Faire Verfahren: das Recht verdächtiger Personen auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren

ZUSAMMENFASSUNG VON DOKUMENT:

Richtlinie 2010/64/EU – das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren

ZUSAMMENFASSUNG

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

Diese Richtlinie legt EU-weite Mindestvorschriften über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren und Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls fest.

Sie ist der erste Schritt in einer Reihe von Maßnahmen zur Festlegung von EU-weiten Mindestvorschriften über die Verfahrensrechte gemäß einem Fahrplan aus dem Jahr 2009. Im Jahr 2012 folgte die Richtlinie über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Recht auf Dolmetschleistungen

Verdächtigen oder beschuldigten Personen, die die Sprache des Strafverfahrens nicht sprechen oder verstehen, müssen unentgeltlich Dolmetschleistungen zur Verfügung gestellt werden, und zwar unter anderem während:

polizeilicher Vernehmungen,

wichtiger Besprechungen zwischen Mandant und Anwalt,

sämtlicher Gerichtsverhandlungen sowie aller erforderlichen Zwischenverhandlungen.

Das Dolmetschen per Videokonferenz, Telefon oder Internet ist möglich, falls die persönliche Anwesenheit des Dolmetschers für die Gewährleistung eines fairen Verfahrens nicht erforderlich ist.

Recht auf Übersetzung wesentlicher Unterlagen

Verdächtige oder beschuldigte Personen, die die Sprache des Strafverfahrens nicht verstehen, müssen eine schriftliche Übersetzung aller Unterlagen erhalten, die für ihre Verteidigung wesentlich sind. Dazu gehören:

jegliche Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßnahme,

jegliche Anklageschrift und

jegliches Urteil.

Die zuständigen Behörden können im Einzelfall darüber entscheiden, ob weitere Dokumente der Übersetzung bedürfen. Verdächtige oder beschuldigte Personen oder ihr Rechtsbeistand können zudem die Übersetzung weiterer wesentlicher Dokumente beantragen.

In Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls müssen den betroffenen Personen gegebenenfalls Dolmetschleistungen und eine schriftliche Übersetzung des Haftbefehls zur Verfügung gestellt werden.

Qualität der Dolmetschleistungen und Übersetzungen

Die Qualität der Dolmetschleistungen und Übersetzungen muss ausreichend sein, damit die betroffenen Personen verstehen, was ihnen zur Last gelegt wird, und imstande sind, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen. Zu diesem Zweck müssen die EU-Länder ein Register mit unabhängigen und qualifizierten Übersetzern und Dolmetschern einrichten, das den Rechtsbeiständen und den betreffenden Behörden zur Verfügung gestellt wird.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Die Richtlinie ist am 15. November 2010 in Kraft getreten. Sie musste von den EU-Ländern bis 27. Oktober 2013 in nationales Recht umgesetzt werden.

HINTERGRUND

Recht von Beschuldigten auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen.

RECHTSAKT

Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (ABl. L 280 vom 26.10.2010, S. 1-7)

Letzte Aktualisierung: 30.10.2015