicklung von Instrumenten für die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts heranzuziehen, und ersucht die Europäische Kommission, im Rahmen der neuen Finanziellen Vorausschau die diesbezüglichen Leitlinien des dritten Kohäsionsberichts umzusetzen;

teilt die Auffassung, dass die Sicherheit der Verkehrssysteme ein Hauptanliegen von Verkehrsunternehmen und der wichtigsten Beteiligten wie Behörden und Passagiere ist. Die jüngsten terroristischen Gräueltaten in London und Madrid gemahnen eindringlich daran, dass es notwendig ist, die Sicherheit von Verkehrssystemen in der gesamten Europäischen Union verstärkt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken;

dringt darauf, dass die Europäische Kommission grenzüberschreitende Maßnahmen plant und entwickelt, an denen die Grenzregionen aktiv beteiligt werden, und dass die Koordinierung zwischen dem neuen Solidaritätsfonds und den Strukturfonds verbessert wird. Er schlägt vor, die Koordinierung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz zu verbessern, indem in sämtlichen Risikogebieten regionale Katastrophenschutzzentren eingerichtet werden. Aufgabe dieser Zentren wäre die Erfassung von Daten, die Überwachung sowie die Einrichtung eines Frühwarnsystems;

EUROPA ALS PARTNER IN DER WELT

beabsichtigt, sein Engagement für die Sicherung des interkulturellen politischen Dialogs zwischen den Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten, der Kandidatenländer und der Kandidatenanwärterländer fortzusetzen, und ist der Auffassung, dass sich hierfür die Einsetzung eines Gemischten Beratenden Ausschusses mit der Türkei als nützlich erweisen könnte. Der Ausschuss wiederholt sein Ersuchen an die Europäische Kommission, so rasch wie möglich eine konkrete Lösung für die fehlende Rechtsgrundlage zur Schaffung eines Gemischten Beratenden Ausschusses im Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Kroatien und den Ländern des westlichen Balkans zu finden;

bestärkt die Europäische Kommission darin, in enger Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften und der Zivilgesellschaft in den Mitgliedstaaten, in den Kandidatenländern sowie in den potenziellen Kandidatenländern Informationskampagnen auf lokaler und regionaler Ebene über den Erweiterungsprozess der EU zu fördern und zu unterstützen;

unterstützt die Stärkung der Nachbarschaftspolitik im Wege neuer Aktionspläne, ersucht die Europäische Kommission, den Beitrag der grenzüberschreitenden und interregionalen Zusammenarbeit dazu zu berücksichtigen und fordert, an deren Ausarbeitung, Umsetzung und Bewertung beteiligt zu werden;

bekräftigt sein Engagement für eine Stärkung der Partnerschaft Europa-Mittelmeer und seine Forderung nach einer direkteren Teilnahme und Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Europa-Mittelmeer-Prozess und schlägt die Schaffung eines neuen Forums innerhalb des institutionellen Europa-Mittelmeer-Rahmens vor, das die Aufgabe haben soll, zum einen die territoriale und dezentrale Zusammenarbeit zu fördern und zum anderen zur Partnerschaft anzuregen sowie operative Programme für den gesamten Mittelmeerraum auszuarbeiten;

bedauert, dass der Beitrag der europäischen Gebietskörperschaften zur europäischen Entwicklungspolitik nach wie vor weitestgehend verkannt wird, und empfiehlt daher, nochmals den Stellenwert der dezentralen Zusammenarbeit zu bedenken und dabei im Auge zu behalten, dass die Gebietskörperschaften neben anderen Akteuren über das spezifische Wissen und die Erfahrung verfügen, um zum umfassenden Ansatz der Armutsbekämpfung auf globaler Ebene und zu den Bestrebungen zur Umsetzung der UN-Millenniumsziele beizutragen;

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat sowie dem österreichischen und dem finnischen Ratsvorsitz zu übermitteln.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/73


Entschließung „Der Weg in die Zukunft für die Finanzielle Vorausschau 2007-2013“

(2006/C 115/16)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf seine Stellungnahme zur Finanziellen Vorausschau, zur Mitteilung „Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen. Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union 2007-2013“ (CdR 162/2004 fin);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den politischen Herausforderungen und Haushaltsmitteln der erweiterten Union 2007-2013 (A6-0153/2005);

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Dem Europäischen Rat ist es auf seiner Tagung am 16./17. Juni 2005 nicht gelungen, eine Einigung über die Finanzielle Vorausschau zu erzielen;

2)

Der britische EU-Ratsvorsitz ist aufgefordert, die Debatte voranzubringen und auf den erreichten Fortschritten aufzubauen, damit so schnell wie möglich eine Lösung für alle einer Einigung im Wege stehenden Probleme gefunden wird;

3)

Die Finanzielle Vorausschau muss 2005 angenommen werden, damit ab 2007 eine wirkungsvolle Politik für Solidarität, territorialen Zusammenhalt und mehr Wachstum und Arbeitsplätze in Europa möglich ist,

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) folgende Entschließung:

Der Ausschuss der Regionen

1.

wiederholt seine Unterstützung für die ursprünglichen, ausgewogenen Vorschläge der Europäischen Kommission (CdR 162/2004 fin), die auf einer realistischen Einschätzung des Bedarfs beruhen und im Anschluss an eine umfassende Konsultation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften während eines Zeitraums von vier Jahren aufgestellt wurden. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine oben erwähnte Stellungnahme, auf die gemeinsam mit dem Europäischen Parlament am 6. April 2005 angenommene Erklärung sowie auf die Schlusserklärung von Breslau vom 20. Mai 2005;

2.

nimmt die Vorschläge des luxemburgischen Ratsvorsitzes zur Kenntnis und stimmt insbesondere mit dem Europäischen Parlament überein, dass die Finanzielle Vorausschau so konzipiert sein sollte, dass zur Ergänzung der Wettbewerbsfähigkeits- und Wachstumsziele ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, und dass alle europäischen Regionen über die Möglichkeit der Nutzung von Regional- und Strukturfonds verfügen. Dies ist unverzichtbar, wenn die Union ihren Verpflichtungen nachkommen und weiteren Unmut über die Europäische Union in der Öffentlichkeit vermeiden möchte. Jede Kürzung der Obergrenzen würde die Grundlagen der Kohäsionspolitik gefährden und folglich das Solidaritätsprinzip, das letztlich ein markantes und wesentliches Identitätsmerkmal der europäischen Integration und des europäischen Gesellschaftsmodells ist, unterminieren. Haushaltskürzungen in diesem Bereich könnten bei der Mehrheit der früheren EU-15 eine Renationalisierung der Regionalpolitik zur Folge haben, was eindeutig nicht im Sinne der europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften wäre;

3.

betont die übereinstimmenden Ansichten des AdR und des Europäischen Parlaments und verweist auf die wichtige Rolle des EP als gleichberechtigter Partner in den Haushaltsverhandlungen;

4.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Forderungen nach einer Kürzung des EU-Haushalts nicht nachzugeben, und empfiehlt stattdessen, dass die Mitgliedstaaten die EU mit einem Haushalt ausstatten, der es der Union ermöglicht, in den Bereichen wirkungsvoll tätig zu werden, in denen sie erwiesenermaßen einen für die Bürgerinnen und Bürger der Union und deren berufliche und private Umgebung eindeutig erkennbaren Zusatznutzen erbracht hat und auch weiterhin erbringen kann; ist sich bewusst, dass dies eine starke Führung, starke sektorübergreifende Partnerschaften und eine andauernde öffentliche Debatte während der nächsten Monate erfordert, um die Bereiche herauszustellen, in denen die Union diesen Zusatznutzen erbringen kann;

5.

macht die Mitgliedstaaten darauf aufmerksam, dass die Kohäsionspolitik ein Bereich ist, in dem die EU einen wirklichen Zusatznutzen erbringt, da Ausgaben in diesem Bereich auf EU-Ebene eine größere Wirkung und eine stärkere Hebelwirkung als auf nationaler Ebene entfalten. Die Kohäsionspolitik hat ihre Wirksamkeit insbesondere bei der Beseitigung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten zwischen und innerhalb von europäischen Regionen bewiesen, welche das Funktionieren und die Effizienz des EU-Binnenmarkts erheblich beeinträchtigen. Die Kohäsionspolitik ist besonders wichtig für Regionen mit einem Entwicklungsrückstand gegenüber dem EU-Durchschnitt, damit diese die Lissabon-Ziele erreichen können, daher muss sie ausdrücklich als wesentlicher ergänzender politischer Bestandteil aller EU-Strategien für Wachstum und Beschäftigung anerkannt werden;

6.

unterstützt die Bemühungen des Präsidenten der Europäischen Kommission, die Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau wieder anzustoßen, und sieht hierin auch eine Möglichkeit, die Debatte über eine Modernisierung des EU-Haushalts voranzubringen, fordert jedoch eine angemessene finanzielle Mindestausstattung für den Rahmen für diese Vorschläge; nimmt in diesem Zusammenhang die Vorschläge für einen neuen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung sowie die Initiativen JEREMIE und JASPERS zur Kenntnis und vertritt diesbezüglich die Auffassung, dass diese Instrumente eine Ergänzung und keine Alternative zu Haushaltslinien für die Erreichung der Ziele in punkto Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sein sollten;

7.

warnt in diesem Zusammenhang davor, EU-Mittel in rein nationale Maßnahmen zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum fließen zu lassen, da EU-Mittel im Rahmen einer Querschnittsagenda für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit als Teil einer EU-weiten Kohäsionspolitik am besten auf die weitere Stärkung des territorialen Zusammenhalts ausgerichtet werden können; fordert ferner, dass die Kofinanzierungsregeln für die Strukturfonds auch künftig private Kofinanzierungsmöglichkeiten zulassen;

8.

bedauert, dass es auf dem informellen Gipfeltreffen am 27. Oktober 2005 in Hampton Court nicht gelungen ist, die Debatte über die Finanzielle Vorausschau erneut anzustoßen;

9.

ist vor allem besorgt darüber, dass die Verzögerung einer Einigung sich negativ auf die Wahrnehmung der EU durch die Bürger auswirken, den reibungslosen Start des neuen Programmplanungszeitraums gefährden und finanzielle Instabilität bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU verursachen könnte, was sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte — vor allem die neuen Mitgliedstaaten könnten durch die Erfüllung von Verpflichtungen, die während der Übergangszeiträume entstanden und die diese Mitgliedstaaten in Beitrittsverträgen im Vorfeld der jüngsten Erweiterung der Europäischen Union eingegangen sind, vor ernsthafte Probleme gestellt werden;

10.

wiederholt seinen Appell an den britischen Ratsvorsitz, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit Ende des Jahres eine Einigung erzielt werden kann.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/75


Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Die Sicherheit der einzelnen Verkehrsträger und ihre Finanzierung“

(2006/C 115/17)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf das Befassungsschreiben von Kommissionsmitglied Wallström an Präsident Straub vom 3. Juni 2005, in dem der Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zum Thema „Die Sicherheit der einzelnen Verkehrsträger und ihre Finanzierung“ ersucht wird;

gestützt auf das Weißbuch „Europäisches Regieren“, das die Europäische Kommission 2001 vorlegte und in dem der Ausschuss der Regionen aufgefordert wird, „bei der Prüfung der Politik eine proaktivere Rolle zu spielen, beispielsweise durch Erstellung explorativer Berichte, schon bevor die Kommission Vorschläge unterbreitet“;

gestützt auf das Protokoll über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen vom September 2001, in dem der Ausschuss der Regionen „zur Erarbeitung strategischer Dokumente [ermutigt wird], in denen er eine Zwischenbilanz zu Themen zieht, die [die Kommission] als wichtig erachtet; in diesen ‚vorausschauenden Berichten‘ werden Probleme in Bereichen, für die der Ausschuss der Regionen über angemessene Informationsmittel vor Ort verfügt, eingehend analysiert“;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 25. Juli 2005, die Fachkommission für Kohäsionspolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zu den Mitteilungen der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament „Terroranschläge — Prävention, Vorsorge und Reaktion“, „Prävention und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung mithilfe von Maßnahmen zur Verbesserung des Informationsaustausches und zur Förderung der Transparenz und der Rückverfolgbarkeit von Finanztransaktionen“, „Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung bei der Terrorismusbekämpfung“, „Schutz kritischer Infrastrukturen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung“ (KOM(2004) 698 endg. — KOM(2004) 700 endg. — KOM(2004) 701 endg. — KOM(2004) 702 endg.) — CdR 456/2004 fin);

gestützt auf den von der Fachkommission für Kohäsionspolitik am 30. September 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 209/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Neill, Mitglied der London Assembly (UK/EVP));

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Die Sicherheit der Verkehrssysteme ist seit jeher ein Hauptanliegen von Verkehrsunternehmen und der wichtigsten Beteiligten, darunter Behörden und Passagiere. Die jüngsten terroristischen Gräueltaten in London und Madrid gemahnen jedoch eindringlich daran, dass es notwendig ist, die Sicherheit von Verkehrssystemen in der gesamten Europäischen Union verstärkt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Der Ausschuss der Regionen begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, gegen Ende des Jahres 2005 eine Mitteilung zu diesem Thema vorzulegen und dabei auch auf die Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen einzugehen. Die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sollten vorrangig Überlegungen anstellen, wie sie auf diese Mitteilung nach ihrer Veröffentlichung reagieren wollen.

2)

Der AdR begrüßt ferner die Maßnahmen, die auf gemeinschaftlicher und nationaler Ebene in den Bereichen der Luft-, See- und Güterverkehrssicherheit ergriffen bzw. geplant werden.

3)

Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten warnen, dass die Gefahr terroristischer Anschläge auf zivile Einrichtungen auf absehbare Zeit weiter bestehen werde. Diese Bedrohung gilt insbesondere für Verkehrssysteme, da diese regelmäßig von einer großen Zahl von Menschen genutzt werden, oftmals jedoch keine systematischen Sicherheitskontrollen durchgeführt werden können.

4)

Da sie für zahlreiche Verkehrsfragen zuständig sind, kommt den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie den entsprechenden Behörden beim Abwenden dieser Gefahr und bei der Begrenzung der Folgen eines möglichen terroristischen Anschlags eine Schlüsselrolle zu.

5)

Kein Verkehrssystem kann jemals vollkommen sicher sein. Das Risiko eines terroristischen Anschlags wird stets bestehen. Deshalb müssen Strategien zu seiner Reduzierung und Bewältigung entwickelt und/oder auf den neuesten Stand gebracht werden. Als Reaktion auf die terroristischen Anschläge der letzten Jahrzehnte sowie auf die Anschläge vom 11. September 2001 und der darauf folgenden Anschläge beschäftigen sich weltweit Experten mit der Vertiefung der Kenntnisse im Bereich des Risikomanagements. Die Herausforderung besteht nun darin, dieses Wissen auf komplexe Netze wie Verkehrssysteme mit ihren zahlreichen unterschiedlichen Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor anzuwenden und die Frage zu beantworten, wie die dadurch gegenüber den bisherigen Gepflogenheiten erforderlich werdenden Änderungen finanziert werden sollen.

6)

Ein unproblematischer Zugang zu einer leistungsfähigen, angemessen bepreisten Verkehrsinfrastruktur ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens in den EU-Mitgliedstaaten. Einerseits nehmen die EU-Bürger natürlich häufig lokale Verkehrssysteme in Anspruch; andererseits sind sie aber auch auf ein umfassendes Verkehrs- und Logistiknetz angewiesen, das nicht nur Arbeitsplätze und wirtschaftliche Möglichkeiten schafft, sondern auch für die Versorgung mit Grundstoffen, einschließlich der Nahrungsmittelversorgung, unerlässlich ist. Gegen die Bedrohung durch Terrorismus müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, doch dürfen sie keine unverhältnismäßigen Behinderungen des Verkehrsnetzes verursachen. Würde es entsprechend der Absicht der Terroristen zu anhaltenden Verkehrsstörungen großen Ausmaßes kommen, so hätte das ernsthafte Folgen für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der EU.

7)

Zweck des vorliegenden Berichts ist es keineswegs, die gesamte Bandbreite an Aktionen einer Anti-Terror-Strategie zu behandeln. Vielmehr wird der Schwerpunkt auf Aspekte gelegt, die in die Zuständigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften fallen, und vorrangig auf solche, die den Betrieb öffentlicher Verkehrsdienste betreffen. Insbesondere sollen im Folgenden einige Bereiche ermittelt werden, denen die Gebietskörperschaften besondere Aufmerksamkeit schenken sollten (und es in zahlreichen Fällen bereits tun). Ferner soll geprüft werden, inwiefern durch eine Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten auf EU-Ebene noch mehr für die Sicherheit getan werden kann.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Zu behandelnde Themenbereiche

1.   Zusammenarbeit

1.1

Eine effektive Sicherheit der Verkehrsnetze hängt von einer möglichst engen Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ab — angefangen beim Personal vor Ort, das für den Betrieb der Verkehrsdienste sorgt, über ihre Vorgesetzten und die politischen Entscheidungsträger (auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene), denen gegenüber sie rechenschaftspflichtig sind, bis hin zur Polizei und den Geheimdiensten. Zusammenarbeit ist die Voraussetzung für ein konsequentes Auftreten zum Zwecke der Abschreckung und wirksames Handeln im Falle eines Anschlags, um z.B. zu gewährleisten, dass gleichzeitig den Passagieren Hilfe geleistet, Beweismittel sichergestellt und der Betrieb schnellstmöglich wieder aufgenommen werden kann. Die Einbeziehung von Vertretern der höheren Führungsebene in allen Organen ist dabei von wesentlicher Bedeutung.

1.2

Bei einem solchen Zusammenwirken muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Vertraulichkeit dort, wo sie geboten ist, und einem Informationsaustausch zwischen den Behörden, den Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit dort, wo es möglich ist, erzielt werden. Ist der private Sektor beteiligt, beispielsweise als Betreiber von Verkehrsdiensten oder als Anbieter von Dienstleistungen, die in unmittelbarer Nähe von Verkehrsknotenpunkten erbracht werden (z.B. Reinigungsdienste oder Einzelhändler/andere Unternehmen auf Bahnhöfen), so sollte er umfassend in die Sicherheitsstrategien einbezogen werden.

1.3

Die Zusammenarbeit muss sowohl auf die Regionen eines Mitgliedstaates als auch grenzübergreifend in der EU ausgeweitet werden, so dass bewährte Praktiken verbreitet werden können und alle zuständigen Behörden — von den Notdiensten bis hin zu den Verkehrsbehörden — im Falle eines terroristischen Anschlags unverzüglich informiert werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

1.4

Neben der Analyse früherer Anschläge in der EU, insbesondere der Zugattentate von Madrid 2004, sollte die EU auch von anderen Ländern der Welt, in denen ebenfalls terroristische Anschläge verübt wurden (z.B. in New York, Tokio und Moskau) lernen (1). Darüber hinaus sollte auch auf die in anderen Sektoren gemachten Erfahrungen zurückgegriffen werden (beispielsweise durch einen Vergleich der Reaktionen im Luftverkehr mit denen im Land- und Seeverkehr).

1.5

Die grundlegenden Elemente einer europäischen Zusammenarbeit im Bereich Verkehrssicherheit sind bereits vorhanden, doch sollten diese Anstrengungen intensiviert werden. Verkehrsunternehmen arbeiten bereits in Foren wie der Arbeitsgruppe Sicherheit des Internationalen Vereins für öffentliches Verkehrswesen (UITP) zusammen. Die Zusammenarbeit zwischen Bahnpolizei und Eisenbahnunternehmen erfolgt in Europa im Rahmen von COLPOFER (Collaboration des services de police ferroviaire et de sécurité), einem dem Internationalen Eisenbahnverband (UIC) angeschlossenen Gremium (2). Die niederländischen, deutschen, belgischen, italienischen und britischen Bahn- und U-Bahnpolizeikräfte tauschen Informationen und bewährte Praktiken aus und vertiefen ihre Zusammenarbeit im Rahmen von RAILPOL. Die niederländische Polizei hat die Leitung und das Sekretariat von RAILPOL inne, dessen Arbeit teilweise mit EU-Geldern finanziert wird. Weitere Mitgliedstaaten möchten dieser Gruppe beitreten, was unterstützt werden sollte.

2.   Schulung und Planung

2.1

Die Verkehrs- und Notdienste, die bei den jüngsten Anschlägen von London zum Einsatz kamen, wurden für ihre reibungslose Reaktion gewürdigt. Es scheint, dass dies auf eine sachgerechte Ausbildung und Krisenplanung in unterschiedlichen Diensten zurückzuführen war. Ein wirkungsvoller Einsatz der Humanressourcen könnte beispielsweise die Bildung von Teams von Fachleuten umfassen, u.a. zur gezielten polizeilichen Überwachung von Verkehrsnetzen, oder Verkehrs- und Polizeikräfte, die speziell für die Auswertung der Bilder von Überwachungskameras geschult sind.

2.2

Regelmäßige Schulungen für das Personal im Verkehrswesen unter Beteiligung aller zuständigen Einrichtungen, einschließlich Übungen, bei denen terroristische Anschläge simuliert werden, sind von unschätzbarem Wert, insbesondere für das richtige Handeln unmittelbar nach einem Anschlag.

2.3

Die Eventualfallplanung kann von der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit nach Auftreten eines Zwischenfalls bis hin zur Sicherung der Kontinuität der normalen Geschäftstätigkeit reichen. Diese Pläne können regelmäßig geprobt und nach alltäglichen Zwischenfällen, wie technischen Pannen oder Schadeinwirkung durch Dritte (z.B. Wasserrohrbruch oder schwere Straßenverkehrsunfälle) aktualisiert werden. Außerdem sollte die Eventualfallplanung grenzüberschreitende Aspekte berücksichtigen, beispielsweise durch eine klare Aufgabenzuweisung für Zwischenfälle an oder bei einem Grenzübergang oder durch das Zurverfügungstellen fachlicher Hilfe an ein Land, dem es selbst an entsprechenden Ressourcen mangelt.

2.4

Die Risikoanalyse ist ein wesentlicher Bestandteil der Planung und Schulung. Sie umfasst die Beobachtung globaler Bedrohungen, die systematische Analyse vergangener Anschläge, um Lehren daraus zu ziehen, sowie die Bewertung hin und wieder auftretender Einzelvorfälle (beispielsweise unbeaufsichtigtes Gepäck) in dem Bemühen, unnötige Beeinträchtigungen möglichst zu vermeiden.

2.5

Auch den Fahrgästen und den geschäftlichen Nutzern der öffentlichen Verkehrsdienste kommt eine wichtige Rolle zu. Sie brauchen jedoch klare und leicht zugängliche Informationen u.a. darüber, wie eine versehentliche Alarmauslösung vermieden werden kann, was sie tun sollen, wenn sie etwas Verdächtiges bemerken, oder wie sie sich im Falle eines Anschlags verhalten sollen. Diese Informationen sollten in Kurzform im Verkehrssystem selbst und in ausführlicher Fassung auf einschlägigen Internetseiten stehen. Darüber hinaus sind Strategien zu entwickeln, um den Passagieren das Gefühl der Sicherheit des Verkehrsnetzes zu vermitteln, beispielsweise durch eine sichtbare Präsenz des Personals/der Polizei oder durch Plakatierung (3).

2.6

Es ist zweckmäßig, in den Schulen, anderen Bildungseinrichtungen und Betrieben Lehrgänge über mögliche terroristische Anschläge und das Verhalten während solcher Anschläge durchzuführen sowie Merkblätter und andere Anschauungsmittel auszuhändigen, um eine erhöhte Aufmerksamkeit zu erreichen und die Folgen einer möglichen Panik zu verringern.

3.   Nutzung der Informationstechnik

3.1

Wirksame geschlossene Kameraüberwachungssysteme (CCTV-Systeme) haben sich sowohl bei der Abschreckung als auch bei der Aufdeckung von Verbrechen als unerlässlich erwiesen. Diese Systeme müssen gewissen Normen und klaren Anforderungen an die Betriebsweise entsprechen, damit beispielsweise Daten heruntergeladen werden können, während das System weiterhin überwacht. Darüber hinaus verfügen möglicherweise Firmen, die sich an Stationen und Haltestellen bzw. Teilen der Verkehrsinfrastruktur angesiedelt haben, über eigene Kameraüberwachungssysteme. Bei richtiger Einweisung und Schulung können diese Ressourcen als zusätzliche „Augen und Ohren“ dienen, um die Sicherheit im Umfeld von Verkehrssystemen zu verbessern, ohne die Firmen in ihrer normalen Geschäftstätigkeit zu sehr zu stören.

3.2

Robuste Mobilfunknetze sind ebenfalls überaus wichtig. Auch wenn es in gewissen Umständen nötig sein kann, Mobilfunknetze abzuschalten oder ihre Benutzung den Notdiensten vorzubehalten, spielen sie im Ernstfall in der Regel doch eine wichtige Rolle. So muss es beispielsweise Mitarbeitern eines Verkehrsdienstes, die sich vor Ort am Schauplatz eines Zwischenfalls befinden, möglich sein, per Mobiltelefon Verbindung mit einer Leitstelle aufzunehmen. Ebenso kann es sein, dass Flug-/Fahrgäste dringend mit Freunden oder Familienangehörigen sprechen müssen, was bei einem Anschlag zur Minderung von Besorgnis und Verwirrung beitragen könnte.

4.   Bauliche Gestaltung

4.1

Bei der Bereitstellung oder Beschaffung von Verkehrsdiensten und Infrastrukturanlagen ist es wichtig, dass im Rahmen der vertraglichen Leistungsbeschreibung den Sicherheitsauflagen in vollem Umfang Rechnung getragen wird. Ferner sollte erwogen werden, ob angesichts einer sich ändernden Sicherheitslage nicht ein gewisser Spielraum zur Änderung dieser Auflagen gewährleistet werden sollte.

4.2

Verkehrsbehörden und sonstige Inhaber von Verkehrsgelände sollten dazu angehalten werden, bestehende Einrichtungen, wie z.B. Terminals und Fahrzeuge, baulich so zu gestalten, dass das Verstecken von Sprengsätzen erschwert, die Evakuierung erleichtert und die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden im Falle einer Explosion oder eines sonst wie gearteten terroristischen Anschlags begrenzt wird. So ist die weitverbreitete Nutzung von Glas und Leichtbaumaterial in modernen Gebäuden, insbesondere dort, wo betriebliche und kommerziell genutzte Flächen eng nebeneinander bestehen, möglicherweise nicht mehr angemessen. Gleichzeitig haben sich eine Raumgestaltung mit gut einsehbaren Blicklinien und die Eliminierung von Versteckmöglichkeiten als wirksam erwiesen.

5.   Finanzierung und Ressourcen

5.1

Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Verkehrsnetzen werden zusätzliche Mittel erfordern. In vielen Fällen werden dies umfangreiche und/oder langfristig aufzuwendende Ressourcen sein, z.B. modernere Informationstechnik, zusätzliche Wendepunkte im Schienennetz, mehr Busse, mehr Personal, genauere Überwachung, mehr Schulungen und umfangreichere Informationskampagnen. Solche neuen Initiativen werden sicher über bestehende Investitionspläne, die hauptsächlich auf die Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur und -netze ausgerichtet sind, hinausgehen. Es kann sogar sein, dass die derzeitigen Finanzverfahrenswege zur Genehmigung von Verkehrsinvestitionen für die Beschaffung von Mitteln für Gefahrenabwehrmaßnahmen in manchen Fällen nicht geeignet sind.

5.2

Wenn auch die Betreiber von Verkehrsnetzen im öffentlichen und privaten Sektor sowie sonstige zuständige Stellen entscheiden müssen, welche Abhilfemaßnahmen für sie jeweils am geeignetsten sind, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass nach Festlegung der Prioritäten die Umsetzung nicht wegen Uneinigkeit über die Finanzierung hinausgezögert wird. Die Kommission, die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sollten sicherstellen, dass diese Schlüsselfrage angemessen angegangen wird.

5.3

Aus diesem Grund muss die Frage der Finanzierung gleich zu Anfang, gleichzeitig mit anderen Fragen behandelt werden. An der Veranschlagung der potenziellen Kosten muss zwar noch weiter gearbeitet werden, doch kann sich durchaus herausstellen, dass es aufgrund des Umfangs der erforderlichen Maßnahmen unmöglich sein wird, die Gesamtkosten für die Sicherheitsmaßnahmen den Passagieren anzulasten, ohne die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel ernsthaft zu gefährden. Sprunghafte Fahrpreiserhöhungen sind gerade zu einer Zeit zu vermeiden, da die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aus zahlreichen (ökologischen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen) Gründen gefördert werden sollte.

5.4

Bei der Kostenbewertung sollten die Mitgliedstaaten und staatlichen Behörden auch berücksichtigen, mit welchen Kosten ein Verzicht auf die Bemühungen um eine Minderung der Gefahr und der Folgen eines terroristischen Anschlags verbunden wäre. Neben den direkten Kosten für die aus einem Anschlag resultierenden Personen- und Sachschäden könnte es möglicherweise auch zu Einnahmeverlusten kommen, da bei Tourismus, Reisen, Investitionen und anderen Wirtschaftstätigkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg ein Rückgang zu verzeichnen sein würde.

5.5

Koordinierte, möglicherweise zeitgleich verübte Anschläge auf ausgewählte kritische Teile einer oder mehrerer Infrastrukturen mit der Absicht, ein möglichst großes Chaos anzurichten und/oder die Zahl der Opfer und die Panik zu erhöhen, können die potenziellen Folgen erheblich vermehren. Die Angaben in der folgenden Tabelle veranschaulichen das Ausmaß und die Tragweite.

Verluste durch Anschläge

Beschreibung

Kosten

Geschätzte Kosten in der gesamten Lieferkette durch eine per Container beförderte Massenvernichtungswaffe

770 Mrd. EUR

Kurssturz auf den europäischen Märkten (FTSE) unmittelbar nach den Bombenanschlägen von Madrid

42 Mrd. EUR

Kosten der 2003 weltweit verübten Cyber-Angriffe auf Unternehmen

9,6 Mrd. EUR

(Direkte und indirekte) Kosten der Anschläge auf die Zwillingstürme des World Trade Center am 11. September 2001

64 Mrd. EUR

Quelle: Deloitte Research (Wechselkurs 1 EUR = $ 1,3)

5.6

Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass eine Verbesserung der Sicherheit von Verkehrssystemen mit weiteren potenziellen Vorteilen einhergeht. Maßnahmen zur Abschreckung von Terroristen schrecken auch andere von Diebstahl, Vandalismus und Überfällen ab. Besser gestaltete und überwachte Bahnhöfe und Flughäfen erhöhen das Vertrauen bei Nutzern und Passagieren, mit der möglichen Folge einer verstärkten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel insgesamt. Eine verbesserte Krisenplanung und praktische Übungen zur Reaktion auf Anschläge großen Ausmaßes können sich auch bei nichtterroristischen Notfällen als nützlich erweisen.

Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

1.

Der Ausschuss der Regionen ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, der Sicherheit der Verkehrssysteme höchste Priorität einzuräumen. Der AdR ist der Auffassung, dass die öffentlichen Behörden auf allen Ebenen (der gemeinschaftlichen, nationalen, regionalen und kommunalen) über kohärente und miteinander vereinbare Strategien verfügen müssen, die auf ihre jeweiligen Zuständigkeiten abgestimmt sind, damit sie Gefahren abwehren und die Folgen von Anschlägen, die sich dennoch nicht verhindern ließen, eindämmen können.

2.

Der AdR betont, dass zwar Sicherheitsstrategien geschaffen bzw. verbessert werden müssen, dass jedoch die öffentlichen Verkehrssysteme weiter in der Lage sein müssen, den Betrieb reibungslos fortzuführen, da andernfalls sozial, wirtschaftlich und umweltpolitisch nachteilige Folgen entstehen.

3.

Der AdR ruft die EU und die Mitgliedstaaten auf, öffentliche Verkehrsunternehmen und alle zuständigen Stellen zu einer engeren Zusammenarbeit in und zwischen den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der bereits bestehenden Netze von Verkehrsbetreibern und Verkehrspolizeikräften zu ermutigen.

4.

Nach Auffassung des AdR könnten bei einer solchen Zusammenarbeit vorrangig die Grundsätze für einen Informationsaustausch festgelegt werden, um eine größere Sensibilisierung für terroristische Bedrohungen zu erreichen, die Durchführung von Risikobewertungen zu ermöglichen und aus früheren Vorfällen und erfolgreichen Maßnahmen in verschiedenen Bereichen zu lernen.

5.

Der AdR würdigt die Notdienste, die Verkehrsunternehmen und die Öffentlichkeit für ihre Reaktion auf die jüngsten terroristischen Gräueltaten. Der AdR betont, dass diese Reaktion insbesondere aufgrund einer guten Schulung, Eventualfallplanung und des Austausches von Informationen möglich war, und ist der Ansicht, dass diese Elemente neben einer guten baulichen Gestaltung und der Nutzung einer zweckgerechten Informationstechnik wesentliche Bestandteile einer jeden Strategie für die Sicherheit der Verkehrssysteme sind.

6.

Der AdR ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit Betreibern von Mobilfunknetzen und öffentlichen Verkehrsunternehmen zusammenzuarbeiten, um im Interesse sowohl der Betreiber als auch der Passagiere die Entwicklung stabilerer Mobilfunkdienste für den Ernstfall zu fördern. Darüber hinaus dürfen etwaige EU-Vorschläge zur elektronischen bzw. telefonischen Datensicherung zu Sicherheitszwecken nicht eine Verwässerung der geltenden Vorschriften in den Mitgliedstaaten zur Folge haben.

7.

Der AdR erinnert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten daran, dass auch der Straßenverkehr terroristischen Anschlägen ausgesetzt ist und dass es wichtig ist, den vorgenannten Empfehlungen — soweit sie für diesen Sektor zutreffend sind — nachzukommen. Ferner weist er darauf hin, dass der EWSA dieses Thema in einer derzeit in Ausarbeitung begriffenen Stellungnahme ausführlich behandeln will.

8.

Nach Auffassung des AdR können Strategien für die Sicherheit der Verkehrssysteme angesichts der wahrscheinlich fortbestehenden terroristischen Gefahr ohne eine wesentliche Aufstockung der Ressourcen nicht hinreichend verbessert werden. Aus diesem Grund ruft der Ausschuss die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Angelegenheit als dringlich zu erachten, damit wesentliche Verbesserungen der Sicherheit nicht durch eine verfehlte Finanzplanung hinausgezögert werden.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  Anhang 1 enthält eine Auflistung von Terroranschlägen der letzten Jahre.

(2)  Siehe beispielsweise die gemeinsame Erklärung von UITP und UIC zum Thema Sicherheitsmaßnahmen gegen Terrorismus im öffentlichen Verkehr: http://www.uitp.com/mediaroom/june-2004/full-declaration-geneva.de.cfm

(3)  Ein Beispiel aus den Vereinigten Staaten ist die Kampagne der Washington Metropolitan Area Transit Authority, in der die Rolle des Personals bei der Gewährleistung der Sicherheit veranschaulicht wird. Siehe Public Transport International, Mai 2004.


Anhang 1

Neuere Beispiele dramatischer und folgenschwerer terroristischer Anschläge in öffentlichen Verkehrssystemen (ohne die jüngsten Anschläge in London):

1986

Paris

Regionalexpresslinie A; ein in einer Sporttasche versteckter Sprengsatz explodiert, nachdem ein Fahrgast die Tasche aus dem Zug geschleudert hat.

1994

Baku

Zwei Bombenanschläge in der Untergrundbahn verursachen 19 Tote und 90 Verletzte.

1995

Tokio

Attentat mit dem Giftgas Sarin in der Untergrundbahn in Tokio: 12 Menschen sterben, 5600 werden verletzt.

 

Paris

Bei einem Bombenanschlag in der Station Saint Michel kommen 8 Fahrgäste ums Leben, 120 werden verletzt.

1996

Paris

Explosion in der Station Port-Royal, 4 Tote und 91 Verletzte.

 

Moskau

Explosion in einem U-Bahnwaggon, 4 Tote und 12 Verletzte.

2000

Moskau

Explosion in der unterirdischen Fußgängerzone nahe einer Metrostation. 11 Tote, 60 Verletzte.

2003

Daegu

Ein Milchbehälter mit brennbarer Flüssigkeit wird in einem Waggon in Brand gesetzt. Bei dem Feuer sterben 120 Fahrgäste, 100 werden verletzt.

2004

Moskau

Bei einem Selbstmordattentat wird im morgendlichen Berufsverkehr ein Zug der Untergrundbahn zerstört. Dabei kommen 40 Menschen ums Leben. 140 Fahrgäste werden verletzt.

2004

Madrid

Innerhalb von wenigen Minuten explodieren im morgendlichen Berufsverkehr 10 in Rucksäcken versteckte Sprengsätze in Pendlerzügen. Dabei kommen 190 Fahrgäste ums Leben, ungefähr 1400 werden verletzt. Drei weitere Sprengsätze werden gefunden und entschärft.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/81


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm ‚Bürger/innen für Europa‘ für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft“

(2006/C 115/18)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf den „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm ‚Bürger/innen für Europa‘ für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft“ (KOM(2005) 116 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 6. April 2005, ihn gemäß Artikel 151 und 265 Absatz 1 sowie Artikel 308 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm ‚Bürger/innen für Europa‘ für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft“ zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 20. Januar 2005, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Programm ‚Bürger/innen für Europa‘ für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft“ zu beauftragen;

gestützt auf den am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa und insbesondere auf Artikel I-10 und III-280 dieses Vertrags;

aufgrund des Beschlusses des Rates vom 26. Januar 2004 (2004/100/EG) über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft (Bürgerbeteiligung) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 20. November 2003 zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft (Bürgerbeteiligung)“ und zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Beteiligung aller Unionsbürger an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 2004 in einer erweiterten Union“ (CdR 170/2003 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 21. November 2002 zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Eine Informations- und Kommunikationsstrategie für die Europäische Union“ (KOM(2002) 350 endg.) (CdR 124/2002 fin (3));

gestützt auf den Bericht der Kommission „Vierter Bericht über die Unionsbürgerschaft (1. Mai 2001 — 30. April 2004)“ (KOM(2004) 695 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Aktive Bürgerschaft konkret verwirklichen: Förderung der europäischen Kultur und Vielfalt durch Programme im Bereich Jugend, Bürgerbeteiligung, Kultur und audiovisuelle Medien“ (KOM(2004) 154 endg.);

gestützt auf den von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 4. Oktober 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 120/2005 rev. 2) (Berichterstatterin: Claude du Granrut, Mitglied des Regionalrates der Picardie und stellvertretende Bürgermeisterin von Senlis (FR/EVP));

In Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Der zweite Teil des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft sieht die Einführung einer Unionsbürgerschaft vor, die nach Artikel 17 die nationale Staatsbürgerschaft ergänzt, ohne diese zu ersetzen. Diese Bestimmungen wurden in Artikel I-10 des Vertrags über eine Verfassung für Europa aufgenommen, der zudem einen Titel VI: „Das demokratische Leben der Union“ enthält.

2)

Die konkrete Ausgestaltung der Bürgerschaft erfolgt in erster Linie im unmittelbaren Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger. Dabei kommt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nach dem Subsidiaritätsprinzip eine aktive Rolle zu.

3)

Als Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Verfechter einer Demokratie der Bürgernähe in den Entscheidungsprozessen der Europäischen Union ist dem Ausschuss der Regionen die Förderung und Verwirklichung der Unionsbürgerschaft ein besonderes Anliegen.

4)

Der Rat hat mit seinem Beschluss vom 26. Januar 2004 ein dreijähriges Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft aufgestellt. Die im Rahmen dieses Programms vorgesehenen Maßnahmen mit einem finanziellen Bezugsrahmen von 72 Millionen müssen weiter vorangetrieben werden.

5)

Vor dem Hintergrund der Erweiterung der Europäischen Union müssen besondere Anstrengungen zur Förderung der Unionsbürgerschaft in den neuen Mitgliedstaaten unternommen werden.

6)

Das Jahr 2005 wurde vom Europarat zum Europäischen Jahr der Demokratieerziehung erklärt, um die Bedeutung der Erziehung bei der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte hervorzuheben. Im Jahr 2005 fand in Warschau am Rande des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs des Europarats ein Jugendgipfel statt, der zeigte, welchen Beitrag eine aktive und sich ihrer neuen Identität bewusste Jugend zur Förderung einer aktiven Bürgerschaft leisten kann.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

ist der Ansicht, dass die Europäische Union ihren Bürgerinnen und Bürgern die europäische Dimension ihrer Bürgerschaft vor Augen führen sollte;

1.2

ist überzeugt, dass mit der zunehmenden Vielfalt in der EU, die sich aus dem Beitritt zehn neuer Mitgliedstaaten zum 1. Mai 2004 und der Aufnahme weiterer Staaten in der Zukunft ergibt, besondere Anstrengungen zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft in diesen neuen Staaten unternommen werden müssen; dies gilt auch für die anderen fünfzehn Mitgliedstaaten, wo bei der Förderung der Unionsbürgerschaft die aus der Erweiterung erwachsende kulturelle, soziale und sprachliche Vielfalt als Bereicherung berücksichtigt werden muss;

1.3

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von den Entscheidungsebenen der EU auf Abstand gehalten und schlecht informiert fühlen, was zu einer gewissen Reserviertheit gegenüber dem politischen Geschehen auf EU-Ebene geführt hat;

1.4

betont die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Entwicklung einer aktiven europäischen Bürgerschaft;

1.5

begrüßt den Vorschlag für einen Beschluss über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft mit einem Budget von mehr als 235 Mio. EUR für den Zeitraum 2007-2013, welches das Vorgängerprogramm 2004-2006 ablöst, dessen mäßige Mittelausstattung in Höhe von 72 Mio. EUR der Ausschuss in der bereits angeführten früheren Stellungnahme CdR 170/2003 beklagt hatte;

1.6

ist der Auffassung, dass die Förderung der Bürgerschaft ein übergreifendes Anliegen ist, das in den anderen Tätigkeitsbereichen der Europäischen Union berücksichtigt werden muss. Daher sollte diese Dimension in allen Programmen auf dem Gebiet der Bildung, Kultur und Jugend wie auch in den Maßnahmen, welche die Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit im Rahmen des Programms zur Förderung der Grundrechte und der Unionsbürgerschaft im Zeitraum 2007-2013 ergreift, Berücksichtigung finden;

1.7

vertritt hingegen den Standpunkt, dass bestimmte Teilbereiche von Programmen, die z.B. die gemeinsamen Grundwerte der Unionsbürger und die Meilensteine ihrer Geschichte betreffen, vorwiegend auf Bürgerschaftsaspekte ausgerichtet sind und vorzugsweise in das Programm „Bürger/innen für Europa“ übertragen werden sollten;

1.8

ist der Ansicht, dass sich bessere Bürgerprojekte erreichen lassen, wenn der Austausch vorbildlicher Praktiken auf lokaler und regionaler Ebene durch geeignete Maßnahmen unterstützt wird;

1.9

begrüßt die Bemühungen der Kommission, im Rahmen der Erarbeitung des vorliegenden Vorschlags eine breit angelegte Konsultation der Öffentlichkeit durchzuführen, die ihren Höhepunkt in einem öffentlichen Forum am 3./4. Februar 2005 erreichte, an dem auch der Ausschuss der Regionen teilnahm;

1.10

begrüßt die Schwerpunktsetzung des Aktionsprogramms bei Städtepartnerschaften, für die fast ein Drittel des gesamten Programmbudgets bereitgestellt wird;

1.11

stellt jedoch fest, dass ausgehend von der Mittelveranschlagung für das neue Programm mit einem Rückgang der Zahl der finanzierten Projekte zu rechnen ist und bringt seine Besorgnis über die abschreckende Wirkung zum Ausdruck, die dies auf die Träger von Projekten haben kann;

1.12

ist der Ansicht, dass auch Partnerschaften zwischen anderen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gefördert werden sollten, natürlich unter Einhaltung der nationalen Rechtsvorschriften;

1.13

vertritt die Auffassung, dass grenzüberschreitende Räume am Schnittpunkt mehrerer Nationalkulturen das größte Potenzial für die Herausbildung einer europäischen Identität bieten, und begrüßt die Überlegungen, vor allem in der GD REGIO, bei der Einrichtung grenzübergreifender Kooperationsstrukturen die Frage der Bürgerschaft einzubeziehen;

1.14

begrüßt die Tatsache, dass das Programm den EFTA-Staaten, die Mitglied des EWR sind, den Kandidatenländern, die im Rahmen einer Heranführungsstrategie unterstützt werden, und gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats auf seiner Tagung am 19./20. Juni 2003 in Thessaloniki auch den westlichen Balkanländern offen steht; bedauert dagegen, dass außerhalb der EU ansässige Unionsbürger nicht in dem Vorschlag für einen Beschluss berücksichtigt werden;

1.15

begrüßt die Förderung einer aktiven Zivilgesellschaft in Europa und unterstreicht die Vorrangigkeit diesbezüglicher Projekte;

1.16

betont die Bedeutung einer langfristig angelegten aktiven Informations- und Kommunikationspolitik, wobei der Ausschuss einer solchen Politik Vorrang vor regelmäßigen Veranstaltungen mit großer Öffentlichkeitswirkung gibt, die sich nicht immer nachhaltig auswirken;

1.17

begrüßt die unternommenen Anstrengungen, den auf den Begünstigten lastenden Verwaltungsaufwand unter Einhaltung der geltenden (verbesserungsfähigen) Finanzvorschriften zu verringern;

1.18

befürwortet die vorgesehene Überprüfung und Evaluierung insbesondere im Rahmen der für 2010, 2011 und 2015 geplanten Berichte; bedauert hingegen, dass für das laufende Dreijahresprogramm 2004-2006 bislang keinerlei Zwischenbewertung vorliegt.

2.   Die Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

gibt seinem Wunsch Ausdruck, dass das Europäische Parlament und der Rat diesen Beschluss umgehend fassen, um die Kontinuität der derzeit im Rahmen des Programms 2004-2006 laufenden Maßnahmen sicherzustellen;

2.2

fordert die Kommission auf, den Aspekt der Bürgerschaft in all ihren Vorschlägen — insbesondere auf dem Gebiet der Bildung, Kultur und Jugend sowie des Schutzes der Grundrechte — zu berücksichtigen und bestimmte Teilbereiche anderer Programme, deren Hauptziel die Förderung der Bürgerschaft ist, in dieses Programm aufzunehmen;

2.3

ist der Auffassung, dass die veranschlagten Mittel aufgestockt und für die Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft in den neuen Mitgliedstaaten eine eigene Haushaltslinie vorgesehen werden sollte;

2.4

betont, dass das Netz der Städtepartnerschaften dichter werden muss, und schlägt vor, auch andere lokale und regionale Gebietskörperschaften zu bewegen, solche Partnerschaften einzugehen bzw. sich in auf ihrem Gebiet bereits bestehende Partnerschaften einzubringen und dabei auf vorbildliche Praktiken zurückzugreifen;

2.5

gibt seinem Wunsch Ausdruck, dass der Förderung einer europäischen Bürgerschaft in grenzüberschreitenden Räumen besondere Bedeutung beigemessen wird;

2.6

fordert Überlegungen über Mittel und Wege zur Förderung des europäischen Bürgerbewusstseins bei Unionsbürgern, die außerhalb der Europäischen Union leben;

2.7

unterstützt eine langfristige und eindeutig als europäisch erkennbare Informations- und Kommunikationspolitik für die Jugend;

2.8

fordert, dass die Anstrengungen zur Vereinfachung des Verwaltungsaufwands fortgesetzt werden;

2.9

gibt seinem Wunsch Ausdruck, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Träger der Informations- und Kommunikationspolitik wirken;

2.10

schlägt die Ausarbeitung einer Empfehlung vor, mit der die Erziehung zur europäischen Bürgerschaft in Schulen und Universitäten gefördert wird; die Kommission sollte diese Maßnahme federführend umsetzen und der Ausschuss der Regionen als Vertreter der Gebietskörperschaften, die für die Bildung zuständig sind, sollte daran beteiligt werden.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. L 30 vom 4.2.2004, S. 6.

(2)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 46.

(3)  ABl. C 73 vom 26.3.2003, S. 46.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/84


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Bericht über die Durchführung der EU-Forststrategie“

(2006/C 115/19)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Bericht über die Durchführung der EU-Forststrategie“ (KOM(2005) 84 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 17. März 2005, den AdR gemäß Artikel 265 Absatz 1 EGV mit diesem Thema zu befassen;

aufgrund des Beschlusses des AdR-Präsidiums vom 16. November 2004, die Fachkommission für nachhaltige Entwicklung mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu befassen;

gestützt auf die „Entschließung des Rates vom 15. Dezember 1998 über eine Forststrategie für die Europäische Union“;

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 19. November 1997 zum Thema „Nutzung, Bewirtschaftung und Schutz der Wälder in der Europäischen Union“ (CdR 268/1997) (1);

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 18. November 1999 zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über eine Strategie der Europäischen Union für die Forstwirtschaft“ (CdR 184/1999) (2);

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 12. Februar 2003 zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates für das Monitoring von Wäldern und der Umweltwechselwirkungen in der Gemeinschaft (Forest Focus)“ (CdR 345/2002) (3);

gestützt auf den von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung am 6. Oktober 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf CdR 213/2005 rev. 1 (Berichterstatter: Enrico Borghi, Gemeinderat von Vogogna, IT/ALDE) —

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) folgende Stellungnahme:

1.   Bemerkungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

bewertet es als positiv, dass die Kommission wie in der Entschließung des Rates vom 15. Dezember 1998 vorgesehen ein Dokument zur Untersuchung der Durchführung der EU-Forststrategie vorlegt;

1.2

begrüßt sehr, dass alle EU-Institutionen das Dokument prüfen, was das Interesse an der Forstthematik auf immer breiterer Ebene zeigt;

1.3

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission

kein ausdrückliches Urteil über die durch die Strategie erzielten Ergebnisse abgibt;

die weitere Geltung der Grundsätze und Grundelemente dieser Strategie bekräftigt: Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung, multifunktionale Rolle der Wälder, Bezug auf die nationalen Forstprogramme;

es für erforderlich hält, die Strategie im Rahmen des „sich wandelnden politischen Umfelds“ neu auszurichten;

einen „EU-Aktionsplan für nachhaltige Waldbewirtschaftung“, die „Überprüfung der bestehenden Mittel und Verfahren ..., um die Koordination ... und Kooperation zwischen verschiedenen Politikbereichen mit Einfluss auf die Forstwirtschaft zu vereinfachen“ und die Neuausrichtung des „Ständigen Forstausschusses“ vorschlägt;

1.4

weist darauf hin, dass der geltende EU-Vertrag wie auch der neue Verfassungsvertrag keine gemeinsame Forstpolitik vorsieht und Holz nicht zu den Agrarerzeugnissen zählt; daraus folgt, dass die europäische Ebene lediglich über das Instrument der Koordinierung und die umweltpolitischen Instrumente verfügt und im Rahmen der Landwirtschaftsregelungen Maßnahmen zugunsten der Wälder ergreifen kann, da die Kommission nicht ihr Initiativrecht nutzen wollte, um eine Rechtsgrundlage zu schaffen;

1.5

nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis — auch unter Bezugnahme auf die Strategien von Lissabon und Göteborg -, die Strategie weiterzuentwickeln, indem ein EU-Aktionsplan für nachhaltige Waldbewirtschaftung geschaffen wird, um zu stärker strukturierten und genauer definierten Instrumenten zu gelangen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten mit größerer Sicherheit als bisher angewandt werden;

1.6

begrüßt hinsichtlich der weltweiten Entfaltung der europäischen Strategie die ausführliche Auflistung der bestehenden Dokumente und Abkommen, merkt jedoch an, dass auch in diesen Fällen das Subsidiaritätsprinzip Anwendung findet; daher sind entweder die Ratifizierung der internationalen Abkommen durch die EU-Mitgliedstaaten oder Formen der Koordinierung durch die Gemeinschaftsorgane erforderlich;

1.7

ist der Auffassung, dass Wälder ebenso wie Wasser — das Verhältnis zwischen diesen beiden Elementen liegt auf der Hand — Güter von weltweiter strategischer Bedeutung sind und Gegenstand einer gemeinschaftlichen Politik sein sollten, nicht nur die Summe vieler Einzelstücke, die sich nur schwer zu einem klaren gemeinsamen Konzept zusammenfügen lassen, wobei dem ursächlichen Zusammenhang zwischen Abholzungen und Überschwemmungen besondere Aufmerksamkeit gelten muss.

Elemente der Strategie für den Wald

Der Ausschuss der Regionen

1.8

ist der Auffassung, dass die Forst- und Holzwirtschaft in der gemeinschaftlichen Wirtschaftsentwicklungspolitik bislang keinen großen Stellenwert eingenommen hat, sondern als Nebenbereich betrachtet wird, obwohl diese Branche zahlreiche Arbeitsplätze schafft und einen erheblichen Umsatz erwirtschaftet;

1.9

hält es für erforderlich, dass die Nutzung der verschiedenen in Europa erzeugten Holzqualitäten — einschließlich des Holzes aus Energiepflanzungen — Gegenstand einer langfristigen Gemeinschaftsstrategie wird. Bei der Förderung der Nutzung von Holz sind Informations- und Kommunikationsprojekte vorzusehen, die veranschaulichen, welche technischen Eigenschaften und welche Einsatzmöglichkeiten über die herkömmlichen hinaus Holz hat, mit dem Ziel, andere Materialien zu ersetzen, deren Gesamtkosten einschließlich ihrer Entsorgung nach Ablauf ihrer Lebenszeit immer höher werden;

1.10

ist der Ansicht, dass ebenso wie Holzerzeugnisse auch andere Erzeugnisse der Forstwirtschaft durch die politischen Maßnahmen zur Wirtschaftsentwicklung gefördert werden müssen. Auf einige dieser Erzeugnisse — darunter Kork, Harze, Heilpflanzen, Pilze und Beeren — wird in dem Bericht bereits eingegangen, andere — wie Jagd- und Bienenzuchterzeugnisse, Pinienkerne, Esskastanien und Kräuter — werden darin nicht erwähnt;

1.11

vertritt die Auffassung, dass die Entwicklung der Zertifizierung der Wälder zu einem Instrument der Erzeuger werden muss, durch das sie ihr Holz auf dem Binnenmarkt so anbieten können, dass ein für die Nutzer und Bürger erkennbarer Wettbewerb entsteht. Die Zertifizierungssysteme müssen freiwillig bleiben und Elemente umfassen, die von den verschiedenen sie vorschlagenden Organisationen zu beschließen sind. Die Behörden dürfen nicht durch Vorschriften in die Erarbeitung der verschiedenen Systeme eingreifen, es sei denn durch Vorschriften, die Transparenz gewährleisten und betrügerische Informationen verhindern;

1.12

hält es für zweckmäßig, die Maßnahmen zugunsten der Nutzung von minderwertigen Holzgrößen, Verarbeitungsabfällen und Holz aus Energiepflanzungen für die Wärme- und Stromerzeugung in der Nähe der Produktionsstätten zum Ersatz mineralischer Brennstoffe fortzuführen und zu intensivieren; es sind Maßnahmen vorzusehen, die einen Markt für aus Holz gewonnene Energie ermöglichen;

1.13

hält es für notwendig, dass der künftige EU-Aktionsplan die verschiedenen forstwirtschaftlichen Organisationen unterstützt — die Grundbesitzer, die Nutzung — und dabei besonders auf die Konsolidierung oder den Wiederaufbau der Elemente dieses Wirtschaftszweiges achtet; gleichzeitig muss der forstwirtschaftliche Zusammenschluss vorangetrieben und unterstützt werden;

1.14

nimmt zur Kenntnis, dass mittlerweile weithin anerkannt ist, dass Wälder viele verschiedene Funktionen erfüllen, die sich jedoch meist nicht ihrem Potenzial entsprechend auf die Wirtschaft der betreffenden Gebiete und das Einkommen ihrer Bewohner auswirken; vielmehr haben die Eigentümer häufig mit behördlichen Auflagen und Beschränkungen zu kämpfen. Dem ist nicht Abhilfe geschaffen worden, und mit den Politiken für den Zusammenhalt und die ländliche Entwicklung ist es bislang nicht gelungen, die Forstwirtschaft angemessen zu fördern. Um dies zumindest teilweise zu beheben, müssen die im Kommissionsvorschlag KOM(2004) 490 endg. enthaltenen Maßnahmen getroffen werden, um die Waldpolitik mit der ländlichen Entwicklung zu verbinden;

1.15

ist der Auffassung, dass die Zielsetzungen von Lissabon und Göteborg für eine quantitative und qualitative Verbesserung der Beschäftigungslage und einen immer stärkeren sozialen Zusammenhalt auch bei der Erstellung des EU-Aktionsplans berücksichtigt werden müssen, was sowohl die in der Forstwirtschaft Tätigen als auch die betreffenden Gebiete anbelangt;

1.16

hält es für notwendig, dass der EU-Aktionsplan die Einbeziehung zahlreicher Forstfachleute in den Sektor begünstigt, von denen größere Fähigkeiten zur Weiterentwicklung der Waldbewirtschaftung erwartet werden können. Die Einbeziehung der Fachleute wird auch dazu beitragen, die Forstwirtschaft zu organisieren und zu unterstützen und den Zusammenschluss der Eigentümer und Akteure voranzutreiben. Der EU-Aktionsplan muss auch Programme und Initiativen für eine angemessene berufliche Aus- und Weiterbildung der in der Forstwirtschaft Tätigen vorsehen;

1.17

bekräftigt, dass eine nachhaltige Forstwirtschaft, die Forst- und Umweltvorschriften sowie die Formulierung und Durchführung der Programme entsprechender Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen in den betreffenden Gebieten bedürfen, damit sich deren Bewohner die Ziele zu eigen machen, an ihnen mitarbeiten und die soziale und kulturelle Entwicklung der örtlichen Bevölkerung gefördert wird;

1.18

unterstützt die laufenden FLEGT-Initiativen (= EU-Aktionsplan über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor) zur Bekämpfung illegaler Abholzungen und zur Gewährleistung der Einhaltung der internationalen Abkommen, fordert ihre Weiterführung und wünscht ihre vollständige Umsetzung auf legislativer Ebene;

1.19

fordert die EU-Institutionen auf, Initiativen zu ergreifen, die die europäischen Erzeuger vor übergroßer Konkurrenz durch Produkte aus Gebieten bewahren, in denen kein Schutz der Arbeitnehmer und der einheimischen Bevölkerung gewährleistet wird, sondern diese häufig beträchtlich ausgebeutet werden;

1.20

bekräftigt seine Zustimmung zu den EU-Umweltpolitiken, die Waldgebiete betreffen, und begrüßt die erhebliche Ausweitung geschützter Gebiete in Europa sowie die Initiativen zum Schutz der Artenvielfalt und zur Bekämpfung der Desertifizierung;

1.21

nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die Umweltpolitiken immer stärker zum Gemeingut der gesamten europäischen Gesellschaft geworden sind und die Gemeinschaftsmaßnahmen zur Erreichung dieser positiven Ergebnisse beigetragen haben;

1.22

unterstreicht, dass der EU-Aktionsplan die Umgestaltung der Wälder fördern muss, um ihre Multifunktionalität zu stärken, ihre Artenvielfalt zu schützen, typische Landschaften zu bewahren und v.a. die Wasserressourcen zu schützen und die Luftqualität zu verbessern. Deshalb müssen die in Rio de Janeiro beschlossenen Grundsätze einer nachhaltigen Forstwirtschaft sowie strategische Ausrichtungen zur Anpassung der Wälder und der gesamten Forstwirtschaft an die Klimaveränderung umgesetzt werden;

1.23

befürchtet, dass die Forstwirtschaft einschließlich der mit ihr einhergehenden Tätigkeiten in umweltsensiblen Gebieten Schäden verursachen könnte. Insbesondere Hochmoorgebiete bedürfen eines besonderen Schutzes;

1.24

hält es für unabdingbar, dass der EU-Aktionsplan wissenschaftliche und technologische Forschungsinitiativen umfasst, insbesondere in folgenden Bereichen:

neuartige Verwendungen von Holz, v.a. im Bauwesen und für sonstige Holzwerkstoffe;

neuartige Maschinen und Technologien für die Forstwirtschaft;

eine auf die Multifunktionalität des Waldes ausgerichtete Waldbewirtschaftung;

1.25

ist der Auffassung, dass folgende Aspekte für die Forschung am dringlichsten sind: Aufforstung, Wiederherstellung der Waldbestände durch Wiederaufforstung und eine Forstwirtschaft, die die Bindung von Kohlenstoff kurz- und langfristig fördert. Diese Forschungsleitlinien müssen im Siebten Rahmenprogramm angemessene Berücksichtigung finden, wobei die unterschiedlichen Umweltgegebenheiten und Klimate der verschiedenen Regionen Europas zu beachten sind;

1.26

vertraut darauf, dass der EU-Aktionsplan nachhaltige Initiativen auf europäischer Ebene vorsieht, um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die vielfältigen Aspekte und Vorteile der Wälder in der EU zu schärfen; dabei sind insbesondere Informationsmaßnahmen sowohl für die Allgemeinheit als auch speziell für Jugendliche sowie Programme zum Besuch von Naturschutzgebieten, Forstwirtschaftseinrichtungen und holzverarbeitenden Betrieben vorzusehen;

1.27

betont, dass in den Aktionsplan konkrete Hinweise für den Schutz der Wälder und Forste vor Brand, Umweltverschmutzung und biotischen Schädlingen aufzunehmen sind und der Schutz vor Berg- und Erdrutsch, Lawinen und Überschwemmungen, den diese Bewirtschaftungsformen gewährleisten können, hervorgehoben werden muss;

1.28

ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten mit dem Steuerwesen über ein maßgebliches Instrument zur Anreizförderung bezüglich geeigneter Vorschläge und waldpolitischer Leitlinien — die sich insbesondere auf Zusammenschlüsse beziehen oder von gesellschaftlicher und ökologischer Relevanz sind — verfügen. Der Aktionsplan könnte Informationen über Initiativen in den verschiedenen Staaten enthalten und Maßnahmen zur Vernetzung fördern.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

schlägt vor, alle Möglichkeiten zu erforschen, um der EU-Forststrategie eine Rechtsgrundlage zu verleihen, da dieser gesamte Bereich inzwischen weltweite Bedeutung erlangt hat;

2.2

fordert, dass sich alle EU-Institutionen dafür einsetzen, den Kommissionsvorschlag, sofern er nicht abgeändert wird, rasch umzusetzen und dabei dafür zu sorgen, dass der künftige EU-Aktionsplan nicht nur Vorgaben für die Mitgliedstaaten, sondern auch präzise Zuständigkeiten und Mittel für seine Umsetzung vorsieht;

2.3

ist der Auffassung, dass der EU-Aktionsplan in der Gewissheit verabschiedet werden muss, dass die einzelstaatlichen Forstpläne fristgerecht vorgelegt werden und die Angaben des EU-Aktionsplans aufgreifen;

2.4

schlägt vor, dass der EU-Aktionsplan Vorschläge für die Förderung der verschiedenen Komponenten der Forstwirtschaft enthalten sollte; darin vorgesehen sein sollten Anreize für eine funktionierende Forstwirtschaft, die Erhaltung von Wäldern von geringem oder fehlendem wirtschaftlichen Wert, die Bildung von Verbänden der Eigentümer und Pächter zusammen mit Forstfachleuten sowie die Schaffung und Erhaltung von Bauwerken, Initiativen und Dienstleistungen im Sozial-, Umweltschutz- und Forstschutzbereich, die in den Programmen der regionalen bzw. lokalen Behörden enthalten sind;

2.5

fordert dazu auf, sich möglichst stark für die Festlegung eines neuen internationalen Abkommens über die Wälder zu engagieren, um weltweit zu wirklich praktikablen Vereinbarungen zu gelangen; ein solches Abkommen sollte ein weltweit geltendes Instrument für eine nachhaltige Bewirtschaftung darstellen und die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. April 2005 umsetzen;

2.6

empfiehlt erneut, dem Verhältnis zwischen Forstwirtschaft und holzverarbeitender Industrie, dem Handel mit den verschiedenen europäischen Holzarten sowie der Unterstützung der gesamten Forstwirtschaft höchste Priorität einzuräumen, wobei die Kommissionsdienststellen für eine möglichst starke Koordinierung sorgen sollten;

2.7

fordert, die Einsatzmöglichkeiten für erneuerbare Energien aus der Forstwirtschaft zu verbessern und weiter zu entwickeln und stärker als bisher in die thematische Strategie der Kommission zu den erneuerbaren Energien zu integrieren, um den in der Forstbranche Tätigen konkrete Vorteile einzuräumen;

2.8

hält es für notwendig, dass der EU-Aktionsplan das Thema ökologische, touristische, kulturelle und soziale Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Wäldern so angeht, dass sie als solche aufgewertet werden und aufgezeigt wird, wie sie ökonomisch bewertet werden können, um Eigentümer und Bewirtschafter von Wäldern zu veranlassen, diese Dienstleistungen freiwillig auf dem Markt anzubieten. Existiert ein solcher Markt nicht, müssen in dem EU-Aktionsplan Methoden und Maßnahmen vorgeschlagen werden, die einen Übergang des bezifferten Umweltnutzens auf das Einkommen des Eigentümers bzw. des Eigentumsverwalters fördern;

2.9

fordert, im EU-Aktionsplan vorzusehen, dass die von den Behörden finanzierten Maßnahmen von den Organisationen der Eigentümer und Erzeuger durchgeführt werden können, wenn diese es wünschen und dazu in der Lage sind;

2.10

hält es für unabdingbar, dass der EU-Aktionsplan die für die Mitgliedstaaten und sonstigen Behörden nützlichen Grundelemente enthält, um die derzeit geltenden Vorschriften zu überarbeiten, denn einige Aspekte dieser Vorschriften behindern sicherlich die Umsetzung der Gemeinschaftsziele; vorzusehen sind Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren auf allen Ebenen;

2.11

befürwortet den Kommissionsvorschlag einer Neuausrichtung des Ständigen Forstausschusses, damit dieser in die Lage versetzt werden kann, an der Formulierung und Umsetzung des EU-Aktionsplans mitzuwirken und in den Beziehungen zu den Mitgliedstaaten seinen Einfluss geltend zu machen;

2.12

hält es für notwendig, dass die forstlichen Belange innerhalb der Kommission strukturell und personell so gestärkt werden, dass der EU-Aktionsplan wirkungsvoll umgesetzt werden kann;

2.13

schlägt vor, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ein forstwissenschaftlich-technisches Forum ins Leben rufen, an dem Vertreter der Hochschulen, Forschungszentren und Fachverbände beteiligt werden und das die Aufgabe hat, die jeweiligen Kenntnisse der Realitäten, Arten und Problematiken der verschiedenen Wälder in der EU zu erweitern sowie Initiativen und Programme wissenschaftlich-technischer Forschung vorzuschlagen; die Arbeit des Forums sollte von der Kommission koordiniert und finanziert werden;

2.14

fordert angesichts der strategischen Bedeutung der Forstpolitik für die Zukunft der Bewohner vor Ort, dass der Vorschlag für einen EU-Aktionsplan in der Erwägung, dass in vielen Mitgliedstaaten die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für den Forstbereich zuständig sind, dem AdR unterbreitet wird, um dessen Stellungnahme einzuholen.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 64 vom 27.2.1998, S. 25.

(2)  ABl. C 57 vom 29.2.2000, S. 96.

(3)  ABl. C 128 vom 29.5.2003, S. 41.


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/88


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung des Klimawandels“

(2006/C 115/20)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags an den Ausschuss der Regionen gerichteten Ersuchens des britischen Ratsvorsitzes vom 30. Juni 2005 um Erarbeitung einer Stellungnahme zum Thema „Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung des Klimawandels“;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 25. Juli 2005, die Fachkommission für nachhaltige Entwicklung mit der Ausarbeitung dieses Berichts zu beauftragen;

aufgrund der Schlussfolgerungen des Rates vom 22./23. März 2005 und des Rates (Umwelt) vom 7. März 2005;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 21. September 2000 zum „Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union“ und zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament„Politische Konzepte und Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionenzu einem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP)“ (KOM(2000) 87 endg. und KOM(2000) 88 endg. — CdR 189/2000 fin (1));

gestützt auf den von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung am 28. Juni 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 65/2005 rev. 1) zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und an den Ausschuss der Regionen „Strategie für eine erfolgreiche Bekämpfung der globalen Klimaänderung“ (KOM(2005) 35 endg.);

gestützt auf den von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung am 6. Oktober 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 215/2005 rev.1) (Berichterstatter: Kenneth Bodfish, Vorsitzender des Rates von Brighton und Hove (UK/SPE));

in Erwägung folgender Gründe:

1.

Der Klimawandel ist Realität. Wissenschaftler gehen allgemein davon aus, dass bis zum Jahr 2100 mit einem globalen Temperaturanstieg von 1,4 bis 5,8° C zu rechnen ist.

2.

Der Rat der EU forderte 1996, dass die weltweiten Durchschnittstemperaturen nicht mehr als zwei Grad über das vorindustrielle Niveau ansteigen dürfen.

3.

Die Auswirkungen des Klimawandels werden weltweit — und insbesondere auf lokaler Ebene — zu spüren sein: in Form geringerer Ernteerträge, von Überschwemmungen, Waldbränden, Bodenschäden und Erosion, Einschränkungen der Wassernutzung, Schäden an der Straßen- und Schieneninfrastruktur, reduzierter Artenvielfalt, Ausfällen der Stromversorgung, schwindender Reserven an fossilen Brennstoffen, struktureller Schäden und Bodensenkungen und in Form von Problemen mit Hitzeinseln (2) und der Luftverschmutzung.

4.

Extreme Wetterphänomene, wie z.B. Überflutungen, haben bereits jetzt einen bedeutenden Einfluss auf die europäische Wirtschaft und könnten bei einem weiteren Klimawandel entsprechend den Vorhersagen katastrophale Folgen zeitigen.

5.

Mittels vorbeugender Maßnahmen gegen den Klimawandel lassen sich anerkanntermaßen gute Ergebnisse erzielen; angesichts der bereits jetzt spürbaren Auswirkungen des Klimawandels ist jedoch auch eine Kombination aus Eindämmungs- und Anpassungsmaßnahmen erforderlich.

6.

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Überwachung und Bewertung des Klimawandels, der Information der ortsansässigen Bevölkerung über mögliche Auswirkungen, der Entwicklung von Strategien zur Eindämmung der Folgen der Klimaveränderung und zur Anpassung an sie sowie der Förderung nachhaltiger Energienutzung.

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

Einleitung

1.1

begrüßt die von der Europäischen Kommission und dem Rat bislang im Zusammenhang mit dem Klimawandel bewiesene Führungsstärke, und fordert diese nachdrücklich dazu auf, ihr Engagement auch im Rahmen der Klimapolitik für den Zeitraum nach 2012 und darüber hinaus fortzusetzen;

1.2

begrüßt das im März 2005 durch die Einigung auf weitere Ziele zur Senkung der Emissionen unter Beweis gestellte Engagement des Ministerrats, und fordert die EU eindringlich dazu auf, der globalen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels noch größere Bedeutung beizumessen, um sicherzustellen, dass sich diesem Engagement auch Akteure in anderen Teilen der Erde anschließen;

1.3

hebt hervor, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine entscheidende und unverzichtbare Schlüsselrolle beim Klimaschutz zukommt, laufen doch alle Fäden bei ihnen zusammen: Sie tragen die Verantwortung für das Wohlergehen einer Gemeinde bzw. Region, erbringen grundlegende Dienstleistungen, können die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bewohner beeinflussen und verfügen über Durchsetzungsbefugnisse, praktisches Know-how und demokratische Legitimität. Jede Gemeinde oder Region kann durch die Nutzung nachhaltiger Energiequellen einen Beitrag zur Klimastabilität leisten, den keine andere einzelne Organisation zu leisten imstande wäre;

1.4

vertritt die Auffassung, dass die wichtige Rolle, die lokale und regionale Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen können, allgemein stärker anerkannt werden sollte. Für die Wahrnehmung dieser Aufgabe sollten ihnen daher die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden;

1.5

hebt hervor, dass der Klimawandel sowohl in der EU als auch in anderen Teilen der Welt oftmals am stärksten die Ärmsten der Armen trifft, deren Möglichkeiten, sich an die Auswirkungen der Klimaveränderung anzupassen, jedoch häufig begrenzt sind. Bei der Bekämpfung des Klimawandels müssen auch die Bekämpfung der Brennstoffarmut sowie die Steigerung der Energieeffizienz verstärkt in Angriff genommen und die betroffenen Bevölkerungsgruppen in die Lage versetzt werden, mit den vorhersehbaren Auswirkungen in der Zukunft besser zurechtzukommen;

1.6

ist der Ansicht, dass die nachstehende „Energiehierarchie“ allen politischen Maßnahmen zu Grunde gelegt werden muss:

a)

den Energiebedarf senken,

b)

Energie effizienter nutzen,

c)

erneuerbare Energiequellen einsetzen,

e)

jegliche weitere Nutzung fossiler Brennstoffe sauber und effizient gestalten;

1.7

weist darauf hin, dass sich aus den Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels häufig in vielerlei Hinsicht ein Nutzen für die Kommunen und Regionen einschließlich einer Verbesserung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit ziehen lässt.

2.   Den Klimawandel nicht nur als Bedrohung, sondern als Chance begreifen

2.1

hebt hervor, dass der Klimawandel — durch die angesichts der zur Neige gehenden Reserven an fossilen Brennstoffen zunehmend instabilere Versorgungssicherheit und die negativen Folgen sich ändernder meteorologischer Gesetzmäßigkeiten — eine direkte Sicherheitsbedrohung für Europa darstellt. In ganz Europa ist mit steigenden Versicherungskosten zu rechnen, und in vielen Fällen wird es nicht mehr möglich sein, Eigentum zu versichern;

2.2

weist darauf hin, dass der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für unsere Gesellschaft ist, jedoch auch gute Chancen bietet, diese künftig nachhaltiger, integrativer und wettbewerbsfähiger zu gestalten;

2.3

vertritt die Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit ihren Erfahrungen einen wichtigen Beitrag zur künftigen Klimapolitik der EU leisten können. Zu diesem Zweck werden nachstehend mehrere kurze Fallstudien zusammengefasst, in denen einige der Schlüsselbereiche für Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels genannt und Empfehlungen für die Zukunft ausgesprochen werden.

3.   Beispiele für Maßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene (3)

3.1   Förderung herausragender Leistungen und des Austauschs von Verfahren

Mit Hilfe von Partnerschaften zur Förderung der Sachkenntnisse kann die Umsetzung lokaler und regionaler Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels verbessert und koordiniert, einschlägiges Wissen verbreitet und ein Austausch bewährter Verfahren durchgeführt werden. Die Ergebnisse solcher Partnerschaften zwischen lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften sind überaus positiv und sollten als Beispiel für Maßnahmen auf europäischer und einzelstaatlicher Ebene dienen:

Mit dem vom Klimabündnis verliehenen Preis „Climate Star“ werden beispielhafte Klimaschutzprojekte ausgezeichnet und die in Europa gesammelten diesbezüglichen Erfahrungen und erzielten Erfolge dokumentiert. Dabei werden nicht nur herausragende Leistungen gewürdigt, sondern auch der Austausch zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gefördert. Auch im Rahmen einzelstaatlicher Programme, etwa des „Beacon Council Scheme“ für erneuerbare Energie (England und Wales), wird dem Erfahrungs- und Informationsaustausch über die von den Kommunen zu bewältigenden Aufgaben große Bedeutung beigemessen.

3.2   Förderung erneuerbarer Energie

Im Hinblick auf die Bedrohung der Klimastabilität wird immer häufiger nach Wegen zu suchen sein, um Energie auf lokaler Ebene zu gewinnen. Vor Ort gewonnene Energie ist oftmals effizienter, da sie nur über kurze Strecken übertragen werden muss. Lokale und regionale Gebietskörperschaften spielen beim Ausbau erneuerbarer Energiekapazitäten eine Schlüsselrolle. Aufgrund ihrer Aufgaben bei der Planung und im Beschaffungswesen haben sie einen bedeutenden Einfluss auf die Energiekapazitäten vor Ort und den lokalen Energieverbrauch. Die Entwicklung einer lokalen, aus erneuerbaren Energiequellen gespeisten Energieversorgung ist darüber hinaus ausschlaggebend für den Aufbau einer Wissens- und Technologiebasis vor Ort. Das auf lokaler Ebene an den Tag gelegte Engagement findet hingegen keine Entsprechung auf hochrangiger Ebene in der EU. Wollen wir jedoch die fachlichen und technologischen Grundlagen für eine Zukunft schaffen, in der die Wettbewerbsfähigkeit bei niedrigen Kohlenstoffemissionen gewährleistet ist, so muss sich dies ändern:

Die Stadt Malmö (Schweden) hat im Rahmen des vom Internationalen Rat für lokale Umweltinitiativen (ICLEI) initiierten Programms „Städte für den Klimaschutz“ einen neuen Stadtteil mit 1 000 Wohnungen errichtet, der zu 100 % aus erneuerbaren Energiequellen versorgt wird. Die Energieversorgung beruht auf lokalen Solar-, Wind- und Wasserkraftressourcen und der Energiegewinnung aus den in diesem Stadtteil anfallenden Abfällen und Abwässern. Jede Wohnung ist mit einem eigenen Stromzähler ausgestattet, so dass die Stadt die dem individuellen Energieverbrauch zugrunde liegenden Muster identifizieren und für die entsprechenden Kapazitäten erneuerbarer Energie sorgen kann.

3.3   Messung und Senkung der Menge der Kohlenstoffemissionen auf lokaler Ebene

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können eine Schlüsselrolle bei der Bewertung und Steuerung des privaten und gewerblichen Energieverbrauchs und der Kohlenstoffemissionen der jeweiligen Gemeinde bzw. Region spielen. Dazu muss jedoch die Entwicklung von Instrumenten zur Bewertung der Auswirkungen des Kohlenstoffausstoßes stärker gefördert und ein besserer Zugang zu überprüfbaren Daten über den Energieverbrauch geschaffen werden:

Im Rahmen der europaweiten Kampagne „DISPLAY“ werden lokale Gebietskörperschaften und deren kommunale Gebäudeverwaltungen mit spezieller Software bei der Berechnung ihres Energieverbrauchs unterstützt. Darüber hinaus werden sie dazu angehalten, Angaben über den Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden einfach zugänglich zu machen, um das Bewusstsein über die Bedeutung der Energieeffizienz zu vergrößern.

3.4   Bekämpfung des Klimawandels — Nutzen im Sozial- und Umweltbereich sowie für die Wirtschaft

Durch systematisches Energiesparen bei Verbrauch und Erzeugung steigt die Lebensqualität der örtlichen Bevölkerung — sie ist geringeren Gefahren ausgesetzt; durch den Einsatz nachhaltigerer Verkehrsmittel nimmt die Verkehrssicherheit zu, und es werden Häuser entworfen, die unabhängig von den Witterungsbedingungen größeren Komfort bieten. Umgesetzt werden diese Verbesserungen von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die sich über die Förderung von Maßnahmen vor Ort für eine bessere Ressourcenverwaltung in der Kommune und die Entstehung von Märkten einsetzen, die den örtlichen Gegebenheiten besser entsprechen:

Der Rat von Brighton und Hove (England) hat ein „Energy Action Partnership“ getauftes Programm ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Wohnqualität einkommensschwacher Personen einschließlich älterer Menschen, Bewohner kleinerer Wohnungen sowie kürzlich aus dem Krankenhaus entlassener Personen zu verbessern. Bis zum Jahre 2005, also innerhalb der ersten beiden Laufjahre des Programms, wurden in 361 Haushalten Verbesserungen vorgenommen, wodurch der CO2-Ausstoß um 128 Tonnen jährlich gesenkt werden konnte. Das unkomplizierte Verfahren zur Fördermittelverwaltung und die wohl durchdachten Ausschreibungen im Rahmen der Partnerschaft haben dazu beigetragen, dass das Programm innerhalb eines kurzen Zeitraums einen beträchtlichen Nutzen für die Gemeinde erbringen konnte.

In Zusammenarbeit mit der schottischen Gemeinde Midlothian entwickelt die Stadt Heerlen (Niederlande) derzeit ein Fernwärmesystem, bei dem Heißwasser aus stillgelegten Kohlebergwerken zur Beheizung von Wohnhäusern der Gemeinde genutzt wird. Gleichzeitig wird — auch in öffentlichen Gebäuden — massiv auf die Nutzung von Solarenergie gesetzt, um die Verbreitung innovativer Technologien zu fördern und die Menschen in Heerlen sowie in den angrenzenden Gemeinden in Deutschland für erneuerbare Energie zu sensibilisieren.

3.5   Förderung lokaler Maßnahmen in den einzelnen Politikbereichen

Bestehende Gebäude und Wohnsiedlungen sowie die Art und Weise, wie die Menschen leben und sich ihren Lebensunterhalt verdienen, müssen so verändert werden, dass es möglich ist, mit unvorhersehbaren, wechselnden und u.U. extremen Wetterbedingungen zurechtzukommen. Schlichtheit und Robustheit sowie die Gewährleistung kurzer Versorgungswege können für die Gemeinden Wege sein, um dies zu erreichen. Dem Klimawandel kann besser begegnet werden, wenn Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wärme, Licht sowie Einrichtungen wie Einkaufszentren so weit wie möglich vor Ort gedeckt werden bzw. verfügbar sind:

Der Stadtrat von Bristol (England) hat in zwanzig Schulen der Stadt ein Pilotprojekt namens „Food for Life“ initiiert, in dessen Rahmen in Zusammenarbeit mit der lokalen Gesundheitsbehörde und der „Soil Association“ (britische NRO, die Bio-Lebensmittel zertifiziert) je nach Jahreszeit variierende, unverarbeitete, frische und gesunde Lebensmittel für die Schulkantinen gekauft werden.

3.6   Förderung des Beschäftigungswachstums

Der Klimawandel und die Strategien zur Nutzung erneuerbarer Energie bieten die Chance, die grundlegenden Probleme, die unsere Gesellschaft bedrohen, zu lösen und solides Fachwissen und Fertigkeiten für die Zukunft zu entwickeln. Partnerschaften zwischen der lokalen Bevölkerung, den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, dem Bildungs- und Gesundheitswesen und vor allem privaten Unternehmen tragen dazu bei, den Gemeinschaftssinn zu stärken und dem Ansatz, wonach jetzt investiert werden muss, um später Einsparungen zu erzielen, zum Durchbruch zu verhelfen:

Dem Bezirksrat von Newark und Sherwood (England) ist es gelungen, Brennstoffarmut unter den Bewohnern von Sozialwohnungen fast vollständig auszuschalten. Im Jahre 1984 konnte nur in 6 % der Wohnhäuser eine erschwingliche Wärmeversorgung angeboten werden, nun sind es — aufgrund von Investitionen in Energieeffizienz — 98,4 %. Durch die Programme zur Anhebung der Wohnqualität konnten 18 Jahre lang 30 Arbeitsplätze jährlich in der Gemeinde geschaffen werden. Die im Zeitraum von 1998 bis 2008 für die Sanierung von 7 500 Wohnungen aufgewendeten Gesamtkosten werden sich auf ca. 24 Mio. EUR (16 Mio. GBP) belaufen. In Newark wurde festgestellt, dass dieses Programm nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch bessere schulische Leistungen bewirkt, und dass psychische Erkrankungen seltener auftreten. Der Rat stellte fest, dass die Kosten der Programme innerhalb von fünf Jahren durch deren Nutzen aufgewogen wurden.

3.7   Verbesserung des Gesundheitszustands und des Wohlbefindens der Bevölkerung

Brennstoffarmut betrifft zahlreiche Haushalte in Europa und birgt auch ein gesundheitliches Risiko. Gleichzeitig haben die in den letzten Sommern aufgetretenen Hitzewellen zu einem Anstieg der Todesfälle durch Erschöpfung geführt. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können an ihrem eigenen Gebäudebestand arbeiten und mittels Bau- und Planungsverordnungen sowie durch effizientere Heizsysteme und andere Ausrüstungen sicherstellen, dass die Wohnhäuser einen von den Witterungsbedingungen unabhängigen höheren Komfort bieten; und sie können so gleichzeitig den Gesamtausstoß an Kohlenstoffen durch bessere Belüftung und eine höhere Energieeffizienz senken:

Der Bezirksrat von Carrick (England) hat gemeinsam mit Mieterverbänden und weiteren Organisationen der Beacon Community Regeneration Partnership die Energieeffizienz einer Wohnsiedlung in Falmouth, einem der ehedem ärmsten Gebiete Cornwalls, verbessert. Insgesamt wurde die Energieeffizienz von 900 Wohnungen erhöht; im ersten Jahr wurden 300 Wohnungen mit Zentralheizung und Wärmedämmung ausgestattet, wodurch insgesamt 274 000 EUR (186 000 GBP) an Heizkosten eingespart werden konnten. Die Initiatoren des Programms — Regeneration Partnership — glauben, dass eine Reihe weiterer positiver Entwicklungen auf diese baulichen Verbesserungen zurückzuführen sind: So habe sich der Gesundheitszustand der Bewohner gebessert, u.a. sei die Anzahl an Asthmaerkrankungen um 50 % zurückgegangen; die örtliche Schule wiederum berichtet, dass die von Jungen bei den Realschulabschlussprüfungen erzielten Ergebnisse um 100 % besser als zuvor seien; die Kriminalitätsrate einschließlich häuslicher Gewalt sowie die Zahl behördlich registrierter Kinder in prekärer Situation sei drastisch gesunken, es gebe so wenig Vandalismus wie nie zuvor, die Beschäftigungsquote sei gestiegen und die Siedlung als Wohngebiet habe an Attraktivität gewonnen und der Gemeinschaftssinn habe einen erstaunlichen Aufschwung erlebt.

Die Bevölkerung von Lewenborg (Niederlande) klagte über Gesundheitsbeschwerden, die auf Feuchtigkeit in den Wohnungen, Probleme mit der Heizung und Zugluft zurückzuführen waren. Die Stadt Groningen koordiniert mit der Provinz Groningen, einer Bundesagentur, Beratern und einer großen Bank ein Projekt, um für die Wohnungen Energiebilanzen zu erstellen und den Bewohnern Darlehen mit günstigen Zinssätzen zur Verfügung zu stellen, so dass diese das Raumklima in ihren Wohnungen ohne zusätzliche Kosten verbessern können. Der Gesundheitszustand der Bewohner hat sich in der Folge verbessert und gleichzeitig sind die Energiekosten gesunken.

3.8   Änderung von Verhaltensmustern

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen gemeinsam mit der Privatwirtschaft und anderen öffentlichen Einrichtungen Partnerschaften eingehen, um eine Vision von der Möglichkeit eines niedrigen Energieverbrauchs zu entwickeln. In England und Wales ist eine solche Partnerschaft bereits entstanden; der nationale Verband der lokalen Gebietskörperschaften legte ein Projekt mit der Bezeichnung „Anytown“ (jede Stadt) vor, wie Städte im Jahr 2025 aussehen könnten: Mit Hilfe bereits heute verfügbarer Technik wird es möglich sein, eine nachhaltigere Gesellschaft zu schaffen. In einer derartigen nachhaltigen Zukunft — für die es keiner technischen Neuerungen bedarf — kommen Elektroautos und Kraft-Wärme-Kopplung zum Einsatz; es gibt mehr Grünflächen, und die Straßen sind so angelegt, dass die Bewohner ihr Auto freiwillig stehen lassen. Diese Art von Zukunftsvisionen sollte in künftige Politiken — etwa die thematische Strategie für städtische Umwelt — integriert werden, um lokale und regionale Gebietskörperschaften dabei zu unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu fällen, so dass sie unter Nutzung bereits jetzt verfügbarer Technik und des derzeitigen Know-hows eine nachhaltigere Zukunft anstreben können:

Der Oberbürgermeister von London hat im Februar 2002 eine Staugebühr für die Londoner Innenstadt eingeführt — eine Premiere in Europa. Durch die Gebührenpflicht wurden die Verkehrsstaus erfolgreich um 30 % verringert, und in der gebührenpflichtigen Zone liegen die CO2-Emissionen nun 20 % unter den Werten von 2002. Aufgrund des geringeren Fahrzeugaufkommens auf den Straßen kommen die öffentlichen Verkehrsmittel nun schneller voran, und immer mehr Londoner wählen das Fahrrad als Verkehrsmittel zur Arbeit. Die zusätzlich geschaffene Einnahmequelle trug zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in London bei. Zu weiteren, auf die Bekämpfung des Klimawandels gerichteten Initiativen des Oberbürgermeisters von London zählt die neu gegründete Londoner Agentur für den Klimawandel (London Climate Change Agency). In Zusammenarbeit mit privaten Firmen wird die Agentur in ganz London Projekte im Bereich Energie zur Senkung bzw. Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes auf Null durch Nutzung der saubersten Technologien realisieren und neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung schaffen. Der Oberbürgermeister plant außerdem bis 2008 die Einführung einer Niedrigemissionszone mit einem Fahrverbot im Großraum London für diejenigen Lkws, Reisebusse, Busse und Taxis, die die Umwelt am meisten belasten.

In Italien haben mehr als 350 lokale Gebietskörperschaften (Kommunal- und Provinzialbehörden) so genannte „Lokale Agenden“ 21 angenommen und umgesetzt und sich 1999 zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, um das Konzept und die Ergebnisse der Umsetzung integrierter lokaler Planungen weiter zu verbreiten. Ausgehend von einer Reihe von Indikatoren hat jede Stadt eine Strategie zur Senkung der CO2-Emissionen ausgearbeitet, die Folgendes vorsieht: Verringerung des Energieverbrauchs, Sensibilisierung verschiedener Bevölkerungs- bzw. Zielgruppen (u.a. auch über die Bildungseinrichtungen), Förderung eines kollektiven Umweltbewusstseins und Durchführung kurz-, mittel- und langfristig ausgerichteter Aktionen und Informationskampagnen.

3.9   Energiedienstleistungen anstatt Energie per se

Es sollte in der Gesellschaft die Klarstellung gefördert werden, dass Menschen kein Interesse daran haben, Energie um der Energie wegen zu verbrauchen, sondern an den Dienstleistungen bzw. dem Nutzen interessiert sind, den Energie erbringen kann, wie z.B. Wärme, Licht und individuelle Transportmöglichkeiten. Dieser Nutzen kann jedoch teilweise erzielt werden, ohne Energie zu verbrauchen, etwa indem Wohnhäuser so geplant werden, dass sie von der Sonne beheizt werden, oder indem die für die Menschen notwendigen Einrichtungen auch ohne Nutzung des eigenen PKW zugänglich gemacht werden:

Das Prinzip des „Energiemanagements“ sollte in der EU weitere Verbreitung finden, so dass gewährleistet ist, dass alle Gemeinden die Möglichkeit haben, von den Energieeinsparungen zu profitieren, die Energiedienstleistungsunternehmen (ESCO: Energy Saving Companies) erzielen können. Den Kunden kommt dabei der Nutzen der von den ESCO durch Modernisierung der Heizsysteme erzielten Energieersparnis zugute, ohne dass sie selbst investieren oder die Anlagen verwalten müssen. ESCO sind nicht nur Energieversorger, sondern bieten auch Energiedienstleistungen an, etwa Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Den lokalen Gebietskörperschaften kommt bei der Umsetzung von Energiesparprojekten eine Schlüsselrolle als vertrauenswürdigen Vermittlern zu, die den Bau energieeffizienter Anlagen planen und Fördermittel für die Erhöhung der Energieeffizienz im kommunalen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Die lokalen Gebietskörperschaften haben eine ideale Ausgangsposition, um das Energiesparpotenzial weiter zu vergrößern, indem sie selbst ESCO gründen bzw. Energieversorger dazu ermuntern, auch Energiedienstleistungen anzubieten — z.B. ganze Maßnahmenpakete für Hauseigentümer — und so die Kosten für Energieeinsparungen zu amortisieren. Die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ist besonders wichtig, um zu gewährleisten, dass alle — sowohl die privaten Haushalte als auch die Privatwirtschaft — Zugang zu Energiesparmöglichkeiten erhalten.

3.10   Effizientere Energienutzung

Die EU muss sich stärker um eine effizientere Energienutzung bemühen, u.a. durch den Einsatz leistungsfähigerer Anlagen, durch Kraft-Wärme-Kopplung und die Wärmedämmung von Gebäuden:

Im Jahre 1990 hat sich der Stadtrat von Leicester (England) das Ziel gesetzt, seinen Energieverbrauch und die CO2-Emissionen bis 2025 um 50 % zu reduzieren. Einer der Eckpunkte dieses Vorhabens ist die Überwachung des Energieverbrauchs in der Stadt mittels intelligenter Zähler, die alle 30 Minuten Verbrauchsdaten aus der gesamten Stadt an den Stadtrat weiterleiten. Darüber hinaus hat dieser ein Energiezentrum eingerichtet, das allen Bewohnern umfangreiche Energiedienstleistungen einschließlich des Verkaufs leistungsfähiger Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen anbietet. Das Energiezentrum wurde mit seiner Förderung zum Vorreiter für die Entwicklung kohlenstoffarmer Technologien und tritt als Mittler zwischen Anbietern und Kunden auf. Das Zentrum veranstaltete u.a. Schulungen über den Einsatz kohlenstoffarmer Technologien für vor Ort ansässige Unternehmer.

3.11   Beschaffung erneuerbarer Energien, wo immer es geht

16 % des gesamteuropäischen BIP werden von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erwirtschaftet. Viele davon legen nun fest, dass ein Teil bzw. ihr gesamter Energieverbrauch aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden muss, und machen dies auch zu einer Bedingung bei der Errichtung neuer Wohngebäude:

Der Rat des Londoner Stadtbezirks Lewisham setzt seit 1999 bei der Ausschreibung der lokalen Energieversorgung auf Umweltfreundlichkeit. Bis November 2000 erfolgte die Stromversorgung zu 100 % aus erneuerbaren Energiequellen, wodurch Lewisham zum drittgrößten Abnehmer umweltfreundlicher Energie in Westeuropa wurde. Aufgrund der mangelnden Versorgungssicherheit bei grüner Energie wurde der Prozentsatz im Rahmen der zweiten Ausschreibung im Jahre 2004 auf 80 % herabgesetzt. Ziel von Lewisham war es, die Entstehung eines Marktes für erneuerbare Energie zu begünstigen, und zahlreiche lokale und regionale Gebietskörperschaften folgen nun diesem Beispiel.

3.12   Berücksichtigung des Klimawandels und Prüfung der „Klimaverträglichkeit“ in allen Politikbereichen

Maßnahmen auf europäischer, einzelstaatlicher, regionaler oder lokaler Ebene sollten immer auf ihre „Klimaverträglichkeit“ hin geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie mit der Klimaschutzpolitik übereinstimmen. Dies könnte mittels Abschätzung der Folgen von Rechtsvorschriften gewährleistet werden, aber auch durch Ausüben von Druck auf die Regierungen der Mitgliedstaaten, steuerliche Anreize für nachhaltigeren Energieverbrauch zu schaffen:

Der Rat des Großraumbezirks Middlesborough (England) hat ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Auswirkungen des Klimawandels auf eine Reihe durch ihn erbrachter Leistungen bewertet werden können. In Zusammenarbeit mit einer Nichtregierungsorganisation wurde ein Modul zur Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels erarbeitet, anhand dessen alle Dienststellen des Rates die möglichen Auswirkungen sich ändernder meteorologischer Gesetzmäßigkeiten auf die von ihnen zu erbringenden Leistungen bewerten können. In der Folge haben die 16 Dienststellen, die diese Bewertung vorgenommen haben, ihr Leistungsprofil geändert: Dem Straßendienst werden im Fall von Überschwemmungen mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt; rund um gemeindeeigene Gebäude ist für Beschattung zu sorgen, um eine Überhitzung der Räumlichkeiten und zu starken Lichteinfall zu verhindern, und bei der Erneuerung von Bitumen-Straßenbelägen wird berücksichtigt, dass es innerhalb der kommenden zwanzig Jahre voraussichtlich zu einer noch stärkeren Hitzeeinwirkung kommen wird.

3.13   Mobilisierung der gesamten Bevölkerung durch den Klimawandel

Angesichts der Größe der Herausforderung, die durch die Bedrohung der Klimastabilität gegeben ist, werden Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie zu deren Eindämmung nur dann tatsächlich greifen, wenn alle Teile der Gesellschaft, von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bis hin zu Verbrauchern und Unternehmen, eingebunden werden. Um sicherzustellen, dass die sich im Rahmen der Bekämpfung des Klimawandels ergebenden positiven Nebeneffekte voll zum Tragen kommen, ist zudem ein ganzes Maßnahmenpaket erforderlich. Viele der hier dargelegten Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels werden nur dann Erfolg haben, wenn sie in ein Maßnahmenbündel eingebettet werden. So wären etwa massive Einschränkungen bei der Nutzung privater PKW für die meisten Menschen nur dann akzeptabel, wenn kommunale Einrichtungen mit Leistungen hoher Qualität erreichbar und ein gut ausgebautes Netz nachhaltiger öffentlicher Verkehrsmittel vorhanden ist. Durch die geringere Nutzung privater PKW würde das Verkehrsaufkommen sinken, Güter und Dienstleistungen könnten freier zirkulieren und öffentliche Verkehrsmittel kämen — wie das Beispiel der Londoner Innenstadt zeigt, in der eine Staugebühr eingehoben wird — schneller voran. Dadurch würden wiederum andere nachhaltige Fortbewegungsformen, etwa Radfahren, attraktiver. Um eine solche Kettenreaktion mit Verbesserungen auszulösen, müssen jedoch alle Teile der Bevölkerung eingebunden werden:

Der Rat des Londoner Stadtbezirks Islington hat ein Programm ins Leben gerufen, in dessen Rahmen speziell zum Thema Energieeffizienz und Mobilisierung der Bevölkerung geschulte „Energiebotschafter“ den Einwohnern der Stadt, ortsansässigen KMU und Schulen Führungen anbieten, bei denen gezeigt werden soll, auf welche Art und Weise in Islington Energie verbraucht und — durch die Erstellung von Energiebilanzen für Gebäude — gespart wird.

4.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

4.1

fordert die Kommission dazu auf anzuerkennen, dass der Klimawandel mit Hilfe einer ganzen Palette an Maßnahmen und in Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen mit privaten Unternehmen, dem Gesundheitswesen, Bürgervereinigungen und Interessengruppen im Bildungsbereich sowie mit im Bereich Energieeffizienz tätigen Organisationen bekämpft werden muss;

4.2

fordert die Kommission dazu auf, die bedeutende Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften anzuerkennen, diesen die für Demonstrations- und Verbreitungsprojekte erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen und deren Rolle in Positionspapieren, etwa dem noch zu erarbeitenden Weißbuch zur Energieeffizienz, klar aufzuzeigen;

4.3

fordert die EU dazu auf, die vom Europäischen Rat im März 2005 festgelegten Ziele einer weiteren Senkung des Schadstoffausstoßes um mindestens 60 bis 80 % bis zum Jahre 2050 zu übernehmen und sicherzustellen, dass diese ehrgeizigen Ziele auch in internationalen Gremien wie dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen angestrebt werden;

4.4

begrüßt, dass der derzeitige britische Vorsitz des Europäischen Rates und der G8 dem Thema Klimawandel besondere Bedeutung beimisst und fordert die künftig vorsitzführenden Staaten dazu auf, diesen Schwerpunkt beizubehalten;

4.5

ersucht die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten, ihre eigenen Maßnahmen sowie jene der Welthandelsorganisation und internationaler Finanzinstitutionen wie der Weltbank auf deren „Klimaverträglichkeit“ zu überprüfen;

4.6

fordert die Kommission dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass Geräte mit besonders niedriger Energieeffizienz aus dem Verkehr gezogen werden, indem in allen Produktsparten, in denen es einen signifikanten Unterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Produkt gibt, im Abstand weniger Jahre das minimale Energieeffizienzniveau von Geräten um 10 bis 20 % angehoben wird;

4.7

fordert die Kommission dazu auf anzuerkennen, dass der stark steigende Bedarf an neuen Wohnhäusern, der sich vor allem aus dem Anstieg der städtischen Wohnbevölkerung ergibt, die Gelegenheit bietet, verbindliche Normen für die Energieeffizienz von Gebäuden festzuschreiben, die deutlich höher sind als jene, die in der Richtlinie über Energieprofile von Gebäuden aus dem Jahre 2002 vorgesehen sind. Diese Gelegenheit darf nicht ungenutzt bleiben. Ferner sollten Bauvorschriften stärker die Ausnutzung natürlicher Beschattung und Belüftung fördern, um die Abhängigkeit von Klimaanlagen zu reduzieren;

4.8

befürwortet die Berücksichtigung des Klimawandels im Rahmen der Pläne für Wasserressourcen und deren Bewirtschaftung;

4.9

fordert die Kommission dazu auf, eng mit der Privatwirtschaft zusammenzuarbeiten, um neue Versicherungsprodukte zu entwickeln, die das Risiko Klimawandel berücksichtigen und eine entsprechende Deckung bieten;

4.10

fordert die Kommission dazu auf sicherzustellen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen besseren und einheitlicheren Zugang zu aktuellen Echtzeit-Verbrauchsdaten von lokaler Relevanz erhalten, die eine Rückverfolgung bis auf die Ebene der Postleitzahl ermöglichen, wobei jedoch der Datenschutz für private Verbraucher zu wahren ist. Ohne derartige Informationen ist es lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht möglich, den Wandel hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ausreichend zu unterstützen;

4.11

ruft die Kommission dazu auf, den Beitrag lokaler Strategien zur Eindämmung des Klimawandels und zur Verwirklichung der Lissabon-Ziele im Bereich der Beschäftigung, des Wachstums und Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen und die Agenda der Lissabon-Strategie stärker mit der Klimapolitik zu verknüpfen;

4.12

fordert die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten dazu auf, in Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine gemeinsame Aufklärungskampagne einzuleiten, um die Dringlichkeit der Lage angesichts des sich vollziehenden Klimawandels und die Notwendigkeit sofortigen Handelns zu verdeutlichen;

4.13

ruft die Kommission dazu auf, die auf lokaler und regionaler Ebene eingeleiteten Untersuchungen über die unterschiedlich starken Auswirkungen des Klimawandels auf Frauen und Männer bzw. die einzelnen sozialen Schichten fortzuführen, um sicherzustellen, dass Frauen die Folgen der Klimaveränderung nicht überproportional stark zu spüren bekommen (4);

4.14

befürwortet den Vorschlag, Finanzmittel aus der Regionalpolitik als Querschnittsaufgabe für nachhaltige Entwicklung (und Klimaschutz) einzusetzen;

4.15

fordert die Kommission dazu auf, die künftige thematische Strategie für städtische Umwelt eng mit der thematischen Strategie zur Luftverschmutzung zu verknüpfen, um sicherzustellen, dass der Eindämmung des Klimawandels quer durch alle Politikbereiche ausreichend Rechnung getragen wird;

4.16

ruft den Ministerrat dazu auf, sich ehrgeizigere und längerfristige Ziele bezüglich der Nutzung erneuerbarer Energien zu setzen, um den lokalen Entscheidungsträgern den Ausbau der vor Ort verfügbare Kapazitäten an erneuerbarer Energie zu ermöglichen;

4.17

fordert die Kommission dazu auf, sich zur Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und deren europäischen Netzen bei der Entwicklung einer starken Vision einer kohlenstoffarmen Zukunft zu verpflichten, um den einzelnen Gemeinden und Regionen durch die bestmögliche Nutzung verfügbarer Technologien und die Förderung der notwendigen fachlichen Grundlagen eine echte Chance auf eine kohlenstoffarme Zukunft zu eröffnen. Die Kommission muss hierfür die Voraussetzungen schaffen, indem sie dem Austausch bewährter Verfahren auf lokaler und regionaler Ebene künftig größere Bedeutung beimisst.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 22 vom 24.1.2001, S. 30.

(2)  An warmen Tagen kann die Temperatur in urbanen Gebieten um bis zu 4oC höher als im Umland liegen. In Städten führen die ausgedehnten urbanen und suburbanen Zonen in Verbindung mit geringer Windstärke und Bewölkung zum so genannten „Hitzeinsel“-Effekt.

(3)  Die nachstehenden Beispiele wurden mittels direkter Kontakte sowie im Rahmen von Netzwerken lokaler Gebietskörperschaften der EU zusammengetragen. Viele davon stammen aus dem Vereinigten Königreich und beziehen sich auf nationale Projekte zur Bekämpfung des Klimawandels, die von den britischen Verbänden der lokalen Gebietskörperschaften durchgeführt wurden. Der Berichterstatter ist sich dessen bewusst, dass es in der EU zahlreiche weitere Beispiele für solche Projekte gibt, und würde es begrüßen, wenn die EU den internationalen Austausch bezüglich solcher Projekte stärker fördern würde.

(4)  Laut einer neuen Studie des Klimabündnisses; www.klimabuendnis.org


16.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 115/95


Prospektivbericht des Ausschusses der Regionen zum Thema „Umsetzung der Richtlinie über Abfalldeponien (1999/31/EG) auf regionaler und lokaler Ebene“

(2006/C 115/21)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf das Ersuchen der Europäischen Kommission vom 10. Dezember 2004, einen Prospektivbericht zum Thema „Umsetzung der Richtlinie über Abfalldeponien (1999/31/EG) auf regionaler und lokaler Ebene“ gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auszuarbeiten;

gestützt auf das Protokoll über Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen vom September 2001, in dem „die Erarbeitung strategischer Dokumente des Ausschusses der Regionen zu Themen, die die Kommission für wichtig erachtet, angeregt wird; in diesen Prospektivberichten werden Probleme in Bereichen, für die der Ausschuss der Regionen über angemessene Informationsmittel vor Ort verfügt, eingehend analysiert“;

gestützt auf den Beschluss seines Präsidenten vom 20. Januar 2005, die Fachkommission für nachhaltige Entwicklung mit der Ausarbeitung eines diesbezüglichen Prospektivberichts zu beauftragen;

gestützt auf die Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien;

gestützt auf den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die einzelstaatlichen Strategien zur Verringerung der zur Deponierung bestimmten, biologisch abbaubaren Abfälle gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien (KOM(2005) 105 endg.);

gestützt auf die Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (Abfallrahmenrichtlinie), geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG, 91/692/EWG und die Beschlüsse 76/431/EWG, 94/3/EG und 96/350/EG;

gestützt auf seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission zum Thema „Thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling“ (KOM(2003) 301 — CdR 239/2003) (1);

gestützt auf die Ergebnisse der im Auftrag des Ausschusses der Regionen durchgeführten Untersuchung zur Durchführung der Deponierichtlinie (1999/31/EG) auf regionaler und lokaler Ebene (2);

gestützt auf den von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung am 6. Oktober 2005 angenommenen Entwurf eines Prospektivberichts (CdR 254/2005 rev. 1), Berichterstatter: Herr Wim van GELDER, Königlicher Kommissar für die Provinz Seeland (NL/EVP);

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Die erzeugte Abfallmenge in Europa ist in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Abfallvermeidung, -behandlung und -entsorgung gehören zu den wichtigsten ökologischen Herausforderungen an die EU. Das sechste Umweltaktionsprogramm der EU zählt folgerichtig die Abfallvermeidung und -verwaltung zu den dringlichsten Prioritäten.

2)

In vielen Gebieten der EU ist weiterhin die Deponie die meistgenutzte Form der Abfallbeseitigung. Deponien mit niedrigen ökologischen Standards stellen oft eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar, weil sie Luft, Wasser und Erdboden verschmutzen und zudem zur weltweiten Erwärmung beitragen, indem sie Treibhausgase verursachen.

3)

Entsprechend der sogenannten Rangordnung für Abfallentsorgung sollte die Deponierung die letzte Wahl sein. Abfallvermeidung, -wiedernutzung und -wiederverwertung sollte der Vorzug gegeben werden.

4)

Der Grundsatz der Entsorgungsnähe und das Ziel der Abfallentsorgungsautarkie wurden als Eckpfeiler der EU-Abfallpolitik festgelegt;

verabschiedete auf seiner 62. Plenartagung am 16./17. November 2005 (Sitzung vom 17. November) folgenden Prospektivbericht:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

Allgemeine Bemerkungen

1.1

begrüßt das Ersuchen der Europäischen Kommission um Ausarbeitung eines Prospektivberichts, da es sich um das erste diesbezügliche Ersuchen zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Umweltpolitik auf regionaler und lokaler Ebene handelt und somit die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem Ausschuss der Regionen vertieft;

1.2

begrüßt die starke Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Untersuchung über die Umsetzung der Deponierichtlinie auf lokaler und regionaler Ebene, was auf die Bedeutung dieser Richtlinie für die lokale und regionale Ebene hinweist;

1.3

stellt fest, dass auf Grund der verschiedenen demografischen und geografischen Gegebenheiten, der unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Abfallentsorgungssysteme in den Mitgliedstaaten sowie ihren Regionen und Gemeinden die Art und Weise der Umsetzung der Deponierichtlinie auf lokaler und regionaler Ebene in der EU-25 unterschiedlich ist;

1.4

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU-25 für die Durchführung eines bedeutenden Teils der EU-Umweltpolitik zuständig sind und einer der wichtigsten Bereiche hiervon die Abfallentsorgung ist. Im Allgemeinen liegt die Zuständigkeit für die Erteilung von Deponiegenehmigungen, die Genehmigung von Deponienachrüstungsprogrammen, die Stilllegungsverfahren, die Überwachung und Kontrolle oft bei den regionalen Gebietskörperschaften, während die lokalen Gebietskörperschaften meistens eine wichtige Rolle bei der Standortbestimmung der Abfalldeponien übernehmen und für die Infrastruktur bei der Sammlung von Haushaltsabfällen verantwortlich sind. Dies wirft ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen allen Ebenen der Verwaltung bei der Umsetzung der Richtlinie;

1.5

betont, dass die Entwicklung von der herkömmlichen Abfalldeponie hin zu einer nachhaltigeren Politikstrategie mit Schwerpunkt auf der Vorbeugung, Wiederverwertung und Wiederverwendung erhebliche Bemühungen erfordert, die zusätzliche Humanressourcen und Finanzmitteln in den regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften nötig machen;

1.6

stellt abschließend fest, dass die Auswirkungen der Abfallpolitik im Allgemeinen und die Abfalldeponienpolitik im Besonderen auf der lokalen Ebene am meisten zu spüren sind und daher eine besondere Einbeziehung der Beteiligten auf lokaler Ebene nötig machen. Die örtliche Bevölkerung wird von der Mehrzahl der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zum Standort geplanter Deponien und während des Zulassungsverfahrens konsultiert. Während etwa die Hälfte der Gebietskörperschaften NRO konsultiert, werden örtliche Unternehmen selten miteinbezogen;

Umsetzungsbemühungen/derzeitiger Stand der Umsetzung

1.7

ist der Ansicht, dass in den meisten Mitgliedstaaten auf nationaler und/oder regionaler Ebene bei der Umsetzung der Deponierichtlinie in nationales bzw. regionales Recht bedeutende Anstrengungen unternommen wurden. Einige Mitgliedstaaten haben jedoch die Frist (3) für die Aufstellung einer nationalen Strategie zur Umsetzung der Reduzierung biologisch abbaubarer, deponierter Abfälle nicht eingehalten, was zu einer Verzögerung beim Erreichen der Reduktionsziele führt;

1.8

stellt fest, dass die in dem Fragebogen gegebenen Antworten und zusätzliche Untersuchungen große Unterschiede hinsichtlich des Stands bei der Umsetzung in der EU gezeigt haben. Viele Mitgliedstaaten und dementsprechend eine große Anzahl von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sehen sich Schwierigkeiten bei der Einhaltung dieser Richtlinie ausgesetzt, während anderen die Erfüllung von deren Vorgaben ohne bemerkenswerte Probleme gelingt;

1.9

weist darauf hin, dass nach Auskunft der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bedeutende Anstrengungen zur Gewährleistung, dass die Deponien den technischen Erfordernissen entsprechen, gemacht wurden. In einigen Mitgliedstaaten werden jedoch noch weitere Anstrengungen nötig sein. Von der großen Mehrzahl der bestehenden Deponien wird berichtet, dass sie bereits den Erfordernissen der Richtlinie entsprechen, ihr bis 2007 angepasst werden oder, wenn sie ihr bis dahin nicht entsprechen, geschlossen werden;

1.10

stellt fest, dass bestehende Deponien in den neuen Mitgliedstaaten den Anforderungen der Deponierichtlinie gegenwärtig im Allgemeinen weniger entsprechen als Deponien in den alten Mitgliedstaaten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es in diesen Ländern erst eine kurze Tradition gibt, Abfallprobleme anzugehen und nationale Strategien zur Abfallentsorgung erst in jüngster Zeit aufgestellt wurden;

1.11

bedauert, dass die Mehrheit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Ansicht ist, in Bezug auf den Prozess der Übernahme und der darauffolgenden Umsetzung in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat nicht ausreichend informiert oder konsultiert worden zu sein. In den alten Mitgliedstaaten wird allgemein mehr konsultiert und in den neuen Mitgliedstaaten mehr informiert;

1.12

begrüßt, dass die Deponierichtlinie dazu beigetragen hat, die Übertragung von Zuständigkeiten in Bezug auf Deponien in verschiedenen Ländern auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zu befördern, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten; bedauert aber, dass diese Übertragungen selten durch einen Transfer von Finanzmitteln und Humanressourcen begleitet wurden, um die neuen Aufgaben meistern zu können, und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften somit zusätzliche Belastungen aufgebürdet werden;

1.13

bekräftigt, dass die biologisch abbaubaren, deponierten Abfälle ebenfalls dank der Umsetzung der Deponierichtlinie zurückgegangen sind. Ein noch größerer Rückgang ist in Gebieten zu beobachten, in denen regionale und lokale Gebietskörperschaften bereits vor dem Inkrafttreten der Deponierichtlinie Maßnahmen zur Senkung der Menge von auf Deponien eingelagerten biologisch abbaubaren Abfällen eingeleitet haben, wie zum Beispiel Sensibilisierungskampagnen, Einrichtung von Infrastrukturen zur getrennten Abfallsammlung und rechtliche Instrumente (z.B. Vorschriften über getrennte Abfallsammlung);

1.14

betont, dass die Richtlinie nur Vorgaben zur Verhinderung der Entsorgung von Abfällen auf Deponien vorgibt, aber keine Vorgaben zur Nutzung von alternativen Abfallentsorgungsmethoden, wie z.B. Zielsetzungen zur Wiederverwertung, wie es etwa in der Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE-Richtlinie) der Fall ist;

Die Bedeutung von Abfalldeponien

1.15

betont erneut, dass innerhalb der EU große Unterschiede hinsichtlich des Abfallaufkommens und der Abfallentsorgung im Allgemeinen und der Abfalldeponien im Besonderen bestehen. Einige Mitgliedstaaten haben es geschafft, das Abfallaufkommen vom Wirtschaftswachstum abzukoppeln, die auf Deponien eingelagerte Menge biologisch abbaubaren Abfalls deutlich zu senken und bereits heute die in der Richtlinie beschriebenen zukünftigen Reduktionsvorgaben zu erfüllen. In anderen Mitgliedstaaten steigt jedoch das Abfallaufkommen stetig an und Abfalldeponien überwiegen weiterhin;

1.16

weist darauf hin, dass zukünftig mit einer Abnahme der Bedeutung von Deponien in der gesamten EU zumindest für Siedlungsabfälle, zu rechnen ist. Trotz Abfallvermeidung und Maßnahmen zur Wiederverwertung von Abfällen wird jedoch die Notwendigkeit bestehen bleiben, nichtverbrennbare Abfälle und nichtrecycelbare Rückstände auf Deponien zu verbringen, und daher ist zu erwarten, dass Abfalldeponien weiterhin eine Rolle in der Entsorgungskette übernehmen werden;

Die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung

1.17

ermittelt die folgenden Bereiche als Hauptschwierigkeiten, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Richtlinie zu bewältigen haben:

a)

Erfüllen der Vorgaben im Bereich einer Verringerung der zur Deponierung bestimmten biologisch abbaubaren Abfälle: Regionale und lokale Gebietskörperschaften — vor allem in Mitgliedstaaten, deren nationale Strategie zur Reduzierung von deponierten Bioabfällen noch nicht oder erst vor kurzem verabschiedet wurde — empfinden dies als schwierigen Themenbereich. Dies entspricht häufig dem Fehlen eines entwickelten Marktes für die Wiederverwertung von biologisch abbaubaren Abfällen in diesen Ländern. Außerdem stellt sich das Problem, dass in den nationalen Strategien wirksame Instrumente zur Reduzierung von biologisch abbaubarem Abfall fehlen.

b)

Planung, Betrieb und Nachsorge von Abfalldeponien: Die meisten Gebietskörperschaften halten Planung, Betrieb und Nachsorge für schwierig oder für unter Umständen schwierig; die Nachsorge gilt hierbei als schwierigster Themenbereich. Die strengen technischen Anforderungen bereiten manchmal Schwierigkeiten, weil sie nicht genügend Spielraum für eine Anpassung an besondere geologische Verhältnisse, innovative Techniken oder die Fortschritte der Wissenschaft lassen.

c)

Fehlende Finanzmittel und personelle Ressourcen: Der Übergang von einer vor allem auf Deponiewirtschaft ausgerichteten Politik zu einem nachhaltigeren Ansatz benötigt bedeutende finanzielle und personelle Ressourcen. Die Mehrheit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften — besonders aus den neuen Mitgliedstaaten und besonders während sie die Vorgaben für biologisch abbaubare Abfälle umsetzen — halten diese fehlenden Ressourcen für ein großes Problem.

d)

Mangelndes öffentliches Bewusstsein: Viele regionale und lokale Gebietskörperschaften sind bemüht, das öffentliche Bewusstsein zu stärken und ihre Bürger und Unternehmen zur Teilnahme an den getrennten Abfallsystemen anzuhalten.

e)

Komplexität der Verfahrensweisen: In Folge der Deponierichtlinie sind vor allem in Ländern, die bisher keine Unterscheidung bei der Abfalldeponierung kannten, die Zulassungsverfahren komplexer und länger geworden.

f)

Wildes Entsorgen: Abfalldeponien waren häufig eine billige Art Abfall zu entsorgen. Da die Deponiegebühren steigen, nimmt die wilde Abfallentsorgung häufig zu und dies erfordert strikte Gegenmaßnahmen.

g)

Abfalltransporte: In Folge der Deponierichtlinie werden viele örtliche Abfalldeponien geschlossen und neue Deponien dienen größeren Gebieten. Dies führt häufig zu einer Zunahme der Transporte, was Kosten verursacht und sich negativ auf die Umwelt auswirkt. Dieses Problem ist vor allem in dünn besiedelten Gebieten spürbar.

h)

Fehlen gleicher Bedingungen: Auf Grund unterschiedlicher zeitlicher Vorgaben für die Umsetzung verschiedener ökologischer Standards und Entsorgungskosten sowie den teilweise unterschiedlichen Definitionen von Recycling herrschen noch keine gleichen Bedingungen zwischen den Mitgliedstaaten (und manchmal nicht einmal innerhalb eines Mitgliedstaates). Folglich gibt es häufig starke finanzielle Anreize (legal oder illegal), Abfall in benachbarte Länder zu exportieren, was gegen das Prinzip der Entsorgungsnähe und das Ziel der Abfallentsorgungsautarkie verstößt. Darüber hinaus führt es auch zu einer Zunahme von Abfalltransporten über größere Entfernungen.

i)

Gefahr eines zu schmalspurigen Ansatzes: Die Gefahr besteht, dass die Richtlinie nur Anreiz zur Reduzierung von Siedlungsabfällen gibt und dabei andere Arten Abfall vernachlässigt werden, obwohl hier eine Reduzierung gleichfalls äußerst wichtig wäre (z.B. Industrieabfälle).

j)

Fehlende Leitlinien: Die Förderung einer gesonderten Sammlung von biologisch abbaubarem Abfall und die Errichtung eines Markts für die Wiederverwertung von solchem Abfall kann wegen des Fehlens von Leitlinien oder diesbezüglichen Bezugsgrößen schwierig sein;

Kosten und Gewinne

1.18

stellt fest, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften von gestiegenen Kosten für die Deponierung von Abfällen bedingt durch die Umsetzung der Richtlinie berichten. Die Hauptlast wird allerdings weniger von den Gebietskörperschaften getragen als vielmehr von den Deponiebetreibern, die gestiegene Kosten auf Bürger und Unternehmen überwälzen;

1.19

stellt fest, dass nur eine Minderheit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zweckgebundene Mittel erhalten hat, durch die die Kosten für die Umsetzung der Deponierichtlinie ganz oder teilweise gedeckt werden, und dass jene, die solche außerordentlichen Mittel erhalten haben, die Umsetzung der Richtlinie für weniger schwierig halten;

1.20

hebt die positiven ökologischen Auswirkungen der Richtlinie hervor: Nach Auffassung der großen Mehrheit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften hat die Umsetzung der Richtlinie positive Auswirkungen auf die Umwelt. Die positiven Auswirkungen entstehen durch die Reduzierung der Einwirkungen von Deponien auf Oberflächen- und Grundwasser, Erdboden, Luft und menschliche Gesundheit. Außerdem kann sie zur Reduzierung der Treibhausgase beitragen. Gebietskörperschaften, die weniger oder keine positiven Auswirkungen erkennen können, liegen häufig in Mitgliedstaaten, in denen bereits zuvor ähnliche Rechtsvorschriften zur Anwendung kamen;

1.21

weist darauf hin, dass bedingt durch die Umsetzung der Deponierichtlinie in Zukunft eine Abnahme der Gesamtkosten für die Sanierung von Deponieerde und Grundwasser zu erwarten ist;

1.22

hebt hervor, dass eine Mehrheit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Ansicht ist, die Umsetzung der Deponierichtlinie habe — im Vergleich zur Situation vor der Umsetzung — zur Förderung modernerer Deponietechnologien mit positiven ökologischen und finanziellen Auswirkungen beigetragen, z.B. die zur Verwertung von Deponiegas zur Energiegewinnung. Die Richtlinie lässt jedoch keinen Raum für die Anwendung von innovativer Technik und fördert daher nach den anfänglichen technologischen Verbesserungen den Stillstand;

1.23

weist darauf hin, dass die Umsetzung der Deponierichtlinie, wenn sie zu einer Diversifizierung der Modelle zur Abfallverwertung führt, dazu beitragen kann, neue Arbeitsplätze im Abfallsektor zu schaffen;

1.24

stellt fest, dass eine große Mehrheit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften angibt, die von den Deponiebetreibern eingenommenen Gebühren deckten die Deponiekosten vollkommen und erfüllten somit die Anforderungen der Deponierichtlinie; warnt davor, dass die diesen Anforderungen nicht entsprechenden und die Abfallentsorgung für einen niedrigeren Preis anbietenden Deponien voraussichtlich Abfallexporte fördern werden. Außerdem bieten niedrige Deponiegebühren nicht genug Anreiz, Abfall auf eine nachhaltigere Art zu entsorgen;

1.25

schließt daraus, dass eine Steuerung des Abfall(entsorgungs)marktes durch Finanzinstrumente wie Deponieabgaben oder anderen Anreize die bevorzugten Entsorgungswege über alternative Abfallverwertungen fördern kann;

1.26

stellt fest, dass ein Großteil der Mitgliedstaaten eine Deponieabgabe erhebt und dass sich die Höhe dieser Abgabe stark unterscheidet. Über ein Drittel der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften haben jedoch keine Deponieabgabe eingerichtet oder sonstige finanzielle Anreize geschaffen, um die Menge der biologisch abbaubaren Abfälle, die deponiert werden, zu reduzieren. Bei der Mehrheit der Mitgliedstaaten, in denen eine Deponieabgabe erhoben wird, fließt diese in den allgemeinen Steuerhaushalt ein. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen sie besonderen Umweltfonds vorbehalten bleibt, z.B. zur Förderung der Abfallvermeidung und zur Finanzierung von Recyclingsystemen;

Erfolgsvoraussetzungen

1.27

stellt fest, dass folgende Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Deponierichtlinie notwendig sind:

a)

Proaktive Haltung: In einigen Mitgliedstaaten sind offenbar bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts, wenn nicht sogar früher, erste Anstrengungen zur Umsetzung der später zustande gekommenen Deponienrichtlinie unternommen worden. Aufgrund dieser proaktiven Haltung konnten viele lokale und regionale Gebietskörperschaften nach der Umsetzung der Richtlinie in nationales bzw. regionales Recht verhältnismäßig einfach die Erfordernisse innerhalb der festgelegten Fristen erfüllen.

b)

Einbindung der Umsetzung der Richtlinie in einem umfassenderen Zusammenhang: Die Umsetzung der Richtlinie darf nicht als isolierte politische Maßnahme betrachtet werden. Die Abfallentsorgung ist Teil der Bewirtschaftung materieller Ressourcen und muss auf der politischen Ebene in diesem Kontext betrachtet werden. Daher ist es wichtig, integrierte nationale, regionale und lokale Strategien zu entwickeln, durch die sie mit anderen Abfallverwertungssystemen verknüpft wird — aber auch mit anderen Politikbereichen, wie z.B. Beschaffungspolitik und Politik einer effizienten Ressourcennutzung.

c)

Den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen die Mittel gewährt werden, um ihre Aufgaben erfüllen zu können: Die Einrichtung von neuen Recyclingsystemen und sonstigen alternativen Verwertungssystemen, die Initiierung von Sensibilisierungskampagnen, die Modernisierung von Deponien usw. verlangen Wissen sowie Finanz- und Humanressourcen in den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften. Eine Mittelübertragung von höheren Verwaltungsebenen oder die Möglichkeit der Gebietskörperschaften, fiskale Mechanismen einzuführen, ist daher häufig die Voraussetzung, um die Vorgaben der Deponierichtlinie zu erfüllen.

d)

Zusammenarbeit aller Verwaltungsebenen und Informationsaustausch: Eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen ist entscheidend für eine gelungene Umsetzung, da die Aufgabe, die Richtlinie in die Praxis umzusetzen, in fast allen Mitgliedstaaten von verschiedenen Verwaltungsebenen durchzuführen ist. Dies beinhaltet einen Wissensaustausch über die Art, wie die neuen, strengeren Erfordernisse für den Bau, den Betrieb, die Stilllegung und die Nachsorge einer Deponie erfüllt und wie alternative Verwertungssysteme eingerichtet werden können. Darüber hinaus muss Abfallpolitik oft die Verwaltungsgrenzen benachbarter Gemeinden und Regionen überwinden, z.B. bei der Einrichtung gemeinsamer Abfallverwertungseinrichtungen oder Recyclingsysteme.

e)

Finanzielle Anreize: Da Unternehmen vor allem nach wirtschaftlichen Überlegungen handeln, ist es wichtig, Anreize für eine Reduzierung der Abfallmenge, die auf Deponien eingelagert wird, zu schaffen, indem das Deponieren teurer gemacht wird, zum Beispiel durch eine Deponieabgabe.

f)

Unterstützung von Alternativen: Die Abfallbesitzer müssen, um die Abfallentsorgung über Deponien einzuschränken, wirtschaftlich gangbare Alternativen für die Abfallverwertung erhalten. Diese Alternativen müssen daher, wenn sie fehlen oder unzureichend sind, gefördert werden. Lösungen vor Ort wie Heimkompostierung oder Abfallverwertungsmöglichkeiten auf dem Firmengelände müssen, um eine Zunahme von Abfalltransporten zu vermeiden, unterstützt werden.

g)

Bekämpfung von wildem Entsorgen: Steigende Kosten für die Abfallverwertung können zu einer Zunahme der rechtswidrigen Entsorgung führen. Eine Kombination von Maßnahmen kann der rechtswidrigen Entsorgung von Abfall vorbeugen und diese unterbinden. Diese Maßnahmen erfordern es, dass zumindest für einen Überbrückungszeitraum außerordentliche Humanressourcen für diese Aufgaben zur Verfügung gestellt werden.

h)

Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Konsultierung von Betroffenen: Aktive Beteiligung der Bürger und der Unternehmen ist unabdingbar für eine mengenmäßige Reduzierung von Abfallaufkommen und von auf Deponien verbrachtem Abfall. Daher sind Kommunikationskampagnen und Konsultationen von Beteiligten in Verbindung mit effizient funktionierenden Infrastrukturen notwendig;

Bewährte Verfahren

1.28

hebt hervor, dass es überall in der EU viele Beispiele für bewährte Verfahren zur Umsetzung der Deponierichtlinie gibt. Es handelt sich dabei sowohl um innovative Techniken als auch um politische Maßnahmen, die sich als erfolgreich erwiesen haben. Hier werden nur einige wenige angeführt:

a)   Kampagne zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Die Partnerschaft für Recycling der Verwaltung von Devon (Devon Authorities Recycling Partnership) bereitete eine grafschaftsweite sechs Monate dauernde Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagne vor und führte diese durch. Die Partnerschaft der örtlichen Verwaltung erhielt auf eine Ausschreibung hin 1.119.000 Pfund Sterling vom Ministerium für Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft (DEFRA) für eine Sensibilisierungs- und Analysekampagne zum Thema Abfall.

Mit der Kampagne wurden folgende Ziele verfolgt:

Erhöhung der Tonnage wiederverwerteten Materials, insbesondere durch eine Erhöhung der Teilnahme an Rücknahmesystemen und/oder der Qualität und Quantität des zu sammelnden Materials,

Sammeln von Informationen über die Nutzung der gegenwärtigen Rücknahmemöglichkeiten und Sondierung, warum sich die Bürger an den vorhandenen Rücknahmesystemen beteiligen bzw. warum sie dies nicht tun, und sie zur Teilnahme anspornen,

Nutzen der gesammelten Informationen, um zukünftigen Werbekampagnen die Möglichkeit zu geben, effektiv eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu erreichen.

Die Kampagne bestand aus vier Hauptteilen: Abfallanalyse, Beobachtung der Teilnahme, Hausbesuche und Medien bzw. Fortbildung.

Die entscheidenden Ergebnisse der Kampagne sind:

Die Bürger stehen Recycling positiv gegenüber und sind bereit sich zu beteiligen;

mangelnde Beteiligung ist nicht auf Desinteresse zurückzuführen, sondern vor allem auf praktische Gründe, wie z.B. das Fehlen von Containern für Recyclingmaterial am Straßenrand, von Transportmöglichkeiten und von Lagerraum;

die bevorzugteste Methode des Recycling ist das Sammeln recycelbarer Materialien am Straßenrand;

das Sammeln recycelbarer Materialien am Straßenrand hat im vergangenen Jahr einen beeindruckenden Zuwachs von 31 % bei der Tonnage erfahren;

die Zunahme von Siedlungsabfällen, die auf Deponien verbracht wurden, ging 2002/03 auf 0,88 % zurück, zum Vergleich: 2001/02 waren es 3,3 %;

die Bürger sind bereit, Papier und Plastik zu recyceln. Sie warten auf Methoden zur Entsorgung am Straßenrand, um diese Materialien miteinbeziehen zu können, wenn dies bis jetzt nicht der Fall ist;

Fernsehwerbung hat sich als effektivstes Medium erwiesen.

b)   Bekämpfung der wilden Entsorgung

In der Stadt Pezinok, Slowakische Republik, haben die Stilllegung von Gemeindedeponien und höhere Deponiegebühren zu einer Zunahme der wilden Entsorgung geführt.

Aus diesem Grund wurden die folgenden Maßnahmen ergriffen:

Förderung der öffentlichen Sensibilität, um den Informationsmangel der Bürger zu beheben;

Verbesserung der ökologischen Bildung an den Schulen;

Aufstellen einer Umweltpolizei und genaues Beobachten, wie die Bürger mit ihrem Abfall umgehen;

mehr Befugnisse für die offiziellen Stellen, um Verstöße gegen die Abfallvorschriften besser ahnden zu können;

Erhöhung der Bußgelder für Personen und Unternehmen, Vereinfachung der Sanktionsverfahren;

Einrichten von Sammelstellen für Metallschrott in der Nähe von Deponien, um den in die Deponien verbrachten Abfall zu reduzieren;

Aufstellen von PET-Kompressoren bei Verkaufsstellen, die mit PET verpackte Waren verkaufen;

Durchführen von Schulungen für Bürger zum Thema Heimkompostierung;

Zusammenarbeit mit Grundschulen bei der Organisation für Sammlungen von Verbundverpackungen;

Einführung von Zahlungen für Glasabfall;

Erhöhung von Tarifen für Siedlungsabfälle;

Senkung von Tarifen für sortierte Abfälle.

c)   Finanzielle Unterstützung für Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -verminderung

Die Region Marken, Italien, ein Ziel-2-Gebiet, benutzte EU-Strukturfondsmittel zur Umsetzung ihrer Strategie zur Vermeidung und Reduzierung der Entstehung von Siedlungsabfällen. Diese Strategie wurde vor allem durch die Finanzierung von Maßnahmen, die auf lokaler Ebene ausgeführt wurden, realisiert. Die Region hat auf Grund der hohen Teilnahmequote der Gemeinden und der guten Zwischenergebnisse beschlossen, nach dem Auslaufen der EU-Förderung das Finanzierungssystem beizubehalten.

d)   Landschaftsgestaltung von stillgelegten Deponien

In der eher flachen Landschaft der Niederlande fallen Deponien von 30 bis 40 Meter Höhe auf. Aus ästhetischen Gründen wird besondere Sorgfalt auf die Landschaftsgestaltung von Abfalldeponien verwandt. Da das Land nur über beschränkten Raum verfügt und dieser daher teuer ist, werden stillgelegte Deponien häufig zu Naherholungszwecken umfunktioniert. Aus diesem Grund und um die Akzeptanz von Deponien zu erhöhen, wird häufig eine Restaurierung in der Nachsorgephase durchgeführt.

Ein Beispiel hierfür stellt die ehemalige Deponie in der Gegend von Spaarnwoude dar. Nach der Stilllegung wurde diese Deponie zu einem Erholungsgebiet mit folgenden Einrichtungen umfunktioniert:

Hallenskipiste

Kletterwand

Wandergebiet

Mountainbikepfad

Schlittenbahn

Außerdem wurde das Gebiet zur besseren Einpassung in die Umgegend mit Bäumen und Büschen bepflanzt.

2.   Empfehlungen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

empfiehlt der Kommission, den Mitgliedstaaten sowie den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die oben beschriebenen Erfolgsvoraussetzungen zur Förderung einer besseren Umsetzung umfassend bekannt zu machen;

2.2

schlägt vor, ein Zentrum für Sachverständige zu gründen, an das sich nationale Behörden, regionale und lokale Gebietskörperschaften, Deponiebetreiber, NRO und andere Beteiligte wenden können, um Informationen sowie Beratung für spezielle (technische und organisatorische) Probleme zu erhalten und bewährte Verfahren auszutauschen. Das Zentrum könnte bei der Umsetzung der in diesem Bericht gegebenen Empfehlungen mitwirken. Es wäre vorzuziehen, dieses Sachverständigenzentrum als neuen Aufgabenbereich in eine bereits bestehende Einrichtung zu integrieren;

2.3

empfiehlt, innovative Technologien und den neuesten Wissensstand regelmäßig zu überprüfen und den Beteiligten mitzuteilen;

2.4

empfiehlt, die Deponierichtlinie stärker in die EU-Abfallpolitik einzubeziehen und eher eine integrierte Umsetzung zu fördern als eine sektorale;

2.5

legt der Kommission nahe, insbesondere durch die geplante Strategie zur Abfallvermeidung und -recycling eine Weiterentwicklung von Recyclinginitiativen zu ermöglichen und unterstützende Maßnahmen zu ergreifen, wenn dies, besonders in kleinen Mitgliedstaaten, in denen die notwendigen Größenvorteile schwerer zu erreichen sind, angebracht ist;

2.6

ruft die Kommission dazu auf, Anstrengungen zu unternehmen, um Anreize für „Abfall-Tourismus“ zu beseitigen, der durch unterschiedliche Umweltstandards in den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abfallverwertung bzw. -entsorgung bedingt ist, und um die Herstellung gleicher Bedingungen zu beschleunigen;

2.7

ruft zu einer besseren Koordinierung der für Deponieabgaben zuständigen nationalen Behörden auf. Angesichts der großen politischen Sensibilität steuerlicher Maßnahmen würde dies selbstverständlich nicht zwangsläufig die Einführung einer gemeinschaftsweit harmonisierten Deponieabgabe bedeuten;

2.8

empfiehlt der Kommission, die Umsetzung der Richtlinie durch Untersuchungen und andere präventive Maßnahmen genau zu beobachten, um die nationalen Behörden und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Einhaltung der Erfordernisse zu unterstützen und um Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. Dies beinhaltet die Bereitstellung von ausreichenden Humanressourcen für diese Aufgabe;

2.9

fordert die Kommission auf zu prüfen, ob die Abnahme der auf Deponien verbrachten, biologisch abbaubaren Abfälle zu Maßnahmen geführt hat, die die Auswirkungen auf die Umwelt effektiver reduzieren;

2.10

fordert die Kommission auf, bei einer Überprüfung der Deponierichtlinie mehr Flexibilität zuzulassen, hinsichtlich

der Erfordernisse bezüglich der Gestaltung und des Baus von Deponien, so dass sie an die örtlichen geologischen Gegebenheiten angepasst werden können. Durch die Festlegung einer Definition des Ziels (eines minimalen Schutzniveaus) kann dies eher erreicht werden als durch die Festlegung der Mittel zur Erreichung dieses Ziels;

innovativer Technologien, um eine Situation des Stillstands zu vermeiden, in der aus neuen Entwicklungen kein Nutzen gezogen werden kann;

2.11

fordert die Kommission auf, die regionale und lokale Dimension in die Formulierung einer zukünftigen europäischen Politik zur Abfallbewirtschaftung im Allgemeinen und zur Abfalldeponierung im Besonderen einzubeziehen;

2.12

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, zu gewährleisten, dass ihre nationalen Strategien zur Reduzierung der auf Deponien verbrachten Bioabfälle nicht nur zu einer Umleitung von den Deponien zur Verbrennung führt, sondern wirkliche Maßnahmen beinhaltet, die bei der Reduzierung von Einflüssen auf die Umwelt effektiver sind;

2.13

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, sicherzustellen, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften direkt in die Umsetzungsmaßnahmen von EU-Rechtsvorschriften einbezogen werden, wenn sie wie bei der Deponierichtlinie die Hauptlast der Umsetzung tragen;

2.14

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, sicherzustellen, dass die Übertragung von Zuständigkeiten auf regionale und lokale Gebietskörperschaften durch eine Übertragung von Ressourcen begleitet wird;

2.15

ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, eine enge Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Verwaltung für eine rasche Umsetzung der Richtlinie zu unterstützen;

2.16

ruft die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften dazu auf, alle Beteiligten umfassend in die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Deponien im Besonderen und der Abfallpolitik im Allgemeinen einzubeziehen;

2.17

bietet an, eine wesentliche, die Partner verbindende Rolle bei den Beratungen zu übernehmen, die eine weitere Bewertung der Deponierichtlinie im Besonderen und der Abfallpolitik im Allgemeinen begleiten müssen.

Brüssel, den 17. November 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 63.

(2)  Die Untersuchung mit den Ergebnissen wird Ende 2005 veröffentlicht. Fast 200 regionale Gebietskörperschaften in 23 Mitgliedstaaten nahmen im Juni und Juli 2005 an der Untersuchung teil. Weitere Einzelheiten zu den Ergebnissen sind den Anlagen (nur auf Englisch) zu entnehmen.

(3)  Für die alten Mitgliedstaaten war dies der 16. Juli 2003, für die neuen Mitgliedstaaten der 1. Mai 2004.