URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

7. Februar 2024 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen – Beihilfe der Niederlande zugunsten von KLM im Zusammenhang mit der Covid‑19-Pandemie – Staatliche Garantie für ein Bankdarlehen und nachrangiges staatliches Darlehen – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Nichtigkeitsklage – Klagebefugnis – Spürbare Beeinträchtigung der Stellung des Klägers auf dem Markt – Zulässigkeit – Bestimmung des Begünstigten der Beihilfe im Rahmen einer Unternehmensgruppe“

In der Rechtssache T‑146/22,

Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), vertreten durch Rechtsanwälte E. Vahida und F.‑C. Laprévote, Rechtsanwältin V. Blanc sowie Rechtsanwälte D. Pérez de Lamo und S. Rating,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. Georgieva, J. Carpi Badía und M. Farley als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch T. Stéhelin, B. Fodda, T. Lechevallier und P. Dodeller als Bevollmächtigte,

durch

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman, C. Schillemans, E. Besselink und J. Langer als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin S. Corrijn,

durch

Société Air France mit Sitz in Tremblay-en-France (Frankreich)

und

Air France-KLM mit Sitz in Paris (Frankreich),

vertreten durch Rechtsanwälte J. Derenne und D. Vallindas,

sowie durch

Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV mit Sitz in Amstelveen (Niederlande), vertreten durch Rechtsanwälte K. Schillemans und P. Huizing sowie Rechtsanwältin E. de Krom,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov (Berichterstatter) sowie der Richter G. De Baere und D. Petrlík,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2023

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Ryanair DAC, die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2021) 5437 final der Kommission vom 16. Juli 2021 über die staatliche Beihilfe SA.57116 (2020/N) – Niederlande – COVID-19: Staatliche Garantie für ein Darlehen und staatliches Darlehen zugunsten von KLM (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Kontext der in Rede stehenden Maßnahme

2

Die Koninklijke Luchtvaart Maatschappij (im Folgenden: KLM) gehört zur Gruppe Air France-KLM. An der Spitze dieser Gruppe steht die Holdinggesellschaft Air France-KLM (im Folgenden: Air France-KLM-Holding). Dem angefochtenen Beschluss zufolge umfasst diese Gruppe außerdem u. a. die Société Air France S.A. (im Folgenden: Air France), „Air France-KLM International Mobility (Schweiz)“, „Blueteam V (Frankreich)“, „BigBlank (Frankreich)“, „Air France-KLM Finance (Frankreich)“ und die „Transavia Company (Frankreich)“.

3

Nach dem angefochtenen Beschluss halten die Französische Republik und das Königreich der Niederlande 14,3 % bzw. 14 % des Kapitals der Air France-KLM-Holding. Die Air France-KLM-Holding hält ihrerseits 100 % der Anteile an Air France und unmittelbar und mittelbar 93,84 % des Gesellschaftskapitals von KLM. Darüber hinaus hält diese Holding 99,7 % der wirtschaftlichen Rechte, d. h. der Dividendenrechte, und 49 % der Stimmrechte von KLM. Sie hält außerdem 100 % der Anteile der anderen oben in Rn. 2 genannten Tochtergesellschaften.

4

Der angefochtene Beschluss steht im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer staatlicher Beihilfemaßnahmen zur Unterstützung des Luftverkehrssektors und insbesondere der zur Gruppe Air France-KLM gehörenden Unternehmen.

5

Insbesondere genehmigte die Europäische Kommission am 4. Mai 2020 mit ihrem Beschluss C(2020) 2983 final über die staatliche Beihilfe SA.57082 (2020/N) – Frankreich – COVID‑19: Befristeter Rahmen (Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV) – Garantie und Gesellschafterdarlehen zugunsten von Air France eine Einzelbeihilfe, die die Französische Republik Air France zum einen in Form einer staatlichen Garantie in Höhe von 90 % für ein von einem Bankenkonsortium gewährtes Darlehen in Höhe von 4 Mrd. Euro und zum anderen in Form eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von bis zu 3 Mrd. Euro (im Folgenden: Gesellschafterdarlehen) gewährte. Dieser Beschluss wurde zweimal berichtigt, zum ersten Mal am 17. Dezember 2020 (Beschluss K[2020] 9384 final der Kommission) und zum zweiten Mal am 26. Juli 2021 (Beschluss K[2021] 5701 final der Kommission) (im Folgenden: Beschluss Air France). In diesem Beschluss vertrat die Kommission die Auffassung, Begünstigte der Beihilfe, die Gegenstand dieses Beschlusses sei, seien Air France und die von ihr kontrollierten Tochtergesellschaften. Dagegen wurden weder die Air France-KLM-Holding noch ihre anderen Tochtergesellschaften, einschließlich KLM und der von dieser kontrollierten Gesellschaften, als Begünstigte dieser Beihilfe angesehen.

6

Am 26. Juni 2020 meldete das Königreich der Niederlande bei der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine staatliche Beihilfe zugunsten von KLM an, die zum einen aus einer staatlichen Garantie für ein von einem Bankenkonsortium zu gewährendes Darlehen und zum anderen in einem staatlichen Darlehen bestand (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahme). Das Gesamtbudget für die Beihilfe belief sich auf 3,4 Mrd. Euro. Das Ziel der in Rede stehenden Maßnahme bestand in der vorübergehenden Versorgung von KLM mit der erforderlichen Liquidität, um den negativen Auswirkungen der Covid‑19-Pandemie begegnen zu können. Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande hätte der Konkurs von KLM in Anbetracht von deren Bedeutung für das niederländische Wirtschaftsleben und für seine Luftverkehrsanbindung die durch diese Pandemie verursachte beträchtliche Störung in seinem Wirtschaftsleben noch verstärkt.

7

Am 13. Juli 2020 erließ die Kommission den Beschluss C(2020) 4871 final über die staatliche Beihilfe SA.57116 (2020/N) – Niederlande – COVID‑19: Staatliche Garantie für ein Darlehen und staatliches Darlehen zugunsten von KLM, dem zufolge die in Rede stehende Maßnahme zum einen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellte und zum anderen nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar war. Laut diesem Beschluss war KLM die einzige Begünstigte der Beihilfe, unter Ausschluss der anderen Unternehmen der Air France-KLM-Gruppe.

8

Am 5. April 2021 erließ die Kommission den Beschluss C(2021) 2488 final über die staatliche Beihilfe SA.59913 – Frankreich – COVID-19 – Rekapitalisierung von [Air France] und [der] Air France-KLM-Holding (im Folgenden: Beschluss Air France-KLM und Air France), in dem sie feststellte, dass eine von der Französischen Republik in Form einer Kapitalerhöhung von Air France und der Air France-KLM-Holding gewährte Einzelbeihilfe in Höhe von insgesamt 4 Mrd. Euro gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV und dem Befristeten Rahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Diese Beihilfe umfasst zum einen eine Beteiligung der Französischen Republik an einer geplanten Kapitalerhöhung von bis zu 1 Mrd. Euro und zum anderen die Umwandlung des Gesellschafterdarlehens von 3 Mrd. Euro, das Teil der im Beschluss Air France in Rede stehenden Maßnahme war, in ein hybrides Instrument, das einer Kapitalbeteiligung gleicht. Dem Beschluss Air France-KLM und Air France zufolge waren die Begünstigten dieser Maßnahmen Air France und ihre Tochtergesellschaften sowie die Air France-KLM-Holding und die von dieser kontrollierten Tochtergesellschaften, mit Ausnahme von KLM und deren Tochtergesellschaften.

9

Mit Urteil vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission (KLM; COVID-19) (T‑643/20, EU:T:2021:286), erklärte das Gericht den Beschluss C(2020) 4871 final der Kommission vom 13. Juli 2020 mit der Begründung für nichtig, dass er einen Begründungsmangel hinsichtlich der Bestimmung des Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme aufweise. Darüber hinaus beschloss das Gericht, die Wirkungen der Nichtigerklärung dieses Beschlusses nach Art. 108 AEUV bis zum Erlass eines neuen Beschlusses durch die Kommission auszusetzen.

10

Am 16. Juli 2021 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, in dem sie feststellte, dass die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, aber auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, und dass KLM und ihre Tochtergesellschaften die einzigen Begünstigten der Beihilfe seien, nicht jedoch die anderen Unternehmen der Gruppe Air France-KLM.

Anträge der Parteien

11

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12

Die Kommission beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13

Das Königreich der Niederlande, KLM, Air France und die Air France-KLM-Holding beantragen, die Klage als unbegründet abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14

Die Französische Republik beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit die Klägerin die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage stelle, und sie im Übrigen als unbegründet abzuweisen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zulässigkeit

15

Die Klägerin macht erstens geltend, sie sei Beteiligte im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und von Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) und daher zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte klagebefugt. Zweitens sei ihre Wettbewerbsstellung auf dem Markt durch die in Rede stehende Maßnahme spürbar beeinträchtigt worden, so dass sie auch befugt sei, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen.

16

Die Kommission, das Königreich der Niederlande, KLM, die Air France-KLM-Holding und Air France treten der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

17

Die Französische Republik macht dagegen geltend, die Klägerin sei nicht befugt, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen.

18

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin Wettbewerberin von KLM ist, und es ist unstreitig, dass sie daher als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 anzusehen ist, die zur Wahrung der ihr nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zustehenden Verfahrensrechte klagebefugt ist.

19

Was die Befugnis der Klägerin betrifft, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen, ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit einer Klage, die von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung erhoben wird, nach Art. 263 Abs. 4 AEUV unter der Bedingung steht, dass dieser Person eine Klagebefugnis zuerkannt wird, die in zwei Fällen vorliegt. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 59 und 91, sowie vom 13. März 2018, Industrias Químicas del Vallés/Kommission, C‑244/16 P, EU:C:2018:177, Rn. 39).

20

Da der angefochtene Beschluss, der an das Königreich der Niederlande gerichtet wurde, keinen Rechtsakt mit Verordnungscharakter nach Art. 263 Abs. 4 AEUV darstellt, weil er kein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 56), hat das Gericht zu prüfen, ob die Klägerin von diesem Beschluss im Sinne dieser Bestimmung unmittelbar und individuell betroffen ist.

21

Insoweit können andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung nur dann individuell betroffen sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 217, 238, vom 28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84, EU:C:1986:42, Rn. 22, und vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 53).

22

Stellt eine klagende Partei die Begründetheit einer auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV oder nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Entscheidung, mit der eine Beihilfe beurteilt wird, in Frage, kann der bloße Umstand, dass sie als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV angesehen werden kann, somit nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Sie muss in diesem Fall dartun, dass ihr eine besondere Stellung im Sinne der oben in Rn. 21 angeführten Rechtsprechung zukommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Stellung der klagenden Partei auf dem betroffenen Markt durch die Beihilfe, die Gegenstand der betreffenden Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23

Insoweit bedeutet die von der klagenden Partei verlangte Darlegung einer spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung nicht, dass über das Wettbewerbsverhältnis zwischen der klagenden Partei und den begünstigten Unternehmen eine abschließende Entscheidung erginge, sondern erfordert von Seiten der klagenden Partei nur, dass sie in stichhaltiger Weise darlegt, aus welchen Gründen die Entscheidung der Kommission durch eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Stellung auf dem betreffenden Markt ihre legitimen Interessen verletzen kann (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Somit folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sich die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der klagenden Partei auf dem fraglichen Markt nicht aus einer eingehenden Prüfung der verschiedenen Wettbewerbsbeziehungen auf diesem Markt und der daraus folgenden Bestimmung des genauen Ausmaßes der Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung ergibt, sondern grundsätzlich aus einer Feststellung prima facie, dass die Durchführung der vom Beschluss der Kommission erfassten Maßnahme zu einer spürbaren Beeinträchtigung dieser Wettbewerbsstellung führt (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 58).

25

Daraus folgt, dass diese Voraussetzung erfüllt sein kann, wenn die klagende Partei mit ihrem Vorbringen dartut, dass die betreffende Maßnahme ihre Stellung auf dem fraglichen Markt spürbar beeinträchtigen kann (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Was die Gesichtspunkte anbelangt, die von der Rechtsprechung hinsichtlich der Feststellung einer solchen spürbaren Beeinträchtigung anerkannt worden sind, ist darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen jedenfalls nicht schon dann als von einer Handlung individuell betroffen angesehen werden kann, wenn diese Handlung geeignet war, die auf dem relevanten Markt bestehenden Wettbewerbsverhältnisse zu beeinflussen, und das betroffene Unternehmen in einer irgendwie gearteten Wettbewerbsbeziehung zu dem durch die Handlung Begünstigten steht. Es reicht also nicht aus, wenn sich ein Unternehmen lediglich auf seine Eigenschaft als Wettbewerber des begünstigten Unternehmens beruft (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Der Nachweis einer spürbaren Beeinträchtigung der Stellung eines Wettbewerbers auf dem Markt kann nicht auf das Vorliegen bestimmter Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der kommerziellen oder finanziellen Leistungen der klagenden Partei wie einer bedeutenden Umsatzeinbuße, nicht unerheblichen finanziellen Verlusten oder einer signifikanten Verringerung der Marktanteile infolge der Gewährung der fraglichen Beihilfe beschränkt werden. Die Gewährung einer staatlichen Beihilfe kann die Wettbewerbssituation eines Wirtschaftsteilnehmers auch in anderer Weise beeinträchtigen, u. a. durch Herbeiführung von Einnahmeausfällen oder einer weniger günstigen Entwicklung als der, die ohne eine solche Beihilfe zu verzeichnen gewesen wäre (Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 61).

28

Außerdem verlangt die Rechtsprechung nicht, dass die klagende Partei Angaben zur Größe oder zur geografischen Ausdehnung der relevanten Märkte oder zu ihren eigenen Marktanteilen oder denen des Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme oder denen von etwaigen Wettbewerbern auf diesen Märkten macht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 65).

29

Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Klägerin Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass die in Rede stehende Maßnahme geeignet ist, ihre Stellung auf dem betreffenden Markt spürbar zu beeinträchtigen.

30

Insoweit macht die Klägerin erstens geltend, sie habe im Jahr 2021 rund 1,3 Millionen Passagiere befördert und 37 Flugstrecken von oder nach drei Flughäfen in den Niederlanden betrieben. Insbesondere behauptet sie, dass sie auf 13 dieser Flugstrecken, auf denen sie im Jahr 2021 rund 185000 Passagiere befördert habe, in unmittelbarem Wettbewerb mit KLM gestanden habe, was von den anderen Parteien nicht bestritten wird.

31

Darüber hinaus belegen die in der Anlage A.3.6 der Klageschrift aufgeführten Daten, die ebenfalls nicht bestritten werden, dass die Zahl der von der Klägerin auf diesen 13 Flugstrecken angebotenen Sitze häufig mit der Zahl der von KLM angebotenen Sitze vergleichbar war oder sie in bestimmten Fällen sogar überstieg. Der Wettbewerb zwischen ihnen war daher auch im Hinblick auf die Zahl der angebotenen Sitze erheblich.

32

Außerdem wurden die 13 Flugstrecken, auf denen die Klägerin in direktem Wettbewerb mit KLM stand, nach ihrer unbestrittenen Behauptung nur von wenigen anderen Fluggesellschaften bedient.

33

Zweitens macht die Klägerin unwidersprochen im Wesentlichen geltend, sie habe eine geschäftliche Expansion auf dem niederländischen Markt in Betracht gezogen, was durch die Tatsache belegt werde, dass sie 210 Flugzeuge Boeing 737 Max bestellt habe, die ihre Flotte im Juni 2021 hätten erweitern sollen und es ihr ermöglicht hätten, ihre Expansionspläne umzusetzen.

34

Drittens geht aus einem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Fondation pour l’innovation politique (Stiftung für Innovative Politik) mit dem Titel „Before COVID-19 air transportation in Europe: an already fragile sector“ (Der Luftverkehr in Europa vor der Covid-19-Pandemie: ein bereits fragiler Sektor) vom Mai 2020, dessen Inhalt von den Parteien nicht bestritten wird, hervor, dass es „wahrscheinlich [sei], dass Ryanair … aus der Covid-19-Krise ohne zu große Schäden hervorgehen [werde] und sogar über ausreichende Finanzmittel verfüg[e], insbesondere durch Verschuldung und den Erwerb insolventer Unternehmen, um sich an der zu erwartenden Umstrukturierung des Luftverkehrs in Europa zu beteiligen“. Daraus folgt, dass sich die Klägerin im Vergleich zu traditionellen Fluggesellschaften wie KLM, bei der die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit oder gar eines Marktaustritts bestand, in einer relativ starken Position befand.

35

Die Gefahr, dass KLM ohne die in Rede stehende Maßnahme zahlungsunfähig geworden wäre, ist nämlich aus dem angefochtenen Beschluss ersichtlich, in dem es heißt, dass das Ziel der Maßnahme darin bestanden habe, KLM mit der Liquidität zu versorgen, die sie benötigt habe, um dem Liquiditätsengpass infolge der negativen Auswirkungen der Covid‑19-Pandemie begegnen zu können, und so die Zahlungsunfähigkeit von KLM zu verhindern.

36

Viertens macht die Klägerin geltend, dass das Wettbewerbsverhältnis zwischen ihr und der Gruppe Air France-KLM in ihrer Gesamtheit noch ausgeprägter sei. So sei sie, an der Zahl der beförderten Passagiere gemessen, die größte Fluggesellschaft auf der Ebene der Union, während die Gruppe Air France-KLM nur die viertgrößte sei, was von den anderen Parteien nicht bestritten wird.

37

Darüber hinaus ist einem Bericht von Exane BNP Paribas mit dem Titel „European Airlines, Blinded by the light“ (Europäische Fluggesellschaften: vom Licht geblendet) vom 15. Juli 2020, der von der Klägerin vorgelegt wurde und dessen Inhalt von den anderen Parteien nicht bestritten wird, zu entnehmen, dass die Fluggesellschaften der Gruppe Air France-KLM infolge der staatlichen Unterstützung zu den Fluggesellschaften in Europa geworden waren, die zusammen über die größten Liquiditätsreserven verfügten, und dass sie die Klägerin nach deren unbestrittenem Vorbringen als die europäische Fluggesellschaft abgelöst hatten, die seit Juli 2020 die längste Zeit vollständiger Einstellung ihres Flugbetriebs hatte verkraften können, bevor ihre liquiden Mittel völlig aufgezehrt waren.

38

Die oben in den Rn. 30 bis 37 angeführten Gesichtspunkte erlauben zusammen genommen die Feststellung, dass die Klägerin nachgewiesen hat, dass die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme geeignet war, die Wettbewerbsstellung von KLM auf dem Markt zum Nachteil der Klägerin zu stärken und prima facie deren Wettbewerbsstellung zu beeinträchtigen, u. a. durch Herbeiführung von Einnahmeausfällen oder einer weniger günstigen Entwicklung als der, die ohne eine solche Maßnahme zu verzeichnen gewesen wäre (vgl. die oben in Rn. 27 angeführte Rechtsprechung).

39

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch den Einwand der Französischen Republik in Frage gestellt, dass die Klägerin nicht die Hauptkonkurrentin von KLM auf dem niederländischen Markt sei.

40

Nach der Rechtsprechung ist es nämlich nicht erforderlich, dass die klagende Partei die Hauptkonkurrentin des Beihilfeempfängers ist, um ihre Wettbewerbsstellung als durch diese Beihilfe spürbar beeinträchtigt ansehen zu können.

41

Auch der Einwand der Französischen Republik, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass der angefochtene Beschluss sie aufgrund einer tatsächlichen Situation berühre, die sie von derjenigen aller anderen Wettbewerber von KLM unterscheide, kann keinen Erfolg haben.

42

Die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der klagenden Partei ist nämlich ein nur diese selbst betreffender Gesichtspunkt, der allein im Hinblick auf ihre Marktstellung vor der Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme oder ohne diese zu beurteilen ist. Es geht daher nicht darum, die Lage sämtlicher auf dem betreffenden Markt tätigen Wettbewerber zu vergleichen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2020:862, Nr. 58). Im Übrigen hat der Gerichtshof klargestellt, wie oben in Rn. 28 ausgeführt, dass es nicht erforderlich ist, dass die klagende Partei Angaben zu ihren eigenen Marktanteilen oder denen des Begünstigten oder denen von etwaigen Wettbewerbern auf diesem Markt macht. Daraus folgt, dass von der klagenden Partei zum Nachweis einer spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung nicht verlangt werden kann, die Wettbewerbssituation ihrer Wettbewerber zu beweisen und sich von dieser zu unterscheiden.

43

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die oben in Rn. 21 angeführte Rechtsprechung zwei verschiedene Kriterien für den Nachweis vorsieht, dass andere Personen als die Adressaten eines Beschlusses von diesem individuell betroffen sind, nämlich dass der angefochtene Beschluss sie „wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften“ oder „besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände“ berührt. Diese Rechtsprechung verlangt also nicht, dass eine klagende Partei in jedem Fall dartun muss, dass sich ihre tatsächliche Situation von derjenigen jeder anderen Person unterscheidet. Es genügt nämlich, dass die angefochtene Entscheidung die klagende Partei wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften berührt.

44

Dies ist hier der Fall. Alle oben in den Rn. 30 bis 37 angeführten Gesichtspunkte weisen nämlich hinreichend plausibel nach, dass die Stellung der Klägerin auf den betreffenden Märkten durch bestimmte persönliche Eigenschaften gekennzeichnet war, wie z. B. durch die Tatsache, dass die Klägerin auf einer großen Zahl von Flugstrecken, auf denen sie zudem eine große Anzahl von Sitzen anbietet, in unmittelbarem Wettbewerb mit der Begünstigten steht, dass sie eine geschäftliche Expansion auf dem niederländischen Markt in Betracht zog und dass ohne die in Rede stehende Maßnahme die Gefahr bestanden hätte, dass KLM zahlungsunfähig geworden oder zumindest erheblich geschwächt worden wäre, während die finanzielle Lage der Klägerin im Vergleich zu der der Begünstigten relativ stark erschien, was sie ohne die Beihilfe in die Lage versetzt hätte, Marktanteile zum Nachteil von KLM zu gewinnen.

45

Nach alledem ist festzustellen, dass die Klägerin rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die in Rede stehende Maßnahme geeignet war, ihre Wettbewerbsstellung auf dem betreffenden Markt spürbar zu beeinträchtigen.

46

Es ist festzustellen, dass die Klägerin von dem angefochtenen Beschluss auch unmittelbar betroffen ist, weil die Absicht des Königreichs der Niederlande, KLM eine Beihilfe zu zahlen, außer Zweifel steht und eine solche Zahlung geeignet ist, die Klägerin in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu versetzen und damit ihr Recht zu beeinträchtigen, keinem durch diese Beihilfe verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Daher ist die Klägerin befugt, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen.

Zur Begründetheit

48

Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe, die im Wesentlichen erstens einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf den Ausschluss der Air France-KLM-Holding und von Air France aus dem Kreis der Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme, zweitens einen Verstoß gegen die Bestimmungen des AEU-Vertrags und die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Nichtdiskriminierung, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit, drittens eine fehlerhafte Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV, viertens eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte und fünftens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht betreffen.

Erster Klagegrund: Ausschluss der Air France-KLM-Holding und von Air France aus dem Kreis der Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme

49

Die Klägerin beanstandet die Bestimmung des Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme. Sie macht geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein KLM und die von ihr kontrollierten Gesellschaften die Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme seien, nicht aber die Air France-KLM-Holding und Air France. Insoweit führt sie mehrere Gesichtspunkte an, um darzutun, dass die Air France-KLM-Holding und Air France ebenfalls potenzielle oder mittelbare Begünstigte dieser Maßnahme seien. Diese Gesichtspunkte betreffen im Wesentlichen die Kapitalverflechtungen sowie die organisatorischen, funktionellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM, den vertraglichen Rahmen, auf dessen Grundlage diese Maßnahme gewährt wurde, und den Kontext, in den diese sich einfügt.

50

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hebt auf der Grundlage der im angefochtenen Beschluss herausgestellten Gesichtspunkte hervor, dass Air France und KLM de facto über eine große funktionelle, wirtschaftliche und organisatorische Autonomie verfügten, und zwar sowohl untereinander als auch gegenüber der Air France-KLM-Holding. Außerdem vermeide die Unternehmens- und Führungsstruktur der Gruppe Air France-KLM auch jede Gefahr einer mittelbaren Übertragung der Beihilfe zwischen Air France und KLM. Darüber hinaus umfasse die in Rede stehende Maßnahme vertragliche Mechanismen, die einer Zweckbestimmungsklausel entsprächen und bewirkten, dass der tatsächliche finanzielle und wirtschaftliche Vorteil dieser Maßnahme ausschließlich KLM zugutekomme.

51

Die Französische Republik, das Königreich der Niederlande, KLM, Air France und die Air France-KLM-Holding schließen sich den Erklärungen der Kommission an.

52

Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass Begünstigte der in Rede stehenden Maßnahme KLM und die von ihr kontrollierten Tochtergesellschaften seien. Dagegen seien, obwohl KLM zur Gruppe Air France-KLM gehöre, weder ihre Muttergesellschaft, d. h. die Air France-KLM-Holding, noch ihre Schwestergesellschaften, einschließlich Air France und der von dieser kontrollierten Tochtergesellschaften, Begünstigte dieser Maßnahme.

53

Der vorliegende Klagegrund wirft somit im Wesentlichen die Frage der Bestimmung des Begünstigten einer Beihilfemaßnahme im Kontext einer Unternehmensgruppe auf.

54

Insoweit können nach der Rechtsprechung mehrere getrennte rechtliche Einheiten für die Zwecke der Anwendung der Beihilfevorschriften als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden. Im Bereich der staatlichen Beihilfen stellt sich die Frage, ob zwischen mehreren getrennten rechtlichen Einheiten eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, nämlich insbesondere dann, wenn der Beihilfeempfänger ermittelt werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, 323/82, EU:C:1984:345, Rn. 11 und 12, sowie vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission [KLM; Covid‑19], T‑643/20, EU:T:2021:286, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55

Zu den Faktoren, die von der Rechtsprechung bei der Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer wirtschaftlichen Einheit im Bereich staatlicher Beihilfen berücksichtigt werden, gehören insbesondere die Zugehörigkeit des betreffenden Unternehmens zu einer Unternehmensgruppe, die direkt oder indirekt von einem dieser Unternehmen kontrolliert wird, die Ausübung gleicher oder paralleler wirtschaftlicher Tätigkeiten und das Fehlen einer wirtschaftlichen Autonomie der betreffenden Unternehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 2004, Pollmeier Malchow/Kommission, T‑137/02, EU:T:2004:304, Rn. 68 bis 70), die Bildung einer einheitlichen Gruppe, die von einer Einheit kontrolliert wird, trotz der Gründung neuer Gesellschaften mit jeweils eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, 323/82, EU:C:1984:345, Rn. 11), die Möglichkeit für ein Gebilde, das Kontrollbeteiligungen an einer anderen Gesellschaft hält, über eine bloße Kapitalanlage eines Investors hinaus Kontroll- und Impulsfunktionen sowie solche der finanziellen Unterstützung auszuüben, wie auch das Bestehen institutioneller, funktioneller und wirtschaftlicher Verbindungen zwischen ihnen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 2010, AceaElectrabel Produzione/Kommission, C‑480/09 P, EU:C:2010:787, Rn. 51, und vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission [KLM; Covid‑19], T‑643/20, EU:T:2021:286, Rn. 47), sowie das Vorhandensein einschlägiger Vertragsklauseln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2010, AceaElectrabel Produzione/Kommission, C‑480/09 P, EU:C:2010:787, Rn. 57).

56

Außerdem können die Art der gewährten Beihilfemaßnahme, die vom betreffenden Mitgliedstaat gegebenenfalls eingegangenen Verpflichtungen und der Kontext, in den sich diese Maßnahme einfügt, je nach Fall ebenfalls relevante Faktoren für die Feststellung darstellen, ob im Bereich der staatlichen Beihilfen eine wirtschaftliche Einheit vorliegt oder nicht.

57

Zudem hat die Kommission ihre Auslegung des Begriffs „Unternehmen“ in ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV (ABl. 2016, C 262, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe) näher erläutert. Wenngleich diese Bekanntmachung das Gericht nicht binden kann, kann sie gleichwohl eine nützliche Anregung darstellen (vgl. Urteil vom 6. April 2022, Mead Johnson Nutrition [Asia Pacific] u. a./Kommission, T‑508/19, EU:T:2022:217, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58

Die Kommission hat in Rn. 11 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe anerkannt, dass mehrere getrennte rechtliche Einheiten für die Zwecke der Anwendung der Beihilfevorschriften als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden können. Zu diesem Zweck sind nach dieser Randnummer das Bestehen von Kontrollbeteiligungen und anderer funktioneller, wirtschaftlicher und institutioneller Verbindungen zwischen ihnen zu berücksichtigen.

59

In diesem Zusammenhang ist entschieden worden, dass die Kommission bei der Feststellung, ob zu einem Konzern gehörende Gesellschaften für die Anwendung der Regelung über staatliche Beihilfen als eine wirtschaftliche Einheit oder als rechtlich und finanziell selbständige Einheiten anzusehen sind, über ein weites Ermessen verfügt. Dieses Ermessen bringt die Berücksichtigung und Bewertung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte und Umstände mit sich. Da der Unionsrichter insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht seine Beurteilung des Sachverhalts nicht an die Stelle derjenigen des Urhebers der Entscheidung setzen darf, hat sich die Kontrolle durch das Gericht insoweit auf die Prüfung zu beschränken, ob die Verfahrensregeln und die Begründungspflicht eingehalten und die Tatsachen richtig festgestellt worden sind und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. Urteil vom 8. September 2009, AceaElectrabel/Kommission, T‑303/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:312, Rn. 101 und 102 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

60

Der Unionsrichter muss jedoch nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Stichhaltigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil vom 20. September 2018, Spanien/Kommission, C‑114/17 P, EU:C:2018:753, Rn. 104).

61

Außerdem obliegt es der Kommission, die Verbindungen zwischen Unternehmen, die demselben Konzern angehören, mit besonderer Wachsamkeit zu prüfen, wenn die Auswirkungen einer Kumulierung staatlicher Beihilfen innerhalb desselben Konzerns auf den Wettbewerb zu befürchten sind (vgl. Urteil vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission [KLM; Covid‑19], T‑643/20, EU:T:2021:286, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien und des Vorbringens der Parteien sind die Kapitalverflechtungen sowie die organisatorischen, funktionellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM sowie ihren jeweiligen Tochtergesellschaften, die Verträge, auf deren Grundlage die in Rede stehende Maßnahme gewährt wurde, sowie die Art der gewährten Beihilfemaßnahme und der Kontext, in den sie sich einfügt, nacheinander zu prüfen.

– Zu den Kapitalverflechtungen und organisatorischen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM

63

Einleitend macht die Kommission geltend, dass die Klägerin in der Klageschrift die Auffassung vertreten habe, der Umstand, dass eine Muttergesellschaft de iure die Möglichkeit habe, eine Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft auszuüben, sei „für sich allein“ ausreichend, um davon auszugehen, dass die Muttergesellschaft als Begünstigte einer Beihilfemaßnahme einbezogen werden müsse. In der Erwiderung mache die Klägerin jedoch geltend, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung die Befugnis der Air France-KLM-Holding zur Kontrolle über ihre Tochtergesellschaften nicht berücksichtigt habe. Dieses letzte Argument der Klägerin stelle keine Weiterentwicklung des in der Klageschrift enthaltenen Arguments dar und sei daher unzulässig, weil es zum ersten Mal in der Erwiderung vorgebracht worden sei.

64

Das Vorbringen der Kommission zur Unzulässigkeit des von der Klägerin in der Erwiderung vorgebrachten Arguments, die Kommission habe bei ihrer Beurteilung die Kontrollbefugnis der Air France-KLM-Holding über ihre Tochtergesellschaften nicht berücksichtigt, ist zurückzuweisen, weil dieses Vorbringen auf einem unvollständigen Verständnis der Klageschrift beruht. Darin macht die Klägerin nämlich zum einen geltend, dass die Kommission die Auswirkungen des Umstands, dass die Air France-KLM-Holding satzungsgemäß Kontroll‑, Impuls- und finanzielle Unterstützungsfunktionen über ihre Tochtergesellschaft KLM habe ausüben können, nicht richtig beurteilt habe, und beanstandet zum anderen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung mehrerer anderer Faktoren, die die organisatorischen, funktionellen, wirtschaftlichen und vertraglichen Verbindungen zwischen den verschiedenen Einheiten der Gruppe Air France-KLM betreffen. Die in der Klageschrift vorgebrachten Argumente beschränkten sich somit nicht darauf, lediglich eine de iure bestehende Möglichkeit der Air France-KLM-Holding, eine Kontrolle über KLM auszuüben, anzuführen. Folglich stellt das oben erwähnte, in der Erwiderung vorgebrachte Argument eine Erweiterung der ursprünglichen Argumente dar und ist daher nicht unzulässig.

65

Im Anschluss an diese Klarstellung ist als Erstes, was die Kapitalverflechtungen zwischen den verschiedenen zur Gruppe Air France-KLM gehörenden Einheiten angeht, darauf hinzuweisen, dass Air France, wie oben in Rn. 3 ausgeführt, zu 100 % von der Air France-KLM-Holding gehalten wird und dass Letztere 93,84 % des Gesellschaftskapitals, 99,7 % der wirtschaftlichen Rechte und 49 % der Stimmrechte an KLM hält.

66

Obwohl dieser Umstand einen ersten Gesichtspunkt darstellt, der für die Prüfung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen diesen Gebilden relevant ist, verlangt die Rechtsprechung zu staatlichen Beihilfen außerdem die Prüfung, ob die Muttergesellschaft tatsächlich eine Kontrolle ausübt, indem sie unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften nimmt und somit an der wirtschaftlichen Tätigkeit des kontrollierten Unternehmens beteiligt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2010, AceaElectrabel Produzione/Kommission, C‑480/09 P, EU:C:2010:787, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67

Ohne eine solche Prüfung würde nämlich die bloße Teilung eines Unternehmens in zwei getrennte Gebilde, von denen das erste die in Rede stehende wirtschaftliche Tätigkeit unmittelbar fortführt und das zweite das erste durch Einflussnahme auf dessen Verwaltung kontrolliert, genügen, um den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen jede praktische Wirksamkeit zu nehmen. Dies würde dem zweiten Gebilde erlauben, Subventionen oder andere Vergünstigungen des Staates oder aus staatlichen Mitteln zu beziehen und sie ganz oder teilweise zugunsten des ersten Gebildes auch im Interesse der aus den beiden Gebilden bestehenden wirtschaftlichen Einheit zu verwenden (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, AceaElectrabel Produzione/Kommission, C‑480/09 P, EU:C:2010:787, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68

Im vorliegenden Fall geht aus dem 33. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Air France-KLM-Holding aufgrund ihrer Vetorechte, die ihr zum einen gegen die Geschäfts- und Haushaltspläne und zum anderen gegen die Vergütung, Ernennung und Abberufung der Führungskräfte – einschließlich der Ernennung und Abberufung der Mitglieder des jeweiligen Verwaltungsrats – von KLM zustehen, über eine Kontrollbefugnis über dieses Unternehmen verfügt. So müssen die Entscheidungen, die u. a. die strategischen Optionen, das Budget und den Investitionsplan der „Gruppe Air France-KLM einschließlich KLM“ betreffen, von dieser Holding genehmigt werden, bevor sie angenommen oder umgesetzt werden.

69

Aus den Erwägungsgründen 40 und 51 des angefochtenen Beschlusses geht auch hervor, dass die Air France-KLM-Holding das Recht hat, Finanzierungsgeschäfte ihrer Tochtergesellschaften, die 150 Mio. Euro übersteigen, von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Dieses Recht hat sich im vorliegenden Fall als relevant erwiesen, weil, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss einräumt, die vom Königreich der Niederlande gewährte Finanzierung den Schwellenwert von 150 Mio. Euro überstieg, so dass die Air France-KLM-Holding ihr vor ihrer Gewährung zustimmen musste.

70

Was als Zweites die organisatorischen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM betrifft, verweist die Klägerin u. a. auf das einheitliche Registrierungsformular 2019 dieser Holding, das gemäß der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. 2017, L 168, S. 12) bei der Autorité des marchés financiers, AMF (Finanzaufsichtsbehörde, Frankreich) eingereicht wurde (im Folgenden: einheitliches Registrierungsformular 2019) und von dem sie dem Gericht einen Auszug vorgelegt hat, der in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist. Gemäß den Art. 9 und 21 der Verordnung 2017/1129 ist das einheitliche Registrierungsformular ein der Öffentlichkeit zur Verfügung gestelltes Dokument, das Angaben zu Organisation, Geschäftstätigkeiten, Finanzlage, Ertrag und Zukunftsaussichten, Führung und Beteiligungsstruktur des betreffenden Emittenten enthält.

71

Aus dem einheitlichen Registrierungsformular 2019 geht hervor, dass es auf der Ebene der Gruppe Air France-KLM mehrere gemischte Organe gibt, die aus hochrangigen Vertretern der Air France-KLM-Holding, von Air France und von KLM bestehen und mit der Kontrolle und Koordinierung bestimmter wichtiger Entscheidungen innerhalb dieser Gruppe betraut sind.

72

Innerhalb der Gruppe Air France-KLM bedürfen z. B. alle Investitionen über 5 Mio. Euro sowie alle Geschäfte, die die Flotte oder den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen betreffen, der Zustimmung eines „Comité exécutif Groupe“ (Konzernvorstand), der u. a. aus den Generaldirektoren der Air France-KLM-Holding, von Air France und von KLM besteht, wie diese Holding im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat.

73

Außerdem ist diesem einheitlichen Registrierungsformular 2019 zufolge zwar die Verwaltung der Investitionen auf der Ebene jeder Gesellschaft der Gruppe Air France-KLM gewährleistet, aber der Entscheidungsprozess wird von einem „Group Investment Committee (GIC)“ koordiniert, das sich aus dem stellvertretenden Generaldirektor „Wirtschaft und Finanzen“ der Air France-KLM-Holding, dem stellvertretenden Generaldirektor „Wirtschaft und Finanzen“ von Air France und dem „Chief Financial Officer“ von KLM zusammensetzt.

74

Ebenso geht aus dem einheitlichen Registrierungsformular 2019 hervor, dass das Marktrisikomanagement innerhalb der Gruppe Air France-KLM von einem „Risk Management Committee“ geleitet wird, das sich ebenfalls aus hochrangigen Führungskräften der Air France-KLM-Holding, von Air France und von KLM zusammensetzt und das über die finanziellen Risiken dieser Gruppe entscheidet, diese Risiken überwacht und festlegt, welche Absicherungsmaßnahmen getroffen werden müssen.

75

Ferner geht daraus hervor, dass die von diesen gemischten Organen auf der Ebene der Gruppe Air France-KLM gefassten Beschlüsse anschließend von jedem Unternehmen der Gruppe umgesetzt werden.

76

Daraus folgt, dass die Kapitalverflechtungen und organisatorischen Verbindungen innerhalb der Gruppe Air France-KLM dafür sprechen, dass die Air France-KLM-Holding tatsächlich eine Kontrolle ausübt, indem sie unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung von Air France und KLM nimmt und somit an der von ihnen ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit beteiligt ist. Daraus folgt auch, dass es auf der Ebene dieser Gruppe zumindest in Bezug auf bestimmte wichtige Entscheidungen ein zentralisiertes Entscheidungsverfahren und eine gewisse Koordinierung gibt, die durch gemischte Organe sichergestellt werden, die sich aus hochrangigen Vertretern der Air France-KLM-Holding, von Air France und von KLM zusammensetzen.

77

Die Kapitalverflechtungen und organisatorischen Verbindungen innerhalb der Gruppe Air France-KLM sind somit, wie die Klägerin geltend macht, ein erster Gesichtspunkt, der dafür spricht, dass die getrennten rechtlichen Einheiten innerhalb dieser Gruppe für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen eine wirtschaftliche Einheit bilden.

– Zu den funktionellen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM

78

Als Erstes hat die Kommission im 36. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Air France-KLM-Holding ihre eigenen Arbeitnehmer beschäftige und sich auf von Air France und KLM an sie entsandte Beschäftigte „stütz[e]“. Darüber hinaus hat sie in den Erwägungsgründen 33 und 112 dieses Beschlusses, wie oben in Rn. 68 ausgeführt, darauf hingewiesen, dass die Air France-KLM-Holding hinsichtlich der Vergütung, der Ernennung und der Abberufung der Führungskräfte von KLM und Air France Vetorechte habe. Daraus folgt, dass zwischen den Beschäftigten dieser Holding und denen ihrer Tochtergesellschaften eine gewisse Integration besteht und dass die Holding an den wichtigsten Entscheidungen beteiligt ist, die die Führungskräfte ihrer Tochtergesellschaften betreffen.

79

Als Zweites hat die Kommission im 37. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erläutert, dass die Air France-KLM-Holding auf den Luftverkehrsmärkten, auf denen Air France und KLM tätig seien, nicht „unmittelbar“ tätig sei, und festgestellt, dass die Rolle dieser Holding darin bestehe, ihre Tochtergesellschaften „in den Bereichen Informatik, Personal, Marketing, Digitalisierung, Kommunikation und Innovation“ zu unterstützen.

80

Im 42. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission jedoch festgestellt, dass sich Air France und KLM unter der Leitung der Air France-KLM-Holding mit Hilfe der zu diesem Zweck von Air France und KLM an die Holding entsandten Mitarbeiter im „Bereich des Verkaufs und des Preis- und Ertragsmanagements auf der Grundlage der auf der Ebene der [Air France-KLM‑]Holding festgelegten Strategie“ abstimmten. Eine solche Feststellung ergibt sich auch aus dem 112. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses.

81

Daraus folgt, dass die Air France-KLM-Holding zwar nicht selbst Luftverkehrsdienstleistungen erbringt, dass sie jedoch bei der Erbringung dieser Dienstleistungen, insbesondere im Bereich des Verkaufs und des Preis- und Ertragsmanagements, eine strategische Rolle spielt und dass sie darüber hinaus am Erlass von Entscheidungen über die Flottengeschäfte beteiligt ist (siehe oben, Rn. 72), was bestätigt, dass zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM ein gewisser Grad an Integration besteht.

82

Das Bestehen einer gewissen funktionellen Koordinierung innerhalb der Gruppe Air France-KLM wird zudem durch das von der Klägerin angeführte Beispiel „Transavia“ veranschaulicht. Wie aus den Antworten der Kommission auf die im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gestellten Fragen hervorgeht, gibt es innerhalb dieser Gruppe mehrere Gesellschaften mit dem Namensbestandteil „Transavia“, von denen einige auf dem Markt für Passagierflugdienste tätig sind. Dabei handelt es sich um die Transavia France SAS und die Transavia Airlines CV, die im angefochtenen Beschluss als „Transavia France“ bzw. „Transavia Netherlands“ bezeichnet werden. „Transavia France“ und „Transavia Netherlands“ sind Tochtergesellschaften von Air France bzw. KLM. Die Kommission hat hierzu ausgeführt, dass diese beiden Gesellschaften zwar über eigene Lizenzen, Zertifikate, Verkehrsrechte, Zeitnischen, Vermögenswerte, eigenes Personal und eine eigene Betriebsleitung verfügten, auf dem Markt aber unter derselben Marke Transavia präsent seien und sich dieselbe Website teilten. Außerdem wird „Transavia“, wie die Klägerin geltend macht, im einheitlichen Registrierungsformular 2019 und im einheitlichen Registrierungsformular 2020 der Air France-KLM-Holding, das in Anwendung der Verordnung 2017/1129 bei der französischen Finanzaufsichtsbehörde eingereicht wurde (im Folgenden: einheitliches Registrierungsformular 2020), soweit sich diese Formulare auf das „Low-Cost“-Segment der Geschäftstätigkeit der Gruppe Air France-KLM-beziehen, häufig als ein einziges Unternehmen aufgeführt. Dieses Beispiel belegt somit eine gewisse funktionelle und geschäftliche Zusammenarbeit zwischen zwei Tochtergesellschaften von Air France und KLM.

83

Als Drittes geht aus den Erwägungsgründen 38 bis 40 und 112 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Air France-KLM-Holding auch Finanzfunktionen für den Bedarf von Air France und KLM wahrnimmt. Zum einen erteilt sie ihren Tochtergesellschaften u. a. Budgetanweisungen. Zum anderen kann sie, wie es im angefochtenen Beschluss heißt, „gelegentlich“ auf den Finanzmärkten Kapital (Fremd- oder Eigenkapital) zugunsten ihrer Tochtergesellschaften je nach deren individuellem Bedarf aufnehmen.

84

In Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Klägerin ist hinzuzufügen, dass die Air France-KLM-Holding, wie sich aus den Rn. 70 bis 75 des vorliegenden Urteils ergibt, an der Koordinierung und Genehmigung der bedeutenden Investitionen ihrer Tochtergesellschaften, am Erwerb und der Veräußerung von Beteiligungen sowie am Management der finanziellen Risiken und der erforderlichen Absicherungen, die auf der Ebene der Gruppe Air France-KLM kontinuierlich und ständig überwacht werden, beteiligt ist.

85

Die finanzielle Rolle der Air France-KLM-Holding wird im vorliegenden Fall durch den im 40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstand veranschaulicht, dass Finanzierungsgeschäfte der Tochtergesellschaften dieser Holding, die über 150 Mio. Euro hinausgehen, ihrer Zustimmung bedürfen und dass sie folglich der in Rede stehenden Maßnahme zustimmen musste.

86

Im angefochtenen Beschluss und in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission zwar die finanzielle Rolle der Air France-KLM-Holding zugunsten ihrer Tochtergesellschaften anerkannt, deren Bedeutung aber relativiert, indem sie sie als „begrenzt“ bezeichnet hat (38. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

87

Aus den Rn. 68 bis 85 des vorliegenden Urteils geht jedoch hervor, dass wichtige oder strategische Entscheidungen im Bereich der Finanzierung, der Investitionen und der Flotte von der Air France-KLM-Holding koordiniert oder sogar genehmigt werden.

88

Diese Feststellung wird durch die Angaben in den einheitlichen Registrierungsformularen 2019 und 2020 bestätigt, aus denen hervorgeht, dass die Air France-KLM-Holding eine Reihe von Anleihen in erheblicher Höhe begeben hat, dass „die Finanzstrategie von der Gruppe [Air France-KLM] in Abstimmung mit [Air France] und [KLM] festgelegt [wird]“, dass diese Holding die „Hauptemittentin“ dieser Anleihen war und dass diese Gruppe einen „systematischen Einsatz von Finanzierungen auf den Märkten [über] Air France-KLM“ erwog.

89

Gleichwohl hat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, dass Air France und KLM „funktional autonom“ seien, und sich dabei auf folgende Gesichtspunkte gestützt (41. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

90

Erstens hätten Air France und KLM über „getrennte Managementteams“ verfügt (41. Erwägungsgrund erster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses). Diese Feststellung muss jedoch durch die oben in den Rn. 68 bis 75 angeführten Gesichtspunkte stark relativiert werden, aus denen hervorgeht, dass die Air France-KLM-Holding ein Vetorecht in Bezug auf die Vergütung, die Ernennung und die Abberufung der Führungskräfte ihrer Tochtergesellschaften hat, dass gemischte Organe innerhalb der Gruppe Air France-KLM mit der Kontrolle und Koordinierung bestimmter wichtiger Entscheidungen in Bezug auf ihre Tochtergesellschaften betraut sind und dass sich diese Holding auf an sie abgeordnete Mitarbeiter von Air France und KLM stützt.

91

Zweitens sei KLM in Bezug auf die „meisten“ der wichtigsten Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit „unabhängig und uneingeschränkt verantwortlich“, insbesondere, was das Personal, die Flotte, die Entwicklung des Streckennetzes, die Kundenerfahrung, die Fluggast- und Frachtverwaltung, die Wartungsarbeiten, den Flugbetrieb, die Dienstleistungen an Bord und den Vertrieb betreffe (41. Erwägungsgrund erster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses). Diese Behauptungen lassen jedoch die Rolle außer Acht, die die Air France-KLM-Holding sowohl bei Geschäften spielt, die die Flotte betreffen (siehe oben, Rn. 68 und 72), als auch bei der Erbringung von Lufttransportdienstleistungen, insbesondere im Bereich des Verkaufs und des Preis- und Ertragsmanagements, deren Strategie auf der Ebene dieser Holding festgelegt wird (siehe oben, Rn. 80 bis 82).

92

Drittens verfüge KLM über eine „unabhängige Finanzorganisation“, insbesondere was die Finanzierung und die Kontrolle der internen und externen Berichte, die Liquidität, die Rechnungsprüfung und die Besteuerung angehe (41. Erwägungsgrund zweiter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses). Ferner hat die Kommission im 40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass die „täglichen“ Finanzgeschäfte von Air France und KLM unabhängig durchgeführt würden. Diese Behauptungen stehen jedoch im Widerspruch zu der Tatsache, dass jede Finanzierung über den Schwellenwert von 150 Mio. Euro hinaus oder jede Investition von mehr als 5 Mio. Euro der Zustimmung der Air France-KLM-Holding bedarf. Dem steht auch der Umstand, dass Air France und KLM ihre „täglichen“ Finanzgeschäfte selbst verwalten, nicht entgegen.

93

Viertens verwalte KLM ihren Liquiditätsbedarf „unabhängig und ohne Beteiligung von Air France“. Die Air France-KLM-Holding habe keinerlei Kontrolle über die Mittel von KLM. So würden z. B. bestimmte Entscheidungen auf der Ebene des Verwaltungsrats von KLM und nicht auf der Ebene dieser Holding getroffen. Es gebe auch weder einen „Mechanismus zur Aufteilung von Gewinnen und Verlusten noch eine Cash-Pooling-Vereinbarung zwischen Air France und KLM“ (40. Erwägungsgrund zweiter Gedankenstrich und 41. Erwägungsgrund dritter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses).

94

Zum einen muss jedoch auch die Behauptung, dass Air France und KLM ihre jeweilige Liquidität unabhängig verwalteten, relativiert werden, weil die Air France-KLM-Holding auf den Märkten Kapital zugunsten ihrer Tochtergesellschaften aufnimmt (siehe oben, Rn. 83), weil Finanzierungsgeschäfte über 150 Mio. Euro ihrer Zustimmung bedürfen und weil sie ihren Tochtergesellschaften Budgetanweisungen erteilt. Ebenso muss die Behauptung, dass bestimmte Entscheidungen auf der Ebene des Verwaltungsrats von KLM und nicht auf der Ebene der Air France-KLM-Holding getroffen würden, im Licht der oben in Rn. 72 angeführten Umstände relativiert werden, aus denen hervorgeht, dass die Holding am Erlass von wichtigen und strategischen Entscheidungen über Finanzierung, Investitionen und Flottengeschäfte beteiligt ist.

95

Zum anderen hat die Kommission zwar behauptet, dass es weder einen Mechanismus zur Aufteilung von Gewinnen und Verlusten noch eine Cash-Pooling-Vereinbarung zwischen Air France und KLM gegeben habe, aber gleichwohl im 47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass es „Kostenteilungsvereinbarungen“ zwischen Air France und KLM und ihren Tochtergesellschaften gegeben habe. Aus demselben Erwägungsgrund geht hervor, dass es „gemeinsame Tätigkeiten von Air France und KLM oder deren Tochtergesellschaften“ gibt. Diese Gesichtspunkte bestätigen, dass innerhalb der Gruppe Air France-KLM eine gewisse funktionelle Integration und Zusammenarbeit zwischen diesen Gesellschaften bestand.

96

Somit wird das Ergebnis, zu dem die Kommission gelangt ist, nämlich dass Air France und KLM über eine funktionelle Selbständigkeit verfügten, durch die Gesamtheit der Erwägungen in den vorstehenden Rn. 78 bis 95 in Frage gestellt.

97

Folglich stellen die funktionellen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM einen zweiten Gesichtspunkt dar, der dafür spricht, dass diese Einheiten für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen eine einzige wirtschaftliche Einheit bilden.

– Zu den wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM

98

In den Erwägungsgründen 43 bis 46 und 113 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission aus folgenden Gründen die Auffassung vertreten, dass die Air France-KLM-Holding, KLM und Air France de facto über wirtschaftliche Autonomie verfügten.

99

Zunächst übe die Air France-KLM-Holding keine Tätigkeit aus, die externe Einnahmen erwirtschafte, so dass sie Air France und KLM nicht eigenständig unterstützen könne. Die Einnahmen dieser Holding würden ausschließlich intern bei ihren Tochtergesellschaften durch eine Verwaltungsvergütung erzielt, die die Verwaltungskosten dieser Holding abdecke, durch Markenlizenzgebühren und durch bestimmte Kostenteilungsmechanismen (Erwägungsgründe 43 und 44 des angefochtenen Beschlusses). Ferner erbringe die Air France-KLM-Holding zwar möglicherweise bestimmte Finanzdienstleistungen für KLM; solche Dienstleistungen gingen jedoch nicht mit der Bereitstellung einer finanziellen Unterstützung für KLM und Air France einher (45. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich würden die Geschäftsbeziehungen zwischen Air France und KLM zu marktüblichen Bedingungen unterhalten und von autonomen Managementteams ausgehandelt. Die Kostenteilungsvereinbarungen zwischen diesen beiden Gesellschaften sähen einen Verteilungsschlüssel vor, der auf den „marktüblichen Standards“ beruhe (Erwägungsgründe 46 und 47 des angefochtenen Beschlusses).

100

Insoweit ist erstens, wie die Klägerin geltend macht, der Umstand, dass die Air France-KLM-Holding ihre Einnahmen ausschließlich von ihren Tochtergesellschaften bezieht, ein Beleg dafür, dass zwischen dieser Holding und ihren Tochtergesellschaften eine gewisse gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit besteht. Dies wird insbesondere durch die Tatsache untermauert, dass sich Air France und KLM bemühen, durch die Koordinierung ihrer jeweiligen Tätigkeiten unter der Leitung der Air France-KLM-Holding Synergieeffekte zu erzielen, insbesondere im Bereich des Verkaufs und des Preis- und Ertragsmanagements (siehe oben, Rn. 80), und dass diese Holding in koordinierter Weise an der Finanzierung ihrer Tochtergesellschaften beteiligt ist (siehe oben, Rn. 83 bis 87).

101

Zweitens würde dies selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die Air France-KLM-Holding auf den Finanzmärkten lediglich als „Vermittlerin“ zwischen ihren Tochtergesellschaften und den Investoren aufträte, die Tatsache bestätigen, dass die Air France-KLM-Holding im Interesse dieser Tochtergesellschaften handelt, indem sie für deren Bedarf Gelder auf den Finanzmärkten beschafft. Dies zeigt, dass diese Holding die Finanzierungsbedingungen auf den Finanzmärkten aushandelt und sich dabei auf die finanzielle Position der gesamten Gruppe Air France-KLM stützt. Somit ist es der Air France-KLM-Holding zu verdanken, dass innerhalb der Gruppe Synergien erzielt werden.

102

Dies wird durch den von der Klägerin angeführten Umstand belegt, dass die Air France-KLM-Holding im Juli 2021 öffentlich eine gemeinsame Bestellung einer großen Anzahl von Flugzeugen für den Bedarf von KLM, „Transavia Netherlands“ und „Transavia France“ angekündigt hatte. Die Kommission, die hierzu im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme und in der mündlichen Verhandlung befragt wurde, hat die Existenz dieser gemeinsamen Bestellung bestätigt und erklärt, dass die die Holding deren Bedingungen ausgehandelt habe, um eine günstigere Vereinbarung zu erzielen. Obwohl KLM, „Transavia Netherlands“ und „Transavia France“ die Verträge separat geschlossen und erfüllt haben, verdanken sie es gleichwohl der Air France-KLM-Holding, dass sie von einer günstigeren Vereinbarung profitieren konnten.

103

Drittens bestätigt – wie oben in Rn. 95 ausgeführt – die von der Kommission anerkannte Tatsache, dass es Kostenteilungsvereinbarungen zwischen Air France und KLM sowie gemeinsame Tätigkeiten von Air France, KLM und deren Tochtergesellschaften gibt, dass zwischen ihnen eine gewisse wirtschaftliche Integration und Zusammenarbeit besteht.

104

Viertens macht die Kommission in den Erwägungsgründen 44 und 46 des angefochtenen Beschlusses geltend, dass die finanziellen und geschäftlichen Beziehungen zwischen der Air France-KLM-Holding und ihren Tochtergesellschaften Air France und KLM sowie zwischen diesen beiden selbst zu „marktüblichen Bedingungen“ unterhalten würden. Was insbesondere die Beziehungen zwischen Air France und KLM angeht, verweist die Kommission in diesem Zusammenhang darauf, dass diese Unternehmen weiterhin in Frankreich bzw. in den Niederlanden besteuert würden, dass das französische und das niederländische Steuerrecht vorsähen, dass alle konzerninternen Transaktionen so durchgeführt werden müssten, als wären sie zwischen unabhängigen Parteien abgeschlossen worden, und dass daher auf diesem Weg kein Vorteil von dem einen auf das andere Unternehmen übergehen könne (46. Erwägungsgrund erster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses). Diese Gesichtspunkte mögen zwar für die Besteuerung dieser Unternehmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten von Belang sein, reichen aber in Anbetracht der oben in den Rn. 100 bis 103 angeführten Gesichtspunkte nicht aus, um zu belegen, dass die Air France-KLM-Holding, Air France und KLM innerhalb der Gruppe Air France-KLM wirtschaftlich autonom seien.

105

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme insbesondere mit der Notwendigkeit gerechtfertigt wurde, KLM in einer Phase erheblicher Liquiditätsengpässe und einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu unterstützen (Erwägungsgründe 12 und 13 des angefochtenen Beschlusses). Unter diesen Umständen bestand der Vorteil dieser Maßnahme gerade in der Bereitstellung erheblicher Liquiditätsbeträge, die unter Marktbedingungen nicht verfügbar gewesen wären. So hätte eine solche Maßnahme zum einen die Finanzlage der gesamten Gruppe Air France-KLM insoweit stärken können, als sie die Gefahr des Ausfalls einer ihrer wichtigsten Tochtergesellschaften, nämlich KLM, vermied und somit die Investoren und Gläubiger der Unternehmen dieser Gruppe beruhigte, wobei außerdem darauf hinzuweisen ist, dass das staatliche Darlehen, das Teil der in Rede stehende Maßnahme war, gegenüber unbesicherten und nicht nachrangigen Bankdarlehen oder Anleihen nachrangig war (81. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zum anderen hätte die Air France-KLM-Holding in Anbetracht ihrer finanziellen Rolle innerhalb dieser Gruppe im Interesse ihrer Tochtergesellschaften und für deren Bedarf gegebenenfalls eine Finanzierung auf den Märkten erhalten können, die ihr ohne die Beihilfe nicht oder nur zu ungünstigeren Bedingungen zugänglich gewesen wäre.

106

Außerdem hätte KLM ohne die in Rede stehende Maßnahme ihre Tätigkeiten nicht fortführen können und hätte damit auch die Fortführung der gemeinsam mit Air France durchgeführten Tätigkeiten gefährdet (siehe oben, Rn. 80 bis 82, 95, 102 und 103). Indem diese Maßnahme KLM in die Lage versetzte, ihre Tätigkeiten fortzuführen, ermöglichte sie damit implizit, aber notwendigerweise auch die Fortführung der gemeinsamen Tätigkeiten von Air France und KLM.

107

Folglich stellen die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der Air France-KLM-Holding, Air France und KLM einen dritten Gesichtspunkt dar, der dafür spricht, dass diese Einheiten für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen eine einzige wirtschaftliche Einheit bilden.

– Zu den Verträgen, auf deren Grundlage die in Rede stehende Maßnahme gewährt wurde

108

In den Erwägungsgründen 53 und 114 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die vertraglichen Mechanismen, auf deren Grundlage die in Rede stehende Maßnahme gewährt worden sei, sichergestellt hätten, dass KLM und deren Tochtergesellschaften die einzigen Begünstigten dieser Maßnahme seien.

109

Die Klägerin macht unter Bezugnahme auf den Inhalt bestimmter Klauseln der betreffenden Verträge im Wesentlichen geltend, dass diese nicht hätten gewährleisten können, dass KLM die einzige Begünstigte der in Rede stehenden Maßnahme sei.

110

Die Kommission entgegnet, dass die betreffenden vertraglichen Mechanismen einer Zweckbestimmungsklausel entsprächen, die den tatsächlichen finanziellen und wirtschaftlichen Vorteil der in Rede stehenden Maßnahme ausschließlich KLM zukommen lasse.

111

Es ist festzustellen, dass die in Rede stehende Maßnahme auf der Grundlage u. a. der folgenden, im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Verträge gewährt werden sollte: erstens einer Rahmenvereinbarung zwischen dem niederländischen Staat, KLM und der Air France-KLM-Holding (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), zweitens einer Vereinbarung zwischen KLM und einem Bankenkonsortium über eine revolvierende Kreditfazilität (im Folgenden: Vereinbarung über das Bankdarlehen) und drittens eines Vertrags zwischen dem niederländischen Staat und KLM über ein staatliches Darlehen (im Folgenden: Vereinbarung über das staatliche Darlehen).

112

Mit der Klägerin ist festzustellen, dass die Air France-KLM-Holding Vertragspartei der Rahmenvereinbarung ist, die die allgemeinen Bedingungen für die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme festlegt. Als solche hat diese Holding im Zusammenhang mit der Umsetzung der in Rede stehenden Maßnahme vertragliche Rechte und Pflichten gegenüber ihren Vertragspartnern übernommen.

113

Erstens ist die Rahmenvereinbarung nämlich, wie aus dem 51. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, das rechtliche Instrument, mit dem die Air France-KLM-Holding ihre Zustimmung zu der durch die in Rede stehende Maßnahme bewirkten Finanzierung erteilt, da alle Finanzierungsgeschäfte, die 150 Mio. Euro übersteigen, ihrer Zustimmung bedürfen.

114

Zweitens geht aus den Erwägungsgründen 85 bis 90 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die niederländischen Behörden „zusätzliche Bedingungen“ für die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme stellen würden. Aus den Antworten, die die Kommission auf eine prozessleitende Maßnahme und in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, geht jedoch hervor, dass diese „zusätzlichen Bedingungen“ in der Rahmenvereinbarung enthalten waren und dass sich die Air France-KLM-Holding somit ausdrücklich verpflichtet hat, sie als Bedingungen für die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme umzusetzen.

115

So geht beispielsweise aus den Antworten der Kommission auf die prozessleitende Maßnahme hervor, dass die Air France-KLM-Holding einem Umstrukturierungsplan für KLM zustimmen musste, der dem 89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge bis zum 1. Oktober 2020 ausgearbeitet werden und bis 2025 gelten sollte, um die Ertragsmarge von KLM zu verbessern.

116

Darüber hinaus hatte sich die Air France-KLM-Holding bereit erklärt, in der Rahmenvereinbarung einige Bestimmungen der Vereinbarungen zu ändern, die zum Zeitpunkt der Genehmigung des Zusammenschlusses von Air France und KLM im Jahr 2004 zwischen dem niederländischen Staat, der Air France-KLM-Holding und KLM geschlossen worden waren. Durch diese Änderungen sollte die Frist für die Kündigung der von den Parteien im Rahmen dieser Vereinbarungen übernommenen Verpflichtungen, die u. a. den Ort der Niederlassung von KLM, ihre Heimatbasis in den Niederlanden und die Aufrechterhaltung ihrer bestehenden Betriebsgenehmigungen betrafen, auf fünf Jahre verlängert werden.

117

Die Air France-KLM-Holding stimmte auch der Umsetzung anderer in der Rahmenvereinbarung festgelegter Bedingungen zu, die u. a. das Arbeitsrecht, die Qualität des Streckennetzes und die Nachhaltigkeit betrafen.

118

Daraus folgt, dass mehrere Bedingungen für die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme ausdrücklich von der Zustimmung der Air France-KLM-Holding abhängig gemacht wurden oder Gegenstand einer von ihr eingegangenen Verpflichtung sind. Dies zeigt, dass die Verträge, auf deren Grundlage die in Rede stehende Maßnahme gewährt wurde, dieser Holding erhebliche vertragliche Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Gewährung und Durchführung dieser Maßnahme auferlegen.

119

Ungeachtet dessen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 53 und 114 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass mehrere vertragliche Mechanismen gewährleisteten, dass die in Rede stehende Maßnahme allein KLM und ihren Tochtergesellschaften zugutekomme.

120

Erstens hat die Kommission im 53. Erwägungsgrund erster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass eine der Klauseln der Vereinbarung über das staatliche Darlehen vorgesehen habe, dass dieses Darlehen nur für allgemeine Geschäftszwecke von KLM und ihren Tochtergesellschaften verwendet werden und kein Betrag aus diesem Darlehen an Air France oder die Air France-KLM-Holding „weiterverliehen“ werden dürfe.

121

Mit der Klägerin ist jedoch festzustellen, dass sich die oben in Rn. 120 genannte Klausel nach ihrem Wortlaut, wie er im angefochtenen Beschluss wiedergegeben ist, auf das Verbot beschränkt, das betreffende Darlehen an die Air France-KLM-Holding oder an Air France „weiterzuverleihen“, ohne jedoch auszuschließen, dass diese auf andere Weise, und sei es auch nur mittelbar, von der in Rede stehenden Maßnahme hätten profitieren können.

122

Zweitens haben sich die Air France-KLM-Holding und KLM in einer weiteren Klausel der Rahmenvereinbarung verpflichtet, die durch die in Rede stehende Maßnahme erlangte Finanzierung nicht zum „unmittelbaren“ Nutzen der Holding oder von Air France einzusetzen. Der niederländische Staat sollte außerdem einen seiner Beamten ernennen, um die Verwendung der Mittel aus der in Rede stehenden Maßnahme durch KLM zu überwachen und insbesondere darauf zu achten, dass sie nicht zum „unmittelbaren“ Nutzen dieser Holding oder von Air France verwendet werden (53. Erwägungsgrund zweiter und sechster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses).

123

Wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, bezieht sich die oben in Rn. 122 genannte Klausel jedoch nur auf einen „unmittelbaren“ Nutzen, ohne auszuschließen, dass die Holding oder Air France mittelbar von der in Rede stehenden Maßnahme hätte profitieren können.

124

Nach der Rechtsprechung ist ein Unternehmen, dem ein mittelbarer Vorteil zugutekommt, als Begünstigter der Beihilfe anzusehen. Ein Vorteil, der bestimmten natürlichen oder juristischen Personen unmittelbar gewährt wird, kann nämlich für andere juristische Personen, die Unternehmen sind, einen mittelbaren Vorteil und damit eine staatliche Beihilfe darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, EU:C:2000:467, Rn. 26, und vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, EU:C:2002:363, Rn. 60 bis 66).

125

Insoweit genügt der Hinweis, dass die Gruppe Air France-KLM im einheitlichen Registrierungsformular 2020, von dem die Klägerin dem Gericht einen Auszug vorgelegt hat, ausdrücklich anerkannt hat, dass die von der Französischen Republik und dem Königreich der Niederlande gewährten und von der Kommission genehmigten Beihilfemaßnahmen in Höhe von insgesamt 10,4 Mrd. Euro „eine Verbesserung der Liquiditätslage der Gruppe ermöglicht haben“. Daraus geht hervor, dass nach Ansicht dieser Gruppe die genannten Maßnahmen, einschließlich der in Rede stehenden Maßnahme, dieser Gruppe in ihrer Gesamtheit und nicht allein KLM zugutegekommen sind.

126

Indem diese Maßnahme die Lebensfähigkeit von KLM garantiert, die eine der beiden wichtigsten Tochtergesellschaften der Air France-KLM-Holding ist, garantiert sie auch die Lebensfähigkeit dieser Holding. Ohne diese Maßnahme hätte die Gefahr des Ausfalls von KLM auf diese Holding und damit auf die gesamte Gruppe Air France-KLM übergreifen können.

127

In Anbetracht des Integrationsgrads innerhalb der Gruppe Air France-KLM – konkreter: des koordinierten und zentralisierten Managements der bedeutenden Investitionen, der die Flotte betreffenden Geschäfte und der finanziellen Risiken auf der Ebene dieser Gruppe (siehe oben, Rn. 68 bis 75) – ist die in Rede stehende Maßnahme somit geeignet, zumindest mittelbar auch die finanzielle Position dieser Gruppe in ihrer Gesamtheit zu stärken. Desgleichen ist diese Maßnahme geeignet, durch die im einheitlichen Registrierungsformular 2020 ausdrücklich eingeräumte Verbesserung der Liquiditätslage der Gruppe als Gesamtheit die Fähigkeit der Air France-KLM-Holding zu stärken, auf den Finanzmärkten Mittel für die Bedürfnisse ihrer Tochtergesellschaften, einschließlich Air France, zu beschaffen, wie die Klägerin zu Recht geltend macht.

128

Drittens konnte KLM gemäß der Vereinbarung über das Bankdarlehen Beträge aus der revolvierenden Kreditfazilität nur für einen kurzen Zeitraum je nach ihrem Liquiditätsbedarf in Anspruch nehmen. Sobald ein solcher Liquiditätsbedarf nicht mehr bestanden hätte, hätte KLM die bestehenden Darlehen nicht refinanzieren können und sie zurückzahlen müssen. Indirekt gilt dies auch für die Vereinbarung über das staatliche Darlehen. Außerdem war dieses Darlehen nach der Rahmenvereinbarung und der Vereinbarung über das staatliche Darlehen in Tranchen auszuzahlen, und bei jedem Antrag auf Auszahlung musste KLM bestätigen, dass die Bedingungen der Vereinbarung über das staatliche Darlehen erfüllt waren, insbesondere, was das Verbot betraf, dieses Darlehen an die Air France-KLM-Holding und an Air France, „weiterzuverleihen“ (53. Erwägungsgrund dritter und vierter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses).

129

Der Umstand, dass dieses Darlehen nach der Vereinbarung über das staatliche Darlehen in Tranchen auszuzahlen war oder dass nach der Vereinbarung über das Bankdarlehen dieses Darlehen in Form einer dem Liquiditätsbedarf von KLM entsprechenden revolvierenden Kreditfazilität gewährt wurde, schließt jedoch aus den oben in den Rn. 125 bis 127 dargelegten Gründen keineswegs aus, dass diese Darlehen, und sei es auch nur mittelbar, der Gruppe in ihrer Gesamtheit hätten zugutekommen können.

130

Viertens sei es KLM untersagt, während der Dauer der in Rede stehenden Maßnahme Dividenden oder andere Kapitalvergütungen auszuschütten, was verhindere, dass KLM die so erhaltene Beihilfe in Form von Dividenden an die Holding oder an Air France weitergebe (53. Erwägungsgrund fünfter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses).

131

Dieses Verbot, das in erster Linie verhindern soll, dass öffentliche Gelder in Form von Dividenden oder anderen Kapitalvergütungen zugunsten der Aktionäre der Begünstigten abgezweigt werden, stellt jedoch die oben in den Rn. 125 bis 127 dargelegten Erwägungen nicht in Frage.

132

Nach alledem lassen die im angefochtenen Beschluss angeführten vertraglichen Mechanismen nicht die Feststellung zu, dass allein KLM und ihre Tochtergesellschaften, nicht aber auch die Air France-KLM-Holding und Air France sowie die von ihnen kontrollierten Tochtergesellschaften Begünstigte der in Rede stehenden Maßnahme sind.

133

Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Kommission in Frage gestellt, die Rechtsprechung habe anerkannt, dass alleiniger Begünstigter einer staatlichen Beihilfe auch ein einzelnes der zu einer Gruppe gehörenden Unternehmen sein könne, wenn es u. a. Zweckbestimmungsklauseln gebe, die den Vorteil aus der Beihilfe nur einem der Unternehmen dieser Gruppe zukommen ließen, nicht aber den übrigen Unternehmen dieser Gruppe.

134

Insoweit sind, wie oben in den Rn. 55 und 56 ausgeführt, je nach Fall mehrere Faktoren zu prüfen, um zu bestimmen, ob getrennte rechtliche Einheiten für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden können, wie z. B. die Kapitalverflechtungen und die organisatorischen, funktionellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen diesen Einheiten, die Verträge, auf deren Grundlage die Beihilfemaßnahme gewährt wurde, sowie die Art der gewährten Beihilfemaßnahme und der Kontext, in den sie sich einfügt. Es handelt sich somit um eine Gesamtwürdigung mehrerer Faktoren, die jedem Einzelfall eigen sind. Insbesondere hängt die Beurteilung der Verträge, auf deren Grundlage die Beihilfemaßnahme gewährt wurde, offenkundig vom konkreten Inhalt dieser Verträge ab. Der Umstand, dass die Unionsgerichte in einer bestimmten Rechtssache auf der Grundlage konkreter Umstände, die dieser Rechtssache eigen sind, zu dem Ergebnis gekommen sind, dass Begünstigter einer bestimmten Beihilfemaßnahme ein einziges Unternehmen ist, das zu einer Unternehmensgruppe gehört, nicht aber die übrigen Unternehmen dieser Gruppe, kann daher keine allgemeine Schlussfolgerung in dem einen oder anderen Sinne stützen.

135

Jedenfalls sind die besonderen Umstände der Rechtssachen, in denen die von der Kommission angeführten Urteile ergangen sind, nicht mit denen vergleichbar, die der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegen.

136

Erstens hat der Gerichtshof im Urteil vom 3. Juli 2003, Belgien/Kommission (C‑457/00, EU:C:2003:387), in den Rn. 56 und 57 klargestellt, dass bei der Bestimmung des Begünstigten einer Beihilfemaßnahme insbesondere das Bestehen und die Formulierung von Zweckbestimmungsklauseln zu berücksichtigen sind und dass eine solche Analyse zu dem Ergebnis führen kann, dass der Empfänger der Beihilfe eine andere Person ist als der Darlehensnehmer des in Rede stehenden Darlehens. Nach diesem Urteil hängt das Ergebnis dieser Prüfung somit vom Bestehen und dem genauen Inhalt der einschlägigen Vertragsklauseln ab. Im vorliegenden Fall ist das Gericht jedoch, wie aus den Rn. 111 bis 132 des vorliegenden Urteils hervorgeht, gerade aufgrund des Inhalts der verschiedenen im vorliegenden Fall anwendbaren Vertragsklauseln zu dem Ergebnis gelangt, dass diese nicht die Feststellung zulassen, dass die einzigen Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme KLM und ihre Tochtergesellschaften, nicht aber auch die Air France-KLM-Holding und Air France sowie die von ihnen kontrollierten Tochtergesellschaften sind. Außerdem verfügt die Air France-KLM-Holding im vorliegenden Fall über umfangreiche vertragliche Rechte und Pflichten im Rahmen der in Rede stehenden Maßnahme und ist daher direkt in deren Verwaltung eingebunden.

137

Zweitens gibt es mehrere erhebliche tatsächliche Unterschiede zwischen der vorliegenden Rechtssache und den Rechtssachen, in denen das Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission (T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140), ergangen ist. Die in der vorliegenden Rechtssache festgestellten organisatorischen, funktionellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Unternehmen der Gruppe Air France-KLM sind nämlich nicht mit denen vergleichbar, die zwischen den in den oben genannten Rechtssachen betroffenen Unternehmen bestanden. Beispielsweise hat die Air France-KLM-Holding im vorliegenden Fall ihre gesamten strategischen Vorrechte auf dem Gebiet der Finanzierung, der Investitionen und der die Flotte betreffenden Geschäfte behalten, was bei der Holding in den genannten Rechtssachen nicht der Fall war. Ferner besaß die letztgenannte Holding keine Rechte oder Vorrechte, die mit denen vergleichbar waren, über die die Air France-KLM-Holding in Bezug auf die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme verfügte.

138

Drittens betrafen die Rechtssachen, in denen das Urteil vom 11. Mai 2005, Saxonia Edelmetalle und ZEMAG/Kommission (T‑111/01 und T‑133/01, EU:T:2005:166), ergangen ist, eine ganz andere Fallgestaltung als die, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht. Diese Rechtssachen betrafen nämlich die Verpflichtung zur Rückforderung einer Beihilfe von bestimmten Tochtergesellschaften einer Unternehmensgruppe, die als die ursprünglichen Empfänger dieser Beihilfe bezeichnet waren. Hierzu ist in den Rn. 125 und 126 jenes Urteils entschieden worden, dass die Kommission in Anbetracht der Umstände des betreffenden Falls nicht berechtigt war, die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Teils der streitigen Beihilfe diesen Tochtergesellschaften allein deshalb aufzuerlegen, weil diese als die ursprünglichen Empfänger der streitigen Beihilfe bezeichnet waren, ohne den Nachweis zu führen, dass sie sie tatsächlich erhalten haben. Dieser Fall hat jedoch mit der vorliegenden Rechtssache nichts zu tun, so dass daraus keine für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits sachdienliche Schlussfolgerung gezogen werden kann.

139

Folglich lässt der vertragliche Rahmen, auf dessen Grundlage die in Rede stehende Maßnahme gewährt wird, nicht den Schluss zu, dass KLM und ihre Tochtergesellschaften die einzigen Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme waren.

– Zur Art der gewährten Beihilfemaßnahme und zum Kontext, in den sie sich einfügt

140

Was die Art der gewährten Beihilfemaßnahme und den Kontext betrifft, in den sie sich einfügt, beanstandet die Klägerin im Wesentlichen, dass die Kommission die kumulativen Auswirkungen der Beihilfen, die Gegenstand des Beschlusses Air France, des Beschlusses KLM und des angefochtenen Beschlusses seien, nicht geprüft habe.

141

Hierzu ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss nur die Beihilfemaßnahme erwähnt, die Gegenstand des Beschlusses Air France ist. Die Kommission wiederholt zusammenfassend die Erwägungen, aufgrund deren sie in jenem Beschluss zu dem Ergebnis gelangt war, dass weder die Air France-KLM-Holding noch KLM als Begünstigte dieser Maßnahme angesehen werden könnten (Erwägungsgründe 118 bis 123 des angefochtenen Beschlusses).

142

Dagegen lässt der angefochtene Beschluss die Beihilfemaßnahme, die Gegenstand des Beschlusses Air France-KLM und Air France ist, unerwähnt. In jenem Beschluss hatte die Kommission sowohl die Air France-KLM-Holding und ihre Tochtergesellschaften als auch Air France und ihre Tochtergesellschaften, mit Ausnahme von KLM und deren Tochtergesellschaften, als Begünstigte der Beihilfemaßnahme angesehen, die Gegenstand dieses Beschlusses war.

143

Der Beschluss Air France-KLM und Air France wurde jedoch am 5. April 2021, d. h. mehr als drei Monate vor dem in der vorliegenden Rechtssache angefochtenen Beschluss vom 16. Juli 2021, erlassen, so dass er ein relevantes Element des Kontexts darstellte, der der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses bekannt war.

144

Unter diesen besonderen Umständen ist festzustellen, dass zwischen der in Rede stehenden Maßnahme und den Maßnahmen, die Gegenstand des Beschlusses Air France und des Beschlusses Air France-KLM und Air France waren, ein chronologischer, struktureller und wirtschaftlicher Zusammenhang bestand. Zum einen wurden nämlich alle diese Maßnahmen in kurzer Zeit parallel gewährt. Zum anderen waren die Beihilfemaßnahmen, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses und des Beschlusses Air France waren, einander ihrer Art nach ähnlich. Außerdem wurde, wie sich aus dem Beschluss Air France und dem Beschluss Air France-KLM und Air France ergibt, das Gesellschafterdarlehen, das Gegenstand des erstgenannten Beschlusses war, einige Monate später in ein auf denselben Betrag lautendes hybrides Instrument umgewandelt, das Gegenstand dieses zweiten Beschlusses war.

145

Darüber hinaus war es die kumulative Wirkung dieser verschiedenen Beihilfemaßnahmen, die, wie oben in Rn. 125 erwähnt, im einheitlichen Registrierungsformular 2020 als Verbesserung der Liquiditätslage der gesamten Gruppe Air France-KLM gewertet wurde.

146

Folglich hätte die Kommission unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls und unter Berücksichtigung der oben in Rn. 61 angeführten Rechtsprechung auch den Kontext berücksichtigen müssen, in den sich die in Rede stehende Maßnahme einfügte, insbesondere den Beschluss Air France-KLM und Air France, was sie jedoch unterlassen hat.

– Zum Unterschied zwischen einem unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil einerseits und bloßen sekundären wirtschaftlichen Auswirkungen andererseits

147

Die Kommission macht geltend, die in Rede stehende Maßnahme habe für die Air France-KLM-Holding und für Air France allenfalls „bloße sekundäre wirtschaftliche Auswirkungen“ gehabt, die mit jeder staatlichen Beihilfe untrennbar verbunden seien, aber nicht als unmittelbarer oder mittelbarer Vorteil zugunsten dieser Unternehmen angesehen werden könnten.

148

Die Klägerin entgegnet, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass die in Rede stehende Maßnahme den anderen Unternehmen der Gruppe Air France-KLM nicht habe zugutekommen können, z. B. durch eine Stärkung der finanziellen Lage der Air France-KLM-Holding und mittelbar auch der von Air France. Eine solche Wirkung gehe über die bloße sekundäre Auswirkung hinaus, die jeder Beihilfemaßnahme immanent sei.

149

Insoweit ist der Begriff „mittelbarer Vorteil“ von dem der „jeder Beihilfemaßnahme immanenten sekundären Auswirkungen“ zu unterscheiden.

150

Wie oben in Rn. 124 ausgeführt, ist ein Unternehmen, dem ein mittelbarer Vorteil zugutekommt, als Begünstigter der Beihilfe anzusehen. Ein Vorteil, der bestimmten natürlichen oder juristischen Personen unmittelbar gewährt wird, kann nämlich für andere juristische Personen, die Unternehmen sind, einen mittelbaren Vorteil und damit eine staatliche Beihilfe darstellen.

151

Außerdem kann nach Rn. 115 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe „eine Maßnahme sowohl einen unmittelbaren Vorteil für das Empfängerunternehmen, als auch einen mittelbaren Vorteil für andere Unternehmen, wie zum Beispiel Unternehmen, die auf einer nachgeordneten Ebene tätig sind, darstellen“. In Fn. 179 dieser Bekanntmachung wird klargestellt, dass ein zwischengeschaltetes Unternehmen, falls es lediglich als Instrument zur Übermittlung des Vorteils an den Empfänger dient und ihm selbst kein Vorteil verbleibt, in der Regel nicht als Beihilfeempfänger angesehen werden sollte.

152

Ferner heißt es in Rn. 116 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe, dass mittelbare Vorteile von bloßen sekundären wirtschaftlichen Auswirkungen zu unterscheiden sind, die zwangsläufig mit fast allen Beihilfemaßnahmen verbunden sind. Zu diesem Zweck sollte nach dem Wortlaut dieser Randnummer die vorhersehbare Wirkung der Maßnahme betrachtet werden. Somit liegt ein mittelbarer Vorteil vor, wenn die Maßnahme so ausgestaltet ist, dass ihre sekundären Auswirkungen „bestimmbaren Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen“ zugeleitet werden. In Fn. 181 dieser Bekanntmachung wird erläutert, dass dagegen von einer bloßen sekundären wirtschaftlichen Auswirkung in Form eines Produktionsanstiegs, der keine indirekte Beihilfe darstellt, auszugehen ist, wenn die Beihilfe lediglich durch ein Unternehmen, z. B. einen Finanzintermediär, durchgeleitet wird, das sie in vollem Umfang an den Beihilfeempfänger weiterleitet.

153

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der oben in den Rn. 111 bis 132 vorgenommenen Analyse, dass sich die Rolle der Air France-KLM-Holding nicht darauf beschränkt, „lediglich als Instrument zur Übermittlung des Vorteils an den Empfänger“ oder als „Finanzintermediär“ im Sinne der Rn. 115 und 116 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe tätig zu werden. Tatsächlich übt diese Holding nämlich eine Kontrolle über ihre Tochtergesellschaften aus, indem sie unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf deren Geschäftsführung nimmt und sich somit im Sinne der oben in den Rn. 66 und 67 angeführten Rechtsprechung an der von ihnen ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit beteiligt, was es ihr ermöglicht, die Aktivitäten ihrer Tochtergesellschaften nach Maßgabe ihrer eigenen Interessen und denen der Gruppe im Allgemeinen zu kontrollieren und zu lenken. Die Auffassung der Kommission, dass die Air France-KLM-Holding und Air France nur von den jeder staatlichen Beihilfe immanenten, bloß sekundären wirtschaftlichen Auswirkungen profitierten, ist daher zurückzuweisen.

154

Ebenso legen die bei einer Betrachtung ex ante vorhersehbaren Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahme unter Berücksichtigung der Art der gewährten Beihilfemaßnahme und des Kontexts, in den sie sich einfügt und der im Wesentlichen in einer Finanzierungslösung besteht, nahe, dass diese Finanzierungslösung der Gruppe Air France-KLM insgesamt zugutekommen konnte, indem sie ihre finanzielle Gesamtposition verbesserte, was darauf hindeutet, dass zumindest ein mittelbarer Vorteil zugunsten „einer identifizierbaren Gruppe von Unternehmen“ im Sinne von Rn. 116 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe vorliegt.

155

Insbesondere aus dem 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht nämlich hervor, dass das Königreich der Niederlande angesichts der erheblichen und unmittelbaren finanziellen Auswirkungen der Covid‑19-Pandemie beschlossen hat, KLM in einer Phase erheblicher Liquiditätsengpässe und einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu unterstützen. Da das Ziel der in Rede stehenden Maßnahme darin besteht, eine Finanzierungslösung für den Liquiditätsbedarf von KLM zu finden, und da sich aus der Akte ergibt, dass die Air France-KLM-Holding eine gewisse Rolle bei der Finanzierung der Gruppe spielt, bestanden die ex ante vorhersehbaren Auswirkungen dieser Maßnahme darin, zum einen die Finanzlage dieser Holding – die Partei der Rahmenvereinbarung ist und aus diesem Grund wichtige vertragliche Rechte und Pflichten hat – und damit der gesamten Gruppe zu verbessern und zum anderen die finanzielle Stabilität, auch aus der Sicht der Finanzmärkte, dieser Gruppe insgesamt, einschließlich Air France, zu gewährleisten.

156

Darüber hinaus hätte die im angefochtenen Beschluss festgestellte unmittelbare Gefahr für die Fortführung der Geschäftstätigkeit von KLM, wie oben in Rn. 126 ausgeführt, ohne die in Rede stehende Maßnahme auf die gesamte Gruppe Air France-KLM übergreifen können, weil KLM eine der wichtigsten Tochtergesellschaften dieser Gruppe ist und einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen erwirtschaftet.

157

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch den Beschluss vom 21. Januar 2016, Alcoa Trasformazioni/Kommission (C‑604/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:54), in Frage gestellt, den die Kommission zur Stützung ihres Arguments anführt, sie prüfe bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe nicht deren sekundäre Auswirkungen auf die Verbraucher, Lieferanten, Investoren oder Arbeitnehmer des Begünstigten. Zum einen betraf, wie die Klägerin geltend macht, die Rechtssache, in der dieser Beschluss ergangen ist, keine gruppeninterne Situation. Zum anderen handelt es sich im vorliegenden Fall, wie oben in den Rn. 153 bis 156 ausgeführt, nicht um die sekundären wirtschaftlichen Auswirkungen einer Beihilfemaßnahme auf Verbraucher, Lieferanten, Investoren oder Arbeitnehmer.

158

Daher ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, wonach die in Rede stehende Maßnahme allenfalls bloße sekundäre wirtschaftliche Auswirkungen auf die Air France-KLM-Holding und ihre anderen Tochtergesellschaften, einschließlich Air France und deren Tochtergesellschaften, habe.

Ergebnis

159

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie davon ausging, dass die Begünstigten der in Rede stehenden Maßnahme KLM und ihre Tochtergesellschaften seien, nicht aber auch die Air France-KLM-Holding und ihre anderen Tochtergesellschaften einschließlich Air France und deren Tochtergesellschaften, so dass dem ersten Klagegrund stattzugeben ist.

160

Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verlangt aber nicht nur, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat tatsächlich eine beträchtliche Störung des Wirtschaftslebens vorliegt, sondern auch, dass die zur Behebung dieser Störung beschlossenen Beihilfemaßnahmen zu diesem Zweck sowohl erforderlich als auch geeignet und verhältnismäßig sind. Dasselbe Erfordernis ergibt sich auch aus Rn. 19 des Befristeten Rahmens (Urteil vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission [KLM; Covid‑19], T‑643/20, EU:T:2021:286, Rn. 74).

161

Darüber hinaus sind gemäß Rn. 25 Buchst. d des Befristeten Rahmens insbesondere staatliche Beihilfen in Form neuer öffentlicher Garantien für Darlehen als auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern bei Darlehen, die nach dem 31. Dezember 2020 fällig werden, der Gesamtbetrag der Darlehen je Begünstigtem das Doppelte der jährlichen Lohnsumme des Begünstigten für das Jahr 2019 oder für das letzte verfügbare Jahr nicht übersteigt. Dieselbe Schwelle gilt gemäß Rn. 27 Buchst. d des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen in Form von Vergünstigungen für öffentliche Darlehen (Urteil vom 19. Mai 2021, Ryanair/Kommission [KLM; Covid‑19], T‑643/20, EU:T:2021:286, Rn. 75).

162

Somit setzt die Prüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Beihilfe im Allgemeinen sowie der Einhaltung der oben in Rn. 161 beispielhaft angeführten Bedingungen im Besonderen voraus, dass zuvor der Begünstigte der Beihilfe bestimmt wird. Die fehlerhafte oder unvollständige Bestimmung des Begünstigten einer Beihilfemaßnahme kann sich nämlich auf die gesamte Prüfung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt auswirken.

163

Daher ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

164

Was schließlich die Möglichkeit der Mitgliedstaaten betrifft, Gesellschaften, die zu einer in mehreren Mitgliedstaaten tätigen Unternehmensgruppe gehören, staatliche Beihilfen zu gewähren, ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten und die Organe der Union gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV wechselseitige Verpflichtungen zur loyalen Zusammenarbeit haben. Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen somit redlich zusammenwirken, um die vollständige Beachtung der Bestimmungen des AEU-Vertrags, insbesondere derjenigen über staatliche Beihilfen, zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2010, Kommission/Slowakei, C‑507/08, EU:C:2010:802, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit und zur Koordinierung gilt erst recht, wenn verschiedene Mitgliedstaaten beabsichtigen, gleichzeitig Beihilfen zugunsten von Einheiten zu gewähren, die derselben Unternehmensgruppe angehören, die ihre Tätigkeiten im Binnenmarkt koordiniert, um dessen Vorteile voll auszuschöpfen.

Kosten

165

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerin ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

166

Nach Art. 138 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung tragen die Streithelfer ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss C(2021) 5437 final der Kommission vom 16. Juli 2021 über die staatliche Beihilfe SA.57116 (2020/N) – Niederlande – COVID‑19: Staatliche Garantie für ein Darlehen und staatliches Darlehen zugunsten von KLM wird für nichtig erklärt.

 

2.

Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Ryanair DAC.

 

3.

Die Französische Republik, das Königreich der Niederlande, Air France-KLM, die Société Air France und die Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV tragen ihre eigenen Kosten.

 

Kornezov

De Baere

Petrlík

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Februar 2024.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.