BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

1. September 2015 ( *1 )

„Vorläufiger Rechtsschutz — Zugang zu Dokumenten — Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 — Dokumente, die sich im Besitz der EMA befinden und Informationen enthalten, die ein Unternehmen im Rahmen seines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels vorgelegt hat — Entscheidung, einem Dritten Zugang zu den Dokumenten zu gewähren — Antrag auf Aussetzung des Vollzugs — Dringlichkeit — Fumus boni iuris — Interessenabwägung“

In der Rechtssache T‑235/15 R,

Pari Pharma GmbH mit Sitz in Starnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Epping und Rechtsanwalt W. Rehmann,

Antragstellerin,

gegen

Europäische Arzneimittelagentur (EMA), vertreten durch T. Jabłoński, N. Rampal Olmedo, A. Rusanov und S. Marino als Bevollmächtigte,

Antragsgegnerin,

unterstützt durch

Novartis Europharm Ltd mit Sitz in Camberley (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Schoonderbeek,

Streithelferin,

wegen Antrags, der im Wesentlichen auf die Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses EMA/271043/2015 der EMA vom 24. April 2015 gerichtet ist, mit dem einem Dritten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) der Zugang zu bestimmten Dokumenten gewährt wird, die Informationen enthalten, die im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels Vantobra vorgelegt wurden,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss ( 1 )

Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren und Anträge der Parteien

1

Die Hauptaufgabe der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), die mit der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136, S. 1) gegründet wurde, besteht im Schutz und in der Förderung der Gesundheit von Menschen und Tieren durch die Beurteilung und die Überwachung der Human- und Tierarzneimittel. Zu diesem Zweck ist die EMA mit der wissenschaftlichen Beurteilung von Anträgen auf die Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) von Arzneimitteln in der Europäischen Union beauftragt (zentralisiertes Verfahren). Nach Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 erteilt die EMA den Mitgliedstaaten und den Organen der Union den bestmöglichen wissenschaftlichen Rat in Bezug auf alle an sie herangetragenen Fragen der Beurteilung der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit von Humanarzneimitteln oder Tierarzneimitteln.

2

Nach der Verordnung Nr. 726/2004 müssen bestimmte Kategorien von Arzneimitteln – wie Vantobra, das Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – im Rahmen des zentralisierten Verfahrens gemäß dieser Verordnung geprüft werden. Dieses Verfahren beinhaltet die Einreichung eines Zulassungsantrags durch das beteiligte pharmazeutische Unternehmen, der von der EMA geprüft und begutachtet wird, und den Erlass einer Entscheidung durch die Europäische Kommission über die Zulassung. Die Informationen, die derjenige, der einen Antrag auf Zulassung stellt, in den Dokumenten bereitzustellen hat, müssen es der EMA im Interesse der öffentlichen Gesundheit ermöglichen, ihr Gutachten auf der Grundlage objektiver wissenschaftlicher Kriterien der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels zur Beurteilung seines Nutzen-Risiko-Verhältnisses zu erstellen. Die alleinige Zuständigkeit für die Ausarbeitung des Gutachtens der EMA über sämtliche Fragen zu Humanarzneimitteln ist einem Ausschuss für Humanarzneimittel (im Folgenden: CHMP) zu übertragen.

3

Nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 veröffentlicht die EMA – nach Streichung aller vertraulichen Angaben geschäftlicher Art – den vom CHMP erstellten Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht (im Folgenden: EPAR) des Humanarzneimittels, d. h. eine allgemein verständliche Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels mit den Gründen für sein Gutachten zugunsten der Erteilung der Zulassung. Darüber hinaus erlässt die EMA gemäß Art. 80 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 die Regeln, nach denen der Öffentlichkeit regulatorische, wissenschaftliche oder technische Informationen über die Genehmigung und Überwachung von Arzneimitteln, die nicht vertraulich sind, zur Verfügung gestellt werden.

4

Nach Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 ist die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43), die den größtmöglichen Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten von Verwaltungsorganen der Union gewährleisten soll, auf die Dokumente der EMA anwendbar.

5

Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung u. a. der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums, beeinträchtigt würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. In Bezug auf Dokumente Dritter stellt Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 klar, dass das Organ diese Dritten konsultiert, um zu beurteilen, ob eine Ausnahmeregelung nach Abs. 2 anwendbar ist, es sei denn, es ist klar, dass das Dokument verbreitet werden muss bzw. nicht verbreitet werden darf. Nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 werden, wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.

6

Die EMA erließ am 19. Dezember 2006 zur Umsetzung der Verordnung Nr. 1049/2001 Regeln über den Zugang zu ihren Dokumenten. Darüber hinaus änderte die EMA zur Stärkung der Transparenz ihrer Arbeitsweise im November 2010 ihre Politik des Zugangs zu ihren Dokumenten (im Folgenden: Zugangspolitik), um den größtmöglichen Zugang zu ihren Dokumenten zu allen Fragen der Politiken, Aktivitäten und Entscheidungen, die in den Bereich ihres Auftrags und ihrer Zuständigkeiten fallen, zu gewährleisten, indem ein vorrangiger Zugang zu Dokumenten eröffnet wird, die wesentliche wissenschaftliche Informationen über die Sicherheit und die Wirksamkeit eines genehmigten Arzneimittels enthalten.

7

Die Klägerin, die Pari Pharma GmbH, ist ein pharmazeutisches, zum PARI-Konzern gehörendes Unternehmen, das weltweit 550 Mitarbeiter beschäftigt und hauptsächlich im Bereich der Optimierung von Aerosol-Sprühköpfen für flüssige und zur Inhalation bestimmte Arzneimittel, seien es neue oder eingeführte Erzeugnisse, tätig ist. Der PARI-Konzern agiert im Wesentlichen auf dem Feld der Entwicklung und der Vermarktung von Zerstäubern und der Methoden der Formulierung von Arzneimitteln und verfügt über eine von ihr entwickelte exklusive Technologie „eFlow“ von Verneblern für Inhalationstherapien, die für Erkrankungen der Atemwege vorgesehen sind. Die Klägerin ist auch Inhaberin von Zulassungen eigener Arzneimittel für Erkrankungen der Atemwege, die in Verbindung mit ihrem exklusiven Vernebler vermarktet werden.

8

Die Zulassung von Vantobra, 170 mg inhalierbare Lösung (Tobramycin), das Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, wurde von der Kommission am 18. März 2015 nach Durchführung eines zentralisierten Genehmigungsverfahrens nach der Verordnung Nr. 726/2004 erteilt. Das Arzneimittel ist für die Behandlung von durch Pseudomonas‑aeruginosa verursachte chronische pulmonale Infektionen bei Patienten ab sechs Jahren, die an zystischer Fibrose erkrankt sind, bestimmt. Vantobra ist ein Hybrid-Arzneimittel von TOBI 300 mg-5 ml inhalierbare Lösung (im Folgenden: TOBI). Nach dem Vorbringen der Klägerin bietet Vantobra aufgrund der Anwendung ihrer „eFlow“-Technologie gegenüber TOBI einen therapeutischen Vorteil wegen einer wesentlich verkürzten Behandlungsdauer.

9

Hinsichtlich TOBI ist die Streithelferin, die Novartis Europharm Ltd, Inhaberin einer von der Kommission am 20. Juli 2011 gemäß der Verordnung Nr. 726/2004 erteilten Zulassung für das Arzneimittel TOBI Podhaler, ein zur Inhalation bestimmtes Tobramycin-Trockenpulver. Das TOBI Podhaler wurde als „Arzneimittel für seltene Leiden“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. 2000, L 18, S. 1), d. h. Arzneimittel, die der Diagnose, der Verhütung oder der Behandlung seltener Leiden dienen, eingestuft. Zum Zweck der Förderung der Entwicklung von wirksamen Behandlungen für Patienten mit seltenen Leiden begründet diese Verordnung ein System von Anreizen, das die pharmazeutischen Unternehmen ermutigen soll, in die Forschung, die Entwicklung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln für seltene Leiden zu investieren.

10

Nach dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 141/2000 ist für die pharmazeutische Industrie der stärkste Anreiz für Investitionen in die Entwicklung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln für seltene Leiden die Aussicht auf ein mehrjähriges Marktexklusivitätsrecht, wodurch sich die Investitionen möglicherweise teilweise decken lassen.

11

Insoweit sieht Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 vor, dass die Arzneimittel für seltene Leiden, für die eine Zulassung erteilt wurde, über ein Marktexklusivitätsrecht in dem Sinne verfügen, dass „… die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten während der nächsten zehn Jahre weder einen anderen Antrag auf [Zulassung] eines ähnlichen Arzneimittels für dasselbe therapeutische Anwendungsgebiet annehmen noch eine entsprechende [Zulassung] erteilen noch einem Antrag auf Erweiterung einer bestehenden [Zulassung] stattgeben [werden]“.

12

Nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 141/2000 und in Abweichung von Abs. 1 „kann [jedoch] für ein ähnliches Arzneimittel mit demselben therapeutischen Anwendungsgebiet eine [Zulassung] gewährt werden, wenn

c)

der zweite Antragsteller in seinem Antrag nachweisen kann, dass das zweite Arzneimittel, obwohl es dem bereits zugelassenen und als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenen Arzneimittel ähnlich ist, sicherer, wirksamer oder unter anderen Aspekten klinisch überlegen ist“.

13

Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 besteht für TOBI Podhaler damit ein Marktausschließlichkeitsrecht, das als Folge der Gewährung einer Verlängerung von zwei Jahren erst am 20. Juli 2023 enden wird.

14

Was die Zulassung von Vantobra (siehe oben, Rn. 8) anbelangt, so wurde diese der Klägerin gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 141/2000 als Ausnahmeregelung gegenüber TOBI Podhaler erteilt. Diese Ausnahmebewilligung erfolgte nach der Durchführung des nachfolgend beschriebenen Verfahrens.

[nicht wiedergegeben]

23

Auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten ergänzenden Zusammenstellung von Daten über klinische Versuche und den dazugehörigen Berechnungen stellte der CHMP am 22. Januar 2015 fest, dass deren Vorbringen zur Stützung einer klinischen Überlegenheit von Vantobra im Sinne einer größeren Unschädlichkeit für einen bedeutenden Teil der betroffenen Bevölkerung hinreichend bewiesen sei und dass daher eine Zulassung für Vantobra zu erteilen sei. Diese befürwortende Stellungnahme beruht auf zwei Berichten des CHMP vom selben Tag, nämlich dem Evaluierungsbericht (EMA/CHMP/702525/2014) über die Ähnlichkeit von Vantobra mit Cayston und TOBI Podhaler (im Folgenden: Ähnlichkeitsbericht) und dem Evaluierungsbericht (EMA/CHMP/778270/2014) über die klinische Überlegenheit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler (im Folgenden: Überlegenheitsbericht). Diese Berichte wurden vom CHMP auf der Grundlage von Informationen erstellt, die von der Klägerin vorgelegt wurden. Die Kommission folgte bei der Erteilung der Zulassung am 18. März 2015 der Empfehlung der EMA (siehe oben, Rn. 8 und 14).

24

Am 13. April 2015 teilte die EMA der Klägerin mit, dass sie einen Antrag auf Zugang zu den Dokumenten betreffend das Arzneimittel Vantobra und insbesondere zu dem Ähnlichkeits- und dem Überlegenheitsbericht erhalten habe (im Folgenden zusammen: streitige Berichte). Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass es sich bei dem Antragsteller um die Gesellschaft Novartis Europharm, Inhaberin der Zulassung für das Arzneimittel TOBI Podhaler (siehe oben, Rn. 9), handelte. Die EMA wies auf ihre Absicht hin, diese Dokumente unter Vornahme von mehreren Streichungen persönlicher Daten zu verbreiten, und setzte der Klägerin eine Frist für das Ersuchen um zusätzliche Streichungen. In ihrer Antwort vom 20. April 2015 beantragte die Klägerin, die EMA möge die streitigen Berichte nicht veröffentlichen. Rein vorsorglich beantragte sie die Vornahme zusätzlicher Streichungen in den in Rede stehenden Dokumenten.

25

Am 24. April 2015 entschied die EMA, die in Rede stehenden Dokumente zu verbreiten (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Speziell im Hinblick auf die streitigen Berichte führte die EMA aus, dass diese, von einigen Ausnahmen abgesehen, keine „vertraulichen Informationen kommerzieller Art“ enthielten. Die Informationen, deren Vertraulichkeit von der Klägerin geltend gemacht worden sei, seien entweder zum überwiegenden Teil öffentlich zugänglich oder könnten ohne Weiteres aus öffentlich zugänglichen Informationen abgeleitet werden. Aber auch wenn diese Informationen als vertraulich eingestuft werden müssten, gäbe es ein übergeordnetes öffentliches Interesse, das ihre Veröffentlichung rechtfertige. Der angefochtene Beschluss wurde insbesondere auf die Zugangspolitik der EMA gestützt, wonach Dokumente, die wissenschaftliche Informationen enthalten, einschließlich der im Bereich der Arzneimittel für seltene Leiden vom CHMP erstellten Stellungnahmen und Evaluierungsberichte, veröffentlicht werden, sobald das Verfahren der Zulassung eines Arzneimittels abgeschlossen ist.

26

Mit Klageschrift, die am 15. Mai 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin eine Klage erhoben, die im Wesentlichen auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtet ist, soweit dieser einem Dritten den Zugang zu den streitigen Berichten gewährt. Zur Stützung dieser Klage macht sie im Wesentlichen geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 und Art. 339 AEUV verstoße und dass er ihre Grundrechte auf Schutz des Privatlebens und vertraulicher Informationen gemäß Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verletze.

27

Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden ist, hat die Klägerin den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, in dem sie sinngemäß beantragt:

den Vollzug des angefochtenen Beschlusses auszusetzen, soweit mit ihm einem Dritten Zugang zu den streitigen Berichten gewährt wird;

der EMA aufzugeben, diese Berichte nicht zu verbreiten;

hilfsweise, rein vorsorglich, der EMA aufzugeben, folgende Dokumente nicht zu verbreiten:

den Überlegenheitsbericht, ohne weitere Streichungen vorzunehmen auf S. 9 (höhere respiratorische Verträglichkeit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler), den S. 11, 12 und 14 (Extrapolation der Verträglichkeit von TOBI gegenüber Vantobra), den S. 17 bis 19 (Stellungnahme der Klägerin Q.1, Bewertung der Antwort) und den S. 19 bis 23 (Stellungnahme der Klägerin Q.2, Bewertung der Antwort, Schlussfolgerung und Empfehlung), wie in Anlage A 1 des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt;

den Ähnlichkeitsbericht, ohne weitere Streichungen vorzunehmen auf den S. 9 und 10, Abschnitt 2.3 (Therapeutische Indikationen, Daten einer Feldstudie) sowie auf den S. 11 und 12, Abschnitt 2.3 (Therapeutische Indikationen, Befragung von Ärzten in CF Zentren), wie in Anlage A 2 des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt;

der EMA die Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

28

In ihrer Stellungnahme zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, die am 1. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt die EMA:

den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

[nicht wiedergegeben]

30

Mit Beschluss vom 22. Juni 2015 hat der Präsident des Gerichts die Gesellschaft Novartis Europharm im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der EMA zugelassen. Auf den Antrag der Hauptparteien, bestimmte Aktenstücke als vertraulich zu betrachten, und nach Vorlage einer nicht vertraulichen Fassung der in Rede stehenden Aktenstücke zum Zweck der Mitteilung an die Streithelferin hat der Präsident angeordnet, dass die Mitteilung der zugestellten und zuzustellenden Aktenstücke an diese Partei auf diese nicht vertrauliche Fassung zu beschränken ist, verbunden mit der Feststellung, dass eine Entscheidung über die Begründetheit des Vertraulichkeitsantrags angesichts der Einwände, die von der Streithelferin hierzu vorgebracht werden könnten, zu einem späteren Zeitpunkt getroffen wird.

31

Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2015 hat die Streithelferin gegenüber dem überwiegenden Teil der Aktenstücke, die in dem Beschluss vom 22. Juni 2015 vorläufig als vertraulich eingestuft worden waren, Einwände vorgebracht. Gleichwohl hat sie am 30. Juni 2015 einen Streithilfeschriftsatz eingereicht, in dem sie beantragt, der Präsident des Gerichts möge den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückweisen und die Klägerin in vollem Umfang zur Tragung der Kosten verurteilen. Die Hauptparteien haben am 8. und 9. Juli 2015 zu diesem Schriftsatz Stellung genommen.

32

Die Streithelferin hatte zuvor am 28. Mai 2015 beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 18. März 2015 erhoben, mit dem die Kommission die Zulassung für Vantobra erteilt hatte (siehe oben, Rn. 8 und 14), und zur Begründung angeführt, dass dieser Beschluss die Marktausschließlichkeit verletze, über die sie nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 für ihr Arzneimittel TOBI Podhaler (Rechtssache T‑269/15, Novartis Europharm/Kommission) verfüge.

Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

Zum fumus boni iuris

37

In der Rechtsprechung sind mehrere Formulierungen verwendet worden, um die Voraussetzung des fumus boni iuris je nach den Umständen des Einzelfalls zu definieren (vgl. in diesem Sinne Beschluss Kommission/Atlantic Container Line u. a., oben in Rn. 35 angeführt, EU:C:1995:257, Rn. 26).

38

So ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn zumindest einer der von dem Beteiligten, der die einstweiligen Anordnungen zur Stützung seiner Hauptsacheklage beantragt, geltend gemachten Klagegründe auf den ersten Blick nicht ohne ernsthafte Grundlage erscheint. Dies ist insbesondere der Fall, wenn einer der vorgebrachten Klagegründe komplexe rechtliche Fragen aufwirft, die prima facie nicht für irrelevant erklärt werden können, sondern einer eingehenden Prüfung bedürfen, die nicht von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter vorgenommen werden kann, sondern Gegenstand des Verfahrens zur Hauptsache sein muss, oder wenn ausweislich des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten eine bedeutsame rechtliche Kontroverse besteht, deren Lösung sich nicht ohne Weiteres aufdrängt (vgl. Beschluss vom 10. September 2013, Kommission/Pilkington Group, C‑278/13 P[R], EU:C:2013:558, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39

In diesem Zusammenhang ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das auf einer Prüfung prima facie beruht, nicht dafür geschaffen ist, das tatsächliche Vorliegen von komplexen und in hohem Maß kontroversen Tatumständen nachzuweisen. Denn der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes verfügt nicht über die Mittel, die notwendig sind, um derartige Prüfungen durchzuführen, und er wird in einer Vielzahl von Fällen nur unter Schwierigkeiten in der Lage sein, das in angemessener Zeit zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 24. April 2008, Kommission/Malta, C‑76/08 R, EU:C:2008:252, Rn. 36).

40

Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, eine Veröffentlichung der streitigen Berichte missachte deren Vertraulichkeit und stelle einen Verstoß gegen ihr von Art. 339 AEUV, Art. 8 EMRK und Art. 7 der Grundrechtecharta gewährleistetes Recht auf Schutz des Berufsgeheimnisses dar. Diese Offenlegung sei auch nicht durch die Verordnung Nr. 1049/2001, durch Art. 15 Abs. 3 AEUV oder durch die Zugangspolitik der EMA gerechtfertigt.

[nicht wiedergegeben]

47

Die EMA gibt zur Antwort, die Klägerin habe das Vorliegen eines fumus boni iuris nicht nachgewiesen. Sie ist der Ansicht, die Argumentation der Klägerin habe große Ähnlichkeit mit jener, die zwar von anderen pharmazeutischen Laboren vorgebracht worden sei und mit der die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen der EMA über die Offenlegung der in den Akten zu den Zulassungsanträgen enthaltenen klinischen und nicht klinischen Informationen geltend gemacht worden sei, nämlich der in den Rechtssachen T‑44/13, AbbVie/EMA (EU:T:2014:694), gestrichen am 17. Juli 2014, und T‑73/13, InterMune UK u. a./EMA (EU:T:2015:531), gestrichen am 29. Juni 2015, in denen die Klägerinnen ihre Klagen auf Nichtigerklärung zurückgenommen hätten. Wie von ihr auch schon im Rahmen dieser Rechtssachen vorgebracht, ist die EMA der Auffassung, die allgemeine These der Klägerin, wonach der gesamte Inhalt der streitigen Berichte vertraulich behandelt werden müsse, entbehre jeder Grundlage. Insbesondere sei ein wesentlicher Teil dieser Berichte öffentlich zugänglich, da er auf allgemein bekannten Internetseiten und insbesondere auf der Website der EMA selbst veröffentlicht sei und im EPAR enthalten sei. Deshalb müsse das Vorbringen, wonach die streitigen Berichte umfassend in den Schutzbereich der Bestimmungen des Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen, zurückgewiesen werden.

[nicht wiedergegeben]

51

Insoweit ist festzustellen, dass die beiden streitigen Berichte mit einem Umfang von 27 bzw. 24 Seiten, deren Vertraulichkeit von der Klägerin geltend gemacht wird, die vom CHMP abgegebene Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen zwei Arzneimitteln, nämlich Vantobra und TOBI Podhaler, und der klinischen Überlegenheit des erstgenannten Arzneimittels gegenüber dem zweitgenannten enthalten. Diese Beurteilung erfolgt in einem sehr spezifischen pharmazeutischen Sektor, nämlich jenem der Arzneimittel für seltene Leiden, und bezieht sich insbesondere auf klinische Studien im Bereich der Pharmakokinetik und der Bioäquivalenz. Sie wirft damit Fragen auf, die im Hinblick auf die Erteilung einer Zulassung für das Arzneimittel Vantobra hoch spezialisierte wissenschaftliche Evaluationen im Bereich der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit bedingen, wobei hierzu auch die Beurteilung gehört, ob und inwieweit dessen therapeutische Merkmale mit Hilfe der Verwendung der Inhalationstechnik „eFlow“ die Ansicht rechtfertigen können, wonach Vantobra gegenüber TOBI Podhaler einen Vorteil bietet. Bei der Prüfung der streitigen Berichte und insbesondere der Frage, ob die EMA dadurch Fehler begangen hat, dass sie die Vertraulichkeitsanträge der Klägerin zurückgewiesen hat, ist der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes daher mit komplexen wissenschaftlichen Problemen konfrontiert, deren Lösung nicht vorab im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes stattfinden kann, sondern eine detaillierte Prüfung durch die Richter im Hauptverfahren erfordert.

52

Soweit die EMA und die Streithelferin darauf hinweisen, dass große Teile der streitigen Berichte bereits öffentlich zugänglich seien, ist einzuräumen, dass nicht die vertrauliche Behandlung eines punktuellen Gesichtspunkts, wie z. B. eine Zahlenangabe, die für ein Unternehmen in finanzieller Hinsicht von Bedeutung ist, verlangt werden kann, die bereits Gegenstand einer den Beteiligten zugänglichen Veröffentlichung war. Im vorliegenden Fall bezieht sich die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage der Vertraulichkeit jedoch nicht auf die eine oder andere spezielle Zahl, sondern auf mehrere Passagen ganzer Texte, hinsichtlich deren die Klägerin vorbringt, dass sie in der genauen Konfiguration und Anordnung ihrer einzelnen Bestandteile weder dem allgemeinen Publikum noch im Kreis der Wirtschaftsteilnehmer des pharmazeutischen Sektors allgemein bekannt seien. Es stellt sich daher die Frage, ob der Umstand, dass die Klägerin dem allgemeinem Publikum bekannte wissenschaftliche Daten zusammengefasst und geheim gehaltene wissenschaftliche Daten hinzugefügt haben will, um so ein komplexes Gebilde aus Informationen zu erstellen, das als solches nicht ohne Schwierigkeiten zugänglich ist, es rechtfertigen kann, diesem Komplex eine vertrauliche Behandlung zukommen zu lassen. Auch bei dieser Diskussion ergeben sich Probleme, die nicht vorab im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu lösen sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 25. Juli 2014, Deza/ECHA, T‑189/14 R, EU:T:2014:686, Rn. 53).

53

Bei verständiger Würdigung ist nämlich in diesem Stadium nicht auszuschließen, dass die Richter im Hauptverfahren die besondere Art und Weise, wie die Klägerin im Hinblick auf die Bewertung ihres Antrags auf Erteilung der Zulassung für das Arzneimittel Vantobra durch die EMA nicht vertrauliche und vertrauliche Informationen verwendet, als vertraulich anerkennen, soweit eine solche kreative Strategie den bei isolierter Betrachtung nicht vertraulichen Bestandteilen einen wissenschaftlichen Mehrwert verleiht (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

Auch wenn davon auszugehen ist, dass die von der Klägerin verwendeten Quellen weitgehend öffentlich zugänglich sind, so ist dennoch festzuhalten, dass deren Bewertung und Zusammenstellung auf der Grundlage einer Marktstudie – die von ihr vorgenommen wurde, um nachzuweisen, dass es eine bedeutende Anzahl von Patienten als Zielpersonen von Vantobra gibt, weil diese eine Inhalation von Trockenpulver nicht vertragen – notwendig waren, um gegenüber der EMA und der Kommission die Ähnlichkeit und die klinische Überlegenheit von Vantobra im Vergleich zu TOBI Podhaler nachzuweisen. Die Ergebnisse dieser Marktstudie wurden jedoch nie öffentlich zugänglich gemacht und fanden nur im Rahmen des Verfahrens über den Antrag auf Zulassung von Vantobra Verwendung, mit Ausnahme einer kurzen Zusammenfassung, die vor einem begrenzten Kreis von Fachärzten im Rahmen einer wissenschaftlichen Konferenz im Juni 2014 präsentiert wurde. Gleiches gilt für die insbesondere im Überlegenheitsbericht enthaltene Zusammenstellung von Daten über klinische Versuche. Es wird Sache der Richter des Hauptverfahrens sein, gegebenenfalls zu beurteilen, ob der Grad der Neuheit und der Umfang der von der Klägerin zu diesem Zweck in zeitlicher und finanzieller Hinsicht aufgebrachten Investitionen ausreichend sind, um die beantragte vertrauliche Behandlung zu rechtfertigen.

55

Im Übrigen ist festzustellen, dass, falls die Richter des Hauptverfahrens dem Argument der Klägerin zustimmen sollten, dass die streitigen Berichte als solche insgesamt gesehen vertraulich sind, und die Auffassung vertreten sollten, dass diese Berichte eine besondere Art von Informationen darstellen, für die eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gilt, sich zum einen die Frage einer teilweisen Verbreitung der darin enthaltenen öffentlichen Daten nicht stellen würde, da ein Dokument, für das seine solche Vermutung gilt, nicht von der Verpflichtung zu einer teilweisen Verbreitung erfasst wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, Slg, EU:C:2012:393, Rn. 133, und vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, Slg, EU:C:2014:112, Rn. 134). Zum anderen wären auch nicht alle Bestandteile der streitigen Berichte individuell zu prüfen, um festzustellen, ob eine Offenlegung gerade dieser Einzelheit konkret und tatsächlich die geschäftlichen Interessen der Klägerin beeinträchtigen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/EnBW, EU:C:2014:112, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Die Frage, ob die streitigen Berichte eine besondere Art von Informationen darstellen, für die allein aufgrund ihrer Natur eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gilt, sollte die Richter des Hauptverfahrens zu der Prüfung veranlassen, ob, wie es von der Klägerin geltend gemacht wird, die öffentlichen und die nicht öffentlichen Bestandteile der streitigen Berichte ein untrennbares Gebilde von wirtschaftlichem Wert darstellen, das als solches einer Anwendung von Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 entzogen ist. Es erscheint jedenfalls für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens unsinnig – und für die Streithelferin, die bei der EMA den Zugang zu den streitigen Berichten beantragt hat, nutzlos – zu sein, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes eine Verbreitung zuzulassen, die strikt auf die Daten begrenzt ist, die bereits öffentlich zugänglich sind. Denn die Streithelferin, die dem Berufskreis angehört, für die diese Art von Informationen von Interesse ist, dürfte mittels der geeigneten Rechercheinstrumente über das Internet problemlos Zugang zu diesen Passagen der streitigen Berichte erhalten (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 56).

57

Die Richter des Hauptverfahrens müssten ferner berücksichtigen, dass sich die Klägerin auf das in Art. 8 EMRK verankerte Grundrecht eines Unternehmens auf das Geheimnis des Privatlebens beruft, dessen Inhalt jenem von Art. 7 der Grundrechtecharta entspricht, indem sie geltend macht, dass eine Offenlegung der streitigen Berichte ihre Geschäftsgeheimnisse beeinträchtigen würde, da der Gerichtshof die Notwendigkeit anerkannt habe, die Verbreitung von als vertraulich qualifizierten Informationen zur Wahrung des in Art. 8 EMRK und Art. 7 der Grundrechtecharta verankerten Grundrechts eines Unternehmens auf Achtung des Privatlebens zu untersagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, Slg, EU:C:2008:91, Rn. 47 und 48). Wie die Klägerin zu Recht festgestellt hat, darf aber der von diesen Bestimmungen des Primärrechts gewährte Schutz nicht durch eine bloße Verwaltungspraxis wie der Zugangspolitik der EMA beeinträchtigt werden.

58

Falls im Übrigen angenommen werden sollte, die streitigen Berichte könnten unter die Ausnahme des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 fallen, so wird bei der Frage, ob nicht gleichwohl ein höherrangiges öffentliches Interesse ihre öffentliche Verbreitung rechtfertigen könnte, eine Güterabwägung erforderlich sein zwischen dem geschäftlichen Interesse der Klägerin an der Nichtverbreitung dieser Berichte und dem allgemeinen Interesse, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Union zu gewährleisten. Eine solche Abwägung der unterschiedlichen Interessen, die im Spiel sind, wird jedoch anspruchsvolle Beurteilungen erfordern, die den Richtern des Hauptverfahrens vorbehalten sein müssen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 61). Dies gilt umso mehr, als zu berücksichtigen ist, dass die Streithelferin ihrerseits ebenfalls ein Grundrecht geltend macht, nämlich ihr in Art. 47 der Grundrechtecharta verankertes Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, indem sie vorbringt, sie müsse Zugang zu den streitigen Berichten erhalten, um ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses über die Erteilung der Zulassung für Vantobra an die Klägerin zu stützen und um damit die Marktausschließlichkeit von TOBI Podhaler schützen zu können (siehe oben, Rn. 32). Im Übrigen darf diese von den Richtern des Hauptverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung nicht mit der Abwägung verwechselt werden, die für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes stattfinden wird (siehe oben, Rn. 64 bis 73).

59

Soweit die EMA und die Streithelferin des Weiteren auf die Bedeutung der Transparenz im Interesse der menschlichen Gesundheit sowie dem der Ärzte und Patienten hinweisen, ist nicht auszuschließen, dass derartige Erwägungen bei der Entscheidung im Verfahren in der Hauptsache berücksichtigt werden. Jedoch tragen diese Parteien keine Gründe für eine besondere Dringlichkeit vor, die aufgrund einer nicht nur potenziellen, sondern auch tatsächlichen Gefährlichkeit des Arzneimittels Vantobra eine unverzügliche Verbreitung der streitigen Berichte erforderten und die daher dem Erlass der beantragten einstweiligen Maßnahmen entgegenstünden. Jedenfalls scheint es eher angebracht, die mögliche Gefährlichkeit von Vantobra bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Erteilung der Zulassung für Vantobra an die Klägerin im Rahmen der Rechtssache T‑269/15 zu berücksichtigen (siehe oben, Rn. 32).

60

Nach alledem ist – unbeschadet der Gewichtigkeit der von der EMA und der Streithelferin vorgetragenen Argumente, deren Begründetheit von den Richtern des Hauptverfahrens geprüft werden wird – festzustellen, dass die vorliegende Rechtssache komplexe Fragen aufwirft, die prima facie nicht als offensichtlich irrelevant angesehen werden können, sondern deren Lösung einer eingehenden Prüfung im Verfahren zur Hauptsache bedarf, umso mehr, als die dargestellten besonderen Probleme der Vertraulichkeit sowie die neue Zugangspolitik der EMA noch nicht Gegenstand einer Entscheidung durch den Unionsrichter waren, wie die EMA in Rn. 78 ihrer Stellungnahme vom 1. Juni 2015 anerkannt hat.

[nicht wiedergegeben]

62

Infolgedessen gibt es keine Rechtsprechung, auf deren Grundlage ohne Weiteres die Fragen zur Vertraulichkeit beantwortet werden könnten, die im vorliegenden Fall durch ein späteres Urteil im Hauptverfahren entschieden werden müssen. Es handelt sich hier um bisher nicht beantwortete Grundsatzfragen, die der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes nicht erstmals entscheiden kann. Vielmehr bedürfen diese Fragen einer eingehenden Prüfung im Rahmen des Hauptverfahrens (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 63).

63

Es ist daher davon auszugehen, dass hinsichtlich der streitigen Berichte ein fumus boni iuris vorliegt.

Zur Interessenabwägung

64

Nach einer gefestigten Rechtsprechung besteht die Aufgabe des Richters des vorläufigen Rechtsschutzes bei der Interessenabwägung darin, festzustellen, ob das Interesse der die einstweiligen Anordnungen beantragenden Partei an deren Erlass schwerer wiegt als das Interesse an einem sofortigen Vollzug des streitigen Rechtsakts, indem er insbesondere prüft, ob die etwaige Nichtigerklärung dieses Rechtsakts durch das Gericht in der Hauptsache die Umkehrung der Lage erlauben würde, die durch seinen sofortigen Vollzug entstünde, und – umgekehrt – ob die Aussetzung des Vollzugs dieses Rechtsakts dessen volle Wirksamkeit behindern könnte, falls die Klage abgewiesen würde (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 11. Mai 1989, Radio Telefis Eireann u. a./Kommission, 76/89 R, 77/89 R und 91/89 R, Slg, EU:C:1989:192, Rn. 15, und vom 26. Juni 2003, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 R und C‑217/03 R, Slg, EU:C:2003:385, Rn. 142).

65

Was speziell die erforderliche Umkehrbarkeit der durch eine einstweilige Anordnung geschaffenen Rechtslage betrifft, so ist zu berücksichtigen, dass der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes allein darin besteht, die volle Wirksamkeit der künftigen Entscheidung zur Hauptsache zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. September 2004, Kommission/Akzo und Akcros, C‑7/04 P[R], Slg, EU:C:2004:566, Rn. 36). Dieses Verfahren steht somit in einem rein akzessorischen Verhältnis zum Verfahren zur Hauptsache, dem es untergeordnet ist (Beschluss vom 12. Februar 1996, Lehrfreund/Rat und Kommission, T‑228/95 R, Slg, EU:T:1996:16, Rn. 61), mit der Folge, dass die Entscheidung des Richters des vorläufigen Rechtsschutzes vorläufiger Natur sein muss und die Entscheidung zur Hauptsache weder vorwegnehmen noch ihr die praktische Wirksamkeit nehmen und sie dadurch sinnlos machen darf (Beschlüsse vom 17. Mai 1991, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90 R, Slg, EU:C:1991:220, Rn. 24, und vom 12. Dezember 1995, Connolly/Kommission, T‑203/95 R, Slg, EU:T:1995:208, Rn. 16).

66

Daraus ergibt sich notwendig, dass das Interesse einer Partei eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht schutzwürdig ist, soweit es darauf gerichtet ist, eine Entscheidung des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters zu erwirken, die nicht nur vorläufiger Natur wäre, sondern die zukünftige Entscheidung zur Hauptsache vorwegnehmen und ihr die praktische Wirksamkeit nehmen und dadurch sinnlos machen würde.

67

Im vorliegenden Fall wird das Gericht im Rahmen des Hauptverfahrens darüber entscheiden müssen, ob der angefochtene Beschluss – mit dem die EMA den Vertraulichkeitsantrag der Klägerin zurückgewiesen und seine Absicht dokumentiert hat, die streitigen Berichte einem Dritten zugänglich zu machen – wegen des Verstoßes gegen die Vertraulichkeit dieser Berichte für nichtig zu erklären ist, da deren Offenlegung insbesondere eine Verletzung von Art. 8 EMRK, Art. 7 der Grundrechtecharta und Art. 339 AEUV darstellen würde. Insoweit ist es offensichtlich, dass die Klägerin, damit die praktische Wirksamkeit eines Urteils, das den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt, gewahrt wird, verhindern können muss, dass die EMA eine widerrechtliche Verbreitung dieser Berichte vornimmt. Ein künftiges Nichtigkeitsurteil würde jedoch sinnlos und wäre seiner praktischen Wirksamkeit enthoben, wenn der vorliegende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen würde, da diese Zurückweisung zur Folge hätte, dass es der EMA gestattet würde, die streitigen Berichte umgehend zu veröffentlichen, und somit de facto die zukünftige Entscheidung zur Hauptsache, d. h. eine Abweisung der Nichtigkeitsklage, vorweggenommen würde.

68

Daraus folgt, dass das Interesse der EMA an der Zurückweisung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz dem von der Klägerin geltend gemachten Interesse weichen muss, umso mehr, als der Erlass der beantragten einstweiligen Maßnahmen nur dazu führen würde, dass der Status quo für eine begrenzte Zeit aufrechterhalten bliebe, während die EMA in keinerlei Hinsicht vorgebracht hat, dass eine Offenlegung der streitigen Berichte einem zwingenden Bedürfnis des Schutzes der öffentlichen Gesundheit entspreche, und sich u. a. auf eine Geltendmachung des allgemeinen Transparenzgrundsatzes beschränkt hat (siehe oben, Rn. 59).

69

Was das Interesse der Streithelferin anbelangt, die bei der EMA die Weitergabe der streitigen Berichte beantragt hat, ist zwar einzuräumen, dass sie sich auf ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union im Sinne von Art. 15 Abs. 3 AEUV berufen kann. Jedoch würde die Ausübung dieses Rechts im Fall einer Gewährung der von der Klägerin beantragten einstweiligen Maßnahmen lediglich verzögert, was nur eine zeitliche Einschränkung des Gebrauchs dieses Rechts bedeuten würde, wohingegen das Recht der Klägerin auf Schutz der Vertraulichkeit dieser Berichte im Fall der Zurückweisung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz zunichte gemacht würde.

70

Soweit die Streithelferin ihr in Art. 47 der Grundrechtecharta verankertes Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf geltend macht, indem sie vorbringt, sie müsse Zugang zu den streitigen Berichten haben, um in der Lage zu sein, die Marktausschließlichkeit ihres Arzneimittels TOBI Podhaler zu schützen und ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses zu stützen, mit dem die Kommission der Klägerin die Zulassung für Vantobra erteilt hat (Rechtssache T‑269/15, siehe oben, Rn. 32), lässt sich nicht abstreiten, dass dieser Zugang für diese Partei von Nutzen sein könnte, da die Erteilung der Zulassung für Vantobra tatsächlich mit der befürwortenden Stellungnahme gerechtfertigt wurde, die von der EMA auf die streitigen Berichte gestützt worden war. Jedoch dürfte die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Streithelferin Zugang zu den streitigen Berichten gewährt werden darf, vorzugsweise von den in der Rechtssache T‑269/15 zuständigen Richtern zu entscheiden sein.

71

Wenn sich nämlich die Kommission in dem Rechtsstreit in der Rechtssache T‑269/15 auf die streitigen Berichte berufen sollte, um die Ähnlichkeit und die klinische Überlegenheit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler zu begründen, müsste die Streithelferin den Zugang zu ihnen beantragen und müssten die Richter des Hauptverfahrens beurteilen, ob ihr zur Wahrung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf der beantragte Zugang gewährt werden müsste. Dabei wäre die Streithelferin im Fall des Zugangs zu diesen Berichten daran gehindert, von ihnen einen möglicherweise unangemessenen Gebrauch zu machen, da sie diese nur für die Vertretung ihrer eigenen Interessen im Rahmen der Rechtssache T‑269/15 und zu keinem anderen Zweck verwenden dürfte (vgl. in diesem Sinne Beschluss Kommission/Pilkington Group, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558, Rn. 57; Urteil vom 17. Juni 1998, Svenska Journalistförbundet/Rat, T‑174/95, Slg, EU:T:1998:127, Rn. 135 bis 137, und Beschluss vom 28. April 1999, Van Parys u. a./Kommission, T‑11/99 R, Slg, EU:T:1999:86, Rn. 22). Falls dagegen die streitigen Berichte gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 im Rahmen des vorliegenden Verfahrens öffentlich verbreitet würden, hätte diese Verbreitung insoweit eine Wirkung erga omnes zur Folge, als sie anderen Antragstellern mitgeteilt werden könnten und jede Person ein Recht auf Zugang zu ihnen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2010, Agapiou Joséphidès/Kommission und EACEA, T‑439/08, EU:T:2010:442, Rn. 116). Eine solche Wirkung erga omnes ginge jedoch offensichtlich über den Bereich der legitimen Interessen der Streithelferin hinaus, die nur ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Hinblick auf die Rechtssache T‑269/15 geltend machen will.

72

Im Übrigen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Streithelferin das in der Rechtssache T‑269/15 angestrebte Ziel, nämlich die Nichtigerklärung des Beschlusses über die Erteilung der Zulassung für Vantobra, erreichen könnte, ohne sich hierfür auf die streitigen Berichte zu stützen, nämlich dann, wenn es ihr gelänge, das Gericht davon zu überzeugen, dass diese Entscheidung gerade deshalb mit einem Begründungsmangel behaftet ist, weil die Kommission ihr nicht den relevanten Inhalt dieser Berichte zugänglich gemacht hat.

73

Daraus folgt, dass das Interesse der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch jenem der Streithelferin vorgehen muss.

Zur Dringlichkeit

[nicht wiedergegeben]

84

Im vorliegenden Fall ist der geltend gemachte Schaden die Folge einer Verbreitung von angeblich vertraulichen Informationen. Für die Beurteilung des Vorliegens eines schweren und irreparablen Schadens muss der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes zwangsläufig von der Prämisse ausgehen, dass die Informationen, deren Vertraulichkeit behauptet wurde, gemäß dem Vorbringen der Klägerin sowohl in ihrer Klage als auch im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes tatsächlich vertraulich sind (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Kommission/Pilkington Group, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558, Rn. 38, und EMA/AbbVie, oben in Rn. 79 angeführt, EU:C:2013:794, Rn. 38).

85

Daher sind im vorliegenden Fall zum Zweck der hier vorzunehmenden Prüfung der Dringlichkeit die streitigen Berichte als vertraulich zu betrachten, was wiederum zur Folge hat, dass die Argumente, mit denen die EMA diese Vertraulichkeit in Abrede stellt, zurückzuweisen sind.

86

Sodann kann der durch die Veröffentlichung angeblich vertraulicher Informationen über das Internet verursachte Schaden zwar grundsätzlich, insbesondere hinsichtlich seiner Natur und der voraussehbaren Art seines Auftretens, nicht mit dem Schaden verglichen werden, der mit der öffentlichen Weitergabe dieser Informationen an einen Dritten, insbesondere zu ihrer Verwendung zu geschäftlichen Zwecken, verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss EMA/AbbVie, oben in Rn. 79 angeführt, EU:C:2013:794, Rn. 50). Weder per definitionem noch in begrifflicher Hinsicht ist aber ausgeschlossen, dass der Schaden, der durch diese öffentliche Weitergabe an eine dritte Person verursacht wird, als solcher als schwer und irreparabel einzustufen ist (Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 81).

87

Jedenfalls hängt die Frage, inwieweit die Verbreitung angeblich vertraulicher Informationen einen derartigen Schaden verursacht, von einer Kombination von Umständen ab, wie insbesondere ihrer Bedeutung in beruflicher und kommerzieller Hinsicht für das Unternehmen, das ihren Schutz beansprucht, und ihrem Nutzen für andere auf dem Markt präsente Unternehmen, die von ihnen Kenntnis erlangen und sie daraufhin nutzen können (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Kommission/Pilkington Group, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558, Rn. 42, EMA/AbbVie, oben in Rn. 79 angeführt, EU:C:2013:794, Rn. 42, und Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 82).

88

Was insbesondere den von der Klägerin im vorliegenden Fall geltend gemachten Schaden anbelangt, wurde von der Rechtsprechung entschieden, dass ein objektiv erheblicher oder auch ein nicht unbeachtlicher finanzieller Schaden als „schwer“ eingestuft werden kann, ohne dass er systematisch zu dem Umsatz des Unternehmens in Beziehung gesetzt werden muss, das sein Entstehen befürchtet (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. März 2013, EDF/Kommission, C‑551/12 P[R], Slg, EU:C:2013:157, Rn. 32 und 33; vgl. auch entsprechend Beschluss vom 8. April 2014, Kommission/ANKO, C‑78/14 P‑R, Slg, EU:C:2014:239, Rn. 34).

89

Die streitigen pharmazeutischen Berichte enthalten hoch spezialisierte wissenschaftliche Beurteilungen im Bereich der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit und rechtfertigen die Erteilung einer Zulassung für das Arzneimittel Vantobra der Klägerin damit, dass die therapeutischen Eigenschaften dieses Arzneimittels gegenüber einem anderen ähnlichen Arzneimittel einen Vorteil bieten. Diese Berichte berühren damit die produzierende und die kommerzielle Tätigkeit der Klägerin. Darüber hinaus sind sie in Anbetracht der Marktanteile, die Vantobra als Arzneimittel, das TOBI Podhaler überlegen ist, im Wettbewerb mit diesem erzielen könnte (siehe oben, Rn. 76), objektiv geeignet, im Wettbewerb eingesetzt zu werden. Was den Vermögenswert der streitigen Berichte anbelangt, wird er durch den Verlauf des vor der EMA durchgeführten Verfahrens der Genehmigung von Vantobra bezeugt: Nach einer ungefähr 30-monatigen Verfahrensdauer und aufgrund eines ständigen Dialogs mit dem CHMP (siehe oben, Rn. 15 bis 23) gelang es der Klägerin – indem sie öffentliche Informationen mit Daten ihrer neuen Marktstudie kombinierte und analysierte –, den CHMP und die Kommission von der Ähnlichkeit und der klinischen Überlegenheit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler zu überzeugen. Dabei wurden die von der Klägerin zusammengestellten öffentlichen und nicht öffentlichen Bestandteile alle in die streitigen Berichte aufgenommen. Diese können auch für die zukünftige Entwicklung und Planung der Klägerin im Hinblick auf das Inverkehrbringen des Arzneimittels Vantobra auf den verschiedensten Märkten relevant sein. Daraus folgt, dass die streitigen Berichte, für die im Zusammenhang mit der Dringlichkeit die Vermutung der Vertraulichkeit gelten muss (siehe oben, Rn. 84 und 85), ein immaterielles Wirtschaftsgut darstellen, das zu Wettbewerbszwecken eingesetzt werden kann und bei dem die Gefahr besteht, dass sein Wert erheblich herabgesetzt, wenn nicht gar beseitigt würde, wenn sie ihren vertraulichen Charakter verlören (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 85).

90

Im Übrigen ist die von der Klägerin geltend gemachte Schwere des Schadens auch aus folgendem Grund erwiesen: Zum einen ist das Vorliegen eines fumus boni iuris im vorliegenden Fall mit dem Umstand begründet worden, dass der Vertraulichkeitsantrag der Klägerin komplexe Fragen aufwirft, die eine eingehende Prüfung durch die Richter des Hauptverfahrens erfordern; zum anderen muss der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes zum Zweck der Bewertung der Dringlichkeit von der Prämisse ausgehen, dass die angeblich vertraulichen Informationen auch tatsächlich vertraulich sind (siehe oben, Rn. 84). Eine Information wirtschaftlicher Art ist jedoch nur dann als vertraulich einzustufen, wenn ihre Verbreitung die geschäftlichen und finanziellen Interessen der Person, die über sie verfügt, ernsthaft zu verletzen droht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. September 1996, Postbank/Kommission, T‑353/94, Slg, EU:T:1996:119, Rn. 87, vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, Slg, EU:T:2006:136, Rn. 71, und vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, T‑474/04, Slg, EU:T:2007:306, Rn. 65). Daraus folgt, dass die Prüfung der Frage, ob eine Verbreitung der streitigen Berichte der Klägerin einen „leichten“ oder „schweren“ Schaden zufügt, nicht von der eingehenden Prüfung durch die Richter des Hauptverfahrens getrennt werden kann. Angesichts seiner akzessorischen Rolle im Verhältnis zu jener der Richter des Hauptverfahrens muss der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes daher jedenfalls für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens nicht nur die Vertraulichkeit der streitigen Berichte, sondern auch die Schwere des der Klägerin durch die Verbreitung dieser Berichte möglicherweise entstehenden Schadens vermuten (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 86).

91

Infolgedessen hat die Klägerin die Schwere des finanziellen Schadens, der ihr im Fall der Verbreitung der streitigen Berichte zu entstehen droht, rechtlich hinreichend nachgewiesen.

92

Dieses Ergebnis wird nicht durch den Umstand entkräftet, dass die Klägerin, hilfsweise, beantragt hat, der EMA aufzugeben, bestimmte in den streitigen Berichten enthaltene Einzelheiten unter keinen Umständen zu verbreiten (siehe oben, Rn. 27). Denn diese Hilfsanträge wurden rein vorsorglich für den Fall gestellt, dass der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes zu der Auffassung gelangen sollte, dass die streitigen Berichte nicht in vollem Umfang vertraulich sind. Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass nur eine Verbreitung dieser besonderen Einzelheiten der Klägerin einen schweren Schaden zufügen könnte, da sie andernfalls dafür bestraft würde, dass sie vorbeugend eine Verfahrensstrategie gewählt hat, die ihr den größtmöglichen Schutz bieten soll. Unter diesen Umständen ist diese verfahrensrechtliche Vorgehensweise dahin auszulegen, dass eine Verbreitung der streitigen Berichte in ihrer Gesamtheit ihr einen „schweren“ Schaden zufügen würde, wohingegen der Schaden im Fall der Verbreitung der in den Hilfsanträgen bezeichneten besonders sensiblen Einzelheiten „besonders schwer“ wäre.

93

Was die Irreparabilität des geltend gemachten Schadens anbelangt, ist zunächst die Vorhersehbarkeit des Eintritts des Schadens zu prüfen, der der Klägerin durch eine Weitergabe der streitigen Berichte an den Dritten, der einen entsprechenden Antrag an die EMA gerichtet hat, entstehen kann.

94

Es trifft zu, dass eine solche Weitergabe von Informationen an eine einzelne Person von anderer Art ist als eine Veröffentlichung von Informationen über das Internet wie sie im Beschluss Kommission/Pilkington Group (oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558) in Rede steht. In diesem letztgenannten Fall wird der von dem betroffenen Unternehmen befürchtete Schaden nicht unmittelbar durch die Veröffentlichung im Internet als solche verursacht. Es muss hinzukommen, dass die an den in Rede stehenden Informationen möglicherweise interessierten Personen, insbesondere die Konkurrenten, über diese Veröffentlichung informiert werden und tatsächlich von den Informationen Kenntnis erlangen, um sie zu schädlichen Zwecken zu verwenden. Eine solche Veröffentlichung über das Internet versetzt das betroffene Unternehmen daher nur in eine Lage der allgemeinen Verletzbarkeit, die zu jedem Zeitpunkt von interessierten Personen ausgenutzt werden kann, was wiederum zu Schäden bei diesem Unternehmen führen kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 88).

95

Eine Verbreitung der streitigen Berichte an eine dritte Person, die einen entsprechenden Antrag nach der Verordnung Nr. 1049/2001 an die EMA gerichtet hat, d. h. die Streithelferin, würde die Klägerin aber in eine Situation der Verletzbarkeit versetzen, die mindestens so bedrohlich wäre wie jene, die Gegenstand der Prüfung im Beschluss Kommission/Pilkington Group (oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558) war. Denn diese Partei bekäme unmittelbar Kenntnis von diesen Berichten und könnte diese sogleich für alle Zwecke verwenden, die ihr nützlich erschienen, zumal Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 den Antragsteller von jeglicher Verpflichtung freistellt, seinen Zugangsantrag zu begründen. Die Klägerin müsste somit damit rechnen, dass deren Verbreitung ihre Wettbewerbsposition schwächen könnte. Sie befände sich damit in einer Situation der Verletzbarkeit, in der sie Gefahr liefe, geschädigt zu werden (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 89).

96

Hinzukommt, dass die Verbreitung eines Dokuments nach der Verordnung Nr. 1049/2001 in dem Sinne eine Wirkung erga omnes entfaltet, dass dieses Dokument an andere Antragsteller weitergegeben werden kann und jede Person das Recht auf Zugang zu ihm hat (siehe oben, Rn. 71). Daher wäre es nach einer Verbreitung der streitigen Berichte nicht nur der Streithelferin möglich, diese zu verwerten, sondern es könnten sich auch alle Konkurrenten der Klägerin selbst – gegebenenfalls unter Einschaltung von Personen, die in deren Interesse handeln – an die EMA wenden, um diese Informationen unmittelbar zu erhalten. Die oben erwähnte Wirkung erga omnes würde es der EMA sogar ermöglichen, die streitigen Berichte von Amts wegen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen, und ein solches Vorgehen wäre im Übrigen alles andere als hypothetisch, da die EMA im Rahmen des vorliegenden Verfahrens mit Nachdruck die Auffassung verteidigt hat, wonach die streitigen Berichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 90).

97

Sind die streitigen Berichte erst einmal veröffentlicht, wäre es sehr wahrscheinlich, dass die – gegenwärtigen oder potenziellen – Konkurrenten der Klägerin, die ein tatsächliches Interesse an ihrer möglichen Verwertung hätten, versuchen würden, sich diese zu beschaffen, um sie für ihre eigenen wissenschaftlichen und geschäftlichen Zwecke zu nutzen, insbesondere um ein Arzneimittel herzustellen, das Vantobra ähnelt, und um eine Genehmigung für seinen Vertrieb auf den unterschiedlichsten Märkten innerhalb und außerhalb der Union zu erhalten. Was die Zweifel anbelangt, die die EMA anscheinend an der Wettbewerbstauglichkeit der streitigen Berichte hat, genügt die Feststellung, dass der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes in seiner Position nicht in besonderem Maß prädestiniert ist, in Kenntnis der Sachlage verlässliche Prognosen darüber abzugeben, in welcher Weise die Konkurrenten der Klägerin diese wissenschaftlichen Informationen, wenn sie einmal veröffentlicht sind, je nach ihren individuellen Interessen im Bereich der Forschung, der Entwicklung und der Vermarktung verwerten könnten (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 91).

98

Infolgedessen kann der Eintritt des finanziellen Schadens, den die Klägerin aufgrund einer solchen zukünftigen Verwertung der streitigen Berichte durch ihre Konkurrenten erlitte, nicht als rein hypothetisch eingestuft werden. Viel eher ist mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Situation der Verletzbarkeit, in die die Klägerin im Fall der Verbreitung dieser Berichte gebracht würde, bei ihr zu einem finanziellen Schaden führen würde (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 92).

99

Wurden die Kenntnisnahme und die Verwendung über das Internet veröffentlichter Informationen durch die interessierten Personen im Beschluss Kommission/Pilkington Group (oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558) nicht als hypothetisch angesehen, dann muss im Übrigen das Gleiche für die Kenntnisnahme und die Verwendung durch die interessierten Personen gelten, wenn es um Informationen geht, die nach ihrer Weitergabe an einen Dritten für alle Konkurrenten des Unternehmens, das Inhaber dieser Informationen ist, ohne Weiteres zugänglich würden. In dieser Hinsicht besteht der Unterschied zwischen diesen zwei Zugangsweisen allein in der im konkreten Fall angewendeten Kommunikationstechnik (Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 93).

100

Was die Frage anbelangt, ob der finanzielle Schaden, der der Klägerin im Fall der Verbreitung der streitigen Berichte drohen könnte, beziffert werden kann, ist anzumerken, dass die Klägerin damit rechnen müsste, dass eine unbestimmte und theoretisch unbegrenzte Zahl gegenwärtiger und potenzieller Konkurrenten weltweit sich diese Berichte zum Zweck zahlreicher Verwendungen besorgen, die je nach dem Stand ihrer Forschungs- und Entwicklungsprogramme schädliche Auswirkungen von kurz-, mittel- oder langfristiger Dauer nach sich ziehen würden und von vornherein jede Expansionsstrategie der Klägerin vereiteln könnten. Es könnte sogar sein, dass diese Berichte, sobald sie öffentlich zugänglich geworden sind, an Konkurrenten gelangen, ohne dass die Klägerin darüber informiert würde. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn die EMA sie auf ihrer Internetseite veröffentlichen würde oder wenn diese Konkurrenten Kenntnis von ihrer Veröffentlichung mittels Anträgen erhielten, die von Personen gestellt werden, die in deren Interesse handeln und deren Identität und Absichten hinsichtlich der Verwendung der Klägerin nicht offenbart werden. Sie wäre damit mit der unüberwindbaren Schwierigkeit konfrontiert, ein Überwachungssystem installieren zu müssen, um damit weltweit aufzudecken, wie ihre Konkurrenten kurz-, mittel- oder langfristig die streitigen Berichte verwerten, um daraus Wettbewerbsvorteile zu erlangen, insbesondere um selbst mit oder ohne Genehmigung das in Rede stehende Arzneimittel in Drittländern zu vermarkten (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 94).

101

Es erweist sich daher als unmöglich, die konkrete Auswirkung einzuschätzen, die eine Verbreitung der streitigen Berichte auf die wissenschaftlichen und finanziellen Interessen der Klägerin haben könnte. Daraus folgt, dass der Schaden, der ihr im Fall einer Verbreitung dieser Berichte droht, nicht in angemessener Weise beziffert werden kann.

102

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit im vorliegenden Fall erfüllt ist, da der wahrscheinliche Eintritt eines schweren und irreparablen Schadens für die Klägerin rechtlich hinreichend nachgewiesen ist. Angesichts der Besonderheiten von Rechtsstreitigkeiten betreffend den Schutz angeblich vertraulicher Informationen ist die Klägerin nicht verpflichtet, darüber hinaus nachzuweisen, dass sie sich in einer Situation befände, die ihre wirtschaftliche Existenz gefährden könnte, oder dass ihre Marktanteile ernsthaft und irreparabel beeinträchtigt würden, wenn die beantragten einstweiligen Maßnahmen nicht gewährt würden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss Kommission/ANKO, oben in Rn. 88 angeführt, EU:C:2014:239, Rn. 26 ff.).

103

Aber auch wenn der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nicht als irreparabel eingestuft werden könnte, wäre es dem Richter des vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls nicht möglich, im Hinblick auf eine möglicherweise nur teilweise Stattgabe des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz die Vertraulichkeit aller in den streitigen Berichten enthaltenen individuellen Daten zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 98).

104

Soweit in Rn. 53 des Beschlusses EMA/AbbVie (oben in Rn. 79 angeführt, EU:C:2013:794) festgestellt wurde, dass die Berufung auf die im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes verlangte Schnelligkeit nicht „für sich allein“ genügen kann, um sich einer solchen individuellen Prüfung zu widersetzen, ist dazu anzumerken, dass es nicht allein dieses zwingende Schnelligkeitserfordernis, sondern in erster Linie der rein akzessorische und damit begrenzte Charakter seiner Befugnisse ist, der den Richter des vorläufigen Rechtsschutzes daran hindert, im Rahmen seiner Prüfung der Voraussetzung der Dringlichkeit so zu handeln (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 99).

105

Zunächst wäre es inkohärent, wenn der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Art der mit Hilfe eines Vertraulichkeitsantrags geheim gehaltenen Informationen sowie der Komplexität der aufgeworfenen Fragen zur Vertraulichkeit das Vorliegen eines fumus boni iuris bejahte, indem er feststellt, dass diese Fragen eine eingehende Prüfung erfordern, die nur von den Richtern des Hauptverfahrens durchgeführt werden kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss Kommission/Pilkington Group, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2013:558, Rn. 67 und 70), um anschließend bei der Prüfung der Dringlichkeit dieses Ergebnis umzukehren, indem er die Verbreitung bestimmter individueller Daten erlaubt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Richter des Hauptverfahrens ihrerseits die Durchführung einer solchen konkreten und individuellen Prüfung der Vertraulichkeit der individuellen Daten verweigern und stattdessen prüfen, ob für die Arten der von der Klägerin geltend gemachten Informationen aufgrund ihrer Eigenart eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung gelten muss (siehe oben, Rn. 55).

106

Sodann muss der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes auch im Rahmen seiner Prüfung der Dringlichkeit dem im Verhältnis zum Hauptverfahren von Natur aus akzessorischen und vorläufigen Charakter des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes Rechnung tragen und berücksichtigen, dass im Stadium des vorläufigen Rechtsschutzes das Ergebnis des Hauptverfahrens nicht vorweggenommen werden darf. Da diese Erwägungen hinsichtlich der Natur des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für das abschließende Ergebnis dieses Verfahrens als solches maßgeblich sind, können sie nicht allein auf die Bereiche des fumus boni iuris und der Interessenabwägung beschränkt werden. Denn wenn es dem Richter des vorläufigen Rechtsschutzes untersagt ist, durch einen Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die künftige Entscheidung zur Hauptsache dadurch sinnlos zu machen, dass er ihr die praktische Wirksamkeit nimmt (Beschluss CIRFS u. a./Kommission, oben in Rn. 65 angeführt, EU:C:1991:220, Rn. 24), so soll damit insbesondere vermieden werden, dass im Vorgriff die Folgen der späteren Entscheidung zur Hauptsache neutralisiert werden (Beschluss vom 20. Juli 1981, Alvarez/Parlament, 206/81 R, Slg, EU:C:1981:189, Rn. 6).

107

Die Folgen und die praktische Wirksamkeit eines möglichen das Hauptverfahren beendenden Nichtigkeitsurteils würden sich allerdings nicht auf die Feststellung der Vertraulichkeit der streitigen Berichte und der Rechtswidrigkeit ihrer Verbreitung beschränken. Vielmehr bestünden diese im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses für die Klägerin darin, dass sie die Gewissheit erlangen würde, dass keine der in diesen Berichten enthaltenen Daten verbreitet werden, deren Vertraulichkeit von den Richtern des Hauptverfahrens bejaht worden ist, unabhängig von der Frage, ob ihr durch diese Verbreitung ein reparabler oder irreparabler Schaden entstünde. In diesem Sinne hat der Präsident des Gerichtshofs im Übrigen im Bereich der restriktiven Maßnahmen zu den konkreten Folgen der zukünftigen Gerichtsentscheidung zur Hauptsache Stellung genommen, indem er entschieden hat, dass die Gewährung der Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme des Einfrierens von Geldern eines Unternehmens verhindern könnte, dass diese Maßnahme ihre „volle Wirksamkeit“ entfaltet, wenn die Klage auf ihre Nichtigerklärung abgewiesen würde, weil diese Aussetzung des Vollzugs es diesem Unternehmen ermöglichen würde, unverzüglich eine Rückzahlung aller Gelder zu veranlassen, die bei den zur Sicherstellung ihres Einfrierens verpflichteten Banken deponiert sind, und seine Bankkonten vor der Verkündung der Entscheidung zur Hauptsache zu leeren (Beschluss vom 14. Juni 2012, Qualitest FZE/Rat, C‑644/11 P[R], EU:C:2012:354, Rn. 72 bis 74).

108

Deshalb ist klar zwischen dem vorliegenden Rechtsstreit betreffend den Schutz angeblich vertraulicher Informationen und dem Rechtsstreit betreffend die Rechtmäßigkeit der durch eine Kommissionsentscheidung auferlegten Zahlungsverpflichtungen, wie z. B. eine Geldbuße oder eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer staatlichen Beihilfe, zu unterscheiden. Denn in dem letztgenannten Rechtsstreit kann die Zurückweisung eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz wegen des Nichtvorliegens eines schweren und irreparablen Schadens nicht im Vorgriff die Folgen einer zukünftigen Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung neutralisieren, da der Kläger den gezahlten oder erstatteten Geldbetrag einschließlich Zinsen zurückerhielte und damit die volle Befriedigung seiner Geldforderungen erlangen würde (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 103).

109

Angesichts der Besonderheiten der Rechtsstreitigkeiten wegen des Schutzes angeblich vertraulicher Dokumente ist es auch nicht angebracht, dass der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes eine Teillösung anstrebt, die darin besteht, nur bestimmte Daten zu schützen und den Zugang zu anderen zu gestatten. Denn wenn die Richter der Hauptsache den Grundsatz einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf die streitigen Berichte anwendeten, würden diese Berichte der Verpflichtung zu einer teilweisen Verbreitung entzogen (siehe oben, Rn. 55). Der Unionsrichter des vorläufigen Rechtsschutzes kann daher in Anbetracht seiner rein akzessorischen Befugnisse – die weit hinter den Befugnissen zurückbleiben, die einigen seiner nationalen Kollegen aufgrund ihrer mit deutlich mehr Eigenständigkeit ausgestatteten Rolle nach dem jeweiligen nationalen Recht zuerkannt werden – keinen teilweisen Zugang genehmigen, ohne dieser Entscheidung der Richter der Hauptsache ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 104).

110

Schließlich darf der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes das Kriterium des irreparablen Charakters des geltend gemachten finanziellen Schadens auch nicht auf eine mechanische und starre Weise anwenden. Vielmehr muss er die Umstände in Betracht ziehen, die für die jeweilige Situation kennzeichnend sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 28. April 2009, United Phosphorus/Kommission, T‑95/09 R, EU:T:2009:124, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung), zumal dieses Kriterium, das reines Richterrecht darstellt und weder in den Verträgen noch in der Verfahrensordnung erwähnt wird, nicht zur Anwendung kommen darf, wenn es mit den Erfordernissen eines wirksamen vorläufigen Schutzes nicht vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 23. April 2015, Kommission/Vanbreda Risk & Benefits, C‑35/15 P[R], Slg, EU:C:2015:275, Rn. 30). Die Art. 278 AEUV und 279 AEUV, die Bestimmungen des Primärrechts sind, ermächtigen den Richter des vorläufigen Rechtsschutzes, eine Aussetzung des Vollzugs anzuordnen, wenn er dies „den Umständen nach für nötig“ hält, und die „erforderlichen“ einstweiligen Anordnungen zu treffen (Beschluss vom 24. Februar 2014, HTTS und Bateni/Rat, T‑45/14 R, EU:T:2014:85, Rn. 51). Wie oben ausgeführt, sind diese Voraussetzungen in dem vorliegenden Rechtsstreit betreffend den Schutz angeblich vertraulicher Informationen erfüllt, umso mehr, als aufgrund der Bejahung des Vorliegens eines fumus boni iuris weder die Erhebung der Klage noch die Stellung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz als ein Verzögerungsmanöver seitens der Klägerin eingestuft werden kann, das darauf abzielt, ohne legitimen Grund eine Verbreitung der streitigen Berichte hinauszuschieben (vgl. in diesem Sinne Beschluss Deza/ECHA, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2014:686, Rn. 105).

111

Da insoweit alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist daher dem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Beschlusses stattzugeben. Darüber hinaus ist der EMA aufzugeben, die streitigen Berichte nicht zu verbreiten.

Zu den aufgrund der Streithilfe von Novartis Europharm aufgeworfenen Fragen der Vertraulichkeit

[nicht wiedergegeben]

114

Soweit die Streithelferin den Zugang zu den streitigen Berichten beantragt, genügt die Feststellung, dass sich im Hauptverfahren gerade die Frage stellt, ob diese Berichte als vertraulich eingestuft werden können und ob daher der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären ist. Unter diesen Umständen müssen die in Rede stehenden Berichte in diesem Stadium des Verfahrens gegenüber der Streithelferin geheim gehalten werden, da andernfalls der Gegenstand ihrer Klage, die auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtet ist, entfallen würde und die Folgen des später im Hauptverfahren zu erlassenden Urteils im Voraus neutralisiert würden (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 16. November 2012, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑345/12 R, Slg, EU:T:2012:605, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Juni 2015, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2015:400, Rn. 34).

115

Was die anderen Verfahrensstücke anbelangt, ist festzustellen, dass die in der nicht vertraulichen Fassung dieser Dokumente unkenntlich gemachten Daten die von der Klägerin erstellte Marktstudie, die Informationsquellen, die sie genutzt hatte, um die Überlegenheit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler nachzuweisen, und die Beschreibung der Patientengruppen, denen die Anwendung von Vantobra zugutekommt, betreffen. Es handelt sich dabei jedoch um Angaben, die auch in den streitigen Berichten enthalten sind, deren Vertraulichkeit festgestellt wurde. Daraus folgt, dass in diesem Stadium bis zur Entscheidung in der Hauptsache diese Informationen gegenüber der Streithelferin geheim gehalten werden müssen.

116

Im Übrigen beziehen sich sowohl das Hauptverfahren als auch das diesem untergeordnete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes letztlich auf die Frage, ob die streitigen Berichte an die Streithelferin weitergegeben werden müssen oder ob ihr aufgrund der möglicherweise vertraulichen Natur dieser Art von Dokumenten diese Weitergabe verweigert werden muss. Unter diesen Umständen muss soweit als möglich ausgeschlossen werden, dass die Streithelferin vorzeitig Zugang zu Daten erhält, die von dieser Vertraulichkeit erfasst werden können. Daher muss sich diese Partei in diesem besonderen Verfahren darauf beschränken, ihr Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits auf einer allgemeinen Grundlage und mit Argumenten grundsätzlicher Art zu verteidigen, wie sie es im Übrigen in ihrem Streithilfeschriftsatz vom 30. Juni 2015 praktiziert hat.

117

Infolgedessen ist der Antrag der Streithelferin auf Gewährung des Zugangs zur vollständigen Akte der Rechtssache zurückzuweisen.

 

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

 

1.

Der Vollzug des Beschlusses EMA/271043/2015 der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vom 24. April 2015 wird ausgesetzt, soweit mit ihm einem Dritten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission Zugang zum Evaluierungsbericht (EMA/CHMP/702525/2014) über die Ähnlichkeit von Vantobra mit Cayston und TOBI Podhaler und zum Evaluierungsbericht (EMA/CHMP/778270/2014) über die klinische Überlegenheit von Vantobra gegenüber TOBI Podhaler gewährt wird.

 

2.

Der EMA wird aufgegeben, die beiden in Nr. 1 genannten Berichte nicht zu verbreiten.

 

3.

Der Antrag der Novartis Europharm Ltd auf Zugang zur vollständigen Akte der Rechtssache wird zurückgewiesen.

 

4.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Luxemburg, den 1. September 2015

 

Der Kanzler

E. Coulon

Der Präsident

M. Jaeger


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Beschlusses wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.