ISSN 1725-2407

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 31

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

49. Jahrgang
7. Februar 2006


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

II   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

60. Plenartagung vom 6./7. Juli 2005

2006/C 031/1

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Stand des Dezentralisierungsprozesses in der Europäischen Union und Bedeutung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung im Verfassungsvertrag

1

2006/C 031/2

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Bericht der Kommission — Vierter Bericht über die Unionsbürgerschaft und zu der Mitteilung der Kommission — Agentur für Grundrechte

6

2006/C 031/3

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt

11

2006/C 031/4

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament — Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses (Rumänien)

15

2006/C 031/5

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses

19

2006/C 031/6

Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Entwurf von gemeinschaftlichen Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen

23

2006/C 031/7

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung

25

2006/C 031/8

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission — Sozialpolitische Agenda

32

2006/C 031/9

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration

36

DE

 


II Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

60. Plenartagung vom 6./7. Juli 2005

7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/1


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Stand des Dezentralisierungsprozesses in der Europäischen Union und Bedeutung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung im Verfassungsvertrag“

(2006/C 31/01)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 15. Juni 2004, gemäß Artikel 265 Absatz 5 des EG-Vertrags die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zum Thema „Stand des Dezentralisierungsprozesses in der Europäischen Union und Bedeutung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung im Verfassungsvertrag“ zu beauftragen;

gestützt auf Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 263 ff. des EG-Vertrags in der durch die Verträge von Amsterdam und Nizza geänderten Fassung;

gestützt auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa, insbesondere die Präambel des Vertrags, die Präambel der Charta der Grundrechte der Union und die Artikel I-3, I-5, I-11.3, I-46.3, II-82 und III-280.1 sowie das Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und das Protokoll Nr. 29 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt;

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Empfehlung des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas zur europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung“ (CdR 39/2000 fin (1));

gestützt auf seinen Beitrag zum Konvent zur Zukunft Europas vom 4. Juli 2002 (CdR 127/2002 fin);

gestützt auf die am 21. September 2004 in Prag angenommene Erklärung der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa des Ausschusses der Regionen und des Ausschusses für institutionelle Fragen des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas (CdR 202/2004 fin);

gestützt auf das Weißbuch der Europäischen Kommission über das Europäische Regieren (KOM(2001) 428 endg.);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Januar 2003 zur Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im europäischen Aufbauwerk (P5_TA (2003) 0009 — 2002/2141(INI);

gestützt auf die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung des Europarates vom 15. Oktober 1985;

gestützt auf den Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas vom 5. Juni 1997;

gestützt auf die Entschließung 154 des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas vom 22. Mai 2003 betreffend den Beitritt zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung;

gestützt auf die Entschließung 186 des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas vom 27. Mai 2004 zum Entwurf einer Europäischen Charta der regionalen Selbstverwaltung;

gestützt auf die Erklärung der Versammlung der Regionen Europas vom 4. Dezember 1996 zum Regionalismus in Europa;

gestützt auf den Stellungnahmeentwurf (CdR 222/2004 rev. 3), der von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 22. April 2005 angenommen wurde (Berichterstatter: Herr José María Muñoa Ganuza, Beauftragter des Präsidenten der baskischen Regierung für die Außenbeziehungen (ES/ALDE));

in Erwägung folgender Gründe:

1.

Bei der Gestaltung der Modalitäten der vertikalen Machtverteilung in den einzelnen Mitgliedstaaten müssen die Anforderungen des europäischen Integrationsprozesses berücksichtigt werden.

2.

Die Regionalisierung muss auch zu mehr demokratischer Transparenz und zu einer besseren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung führen.

3.

Wir wollen ein „in Vielfalt geeintes“ Europa schaffen und mehr Demokratie und Transparenz in das öffentliche Leben bringen.

4.

Die Stärkung der regionalen und lokalen Demokratie in der erweiterten Union ist eine der politischen Hauptprioritäten, die der AdR für seine dritte vierjährige Mandatsperiode festgelegt hat.

5.

Der AdR hat in mehreren Stellungnahmen und Entschließungen darauf hingewiesen, dass die Europäische Union das Prinzip der regionalen Selbstverwaltung sowie die Rechte in Bezug auf die kommunale Selbstverwaltung, die in der vom Europarat 1985 verabschiedeten Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung festgelegt sind, achten muss.

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 7. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

TEIL I

Art und Struktur des Machtverhältnisses zwischen Staat, Regionen und Gemeinden

Der Ausschuss der Regionen

1.1

stellt fest, dass es verschiedene Arten von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit unterschiedlichem Status gibt, der sich aus der Geschichte, der Kultur und den Verfassungsgrundsätzen ergibt, die den territorialen Aufbau eines Staates bestimmen;

1.2

ist der Ansicht, dass die Gebietskörperschaften gleich welcher Art insbesondere Träger der Demokratie sind, zur kulturellen Vielfalt in Europa beitragen und wichtige Partner bei der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung darstellen;

1.3

weist darauf hin, dass es auf der kommunalen Ebene lokale Gebietskörperschaften, Ballungsgebiete, Hauptstädte, koordinierende Stellen usw. und auf regionaler Ebene Wirtschaftsregionen, Verwaltungsregionen und Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen usw. gibt, die unterschiedliche Ausgangspunkte und Aufgaben haben, wobei diese Vielfalt mit dem Beitritt zehn neuer Mitgliedstaaten noch zugenommen hat;

1.4

ist der Auffassung, dass das Machtverhältnis zwischen dem Zentralstaat und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der heutigen Gesellschaft ein sehr komplexes Geflecht darstellt; diese Komplexität ist sowohl für die Substanz als auch die Dynamik dieses Machtverhältnisses bestimmend;

1.5

vertritt deshalb die Ansicht, dass das Machtverhältnis auf den Grundsätzen der Loyalität, der Zusammenarbeit, der Solidarität und der Komplementarität beruhen und sehr unterschiedlichen Aspekten — sozialen, wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen und kulturellen — Rechnung tragen muss;

Entwicklung der Dezentralisierung und Übertragung von Kompetenzen, insbesondere finanzielle Autonomie der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

1.6

ist der Auffassung, dass der Dezentralisierungsprozess mit seinen beiden Ansatzpunkten — regional und lokal — auf zwei Hauptkriterien bzw. Leitprinzipien basieren muss: Dynamik und Flexibilität;

1.7

stellt fest, dass sich Dynamik und Flexibilität in ständigen Veränderungen auf konstitutioneller, legislativer und administrativer Ebene in praktisch allen, insbesondere aber in den neu beigetretenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union manifestieren;

1.8

ist der Auffassung, dass der bisherige bzw. noch andauernde Dezentralisierungsprozess in den neuen Mitgliedstaaten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der lokalen und regionalen Demokratie in der Europäischen Union leistet;

1.9

weist darauf hin, dass derzeit im Rahmen des Prozesses der regionalen und lokalen Dezentralisierung — vor allem im Wettbewerbsbereich — bei der Verwirklichung der finanziellen Autonomie und der Entwicklung institutioneller Garantien Fortschritte erzielt werden;

1.10

erkennt an, dass die europäische Integration einen positiven Beitrag zum Prozess der lokalen und regionalen Dezentralisierung in den Mitgliedstaaten geleistet hat;

1.11

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen und diese effizient zu gestalten und zu erfüllen;

1.12

ist der Ansicht, dass die Übertragung von Kompetenzen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften notwendigerweise mit der Zuteilung von Finanzmitteln einhergehen muss, die sie in die Lage versetzen, ihren Aufgaben voll und ganz gerecht zu werden, da sie andernfalls diese Aufgaben nicht korrekt, effizient und auf Dauer ausüben können;

1.13

konstatiert eine offenkundige Zunahme der wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung von Großstädten und städtischen Ballungsgebieten in der Europäischen Union und vertritt die Ansicht, dass die Beziehungen zwischen Region, Stadt und Gemeinde im Hinblick auf die von der Europäischen Union empfohlenen neuen Formen des Regierens intensiviert werden müssen;

Rechtschutz der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Status ihrer Vertreter

1.14

stellt fest, dass sich die Bürger zunehmend mit ihrer Region und ihrer lokalen Gebietskörperschaft identifizieren, da sie sich ihnen näher fühlen und ihre Interessen dort besser vertreten sehen;

1.15

schließt daraus, dass die Selbstverwaltung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf höchster rechtlicher Ebene gewährleistet sein muss und ihr Status nicht ohne ihre Mitwirkung geändert werden darf;

1.16

ist der Auffassung, dass, falls die kommunale und regionale Selbstverwaltung Kontrollen durch die Zentralregierung unterliegt, die die Freiheit der Amtausübung ihrer Vertreter beschneiden, solche Kontrollen in der Verfassung verankert sein und in Gesetzen ausgestaltet werden müssen;

1.17

unterstreicht, dass seine Mitglieder gemäß dem Vertrag über eine Verfassung für Europa entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sein müssen;

1.18

ist der Ansicht, dass die politischen Vertreter der in den Mitgliedstaaten bestehenden lokalen und regionalen Strukturen von den Bürgern direkt gewählt oder gegenüber einer gewählten Versammlung verantwortlich sein sollten;

Gutes Regieren und Stärkung der Bürgerrechte

1.19

ist der Auffassung, dass die kommunale und regionale Selbstverwaltung sowohl für die Entwicklung der Demokratie und des guten Regierens in der Europäischen Union als auch für die Teilhabe der Bürger an öffentlichen Angelegenheiten unerlässlich ist;

1.20

ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission ihren systematischen Dialog mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als den bürgernächsten demokratischen Ebenen verstärken muss, um in eine engere Interaktion mit den Bürgern zu treten, was die Anwendung der im Weißbuch über Europäisches Regieren dargelegten Grundsätze für eine verantwortungsvolle Staatsführung, wie Offenheit, Partizipation, Kohärenz und Effizienz, erleichtern würde;

1.21

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, denen die Umsetzung der Gemeinschaftspolitik in ihren jeweiligen Bereichen obliegt, aktiver und wirkungsvoller an den ersten Etappen der Erarbeitung gemeinschaftlicher Rechtsakte und Maßnahmen sowie an deren Implementierung beteiligt werden müssen;

1.22

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Verwaltung der Strukturpolitik — einer Aufgabe von grundlegender Bedeutung — nicht immer über die erforderliche Unabhängigkeit verfügen, dass aber mehr Verantwortung für die lokalen und regionalen Akteure zu einem stärkeren Engagement und zu einer besseren Verwendung der Fondsmittel führen würde;

1.23

ist der Ansicht, dass zur Gewährleistung einer effizienten Verwaltung der Strukturpolitik die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Erarbeitung und der Verabschiedung der einschlägigen Maßnahmen beteiligt werden müssen;

TEIL II

Unmittelbare und mittelbare Auswirkungen der Anerkennung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung im Verfassungsvertrag

1.24

ist der Ansicht, dass der Vertrag über eine Verfassung für Europa einen ersten Schritt in Richtung einer klareren Kompetenzaufteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten darstellt und dadurch die Transparenz erhöht, was dem Prozess der lokalen und regionalen Dezentralisierung zugute kommen wird;

1.25

unterstreicht, dass die kommunale und regionale Selbstverwaltung durch den Vertrag über eine Verfassung für Europa auf höchster rechtlicher Ebene anerkannt und ihr damit ein konstitutioneller Status verliehen wird; dies ist ein wichtiger Schritt bei dem gemeinsamen Bemühen, die Europäische Union mit den legitimen Interessen und Erwartungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Einklang zu bringen;

1.26

ist der Ansicht, dass die Anerkennung der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung allgemein gilt, da die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Politikbereichen der Europäischen Union nicht konkret definiert wird, und folglich die genaue Bestimmung dieser Rolle gemäß dem Grundsatz der institutionellen Selbstverwaltung den Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt;

1.27

ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten die für eine effektive Definition der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung erforderlichen Verfassungs-, Gesetzes- und Verwaltungsbestimmungen erlassen sollten, um die Verankerung und die Ausgestaltung der Selbstverwaltung der Gebietskörperschaften auf staatlicher und europäischer Ebene zu ermöglichen;

1.28

ist der Ansicht, dass der Vertrag über eine Verfassung für Europa trotz des allgemeinen Charakters dieser Anerkennung eine aktivere Mitarbeit der Gebietskörperschaften auf Gemeinschaftsebene ermöglicht und die rechtliche Garantie der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung verbessert;

1.29

vertritt die Auffassung, dass der Vertrag über eine Verfassung für Europa die aktivere Mitarbeit sowohl im Vorfeld des gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesses als auch im Anschluss daran erlaubt, woraus folgt, dass in der Phase nach der Beschlussfassung eine etwaige Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften und -maßnahmen gemäß den Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit anerkannt und vorgesehen ist und dass er in der Phase vor der Beschlussfassung eine unmittelbare Beteiligung von Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Entscheidungs- oder Beratungsorganen der Europäischen Union ermöglicht, und insbesondere seine Beteiligung;

1.30

ist der Ansicht, dass Qualität, Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit der Gemeinschaftsmaßnahmen sowohl durch die unmittelbare Teilnahme von Regionalvertretern an Sitzungen des Rates und anderer Gremien wie z.B. des AStV als auch die Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an sämtlichen vorbereitenden Arbeiten des Rates im Rahmen der jeweiligen nationalen Delegation verbessert werden würden und eine stärkere Beteiligung das Vertrauen in das Endresultat und in die Institutionen, von denen diese Maßnahmen ausgehen, erhöhen wird;

1.31

ist der Auffassung, dass er angesichts der Aufgaben, die ihm durch den Vertrag über eine Verfassung für Europa übertragen werden, ein qualifizierter Mittler zwischen den Gemeinschaftsinstitutionen und den Gebietskörperschaften ist, und begrüßt die Erweiterung seiner Kompetenzen, wodurch die kommunale und regionale Selbstverwaltung gestärkt wird;

1.32

unterstreicht, dass der Vertrag über eine Verfassung für Europa nicht nur seine direkte Klagebefugnis vor dem Europäischen Gerichtshof bei Rechtsakten, für die der Vertrag seine Konsultation vorschreibt, verankert, sondern es auch einigen Regionen erlaubt, derartige Rechtsmittel einzulegen, und zwar über das nationale Parlament des betreffenden Mitgliedstaats, falls dieses ein derartiges Vorgehen für angezeigt halten sollte;

1.33

ist der Auffassung, dass die Anerkennung und Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit auf lokaler und regionaler Ebene, wie im Verfassungsvertrag vorgesehen, die Ausübung der Kompetenzen besser garantiert, was eine Annäherung der gemeinschaftlichen Beschlussfassung an die Bürger und somit eine direktere Beteilung der Bürger am europäischen Einigungsprozess erlaubt;

1.34

sieht in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung ein fundamentales Instrument, da hierin die Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung festgestellt und festgelegt, die Zuständigkeiten der lokalen Gebietskörperschaften und die Zuweisung der notwendigen Mittel rechtlich garantiert, die Kriterien und gemeinsamen, aber gleichzeitig flexiblen und anpassungsfähigen Referenznormen zur Förderung der Dezentralisierung und demokratischen Teilhabe definiert werden und die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf der internationalen Ebene verbessert wird;

1.35

befürwortet ferner die Annahme eines internationalen Abkommens, das den vom Kongress der Gemeinden und Regionen Europas erarbeiteten Entwurf der Charta der regionalen Selbstverwaltung übernimmt, da dieser Entwurf die regionale Selbstverwaltung in flexibler, der Vielfalt der Situationen angemessener Form inhaltlich definiert, so dass jene Grundsätze, auf denen die regionale Selbstverwaltung fußt, adäquat festgelegt werden können, wie insbesondere demokratische Legitimität, institutionelle Autonomie, ausreichende Finanzausstattung oder rechtliche Garantien; darüber hinaus würde die supraregionale Präsenz der Regionen auf einzelstaatlicher, europäischer oder internationaler Ebene gefördert.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

empfiehlt den Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Stärkung der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zu ergreifen und sich dabei auf die Dezentralisierungs- und Regionalisierungsprozesse in den Mitgliedstaaten zu stützen, die Reformen in diesem Sinne unternehmen;

2.2

regt an, dass sich die neuen Mitgliedstaaten die Erfahrungen der übrigen Unionsländer zunutze machen, ermutigt sie aber auch, ein eigenes, ihren Besonderheiten entsprechendes Dezentralisierungsmodell zu entwickeln;

2.3

schlägt vor, eine dynamische Strategie zur Förderung der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung umzusetzen sowie Initiativen zur Sensibilisierung der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten für die Vorteile der Verknüpfung der Ziele der Kohäsionspolitik mit den Erfordernissen der demokratischen Dezentralisierung zu entwickeln;

2.4

ersucht die Mitgliedstaaten, dem Dezentralisierungsprozess neue Impulse zu verleihen, damit dieser zunehmend soziale, wirtschaftliche, administrative, historische, kulturelle und politische Aspekte umfasst;

2.5

fordert die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage der Charta der regionalen Selbstverwaltung ein flexibles Regionalisierungsprojekt zu entwerfen und zu entwickeln, das den unterschiedlichen Gegebenheiten im jeweiligen Mitgliedstaat gerecht wird;

2.6

ersucht die Mitgliedstaaten, den lokalen Gebietskörperschaften das Recht und die tatsächliche Möglichkeit zuzuerkennen, einen Großteil der öffentlichen Angelegenheiten selbst zu regeln und zu verwalten sowie festzuschreiben, dass die lokalen Gebietskörperschaften über eine in freier, geheimer, gleicher, unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählte Versammlung und ein dieser Versammlung gegenüber verantwortliches Exekutivorgan verfügen müssen;

2.7

fordert die Mitgliedstaaten, die das noch nicht getan haben, dazu auf, in ihrer jeweiligen Rechtsordnung die regionale und kommunale Selbstverwaltung auf der höchstmöglichen normativen Ebene anzuerkennen sowie dafür geeignete Mechanismen des rechtlichen (gesetzlichen, institutionellen, gerichtlichen) Schutzes sowie die für die Ausübung der übertragenen Kompetenzen erforderlichen Finanzmittel vorzusehen;

2.8

empfiehlt, dass die politischen Vertreter der in den Mitgliedstaaten bestehenden lokalen und regionalen Strukturen von den Bürgern direkt gewählt oder gegenüber einer gewählten Versammlung verantwortlich sein müssen;

2.9

ersucht die Mitgliedstaaten, notwendige Rechtsinstrumente und geeignete Maßnahmen zum Erhalt, zur Achtung und zur Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt in ihrem Land zu schaffen;

2.10

empfiehlt den europäischen Institutionen, die territoriale Dezentralisierung als grundlegendes Mittel zur Förderung der kulturellen Vielfalt zu unterstützen;

2.11

ersucht die Mitgliedstaaten, die Methoden festzulegen, die in ihrem Land zur Gewährleistung der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Verhältnis zwischen Europäischer Union, Mitgliedstaaten und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erforderlich sind;

2.12

ersucht die Mitgliedstaaten, sich durch das nationale Parlament und ggf. die Regionalparlamente für den Schutz der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung einzusetzen, wenn sie die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission im Rahmen des „Frühwarnsystems“ erhalten, um eine mit Gründen versehene Stellungnahme hinsichtlich der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips abzugeben;

2.13

fordert die Europäische Kommission auf, Instrumente zu institutionalisieren, die notwendig sind, um eine tatsächliche Beteiligung der Vertreter der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowohl an den ersten Etappen der Politikgestaltung als auch an der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften durch die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zu ermöglichen;

2.14

empfiehlt der Europäischen Kommission die Einrichtung von Mechanismen, die zur Gewährleistung der Beteiligung der Regionen an der Erarbeitung, Genehmigung, Verwaltung und Bewertung der an sie gerichteten Strukturmaßnahmen notwendig sind;

2.15

empfiehlt der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten, der Komplexität der jeweiligen Situation (lokale Gebietskörperschaften, Koordinierungsstellen der lokalen Gebietskörperschaften, Ballungsgebiete, Hauptstädte usw.) bei der Festlegung und der Anwendung der kommunalen Selbstverwaltung Rechnung zu tragen;

2.16

fordert die Mitgliedstaaten, in denen es Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen gibt, auf, den Prozess der politischen Dezentralisierung durch die Einrichtung von Mechanismen zu intensivieren, die diesen Regionen eine effektive Beteiligung an den Beschlussfassungsverfahren der Gemeinschaft ermöglichen;

2.17

empfiehlt die Zusammenarbeit zwischen Großstädten (vor allem städtischen Ballungsgebieten) und übergeordneten politisch-administrativen Einheiten, da ihre Bereiche der Verwaltung wirtschaftlicher, sozialer und politischer Interessen ineinander greifen und sich ergänzen;

2.18

ersucht die Regionen, in einen dauerhaften Dialog mit den Großstädten zu treten, um Themen von gemeinsamem Interesse zu erörtern und schließlich die durch den Verfassungsvertrag eröffneten Beteiligungsmöglichkeiten besser zu nutzen;

2.19

fordert die Europäische Union auf, im Rahmen des verantwortungsvollen Regierens die Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften entsprechend ihrer unterschiedlichen Funktionen zu gestalten;

2.20

nimmt sich vor, in seiner internen Organisation der Vielfalt der jeweiligen Gegebenheiten auf regionaler und lokaler Ebene Rechnung zu tragen, um den neuen Kompetenzen, die der Verfassungsvertrag ihm gibt, möglichst wirkungsvoll gerecht zu werden.

2.21

fordert die Mitgliedstaaten, die das noch nicht getan haben, auf, die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung zu ratifizieren;

2.22

fordert die Europäische Union auf, die notwendigen Beschlüsse zur Aufnahme der Charta der kommunalen Selbstverwaltung in den Acquis communautaire zu fassen;

2.23

fordert den Europarat und die Mitgliedstaaten auf, den Entwurf der Charta der regionalen Selbstverwaltung als internationales Abkommen anzunehmen und zu ratifizieren; die Charta erhielte dadurch den rechtlichen Stellenwert und die Schutzwirkung des internationalen Rechts;

2.24

empfiehlt, unter seinem Dach die Anwendung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und die weitere Entwicklung des Entwurfs der Charta der regionalen Selbstverwaltung ständig zu beobachten, so dass die Mitgliedstaaten die kommunale und regionale Selbstverwaltung in ihrem Land voll und ganz umsetzen können;

2.25

empfiehlt den Gemeinschaftsinstitutionen, die Zusammenarbeit mit dem Europarat, genauer gesagt: mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas in Fragen, die für die lokale und regionale Ebene von Bedeutung sind, zu intensivieren;

2.26

nimmt sich vor, seine Kooperation mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas und anderen supranationalen Organisationen, die mit der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung in Zusammenhang stehen, auszubauen.

Brüssel, den 7. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 144 vom 16.5.2001, S. 5.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/6


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Bericht der Kommission — „Vierter Bericht über die Unionsbürgerschaft“ und zu der Mitteilung der Kommission — „Agentur für Grundrechte“

(2006/C 31/02)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf den Bericht der Kommission — „Vierter Bericht über die Unionsbürgerschaft (1. Mai 2001 — 30. April 2004)“ (KOM(2004) 695 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission zu der „Agentur für Grundrechte“ (KOM(2004) 693 endg.);

gestützt auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung einer „Agentur der Europäischen Union für Grundrechte“ (KOM(2005) 280 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 26. Oktober 2004, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zum Bericht der Kommission — „Vierter Bericht über die Unionsbürgerschaft“ — sowie zur Mitteilung der Kommission zu der „Agentur für Grundrechte“ zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 30. Juni 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung einer „Agentur der Europäischen Union für Grundrechte“ zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 15. Juni 2004, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Erarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere die Artikel 6 und 7, und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere dessen zweiten Teil;

gestützt auf den am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa, insbesondere die Artikel I-2, I-9 und I-10 sowie Titel VI „Das demokratische Leben der Union“ in Teil I; den gesamten Teil II „Die Charta der Grundrechte der Union“ und Artikel III-129 in Teil III;

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Der Prozess der Erarbeitung einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ (CdR 327/1999 fin (1)), seine Entschließung zu der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ (CdR 140/2000 fin (2)) und seine Entschließung zu der „Annahme der Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ (CdR 381/2000 fin (3));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten“ (KOM(2001) 257 endg. — 2001/0111 (COD)) — (CdR 287/2001 fin (4));

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Dritten Bericht der Kommission über die Unionsbürgerschaft“ (KOM(2001) 506 endg.) und dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 94/80/EG über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen“ (KOM(2002) 260 endg.) — (CdR 121/2002 fin (5));

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Eine Informations- und Kommunikationsstrategie für die Europäische Union“ (KOM(2002) 350 endg.) (CdR 124/2002 fin (6));

gestützt auf die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;

gestützt auf den Berichtsentwurf des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments zum Thema „Förderung und Schutz der Grundrechte: Die Rolle der einzelstaatlichen und europäischen Institutionen und die Agentur für Grundrechte“ (Berichterstatterin: Frau Kinga GÁL — LIBE/6/25781);

gestützt auf den Bericht CFR-CDF.rapUE.2003.fr des Netzes unabhängiger Sachverständiger im Bereich Grundrechte über den Schutz der Grundrechte in der Europäischen Union im Jahre 2003;

gestützt auf den von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa am 22. April 2005 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 280/2004 rev. 2) (Berichterstatterin: Frau Claude du GRANRUT, Mitglied des Regionalrates der Pikardie und stellvertretende Bürgermeisterin von Senlis (FR/EVP));

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Der zweite Teil des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft sieht die Schaffung einer Unionsbürgerschaft vor. Den Unionsbürgerinnen und -bürgern wurde damit insbesondere das Recht gewährt, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat auszuüben, das Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines Drittlandes in Anspruch zu nehmen, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, sowie das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden. Diese Rechte sind auch im Vertrag über eine Verfassung für Europa niedergelegt.

2)

Die konkrete Ausgestaltung der Unionsbürgerschaft und die Anwendung der Grundrechte erfolgt in erster Linie im unmittelbaren Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger. Die lokalen Gebietskörperschaften verfügen in zahlreichen Mitgliedstaaten über wichtige Zuständigkeiten im Bereich der Standesämter und der Ausstellung von Urkunden, aber auch in den Bereichen Bildung, Polizei und Sozialhilfe. Ohne ihre Mitwirkung kann daher weder die Unionsbürgerschaft in die Praxis umgesetzt noch ein wirksamer Grundrechtsschutz gewährleistet werden.

3)

Als Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Verfechter des Prinzips der Bürgernähe in den Entscheidungsprozessen der Europäischen Union ist die Umsetzung der mit der Unionsbürgerschaft einhergehenden Rechte dem Ausschuss der Regionen ein besonderes Anliegen.

4)

Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu, ohne diese zu ersetzen. So wie der Binnenmarkt und die mittels Strukturfonds durchgeführte Politik der Solidarität sich positiv auf die Volkswirtschaft der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und das Wohlstandsniveau von deren Staatsbürgern auswirken, stellt die Unionsbürgerschaft eine positive Errungenschaft für die Bürgerinnen und Bürger dar, die es ihnen in ihrer Wirtschaftstätigkeit und ihrem politischen Engagement ermöglicht, Verantwortung zu tragen und gleichzeitig Freiheit und Sicherheit zu genießen.

5)

Der wirksame Schutz, aber auch die Förderung der Grundrechte sind die Grundlagen der Demokratie und unabdingbare Voraussetzungen für die Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

6)

Durch die Aufnahme der Grundrechtecharta in den Vertrag über eine Verfassung für Europa wird die Europäische Union rechtlich noch stärker in die Pflicht genommen, für die Förderung der Grundrechte in allen ihren Politikbereichen Sorge zu tragen.

7)

Es muss sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger der EU ihre Rechte im gesamten Unionsgebiet wahrnehmen können.

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 6. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1   Bemerkungen zu dem Vierten Bericht der Kommission über die Unionsbürgerschaft

1.1.1

dankt der Europäischen Kommission dafür, dass sie seiner Bitte um Befassung entsprochen hat. Sie hat damit einen zukunftsweisenden Präzedenzfall zum Ausgleich der in den Verträgen, die derzeit in Kraft sind (Artikel 22 der konsolidierten Fassung der Verträge), aber auch im Vertrag über eine Verfassung für Europa (Artikel III-129) fehlenden Rechtsgrundlage geschaffen;

1.1.2

begrüßt, dass die Charta der Grundrechte, die den Menschen in den Mittelpunkt des europäischen Integrationsprozesses rückt und ein eigenes Kapitel zu den Bürgerrechten enthält, in den Verfassungsvertrag aufgenommen wurde und dadurch Rechtsverbindlichkeit erhält. Die Unionsbürgerschaft ist nunmehr für alle Bürgerinnen und Bürger eines Mitgliedstaates Symbol ihrer neuen Rechte und der Zugehörigkeit zu der neu begründeten Gemeinschaft, der Europäischen Union;

1.1.3

stellt fest, dass die in der Charta verankerten Rechte, die zu jenen im Verfassungsvertrag festgeschriebenen hinzutreten und den Lebensalltag der Bürgerinnen und Bürger betreffen, diesen jedoch noch nicht ausreichend bekannt sind;

1.1.4

stimmt sämtlichen Bemerkungen der Kommission in ihrem Vierten Bericht über die Unionsbürgerschaft zu, und nimmt die positive Entwicklung im Bereich der Umsetzung der Unionsbürgerschaft und der damit zusammenhängenden Grundrechte zur Kenntnis;

1.1.5

weist darauf hin, dass in Artikel I-10 des Verfassungsvertrags die Artikel 17 bis 22 des EG-Vertrags aufgegriffen und zusammengefasst, das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht sowie das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunal- und Europawahlen festgeschrieben werden und das Recht der Bürgerinnen und Bürger, sich in ihrer eigenen Sprache an die Organe der Europäischen Union zu wenden, nunmehr auch auf deren beratende Einrichtungen ausgedehnt wird;

1.1.6

begrüßt, dass ein Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aufgenommen wird. Besonderer Informationsbedarf besteht hinsichtlich ihrer Rechte und der positiven Auswirkungen, die sich aus deren Anwendung durch die Gebietskörperschaften ergeben;

1.1.7

bedauert, dass die Kommission in ihrem Vierten Bericht über die Unionsbürgerschaft zwar die Bildungsmaßnahmen beschreibt, die erforderlich sind, um junge Menschen zur Ausübung ihrer Unionsbürgerschaft zu befähigen, dabei aber nicht die Rolle der Gebietskörperschaften erwähnt, obwohl Bildung in manchen Mitgliedstaaten in deren Zuständigkeitsbereich fällt;

1.1.8

stellt mit Genugtuung fest, dass mit der Richtlinie über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ein bedeutender Fortschritt und eine Klärung der Rechtslage in puncto Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht erzielt wurde. Um der Richtlinie nachzukommen, müssen die Mitgliedstaaten bis spätestens 20. April 2006 entsprechende innerstaatliche Vorschriften in Kraft setzen;

1.1.9

bedauert hingegen, dass die Verantwortung der lokalen Gebietskörperschaften für die Betreuung von Unionsbürgerinnen und -bürgern zum Zeitpunkt ihrer Wohnsitznahme bzw. über die gesamte Aufenthaltsdauer in dem Aufnahmemitgliedstaat, sowie bei Änderungen ihres Familienstandes oder jenes ihrer Angehörigen, unerwähnt geblieben ist, und dies, obwohl es Aufgabe der Gebietskörperschaften ist, während der ersten fünf Jahre des Aufenthalts gegebenenfalls die Erfüllung der Meldepflicht, die berufliche und persönliche Situation, die Wohnverhältnisse und den Anspruch auf Sozialhilfe dieser Bürgerinnen und Bürger zu überprüfen;

1.1.10

stellt fest, dass die Richtlinie im Falle des Todes, des Wegzuges oder der Scheidung von einem Unionsbürger ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für Familienangehörige vorsieht, und begrüßt, dass in der Definition des Begriffs „Familienangehörige“ — wie vom Ausschuss in seiner Stellungnahme vom 21. November 2002 (CdR 121/2002 fin) gefordert — Unverheirateten der gleiche Status wie Verheirateten eingeräumt wird, wenn sie auch im Mitgliedstaat ihrer Herkunft so gestellt sind;

1.1.11

vertritt die Auffassung, dass diese Maßnahme zwar gerechtfertigt ist, sich daraus jedoch die vom europäischen Gesetzgeber nicht vorgesehene Notwendigkeit sozialer Unterstützung durch die lokalen Gebietskörperschaften des Mitgliedstaates, in dem die Familienangehörigen leben, ergeben kann. Der Ausschuss schlägt daher vor, den für die Umsetzung dieser Richtlinie vorgesehenen Zeitraum von zwei Jahren auszuschöpfen, um diese Probleme zu bereinigen;

1.1.12

begrüßt die Vereinfachung der Verfahren für die grenzüberschreitende Überführung der sterblichen Überreste von Unionsbürgern. Da es häufig Aufgabe der Gemeinden ist, für das Begräbnis bzw. die Einäscherung Verstorbener Sorge zu tragen, vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass er von der Kommission eng in die Erarbeitung der entsprechenden Bestimmungen eingebunden werden muss;

1.1.13

weist darauf hin, dass Teil III des Verfassungsvertrags die Modalitäten für das Funktionieren des Binnenmarktes und die Herstellung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, die Unionsbürger sind, unter Wahrung ihres Rechts zu arbeiten niederlegt. Die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen müssen daher beseitigt und die Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung der Mitgliedstaaten harmonisiert werden;

1.1.14

stellt fest, dass das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, das Unionsbürger in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat genießen, zwar schon zum allgemeinen Usus gehören, die anlässlich der Wahlen 2004 ergriffenen Informations- und Aufklärungsmaßnahmen jedoch verstärkt fortgesetzt werden müssen. Darüber hinaus ist die Teilnahme an Kommunalwahlen nicht ohne Schwierigkeiten verlaufen;

1.1.15

spricht sich prinzipiell für die Teilnahme von Unionsbürgern an nationalen Wahlen in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat aus, ist jedoch der Auffassung, es sei nicht seine Aufgabe, Vorschläge bezüglich der Modalitäten für die Teilnahme an solchen Wahlen zu unterbreiten; spricht sich ferner für die Teilnahme von Unionsbürgern an regionalen Wahlen aus und ist bereit, die diesbezüglichen Modalitäten zu untersuchen; dies setzt jedoch die Definition der erforderlichen Mindestaufenthaltsdauer sowie der entsprechenden regionalen Ebene bzw. Ebenen in jedem einzelnen Mitgliedstaat voraus;

1.1.16

begrüßt die Entwicklung der politischen Parteien auf europäischer Ebene, bedauert jedoch, in Anwendung von Artikel 191 Absatz 2 des EG-Vertrags (7) nicht mit einer Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung befasst worden zu sein;

1.1.17

ist erfreut über die steigende Anzahl der an das Europäische Parlament gerichteten Petitionen und Befassungen des Europäischen Bürgerbeauftragten, zeigt sich jedoch besorgt über die zahlreichen Fälle von Unzulässigkeit dieser Petitionen und Befassungen, sodass ein Großteil davon unbehandelt bleibt.

1.2   Bemerkungen zu der Agentur für Grundrechte

1.2.1

wünscht zu Handlungsfeld, Auftrag, räumlichem Geltungsbereich und Struktur dieser neu zu gründenden Einrichtung Stellung zu nehmen, deren Zielsetzung nicht nur der Schutz, sondern auch die Förderung der Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger der derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist;

1.2.2

ist der Auffassung, dass die Agentur mit ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet werden sollte, sodass sie ihre Aufgaben in vollständiger Unabhängigkeit wahrnehmen kann;

1.2.3

ist der Auffassung, dass das Handlungsfeld der Agentur im Zusammenhang mit der Durchführung des EU-Rechts, der nunmehr in den Verfassungsvertrag aufgenommenen Charta der Grundrechte sowie der Bestimmungen über deren Umsetzung stehen muss, damit der Schutz und die Förderung der mit der Unionsbürgerschaft zusammenhängenden Rechte gewährleistet ist;

1.2.4

wünscht, dass der Aufgabenbereich der Agentur alle in der Grundrechtecharta genannten Formen von Diskriminierung, insbesondere die Diskriminierung nationaler Minderheiten, umfasst und betont, dass in Bezug auf Fälle fortgesetzter Verletzung von Grundrechten besondere Wachsamkeit geboten ist;

1.2.5

erachtet, dass die Hauptaufgabe der Agentur weiterhin in der auf unabhängigen und verlässlichen Verfahren sowie einer Vernetzung des einschlägigen Sachverstands beruhenden Sammlung und Auswertung von Informationen bestehen muss;

1.2.6

befürwortet, die Agentur wie von der Kommission vorgeschlagen mit der Kompetenz auszustatten, sowohl positive als auch negative Stellungnahmen zur Praxis der einschlägigen gemeinschaftlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung an die EU-Organe zu richten;

1.2.7

vertritt die Auffassung, dass die Agentur als Dachorganisation für Netzwerke gestaltet und mit Querschnittskompetenzen ausgestattet werden muss, sodass sie zur Herausbildung einer Kultur der Grundrechte in der Europäischen Union, den einzelnen Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beitragen kann. Ferner müssen sämtliche neu zu schaffende Einrichtungen, die sich mit einem spezifischen Aspekt der Grundrechte befassen, wie z.B. das Institut für Gleichstellungsfragen, der Agentur angegliedert werden;

1.2.8

vertritt die Auffassung, dass die Analysetätigkeit der Agentur auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Union, der Kandidatenländer und der assoziierten Staaten beschränkt werden muss; eine Ausweitung des Mandats auf Drittländer, die bereits Gegenstand der Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik sind, würde nur zu einer Verwässerung des Auftrages der Agentur führen und keinerlei zusätzlichen Nutzen zu den derzeit auf internationaler Ebene bestehenden Mechanismen, insbesondere jener der Vereinten Nationen, erbringen;

1.2.9

weist jedoch darauf hin, dass sich die Agentur ein Arbeitsprogramm mit entsprechenden Prioritäten geben muss, damit die Effizienz ihrer Tätigkeit gewährleistet werden kann;

1.2.10

stimmt mit der Kommission überein, dass die Agentur mit dem Europarat, den für die Grundrechte zuständigen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten und dem Netz unabhängiger Sachverständiger im Bereich Grundrechte zusammenarbeiten, jedoch keine Länderberichte für die einzelnen Staaten erstellen soll;

1.2.11

würde sich nicht dagegen aussprechen, die Agentur im Rahmen der Anwendung von Artikel 7 EU-Vertrag, der in Artikel I-59 des Verfassungsvertrags aufgegriffen wurde — d.h. im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Werte, auf die sich die Union gründet, durch einen Mitgliedstaat — mit der Erstellung eines Gutachtens zu betrauen, unter der Voraussetzung, dass ein derartiges Gutachten auf ausdrückliches Ersuchen des Rates, des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission und nicht aufgrund der alleinigen Initiative der Agentur erstellt würde.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1   Unionsbürgerschaft

2.1.1

empfiehlt, die Charta der Grundrechte in die Kommunikationsstrategie zur Vermittlung des Verfassungsvertrags einzubeziehen und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die in der Lage sind, alle Bürgerinnen und Bürger anzusprechen, und die für die tagtägliche Anwendung der in der Charta verankerten Rechte verantwortlich sind, in diese Strategie einzubinden;

2.1.2

schlägt vor, die Gebietskörperschaften in die Verfahren zur Gewährleistung der Freizügigkeit der Unionsbürger einzubinden, um deren Integration in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat zu erleichtern;

2.1.3

regt an, die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Unionsbürger durch entsprechende EU-weite Harmonisierungsbestrebungen zu fördern und gemeinsam mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften dafür Sorge zu tragen, dass jedweder Form von Diskriminierung vorgebeugt wird;

2.1.4

ruft dazu auf, gemeinsam mit dem Ausschuss den Problemen vorzubauen, die sich aus der Schaffung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für Familienangehörige aufgrund des Todes, des Wegzugs oder der Scheidung von einem Unionsbürger, der seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, ergeben können; insbesondere betrifft dies den sozialen Schutz und das Recht auf Arbeit der Familienangehörigen;

2.1.5

fordert, dass bei der Erarbeitung der EU-Rechtsvorschriften bezüglich der Überführung der sterblichen Überreste von Unionsbürgern, die in einem anderen Mitgliedstaat verstorben sind, auch Vertreter der Gemeinden hinzugezogen werden;

2.1.6

schlägt vor, unter der Federführung der Kommission eine auf die Förderung der schulischen Erziehung zu Unionsbürgern abzielende Empfehlung zu erarbeiten, wobei der Ausschuss als Vertreter der für den Bildungsbereich zuständigen Gebietskörperschaften einzubeziehen wäre;

2.1.7

empfiehlt, für Initiativen wie das Europäische Jahr der Demokratieerziehung Mittel aus einer angemessen ausgestatteten Haushaltslinie bereitzustellen, damit Aktionen auf europäischer, regionaler und lokaler Ebene durchgeführt werden können;

2.1.8

empfiehlt, die politischen Rechte der Unionsbürger zu stärken und einen Denkprozess im Hinblick auf die Möglichkeit einer Ausdehnung des aktiven und passiven Wahlrechts auf regionale und nationale Wahlen in deren Wohnsitzmitgliedstaat in Gang zu setzen;

2.1.9

empfiehlt, Bürgern eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht automatisch das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat einzuräumen;

2.1.10

schlägt vor, ein formelles Verfahren einzurichten, anhand dessen das Europäische Parlament bzw. der Europäische Bürgerbeauftragte eine Petition oder Beschwerde, für die es/er nicht zuständig ist, an die entsprechenden Stellen (in Ländern, in denen ein solcher vorhanden ist, etwa an den nationalen Bürgerbeauftragten bzw. direkt an die regionalen oder kommunalen Behörden) weiterleiten könnte;

2.2   Agentur für Grundrechte

2.2.1

empfiehlt, die neu zu gründende Agentur für Grundrechte mit den für die Gewährleistung der Effizienz und Unabhängigkeit ihrer Tätigkeit erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen auszustatten;

2.2.2

schlägt vor, das Handlungsfeld der Agentur auf die Anwendung der in der EU-Charta verankerten Grundrechte und gemäß den Bestimmungen von Artikel II-112 des Verfassungsvertrags zu beschränken;

2.2.3

schlägt vor, die Agentur als Dachorganisation für Netzwerke zu gestalten, sodass sie zur Herausbildung einer gelebten Kultur der Grundrechte in der Europäischen Union, den einzelnen Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beitragen kann. Zu diesem Zweck sollten sämtliche neu zu schaffende Einrichtungen, die sich mit einem spezifischen Aspekt der Grundrechte befassen, der Agentur angegliedert werden. Darüber hinaus sollte bei der Strukturierung der Agentur den einzelnen Grundrechtsbereichen Rechnung getragen und diese mit einem Jahres- bzw. Mehrjahresprogramm ausgestattet werden, um die Effizienz ihrer Tätigkeit zu gewährleisten;

2.2.4

fordert, dass die Agentur zusätzlich zu ihrer Aufgabe, objektive und verlässliche Informationen zu sammeln und zu analysieren sowie Empfehlungen an die Organe der Europäischen Union einschließlich des Europäischen Gerichtshofes zu richten, auch in die Umsetzung der Bildungs- und Kommunikationsmaßnahmen zur Vermittlung der Grundrechte eingebunden wird;

2.2.5

schlägt vor, den Aktionsradius der Agentur auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beschränken;

2.2.6

fordert die neu zu errichtende Agentur nachdrücklich dazu auf, eine enge Verbindung mit dem Europarat, den für die Anwendung der Grundrechte zuständigen Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen in den Mitgliedstaaten sowie dem Netz unabhängiger Sachverständiger zu suchen, aber auch mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die aufgrund ihrer besonderen Stellung einen wertvollen Beitrag zu den Arbeiten der Agentur leisten können. Des Weiteren fordert der Ausschuss die Agentur dazu auf, jährlich einen Bericht über die Anwendung der Grundrechte in der Europäischen Union vorzulegen;

2.2.7

schlägt vor, dass die Agentur im Hinblick auf den Anwendungsbereich von Artikel 7 EU-Vertrag, der in Artikel I-59 des Verfassungsvertrags aufgegriffen wurde, nur auf ausdrückliches Ersuchen des Rates, des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission tätig werden kann;

2.2.8

fordert, die Benennung eines Vertreters der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Verwaltungsrat der neu zu errichtenden Agentur vorzusehen.

Brüssel, den 6. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 156 vom 6.6.2000, S.1.

(2)  ABl. C 22 vom 24.1.2001, S. 1.

(3)  ABl. C 144 vom 16.5.2001, S. 42.

(4)  ABl. C 192 vom 12.8.2002, S. 17.

(5)  ABl. C 73 vom 26.3.2003, S.64.

(6)  ABl. C 73 vom 26.3.2003, S. 46.

(7)  Artikel 191 der konsolidierten Fassung des EG-Vertrags mit den Änderungen aufgrund des Vertrags von Nizza lautet: „Politische Parteien auf europäischer Ebene sind wichtig als Faktor der Integration in der Union. Sie tragen dazu bei, ein europäisches Bewusstsein herauszubilden und den politischen Willen der Bürger der Union zum Ausdruck zu bringen.“ Diese Bestimmungen wurden auch in Artikel I-46 Absatz 4 des Vertrags über eine Verfassung für Europa aufgenommen.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/11


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“

(2006/C 31/03)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: „Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“ (KOM(2004) 656 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 29. November 2004, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 28. September 2004, die Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates am 17. Dezember 2004, in denen die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf den 3. Oktober 2005 festgesetzt wird, und auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates in Thessaloniki am 19./20. Juni 2003 sowie die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates am 12./13. Dezember 2002 in Kopenhagen und die Schlussfolgerungen von Helsinki am 10./11. Dezember 1999;

gestützt auf den Bericht des Europäischen Parlaments über den Regelmäßigen Bericht 2004 und die Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt (KOM(2004) 656 endg.) (A6-0063/2004 endg.);

gestützt auf seine Entschließung vom 18. November 2004 zu der Eröffnung von Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur EU (CdR 476/2004);

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Seminars türkischer lokaler Gebietskörperschaften und der Fachkommission für Außenbeziehungen am 11. Oktober 2004 in Ankara — die sogenannte Erklärung von Ankara (CdR 477/2004);

gestützt auf die von der Türkei 1992 ratifizierte Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung;

gestützt auf den von seiner Fachkommission für Außenbeziehungen am 26. April 2005 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (Berichterstatterin: Frau Helene Lund, Mitglied des Gemeinderats in Farum (DK/SPE) (CdR 495/2004 rev. 1);

geleitet von dem Wunsch, sich aus der lokalen und regionalen Perspektive heraus zum Fortschritt der Türkei auf dem Weg zum Beitritt zu äußern;

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Der Beschluss des Rates zur Aufnahme der Verhandlungen am 3. Oktober 2005 hat der Türkei eine europäische Perspektive eröffnet; doch bedarf es weiterer erheblicher Fortschritte. Die Verhandlungen müssen ergebnisoffen sein.

2)

Die Türkei durchläuft derzeit einen radikalen Wandlungsprozess, der sich auch auf die Wertvorstellungen erstreckt. Hierdurch könnte sich die Türkei zu einem wichtigen Rollenmodell für die Länder des Nahen Ostens entwickeln, zu einem mehrheitlich muslimisch geprägten Land, in dem fundamentale Prinzipien wie Freiheit, Demokratie, Wahrung der Menschenrechte, der grundlegenden Freiheitsrechte und der Rechtsstaatlichkeit gelten.

3)

Die Behörden haben die Todesstrafe abgeschafft, eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber der Folter eingeleitet, vielerlei Beschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie Einschränkungen der Religionsfreiheit aufgehoben; allen türkischen Bürgern (auch den Bürgern kurdischer Abstammung) wurden bestimmte kulturelle Rechte eingeräumt. Zudem wurden Schritte zur Bekämpfung der im Verwaltungsapparat grassierenden Korruption unternommen. Diese Anstrengungen müssen auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen verstärkt werden. Körperliche und seelische Gewalt gegen Frauen ist absolut nicht hinnehmbar.

4)

Die Türkei ist ein Zentralstaat, in dem den gewählten Vertretern auf lokaler und regionaler Ebene nur wenige Befugnisse vorbehalten sind. Außerdem kann der Staat mittels eines gesetzlich verankerten Instrumentariums die lokalen Gebietskörperschaften weitgehend kontrollieren. Auf vielen Gebieten haben die vom Staat eingesetzten Beamten, darunter auch die Gouverneure, mehr Macht als die auf lokaler und regionaler Ebene gewählten Volksvertreter. Die Verwaltungsaufsicht über die lokalen Gebietskörperschaften führen der Innenminister und die Gouverneure der 81 Provinzen.

5)

Die Kommission hat eine auf drei Säulen aufbauende Strategie vorgelegt. Bei der ersten Säule handelt es sich um die Zusammenarbeit zur Stärkung und zur Unterstützung des Reformprozesses in der Türkei, besonders mit Blick auf die dauerhafte Erfüllung des politischen Teils der Kopenhagener Kriterien. Die zweite Säule umfasst die besonderen Bedingungen für den Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Zur dritten Säule wird der stark erweiterte politische und kulturelle Dialog zwischen der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten und der Türkei gerechnet. Die Hilfe und die Unterstützung beim Aufbau der türkischen Zivilgesellschaft müssen als wichtiges Element im Rahmen des möglichen Beitritts der Türkei betrachtet werden.

6)

Der Ausschuss der Regionen konzentriert sich auf diejenigen Gebiete, die in den Zuständigkeitsbereich der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften fallen; seine aktive Einbindung wird auf praktische Fragen abstellen, die in konkreter Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Partnern in der EU und der Türkei gelöst werden können. Hierbei könnten Erfahrungen aus Städtepartnerschaften und Projekten zum Kapazitätsaufbau herangezogen werden.

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 6. Juli) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkt des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

betont, dass für die Türkei dieselben Kriterien gelten wie für die anderen Beitrittskandidaten und begrüßt die Reformen, die die türkische Regierung in den vergangenen Jahren durchgeführt hat. Diese Reformen haben zur hinreichenden Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen durch die Türkei beigetragen, SO DASS die Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur EU EINGELEITET WERDEN KÖNNEN;

1.2

würdigt, dass die Türkei in den letzten Jahren, besonders jedoch nach der Wahl im Jahre 2002, mehr Reformen durchgeführt hat als in den Jahrzehnten zuvor. Das Parlament verabschiedete eine Serie von Reformpaketen, darunter auch ein Maßnahmenbündel für eine Verwaltungsreform sowie zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Runderlasse zur Umsetzung dieser Reformen; stellt jedoch fest, dass einige dieser Gesetze noch nicht in Kraft treten konnten, da der Präsident sein Veto eingelegt hat;

1.3

erkennt an, dass die Türkei auf wesentliche Fortschritte bei den politischen Reformen verweisen kann, darunter auf weitreichende Verfassungs- und Gesetzesänderungen, die zur Umgestaltung des politischen Systems und des Rechtssystems geführt haben;

1.4

macht darauf aufmerksam, dass die Verabschiedung weiterer Gesetzesvorhaben noch aussteht;

1.5

weist aber darauf hin, dass die Türkei noch dafür sorgen muss, dass die Gesetzesvorhaben auch in Kraft treten und vor allem entsprechend umgesetzt werden und dass Menschenrechtsverletzungen wirksam verfolgt werden. Die Republik Zypern muss vor Aufnahme der Verhandlungen völkerrechtlich anerkannt werden.

1.6

macht darauf aufmerksam, dass die Türkei ein Land mit großen regionalen Unterschieden ist, woraus sich eine zusätzliche Herausforderung für die Sicherung der positiven Entwicklung des ganzen Landes ergibt;

1.7

ist der Ansicht, dass das Reformpaket für die öffentliche Verwaltung nach einer entsprechenden Konsultation der Verbände der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie der Zivilgesellschaft schnellstmöglich verabschiedet werden sollte;

1.8

bringt den Wunsch zum Ausdruck, konstruktiv an der Umsetzung der Drei-Säulen-Strategie der Kommission mitzuwirken, besonders jedoch an der dritten Säule, die einen stark erweiterten politischen und kulturellen Dialog zwischen der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten und der Türkei zum Ziel hat. In diesem Dialog, der von der Kommission zu fördern und durch konkrete Maßnahmen effizienter zu gestalten ist, sollte der Zivilgesellschaft und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle zukommen;

1.9

begrüßt die verstärkte Teilnahme der Zivilgesellschaft am politischen Geschehen und betont die Notwendigkeit der Förderung der Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft, wozu auch das Recht auf Versammlungsfreiheit gehört;

1.10

vertritt die Auffassung, dass eine verstärkte Zusammenarbeit und der Austausch von Informationen und bewährten Vorgehensweisen auf lokaler und regionaler Ebene die Demokratie und die sozioökonomische Entwicklung fördern;

1.11

verweist auf folgende Bereiche, in denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Vorbereitung der Türkei auf den Beitritt beitragen können:

a.

Qualifizierung und Organisation der öffentlichen Verwaltung, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene

b.

Verwaltungsmanagement der öffentlichen Dienstleistungen

c.

regionale Entwicklung und Raumordnung;

d.

Stadtplanung;

e.

Landwirtschaft, Fischerei und Entwicklung des ländlichen Raums;

f.

Umwelt, Ressourcenmanagement und Zivilschutz;

g.

subregionale Dimension der Bereiche Verkehr und Energie;

h.

Maßnahmen zur Förderung der KMU;

i.

Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung;

j.

Maßnahmen zur Gleichstellung und Maßnahmen zur Abschaffung der Diskriminierung, sowohl bezüglich des Geschlechts als auch der ethnischen Herkunft;

k.

Initiativen in den Bereichen Kultur und Sport;

l.

Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege des Kulturerbes;

m.

Maßnahmen zur Förderung der Bürgernähe;

n.

allgemeine und berufliche Bildung;

o.

Gesundheits- und Sozialwesen;

p.

Steuerung der Migrationsströme, Aufnahme- und Integrationspolitik;

q.

Wohnungswesen;

r.

Sicherheitsmaßnahmen

s.

öffentliches Vergabewesen;

t.

lokale Demokratie und Einbeziehung der Bürger;

1.12

weist darauf hin, dass die Stärkung der lokalen und der regionalen Entwicklung für die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts aller türkischen Landesteile von großer Bedeutung ist und vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der Prozess der Dezentralisierung der staatlichen Aufgaben auf die regionale und lokale Ebene angeregt und gefördert werden muss;

1.13

hebt die Notwendigkeit hervor, die regionale und lokale Ebene frühzeitig in den Beitrittsprozess einzubinden und den Umweltschutz als einen der großen Bereiche des EU-Besitzstands, der für die regionale und lokale Ebene von Bedeutung ist, vorrangig zu behandeln; stellt fest, dass auf dem Gebiet des Umweltschutzes einige Fortschritte erzielt wurden, und auch die Verwaltungskapazität ausgebaut werden konnte, jedoch eine Weiterführung dieses Prozesses insbesondere zur verbesserten Koordinierung der beteiligten Behörden unumgänglich ist;

1.14

vertritt die Auffassung, dass ein großer Teil der EU-Rechtsvorschriften von den Behörden der lokalen und regionalen Ebene umgesetzt wird, denen mithin im Rahmen des möglichen Beitritts der Türkei eine besonders wichtige Rolle zufällt. Durch eine enge Zusammenarbeit auf Projektebene können die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU-Mitgliedstaaten einen Beitrag dazu leisten, dass die Reformen durchgeführt und der gemeinschaftliche Besitzstand auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt wird;

1.15

ist sich der besonderen Herausforderungen bewusst, die sich durch den Beitritt der Türkei hinsichtlich der künftigen Anwendung der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Kohäsionspolitik und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ergeben;

1.16

ist sich mit der Kommission darin einig, dass eine Folgenabschätzung, ein Umsetzungsplan sowie ein Haushalts- und Finanzrahmen notwendig sind;

1.17

wünscht einen intensiveren Dialog mit den lokalen Gebietskörperschaften in der Türkei, wie dies auch mit den früheren Beitrittsanwärtern der Fall war;

1.18

unterstreicht, wie wichtig die „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Folter und Misshandlung, die Wahrung der Rechte und Freiheiten aller Minderheiten, die Achtung aller Religionen, insbesondere die Frage der rechtlichen Gleichstellung aller Religionen, die absolute Ächtung von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sowie die Einhaltung der IAO-Standards bezüglich Kinderarbeit sind;

1.19

weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Verwaltungskapazität auf lokaler und regionaler Ebene gestärkt wird, damit sichergestellt ist, dass die EU-Rechtsvorschriften auch effizient umgesetzt und angewendet werden können.

1.20

ist der Ansicht, dass die türkische Regierung eindeutig verpflichtet ist, alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union voll und ohne Vorbehalte anzuerkennen und die Menschen- und Freiheitsrechte aller europäischen Bürger ausnahms- und bedingungslos zu respektieren.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

ersucht die Kommission, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aktiv in die Umsetzung ihrer Drei-Säulen-Strategie einzubeziehen, besonders jedoch in die dritte Säule, die einem stark erweiterten politischen und kulturellen Dialog zwischen der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten und der Türkei dienen soll;

2.2

fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Kampagne zur Information der Unionsbürger über die Beziehungen zur Türkei einzuleiten und Austauschprogramme zu fördern, die zum gegenseitigen Verständnis zwischen den Unionsbürgern und der türkischen Gesellschaft beitragen können;

2.3

legt der Kommission nahe, die Erfahrungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit dem Aufbau der Demokratie vor Ort und der Entwicklung der kommunalen und regionalen Verwaltungen zu nutzen;

2.4

empfiehlt der Kommission, in ihrem nächsten Türkei-Bericht Ende 2005 auch die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Türkei zu beleuchten und zur Schaffung einer selbstständigen subnationalen Ebene aufzufordern, die an der Erarbeitung von Prioritäten für die lokale und regionale Entwicklung beinhaltenden Strategien sowie an der nachfolgenden Umsetzung der EU-Strukturfondsprogramme und anderer Initiativen zur Regionalentwicklung eng beteiligt ist;

2.5

befürwortet die Einsetzung eines Gemischten Beratenden Ausschusses aus Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Türkei und des Ausschusses der Regionen in Anlehnung an die Vorgehensweise gegenüber früheren Beitrittsländern;

2.6

fordert die türkische Regierung auf, die Reform der dezentralisierten öffentlichen Verwaltung, die bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region eine wesentliche Rolle spielt, zu beschleunigen, um sie schnellstmöglich vollständig, unumkehrbar und nachhaltig umzusetzen;

2.7

vertritt die Auffassung, dass den betreffenden Gebietskörperschaften die für die Durchführung der Reform erforderlichen Finanz- und Humanressourcen bewilligt werden sollten und dabei insbesondere auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der am stärksten benachteiligten Regionen in der Türkei zu achten ist;

2.8

ist der Überzeugung, dass die Struktur- und Kohäsionsfonds den türkischen Regionen, und hier besonders denjenigen im südöstlichen Teil des Landes, bei ihrer sozioökonomischen Entwicklung helfen können;

2.9

fordert deshalb, dass konkrete Initiativen ergriffen werden, um die Verwaltungskapazität der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Verwendung der Mittel aus den Strukturfonds auszubauen; zugleich wird die türkische Regierung gebeten, die für die Kofinanzierung erforderlichen Mittel bereitzustellen;

2.10

regt an, dass den Mandatsträgern der lokalen und regionalen Ebene weitgehendere Befugnisse und mehr Aufgaben übertragen werden und der Anteil der öffentlichen Ausgaben, die für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bestimmt sind, entsprechend angehoben wird;

2.11

fordert die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für regionale Entwicklungspolitik;

2.12

fordert die türkische Regierung auf, Vorkehrungen zu treffen, die eine Gewähr dafür bieten, dass die Türkei — auch auf lokaler und regionaler Ebene — die Rechtsvorschriften der Europäischen Union umsetzen kann;

2.13

fordert die Türkei auf, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die in der Empfehlung der Kommission genannten Bedenken, insbesondere in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte, die Ausübung von Grundrechten und die uneingeschränkte Nutzung der Rechte und Freiheiten durch alle Bürger (einschließlich der Minderheiten) auszuräumen;

2.14

ermahnt die türkische Regierung, das Prinzip der lokalen und regionalen Selbstverwaltung in Übereinstimmung mit der Charta der kommunalen Selbstverwaltung zu fördern und die uneingeschränkte und unmittelbare Beteiligung der Bürger zu gewährleisten;

2.15

erwartet, dass die türkische Regierung nach ihrer Bestätigung, das Protokoll zur Anpassung des Abkommens von Ankara vor Aufnahme der eigentlichen Beitrittsverhandlungen zu unterzeichnen, nun auch ankündigungsgemäß handelt;

2.16

fordert die Türkei nachdrücklich zur Wahrung des internationalen Rechts und des Prinzips der guten Nachbarschaft auf;

2.17

beabsichtigt, seinen Standpunkt in Bezug auf den Beitritt der Türkei aus lokaler und regionaler Sicht bei passenden künftigen Gelegenheiten vorzutragen, und ersucht die Kommission, ihn zu künftigen regelmäßigen Berichten zu konsultieren.

Brüssel, den 6. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/15


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament — „Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses (Rumänien)“

(2006/C 31/04)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses“ (KOM(2004) 657 endg. — SEK (2004) 1200);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 29. November 2004, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 EGV zu konsultieren;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 28. September 2004, seine Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zur Strategie der Europäischen Kommission zu den Fortschritten im Erweiterungsprozess zu beauftragen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004 (Nr. 16238/04);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Fortschritten Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt (KOM(2004) 0657-C6-0151/2004 — 2004/2184(INI));

gestützt auf die politischen Prioritäten 2002-2006 des AdR, in denen die EU-Erweiterung als einzigartiges Ereignis bewertet wird, das Frieden und Stabilität garantieren und den Integrationsprozess in ganz Europa stärken wird;

gestützt auf seine Entschließung vom 13. Februar 2003 zu dem „Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und Prioritäten des Ausschusses der Regionen für 2003“ (CdR 6/2003 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Dokument „Auf dem Weg zur erweiterten Union: Strategiepapier und Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte jedes Bewerberlandes auf dem Weg zum Beitritt“ und dem „Bericht der Kommission an den RatErläuterungen zur Erweiterung Europas“ (CdR 325/2002 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission über die Aktionspläne für den Ausbau der Kapazitäten im Verwaltungs- und Justizbereich und die Überwachung der von den verhandelnden Ländern in den Beitrittsverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen“ (CdR 244/2002 fin);

gestützt auf die Gemeinsame Erklärung der Vereinigung Lokaler Gebietskörperschaften Rumäniens und des Ausschusses der Regionen, unterzeichnet anlässlich der 11. Konferenz des Ausschusses der Regionen im Hinblick auf die EU-Erweiterung am 3. Oktober 2001 in Bukarest (3) und auf das AdR-Seminar zum Thema Erweiterung am 5. November 2004 (4);

in Anbetracht der Rede von Herrn Olli Rehn, für die Erweiterung zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, am 28. Februar 2005 in Bukarest zum Thema „Rumänien und die EU — gemeinsame Zukunft, gemeinsame Herausforderungen“ (5);

gestützt auf seinen von der Fachkommission für Außenbeziehungen am 26. April 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 496/2004 rev.1), Berichterstatter: Herr Lars ABEL, Mitglied des Kreistags von Kopenhagen (DK/EVP);

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 6. Juli) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.1   Allgemeine Bemerkungen zum Erweiterungsprozess

Der Ausschuss der Regionen

1.1.1

begrüßt die am 1. Mai 2004 vollzogene Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten;

1.1.2

betont die Zugehörigkeit Rumäniens und Bulgariens zur jetzigen Erweiterungsrunde, auch wenn der Beitritt aus verschiedenen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt;

1.1.3

begrüßt die Ergebnisse und Empfehlungen, die die EU-Kommission am 6. Oktober 2004 dem Rat und dem Europäischen Parlament in ihrem regelmäßigen Bericht und im Strategiepapier über Bulgarien, Rumänien und Kroatien vorgelegt hat;

1.1.4

unterstützt seinerseits die Einschätzung, dass Rumänien und Bulgarien in der Lage sein werden, den aus einer EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen nachzukommen, die politischen Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen und über eine funktionsfähige Marktwirtschaft zu verfügen;

1.1.5

befürwortet die Unterzeichnung der Beitrittsverträge mit Bulgarien und Rumänien am 25. April 2005 durch die Außenminister der EU-Staaten, damit diese beiden Staaten am 1. Januar 2007 Mitglied der EU werden können, soweit sie bis dahin alle Beitrittsbedingungen erfüllt haben;

1.1.6

erinnert daran, dass ein bewährtes Grundprinzip der bisherigen Erweiterungen die individuelle Beitrittsfähigkeit eines jeden Bewerberstaats gewesen ist;

1.1.7

betont, dass nach dem Abschluss der Verhandlungen die planmäßige Umsetzung der von Rumänien und Bulgarien eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen eines intensiven Monitorings weiter verfolgt werden muss;

1.1.8

hält es für sinnvoll, mittels Schutzklauseln Maßnahmen zur Bewältigung schwerwiegender Probleme festzulegen, die vor dem Beitritt oder in den ersten drei Jahren nach dem Beitritt auftreten könnten;

1.1.9

anerkennt die Besonderheit der mit Bulgarien und Rumänien vereinbarten Schutzklausel, durch welche der Beitritt — nach Empfehlung der Kommission und einstimmiger Beschlussfassung der Mitgliedstaaten — um ein Jahr verschoben werden kann; nimmt des Weiteren zur Kenntnis, dass dieser Beschluss im Falle von Problemen in den Bereichen Justiz und Inneres sowie Wettbewerb in Rumänien auch mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden kann;

1.1.10

hebt hervor, dass er durch die intensive Einbeziehung der nach der Unterzeichnung der Beitrittsverträge dem AdR angehörenden Beobachter die kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften Rumäniens und Bulgariens bei ihrer Heranführung an die EU unterstützen kann;

1.1.11

erklärt seine Bereitschaft, sich während des Ratifizierungsverfahrens durch eine aktive Informationspolitik für eine breite Zustimmung für den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zu engagieren;

1.1.12

begrüßt die Beteiligung Rumäniens und Bulgariens an der Erarbeitung des Entwurfs einer Verfassung für Europa und unterstützt nachdrücklich die Durchführung einer Informationskampagne in den territorialen Einheiten zur Erläuterung und Förderung des Inhalts der Verfassung im Geiste des gemeinschaftlichen Besitzstands. Dadurch soll das Engagement und das Wissen der Unionsbürger bezüglich der europäischen Werte und der Funktionsweise der EU gefördert werden;

1.1.13

begrüßt die auf der Tagung des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004 gefassten Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes, Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufzunehmen, und nimmt die Verschiebung der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen bis zur Feststellung der umfassenden Kooperation Kroatiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien (ICTY) zur Kenntnis;

1.1.14

unterstützt die auf der Tagung des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004 gefassten Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes, am 3. Oktober 2005 Verhandlungen mit der Türkei über den Beitritt aufzunehmen;

1.1.15

sieht für seine Mitglieder die Möglichkeit, durch die Beteiligung an Partnerschaften mit regionalen oder kommunalen Gebietskörperschaften der Bewerberländer diese bei der Vorbereitung auf den EU-Beitritt zu unterstützen.

1.2   Bemerkungen zum Regelmäßigen Bericht über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt

Der Ausschuss der Regionen

a)   — in Bezug auf die lokale Demokratie und den Dezentralisierungsprozess —

1.2.1

würdigt die 2004 in Rumänien aufgrund der verbesserten Rechtsgrundlage im Bereich der lokalen Verwaltung erzielten positiven Entwicklungen. Diese sind insbesondere auf die Verfassungsreform durch Einführung des Konzepts der Dekonzentration, auf die überarbeitete Strategie der Verwaltungsreform, das Rahmengesetz zur Dezentralisierung und das Gesetz zur Einsetzung von Präfekten (6) zurückzuführen;

1.2.2

begrüßt den wiederholt bekräftigten allgemeinen Konsens aller politischen Parteien bezüglich der Durchführung einer Verwaltungsreform — und insbesondere den beherzten und konstruktiven Einsatz der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen des rumänischen EU-Beitrittsprozesses — und unterstützt die im Dezember 2004 eingesetzte rumänische Regierung bei der Fortführung des Dezentralisierungsprozesses im Verwaltungsbereich und Steuerwesen sowie beim Ausbau der lokalen Selbstverwaltung gemäß den Bestimmungen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung, der Rumänien 1997 offiziell beigetreten ist;

1.2.3

nimmt die im neuen Regierungsprogramm (7) vorgesehenen Maßnahmen zu effizientem Regieren zur Kenntnis, die mit umfassender politischer und finanzieller Transparenz auf kommunaler Ebene und der Beteiligung der Kommunalverwaltungen am einzelstaatlichen Entscheidungsprozess unter Gewährleistung des Subsidiaritäts- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips einhergehen;

1.2.4

teilt die Auffassung der Kommission, dass der Übertragung von Befugnissen auf die kommunale Ebene keine ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen gegenüberstehen, wodurch die Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung bedroht wird;

1.2.5

verweist auf den dringenden Bedarf an qualifizierten, motivierten und unabhängigen Funktionsträgern in der Kommunal- und Kreisverwaltung, der durch entsprechenden Mitteleinsatz für Ausbildungsprogramme und für die Übertragung von Fertigkeiten mittels des Austauschs bewährter Verfahren mit kommunalen Verwaltungseinrichtungen in anderen Staaten der EU und mittels Einführung wirkungsvoller Anreizsysteme gedeckt werden muss;

1.2.6

räumt gleichwohl ein, dass die Gewährleistung hinlänglicher Humanressourcen für eine moderne öffentliche Verwaltung eine langfristige Aufgabe ist. Doch ist dies eine unabdingbare Maßnahme von strategischer Bedeutung, damit das Land den neuartigen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt und der Verwaltung der Strukturfonds gerecht werden kann;

1.2.7

ist besorgt über das Ausmaß des von zahlreichen unabhängigen Beobachtern festgestellten Parteibuchwechsels politischer Mandatsträger vor den letzten Kommunalwahlen 2004 (8) und ist der Auffassung, dass dieses Phänomen mittels einer direkten und transparenten Zuweisung öffentlicher Mittel auf der Grundlage objektiver, zwischen den verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen ausgehandelter Kriterien, sowie durch die dauerhafte Etablierung lokaler Demokratie als einzig maßgeblicher Praxis begrenzt werden könnte;

1.2.8

betont, dass Korruption auf nationaler und lokaler Ebene eventuell immer noch eine ernste Gefahr darstellt — wodurch die lokale Demokratie bedroht und die Verwaltung öffentlicher und europäischer Mittel beeinträchtigt wird — und fordert deshalb die minutiöse Überwachung dieses Phänomens durch die europäischen Institutionen;

1.2.9

begrüßt nachdrücklich die Umsetzung der unlängst von der rumänischen Regierung lancierten aktualisierten Antikorruptionsstrategie, die durch eine angemessene Entlohnung der Richter flankiert werden sollte; nimmt die in den Monaten seit Vereidigung der neuen Regierung ergriffenen spezifischen Maßnahmen zur Einschränkung korruptionsträchtiger Sachverhalte zur Kenntnis, welche das prioritäre Engagements Rumäniens für die Bewältigung dieses Problems belegen, zur Kenntnis;

1.2.10

hält es für unerlässlich, dass alle ausländischen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, die Geschäfte in Rumänien abwickeln und Zielscheibe korrupter Beamter werden, als Korruptionsmeldestellen fungieren, indem sie die Zahlung von Schmiergeldern ablehnen und die zuständigen Behörden über den Tatbestand in Kenntnis setzen und somit zur Korruptionsbekämpfung beitragen;

1.2.11

setzt sich ein für eine aktive Teilhabe der lokalen Ebene am Gesetzgebungsprozess mittels frühzeitiger und wirkungsvoller Konsultation bei der Erarbeitung von Gesetzen, die die Interessen und Befugnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften berühren;

1.2.12

unterstützt die lokalen Gebietskörperschaften Rumäniens beim Ausbau der Beteiligung der Bürger und junger Menschen am sozialen und politischen Leben der Kommunen und begrüßt die Durchführung von Informationskampagnen zum Aufbau einer modernen öffentlichen Verwaltung;

b)   — in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung —

1.2.13

anerkennt, dass Rumänien das wirtschaftliche Kriterium der funktionsfähigen Marktwirtschaft erfüllt und dass das Land im Zuge der kraftvollen Durchführung des Strukturreformprogramms in der Lage sein wird, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der EU standzuhalten;

1.2.14

nimmt die von Rumänien im Bereich der Wettbewerbspolitik zu erzielenden Fortschritte — insbesondere mittels Förderung einer effektiven Arbeitsweise des legislativen und institutionellen Rahmens — zur Kenntnis und begrüßt die jüngsten, diesbezüglich von der Regierung ergriffenen Maßnahmen (9) sowie die laufenden Aktionen zur Gewährleistung voll und ganz zufriedenstellender Verwaltungskapazitäten; begrüßt ebenfalls die Strukturreformen, d.h. die überarbeitete nationale Umstrukturierungsstrategie und die individuellen Geschäftspläne. Daraus geht hervor, dass der Stahlindustrie bis Ablauf des Umstrukturierungszeitraums (10) keine staatlichen Beihilfen gewährt und gezahlt werden; betont gleichwohl, dass auch die damit verbundenen unmittelbaren sozialen Folgen für die Gebietskörperschaften zu berücksichtigen sind;

1.2.15

ist sich der Notwendigkeit bewusst, die Funktionsweise der Justiz und der öffentlichen Verwaltung zur verbessern, um ein günstigeres wirtschaftliches Umfeld zu schaffen;

c)   — bezüglich der Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes —

1.2.16

begrüßt die bei der Durchführung der Strukturpolitik und der Verabschiedung von Rechtsvorschriften über geeignete Verfahren und Instrumente für die zweckmäßige Verwendung von Strukturfonds erzielten Fortschritte;

1.2.17

stellt fest, dass zusätzliche Anstrengungen zur Stärkung der Verwaltungsführung auf lokaler und regionaler Ebene erforderlich sind, damit der Besitzstand in den folgenden Bereichen, in denen lokale und regionale Gebietskörperschaften entsprechende Zuständigkeiten und Befugnisse erlangt haben, ordnungsgemäß angewandt wird: öffentliche Beschaffung, Verkehrswesen, Infrastrukturen, Straßenbau, Umwelt, Sozialpolitik, Kinder- und Minderheitenschutz, Gesundheitswesen, Bildung, Kultur und grenzüberschreitende Zusammenarbeit;

1.2.18

unterstützt den Ausbau von Verwaltungskapazitäten auf lokaler und regionaler Ebene im Umweltbereich und eine bessere Koordinierung zwischen diesen Ebenen und anderen einschlägigen Behörden, damit die europäischen Rechtsvorschriften in Schlüsselbereichen wie Wasserversorgung und Abfallwirtschaft, Luftqualität, Lärmschutz, Naturschutz, Industrieimmissionen, Chemikalien usw. umgesetzt werden können;

1.2.19

begrüßt die durchaus positive Entwicklung im Bereich der Durchführung der 2001 angenommenen Roma-Strategie; fordert eine bessere Abstimmung zwischen kommunalen und zentralen Stellen sowie wirkungsvolle Maßnahmen auf Kreisebene in den Bereichen Bildung und Ausbildung, wobei kulturelle und gesellschaftliche Wurzeln zu berücksichtigen sind;

1.2.20

hebt hervor, dass auf der Ebene der Kommunen, Kreise und Regionen weitere konkrete Verbesserungen erforderlich sind, um Verfahren zur Findung, Verwaltung, Überwachung und Bewertung von Projekten zu entwickeln, und dass insbesondere Kofinanzierungsmöglichkeiten aufzubauen sind, damit der erforderliche Grad der Ausschöpfung von EU-Mitteln bis Ende 2007 erreicht werden kann;

1.2.21

betont, dass lokale Behörden die EU-Heranführungsbeihilfen zur Vorbereitung auf die Strukturfonds optimal verwenden sollten;

1.2.22

begrüßt den derzeitig gültigen Nationalen Entwicklungsplan 2004-2006 als eine gute Grundlage für den im Rahmen der Strukturfonds erforderlichen Entwicklungsplan und fordert die Durchführung vertiefter Untersuchungen für den Entwurf des Nationalen Entwicklungsplans 2007-2013 in Einklang mit der rumänischen Konzeption für die Kohäsionspolitik und den europäischen Perspektiven in diesem Bereich;

1.2.23

drängt darauf, den Grundsätzen der Konsultation und der Partnerschaft, vor allem einer engen und aktiven Einbeziehung der Kommunen, Kreise und Regionen sowie der sozialen und nichtstaatlichen Partner bei der Erarbeitung des Nationalen Entwicklungsplans 2007-2013 und der operationellen Programme und deren anschließender Durchführung besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen;

1.2.24

fordert folglich eine Förderung des Gefühls der Teilhabe und den Aufbau eines Konsenses auf Kreisebene innerhalb der bestehenden regionalen Strukturen sowie eine konkrete Beteiligung der auf kommunaler Ebene gewählten Mandatsträger, um die Durchführung der EU-Programme, den Entwurf des kommenden Nationalen Entwicklungsplans 2007-2013 und die anschließende Verwendung und Kontrolle der Strukturfonds zu ermöglichen;

1.2.25

plädiert für die Schaffung einer soliden Grundlage der Regionalpolitik in Rumänien, in deren Rahmen die lokalen Gebietskörperschaften nicht nur zur Beteiligung aufgefordert, sondern gemäß den Interessen territorialer Gebietskörperschaften auch konkret eingebunden werden.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

begrüßt den Abschluss der Beitrittsverhandlungen und die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags zwischen Rumänien und der Europäischen Union zum 25. April 2005 und empfiehlt allen EU-Mitgliedstaaten, diesen Vertrag rechtzeitig zu ratifizieren, so dass die EU Rumänien zum 1. Januar 2007 als vollständiges Mitglied begrüßen kann;

2.2

empfiehlt, in der Zeit vor der Vollmitgliedschaft eine Debatte über regionalpolitische Befugnisse in Rumänien zu führen und den Ausbau der Stellung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften anzustreben, damit Rumänien 2007 über effiziente kommunale Verwaltungsstrukturen verfügen und den Anforderungen und Herausforderungen der EU-Mitgliedschaft gerecht werden kann;

2.3

unterstützt deshalb die Durchführung einer konstruktiven und ergebnisorientierten Debatte in Rumänien über den Dezentralisierungs- und Regionalisierungsprozess, an der die kommunalen und zentralstaatlichen Stellen sowie die entsprechenden EU-Institutionen beteiligt werden und die auf die Verbesserung der bestehenden territorialen Gliederung und der Entscheidungsprozesse, auf die Entwicklung einer effizienten Regionalpolitik und auf die Umsetzung der Strukturfonds nach 2007 abzielt;

2.4

freut sich darauf, 15 Mitglieder mit Beobachterstatus als Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Rumäniens im AdR begrüßen zu dürfen, und bedauert, dass es nicht möglich war, rechtzeitig einen Gemischten Beratenden Ausschuss (GBA) mit Rumänien einzurichten.

2.5

macht deutlich, dass die Förderung der regionalen transeuropäischen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern eine Grundlage für den wirkungsvollen Einsatz der Strukturfonds zum Vorteil der europäischen Integration als solche darstellt;

2.6

empfiehlt, so bald wie möglich eine auswärtige Veranstaltung in Rumänien zu organisieren, die sich schwerpunktmäßig mit der Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Rumäniens an den Arbeiten des AdR, dem Dezentralisierungsprozess und der Reform der öffentlichen Verwaltung befassen könnte. Diese Veranstaltung würde auf eine Einladung seitens rumänischer Kommunalverbände zurückgehen und wäre ein konkreter Schritt zur Gewährleistung regelmäßiger Unterstützung des AdR für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Rumäniens sowohl im Sinne weiterer Entwicklungen des rumänischen Dezentralisierungsprozesses als auch im Hinblick auf die Beteiligung der lokalen und regionalen Ebene an der Heranführung Rumäniens an den gemeinschaftlichen Besitzstand.

Brüssel, den 6. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 128 vom 29.5.2003, S. 53.

(2)  ABl. C 128 vom 29.5.2003, S. 56.

(3)  CdR 5/2002.

(4)  AdR-Seminar am 5. November 2004 in Essex, Beitrag von Lars ABEL „Der EU-Beitritt Rumäniens und die Entwicklung des Dezentralisierungsprozesses“.

(5)  Rede vor der Akademie der Wirtschaftswissenschaften in Bukarest am 28. Februar 2005.

(6)  Siehe die 2003 überarbeitete Verfassung von Rumänien aus dem Jahr 1991; das Rahmengesetz Nr. 339/2004 über die Dezentralisierung; das Gesetz Nr. 340/2004 über die Einsetzung von Präfekten.

(7)  Rumänische Regierung, Regierungsprogramm für die Jahre 2005-2008, Dezember 2004.

(8)  Siehe neben dem Bericht der Europäischen Kommission auch den letzten Bericht des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas über die Kommunal- und Regionalwahlen in Rumänien am 6. Juni 2004. Darin wird von einem Anstieg der auf lokaler Ebene gewählten Politiker der vormals regierenden sozialdemokratischen Partei von 27 % in 2000 auf ca. 80 % in 2004 ausgegangen, CG/Bur (11) 25, Straßburg, 16. Juli 2004.

(9)  Anweisung des Vorsitzenden des Wettbewerbsrates Nr. 527/2004 (Amtsblatt Nr. 64 vom 19.1.2005); Nr. 528/2004 (Amtsblatt 82 vom 25.1.2005) sowie die Annahme der Leitlinien für einen in stärkerem Maße proaktiven Ansatz bei der Umsetzung der Wettbewerbsbestimmungen, Nr. 36 vom 22.2.2005.

(10)  Eine Zusammenfassung der Umstrukturierungsstrategie ist im Amtsblatt Nr. 127 vom 9.2.2005 zu finden.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/19


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zur Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament „Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses“

(2006/C 31/05)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Strategiepapier der Europäischen Kommission über den Stand des Erweiterungsprozesses“ (KOM(2004) 657 endg. — SEK (2004) 1199, 1200);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 29. November 2004, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 EGV zu konsultieren;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 28. September 2004, seine Fachkommission für Außenbeziehungen mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zur Strategie der Europäischen Kommission zu den Fortschritten im Erweiterungsprozess zu beauftragen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 16./17. Dezember 2004 (Nr. 16238/04);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Fortschritten Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt (KOM(2004) 0657-I6-150/2004 — 2004/2183 (INI));

gestützt auf die politischen Prioritäten 2002-2006 des AdR, in denen die EU-Erweiterung als einzigartiges Ereignis bewertet wird, das Frieden und Stabilität garantieren und den Integrationsprozess in ganz Europa stärken wird;

gestützt auf seine Entschließung vom 13. Februar 2003 zu dem „Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und Prioritäten des Ausschusses der Regionen für 2003“ (CdR 6/2003 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Dokument „Auf dem Weg zur erweiterten Union: Strategiepapier und Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte jedes Bewerberlandes auf dem Weg zum Beitritt“ und dem „Bericht der Kommission an den Rat — Erläuterungen zur Erweiterung Europas“ (CdR 325/2002 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission über die Aktionspläne für den Ausbau der Kapazitäten im Verwaltungs- und Justizbereich und die Überwachung der von den verhandelnden Ländern in den Beitrittsverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen“ (CdR 244/2002 fin);

gestützt auf die Empfehlung seines GBA Republik Bulgarien/AdR zur „Stärkung der regionalen und lokalen Verwaltungskapazitäten in der Republik Bulgarien“ vom 2.4.2004 (CdR 33/2004 fin);

in Anbetracht der am 12.12.2001 unterschriebenen Kooperationserklärung mit dem Nationalen Gemeindeverband der Republik Bulgarien;

in Anbetracht der am 11.12.2001 unterschriebenen Kooperationsvereinbarung zwischen dem Nationalen Gemeindeverband der Republik Bulgarien und der Regierung der Republik Bulgarien;

gestützt auf seinen von der Fachkommission für Außenbeziehungen am 26. April 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 497/2004 rev. 1; Berichterstatter: Tilman Tögel, Mitglied des Landtags von Sachsen-Anhalt, DE/SPE);

hat auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 6. Juli) folgende Stellungnahme angenommen:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.1   Allgemeine Bemerkungen zum Erweiterungsprozess

Der Ausschuss der Regionen

1.1.1

begrüßt die am 1. Mai 2004 vollzogene Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten;

1.1.2

betont die Zugehörigkeit Bulgariens und Rumäniens zum jetzigen Erweiterungsprozess, auch wenn der Beitritt aus verschiedenen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt;

1.1.3

begrüßt die Ergebnisse und Empfehlungen, die die EU-Kommission am 6. Oktober 2004 dem Rat und dem Europäischen Parlament in ihrem regelmäßigen Bericht und im Strategiepapier über Bulgarien, Rumänien und Kroatien vorgelegt hat;

1.1.4

unterstützt seinerseits die Einschätzung, dass Bulgarien und Rumänien in der Lage sein werden, den aus einer EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen nachzukommen und die politischen Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen, und über eine funktionsfähige Marktwirtschaft verfügen;

1.1.5

befürwortet die Unterzeichnung der Beitrittsverträge mit Bulgarien und Rumänien am 25. April 2005 durch die Außenminister der EU, damit diese beiden Staaten am 1. Januar 2007 Mitglied werden können, soweit sie bis dahin alle Beitrittsbedingungen erfüllt haben;

1.1.6

erinnert daran, dass ein bewährtes Grundprinzip der bisherigen Erweiterungen die individuelle Beitrittsfähigkeit eines jeweiligen Bewerberstaates gewesen ist;

1.1.7

betont die Notwendigkeit, mittels eines intensiven Monitorings die planmäßige Umsetzung der von Bulgarien und Rumänien nach dem Abschluss der Verhandlungen eingegangenen Verpflichtungen weiter zu verfolgen;

1.1.8

verweist darauf, dass der Beitritt Bulgariens und Rumäniens um ein Jahr verzögert werden kann, wenn die erforderlichen Reformen insbesondere in den Bereichen Justiz, Inneres, Verwaltung und Wettbewerbsrecht nicht realisiert werden;

1.1.9

hebt hervor, dass er durch die intensive Einbeziehung der nach der Unterzeichnung der Beitrittsverträge ihm angehörenden Beobachter die kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften Bulgariens und Rumäniens in ihrer Heranführung an die EU unterstützen kann;

1.1.10

erklärt seine Bereitschaft, sich durch eine aktive Informationspolitik für eine breite Zustimmung im Ratifizierungsverfahren der Beitritte Bulgariens und Rumäniens zu engagieren;

1.1.11

verweist darauf, dass diese Informationspolitik auch den Entwurf für einen EU-Verfassungsvertrag umfassen sollte, da dieser als Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Rahmen des Beitritts ipso facto durch Rumänien und Bulgarien ratifiziert werden muss, und vertritt die Ansicht, dass in beiden Staaten eine Informationskampagne auf lokaler und regionaler Ebene gestartet werden sollte, um die Inhalte der Verfassung zu erklären und zu vermitteln, so dass die Kenntnisse der Werte und der Funktionsweise der Europäischen Union den Bürgern nahe gebracht werden;

1.1.12

begrüßt die Schlussfolgerungen des Europäischen Ratsvorsitzes vom 16./17. Dezember 2004 über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und nimmt die Verschiebung der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen bis zu dem Zeitpunkt zur Kenntnis, da eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien festgestellt wird;

1.1.13

unterstützt die Schlussfolgerungen des Europäischen Ratsvorsitzes vom 16./17. Dezember 2004, denen zufolge am 3. Oktober 2005 die Verhandlungen mit der Türkei über den Beitritt aufgenommen werden, und betont, dass diese Verhandlungen ergebnisoffen geführt werden müssen;

1.1.14

sieht für seine Mitglieder die Möglichkeit, durch Partnerschaften zu regionalen oder kommunalen Gebietskörperschaften der Bewerberländer diese bei der Vorbereitung auf den EU-Beitritt zu unterstützen.

1.2

Bemerkungen zum Regelmäßigen Bericht über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt (SEK(2004) 1199)

Der Ausschuss der Regionen

1.2.1

würdigt die wirtschaftlichen Erfolge Bulgariens im Hinblick auf seine gesamtwirtschaftliche Stabilität, die Strukturreformen und das Wirtschaftswachstum, ohne die fortbestehenden Probleme mit der immer noch zu hohen Arbeitslosigkeit zu verkennen;

1.2.2

geht davon aus, dass Bulgarien in der verbleibenden Zeit seine Anstrengungen zur Vorbereitung auf den Beitritt fortsetzt und dabei den von der Kommission angesprochenen Verbesserungen in den Bereichen Justiz, Inneres und Verwaltung besondere Bedeutung beimisst;

1.2.3

weist darauf hin, dass die Europäische Union bedeutende finanzielle Beträge als Heranführungshilfe gewährt, die auch für die Stärkung der Kapazitäten auf lokaler Ebene einzusetzen sind, um mit diesen Mitteln unter anderem die Umsetzung der europäischen Kohäsionspolitik zu fördern und zu beschleunigen;

1.2.4

stellt fest, dass sich im derzeitigen Stadium die Bedingungen für die Regionalisierung erheblich verbessert haben;

1.2.5

begrüßt die Verabschiedung des Gesetzes über Regionalentwicklung, mit dem die Grundlage für die regionalpolitische Planung geschaffen wurde, sowie die bessere Strukturierung der territorialen Gliederung durch die statistische Unterteilung des Landes in NUTS-1-Regionen;

1.2.6

begrüßt die derzeitigen Bemühungen von Regierung und Parlament zur Reform der öffentlichen Verwaltung und erkennt ihren Beitrag zu einer effektiveren Regionalpolitik an;

1.2.7

unterstützt nachdrücklich die laufende Reform der öffentlichen Verwaltung und die daran geknüpften Reformen im Bereich der Kommunalverwaltung, insbesondere die durch Änderung des Kommunaleigentumsgesetzes eingeleiteten Schritte zur Stärkung der Eigenverantwortung, Leistungsfähigkeit und der institutionellen und dadurch der finanziellen Eigenständigkeit der Kommunen;

1.2.8

räumt ein, dass der Ausbau der Kapazitäten dieser Körperschaften ein langfristiger Prozess ist, der in Form von Informationen, Anhörungen und maßgeschneiderten Schulungsprogrammen regelmäßig unterstützt werden muss.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

begrüßt den Abschluss der Beitrittsverhandlungen und die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages zwischen Bulgarien und der Europäischen Union und empfiehlt allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, diesen Vertrag rechtzeitig zu ratifizieren, damit Bulgarien am 1. Januar 2007 als Vollmitglied aufgenommen werden kann;

2.2

fordert Bulgarien auf, weitere wirksame Anstrengungen zu unternehmen, um diese Reform auch durch entsprechende adäquate Änderungen im Staatseigentumsgesetz fortzusetzen, durch die dem Subsidiaritätsprinzip noch stärker Rechnung getragen werden soll;

2.3

empfiehlt weitere Schritte im Zuge der Dezentralisierung und weist gleichzeitig darauf hin, dass die Verlagerung von Kompetenzen von den zentralen zu den örtlichen Verwaltungs- bzw. Selbstverwaltungsorganen nicht nur als eine Übertragung von Rechten und Pflichten zu verstehen ist, sondern auch die Verlagerung der Strukturen sowie der Human- und Finanzressourcen umfassen muss;

2.4

empfiehlt gleichzeitig in der Übergangsphase die Fortsetzung der Diskussion über die regionalpolitischen Kompetenzfragen in der Republik Bulgarien sowie die Bemühungen zur Stärkung der Position der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, damit zum Beitrittstermin Bulgarien effektive und dem gemeinsamen Markt gerecht werdende lokale Verwaltungsstrukturen vorweisen kann;

2.5

weist darauf hin, dass die Stärkung der Rolle und Kompetenzen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter anderem auch bei der Eigentumszuteilung und -verwaltung die Voraussetzungen für positive Zusammenarbeit zwischen den Zentralorganen und den Kommunalorganen darstellen und damit für die letzteren bessere Ausgangsbedingungen für die Umsetzung der Gemeinschaftsmaßnahmen und die Inanspruchnahme von Strukturfonds geschaffen werden;

2.6

betont wiederholt, dass die Erweiterung der Entscheidungsbefugnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Berücksichtigung der Prinzipien der Subsidiarität und gleichzeitig der Solidarität, sowohl zwischen den zentralen Behörden und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Gemeinden, als auch auf horizontaler Ebene zwischen den Gebietskörperschaften und den Gemeinden erfolgen muss;

2.7

weist darauf hin, dass die lokalen Gebietskörperschaften stärker aufgefordert sind, den notwendigen institutionellen Rahmen zu schaffen, der für den Einsatz der strukturpolitischen Instrumente notwendig ist; dies gilt insbesondere für das Schaffen von Verwaltungsstellen oder für die Durchführung der notwendigen institutionellen und/oder organisatorischen Änderungen, so dass die lokalen Körperschaften auf die Inanspruchnahme der Strukturfonds besser vorbereitet werden;

2.8

weist darauf hin, dass zum Zweck des Aufbaus einer effizienten regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zusätzliche rechtliche und organisatorische Maßnahmen zu treffen sind, die die qualifizierte Nutzung der örtlichen Ressourcen fördern, — angemessene Finanzmittel für Bildungsprogramme, Kompetenzverlagerung durch den Austausch bewährter Verfahren mit den regionalen und kommunalen Verwaltungen der EU-Länder und wirksame Anreize -, und empfiehlt, dabei den Schutz und eine bessere Verwaltung der vernetzten Güter, Strukturen und Dienstleistungen besonders zu beachten, da die finanzielle und wirtschaftliche Eigenständigkeit der Kommunen eine wesentliche Grundlage der Selbstverwaltung darstellt;

2.9

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die Gemeinden in ihrer legislativen Tätigkeit darauf achten, dass den auf ihrer Ebene im bulgarischen Recht implementierten Normen des EU-Rechts Geltung verschafft wird, solange dies dem Kompetenzbereich der Gebietskörperschaften und der Gemeinden zuzurechnen ist; das gilt unbedingt für die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, die unter anderem für die öffentliche Auftragsvergabe sowie für die Bereiche Umwelt, Wettbewerb und Soziales gültig sind;

2.10

bringt seine Besorgnis zum Ausdruck, dass die Integration der Roma-Bevölkerung ein noch offenes Problem ist und dass den Kommunen der größte Teil der Verantwortung für eine langfristige Lösung zukommt, und fordert die kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu auf, verstärkt und unter Berücksichtigung des Prinzips der Chancengleichheit Arbeitsstellen für Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe in den örtlichen Verwaltungsstrukturen anzubieten, wobei eine sekundäre Diskriminierung im Rahmen dieser Strukturen (Roma kümmern sich um Roma) zu vermeiden ist;

2.11

weist darauf hin, dass für die beschleunigte Integration der Roma die Instrumente der Selbstverwaltung einzusetzen sind, wobei in ihren Gemeinschaften Maßnahmen zur effektiven Übernahme von Eigenverantwortung z.B. in Bereichen wie Sicherheit, Soziales etc. gefördert werden;

2.12

besteht darauf, dass langfristige kommunale Programme zur Beseitigung von separaten Wohngebieten (Ghettos) erarbeitet und umgesetzt werden, indem Grundstücke freigegeben werden, in welchen unter den Bedingungen der öffentlich-privaten Partnerschaft und unter Einbeziehung der Roma-Bevölkerung der Neubau von angemessenen Wohnungen für die Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppe erfolgen kann; der AdR empfiehlt für dieses Anliegen ein verstärktes EU-Engagement;

2.13

weist darauf hin, dass erhebliche Defizite im Bereich der Integration geistig behinderter Bürgerinnen und Bürger bestehen, und fordert die kommunalen Organe dazu auf, sich diesem Problem zu stellen und im Rahmen ihrer Kompetenzen nach passenden Lösungen zu suchen;

2.14

weist darauf hin, dass im Hinblick auf den ehrgeizigen Zeitplan für die Vorlage des Nationalen Entwicklungsplans sich Bulgarien festgelegt hat, dass den Gebietskörperschaften für die Festlegung von sachgerechten lokalen und regionalen Entwicklungsplänen eine besondere Verantwortung zukommt; dies wird einerseits zu der Korrektheit des Nationalen Entwicklungsplans beitragen und andererseits die Bedingungen schaffen, dass die Kommunen und die Regionen gleichberechtigt und gerecht an der Durchführung der Strukturfonds beteiligt werden;

2.15

weist auch darauf hin, dass dabei eine besondere Aufmerksamkeit der Anwendung des sogenannten Partnerschaftsprinzips, also der stärkeren Einbeziehung der an diesem Prozess beteiligten regionalen, sozialen und nichtstaatlichen Partner beizumessen ist;

2.16

empfiehlt, dass aus den Heranführungsfonds Fördermittel für die Entwicklung von Verwaltungsstrukturen und -kapazitäten bereitzustellen sind, und regt an, bei der Bereitstellung dieser Mittel der Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Umsetzung der Strukturfondsprogramme und anderer Initiativen zur Regionalentwicklung gebührend Rechnung zu tragen;

2.17

betont, dass der durch die bestehenden Partnerschaftsvereinbarungen zwischen der Republik Bulgarien und den Mitgliedstaaten effektive Erfahrungsaustausch eine Basis für den wirksamen Einsatz der Strukturfonds auf regionaler Ebene darstellt;

2.18

stellt weiterhin fest, dass die bestehenden direkten Partnerschaftsvereinbarungen zwischen einzelnen Regionen der Mitgliedstaaten und Regionen in der Republik Bulgarien eine Form vom Informations- und Erfahrungsaustausch, aber auch für direkte Kooperationen oder personelle und materielle Hilfestellung zugunsten der regionalen und kommunalen Verwaltungen in der Republik Bulgarien sind, die verstärkt gefördert und zum Zweck der Erfüllung der geäußerten Empfehlungen instrumentalisiert werden soll;

2.19

weist darauf hin, dass die weitere erfolgreiche Korruptionsbekämpfung von immenser Bedeutung für die Steigerung der Vertrauenswürdigkeit der lokalen und der regionalen Gebietskörperschaften ist, sowohl gegenüber ihrer Bevölkerung als auch gegenüber den EU-Partnern, Investoren und Unternehmen;

2.20

empfiehlt, angesichts der steigenden Zahl von Informationen über strafrechtliche Ermittlungen gegen Lokal- und Regionalpolitiker die intensive Anwendung von Maßnahmen zur Beseitigung von Korruptionsursachen und dabei insbesondere Maßnahmen zur verbesserten Finanzverwaltung und -kontrolle, wobei die Trennung zwischen diesen Bereichen eine der wichtigsten, aber nicht die einzige Möglichkeit ist.

Brüssel, den 6. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 128 vom 29.5.2003, S. 53.

(2)  ABl. C 128 vom 29.5.2003, S. 56.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/23


Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Entwurf von gemeinschaftlichen Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen“

(2006/C 31/06)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 22. Februar 2005, gemäß Artikel 265 Absatz 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die Fachkommission für Kohäsionspolitik mit der Ausarbeitung einer Initiativstellungnahme zu diesem Thema zu betrauen;

gestützt auf den Entwurf der Europäischen Kommission von gemeinschaftlichen Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen;

gestützt auf seine Prospektivstellungnahme vom 2. Juli 2003 zum Thema „Kapazität von Regionalflughäfen“ (CdR 393/2002 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission „Bessere Rechtsetzung 2002“ und der Mitteilung der Kommission „Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire“ (CdR 62/2003 fin) (2);

gestützt auf seine Initiativstellungnahme zum Thema „Billigfluglinien und Territorialentwicklung“ (CdR 63/2004 fin) (3);

gestützt auf den von der Fachkommission für Kohäsionspolitik am 29. April 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 76/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Gordon Keymer CBE, Vorsitzender des Bezirksrats von Tandridge (UK/EVP);

in Erwägung folgender Gründe:

1.

Die anhaltende Dynamik regionaler Flughäfen hat unleugbar erhebliche Auswirkungen auf die regionale Entwicklung und den territorialen Zusammenhalt: Sie erleichtern die Verkehrsverbindung zwischen den Regionen und fördern die Mobilität der Bürger, die wirtschaftliche Entwicklung und das Beschäftigungswachstum, den Tourismus und insbesondere die Wiederbelebung von Regionen in Randlage und von weniger entwickelten Regionen.

2.

Der Versuch der Europäischen Kommission, das derzeitige Problem der Unsicherheit und Verwirrung bezüglich der staatlichen Beihilfen im Luftfahrtsektor in den Griff zu bekommen, ist zu begrüßen.

3.

Die Leitlinien werden es der öffentlichen Hand spürbar erleichtern, Regionalflughäfen finanziell zu unterstützen, die das Ziel verfolgen, zum territorialen Zusammenhalt der EU beizutragen. Angesichts der Bedeutung dieses Aspekts und da die „Leitlinien“ den Effekt einer formalen Verordnung zu haben scheinen, sollten Rat und Parlament hierzu konsultiert werden.

4.

Der Rechtsstreit im Falle Ryanair/Charleroi ist noch nicht beendet, was zu der Sorge Anlass gibt, dass der Ausgang dieses Rechtsstreits den Leitlinien widersprechen könnte, ein Umstand, der zu Verwirrung und Unklarheit führen kann. Es ist nicht klar, ob die Kommission die staatlichen Beihilfen einschränken oder einfach nur transparenter gestaltet haben möchte. Die Anwendung von Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung 659/1999 dürfte nicht zur Umsetzung dieser Leitlinien geeignet sein, und die Kommission muss für die Anwendung dieser Verordnung in diesem Fall Rechtfertigungsgründe und Präzedenzfälle nennen.

5.

In den Leitlinien ist nur an einer Stelle vom Grundsatz des markwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers (MEIP) die Rede. Dieser Grundsatz ist Richtschnur für die Beurteilung von Maßnahmen der öffentlichen Hand, die dem gegenüber gestellt werden, wofür sich ein „vernünftig handelnder“ privater Investor vermutlich entschieden hätte. Danach gelten nur öffentliche Beihilfen, die über das hinausgehen, was Privatunternehmen selbst wohl investiert hätten, als staatliche Beihilfen, und selbst dann könnten gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen die zusätzliche Investition rechtfertigen (z.B. um eine Insel mit dem Festland zu verbinden, selbst wenn die Bereitstellung dieser Verkehrsverbindung ein Verlustgeschäft ist).

6.

Die zeitliche Begrenzung für Anlauf- oder Startbeihilfen für neue Flugverbindungen beträgt 3 bzw. 5 Jahre im Falle kleiner oder abgelegener Flughäfen. Diese Laufzeiten werden in den Leitlinien nicht gerechtfertigt und sind kürzer als die der meisten Geschäftspläne und regionalen Wirtschaftsentwicklungspläne. Niemand würde jedoch unbefristete Subventionen befürworten. Ein vernünftiger Kompromiss könnte deshalb wohl darin bestehen, für eine automatische Überprüfung zu sorgen. Desgleichen erscheint die Festlegung einer Höchstintensität an staatlichen Beihilfen von 50 % ziemlich willkürlich; in manchen Fällen könnte eine höhere Intensiät gerechtfertigt sein.

7.

Der Leitlinienentwurf gibt dem Erstanbieter einer neuen Flugverbindung die Möglichkeit, fünf Jahre lang alle potenziellen Konkurrenten von der betreffenden Strecke fernzuhalten, unabhängig davon, ob spätere Einsteiger einen besseren oder billigeren Dienst oder eine höhere Flugfrequenz anbieten könnten.

8.

Das Verbot von staatlichen Beihilfen für neue Flugverbindungen, wenn ähnliche Verbindungen ausgehend von einem anderen Flughafen, der sich im gleichen wirtschaftlichen Einzugsgebiet oder Bevölkerungseinzugsgebiet befindet, bestehen, dürfte dazu dienen, bestehende Betreiber und Flughäfen (insbesondere staatliche Fluggesellschaften und große Drehkreuzflughäfen) vor der Konkurrenz billigerer Fluggesellschaften, die von kleineren Flughäfen in der Region aus operieren, zu schützen.

9.

Kleine Flughäfen haben eine begrenzte Verwaltungskapazität. Die Verpflichtung dieser Flughäfen zur Anwendung des gesamten Spektrums der EU-Notifizierungsverfahren bedeutet für sie einen Verwaltungsaufwand, der in keinem Verhältnis zu ihrem Einfluss auf dem Binnenmarkt steht. Es sollte an dem De-minimis-Grundsatz festgehalten werden können, wonach Beihilfen unter einer bestimmten Höhe oder Flugverbindungen mit einem Fluggastaufkommen unter einer bestimmten Schwelle nicht der Notifizierungspflicht unterliegen. Es gibt einige regionale Regelungen (z.B. in Schottland), denen zufolge eine einzige Notifizierung für alle unter die jeweilige Regelung fallenden Flughäfen genügt.

10.

Alles in allem sollten die Leitlinien so flexibel wie möglich sein und es gestatten, die staatlichen Beihilfen nach deren Nutzen und von Fall zu Fall behandeln, wenn man den Regionalflughäfen und regionalen Luftfahrtunternehmen bei der Schaffung einer wettbewerbsfähigen und am Zusammenhalt interessierten Europäischen Union behilflich sein will, die frei von allzu großem bürokratischem Aufwand ist.

11.

Das Subsidiaritätsprinzip wird durch die Leitlinien nicht verletzt, obwohl die Sorge besteht, dass die Freiheit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, Regionalflughäfen zu fördern, hierdurch in gewisser Hinsicht beschnitten wird.

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 7. Juli) folgende Stellungnahme:

Die Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.

verlangt, dass die Standpunkte des Rates und des Europäischen Parlaments von der Kommission eingeholt werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird, und dass eine Folgenabschätzung vorgenommen wird;

2.

empfiehlt der Kommission, die Aufstellung ihrer Leitlinien auszusetzen, bis das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens in der Rechtssache Ryanair/Charleroi beim Gerichtshof vorliegt, um so einem etwaigen Widerspruch zwischen den neuen Leitlinien und dem erwarteten Urteil vorzubeugen; er empfiehlt ferner, die Leitlinien zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten zu überprüfen;

3.

spricht sich dafür aus, nur diejenigen (nach dem Single-Till-Prinzip) von der öffentlichen Hand gewährten Beihilfen, die höher sind als das, was von einem privaten Investor investiert worden wäre, als nichtzulässige staatliche Beihilfen zu werten (Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers); außerdem empfiehlt er, staatlichen Flughäfen ebenso wie privaten Flughäfen zu gestatten, in den ersten Jahren Verluste zu machen;

4.

schlägt vor, staatliche Beihilfen für neue Flugverbindungen nach Ablauf der Drei- oder Fünfjahresfrist automatisch zu überprüfen und ggf. eine oder mehrere (wiederum zeitlich begrenzte) Verlängerungen zu gestatten, über die jeweils von Fall zu Fall zu entscheiden wäre;

5.

lehnt den Vorschlag ab, dem Erstanbieter einer neuen Flugverbindung faktisch zu gestatten, die betreffende Strecke „einzufrieren“, indem potenziellen Konkurrenten bis zu fünf Jahre lang der Zugang dazu verwehrt wird;

6.

lehnt das Verbot von staatlichen Beihilfen für neue Flugverbindungen ab, wenn eine ähnliche Verbindung ausgehend von einem anderen Flughafen (z.B. einem Drehkreuzflughafen), der sich im gleichen wirtschaftlichen Einzugsgebiet befindet, besteht; außerdem schlägt er vor, den Begriff des „wirtschaftlichen Einzugsgebiets“ zu klären;

7.

schlägt vor, die Flughäfen der Kategorien C und D von der Notifizierungspflicht zu befreien; wenn allerdings nur Flughäfen der Kategorie D befreit werden, dann sollte diese Kategorie auf Flughäfen mit bis zu 2 Millionen Fluggästen pro Jahr ausgedehnt werden; in Absatz 92 Buchstabe c) der Leitlinien sollte im Hinblick auf den territorialen Zusammenhalt ausdrücklich auf die besonderen Bedürfnisse der in Inselregionen befindlichen Flughäfen der Kategorien C und D Bezug genommen werden.

8.

empfiehlt die allgemeine Zugrundelegung des De-minimis-Grundsatzes und des Grundsatzes der „stillschweigenden Genehmigung“ bei allen Leitlinien, wozu auch die Praxis einer einzigen Notifizierung bei regionalen Regelungen für jeweils mehrere Flughäfen gehört.

Brüssel, den 7. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 256 vom 24.10.2003, S. 47.

(2)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 38.

(3)  ABl. C 318 vom 22.12.2004, S. 7.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/25


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung“

(2006/C 31/07)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses des Europäischen Parlaments vom 21. April 2005, ihn gemäß Artikel 265 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zur „Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung“ zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 19. Mai 2005, die Fachkommission für Kohäsionspolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf das Non-Paper der Europäischen Kommission, GD Wettbewerb zur Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung („Regionalleitlinien“);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ (KOM(2004) 107 endg.);

gestützt auf den Vorschlag für eine VERORDNUNG DES RATES mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (KOM(2004) 492 endg. — 2004/0163 (AVC)) und die anderen Vorschläge für Verordnungen der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem Kohäsionsfonds (KOM(2004) 494 endg. — 2004/0166 (AVC)) und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) (KOM(2004) 495 endg. — 2004/0167 (COD));

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung „Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ (CdR 120/2004 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema „Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen –Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union — 2007-2013“ (CdR 162/2004 fin);

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Barcelona und Göteborg, in denen die Mitgliedstaaten den Kompromiss vereinbarten, die Höhe der staatlichen Beihilfen in der Europäischen Union zu verringern und sie auf Themen von gemeinsamem Interesse einschließlich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts auszurichten;

gestützt auf den von der Fachkommission für Kohäsionspolitik am 29. April 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 77/2005 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Vicente Alvarez Areces, Präsident der autonomen Region Asturien (ES/SPE));

in Erwägung folgender Gründe:

1)

In Artikel 158 des EG-Vertrags wird das Kohäsionsziel definiert: „Die Gemeinschaft entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern.“ Durch Artikel III 220 des Vertrags über eine Verfassung für Europa wird dieses Ziel um die territoriale Dimension erweitert.

2)

Obwohl staatliche Beihilfen aus Sicht des EG-Vertrags generell den Wettbewerb verfälschen (2), sind die Beihilfen mit regionaler Zielsetzung dadurch gerechtfertigt, dass sie für konkrete Regionen bestimmt sind und als spezifisches Ziel die Entwicklung dieser Regionen haben (3).

3)

Die Existenz eines Rechtsrahmens für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung kann ein geeignetes Mittel sein, um im Kontext des Projekts Europa im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zum Ausgleich der Verteilung von Einkommen und Wohlstand auf dem Gebiet der Europäischen Union beizutragen und auf diese Weise eine bessere Basis für nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen.

4)

Da die Regionalbeihilfen einen Faktor darstellen, der — wenn auch nicht für sich allein genommen — die Wahl des Investitionsstandortes beeinflusst, und das Phänomen der Betriebsverlagerungen sowohl im europäischen Binnenmarkt als auch weltweit auftritt, muss das Eingreifen der Behörden mittels staatlicher Beihilfen von einer zweifachen Perspektive aus untersucht werden: im europäischen Zusammenhang und unter dem Gesichtspunkt der Globalisierung;

5)

Die Regionalbeihilfen können mit Blick auf die Erreichung der Ziele von Lissabon und Göteborg ein geeignetes Mittel darstellen, um zur ausgewogenen Entwicklung der Industriepolitik in der ganzen EU beizutragen und nachhaltiges Wachstum und die Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze zu erreichen.

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 7. Juli) folgende Stellungnahme:

I.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

1.   Allgemeine Bemerkungen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

ist der Ansicht, dass staatliche Regionalbeihilfen unter dem Gesichtspunkt der Erreichung der in Artikel 158 des EG-Vertrags enthaltenen Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ein Instrument sind, das von den Behörden genutzt werden kann, um ihre Wirtschafts- und Unternehmenspolitik zu entwickeln. Diese anerkannte Fähigkeit der Behörden sollte koordiniert werden, um eine Verschärfung der Ungleichgewichte zwischen Ländern und Regionen zu verhindern;

1.2

ist der Auffassung, dass zweckgerichtetere staatliche Beihilfen drei klare Ziele haben sollten:

a.

Marktversagen entgegenzuwirken und zugleich den Wettbewerb nicht zu verzerren,

b.

zur Verringerung des Ungleichgewichts zwischen Gebieten beizutragen,

c.

die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Gebieten zu fördern.

Während sich die Regionalbeihilfen für das erste und zweite der vorgenannten Ziele als effektiv erwiesen haben, wie aus den der Europäischen Kommission vorliegenden Studien hervorgeht, könnten für das dritte Ziel selektivere Beihilfen erforderlich sein, wie beispielsweise die horizontalen Beihilfen (FuE, Umwelt, Ausbildung, Beschäftigung, KMU usw.). Alle diese Beihilfearten sollten jedoch hinsichtlich ihrer Ziele und ihrer Einsetzung koordiniert und auf die Erreichung der Kohäsionsziele in der gesamten EU gesteuert werden;

1.3

ist überzeugt, dass sämtliche Beihilfen, die in einem bestimmten Gebiet gewährt werden können, Bestandteil von strategischen Plänen für die regionale Entwicklung sein müssen, in denen diejenigen Vorhaben Priorität erhalten, die einen deutlichen Einfluss auf die Belebung der regionalen Entwicklung haben. Diese Beihilfen haben — zusammen mit anderen wirtschaftlichen und unternehmensbezogenen Faktoren — einen Einfluss auf den Standort von Unternehmen und die Verbesserung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit;

1.4

vertritt den Standpunkt, dass die Kohäsionspolitik in den letzten Jahren positive Ergebnisse gezeitigt hat und dass die Regionalleitlinien neben den Leitlinien für multisektorale Beihilfen im Rahmen von Investitions-Großprojekten zur Erreichung der Ziele der europäischen Regionalpolitik beigetragen haben. Daher ist die Rolle der Europäischen Kommission bei der Überwachung der von den staatlichen Behörden gewährten Beihilfen für weniger wohlhabende Regionen von großer Bedeutung;

1.5

ist der Meinung, dass die europäischen Regionen — um eine ausgewogene Entwicklung der verschiedenen Gebiete in der EU zu erreichen — entsprechend den beiden Hauptproblemen, mit denen sie konfrontiert sind, in zwei Gruppen eingeteilt werden können:

Regionen, die besondere Schwierigkeiten damit haben, die wirtschaftliche Entwicklung und das Konvergenzziel auf europäischer Ebene zu erreichen;

Regionen, die über mehr Einkommen und Wohlstand als die vorgenannten Regionen verfügen und ihre Wettbewerbsfähigkeit sowohl in Bezug auf wettbewerbsfähigere Regionen in Europa als auch weltweit steigern müssen.

a)   Bewertung der staatlichen Beihilfen in den letzten Jahren

Der Ausschuss der Regionen

1.6

stellt fest, dass verschiedene Studien gezeigt haben, dass das Beihilfevolumen in den weniger entwickelten Regionen in den letzten Jahren eine rückläufige Tendenz aufwies, während die wettbewerbsfähigeren Regionen die Unterstützung für ihre Unternehmen durch die Entwicklung verschiedener Systeme von staatlichen Beihilfen, auf die in den verschiedenen im EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmen Bezug genommen wird, aufstocken. Dies hat sowohl durch den merklichen Effizienzverlust der Regionalbeihilfen als auch durch die Zunahme des Gesamtvolumens der öffentlichen Ausgaben an staatlichen Beihilfen auf Gemeinschaftsebene nachteilige Wirkungen gezeitigt.

b)   Regeln

Der Ausschuss der Regionen

1.7

unterstützt die von der Kommission im Rahmen der Reform der Regionalleitlinien verabschiedeten allgemeinen Grundsätze, d.h.:

Konzentration auf die ärmsten Regionen (in der EU-25);

Wettbewerbsfähigkeit aller Regionen gemäß der neubelebten Lissabon-Strategie;

Kontinuität, mit einem allmählichen Übergang von der derzeitigen zur neuen Regelung;

möchte jedoch einen weiteren Grundsatz einführen, nämlich den der:

Komplementarität mit den künftigen Strukturprogrammen;

1.8

ist überzeugt, dass die Regionalleitlinien einen Regelungsrahmen für die Koordinierung anderer Regeln für horizontale und sektorale Beihilfen darstellen und als Referenz für die Beantwortung der diversen bei der Anwendung der Regeln für staatliche Beihilfen häufig aufgeworfenen Fragen dienen. Die Überprüfung der übrigen staatlichen Förderinstrumente muss entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm und Barcelona im Hinblick darauf erfolgen, dass sie auf die Verwirklichung des Kohäsionsziels hinwirken und zur Senkung der Gesamthöhe staatlicher Beihilfen auf gemeinschaftlicher Ebene beitragen;

1.9

ist der Ansicht, dass der Kommissionsvorschlag zur Eingliederung der neuen Regionalleitlinien in eine Verordnung über die Ausnahme von der Mitteilungspflicht dazu dienen könnte, Regeln über staatliche Beihilfen wie gewünscht zu klären und zu vereinfachen; empfiehlt jedoch, dass in den neuen Regeln die Kriterien, Anforderungen und Grenzen für finanzierbare Investitionen eindeutig festgelegt werden sollten;

1.10

ist der Meinung, dass der Vorschlag zur Eingliederung der EU-Leitlinien für multisektorale Beihilfen im Rahmen von Investitions-Großprojekten in die Regionalleitlinien zur Vereinfachung der geltenden Regeln beitragen könnte.

c)   Neue im Kommissionsvorschlag festgelegte Schwellen

Der Ausschuss der Regionen

1.11

macht auf den Vorschlag der Kommission über Höchstschwellen für Beihilfen aufmerksam, der auf der Verpflichtung beruht, die von den Mitgliedstaaten auf den Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Stockholm und Barcelona eingegangen wurde; ist jedoch der Auffassung, dass der in dem Konsultationsdokument der Kommission enthaltene Vorschlag einer generellen Senkung der Höchstschwellen für Beihilfen — insbesondere in einigen Regionen — nicht mit den ehrgeizigen Zielen der Lissabon-Strategie und den aufgrund der Auswirkungen der Erweiterung erforderlichen Kohäsionsbemühungen kompatibel ist; vertritt den Standpunkt, dass das Ziel einer Reduzierung des Beihilfenniveaus insgesamt auf eine Weise erreicht werden könnte, die enger mit dem politischen Projekt Europa zusammenfällt, indem die Beihilfen auf ausgewähltere Querschnittskriterien bzw. Kriterien des Zusammenhalts umorientiert werden, wie dies auf den Gipfeltreffen des Europäischen Rates festgelegt wurde;

1.12

ist überzeugt, dass die Senkung der Höchstschwellen für Beihilfen unter Berücksichtigung verschiedener, die regionale wirtschaftliche Entwicklung beeinflussender Kriterien gestaffelt werden sollte;

1.13

ist der Meinung, dass die Kommission Übergangsmaßnahmen für staatliche Regionalbeihilfen ins Auge fassen muss, die mit der neuen wirtschaftlichen Lage der Regionen und den neuen Zielen der europäischen Kohäsionspolitik im Einklang stehen. Damit wird erreicht, dass die Regionen, die sich in einem Übergangsstadium zwischen einem Förderstatus zu einem anderen befinden, auf eine schrittweise Reduzierung zählen können, die ihnen dabei hilft, den Verlust ihrer Fähigkeit zur Nutzung der staatlichen Beihilfen als Instrument der regionalen Entwicklungspolitik zu bewältigen;

1.14

ist der Ansicht, dass der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt in der gesamten EU nur erreicht werden kann, wenn verschiedenartigen Situationen auf unterschiedliche Weise begegnet wird. In diesem Kontext könnten die Regionalbeihilfen dazu beitragen, die ungünstige Situation bestimmter Gebiete Europas auszugleichen.

Indikatoren:

1.15

unterstreicht die Tatsache, dass die Kommission die in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EGV festgelegte Einstufung der Regionen auf der Grundlage des Bruttoinlandsprodukts als Mittel zur Angleichung der Kriterien und Karten an die Zuteilungskriterien der Strukturfonds beibehält;

1.16

ist der Ansicht, dass nicht geförderte Regionen entsprechend ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingestuft werden sollten. Um ihr Wettbewerbsfähigkeitsniveau zu bestimmen, könnten andere als der traditionell herangezogene Indikator BIP verwendet werden. Er gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, ob es dem Wortlaut von Artikel 87 EGV und den Zielen der europäischen Kohäsionspolitik nicht viel eher entsprechen würde, die Beschäftigungsquote der Regionen als Indikator hinzuzunehmen; in den Lissabon-Vereinbarungen ist der als Ziel gesetzte Indikator nämlich die Beschäftigungsquote. Die Kommission könnte jedoch die Verwendung anderer Indikatoren wie der Arbeitslosenquote, der demografischen Alterung und der Kapazität für FuE prüfen.

Netto-/Bruttosubvention:

1.17

vertritt die Auffassung, dass durch den Vorschlag der Kommission, als Grundlage für die Höchstsätze der Beihilfen die Bruttosubvention heranzuziehen (im Gegensatz zum vorhergehenden Zeitraum, in dem die unterschiedlichen Besteuerungssysteme über die Formel des Nettosubventionsäquivalents (NSÄ) berücksichtigt wurden), das Gesamtvolumen an Beihilfen nicht — wie es die Kommission behauptet — abnimmt, sondern die Differenz zwischen den Beihilfen, die Unternehmen zufließen können, vielmehr zunimmt, und zwar nicht unter Berücksichtung der Kohäsionskriterien, sondern der Besteuerungssysteme in den verschiedenen Ländern. Hierbei ist anzumerken, dass die Steuerlast in den Mitgliedstaaten der EU-25 erheblich variiert;

1.18

ist der Meinung, dass durch den Vorschlag der Kommission, als Grundlage für die Höchstsätze der Beihilfen die Bruttosubvention heranzuziehen (im Gegensatz zum vorhergehenden Zeitraum, in dem die unterschiedlichen Besteuerungssysteme über die Formel des Nettosubventionsäquivalents (NSÄ) berücksichtigt wurden), das Gesamtvolumen an Beihilfen nicht — wie es die Kommission behauptet — abnimmt, sondern die Differenz zwischen den Beihilfen, die Unternehmen zufließen können, vielmehr zunimmt, und zwar nicht unter Berücksichtung der Kohäsionskriterien, sondern der Besteuerungssysteme in den verschiedenen Ländern. Hierbei ist anzumerken, dass die Steuerlast in den Mitgliedstaaten der EU-25 erheblich variiert;

2.   Gebiete, die unter die in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EGV genannte Ausnahme fallen könnten

Der Ausschuss der Regionen

2.1

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission vorschlägt, die Höchstgrenzen für staatliche Beihilfen zu senken und das Pro-Kopf-BIP nach drei Kategorien zu unterteilen, einschließlich Prämien für kleine und mittlere Unternehmen; schlägt vor, diesen Vorschlag so zu ändern, dass die Reduzierung der staatlichen Beihilfen insgesamt weniger durch eine Senkung der Höchstgrenzen für Beihilfen als durch die Ausrichtung der Beihilfen an selektiveren (horizontalen und kohäsionsbezogenen) Kriterien erreicht wird;

2.2

schlägt vor, diesen verschiedenen Situationen besondere Aufmerksamkeit zu schenken (4);

2.3

stimmt der von der Kommission vorgeschlagenen Behandlung der Regionen in äußerster Randlage als Ergänzung zu den im Vertrag über eine Verfassung für Europa vorgesehenen Maßnahmen (Aufnahme unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) zu;

2.4

hält jedoch fest, dass die Kommission die Situation derjenigen Regionen wie Insel- und Bergregionen, Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte, ländliche Gebiete oder Grenzregionen oder vom industriellen Wandel betroffene Gebiete nicht gesondert berücksichtigt hat, die aufgrund ihrer Strukturbedingungen in ihrer Entwicklung beeinträchtigt sind;

2.5

legt dar, dass die Regionen, die vom statistischen Effekt der Erweiterung betroffen sind, für die Dauer des Programmzeitraums (5) unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a aufgenommen werden sollten; erinnert daran, dass das Konvergenzziel der neuen Kohäsionspolitik der Kommission auf die weniger entwickelten Länder und Regionen abzielt, darunter die vom statistischen Effekt der Erweiterung betroffenen Regionen;

2.6

ist der Auffassung, dass die Schwelle von 75 % des Pro-Kopf-BIP für Länder, die vom statistischen Effekt betroffen sind, in Bezug auf staatliche Beihilfen analog zu Artikel 5 des Verordnungsvorschlags über allgemeine Bestimmungen für die Strukturfonds nicht gelten sollte. Auf diese Weise würde eine völlige Übereinstimmung zwischen dem in den Kommissionsvorschlägen enthaltenen Konvergenzziel und der Palette staatlicher Beihilfen mit regionaler Zielsetzung erreicht, bei der sich die vom statistischen Effekt betroffenen Regionen von den anderen unter dem Ziel „Konvergenz“ förderfähigen Regionen nur durch einen niedrigeren Beihilfesatz entsprechend der geringeren Mittelbereitstellung aus den Strukturfonds unterscheiden würden.

2.7

Andernfalls würden diese Regionen noch zusätzlich bestraft, da ihre Einstufung unter die Regionen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c oder a sich im Rahmen der geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen nicht nur auf die Beihilfesätze (siehe Ziffer 2.12) auswirkt. Ferner würde dies Probleme bei ihrer Eingliederung in die Ausgestaltung der Interventionsformen der Strukturfonds im Zusammenhang mit dem Konvergenzziel mit sich bringen — bis hin zur Aufnahme von Regionen mit Beihilfesystemen, die unter unterschiedliche Absätze von Artikel 87 EGV fallen.

a)   Prämien für bestimmte Regionen:

Der Ausschuss der Regionen

2.8

ist der Meinung, dass auch Prämien für andere Regionen mit naturbedingten, geografischen oder demografischen Nachteilen in Betracht gezogen werden sollten:

ländliche Gebiete;

vom industriellen Wandel betroffene Gebiete;

Gebiete mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie:

die nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte;

Inselregionen;

Grenzregionen;

Bergregionen.

b)   Betriebsbeihilfen:

Der Ausschuss der Regionen

2.9

weist darauf hin, dass es in den derzeitigen Regionalleitlinien heißt: „In Ausnahmefällen reichen solche Beihilfen nicht aus, um einen regionalen Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, weil die strukturellen Nachteile des betreffenden Gebiets zu umfassend sind.“ Nur in diesen Fällen dürfen Regionalbeihilfen durch Betriebsbeihilfen ergänzt werden  (6);

2.10

erinnert daran, dass die Gegebenheiten, die bewertet werden müssen, um festzulegen, ob strukturelle Nachteile „zu umfassend“ sind, in Artikel III-220 des Verfassungsvertrags genannt werden;

2.11

stellt fest, dass die Regionen in äußerster Randlage und die Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte in dem Vorschlag über neue Regionalleitlinien von dem allgemeinen Verbot von Betriebsbeihilfen ausgenommen sind. Andere eindeutig strukturelle Nachteile wie die von Insel-, Grenz- oder Bergregionen werden jedoch nicht erwähnt. Im Falle dieser Regionen mit dauerhaften Nachteilen wäre es konsequent, auf die Forderung, dass die Betriebsbeihilfen degressiv gestaffelt oder zeitlich befristet sein müssen, zu verzichten.

c)   Weitere Konsequenzen für Regionen, die nicht mehr unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a eingestuft werden

Der Ausschuss der Regionen

2.12

unterstreicht, dass durch den Wegfall der Einstufung bestimmter Regionen unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a nicht nur die Beihilfesätze reduziert werden, sondern auch die Ratenprämien in verschiedenen horizontalen und sektoralen Rahmen verloren gehen und Ausnahmen von bestimmten Verboten oder Begrenzungen wie etwa für Betriebsbeihilfen, Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten, Ad-hoc-Beihilfen usw. wegfallen;

2.13

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob Regionen mit natürlichen, strukturellen oder demografischen Nachteilen, die nicht mehr unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a eingestuft werden, von der günstigeren Behandlung profitieren könnten, die solchen Regionen gewährt wird;

3.   Gebiete, die unter die in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EGV genannte Ausnahme fallen könnten

Der Ausschuss der Regionen

3.1

begrüßt die Tatsache, dass die Kommission willens ist, den Prozentsatz der Bevölkerung, die in den unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c fallenden Regionen lebt, dadurch anzupassen, indem sie alle diejenigen Regionen mit aufnimmt, die nicht mehr unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a fallen; ist jedoch der Meinung, dass die Regionen, die vom statistischen Effekt der Erweiterung betroffen sind, im Grunde durch Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a abgedeckt sind und daher nicht in diesen Abschnitt aufgenommen werden sollten;

3.2

erinnert erneut daran, dass — wie es in der AdR-Stellungnahme zu der Mitteilung „Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ heißt — „alle Regionen mit ‚natürlichem Fördereffekt‘ (Regionen, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Wachstums nicht mehr unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a fallen) während der Förderphase aus Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a herausgenommen und Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c zugeordnet werden“ sollen. Bei diesem Übergang müsste die Staffelung und Intensität der Beihilfen an die Beihilfen angepasst werden, die für die vom statistischen Effekt betroffenen Regionen vorgesehen sind;

3.3

ist der Auffassung, dass unter den Regionen, die von der Ausnahme in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c (Regionen, die ihren Förderstatus nach Buchstabe a verlieren) abgedeckt sind, folgende konkrete Fälle in Betracht gezogen werden sollten:

Regionen, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a abgedeckt werden, sobald die unter Ziffer 3.2 genannte Förderphase abgeschlossen ist;

Regionen, die ihren Förderstatus nach Buchstabe a verloren haben und folgende Merkmale aufweisen:

Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte;

Inseln, Grenz- oder Berggebiete;

ländliche Gebiete und vom industriellen Wandel betroffene Gebiete;

3.4

ist der Auffassung, dass diesen Regionen Prämien zugute kommen sollten, die über der Höchstschwelle für allgemeine Beihilfen liegen;

3.5

ersucht darum, dass Gebiete, die eine schwere wirtschaftliche Krise durchlaufen, vorübergehend unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c förderfähig werden; dies würde sich auf Situationen beziehen, die mit umfangreichen Umstrukturierungsmaßnahmen einhergehen (wie etwa der Schließung eines Großunternehmens mit einer großen Zahl von Arbeitsplatzverlusten);

3.6

ersucht außerdem darum, dass die Regionen, die einige der vorgenannten Nachteile aufweisen und deren Pro-Kopf-BIP nicht über 100 % liegt bzw. deren Beschäftigungsquote außergewöhnlich niedrig ist, vorübergehend Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c zugeordnet werden. Die Kommission sollte die regionalen Wirtschaftsindikatoren unter Berücksichtigung des Wirtschaftswachstums und der Arbeitslosenquote regelmäßig überarbeiten, um die Ausweisung der geförderten Regionen zu Zwecken der Regionalleitlinien zu aktualisieren;

3.7

gibt seinem Wunsch Ausdruck, dass sowohl dünn besiedelte Gebiete als auch Inseln, die nicht unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a fallen, in die nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c förderfähigen Gebiete aufgenommen werden und dass Betriebsbeihilfen für den Verkehrssektor, auch wenn sie nicht degressiv gestaffelt oder zeitlich befristet sind, zugelassen werden;

3.8

ist der Auffassung, dass die unterschiedlichen Probleme in den einzelnen Regionen nach verschiedenen Kriterien beurteilt werden sollten, um das Wettbewerbs- und Wirtschaftsentwicklungspotenzial der jeweiligen Region zu messen, und dass die staatlichen Beihilfen im Einklang mit diesen Kriterien flexibel gewährt werden sollten.

4.   Gebiete, die unter das Ziel regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung fallen

Der Ausschuss der Regionen

4.1

begrüßt die Entscheidung der Kommission, anstatt eines auf ausgewählten geografischen Gebieten basierenden Konzepts einen themenspezifischen Ansatz zu verfolgen, um eine Übereinstimmung zwischen der Wettbewerbs- und der Regionalpolitik und den Zielen von Lissabon und Göteborg zu erreichen;

4.2

mahnt — in Bezug auf die Bestimmung, dass Regionen, die von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a und c ausgeschlossen sind, in Einklang mit den auf den letzten Gipfeltreffen des Europäischen Rates festgelegten Zielen für horizontale Beihilfen in Frage kommen können -, dass wirtschaftliche Situationen und territoriale Unterschiede eventuell berücksichtigt werden müssen, um die Ziele der Regionalpolitik zu erreichen;

4.3

schlägt deshalb vor, Regionen entsprechend ihrem Wettbewerbsfähigkeitsniveau einzustufen, damit die horizontalen Beihilfen gestaffelt bezogen werden können;

4.4

vertritt die Ansicht, dass im Bemühen um echte Kohärenz zwischen der Wettbewerbs- und der Regionalpolitik die Kriterien für die territoriale Einstufung nicht geförderter Regionen in den neuen Regionalleitlinien abgehandelt werden sollten und dass die horizontalen Rahmen auf der Grundlage der in den Regionalleitlinien erstellten Einstufung eine günstigere Behandlung von Regionen mit niedrigeren Wettbewerbsfähigkeitsniveaus ermöglichen sollten. Diese günstigere Behandlung könnte Prämien beinhalten, die über die in den horizontalen Rahmen vorgesehenen Beihilfeschwellen hinausgehen;

4.5

lenkt die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Tatsache, dass die einzige in ihrem jüngsten Vorschlag über Höchstschwellen für Regionalbeihilfen in Betracht gezogene Prozentsatzerhöhung diejenige für kleine und mittlere Unternehmen in nicht förderfähigen Regionen war. Dies steht im Gegensatz zu der für bestimmte förderfähige Gebiete (insbesondere diejenigen, die vom statistischen und natürlichen Effekt betroffen sind) geplanten erheblichen Reduzierung;

4.6

ist der Meinung, dass die im Vertrag definierten kohäsionspolitischen Ziele je nach den tatsächlich vorhandenen unterschiedlichen Situationen und Problemen eine differenzierte Behandlung erfordern; fordert die Kommission auf, die für jede Region erforderliche differenzierte Behandlung jeweils entsprechend ihrem Entwicklungsstand und ihrer Wettbewerbsfähigkeit festzulegen;

4.7

verweist auf den Fall nicht geförderter Regionen, die über eine Landgrenze mit einem anderen, geförderten Gebiet verfügen; ersucht darum, dass in solchen Fällen nicht nur differenzierte Höchstbeihilfesätze zwischen Nachbarregionen festgelegt, sondern auch andere Parameter zum Vergleich der wirtschaftlichen Kapazitäten und Wettbewerbsfähigkeit der Regionen in Betracht gezogen werden. Dadurch würden Situationen vermieden, die mit der europäischen Kohäsionspolitik unvereinbar sind;

4.8

fordert die Festlegung von Höchstgrenzen für das Volumen der staatlichen Beihilfen insgesamt entsprechend dem Niveau der regionalen Wettbewerbsfähigkeit. Diese Zahl könnte im Verhältnis zum Pro-Kopf-BIP oder zur Bevölkerungsgröße festgelegt werden.

5.   Regionalbeihilfen und horizontale Rahmen

Der Ausschuss der Regionen

5.1

ersucht darum, dass zur Erfüllung der strategischen Ziele von Lissabon und Göteborg horizontale Beihilfen (FuE, Umwelt, Beschäftigung, Ausbildung, KMU usw.) aufgestockt werden sollten, und zwar insbesondere in Regionen mit einem niedrigen Wirtschaftsentwicklungs- oder Wettbewerbsfähigkeitsniveau; zu diesem Zweck sollte der Koordinierung der verschiedenen Regeln für die regionalen und horizontalen Beihilfen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden;

5.2

fordert, dass sowohl für geförderte als auch nicht geförderte Regionen gestaffelte und mit den unterschiedlichen regionalen Situationen in Einklang stehende Prämien in Betracht gezogen werden sollten, die über den in den verschiedenen Rahmen für horizontale Beihilfen vorgesehenen Schwellen liegen, wobei den Zentren für technologische Innovation besondere Aufmerksamkeit geschenkt und größere Flexibilität gewährt werden sollte;

5.3

ist der Auffassung, dass De-minimis-Beihilfen, Niedrigsatz-Beihilfen bzw. Beihilfen mit geringen Auswirkungen auf den Gemeinschaftshandel nicht von sich aus niedrigen Entwicklungsniveaus in einer bestimmten Region abhelfen können; im Gegenteil: Diese Art der Beihilfe kann in einem höheren Maße in Ländern oder Regionen verwendet werden, die über eine größere finanzielle Kapazität und somit höhere Wohlstandsindikatoren verfügen;

5.4

schlägt daher vor, dass die Europäische Kommission die Auswirkungen dieser Art der Beihilfe auf die regionale Entwicklung untersucht und berücksichtigt.

6.   Sektorale Beihilfen und regionale Entwicklung

Der Ausschuss der Regionen

6.1

unterstreicht die Tatsache, dass die in einigen Sektoren gewährten Beihilfen besondere Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen haben; dies trifft beispielsweise auf den Verkehrssektor zu; macht auf die Beihilfen für Billigfluggesellschaften oder den Seeverkehr aufmerksam, die die Entwicklung von Regionen mit größeren wirtschaftlichen Problemen, die häufig auf geografische Hemmnisse zurückzuführen sind, fördern können;

6.2

schlägt vor, besondere Anstrengungen auf diesem Gebiet zu unternehmen, um sämtliche Beihilfen, die eine Auswirkung auf die regionale Entwicklung haben, effizient zu koordinieren und damit eine günstige Behandlung aller sektoralen Beihilfen zu gewährleisten, die in weniger entwickelten, weniger wettbewerbsfähigen Regionen gewährt werden;

6.3

begrüßt die Bemühungen der Europäischen Kommission um Entwicklung des Regelungsrahmens von staatlichen Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Es wäre auch für weniger wohlhabende Regionen sowie für Regionen mit schweren und dauerhaften natürlichen und geografischen Nachteilen wünschenswert, dass sie über einen günstigeren Rahmen für die Entwicklung ihrer Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sowie über eine eindeutige und erschöpfende Auflistung von Dienstleistungen, die von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind — im Gegensatz zu Dienstleistungen, die keine solche Bedeutung haben — verfügten;

6.4

ist der Auffassung, dass die Ausnahme der Ausgleichszahlungen für die Übernahme der Gemeinwohlverpflichtungen von der Mitteilungspflicht auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ausgeweitet werden sollte, die mit den grundlegenden Aufgaben der Behörden identisch sind, und insbesondere Sozialwohnungen, öffentliche Krankenhäuser, das Bildungswesen und Dienstleistungen von allgemeinem sozialen Interesse betreffen. Die Kommission sollte die für die Mitteilung geltenden Schwellen anheben. Diese Mitteilung sollte im Nachhinein erfolgen. Dadurch würde sich der formelle Behördenweg nicht negativ auf die Erbringung notwendiger Dienstleistungen auswirken, die ansonsten behindert würden.

7.   Beihilfearten

Der Ausschuss der Regionen

7.1

erinnert daran, das die Regionalbeihilfen als Direktbeihilfen für Investitionen oder als investitionsgebundene Beschäftigungsbeihilfen gewährt werden. Es haben sich jedoch auch andere Unterstützungsmodalitäten als besonders nützlich erwiesen, um die unternehmerische Initiative und produktive Investitionen zur Verbesserung des wirtschaftlichen Klimas zu fördern; dies ist für Kapitalbeteiligungen an Unternehmen, regionale Risikokapitalfonds, Unternehmensinkubatoren, Bürgschaften, erschwingliche Gewerbeflächen (insbesondere in Regionen, in denen diese sehr teuer sind) usw. der Fall;

7.2

fordert die Kommission auf, die Hinzunahme neuer Formen der Unterstützung für die Regionalbeihilfen in Betracht zu ziehen, mit der die Verwendung der öffentlichen Gelder optimiert würde und die geringere Wettbewerbsauswirkungen hätten.

8.   Beihilfen und Betriebsverlagerungen

Der Ausschuss der Regionen

8.1

nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Vorschlag für die neuen Strukturfondsverordnungen der Gemeinschaft die Anforderung einführt, Investitionen für sieben Jahre aufrechtzuerhalten, wobei der Anspruch auf Gemeinschaftsbeihilfen verwirkt wird, wenn das Empfängerunternehmen den Standort vor Ablauf dieses Zeitraums in ein anderes Gebiet verlagert. Ausnahmen könnten je nach den technologischen Merkmalen der verschiedenen Sektoren gemacht werden.

9.   Definition von Erstinvestition

Der Ausschuss der Regionen

9.1

ist der Auffassung, dass es ebenso wichtig ist, Unternehmen, die bereits in einem Gebiet angesiedelt sind, zu konsolidieren, wie neue Unternehmen anzuziehen. Daher sollte vermieden werden, dass Unternehmen, die in einem bestimmten Gebiet bereits etabliert sind und in eine Erweiterung und Konsolidierung investieren, eine ungünstigere Behandlung erhalten als Unternehmen mit ähnlichen Investitionsprojekten, die sich im selben Gebiet niederlassen wollen. Außerdem werden die Unternehmen — wenn die Unterstützung nur für die anfängliche Unternehmensgründung gewährt wird — möglicherweise zu einer Standortverlagerung ermutigt;

9.2

ist der Auffassung, dass Kosten für den Erwerb und die Entwicklung von Gewerbeflächen je nach den physischen Merkmalen der Fläche von einer Region zu einer anderen stark variieren und es daher besser wäre, die Finanzierung der flächenbezogenen Kosten nicht zu verbieten, sondern sie in Regionen, in denen der Erwerb und die Entwicklung von Flächen usw. ein wesentlicher Faktor sind, als Teil der geplanten Gesamtinvestitionssumme zu begrenzen;

9.3

schlägt ferner vor, Systeme oder Quoten für immaterielle Investitionen einzuführen, um den Höchstumfang der Finanzierung im Verhältnis zur Gesamtinvestition zu begrenzen.

II.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen fordert

1.

die Reform der Regionalbeihilfen, um ihren Gesamtumfang entsprechend den Vorgaben der Europäischen Räte von Stockholm und Barcelona zu verringern und sie im Einklang mit den Kohäsionszielen neu auszurichten, und zwar durch eine Berücksichtigung der verschiedenen regionalen Situationen und der von der EU festgelegten Prioritäten. Die Verringerung des Gesamtumfangs der Regionalbeihilfen kann durch gerechtere Mittel herbeigeführt werden als durch eine allgemeine Senkung der Höchstbeträge;

2.

ein Festhalten am Konzept des Nettosubventionsäquivalents bei der Berechnung der Regionalbeihilfen;

3.

die Erwägung von Übergangszeiträumen für Fälle, in denen Regionen, die zuvor unter Buchstabe a fielen und nun unter Buchstabe c eingestuft werden. In diesen Fällen wird vorgeschlagen, die Beihilfen so zu staffeln, dass verhindert wird, dass diese Gebiete den Preis für die Erweiterung zahlen (Gebiete, die vom statistischen und natürlichen Effekt betroffen sind). Auch für Gebiete, die unter Buchstabe c fallen und solche, die diesen Status verlieren, wird eine bessere Behandlung gefordert, wobei jedoch die Obergrenze der durch Regionalbeihilfen begünstigten Bevölkerung berücksichtigt werden muss;

4.

die Erstellung objektiver Kriterien und stichhaltiger rechtlicher Argumente für die Einteilung von Regionen und die Staffelung von Regionalbeihilfen entsprechend den Kohäsionskriterien;

5.

die Festlegung von Einstufungskriterien, um den spezifischen Merkmalen jeder Region unabhängig von ihrer geografischen Lage Rechnung zu tragen. Diese Einstufung sollte an die Fortschritte angepasst werden, die von den einzelnen Regionen im Laufe der Zeit erreicht werden;

6.

die Gewährung von Ratenprämien für Regionen mit natürlichen, demografischen oder strukturellen Nachteilen, unabhängig davon, ob sie Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a oder Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag zugeordnet sind;

7.

die Einführung von Prämien, die in den horizontalen Rahmen für Regionen entsprechend ihrem Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeitsniveau (geförderte und nicht geförderte Regionen) zu berücksichtigen sind;

8.

die Koordinierung der Regionalleitlinien mit horizontalen Beihilfen und den vorrangigen Zielen der Lissabon-Agenda;

9.

die Aufnahme kohärenter Kriterien in die Regionalleitlinien, die sich auf Beihilfen für Sektoren beziehen, die bei der regionalen Entwicklung eine Schlüsselrolle spielen;

10.

die Durchführung von Studien und Untersuchungen durch die Europäische Kommission zur Darstellung der vielfältigen regionalen Situationen in Europa, damit sich die Vorschläge der Kommission an gerechten Kriterien orientieren;

11.

die Aufnahme der Beihilfen, die in einem Gebiet gewährt werden können, als Teil strategischer Pläne für die regionale Entwicklung;

12.

die Heranziehung weiterer Indikatoren zur Bewertung der wirtschaftlichen Situation einer Region zusätzlich zu der Arbeitslosenquote; dies gilt insbesondere für nicht geförderte Regionen;

13.

die Möglichkeit der Nutzung anderer Formen der Unternehmensförderung, die leichter zu handhaben sind und weniger öffentliche Mittel in Anspruch nehmen, sollte aufgewertet werden;

14.

die Festlegung höherer Schwellen für die Notifizierung im Hinblick auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse; diese Notifizierung sollte ex post erfolgen, wobei Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse von solchen zu unterscheiden sind, auf die ein Rechtsanspruch auf Grund der einzelstaatlichen Verfassungen besteht und die nicht wirtschaftlicher Art sind;

15.

die besondere Berücksichtigung neuer Formen von Unternehmensunterstützung (Risikokapital, Bürgschaften, Kapitalbeteiligungen an Unternehmen, Steuererleichterung usw.).

Brüssel, den 7. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 318 vom 22.12.2004, S. 1.

(2)  Artikel 87 EGV.

(3)  Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (98/C74/06), ABl. C 74 vom 10.3.1998.

(4)  Artikel III-220 des neuen Verfassungsvertrags.

(5)  Wie in der AdR-Stellungnahme zu der Mitteilung „Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ (CdR 120/2004) angegeben.

(6)  Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (98/C74/06), Absatz 5 der Einleitung.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/32


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission — Sozialpolitische Agenda“

(2006/C 31/08)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Sozialpolitische Agenda“, KOM(2005) 33 endg.;

aufgrund des Beschlusses der Kommission, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 20. Januar 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu befassen;

gestützt auf den Entwurf des Verfassungsvertrags und insbesondere die Artikel III-117 und III-209 bis III-219;

gestützt auf das Weißbuch „Europäisches Regieren“ aus dem Jahr 2001, KOM(2001) 428 endg.;

gestützt auf den Bericht der Hochrangigen Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in der erweiterten Union, (GD Beschäftigung und Sozialfragen — Mai 2004);

gestützt auf den Bericht „Jobs, Jobs, Jobs — Mehr Beschäftigung in Europa schaffen“ der Task Force Beschäftigung unter dem Vorsitz von Wim Kok, November 2003;

gestützt auf die Veröffentlichung„The Economic Cost of Non-Lisbon. A survey of literature on the economic impact of Lisbon-type reforms“, European Economy, Occasional Papers Nr. 15. März 2005;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 23. Februar 2005 zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds“ und zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinschaftsprogramm für Beschäftigung und soziale Solidarität — PROGRESS“ (CdR 240/2004);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 23. Februar 2005 zu der „Mitteilung der Kommission über die soziale Dimension der Globalisierung — der politische Beitrag der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens“ (CdR 328/2004);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 29. September 2004 zu der Mitteilung der Kommission „Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“ (CdR 151/2004) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 22. April 2004 zu dem „Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung als Fazit der Auswertung der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung (2003-2005)“ (CdR 21/2004) (2);

gestützt auf die „Entschließung des Ausschusses der Regionen zur Neubelebung der Lissabon-Strategie“ vom 24. Februar 2005 (CdR 518/2004 fin);

gestützt auf den von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik am 3. Mai 2005 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 80/2005 rev 1) (Berichterstatterin: Frau Linetta Serri, Mitglied des Stadtrats von Armungia, IT/SPE);

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 6. Juli) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

befürwortet ausdrücklich das Engagement, eine neue sozialpolitische Agenda für den Zeitraum 2005-2010 zu erarbeiten; unterstützt in vollem Umfang deren Ziele und unterschreibt die aufgeführten Strategien sowie die unterschiedlichen, unter der Devise „Ein soziales Europa in der globalen Wirtschaft: Arbeitsplätze und neue Chancen für alle“ zusammengefassten Instrumente zu ihrer Verwirklichung;

1.2

begrüßt insbesondere, dass trotz des nachlassenden Wirtschaftswachstums in Europa und der bislang unzureichenden Ergebnisse bei der Durchführung der Lissabon-Strategie die Ziele von Lissabon, die auf eine Hervorhebung der sozialen Dimension des Wirtschaftswachstums abstellen, beibehalten werden und dass das europäische Sozialmodell, das — laut dem Europäischen Rat von Barcelona 2002 — auf dem Wirtschaftswachstum, einem hohen Sozialschutz, der Bildung für alle und dem sozialen Dialog beruht, neu belebt wird;

1.3

befürwortet die Grundsätze, die der sozialpolitischen Agenda zugrunde liegen, als da sind: integriertes Konzept, Förderung der Qualität am Arbeitsplatz, Modernisierung der Sozialschutzsysteme und Berücksichtigung der „Kosten einer nicht vorhandenen Sozialpolitik“;

1.4

weist jedoch darauf hin, dass die gesteckten Ziele mitunter sehr vage gehalten sind und im Hinblick auf die Definition der Instrumente für ihre Umsetzung und die zu bestimmenden Fristen genauer abgesteckt werden müssen;

1.5

teilt die Ansicht, dass dem Prinzip der Kosten einer nicht vorhandenen Sozialpolitik Rechnung getragen werden muss, da sozialpolitische Maßnahmen zur Erreichung sowohl der sozialen als auch der wirtschaftlichen Ziele beitragen können. Sie dienen nämlich nicht nur der Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, sondern können auch besseren wirtschaftlichen Ergebnissen zuträglich sein, dergestalt dass sich beispielsweise die Wirtschaft besser dem Wandel des weltweiten Umfelds anpassen lässt. Mangelnde oder unzulängliche sozialpolitische Maßnahmen wirken sich in der Praxis negativ auf das potenzielle Wirtschaftswachstum aus;

1.6

bedauert trotz der vorstehenden, insgesamt positiven Bewertung, dass in der sozialpolitischen Agenda nicht ausdrücklich auf die Rolle und die Zuständigkeiten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eingegangen wird, zumal gerade ihnen in den meisten europäischen Ländern die Festlegung der Funktionsweise und die Umsetzung der sozialpolitischen Maßnahmen obliegt;

1.7

ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass die Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie die von ihnen getroffenen einschlägigen Maßnahmen im Rahmen des im Verfassungsentwurf und im Weißbuch „Europäisches Regieren 2001“ (Mitteilung zum Thema Ständiger und systematischer Dialog mit den europäischen und nationalen Gebietskörperschaftsverbänden bei der Ausarbeitung der Politiken) niedergelegten Subsidiaritätsprinzips eine der Voraussetzungen für die Erreichung der Ziele der sozialpolitischen Agenda ausschlaggebend sind;

1.8

hält es für wünschenswert, dass mithilfe der bürgernahen Einrichtungen darauf hingewirkt wird, die Kluft und die Ungleichgewichte zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen und die Verbreitung des europäische Sozialmodell in seinen besten Ausprägungsformen zu fördern, wobei allerdings nach bewährten Praktiken vorgegangen werden und nicht etwa eine Ausrichtung an der Situation der Mitgliedstaaten mit dem den größten Nachholbedarf im sozialpolitischen Bereich erfolgen sollte.

Zu den Strategien, Zielen, Instrumenten und den Vorschlägen der Kommission.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Mehr Vertrauen schaffen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

in dem Wissen, dass unter den Bürgern in Europa gegenwärtig große Unruhe herrscht, (Faktoren wie nachlassendes Wachstum, Kaufkraftschwund, die Überalterung der Bevölkerung, die Erkenntnis, dass Europa auf der internationalen Bühne nicht die Hauptrolle spielt, die Probleme im Zusammenhang mit den Sozialschutzsystemen sowie die fortbestehende Armut und soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung lösen Angst und eine defensive Haltung aus und nähren alten und neuen lokalen Egoismen), teilt der Ausschuss die Auffassung, dass die Stärkung des Vertrauens ein zentrales Element des europäischen Sozialstrategie bilden muss;

2.2

hält es für wichtig, dass mit Entschlossenheit vorgegangen wird, um die notwendigen Informationen zu verbreiten, die den Befürchtungen der Bürger aus den neuen und alten Mitgliedstaaten entgegenwirken;

2.3

hebt gleichwohl die Notwendigkeit hervor, neben den Bemühungen um eine bessere Kommunikation die wesentlichen Ziele zu verfolgen und auf eine spürbare Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen hinzuwirken. Diese Ziele müssen an die unterschiedlichen Voraussetzungen und Prioritäten der verschiedenen Mitgliedstaaten angepasst werden und auf eine starke Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften abheben.

3.   Instrumentarium

Der Ausschuss der Regionen

3.1

ist der Ansicht, dass die ermittelte Palette von Instrumenten (Rechtsvorschriften, sozialer Dialog, finanzielle Instrumente) in vollem Umfang entfaltet werden muss, um das verbreitete Misstrauen einzudämmen;

3.1.1

hebt die fortschrittliche Aufnahme einer allgemeinen Sozialklausel in den Entwurf des Verfassungsvertrages hervor (Artikel III-117), gemäß der die soziale Dimension in allen Gemeinschaftspolitiken gebührend berücksichtigt werden muss;

3.2

bewertet die Komplementarität zwischen der sozialpolitischen Agenda, der Lissabon-Strategie und der Strategie für nachhaltige Entwicklung, die mit allen Gemeinschaftspolitiken interagieren muss, als positiv. Dieser integrierte Ansatz wird praktische Fortschritte in der Sozial- und Beschäftigungspolitik ermöglichen, vorausgesetzt, bei der von der Kommission entwickelten Folgenabschätzung wird das Subsidiaritätsprinzip im Sinne des Verfassungsvertrags berücksichtigt;

3.3

ruft die Kommission auf, die derzeitige ausschließliche intergouvernementale Ausrichtung um die Methode der offenen Koordinierung zu erweitern und zwar im Wege der Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, denen bei der Verwaltung der Finanzinstrumente der Agenda, insbesondere im Rahmen der Rubriken „Konvergenz“ und „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ die Hauptrolle zukommen wird;

3.4

hält es für unverzichtbar, dass entschlossen auf eine allgemeine Verbreitung der gemeinschaftlichen Errungenschaften hingearbeitet wird, dergestalt dass in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten allmählich die europäischen Grundsätze und Mindestnormen übernommen werden, um das Gefälle und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten abzubauen;

3.5

hält es für zweckmäßig, dass die Europäische Kommission ein Jahr nach dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten eine Bilanz des eingeschränkten Zugangs der Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten zum Arbeitsmarkt der EU-15 zieht. Von besonderem Interesse wäre es dabei, die strukturellen Auswirkungen dieses eingeschränkten Zugangs auf den Status der Arbeitsbeziehungen herauszustellen;

3.6

ist der Auffassung, dass der eingeschränkte Zugang der Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten zum Arbeitsmarkt der EU-15 sowie die derzeitige Debatte über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt deutlich machen, dass die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen überarbeitet werden muss.

4.   Drei Erfolgsbedingungen für ein größeres Vertrauen

Der Ausschuss der Regionen

4.1

erkennt die Bedeutung eines neuen generationenübergreifenden Ansatzes zur Schaffung umfangreicherer und besserer Aussichten für junge Menschen an. Eine zentrale Rolle der Jugendlichen bildet die Grundvoraussetzung für ein größeres Vertrauen sowie für die Neubelebung der Ziele der Lissabon-Strategie; er verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Durchführung des Programms ‚JUGEND IN AKTION‘ im Zeitraum 2007-2013 (EDUC-37, 2004)“;

4.2

befürwortet eine intensive Diskussion des Grünbuches zur generationenübergreifenden Dimension im Jahr 2005;

4.3

weist darauf hin, dass die intensive Diskussion über die Überalterung der Bevölkerung und über die Reform der Rentensysteme mit einer eingehenden Bewertung und Berücksichtigung der laufenden Verschlechterung der Bedingungen der Jugendlichen in Bezug auf ein sicheres Einkommen und ihre Beschäftigungs- und Berufsaussichten einhergehen muss. Ohne die fortbestehenden Probleme der älteren Menschen zu vernachlässigen, muss in einem integrierten Ansatz auch von der Ausgrenzung bedrohten Gesellschaftsschichten Beachtung geschenkt werden;

4.4

begrüßt nachdrücklich die Idee einer generationenübergreifenden Partnerschaft, die einerseits darauf ausgerichtet ist, die Erfahrungen älterer Menschen durch die Gewährleistung ihres Verbleibs im Erwerbsleben und andererseits die Möglichkeiten der Eingliederung der jüngeren Menschen sicherzustellen. Fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, Versuche durchzuführen sowie bewährte Praktiken und spezifische Initiativen für eine leichtere Begegnung zwischen den Generationen zu verbreiten;

4.5

misst genau wie die Kommissionsmitteilung der Partnerschaft auf allen Ebenen eine große Bedeutung bei. Sie ist nach seinem Dafürhalten das ausschlaggebende Instrument zur Schaffung jenes Sozialkapitals, das derzeit aufgrund des fortbestehenden schwachen Wirtschaftswachstums und der Langsamkeit bei der Verwirklichung der Ziele von Lissabon — allen voran eine menschenwürdige Arbeit für alle Bürger Europas — zu schwinden scheint;

4.6

betont die Notwendigkeit der Durchführung spezifischer Aktionen in Bereichen, in denen aus geschichtlichen und sozioökonomischen Gründen weniger ausgeprägte Traditionen und Erfahrungen bei der Führung von Partnerschaften vorherrschen;

4.7

stimmt in vollem Umfang zu, dass dem auswärtigen Handeln der Europäischen Union große Bedeutung beizumessen ist. Europa kann und muss auf der internationalen Bühne eine aktive Rolle übernehmen, insbesondere um eine „menschenwürdige“ Arbeit für alle zu fördern und faire Regeln im internationalen Handel zu gewährleisten, aber auch, um in der globalisierten Wirtschaft das europäische Sozialmodell und seine Prinzipien der Menschenwürde, der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität zu wahren und zu fördern;

4.8

ist der Überzeugung, dass mindestens zwei weitere Voraussetzungen erfüllt werden müssen, damit das Vertrauen der Bürger erfolgreich gestärkt werden kann: i) ausgeprägtes Bewusstsein der Bürger für die Chancen, die Europa ihnen bietet, ii) über die zur Nutzung dieser Chancen benötigten Instrumente — beispielsweise Sprachkenntnisse — verfügende Bürger. Er fordert die Europäische Kommission auf, neben den anderen Voraussetzungen auch diese Bedingungen herauszustreichen.

5.   Zwei vorrangige Schwerpunkte: Auf dem Weg zur Vollbeschäftigung

Der Ausschuss der Regionen

5.1

stimmt der Strategie zum Erhalt der Beschäftigung, ihrem Umfang und ihrer Qualität im Rahmen der Ziele der sozialpolitischen Agenda voll und ganz zu. Die Beschäftigung bleibt gemeinsam mit den vier im Kok-Bericht vorgeschlagenen Prioritäten das wichtigste Mittel zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und zur Förderung eines nachhaltigen und dauerhaften Wirtschaftswachstums;

5.2

befürwortet die Ausarbeitung eines Grünbuches zur Entwicklung des Arbeitsrechts. Die allgemeine Verbreitung neuer Arbeitsformen macht eine Anpassung der arbeitsrechtlichen Vorschriften unbedingt erforderlich;

5.3

hält die Durchführung entsprechender einschlägiger Aktionen für erforderlich, damit die Beschäftigungsflexibilität, die für eine Modernisierung des Arbeitsmarkts und für die Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar ist, nicht dazu führt, dass die Sicherheitsbedingungen von Arbeitnehmern verschlechtert und die Arbeitnehmer der Gefahr der sozialen Ausgrenzung ausgesetzt werden;

5.4

ist der Auffassung, dass der soziale Dialog in diesem Zusammenhang ein wesentliches Instrument darstellt, das auf jeden Fall eingesetzt und ausgebaut werden muss, um den Wandel zu unterstützen, zu bewältigen und sozial gerecht zu gestalten;

5.5

begrüßt die Absicht der Kommission, eine neue Strategie für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu konzipieren, die auf die Prävention, die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer ausgerichtet ist;

5.6

sieht der Aussicht auf einen europäischen Arbeitsmarkt mit Interesse entgegen. Dabei sollte nach seiner Einschätzung nicht nur die Förderung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten ins Visier genommen werden, sondern vielmehr auf eine Ausdehnung der Regeln und Vorschriften über die Funktionsweise des Arbeitsmarkts hingewirkt werden, die möglichst viele Garantien mit der größtmöglichen Effizienz und Produktivität vereinen;

5.7

hält in diesem Zusammenhang transnationale Kollektivverträge für nützlich;

5.8

befürwortet ferner die Förderung der sozialen Verantwortung von Unternehmen;

5.9

befürwortet ferner die Förderung einer besseren und wirkungsvolleren Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

6.   Auf dem Weg zu einer solidarischeren Gesellschaft

Der Ausschuss der Regionen

6.1

erkennt an, dass die Modernisierung des Sozialschutzes, einschließlich ihrer finanziellen Nachhaltigkeit, für die Halbzeitprüfung der Lissabonner Strategie von entscheidender Bedeutung ist, weist jedoch darauf hin, dass diese „Modernisierung“ im Rahmen des unverbrüchlichen Ziels einer solidarischeren Gesellschaft und der Chancengleichheit für alle betrieben werden muss;

6.2

ist in Bezug auf das Vorgenannte der Auffassung, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diesem Modernisierungsprozess eine zentrale Rolle zukommen und die Methode der offenen Koordinierung (MOK) auf die innerstaatlichen Gebietskörperschaften ausgedehnt werden muss;

6.3

befürwortet die Vorschläge zur Rationalisierung der Methode der offenen Koordinierung durch die Erstellung einer einheitlichen Liste gemeinsamer Ziele in den Bereichen Eingliederung, Renten und Gesundheit;

6.4

begrüßt in vollem Umfang das Ziel „Bekämpfung der Armut und Förderung der sozialen Eingliederung“;

6.5

hält eine Gemeinschaftsinitiative zur Sicherung des Mindesteinkommens für alle Bürger und zur Eingliederung für außerordentlich wichtig und ruft die Kommission auf, spezifische Maßnahmen zu entwickeln, um die verschiedenen nationalen und regionalen Erfahrungen zu vergleichen und die Verbreitung bewährter Praktiken und den Vergleich einschlägiger Rechtsvorschriften zu fördern;

6.6

befürwortet die Ankündigung eines Europäischen Jahres der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (2010). Gibt jedoch zu bedenken, dass sich solche Initiativen (auch die übrigen, in der Kommissionsmitteilung bis 2010 vorgesehenen „Europäischen Jahre“) zu reinen Feierlichkeiten geraten können, anstatt dass in ihrem Kontext eine Stärkung der zu voranzutreibenden spezifischen Maßnahmen stattfände;

6.7

befürwortet in vollem Umfang das Ziel, Diskriminierungen zu bekämpfen und sich für die Rechte von Minderheiten einzusetzen, und zwar evtl. auch im Wege von Gesetzesinitiativen;

6.8

unterstützt den Vorschlag zur Errichtung eines Europäischen Gender-Instituts. Nichtsdestotrotz sollten andere, bereits vorhandene Instrumente so verbessert werden, dass sie einen wirksameren Beitrag zur Bewertung der Erfahrungen und zur Umsetzung bewährter Vorgehensweisen der verschiedenen Mitgliedstaaten leisten;

6.9

betont, dass das Ziel der Bekämpfung von Diskriminierung durch die Ermittlung spezifischer Aktionen und Maßnahmen für unterschiedliche Situationen präzisiert werden muss. Das Ziel der Gleichstellung von Männern und Frauen ist geschichtlich geprägt und geht mit besonderen Problemen einher, die sich nicht auf die allgemeinere Frage der Rechte der Minderheiten — die im Übrigen unter den verschiedenen Gegebenheiten der Europäischen Union jeweils unterschiedlich aussehen — beschränken dürfen;

6.10

befürwortet die Verpflichtung, eine Mitteilung über die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erarbeiten, und spricht sich insbesondere dafür aus, dass diese Initiative zur Klärung der gegenwärtigen rechtlichen Unsicherheit beiträgt. Der Ausschuss verweist auf die herausragende Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse und auf die Notwendigkeit, sie angemessen zu unterstützen, damit Zugänglichkeit und Universalität weiterhin gewährleistet werden können. Die angestrebte Mobilität der Personen in der Europäischen Union bedingt, dass alle Mitgliedstaaten aktiv werden und in koordinierter Weise Fortschritte in diesem Bereich verbuchen. In diesem Sinne begrüßt der Ausschuss die Absicht der Kommission bei den öffentlichen Beihilfen einige Sozialdienstleistungssektoren, wie etwa Krankenhäuser oder Wohnbaugenossenschaften, unter bestimmten Umständen von der Mitteilungspflicht freizustellen.

7.   Schlussfolgerungen

Der Ausschuss der Regionen

drängt die Kommission, gemäß dem im Verfassungsvertrag festgeschriebenen Subsidiaritätsprinzip die eigentliche Rolle und die Verantwortung, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den verschieden Sektoren der sozialpolitischen Agenda zukommt, gebührend zu berücksichtigen, und weist darauf hin, dass dies der beste Weg ist, um ein Europa der Bürger aufzubauen, das auch ein Modell des Zusammenhalts und der Solidarität in einem Prozess sein sollte, der darauf ausgerichtet ist, die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.

Brüssel, den 6. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 7.

(2)  ABl. C 121 vom 30.4.2004, S. 32.


7.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 31/36


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“

(2006/C 31/09)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf das von der Kommission vorgelegte „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“ (KOM(2004) 811 endg.);

gestützt auf den Beschluss der Kommission, den AdR gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags zu dieser Vorlage zu konsultieren;

gestützt auf den Beschluss seines Präsidenten vom 22. Februar, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu befassen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere 1999, Nizza und Lissabon 2000 und Sevilla 2002;

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung“ (CdR 243/2002 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission „über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der illegalen Einwanderung“ (KOM(2001) 672 endg.) und zur Mitteilung der Kommission „Offener Koordinierungsmechanismus für die Migrationspolitik der Gemeinschaft“ (KOM(2001) 387 endg.) vom 16. Mai 2002 (CdR 93/2002 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zur EU-Einwanderungspolitik und zum gemeinsamen Asylverfahren (CdR 90/2001 fin) (3) sowie auf seine Stellungnahme zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten“ (CdR 214/2001 fin) (4);

gestützt auf seine Stellungnahme zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen“ (CdR 213/2001 fin) (5);

gestützt auf seine Stellungnahme zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit“ (CdR 386/2001 rev. 1) sowie auf seine Stellungnahme zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Aufnahme eines Studiums, einer Berufsbildung oder eines Freiwilligendienstes“ (KOM(2002) 548 endg., CdR 2/2003 fin) (6);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission zur „Einbeziehung von Migrationsbelangen in die Beziehungen der Europäischen Union zu Drittländern“ (KOM(2002) 703 endg.);

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vom Europäischen Rat in Stockholm angeforderte[n] Bericht' Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns“ (KOM(2002) 9 endg., CdR 94/2002 fin) (7);

gestützt auf die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Einwanderung, Eingliederung und Rolle der organisierten Zivilgesellschaft“ (CES 365/2002 fin) (8);

gestützt auf Artikel 13 des EG-Vertrags und die beiden nachfolgenden Richtlinien: 2000/78/EG des Rates „zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ sowie 2000/43/EG des Rates „zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“;

gestützt auf den Bericht des Europarates vom Juli 2000 zum Thema Vielfalt und Zusammenhalt: neue Herausforderungen für die Integration von Einwanderern und Minderheiten;

gestützt auf das Dokument der Kommissionsdienststellen Ausführliche Folgenabschätzung zur Mitteilung der Kommission „über Einwanderung, Integration und Beschäftigung“ (KOM(2003) 336 endg., SEK(2003) 694);

gestützt auf seine Stellungnahme zur „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über Einwanderung, Integration und Beschäftigung“ (CdR 223/2003 fin) (9);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Bilanz des Tampere-Programms und Perspektiven“ (KOM(2004) 401 endg.);

gestützt auf die UN-Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienmitglieder;

gestützt auf seinen am 3. Mai 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 82/2005 rev. 1, Berichterstatter: Alvaro Ancisi, Kommunalrat von Ravenna, IT/EVP) —

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.

Eine breit angelegte Wirtschaftsimmigration löst weder die demographischen Probleme der Bevölkerungsüberalterung und der sinkenden Geburtenraten noch ist sie die einzige richtige Antwort auf die Erfordernisse des Arbeitskräftemarktes. Stärkere Einwanderungsströme werden immer notwendiger, um die Bedürfnisse des europäischen Arbeitsmarktes zu erfüllen und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu sichern, wobei die Möglichkeit der Abschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials, der Einwanderung Hochqualifizierter und in bestimmten Branchen der Einwanderung von Arbeitsmigranten bestehen bleiben muss;

2.

ein Schlüsselpunkt des Programms von Den Haag, die 2004 verabschiedete neue EU-Agenda zur Weiterentwicklung der Immigrations- und Asylpolitiken, ist die legale Zuwanderung und die Bekämpfung der Schwarzarbeit; wenngleich das Maß der Zuwanderung unter der Kompetenz der Mitgliedstaaten verbleibt, wird die Kommission aufgefordert, bis 2005 einen Plan für Politiken der legalen Zuwanderung vorzulegen;

3.

Ziel des Grünbuchs ist die Einleitung einer vorlegislativen Konsultationsphase unter Beteiligung der EU-Institutionen, der Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft über die geeignetsten Formen einer gemeinschaftlichen Regelung der Aufnahme von Wanderarbeitnehmern und über den Mehrwert einer solchen gemeinschaftlichen Regelung;

4.

der neue Verfassungsvertrag erweitert die Befugnisse der EU (Art. III-267) und sieht vor, dass die EU eine gemeinsame Zuwanderungspolitik entwickelt, um eine wirksame Steuerung der Wanderungsströme, die angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedland aufhalten und die Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels zu gewährleisten, und dass die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen sowie die Vorschriften über die Ausstellung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten in einem europäischen Gesetz geregelt werden;

5.

darüber hinaus sieht der neue Verfassungsvertrag vor, dass durch ein europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt werden können, „mit denen Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Integration (…) gefördert und unterstützt werden“. Eine Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten ist dabei ausgeschlossen. Der AdR betont die Kompetenz der Mitgliedstaaten zur Regelung des Zugangs von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt —

verabschiedete auf seiner 60. Plenartagung am 6./7. Juli 2005 (Sitzung vom 7. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Bemerkungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen:

nimmt wie folgt zu einigen der wichtigsten Fragen Stellung, zu denen das Grünbuch die Debatte eröffnet;

Durch eine künftige EU-Regelung erreichbares Harmonisierungsniveau

1.1

bemerkt, dass mit der Entwicklung einer Migrationspolitik u.a. das Ziel angestrebt wird, eine kurz- und mittelfristig angelegte, wirtschaftlich orientierte Reaktion auf den Bevölkerungsrückgang zu finden und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für alle Bürger zu schaffen; dies sind für den AdR prioritäre Ziele;

1.2

hebt hervor, dass eine deutliche Verbindung besteht zwischen der Schwierigkeit der Einwanderungswilligen, legale Wege der Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen zu finden, der mangelnden Koordinierung zwischen den Politiken der Mitgliedstaaten in diesem Bereich und dem Ausmaß der illegalen Zuwanderung;

1.3

unterstreicht die Interdependenz der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitiken als Merkmal des europäischen Sozialmodells, das auf der Qualität der Arbeit, der Modernisierung der Wirtschaftsstrukturen und einem starken sozialen Zusammenhalt beruht;

1.4

bemerkt jedoch, dass zwar einige europäische Regionen einen Bevölkerungs- und Arbeitskräfterückgang zu verzeichnen haben, andere Regionen jedoch ein Bevölkerungswachstum, das Probleme der lokalen Verfügbarkeit von Dienstleistungen und Wohnungen mit sich bringt;

1.5

ist der Auffassung, dass die künftige EU-Regelung einen globalen Rechtsrahmen für alle Migranten in der EU schaffen sollte, wobei zunächst ein sektorspezifischer Ansatz gewählt werden könnte, der sich auf spezifische Gruppen von Wanderarbeitnehmern konzentriert (Saisonarbeiter, Arbeitskräfte mit besonderen Qualifikationen, innerhalb eines Unternehmens versetzte Arbeitnehmer sowie Dienstleistungsanbieter);

unterstützt daher die von der Kommission in ihrem Grünbuch vorgeschlagene Schaffung eines gemeinsamen Rahmens von Mindestvorschriften über die Aufnahme von Nicht-EU-Bürgern, die in der EU einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen wollen;

bedauert, dass der Vorschlag für eine Richtlinie „über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit“, der vom AdR in seiner Stellungnahme CdR 386/2001 (10) vom 13. März 2002 befürwortet wurde, vom Rat abgelehnt wurde;

1.6

befürwortet die Anwendung beschleunigter gemeinsamer Verfahren im Einvernehmen zwischen mehreren Staaten, wenn ein Mangel an spezifischen Qualifikationen herrscht; jeder Mitgliedstaat, der solche Verfahren anwendet, sollte verpflichtet sein, die übrigen EU-Mitgliedstaaten vorab darüber zu unterrichten und sie mit ihnen zu koordinieren;

Zulassungsverfahren für Wanderarbeitnehmer, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis

1.7

bekräftigt die Wichtigkeit einer Politik der Erteilung von Visa und von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen zur Erleichterung der Einreise von Wanderarbeitnehmern; regt daher an, dass die einzelnen Mitgliedstaaten ein einheitliches einzelstaatliches Bewerbungsverfahren vorsehen, das zur Erteilung einer kombinierten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis durch einen einzigen Verwaltungsakt führt, um die derzeit unterschiedlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zu vereinfachen und zu harmonisieren;

1.8

bekräftigt seine früheren Ausführungen (CdR 337/2004 rev. 1) zum Grundsatz der Förderung der Mobilität von Langzeit-Wanderarbeitnehmern, die bereits dem EU-Arbeitsmarkt angehören;

1.9

hält es — angesichts der Tatsache, dass die Richtlinie 2003/109/EG des Rates den Langzeit-Wanderarbeitnehmern bereits ab 2006 Mobilitätsrechte zuerkennt — für wichtig, auch die Möglichkeit der Einführung gemeinsamer Mindestvorschriften zu untersuchen, die die Mobilität von Arbeitnehmern, die noch nicht lange in einem Mitgliedstaat wohnhaft sind, innerhalb der EU erleichtern, soweit die 2004 der Union beigetretenen Mitgliedstaaten über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer verfügen; hierzu könnte beispielsweise die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zwecks Arbeitssuche vorgesehen werden, die für den Arbeitssuchenden nützlich wäre, um offene Stellen ausfindig machen und sich bewerben zu können. Darüber hinaus wäre die Einführung einer Grundausbildung in den Herkunftsländern außerhalb der EU wünschenswert, die in einigen Branchen ausschlaggebend sein kann; auch sollten gemeinsame Mindestvorschriften über die Zertifizierung bereits vorher vorhandener oder im Land des EU-Erstaufenthalts erworbener Berufskompetenzen eingeführt werden;

1.10

ist der Auffassung, dass die Aufnahme des einzelnen Wanderarbeitnehmers grundsätzlich vom Vorhandensein eines geeigneten Arbeitsplatzes abhängig gemacht werden soll.

Auf bestimmten spezifischen Arbeitsmärkten, in denen es schwieriger ist, im Herkunftsland der Einwanderungswilligen Informationen über einzelne freie Stellen zu verbreiten, könnten die EU-Vorschriften über die legale Zuwanderung von Wanderarbeitnehmern eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis zwecks Arbeitssuche vorsehen, die zeitlich begrenzt wäre und von jedem Mitgliedstaat gehandhabt würde.

In jeglicher künftigen Regelung sollten auch die Möglichkeiten des Orts- und Berufswechsels berücksichtigt werden, wobei für Wanderarbeitnehmer maximale Arbeitslosigkeitszeiten bis zum Ablauf der Gültigkeit der Aufenthaltsgenehmigung zwecks Arbeitssuche festzulegen sind, nach Ablauf derer sie in das Herkunftsland zurückkehren müssen. Eine solche zwingende Voraussetzung würde jedoch weiterhin viele Einwanderungswillige veranlassen, sich an Schleuserbanden zu wenden. Daher sollte eine gewisse Flexibilität herrschen, die einerseits den Einwanderungswilligen Hoffnung gibt und sie von Schleuserbanden fernhält und andererseits den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten aufgrund vorhersehbaren Arbeitskräftebedarfs zuzulassen. Bei etwaigen künftigen Vorschriften über maximale Arbeitslosigkeitszeiten, vor Ablauf derer Wanderarbeitnehmer in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen, ist zu berücksichtigen, wie sehr sich die Person integriert hat, z.B. Anwesenheit seiner Familienmitglieder, Schulbesuch seiner Kinder, Dauer seines Aufenthalts, Dauer seiner Beschäftigung vor der Arbeitslosigkeit u.a.;

1.11

bemerkt, dass flexiblere Zulassungsformen mit Einzelfallbewertung wie z.B. Green cards zur Abdeckung variablen und langfristigen Arbeitskräftebedarfs in einer EU-Regelung erst behandelt werden können, nachdem ein Informatiksystem eingeführt ist, das die europaweite Veröffentlichung und Abfrage freier Stellen ermöglicht, und nachdem gemeinsame Mindestvorschriften für die Zulassung von Wanderarbeitnehmern festgelegt sind;

1.12

ist der Auffassung, dass die Frage, ob Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis kombiniert werden sollen, nicht auf europäischer Ebene zu regeln ist, sondern unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben sollte;

Rechte, flankierende Maßnahmen und Zusammenarbeit mit Drittstaaten

1.13

bemerkt, dass den Wanderarbeitnehmern aus Drittstaaten durch eine einschlägige Regelung EU-weit grundlegende bürgerliche und soziale Rechte gewährt werden müssen;

1.14

bekräftigt seine früheren Ausführungen (CdR 223/2003) zur erforderlichen Begrenzung der Akademikerabwanderung aus Drittstaaten und zur Unterstützung für Drittstaaten, damit die Abwanderung ein erträgliches und nützliches Maß sowohl für das Aufnahmeland als auch für das Herkunftsland nicht überschreitet: Strategien zur Armutsbekämpfung, Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Schaffung von Arbeitsplätzen und Verbesserung der Ausbildung in den Herkunftsländern der Wanderarbeitnehmer helfen langfristig, die Wanderungsströme zu normalisieren;

1.15

ist der Auffassung, dass im Rahmen der Kooperationsmaßnahmen die Ausbildung, berufliche Weiterbildung und Einstellung im Herkunftsland gefördert werden müssen und sinnvollerweise besondere bilaterale oder multilaterale Abkommen mit Nachbarländern bzw. Ländern mit erheblichen Wanderungsbewegungen vorgesehen werden können, um Einreisepräferenzen festzulegen;

Vorrangige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

1.16

bekräftigt die grundlegende regionale und lokale Dimension der Wirtschaftsmigration angesichts ihrer Auswirkung auf den lokalen Arbeitsmarkt und die Dienstleistungen, für die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zuständig sind (soziale Dienste, Bildungswesen, Wohnungen usw.); diese Gegebenheit muss berücksichtigt werden, wenn es um die Bewilligung von EU-Mitteln für die Integration von Zuwanderern in ebendiesen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geht;

1.17

hebt die wesentliche Rolle der Gebietskörperschaften bei der Gewährleistung von Sicherheit und sozialem Zusammenhalt hervor; dies sind wesentliche Aspekte einer Politik für die Zuwanderung von Arbeitskräften;

1.18

bemerkt jedoch, dass bei der Festlegung von Art und Menge der zuwandernden Arbeitskräfte Verfahren vorgesehen werden müssen, die nicht nur den nationalen Bedarf, sondern auch die Vorschläge der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften berücksichtigen;

1.19

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der sozialen Integration, der kulturellen und sprachlichen Weiterbildung, beim Erwerb und der Zertifizierung der Berufskompetenzen der Wanderarbeitnehmer sowie durch die Beteiligung an der Zusammenarbeit mit Drittstaaten zur Weiterbildung potenzieller Wanderarbeitnehmer eine grundlegende Rolle spielen können.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen:

2.1

berücksichtigt zwar die im künftigen Verfassungsvertrag enthaltenen Bestimmungen, unterstreicht jedoch den engen Zusammenhang zwischen Zuwanderungs- und Beschäftigungspolitiken (Titel VIII Art. 137 g EGV) und vertritt daher die Auffassung, dass seine Konsultierung zu den Regelungen im Anschluss an das Grünbuch als obligatorisch zu betrachten ist;

2.2

fordert alle EU-Mitgliedstaaten auf, die UN-Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienmitglieder zu ratifizieren;

2.3

ist überzeugt, dass die Probleme im Zusammenhang mit Zuwanderung und Arbeitsmarkt besser auf europäischer Ebene angegangen werden können; dass jedoch der Festlegung von Einreise- und Aufenthaltsbedingungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, damit sie einerseits nicht mit dem Recht der Mitgliedstaaten kollidieren, die Zahl der zugelassenen Wanderarbeitnehmer zu bestimmen, und sich dieses Recht andererseits nicht negativ auf die anderen Mitgliedstaaten auswirkt. Allzu restriktive Bedingungen würden es den Mitgliedstaaten, die dies wünschen, nicht ermöglichen, eine bestimmte Zahl von Zuwanderern zu erreichen, was schwere Auswirkungen auf ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die ihrer Regionen haben könnte; der Ausschuss empfiehlt daher, bei einer künftigen Rechtsetzung über die Aufnahmekriterien genau zu prüfen, ob diese mit den verschiedenen Gegebenheiten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene vereinbar ist;

2.4

empfiehlt — da gemeinsame Regeln einen Mehrwert bilden können, wenn man die transnationalen Aspekte und die Auswirkungen der Politik eines Staates auf einen anderen Staat berücksichtigt -, die Schaffung dieses Mehrwerts durch die künftige europäische Regelung vorher zu beweisen und zu bewerten, welche Aspekte keine transnationalen Auswirkungen haben und daher wirksam auf staatlicher Ebene geregelt werden können;

2.5

da das Grünbuch (vorlegislative Konsultierung) keine Aussage darüber enthält, welches Rechtsinstrument gewählt werden soll, empfiehlt der Ausschuss, dass dies eine Richtlinie sein sollte, die Leitlinien für die nationalen Politiken liefert und dabei einerseits die Eigenständigkeit jedes Staates bei der Festlegung spezifischer Aspekte dieses Bereichs und bei der Anerkennung der spezifischen regionalen und lokalen Besonderheiten achtet und andererseits Leitlinien über die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen festlegt, damit sich die diesbezügliche Politik eines Staates nicht negativ auf die anderen Mitgliedstaaten auswirkt; die Richtlinie müsste sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten ausreichende Flexibilität haben, u.a. zur Berücksichtigung spezifischer regionaler und lokaler Gegebenheiten;

2.6

ist der Auffassung, dass eine Regelung zur Festlegung der sozialen und bürgerlichen Rechte erwogen werden könnte;

2.7

empfiehlt, einen breiten Personenkreis an der vorlegislativen Konsultierung zu beteiligen und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einzubeziehen, denn schließlich werden diese auch von der Kommission selbst als wichtige Akteure der Zuwanderungspolitiken betrachtet;

2.8

fordert die Kommission auf — da die erforderliche Berücksichtigung der regionalen und lokalen Aspekte nur vage angesprochen wird (S. 8 des Grünbuchs) -, auch in dem künftigen Rechtsakt stärker die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften anzuerkennen, wenn es um die Festlegung der Arbeitsmarktbereiche handelt, in denen Wanderarbeitnehmer notwendig sind;

darüber hinaus bekräftigt der AdR die Notwendigkeit eines Programms zum Austausch bewährter Praktiken der Migrationspolitiken und regt an, dass die EU die Schaffung regionaler Anlaufstellen für Unternehmen unterstützt, die an Wanderarbeitnehmern interessiert sind, um den Arbeitskräfterückgang zu beheben und die Wirtschaftsentwicklung zu fördern;

er hält eine spezifische Bewertung der regionalen und lokalen Dimension der Migrationspolitik und der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkung der auf lokaler und regionaler Ebene vorgeschlagenen Maßnahmen sowie die notwendige finanzielle Unterstützung dieser Bereiche für nützlich;

der AdR selbst sollte im Hinblick auf eine bessere Regelung und Koordinierung der Zuwanderungs- und Integrationspolitiken Instrumente zur Folgenabschätzung einsetzen (Studien, Umfragen, Anhörungen, Vorträge, Fragebögen);

2.9

da die Kommission darauf besteht, dass die künftigen Maßnahmen den Mitglied- und Drittstaaten möglichst geringe Verwaltungslasten verursachen sollen, jedoch nicht direkt auf die Kostenfrage eingeht, obwohl viele Maßnahmen offensichtlich Kosten verursachen, hält der AdR eine Untersuchung der Frage für erforderlich, wie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften durch die zu ergreifenden Maßnahmen administrativ und finanziell gebunden werden können; da Programme dieser Art kostspielig sind, müssen ihre Auswirkungen beurteilt werden. Sie müssen vom Staat und der EU finanziell unterstützt werden, wobei die Gebietskörperschaften für die Festlegung der Inhalte und die Umsetzung der Programme zuständig sind.

Brüssel, den 7. Juli 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 73 vom 26.3.2003, S. 16.

(2)  ABl. C 278 vom 14.11.2002, S. 44.

(3)  ABl. C 19 vom 22.1.2002, S. 20.

(4)  ABl. C 107 vom 3.5.2002, S. 85.

(5)  ABl. C 19 vom 22.1.2002, S. 18.

(6)  ABl. C 244 vom 10.10.2003, S. 5.

(7)  ABl. C 287 vom 22.11.2002, S. 1.

(8)  ABl. C 125 vom 27.5.2002, S. 112.

(9)  ABl. C 109 vom 30.4.2004, S. 46.

(10)  ABl. C 192 vom 12.8.2002, S. 20.