Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
20. März 2025(*)
„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Anwendungsbereich – Art. 2 Buchst. b – Art. 3 Abs. 1 – Art. 4 Abs. 2 – Art. 5 – Art. 6 Abs. 1 – Art. 8a – Vorformulierter Standardvertrag – Vertrag, der zwischen einem Gewerbetreibenden, der Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere erbringt, und einem minderjährigen, durch seine Eltern vertretenen Nachwuchsspieler geschlossen wird – Klausel, die diesen Sportler verpflichtet, dem Gewerbetreibenden ein Entgelt in Höhe von 10 % der von ihm in den folgenden 15 Jahren erzielten Einnahmen zu zahlen – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 17 und 24 – Eigentumsrecht – Rechte des Kindes “
In der Rechtssache C‑365/23 [Arce](i)
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland) mit Entscheidung vom 7. Juni 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juni 2023, in dem Verfahren
SIA „A“
gegen
C,
D,
E
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer I. Jarukaitis (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Gratsias und E. Regan,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2024,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der SIA „A“, vertreten durch A. Bitāns, Advokāts,
– von C, vertreten durch I. Grunte, Advokāts,
– von D und E, vertreten durch G. Madelis, Jurists, und K. Salmgrieze, Advokāte,
– der lettischen Regierung, vertreten durch E. Bārdiņš, J. Davidoviča und K. Pommere als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Rubene und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Oktober 2024
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. b, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) und von Art. 8a der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 geänderten Fassung (ABl. 2011, L 304, S. 64) sowie von Art. 17 Abs. 1 und Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SIA „A“, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung lettischen Rechts, die das Ziel verfolgt, die Entwicklung von Sportlern in Lettland zu fördern, auf der einen Seite und C, D und E auf der anderen Seite wegen einer Forderung auf Zahlung eines Entgelts in Erfüllung eines Vertrags über Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Charta
3 Art. 17 („Eigentumsrecht“) Abs. 1 der Charta sieht vor:
„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“
4 Art. 24 („Rechte des Kindes“) Abs. 2 der Charta bestimmt:
„Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“
5 Art. 51 („Anwendungsbereich“) der Charta hat folgenden Wortlaut:
„(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in den Verträgen übertragen werden.
(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.“
Richtlinie 93/13
6 In den Erwägungsgründen 10, 13 und 16 der Richtlinie 93/13 heißt es:
„Durch die Aufstellung einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln kann der Verbraucher besser geschützt werden. Diese Vorschriften sollten für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten. Von dieser Richtlinie ausgenommen sind daher insbesondere Arbeitsverträge sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb‑, Familien- und Gesellschaftsrechts.
…
Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft Vertragsparteien sind, nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen; der Begriff ‚bindende Rechtsvorschriften‘ in Artikel 1 Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
…
Die nach den generell festgelegten Kriterien erfolgende Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln, insbesondere bei beruflichen Tätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Bereichs, die ausgehend von einer Solidargemeinschaft der Dienstleistungsnehmer kollektive Dienste erbringen, muss durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien ergänzt werden. Diese stellt das Gebot von Treu und Glauben dar. Bei der Beurteilung von Treu und Glauben ist besonders zu berücksichtigen, welches Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden. Dem Gebot von Treu und Glauben kann durch den Gewerbetreibenden Genüge getan werden, indem er sich gegenüber der anderen Partei, deren berechtigten Interessen er Rechnung tragen muss, loyal und billig verhält.“
7 Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.“
8 Art. 2 der Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:
a) missbräuchliche Klauseln: Vertragsklauseln, wie sie in Artikel 3 definiert sind;
b) Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;
c) Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.“
9 Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
(2) Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.
Die Tatsache, dass bestimmte Elemente einer Vertragsklausel oder eine einzelne Klausel im Einzelnen ausgehandelt worden sind, schließt die Anwendung dieses Artikels auf den übrigen Vertrag nicht aus, sofern es sich nach der Gesamtwertung dennoch um einen vorformulierten Standardvertrag handelt.
Behauptet ein Gewerbetreibender, dass eine Standardvertragsklausel im Einzelnen ausgehandelt wurde, so obliegt ihm die Beweislast.“
10 Art. 4 der Richtlinie 93/13 lautet:
„(1) Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.
(2) Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“
11 Art. 5 der Richtlinie sieht vor:
„Sind alle dem Verbraucher in Verträgen unterbreiteten Klauseln oder einige dieser Klauseln schriftlich niedergelegt, so müssen sie stets klar und verständlich abgefasst sein. Bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel gilt die für den Verbraucher günstigste Auslegung. Diese Auslegungsregel gilt nicht im Rahmen der in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.“
12 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:
„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“
13 Art. 8 der Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten können auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten.“
14 Mit der Richtlinie 2011/83 wurde die Richtlinie 93/13 geändert, indem in sie ein Art. 8a eingefügt wurde. Art. 8a Abs. 1 sieht vor:
„Erlässt ein Mitgliedstaat Vorschriften nach Artikel 8, so setzt er die Kommission hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis, insbesondere wenn diese Vorschriften:
– die Missbräuchlichkeitsprüfung auf individuell ausgehandelte Vertragsklauseln oder auf die Angemessenheit des Preises oder des Entgelts ausdehnen;
– Listen mit Vertragsklauseln, die als missbräuchlich gelten, enthalten.“
Richtlinie 2005/29/EG
15 Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22, berichtigt in ABl. 2009, L 253, S. 18) bestimmt:
„Geschäftspraktiken, die voraussichtlich in einer für den Gewerbetreibenden vernünftigerweise vorhersehbaren Art und Weise das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die aufgrund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese Praktiken oder die ihnen zugrunde liegenden Produkte besonders schutzbedürftig sind, werden aus der Perspektive eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe beurteilt. Die übliche und rechtmäßige Werbepraxis, übertriebene Behauptungen oder nicht wörtlich zu nehmende Behauptungen aufzustellen, bleibt davon unberührt.“
Lettisches Recht
Zivilgesetzbuch
16 Art. 186 des Civillikums (Zivilgesetzbuch) sieht vor, dass die Eltern das Kind gemeinschaftlich in dessen persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen vertreten (Gesamtvertretung).
17 Art. 223 des Zivilgesetzbuchs bestimmt:
„Der Vater und die Mutter sind aufgrund ihres Sorgerechts die natürlichen Vormünder ihres minderjährigen Kindes.“
18 Art. 293 des Zivilgesetzbuchs bestimmt:
„Der Vormund kann in den den Minderjährigen betreffenden Angelegenheiten und in dessen Interesse Verträge aller Art abschließen sowie Zahlungen annehmen und leisten. Alle diese Handlungen sind für den Minderjährigen verbindlich, sofern der Vormund nach Treu und Glauben gehandelt, sich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung gehalten und den Minderjährigen nicht ohne besondere Erfordernisse über den Zeitpunkt des Erreichens der Volljährigkeit hinaus gebunden hat.“
19 Art. 1408 des Zivilgesetzbuchs bestimmt:
„Minderjährige sind nicht geschäftsfähig.“
Verbraucherschutzgesetz
20 Art. 1 („Begriffsbestimmungen“) des Patērētāju tiesību aizsardzības likums (Verbraucherschutzgesetz) vom 1. April 1999 (Latvijas Vēstnesis, 1999, Nr. 104/105) in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung bestimmt:
„Für die Zwecke dieses Gesetzes bezeichnet der Ausdruck:
…
„3. Verbraucher: jede natürliche Person, die den Willen äußert, Güter oder Dienstleistungen zu einem Zweck zu erwerben, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, oder die solche Güter oder Dienstleistungen erwirbt oder sie möglicherweise erwerben oder verwenden wird;
4. Erbringer von Dienstleistungen: jede Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einem Verbraucher eine Dienstleistung erbringt;
…“
21 Art. 6 („Missbräuchliche Vertragsklauseln“) dieses Gesetzes sieht vor:
„…
(2) Die Klauseln des Vertrags müssen klar und verständlich abgefasst sein.
(3) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist missbräuchlich, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
…
(8) Missbräuchliche Klauseln in einem Vertrag zwischen einem Hersteller, einem Verkäufer oder einem Dienstleistungserbringer und einem Verbraucher sind vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an nichtig; der Vertrag bleibt jedoch gültig, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.
…“
22 Durch das Gesetz vom 24. April 2014 (Latvijas Vēstnesis, 2014, Nr. 92) wurde in Art. 6 des Verbraucherschutzgesetzes ein Abs. 2 mit folgendem Wortlaut eingefügt:
„Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für Vertragsklauseln, die den Vertragsgegenstand festlegen oder die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und der Ware bzw. der Dienstleistung betreffen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind. …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
23 A bietet Sportlern eine Reihe von Dienstleistungen zur Unterstützung der Entwicklung ihrer beruflichen Fähigkeiten und ihrer Karriere an.
24 Am 14. Januar 2009 schloss A mit C, einem damals 17-jährigen minderjährigen Kind, vertreten durch D und E, seine Eltern, einen Vertrag über Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere von C, um ihm, der noch kein Berufssportler war, eine erfolgreiche berufliche Laufbahn im Basketball zu ermöglichen (im Folgenden: Vertrag vom 14. Januar 2009). Dieser Vertrag wurde über eine Laufzeit von 15 Jahren, d. h. bis zum 14. Januar 2024, abgeschlossen.
25 Der Vertrag vom 14. Januar 2009 sah vor, dass A dem C eine Reihe von Dienstleistungen anbietet, u. a. Ausbildungs- und Trainingsdienstleistungen, sportmedizinische Leistungen und die Begleitung durch einen Sportpsychologen, Maßnahmen zur Unterstützung der Karriere, Abschluss von Verträgen zwischen dem Sportler und den Vereinen, Marketing, Rechtsberatung und Buchhaltung. Im Gegenzug verpflichtete sich C nach Klausel 6.1 dieses Vertrags an A ein Entgelt in Höhe von 10 % sämtlicher während der Laufzeit des Vertrags erzielten Nettoeinnahmen zuzüglich der in Lettland geltenden Mehrwertsteuer zu zahlen, sofern diese Einnahmen mindestens 1 500 Euro pro Monat betrugen.
26 Am 29. Juni 2020 erhob A, die der Ansicht war, dass das im Vertrag vom 14. Januar 2009 vorgesehene Entgelt für die C erbrachten Dienstleistungen nicht gezahlt worden sei, bei den lettischen Gerichten Klage mit dem Antrag, die Beklagten des Ausgangsverfahrens zu verurteilen, an sie 1 663 777,99 Euro zu zahlen, was 10 % der Einnahmen von C aus Verträgen mit Sportvereinen entspreche.
27 Das erstinstanzliche Gericht und anschließend das Berufungsgericht wiesen die Klage von A mit der Begründung ab, dass der Vertrag vom 14. Januar 2009 nicht mit den nationalen Vorschriften über den Schutz der Verbraucherrechte vereinbar gewesen sei und dass insbesondere die Klausel, wonach C während der gesamten Vertragslaufzeit ein Entgelt in Höhe von 10 % seiner Einnahmen zu zahlen habe, missbräuchlich gewesen sei.
28 A legte Kassationsbeschwerde bei der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland), dem vorlegenden Gericht, ein. Die Gesellschaft machte geltend, dass die nationalen Bestimmungen über den Schutz der Verbraucherrechte im vorliegenden Fall nicht einschlägig seien, da der Vertrag vom 14. Januar 2009 zur Kategorie der Sportverträge für „Nachwuchssportler“ gehöre, auf die diese Bestimmungen nicht anwendbar seien. A beantragte auch, dem Gerichtshof ein Ersuchen um Vorabentscheidung vorzulegen.
29 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Gerichtshof den Begriff „Verbraucher“ zwar bereits mehrfach ausgelegt, sich bislang aber noch nicht mit der Frage befasst habe, ob die Vorschriften zum Schutz der Verbraucherrechte im Bereich des Sports anwendbar sind. Sollte dies der Fall sein, ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der Umstand, dass die Tätigkeit eines jungen Sportlers, wie im vorliegenden Fall, nach Abschluss des in Rede stehenden Dienstleistungsvertrags beruflichen Charakter erlange, unerheblich und könne den Betroffenen nicht daran hindern, sich auf die Eigenschaft als „Verbraucher“ im Sinne der Richtlinie 93/13 zu berufen.
30 Das vorlegende Gericht weist auch auf die Unterschiede in der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten hin, die seiner Ansicht nach die Erforderlichkeit begründeten, zu diesem Thema Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
31 So habe die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) mit Urteil vom 23. Mai 2019 entschieden, dass ein Basketballspieler, der in seiner Eigenschaft als zukünftiger Spieler einen Dienstleistungsvertrag mit einer Sportagentur geschlossen habe, in dem sich diese verpflichtet habe, für Rechnung des Spielers mit den Sportvereinen die Untervertragnahme des Betroffenen zu verhandeln, während sich dieser als Gegenleistung dazu verpflichtet habe, an die Agentur einen bestimmten Betrag, dessen Höhe sich nach den im Rahmen dieser Zusammenarbeit geschlossenen Verträgen richtete, zu zahlen, als Verbraucher und nicht als Gewerbetreibender gehandelt habe. Dagegen habe das Oberlandesgericht München (Deutschland) in einem Urteil vom 7. November 2002 in einem Rechtsstreit zwischen einem jungen Tennisspieler und einer Sportagentur, der einen ähnlichen Dienstleistungsvertrag wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betroffen habe, die Verbraucherschutzvorschriften nicht auf dieses Rechtsverhältnis angewandt.
32 Das vorlegende Gericht wirft auch weitere Fragen auf, insbesondere die, ob eine Klausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als klar und verständlich abgefasst angesehen werden kann und ob sie ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner im Sinne von Art. 5 bzw. Art. 3 der Richtlinie 93/13 verursacht.
33 Unter diesen Umständen hat die Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Fällt ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers, der von einem Unternehmer in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Bereich der Entwicklung und des Trainings von Sportlern auf der einen und von einem durch seine Eltern vertretenen Minderjährigen, der bei Abschluss des Vertrags keine berufliche Tätigkeit im Bereich der betreffenden Sportart ausübt, auf der anderen Seite abgeschlossen wird, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13?
2. Falls die erste Frage verneint wird: Steht die Richtlinie 93/13 einer nationalen Rechtsprechung entgegen, die die Rechtsvorschriften, mit denen diese Richtlinie in die nationale Rechtsordnung umgesetzt wird, dahin auslegt, dass die in ihr enthaltenen Vorschriften zum Schutz der Verbraucherrechte auch auf solche Verträge anwendbar sind?
3. Falls die erste oder die zweite Frage bejaht wird: Kann ein nationales Gericht eine Vertragsklausel, in der sich der junge Sportler für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere in einer bestimmten Sportart dazu verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, zu zahlen, gemäß Art. 3 der Richtlinie 93/13 einer Prüfung der Missbräuchlichkeit unterziehen, ohne davon ausgehen zu müssen, dass diese Klausel zu den Klauseln gehört, die nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommen sind?
4. Falls die dritte Frage bejaht wird: Ist eine Vertragsklausel, in der der junge Sportler sich verpflichtet, für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, zu zahlen, als im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 93/13 klar und verständlich abgefasst anzusehen, wenn berücksichtigt wird, dass der junge Sportler zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über keine klaren Informationen zum Wert der erbrachten Dienstleistung und zur für diese Dienstleistung zu zahlenden Summe verfügt hat, die es ihm erlaubt hätten, die sich daraus für ihn möglicherweise ergebenden wirtschaftlichen Folgen zu beurteilen?
5. Falls die dritte Frage bejaht wird: Ist davon auszugehen, dass eine Vertragsklausel, in der der junge Sportler sich verpflichtet, für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, zu zahlen, gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 eine Klausel ist, die zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht, wenn berücksichtigt wird, dass diese Bestimmung keine Verbindung zwischen dem Wert der erbrachten Dienstleistung und den dem Verbraucher entstehenden Kosten herstellt?
6. Falls die fünfte Frage bejaht wird: Verstieße eine Entscheidung eines nationalen Gerichts, mit der der Betrag, dessen Zahlung der Dienstleistungserbringer vom Verbraucher verlangen kann, auf die Kosten herabgesetzt würde, die dem Dienstleistungserbringer zur Erbringung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen an den Verbraucher tatsächlich entstanden sind, gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13?
7. Falls die dritte Frage verneint wird und die Vertragsklausel, in der sich der Verbraucher verpflichtet, für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, zu zahlen, gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit ausgenommen ist: Kann das nationale Gericht, wenn es festgestellt hat, dass die Höhe des Entgelts im Vergleich zu dem vom Erbringer der Dienstleistungen geleisteten Beitrag offensichtlich unverhältnismäßig ist, diese Vertragsklausel gleichwohl aufgrund des nationalen Rechts für missbräuchlich erklären?
8. Falls die siebte Frage bejaht wird: Sind bei einem mit einem Verbraucher vor dem Inkrafttreten von Art. 8a der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung abgeschlossenen Vertrag die seitens des Mitgliedstaats gemäß Art. 8a dieser Richtlinie an die Europäische Kommission übermittelten Informationen über die von dem Mitgliedstaat gemäß Art. 8 erlassenen Vorschriften zu berücksichtigen, und ist, sollte dies der Fall sein, die Zuständigkeit des nationalen Gerichts durch die von dem Mitgliedstaat nach Art. 8a der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung übermittelten Informationen beschränkt, wenn der Mitgliedstaat angegeben hat, dass seine Rechtsvorschriften nicht über die in dieser Richtlinie festgelegten Mindeststandards hinausgehen?
9. Falls die erste oder die zweite Frage bejaht wird: Welche Bedeutung hat im Licht von Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 24 der Charta für die Anwendung der Rechtsvorschriften, mit denen die Vorschriften der Richtlinie 93/13 in das nationale Recht umgesetzt werden, der Umstand, dass der junge Sportler bei Abschluss des betreffenden Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen mit einer Vertragsdauer von 15 Jahren noch minderjährig war und der Vertrag, in dem für ihn die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 10 % aller Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, vereinbart wurde, deshalb von seinen Eltern im Namen des Minderjährigen abgeschlossen wurde?
10. Falls die erste oder die zweite Frage verneint wird: Verletzt, wenn berücksichtigt wird, dass sportliche Aktivitäten dem Anwendungsbereich des Unionsrechts unterfallen, ein mit einem minderjährigen jungen Sportler durch seine Eltern in seinem Namen abgeschlossener Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen mit einer Vertragsdauer von 15 Jahren, der diesen Minderjährigen verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % aller Einnahmen, die er während der nächsten 15 Jahre erhält, zu zahlen, die in Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 24 Abs. 2 der Charta verankerten Grundrechte?
Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
34 A macht die Unzulässigkeit bestimmter Vorlagefragen geltend.
35 Als Erstes seien die Fragen 3 bis 5 unzulässig, da mit ihnen das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen nicht um die Auslegung des Unionsrechts, sondern um dessen Anwendung auf einen konkreten Fall ersuche, insbesondere durch die Feststellung, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Klausel in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 falle und, wenn dies nicht der Fall sei, ob sie gegen Art. 5 und Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie verstoße.
36 Als Zweites werfe die siebte Frage ein rein hypothetisches Problem auf, da es im lettischen Recht keine Rechtsgrundlage gebe, um die Übermäßigkeit einer Investitionsrendite festzustellen.
37 Als Drittes seien die neunte und die zehnte Frage, die die Anwendbarkeit der Charta auf horizontale Beziehungen beträfen, unzulässig, erstens, weil sie zu abstrakt seien und im Wesentlichen einen Antrag auf ein Gutachten darstellten, und zweitens, weil die Charta in der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar sei.
38 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen ihm und den nationalen Gerichten allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten des Ausgangsrechtsstreits die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt. Solange diese Fragen die Auslegung oder die Gültigkeit einer Vorschrift des Unionsrechts betreffen, ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, über sie zu befinden. Folglich gilt für eine Vorlagefrage, die das Unionsrecht betrifft, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann die Entscheidung über eine solche Frage nur dann ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 29. Juni 2023, International Protection Appeals Tribunal u. a. [Anschlag in Pakistan], C‑756/21, EU:C:2023:523, Rn. 35 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
39 Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder das Problem hypothetischer Natur ist. Zudem beschreibt die Vorlageentscheidung den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen, in den sich der Ausgangsrechtsstreit einfügt, hinreichend detailliert, so dass der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen zweckdienlich beantworten kann.
40 Insbesondere geht zum einen in Bezug auf die dritte bis fünfte, die neunte und die zehnte Frage aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass das vorlegende Gericht nach dem Sinn und der Tragweite mehrerer Bestimmungen der Richtlinie 93/13 gegebenenfalls in Verbindung mit bestimmten Bestimmungen der Charta fragt, um zu klären, ob es die im Ausgangsverfahren in Rede stehende streitige Klausel in Anwendung dieser Richtlinie auf ihre Missbräuchlichkeit überprüfen kann. Wie der Generalanwalt in Nr. 39 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ersucht dieses Gericht den Gerichtshof weder darum, diese Bestimmungen der Richtlinie 93/13 auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anzuwenden, noch darum, seine eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des vorlegenden Gerichts zu setzen.
41 Was zum anderen die angeblich hypothetische Natur der siebten Frage betrifft, die sich nach Ansicht von A daraus ergeben soll, dass es im lettischen Recht keine Möglichkeit gebe, die Übermäßigkeit einer Investitionsrendite festzustellen, ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens die Aufgaben des Gerichtshofs und diejenigen des vorlegenden Gerichts klar getrennt sind und es ausschließlich Sache des Letztgenannten ist, das nationale Recht auszulegen (Urteil vom 15. Januar 2013, Križan u. a., C‑416/10, EU:C:2013:8, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die von A vertretene Auslegung des nationalen Rechts in Bezug auf die Unmöglichkeit, die Übermäßigkeit einer Investitionsrendite festzustellen, reicht jedoch nicht aus, um die in Rn. 38 des vorliegenden Urteils erwähnte Vermutung der Entscheidungserheblichkeit zu widerlegen.
42 Daher sind die Fragen des vorlegenden Gerichts zulässig.
Zur Beantwortung der Fragen
Zur ersten Frage
43 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass ein Vertrag, der zwischen einem Gewerbetreibenden, der im Bereich der Förderung der Entwicklung von Sportlern tätig ist, auf der einen und einem durch seine Eltern vertretenen minderjährigen Nachwuchstalent, das bei Abschluss dieses Vertrags keine berufliche Tätigkeit im Bereich des Sports ausübte, auf der anderen Seite abgeschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt.
44 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 in ihrem Art. 1 Abs. 1 definiert ist. Nach dieser Definition bezweckt die Richtlinie 93/13 die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Es handelt sich somit um eine in allen Wirtschaftszweigen anwendbare allgemeine Richtlinie zum Schutz der Verbraucher (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2017, Air Berlin, C‑290/16, EU:C:2017:523, Rn. 44).
45 Was die Begriffe „Verbraucher“ und „Gewerbetreibender“ in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 betrifft, so werden sie in Art. 2 Buchst. b und c dieser Richtlinie definiert als natürliche Person, die bei Verträgen, die unter die Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann bzw. als eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.
46 Die Richtlinie 93/13 definiert somit die Verträge, auf die sie anwendbar ist, unter Bezugnahme auf die Eigenschaft der Vertragspartner, d. h. darauf, ob sie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handeln oder nicht (Urteil vom 24. Oktober 2024, Zabitoń, C‑347/23, EU:C:2024:919, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 Folglich ist die Richtlinie 93/13 in einer Situation anwendbar, in der ein Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden, der im Bereich der Förderung der Entwicklung von Sportlern tätig ist, und einem durch seine Eltern vertretenen minderjährigen Nachwuchstalent, das bei Vertragsabschluss die betreffende sportliche Tätigkeit nicht berufsmäßig ausübte, geschlossen wurde.
48 Diese Schlussfolgerung gilt auch dann, wenn, wie im Ausgangsverfahren, der Verbraucher nach Abschluss dieses Vertrags Berufssportler geworden ist.
49 Es ist nämlich entschieden worden, dass die Eigenschaft einer Person als „Verbraucher“ zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juli 2020, Raiffeisen Bank und BRD Groupe Société Générale, C‑698/18 und C‑699/18, EU:C:2020:537, Rn. 73, sowie vom 24. Oktober 2024, Zabitoń, C‑347/23, EU:C:2024:919, Rn. 32).
50 Folglich verliert ein Minderjähriger, der zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Vertrags über Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere die betreffende sportliche Betätigung nicht berufsmäßig betrieb, die Eigenschaft eines „Verbrauchers“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 nicht deshalb, weil er während der Vertragserfüllung Berufssportler geworden ist.
51 Zudem ändert der bloße Umstand, dass dieser Verbraucher in der Sportart, in der er später Berufsspieler wurde, als Nachwuchsspieler angesehen wird, nichts an der Eigenschaft, die er zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags besaß, ebenso wenig wie der Umstand, dass der Gegenstand dieses Vertrags mit der etwaigen künftigen beruflichen Laufbahn dieses Sportlers in Zusammenhang stand.
52 Desgleichen ist es für die Eigenschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags unerheblich, dass der betreffende Verbraucher unter Umständen über möglicherweise wichtige Kenntnisse oder Informationen in der Sportart, in der er später zum Berufsspieler wurde, verfügen konnte.
53 Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verbraucherbegriff im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 nämlich objektiven Charakter und ist unabhängig von den konkreten Kenntnissen, die die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt (Urteil vom 3. September 2015, Costea, C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 21).
54 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers, der zwischen einem Gewerbetreibenden, der im Bereich der Förderung der Entwicklung von Sportlern tätig ist, auf der einen und einem durch seine Eltern vertretenen minderjährigen Nachwuchstalent, das bei Abschluss dieses Vertrags noch keine berufliche Tätigkeit im Bereich des Sports ausübte und daher Verbraucher war, auf der anderen Seite abgeschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt.
Zur zweiten Frage
55 Die zweite Frage braucht nicht beantwortet zu werden, da sie nur für den Fall der Verneinung der ersten Frage gestellt wurde.
Zur dritten Frage
56 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 Abs. 2 und Art. 8 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass ein nationales Gericht die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, in der sich der junge Sportler für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere in einer bestimmten Sportart dazu verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, anhand von Art. 3 dieser Richtlinie beurteilen kann.
57 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 vorsieht, dass die Beurteilung der Missbräuchlichkeit weder die Klauseln zum Hauptgegenstand des Vertrags noch die Klauseln zur Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, betrifft, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.
58 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/13 genannten Klauseln, die zu dem von dieser Richtlinie geregelten Gebiet gehören, der Beurteilung in Bezug auf ihre Missbräuchlichkeit entzogen, sofern das zuständige nationale Gericht nach einer Einzelfallbeurteilung der Auffassung ist, dass sie vom Gewerbetreibenden klar und verständlich abgefasst wurden. Diese Bestimmung zielt somit nur darauf ab, die Modalitäten und den Umfang der Inhaltskontrolle der nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsklauseln festzulegen, die die Hauptleistungen von Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher bezeichnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2010, Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid, C‑484/08, EU:C:2010:309, Rn. 32 und 34). Zudem ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass der Umstand, dass eine Klausel nicht klar und verständlich abgefasst ist, für sich allein nicht geeignet ist, sie missbräuchlich zu machen (Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Wenn, wie im Ausgangsverfahren, ein Vertrag die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere in einer bestimmten Sportart zum Gegenstand hat, ist – wie der Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge im Wesentlichen festgestellt hat – eine Klausel, nach der sich der junge Sportler als Vertragspartner für die Erbringung dieser Dienstleistungen dazu verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, für die Bestimmung sowohl des Hauptgegenstands des Vertrags als auch der Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 von Bedeutung.
60 Daraus folgt, dass die Klausel in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fällt und dass ein nationales Gericht daher ihre Missbräuchlichkeit grundsätzlich nur dann beurteilen kann, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass sie nicht klar und verständlich abgefasst ist.
61 Im vorliegenden Fall geht jedoch aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass die Republik Lettland zum Zeitpunkt des Abschlusses des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags, d. h. am 14. Januar 2009, einige Bestimmungen der Richtlinie 93/13, insbesondere deren Art. 4 Abs. 2 noch nicht in ihre Rechtsordnung umgesetzt hatte, da die Umsetzung dieser Bestimmung erst am 1. Juli 2014 wirksam wurde.
62 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 8 der Richtlinie 93/13 ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, dass die Mitgliedstaaten „auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen erlassen [können], um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten“.
63 Der Gerichtshof hat daraus abgeleitet, dass die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert sein können, auf dem gesamten durch die Richtlinie geregelten Gebiet, in das die in Art. 4 Abs. 2 genannten Klauseln fallen, strengere Regeln als die in der Richtlinie selbst vorgesehenen zu erlassen oder beizubehalten, sofern sie auf einen besseren Schutz der Verbraucher abzielen (Urteil vom 3. Juni 2010, Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid, C‑484/08, EU:C:2010:309, Rn. 35 und 40).
64 Somit darf ein nationales Gericht, wenn das nationale Recht dies zulässt, im Rahmen eines Rechtsstreits betreffend einen zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrag die Missbräuchlichkeit einer nicht individuell ausgehandelten Klausel, die insbesondere den Hauptgegenstand des Vertrags betrifft, selbst in den Fällen beurteilen, in denen diese Klausel durch den Gewerbetreibenden klar und verständlich vorformuliert wurde.
65 Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags vom 14. Januar 2009 das nationale Recht zuließ, die Missbräuchlichkeit einer Klausel, die in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fällt, auch in den Fällen zu beurteilen, in denen diese Klausel klar und verständlich abgefasst war.
66 Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 und Art. 8 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass eine Vertragsklausel, in der sich der junge Sportler für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere in einer bestimmten Sportart dazu verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Folglich darf ein nationales Gericht die Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel grundsätzlich nur dann anhand von Art. 3 dieser Richtlinie beurteilen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass sie nicht klar und verständlich abgefasst ist. Diese Bestimmungen stehen jedoch einer nationalen Regelung nicht entgegen, die eine gerichtliche Kontrolle der Missbräuchlichkeit dieser Klausel auch dann zulässt, wenn diese klar und verständlich abgefasst ist.
Zur vierten Frage
67 Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die ohne weitere Präzisierung lediglich vorsieht, dass sich ein Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, an den Leistungserbringer ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, als im Sinne dieser Bestimmung klar und verständlich abgefasst anzusehen ist.
68 Hierzu sieht Art. 5 der Richtlinie 93/13 zum einen vor, dass in Verträgen, in denen alle dem Verbraucher unterbreiteten Klauseln oder einige dieser Klauseln schriftlich niedergelegt sind, diese Klauseln stets klar und verständlich abgefasst sein müssen, und zum anderen, dass bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel die für den Verbraucher günstigste Auslegung gilt.
69 Zum sowohl in Art. 4 Abs. 2 als auch in Art. 5 der Richtlinie 93/13 vorgesehenen Erfordernis der Transparenz von Vertragsklauseln hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass dieses Erfordernis nicht auf die bloße Verständlichkeit der Vertragsklauseln in formeller und grammatikalischer Hinsicht beschränkt werden kann, sondern umfassend verstanden werden muss, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden u. a. einen geringeren Informationsstand besitzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Andriciuc u. a., C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
70 Dieses Transparenzgebot verlangt somit nicht nur, dass eine Klausel für den betroffenen Verbraucher in formeller und grammatikalischer Hinsicht verständlich ist, sondern auch, dass der Vertrag die konkrete Funktionsweise des Verfahrens, auf das die betreffende Klausel Bezug nimmt, und gegebenenfalls das Verhältnis zwischen diesem und dem durch andere Klauseln vorgeschriebenen Verfahren in transparenter Weise darstellen muss, damit der betroffene Verbraucher in der Lage ist, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2023, D. V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 36 und 37 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
71 Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen zu prüfen, ob dieses Erfordernis erfüllt ist. Insbesondere hat es unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu prüfen, ob dem Verbraucher sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtung auswirken könnten und ihm erlauben, die finanziellen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2023, D. V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
72 Hierzu hat der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsstreits, der eine Klausel über die Zahlung einer Rechtsanwaltsvergütung betraf, entschieden, dass, auch wenn von einem Gewerbetreibenden nicht verlangt werden kann, dass er den Verbraucher über die endgültigen finanziellen Folgen der von ihm eingegangenen Verpflichtung informiert, die von unvorhersehbaren zukünftigen Ereignissen abhängen, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat, die Informationen, die der Gewerbetreibende vor Vertragsabschluss zu erteilen hat, den Verbraucher in die Lage versetzen müssen, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis zum einen des Umstands, dass solche Ereignisse eintreten können, und zum anderen der Folgen, die solche Ereignisse während der Dauer der Erbringung der betreffenden Rechtsdienstleistungen haben können, zu treffen (Urteil vom 12. Januar 2023, D. V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 43).
73 Im vorliegenden Fall ist es Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klausel und aller den Abschluss des Vertrags vom 14. Januar 2009 begleitenden Umstände zu beurteilen, ob der Verbraucher durch die ihm vor Vertragsabschluss vom Gewerbetreibenden erteilten Informationen in die Lage versetzt worden ist, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis der finanziellen Folgen des Vertragsabschlusses zu treffen (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Januar 2023, D. V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 44).
74 Zu den Merkmalen einer Klausel wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die die Höhe des Entgelts des Dienstleistungserbringers auf der Grundlage eines festen Prozentsatzes der künftigen Einnahmen des Vertragspartners für einen bestimmten Zeitraum vorsieht, ist festzustellen, dass eine solche Klausel für sich genommen nur dann als geeignet angesehen werden kann, dem Betroffenen zu erlauben, die sich daraus für ihn möglicherweise ergebenden wirtschaftlichen Folgen einzuschätzen, wenn sie die betreffenden Einnahmen genau beschreibt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Angabe im Vertrag vom 14. Januar 2009, die das Entgelt des Dienstleistungserbringers auf der Grundlage eines festen Prozentsatzes sämtlicher Nettoeinnahmen aus Sportveranstaltungen, Werbung, Marketing und Medienauftritten im Zusammenhang mit dem betreffenden Sport vorsieht, für sich genommen so betrachtet werden kann, dass sie einem solchen Grad an Genauigkeit genügt. Erforderlich ist auch, dass die Art der als Gegenleistung für das vorgesehene Entgelt erbrachten Dienstleistungen anhand des Vertrags als Ganzes angemessen verstanden oder daraus abgeleitet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 43).
75 Es ist letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Betroffene zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags vom 14. Januar 2009 sowohl hinsichtlich der Art der vom Gewerbetreibenden zu erbringenden Dienstleistungen als auch hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Höhe des als Gegenleistung zu zahlenden Entgelts über alle notwendigen Informationen verfügte, die ihm erlaubten, die wirtschaftlichen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen.
76 Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 5 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die lediglich vorsieht, dass sich ein Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, an den Leistungserbringer ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, nicht im Sinne dieser Bestimmung klar und verständlich abgefasst ist, wenn dem Verbraucher vor Vertragsabschluss nicht alle notwendigen Informationen erteilt worden sind, die ihm erlaubten, die wirtschaftlichen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen.
Zur fünften Frage
77 Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die vorsieht, dass sich ein junger Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner im Sinne dieser Bestimmung verursacht, wenn diese Klausel keinen Zusammenhang zwischen dem Wert der erbrachten Leistung und ihren Kosten für den Verbraucher herstellt.
78 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach seiner ständigen Rechtsprechung auf die Auslegung der Begriffe der Richtlinie 93/13 sowie auf die Kriterien erstreckt, die das nationale Gericht bei der Prüfung einer Vertragsklausel im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie anwenden darf oder muss, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Infolgedessen muss sich der Gerichtshof darauf beschränken, dem vorlegenden Gericht Hinweise an die Hand zu geben, die dieses zu beachten hat (Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 50).
79 Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
80 Im Rahmen der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsklausel, die das nationale Gericht nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vorzunehmen hat, hat es unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Rechtssache zunächst zu prüfen, ob ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben vorliegt, und dann, ob zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis im Sinne dieser Bestimmung besteht (Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 63).
81 Zur Klarstellung dieser Begriffe ist zum einen in Bezug auf die Frage, unter welchen Umständen ein solches Missverhältnis „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben“ verursacht wird, festzustellen, dass in Anbetracht des 16. Erwägungsgrundes der Richtlinie 93/13 das nationale Gericht prüfen muss, ob der Gewerbetreibende bei loyalem und billigem Verhalten gegenüber dem Verbraucher vernünftigerweise erwarten durfte, dass der Verbraucher sich nach individuellen Verhandlungen auf eine solche Klausel einlässt (Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 64).
82 Zum anderen sind bei der Frage, ob eine Klausel ein „erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis“ der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zum Nachteil des Verbrauchers verursacht, insbesondere diejenigen Vorschriften zu berücksichtigen, die im nationalen Recht anwendbar sind, wenn die Parteien in diesem Punkt keine Vereinbarung getroffen haben, um zu bewerten, ob – und gegebenenfalls inwieweit – der Vertrag für den Verbraucher eine weniger günstige Rechtslage schafft, als sie das geltende nationale Recht vorsieht (Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 65).
83 Nur mit dieser vergleichenden Betrachtung kann das nationale Gericht bewerten, ob – und gegebenenfalls inwieweit – der Vertrag für den Verbraucher eine weniger günstige Rechtslage schafft, als sie das geltende nationale Recht vorsieht.
84 Allerdings können, wie der Generalanwalt in Nr. 91 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bei der Beurteilung, ob ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis vorliegt, auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden, wie zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags bestehende loyale und billige Marktpraktiken in Bezug auf das Entgelt im betreffenden Sportbereich oder die Verpflichtungen, bei denen ein durchschnittlich informierter Verbraucher davon ausgehen konnte, ihnen im Hinblick auf diese Praktiken unterworfen zu sein.
85 Schließlich hat das nationale Gericht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrags oder eines anderen Vertrags, von dem dieser abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2024, Caixabank u. a. [Transparenzkontrolle bei Verbandsklagen], C‑450/22, EU:C:2024:577, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
86 Im vorliegenden Fall wird das vorlegende Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 95 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verschiedene Aspekte des Vertrags vom 14. Januar 2009 zu berücksichtigen haben, wie den Umstand, dass dieser Vertrag seinem Wesen nach mit einem erheblichen Risikofaktor für A einherging. Denn dieser Vertrag sah vor, dass das A geschuldete Entgelt nur unter der Voraussetzung fällig war, dass die Einkünfte mindestens 1 500 Euro monatlich erreichen, dass C diesen Vertrag einseitig beenden konnte, ohne eine Entschädigung zahlen zu müssen, wenn er u. a. beschlossen hätte, seine berufliche Laufbahn nicht fortzusetzen, oder dass die von A erbrachten Dienstleistungen keine Gewähr dafür boten, dass C das angestrebte Ergebnis, nämlich Berufssportler zu werden, erzielen würde (vgl. entsprechend Urteil vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C‑325/08, EU:C:2010:143, Rn. 42).
87 Nach alledem ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die vorsieht, dass sich ein junger Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, nicht allein deshalb ein zum Nachteil des Verbrauchers erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner im Sinne dieser Bestimmung verursacht, weil diese Klausel keinen Zusammenhang zwischen dem Wert der erbrachten Leistung und ihren Kosten für den Verbraucher herstellt. Ob ein solches Missverhältnis vorliegt, ist nämlich insbesondere anhand der Vorschriften, die im nationalen Recht anwendbar sind, wenn die Parteien in diesem Punkt keine Vereinbarung getroffen haben, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden loyalen und billigen Marktpraktiken in Bezug auf das Entgelt im betreffenden Sportbereich sowie aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln dieses Vertrags oder eines Vertrags, von dem dieser abhängt, zu beurteilen.
Zur sechsten Frage
88 Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er ein nationales Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie festgestellt hat, daran hindert, den vom Verbraucher zu zahlenden Betrag auf die Höhe der Kosten herabzusetzen, die dem Dienstleistungserbringer im Rahmen der Erfüllung des Vertrags tatsächlich entstanden sind.
89 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.
90 Diese Bestimmung ist eine zwingende Bestimmung, die darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito, C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 38).
91 Unter diesen Umständen ist diese Bestimmung als eine Norm zu betrachten, die den im nationalen Recht zwingenden innerstaatlichen Bestimmungen gleichwertig ist (Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 54), so dass eine missbräuchliche Klausel als von Anfang an nicht existent anzusehen ist.
92 Was die Möglichkeit eines nationalen Gerichts betrifft, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags festgestellt hat, den Inhalt dieser Klausel abzuändern anstatt schlicht deren Anwendung gegenüber dem Verbraucher auszuschließen, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 nicht dahin verstanden werden kann, dass er es dem nationalen Gericht gestattet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 71).
93 Stünde es dem nationalen Gericht frei, den Inhalt der missbräuchlichen Klauseln in einem solchen Vertrag abzuändern, könnte eine derartige Befugnis nämlich die Verwirklichung des langfristigen Ziels gefährden, das mit Art. 7 der Richtlinie 93/13 verfolgt wird. Denn diese Befugnis trüge dazu bei, den Abschreckungseffekt zu beseitigen, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben, da diese nämlich versucht blieben, die betreffenden Klauseln zu verwenden, wenn sie wüssten, dass, selbst wenn die Klauseln für unwirksam erklärt werden sollten, der Vertrag gleichwohl im erforderlichen Umfang vom nationalen Gericht angepasst werden könnte, so dass das Interesse der Gewerbetreibenden auf diese Art und Weise gewahrt würde (Urteil vom 26. März 2019, Abanca Corporación Bancaria und Bankia, C‑70/17 und C‑179/17, EU:C:2019:250, Rn. 54).
94 Der betreffende Vertrag kann nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestehen bleiben, soweit ein solcher Fortbestand des Vertrags ohne die missbräuchlichen Klauseln nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist, was anhand eines objektiven Ansatzes zu prüfen ist (Urteil vom 3. Oktober 2019, Dziubak, C‑260/18, EU:C:2019:819, Rn. 39).
95 Nach alledem ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er ein nationales Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie festgestellt hat, daran hindert, den vom Verbraucher zu zahlenden Betrag auf die Höhe der Kosten herabzusetzen, die dem Dienstleistungserbringer im Rahmen der Erfüllung des Vertrags tatsächlich entstanden sind.
Zur siebten und zur achten Frage
96 Die siebte und die achte Frage brauchen nicht beantwortet zu werden, da sie nur für den Fall der Verneinung der dritten Frage gestellt wurden.
Zur neunten Frage
97 Mit seiner neunten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 93/13 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass in einem Fall, in dem eine Vertragsklausel vorsieht, dass sich ein Verbraucher als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, der Umstand, dass der Verbraucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags minderjährig war und dieser Vertrag von den Eltern des Minderjährigen in dessen Namen geschlossen wurde, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel relevant ist.
98 Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anwendungsbereich der Charta hinsichtlich des Handelns der Mitgliedstaaten in deren Art. 51 Abs. 1 definiert wird, wonach diese für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt.
99 Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof in Beantwortung der ersten Frage festgestellt, dass die Richtlinie 93/13 auf einen Vertrag wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden anwendbar ist, so dass der nationale Rechtsrahmen, in den sich der Ausgangsrechtsstreit einfügt, eine Umsetzung dieser Richtlinie und damit des Unionsrechts im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta darstellt.
100 Folglich ist das vorlegende Gericht bei der Anwendung der Richtlinie 93/13 verpflichtet, die in der Charta verankerten Grundrechte zu beachten, zu denen die in ihren Art. 17 und 24 vorgesehenen Grundrechte gehören, die das Eigentumsrecht und die Rechte des Kindes betreffen.
101 Was insbesondere die in Art. 24 der Charta garantierten Rechte des Kindes anbelangt, umfassen diese u. a. die Verpflichtung, bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen das Wohl des Kindes als vorrangige Erwägung zu berücksichtigen.
102 Folglich ergibt sich, auch wenn sich die Richtlinie 93/13 nicht auf minderjährige Verbraucher bezieht, aus Art. 24 Abs. 2 der Charta sowie aus Art. 3 Abs. 1 des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 20. November 1989 verabschiedeten Internationalen Übereinkommens über die Rechte des Kindes, auf den in den Erläuterungen zu Art. 24 der Charta ausdrücklich Bezug genommen wird, doch, dass das Kindeswohl nicht nur bei der Prüfung der Begründetheit von Anträgen, die Kinder betreffen, zu berücksichtigen ist, sondern auch durch besondere Verfahrensgarantien den dieser Beurteilung vorausgehenden Entscheidungsprozess beeinflussen muss. Denn der Ausdruck „Wohl des Kindes“ im Sinne dieses Art. 3 Abs. 1 nimmt, wie der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes ausgeführt hat, Bezug auf ein materielles Recht, ein Grundprinzip der Rechtsauslegung und eine Verfahrensregel (Urteil vom 11. Juni 2024, Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid [Frauen, die sich mit dem Wert der Geschlechtergleichheit identifizieren], C‑646/21, EU:C:2024:487, Rn. 73).
103 Die insbesondere dem vorlegenden Gericht obliegende Verpflichtung, das Wohl des Kindes zu berücksichtigen, schließt jedoch nicht aus, dass dieses Gericht im vorliegenden Fall den Umstand berücksichtigen kann, dass die Eltern von C, die ihn bei dem Abschluss des Vertrags vom 14. Januar 2009 vertraten, selbst Kenntnisse des Berufssports hatten oder dass C zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 17 Jahre alt war.
104 Nach alledem ist auf die neunte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 93/13 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass in einem Fall, in dem eine Vertragsklausel vorsieht, dass sich ein Verbraucher als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, der Umstand, dass der Verbraucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags minderjährig war und dieser Vertrag von den Eltern des Minderjährigen in dessen Namen geschlossen wurde, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel relevant ist.
Zur zehnten Frage
105 Die zehnte Frage braucht nicht beantwortet zu werden, da sie nur für den Fall der Verneinung der ersten Frage gestellt wurde.
Kosten
106 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen
sind dahin auszulegen, dass
ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere eines Sportlers, der zwischen einem Gewerbetreibenden, der im Bereich der Förderung der Entwicklung von Sportlern tätig ist, auf der einen und einem durch seine Eltern vertretenen minderjährigen Nachwuchstalent, das bei Abschluss dieses Vertrags noch keine berufliche Tätigkeit im Bereich des Sports ausübte und daher Verbraucher war, auf der anderen Seite abgeschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt.
2. Art. 4 Abs. 2 und Art. 8 der Richtlinie 93/13
sind dahin auszulegen, dass
eine Vertragsklausel, in der sich der junge Sportler für die Erbringung der im Vertrag festgelegten Dienstleistungen zur Förderung der Entwicklung und der Karriere in einer bestimmten Sportart dazu verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Folglich darf ein nationales Gericht die Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel grundsätzlich nur dann anhand von Art. 3 dieser Richtlinie beurteilen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass sie nicht klar und verständlich abgefasst ist. Diese Bestimmungen stehen jedoch einer nationalen Regelung nicht entgegen, die eine gerichtliche Kontrolle der Missbräuchlichkeit dieser Klausel auch dann zulässt, wenn diese klar und verständlich abgefasst ist.
3. Art. 5 der Richtlinie 93/13
ist dahin auszulegen, dass
eine Vertragsklausel, die lediglich vorsieht, dass sich ein Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, an den Leistungserbringer ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, nicht im Sinne dieser Bestimmung klar und verständlich abgefasst ist, wenn dem Verbraucher vor Vertragsabschluss nicht alle notwendigen Informationen erteilt worden sind, die ihm erlaubten, die wirtschaftlichen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen.
4. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13
ist dahin auszulegen, dass
eine Vertragsklausel, die vorsieht, dass sich ein junger Sportler als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, nicht allein deshalb ein zum Nachteil des Verbrauchers erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner im Sinne dieser Bestimmung verursacht, weil diese Klausel keinen Zusammenhang zwischen dem Wert der erbrachten Leistung und ihren Kosten für den Verbraucher herstellt. Ob ein solches Missverhältnis vorliegt, ist nämlich insbesondere anhand der Vorschriften, die im nationalen Recht anwendbar sind, wenn die Parteien in diesem Punkt keine Vereinbarung getroffen haben, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden loyalen und billigen Marktpraktiken in Bezug auf das Entgelt im betreffenden Sportbereich sowie aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln dieses Vertrags oder eines Vertrags, von dem dieser abhängt, zu beurteilen.
5. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13
ist dahin auszulegen, dass
er ein nationales Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie festgestellt hat, daran hindert, den vom Verbraucher zu zahlenden Betrag auf die Höhe der Kosten herabzusetzen, die dem Dienstleistungserbringer im Rahmen der Erfüllung des Vertrags tatsächlich entstanden sind.
6. Die Richtlinie 93/13 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
ist dahin auszulegen, dass
in einem Fall, in dem eine Vertragsklausel vorsieht, dass sich ein Verbraucher als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen zur Förderung der sportlichen Entwicklung und Karriere verpflichtet, ein Entgelt in Höhe von 10 % der Einnahmen, die er während der 15 Jahre nach Abschluss dieses Vertrags erhalten wird, zu zahlen, der Umstand, dass der Verbraucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags minderjährig war und dieser Vertrag von den Eltern des Minderjährigen in dessen Namen geschlossen wurde, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel relevant ist.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Lettisch.
i Die vorliegende Rechtssache ist mit einem fiktiven Namen bezeichnet, der nicht dem echten Namen eines Verfahrensbeteiligten entspricht.