EU-Verbot des Handels mit Folterinstrumenten
ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:
Verordnung (EU) 2019/125 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten
WAS IST DER ZWECK DER VERORDNUNG?
- Die Verordnung fordert von den Behörden der EU-Länder, zwischen Gütern zu unterscheiden, die außer zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zwecke der Folter* keine praktische Verwendung haben und Gütern, die zu solchen Zwecken verwendet werden könnten.
- Die Verordnung untersagt den Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe*, verwendet werden könnten.
- Mit der Verordnung wird ein Genehmigungssystem eingeführt, das dazu bestimmt ist, die Ausfuhr von Gütern zu verhindern, die für solche Zwecke verwendet werden könnten.
- Mit ihr werden Regeln eingeführt für die Erbringung von Vermittlungstätigkeiten*, technischer Hilfe*, Ausbildungsmaßnahmen und Werbung im Zusammenhang mit derartigen Gütern.
- Sie kodifiziert die Verordnung (EG) Nr. 1236/2005, die mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden ist.
WICHTIGE ECKPUNKTE
Verbote
Die Verordnung untersagt:
- die Ein- und Ausfuhr von Gütern, die außer zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zwecke der Folter und anderer grausamer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Anhang II) keine praktische Verwendung haben;
- die Erbringung technischer Hilfe im Zusammenhang mit diesen Gütern;
- Vermittlern und Erbringern technischer Hilfe, Schulungen zur Verwendung dieser Güter für Nicht-EU-Länder durchzuführen; sowie
- diese Güter im Rahmen von Messen oder Ausstellungen in der EU zu bewerben;
- Werbeflächen in Printmedien oder im Internet und Werbezeit im Fernsehen oder im Radio im Zusammenhang mit diesen Gütern zu verkaufen oder zu erwerben.
Ausfuhrgenehmigungen
Mit der Verordnung werden die Regeln zur Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen festgelegt.
- Anhang I enthält eine Liste der zuständigen Behörden der EU-Länder, die zur Erteilung solcher Genehmigungen befugt sind. Die zuständigen Behörden dürfen keine Genehmigung erteilen, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass die Güter zu den oben angeführten Zwecken verwendet werden könnten. Keine Genehmigung ist erforderlich für Güter, die durch das Zollgebiet der EU lediglich durchgeführt werden.
- Güter, die zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, sind in Anhang III aufgelistet.
- Anhang III enthält nicht:
- Güter, die zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten und die von einem oder mehreren Nicht-EU-Ländern, die die Todesstrafe nicht abgeschafft haben, zur Vollstreckung der Todesstrafe genehmigt wurden oder tatsächlich verwendet werde, sind in Anhang IV aufgeführt. Die Voraussetzungen und Erfordernisse für die Erteilung einer „Allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der EU“ sind in Teil 3 des Anhangs V festgelegt. Teil 2 desselben Anhangs listet die Bestimmungs Länder auf, für die keine Ausfuhrgenehmigungen erforderlich sind.
- Die Genehmigungen für die Aus-, Ein- und Durchfuhr von Gütern, die zur Folter verwendet werden könnten, werden unter Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster in Anhang VII erteilt.
- Die Genehmigungen für Vermittlungstätigkeiten werden unter Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster in Anhang VIII erteilt.
- Die Genehmigungen für technische Hilfe werden unter Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster in Anhang IX erteilt.
- Alle solche Genehmigungen sind in der gesamten EU gültig.
- Die Behörden der EU-Länder können die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung ablehnen und eine bereits erteilte Genehmigung für ungültig erklären, aussetzen, ändern oder widerrufen.
- Wird keine Genehmigung erteilt, beschlagnahmen die Zollbehörden die angemeldeten Güter und weisen auf die Möglichkeit hin, eine Genehmigung zu beantragen. Wird binnen sechs Monaten keine Genehmigung beantragt, werden die Güter vernichtet.
- Kommt es zu einer Entscheidung zur Ablehnung eines Antrags auf Genehmigung, müssen die Behörden eines EU-Landes alle anderen EU-Länder und die Europäische Kommission darüber informieren.
- Die Kommission kann die Liste der Güter ändern, sobald neue Ausrüstungsgegenstände oder Stoffe auf dem Markt auftauchen.
- Die EU-Länder müssen einen jährlichen Tätigkeitsbericht erstellen.
WANN TRITT DIE VERORDNUNG IN KRAFT?
Sie ist am 20. Februar 2019 in Kraft getreten. Die Verordnung (EU) 2019/125 kodifiziert und ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 und ihre späteren Änderungen.
HINTERGRUND
SCHLÜSSELBEGRIFFE
Folter: jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Diensts oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Strafen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind. Die Todesstrafe gilt unter keinen Umständen als gesetzlich zulässige Strafe.
Andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe: jede Handlung, durch die einer Person körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, die einen bestimmten Mindestschweregrad erreichen, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Diensts oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Strafen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind. Die Todesstrafe gilt unter keinen Umständen als gesetzlich zulässige Strafe.
Vermittlungstätigkeiten: die Aushandlung oder das Herbeiführen von Transaktionen zum Kauf, zum Verkauf oder zur Lieferung einschlägiger Güter von einem Nicht-EU-Land in ein anderes Nicht-EU-Land oder der Verkauf oder Kauf einschlägiger Güter, die sich in einem Drittland befinden, zur Verbringung in ein anderes Nicht-EU-Land.
Technische Hilfe: jede technische Unterstützung im Zusammenhang mit Reparaturen, Entwicklung, Herstellung, Erprobung, Wartung, Montage oder jeder anderen technischen Dienstleistung; technische Hilfe kann in Form von Anleitung, Beratung, Ausbildung, Weitergabe von praktischen Kenntnissen oder Fertigkeiten oder in Form von Beratungsdiensten erfolgen. Technische Hilfe schließt die Hilfe in mündlicher Form und Hilfe auf elektronischem Wege ein.
HAUPTDOKUMENT
Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (Kodifizierter Text) (ABl. L 30 vom 31.1.2019, S. 1-57)
VERBUNDENE DOKUMENTE
Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1-15). Neuveröffentlichung des Wortlauts in der Berichtigung (ABl. L 160 vom 29.5.2014, S. 40)
Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 134 vom 29.5.2009, S. 1-269)
Die im Nachhinein vorgenommenen Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.
Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern (ABl. L 335 vom 13.12.2008, S. 99-103)
Letzte Aktualisierung: 05.04.2019