IKT-Normung: Modernisierung und Zukunft

Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) stellen einen zentralen Wirtschaftszweig dar, der einem raschen und zugleich komplexen Wandel unterliegt. Daher sind nach Ansicht der Europäischen Kommission klarere IKT-Normen und eine Anpassung der Rechtsvorschriften an die bestehende Situation notwendig.

RECHTSAKT

Weißbuch der Kommission vom 3. Juli 2009 „Modernisierung der IKT-Normung in der EU: der Weg in die Zukunft [KOM(2009) 324 endg. – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Dieses Weißbuch erläutert verschiedene Vorschläge zur Modernisierung der Europäischen Normungspolitik im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Diese Modernisierung soll besser auf die Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft ausgerichtet sein.

Gründe für eine Modernisierung der IKT-Normungspolitik

Um die Entwicklung hochwertiger IKT-Normen sicherzustellen, müssen diese Normen und Normungsprozesse bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Europäische Kommission schlägt vor, die von der Welthandelsorganisation (WHO) festgelegten Kriterien bei der Definition einer Liste von Merkmalen, die die IKT-Normen aufweisen sollen, heranzuziehen. Diese Liste soll insbesondere Merkmale wie Offenheit und Transparenz umfassen sowie Normen, die durch Neutralität, Pflege und Recht an geistigem Eigentum gekennzeichnet sind.

Verwendung von IKT-Normen bei der öffentlichen Auftragsvergabe

Die öffentliche Auftragsvergabe wird von der Richtlinie 2004/18/EG geregelt, die die Verwendung technischer Normen im Rahmen öffentlicher Aufträge ermöglicht. Im Beschluss 87/95, in dem die EU-Normungspolitik auf dem Gebiet der IKT festgelegt wird, werden Leitlinien für die öffentliche Beschaffung von IKT-Systemen aufgestellt. Dieser Beschluss wird nunmehr als veraltet betrachtet, weil er sich nur auf Produkte bezieht und nicht unseren heutigen Begriffen von IKT-Dienstleistungen und -Anwendungen entspricht.

Die Kommission schlägt daher eine Änderung des Beschlusses 87/95 vor, um ihn in Bezug auf die öffentliche Beschaffung von IKT-Dienstleistungen an die heutigen Erfordernisse des IKT-Sektors anzupassen.

Förderung der Synergien zwischen Forschung, Innovation und Normung

Die Festlegung von Normen im IKT-Bereich soll die Umsetzung der Forschungsergebnisse in praktische Anwendungen erleichtern. Hierzu muss die Frage der Normung bereits frühzeitig im Forschungszyklus berücksichtigt werden.

Die Kommission wünscht eine engere Zusammenarbeit zwischen den europäischen Technologieplattformen für Forschung und den Normungsorganisationen.

Rechte an geistigem Eigentum.

Die Interoperabilität der IKT ist ein Merkmal des gegenwärtigen technologischen Umfelds. In diesem Zusammenhang ist die Wahrung der Rechte an geistigem Eigentum (IPR) im Rahmen der IKT-Normung von grundlegender Bedeutung. Allerdings darf die Normung nicht den freien Wettbewerb behindern.

Die Kommission empfiehlt, dass die IKT-Normungsorganisationen eine klare, transparente und ausgewogene IPR-Politik verfolgen, die den Wettbewerb zwischen ihnen zulässt. Zudem wünscht die Kommission, dass die Normungsorganisationen vor der Annahme einer Norm die restriktivsten Lizenzierungsbedingungen angeben, einschließlich der maximalen Lizenzgebühren.

Einbeziehung von Foren und Vereinigungen

Gegenwärtig berücksichtigt die europäische Normungspolitik nur die von den Europäischen Normungsorganisationen (ENO) festgelegten Normen. Allerdings werden immer mehr IKT-Normen von Foren und Vereinigungen entwickelt (Internetprotokollstandards der IETF oder die Zugänglichkeitsrichtlinien des W3C). Die Kommission wünscht eine bessere Zusammenarbeit zwischen diesen IKT-Foren und -Vereinigungen und den ENO.

Darüber hinaus hält es die Kommission für notwendig, die Nutzung der von den Foren und Vereinigungen festgelegten Normen zu erlauben, um bestimmte Normungslücken zu schließen.

Intensivierung von Dialog und Partnerschaft mit den Interessenträgern

Im Beschluss 87/95 ist die Einrichtung eines Ausschusses, der Gruppe hoher Beamter für die Normung auf dem Gebiet der Informationstechnik (SOGITS), vorgesehen. Diese Gruppe soll die Kommission bei der Durchführung des Beschlusses unterstützen und kann Sachverständige einladen. Allerdings war diese Gruppe bisher nur begrenzt wirksam.

Die Kommission möchte die SOGITS-Gruppe durch eine Plattform ablösen, die alle von der IKT-Normungspolitik betroffenen Interessengruppen vertreten soll. Diese Struktur würde auf dem Modell des IKT-Normenausschusses (Information and Communications Technologies Standards Board, ICTSB) aufbauen, dessen Funktionsweise und gegenwärtige Zusammensetzung die Kommission prüfen möchte.

Hintergrund

Die IKT stellen einen zentralen Wirtschaftszweig des 21. Jahrhunderts dar. Die europäische IKT-Industrie verzeichnete 2007 einen Umsatz von 670 Mrd. EUR und stellte über 5 % der Arbeitsplätze in der EU. Die europäischen IKT-Unternehmen brauchen einen klaren Normungsrahmen, der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation fördert.

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Letzte Änderung: 26.01.2010