URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

18. Mai 2022 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit – Eigentumsrecht – Recht auf Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit – Missbrauch von Befugnissen – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Recht auf ein faires Verfahren – Bestimmung der Kriterien für die Aufnahme in die Liste“

In der Rechtssache T‑296/20,

Amer Foz, wohnhaft in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate), vertreten durch Rechtsanwalt L. Cloquet,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch T. Haas und M. Bishop als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise und J. Martín y Pérez de Nanclares (Berichterstatter),

Kanzler: M. Zwozdziak-Carbonne, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere

der am 12. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

des am 13. August 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen ersten Anpassungsschriftsatzes,

der am 8. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung mit der Stellungnahme zum ersten Anpassungsschriftsatz,

der am 27. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

der am 3. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung,

des am 9. August 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen zweiten Anpassungsschriftsatzes,

der am 28. September 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahme zum zweiten Anpassungsschriftsatz,

auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2021

folgendes

Urteil ( 1 )

1

Mit seiner auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt der Kläger, Herr Amer Foz, die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (GASP) 2020/212 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2020, L 43 I, S. 6), der Durchführungsverordnung (EU) 2020/211 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2020, L 43 I, S. 1), des Beschlusses (GASP) 2020/719 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2020, L 168, S. 66), der Durchführungsverordnung (EU) 2020/716 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2020, L 168, S. 1), des Beschlusses (GASP) 2021/855 des Rates vom 27. Mai 2021 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2021, L 188, S. 90) und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/848 des Rates vom 27. Mai 2021 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2021, L 188, S. 18), soweit durch diese Rechtsakte der Name des Klägers in die Listen im Anhang zu diesen Rechtsakten aufgenommen und darauf belassen wird.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

[nicht wiedergegeben]

12

Mit dem Durchführungsbeschluss 2020/212 und der Durchführungsverordnung 2020/211 (im Folgenden zusammen: ursprüngliche Rechtsakte) wurde der Name des Klägers in die Zeile 291 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs I des Beschlusses 2013/255 und in die Zeile 291 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs II der Verordnung Nr. 36/2012 (im Folgenden zusammen: fragliche Listen) aufgenommen.

13

Die in den fraglichen Listen aufgenommenen „Angaben zur Identität“ geben an, dass der Kläger männlich ist, u. a. die syrische Staatsangehörigkeit besitzt und am 11. März 1976 geboren ist. Außerdem wird seine Funktion mit „Generaldirektor der ASM International General Trading LLC“ beschrieben. Schließlich werden dort „Samer Foz …; Aman Holding [(Aman Dimashq JSC)]“ und „ASM International General Trading LLC“ als „Angehörige/Geschäftspartner/Organisationen oder Partner/Verbindungen“ des Klägers genannt.

14

Die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen lauten wie folgt:

„Führender Geschäftsmann mit persönlichen und familiären Geschäftsinteressen und ‐tätigkeiten in mehreren Sektoren der syrischen Wirtschaft, unter anderem über die Aman Holding (früher bekannt als Aman Group). Über die Aman Holding profitiert er finanziell vom Zugang zu Geschäftsmöglichkeiten und unterstützt das [Regime von Bashar Al-Assad], einschließlich durch die Beteiligung an der vom Regime unterstützten Entwicklung von Marota City. Seit 2012 ist er auch Generaldirektor der ASM International [General] Trading LLC.

Er steht auch in Verbindung mit seinem Bruder Samer Foz, der seit Januar 2019 von der [Europäischen Union] als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann und als Unterstützer oder Nutznießer des Regimes benannt ist.“

[nicht wiedergegeben]

18

Am 28. Mai 2020 erließ der Rat zum einen den Beschluss 2020/719, mit dem die Geltung des Beschlusses 2013/255 bis zum 1. Juni 2021 verlängert wurde, und zum anderen die Durchführungsverordnung 2020/716 (im Folgenden zusammen: Fortsetzungsrechtsakte von 2020). Der Name des Klägers wurde aus den gleichen Gründen wie den in den ursprünglichen Rechtsakten genannten in Zeile 291 der fraglichen Listen belassen (im Folgenden: Gründe von 2020).

[nicht wiedergegeben]

23

Am 27. Mai 2021 erließ der Rat zum einen den Beschluss 2021/855, mit dem die Geltung des Beschlusses 2013/255 bis zum 1. Juni 2022 verlängert wurde, und zum anderen die Durchführungsverordnung 2021/848 (im Folgenden zusammen: Fortsetzungsrechtsakte von 2021). Der Name des Klägers wurde in Zeile 291 der fraglichen Listen belassen. Der Rat rechtfertigte den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger mit der Angabe anderer Gründe als der in den ursprünglichen Rechtsakten und den Fortsetzungsrechtsakten von 2020 genannten (im Folgenden: Gründe von 2021).

24

Hinsichtlich der in den fraglichen Listen aufgenommenen „Angaben zur Identität“ übernehmen die Fortsetzungsrechtsakte von 2021 die oben in Rn. 13 genannten Informationen. Außerdem wird die Position des Klägers nunmehr mit „Gründer der District 6 Company [und] Gründungsmitglied der Easy life Company“ beschrieben, die Angabe „ASM International General Trading LLC“ wurde gestrichen, und die Nennung „Stellvertretender Vorsitzender der Asas Steel Company“ wurde unter „Angehörige/Geschäftspartner/Organisationen oder Partner/Verbindungen“ des Klägers aufgenommen.

25

Die Gründe von 2021 lauten wie folgt:

„Führender Geschäftsmann mit persönlichen und familiären Geschäftsinteressen und ‑tätigkeiten in zahlreichen Sektoren der syrischen Wirtschaft. Er profitiert finanziell vom Zugang zu Geschäftsmöglichkeiten und unterstützt das syrische Regime. Zwischen 2012 und 2019 war er auch Generaldirektor der ASM International [General] Trading LLC.

Er steht auch in Verbindung mit seinem Bruder Samer Foz, der seit Januar 2019 vom Rat als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann und als Unterstützer oder Nutznießer des Regimes benannt ist. Zusammen mit seinem Bruder führt er eine Reihe kommerzieller Projekte durch, insbesondere im Gebiet Adra al-Ummaliyya (Vororte von Damaskus[, Syrien]). Zu diesen Projekten gehören ein Werk, das Kabel und Kabelzubehör herstellt, sowie ein Projekt zur Stromerzeugung mit Solarenergie. Sie beteiligten sich im Namen des [Regimes von Bashar Al-Assad] auch an verschiedenen Aktivitäten mit [dem Islamischen Staat in Irak und der Levante (ISIL), Da’esh], darunter die Bereitstellung von Waffen und Munition im Austausch gegen Weizen und Öl.“

[nicht wiedergegeben]

Anträge der Parteien

28

Der Kläger beantragt,

die ursprünglichen Rechtsakte, die Fortsetzungsrechtsakte von 2020 und die Fortsetzungsrechtsakte von 2021 (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) für nichtig zu erklären, soweit sie ihn betreffen;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

29

Der Rat beantragt,

die Klage abzuweisen;

dem Kläger die Kosten aufzuerlegen;

hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die angefochtenen Rechtsakte für nichtig erklären sollte, soweit sie den Kläger betreffen, die Aufrechterhaltung der Wirkungen der Beschlüsse 2020/719 und 2021/855, soweit sie ihn betreffen, bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Durchführungsverordnungen 2020/716 und 2021/848 anzuordnen.

30

Die oben in Rn. 29 wiedergegebene Formulierung des dritten Klageantrags des Rates, mit der ein redaktioneller Fehler in der Stellungnahme des Rates zum zweiten Anpassungsschriftsatz berichtigt wurde, ist vom Rat in der mündlichen Verhandlung anerkannt worden; dies ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Beurteilungsfehler gerügt wird

Vorbemerkungen

[nicht wiedergegeben]

79

Im Wesentlichen macht der Kläger erstens geltend, der Rat habe selbst eingeräumt, dass er kein „in Syrien tätiger“ Geschäftsmann im Sinne von Art. 27 Abs. 2 Buchst. a und Art. 28 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung sei. Zweitens bestreitet er, ein „Geschäftsmann mit persönlichen und familiären Geschäftsinteressen und ‑tätigkeiten in zahlreichen Sektoren der syrischen Wirtschaft“ zu sein. Drittens könne er nicht als „führender“ Geschäftsmann angesehen werden. Viertens stehe er nicht mit dem Regime von Bashar Al-Assad in Verbindung, übe keinen Einfluss auf dieses Regime aus, und es bestehe keine Gefahr, dass er restriktive Maßnahmen gegen das Regime umgehe. Fünftens sei er nicht mehr an ASM International General Trading beteiligt, da diese Gesellschaft aufgelöst und abgewickelt worden sei. Sechstens stehe er nicht mit in Syrien ansässigen Gesellschaften in Verbindung oder sei an ihnen beteiligt, auch sei er nicht an der Aman Holding JSC beteiligt. Siebtens stehe er beruflich nicht mit Samer Foz in Verbindung. Achtens stelle der Umstand, dass er mit Samer Foz in Verbindung stehe, das völlige Fehlen einer Verbindung zwischen ihm und dem Regime von Bashar Al-Assad nicht in Frage, da Samer Foz selbst in keiner Verbindung mit dem Regime stehe und die Aufnahme seines eigenen Namens in die fraglichen Listen vor dem Gericht angreife. Neuntens sei er nicht am Marota-City-Projekt beteiligt gewesen, so dass er keine enteigneten Flächen habe nutzen können, die im Eigentum von Personen gestanden hätten, die durch den Konflikt in Syrien ihre Bleibe verloren hätten, was sie daran gehindert habe, zu ihren Wohnstätten zurückzukehren. Zehntens werde dieses Projekt nicht vom syrischen Regime unterstützt.

80

Der Rat tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Zur Bestimmung der Umstände der Gründe für die Aufnahme, die an die einzelnen Aufnahmekriterien anknüpfen

81

Wie oben in Rn. 46 angegeben, ist den Gründen von 2020 und von 2021 zu entnehmen, dass der Name des Klägers anhand von drei Kriterien in die fraglichen Listen aufgenommen und darauf belassen worden ist, nämlich dem des führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns, dem der Verbindung mit dem syrischen Regime und dem der Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person oder Organisation. Für die Beurteilung der Frage, ob die Anwendung dieser Kriterien im vorliegenden Fall begründet ist, sind zunächst die tatsächlichen Umstände der Gründe für die Aufnahme zu bestimmen, die an die einzelnen Kriterien anknüpfen.

82

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich mehrere Gründe für die Aufnahme einer bestimmten Person in gewissem Maße in dem Sinne überschneiden, dass jemand als zu den führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind, gehörend und als Person eingestuft werden kann, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten von dem Regime profitiert oder dieses durch diese Tätigkeiten unterstützt. Dies ergibt sich gerade daraus, dass, wie im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 festgestellt, die engen Verbindungen mit dem syrischen Regime und dessen Unterstützung für diese Kategorie von Personen einer der Gründe dafür sind, weshalb der Rat beschlossen hat, diese Kategorie zu schaffen. Gleichwohl handelt es sich auch in diesem Fall um unterschiedliche Kriterien (Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 77).

83

Wenn der Rat beschließt, den Namen einer Person aufzunehmen, weil sie zu den führenden in Syrien tätigen Geschäftsleuten gehört, ist er nicht verpflichtet, in der Begründung für die Aufnahme dieser Person anzugeben, dass sie vom syrischen Regime profitiert oder dieses unterstützt. Wenn er dies tut, so in dem Bestreben, auf diese Person auch das in Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung genannte Kriterium anzuwenden. Diese Auslegung ist am ehesten geeignet, die praktische Wirksamkeit jedes der Abs. 1 und 2 von Art. 27 und Art. 28 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung sicherzustellen, und es den in der Liste aufgeführten Personen zu ermöglichen, exakt zu ermitteln, nach welchen Kriterien ihr Name in die fraglichen Listen aufgenommen oder darauf belassen wurde (Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 79).

84

Die oben in Rn. 82 getroffene Feststellung gilt entsprechend für das Kriterium der Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person oder Organisation. So kann jemand als zu den führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind, gehörend und als Person eingestuft werden, die anhand dieser Tätigkeiten insbesondere durch Geschäftsverbindungen mit einer anderen Person in Verbindung steht, die von den restriktiven Maßnahmen erfasst ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Kaddour/Rat, T‑461/16, EU:T:2018:316, Rn. 127). Desgleichen kann diese Person mit dem syrischen Regime in Verbindung stehen und aus den gleichen Gründen mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person in Verbindung stehen.

[nicht wiedergegeben]

Zur Verbindung des Klägers mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person oder Organisation

– Zur Tragweite des Aufnahmekriteriums

113

Aus den oben in den Rn. 14 und 25 angeführten Gründen von 2020 und von 2021 geht im Wesentlichen hervor, dass der Name des Klägers u. a. wegen seiner familiären Geschäftsinteressen und seiner Verbindung mit seinem Bruder Samer Foz, der seit Januar 2019 auf den fraglichen Listen benannt ist, in diese Listen aufgenommen und darauf belassen worden ist.

114

Erstens hat dem Kläger zufolge sein Bruder Samer Foz die Aufnahme seines Namens in und dessen Belassung auf den fraglichen Listen im Rahmen der unter der Rechtssachennummer T‑258/19 in das Register eingetragenen Klage angegriffen. Außerdem habe Samer Foz eine unter der Rechtssachennummer T‑481/21 in das Register eingetragene Klage auf Nichtigerklärung der Fortsetzungsrechtsakte von 2021, soweit sie ihn betreffen, eingereicht.

115

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kontrolle des Gerichts in der vorliegenden Rechtssache nur die Begründetheit der Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen umfassen kann und daher nicht die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse in Frage zu stellen vermag, mit denen der Rat den Namen seines Bruders Samer Foz in diese Listen aufgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2017, Barqawi/Rat, T‑303/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:328, Rn. 42). Dessen Name ist in diesem Fall mit dem Durchführungsbeschluss (GASP) 2019/87 des Rates vom 21. Januar 2019 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2019, L 18 I, S. 13), dem Beschluss (GASP) 2019/806 des Rates vom 17. Mai 2019 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2019, L 132, S. 36), den Beschlüssen 2020/719 und 2021/855 sowie der Durchführungsverordnung (EU) 2019/85 des Rates vom 21. Januar 2019 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2019, L 18 I, S. 4), der Durchführungsverordnung (EU) 2019/798 des Rates vom 17. Mai 2019 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2019, L 132, S. 1) und den Durchführungsverordnungen 2020/716 und 2021/848 in diese Listen aufgenommen und darauf belassen worden. Insbesondere ist er aufgrund seines Status als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann und seiner Verbindung mit dem syrischen Regime aufgenommen worden.

116

Jedenfalls geht zum einen aus dem Urteil vom 24. November 2021, Foz/Rat (T‑258/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:820, Rn. 154), hervor, dass Samer Foz in Bezug auf den Durchführungsbeschluss 2019/87, die Beschlüsse 2019/806 und 2020/719 sowie die Durchführungsverordnungen 2019/85, 2019/798 und 2020/716 vor dem Gericht nicht nachgewiesen hat, dass diese Rechtsakte, mit denen sein Name in die fraglichen Listen aufgenommen und darauf belassen wurde, für nichtig zu erklären waren. Was zum anderen die Fortsetzungsrechtsakte von 2021 betrifft, besagt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Vermutung der Rechtmäßigkeit der Rechtsakte der Unionsorgane, dass diese Akte Rechtswirkungen entfalten, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder auf ein Vorabentscheidungsersuchen oder eine Rechtswidrigkeitseinrede hin für ungültig erklärt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen sind die Wirkungen der Fortsetzungsrechtsakte von 2021 hinsichtlich Samer Foz nicht aufgrund eines Antrags auf einstweilige Anordnungen ausgesetzt worden. Daher entfalten sämtliche Rechtsakte, mit denen der Name von Samer Foz in diese Listen aufgenommen und darauf belassen wurde, weiterhin Rechtswirkungen.

117

Zweitens macht der Kläger in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts geltend, dass für den Nachweis seiner Verbindung mit Samer Foz im Sinne des Kriteriums der Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person nur eine Geschäftsverbindung, nicht aber eine Verbindung aufgrund eines Geschwisterverhältnisses herangezogen werden dürfe. Außerdem falle die Verbindung mit Samer Foz unter keines der in Art. 28 Abs. 2 Buchst. a bis g des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung vorgesehenen Aufnahmekriterien, da der Name von Samer Foz oder eines anderen Angehörigen der Familie Foz dort nicht aufgeführt sei. Der Rat macht geltend, aus seinen Unterlagen gehe hervor, dass der Kläger und Samer Foz beruflich in enger Verbindung miteinander stünden.

118

Insoweit beschränken sich die Gründe für die Aufnahme von 2020 und von 2021, mit denen der Rat eine Verbindung zwischen dem Kläger und seinem Bruder Samer Foz angenommen hat, nicht ausschließlich auf ihre familiären Verbindungen, sondern umfassen auch ihre Geschäftsverbindungen. Im Übrigen macht der Rat nicht geltend, dass die Zugehörigkeit zur Familie Foz ein eigenständiges Aufnahmekriterium sei, anders als die Zugehörigkeit zu den Familien Al-Assad oder Makhlouf, die ein eigenständiges Kriterium darstellt, das als solches in Art. 27 Abs. 2 Buchst. b und Art. 28 Abs. 2 Buchst. b des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung vorgesehen ist und das in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1a Buchst. b der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung übernommen wurde. Daher ist das Bestehen dieser geschwisterlichen Verbindung im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person oder Organisation als tatsächlicher Umstand zu prüfen.

119

Nach dieser Klarstellung ist nunmehr zu prüfen, ob alle vom Rat vorgelegten Beweise der ihm nach der oben in Rn. 73 angeführten Rechtsprechung obliegenden Beweislast genügen und damit ein Bündel von Indizien darstellen, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind, um die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen zu stützen.

120

Insoweit geht aus den Gründen von 2020 und von 2021 hervor, dass nach Auffassung des Rates der Kläger mit seinem Bruder Samer Foz aufgrund ihrer Tätigkeiten bei Aman Holding und ASM International General Trading in Verbindung steht. Hinsichtlich der Gründe von 2021 ist der Name des Klägers zudem auch wegen des Vorliegens von Geschäftsverbindungen im Rahmen einer Reihe kommerzieller Projekte und der Beteiligung im Namen des syrischen Regimes an verschiedenen Aktivitäten mit ISIL auf den fraglichen Listen belassen worden. Jeder dieser Beweise ist mithin einzeln zu prüfen.

[nicht wiedergegeben]

– Schlussfolgerungen zur Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person

165

Als Erstes geht aus dem Vorstehenden hervor, dass zwischen dem Kläger und seinem Bruder Samer Foz Verbindungen im Rahmen von Geschäftsbeziehungen bestehen. Zunächst hat der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Rechtsakte nachgewiesen, dass der Kläger und Samer Foz über das Familienunternehmen Aman Holding und über ASM International General Trading Geschäftsverbindungen unterhielten. Sodann hat der Rat hinsichtlich der Fortsetzungsrechtsakte von 2020 nachgewiesen, dass die beiden Brüder über dieses Familienunternehmen Geschäftsverbindungen unterhielten. Schließlich hat der Rat in Bezug auf die Fortsetzungsrechtsakte von 2021 nachgewiesen, dass der Kläger und sein Bruder Geschäftsverbindungen unterhielten, da sie sich im Namen des syrischen Regimes an Aktivitäten mit ISIL beteiligten.

166

Das Bestehen von Geschäftsverbindungen zwischen dem Kläger und seinem Bruder Samer Foz konkretisiert sich ferner durch eine Form der Abstimmung bei der Verwaltung ihrer Beteiligungsportfolios. Erstens geht nämlich aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 22. November 2020 und dem von ihm vorgelegten Registerauszug, der die neue Verteilung der Beteiligungen an Aman Holding bescheinigt, hervor, dass sowohl er als auch Samer Foz ihre Anteile an Aman Holding innerhalb desselben Zeitraums (nämlich zwischen dem 22. November 2020 und dem 3. Dezember 2020) veräußerten. Insoweit wird das Vorbringen des Klägers, dass die Veräußerung seiner Beteiligungen vor einem Zeitraum von drei Jahren gemäß Art. 96 Abs. 1 des syrischen Gesetzes zur „Verhinderung des Verkaufs von Beteiligungen“ rechtswidrig gewesen wäre, nicht hinreichend durch Beweise gestützt. Dieses Vorbringen ist auch unbegründet, da der Kläger trotz seines behaupteten Willens, sich rasch von seinen Beteiligungen zu trennen, nur nachweist, dass er den Vertrag vom 2. April 2020 über den Verkauf mehr als einen Monat und drei Wochen nach Ablauf der in Art. 96 Abs. 1 dieses Gesetzes vorgeschriebenen Frist unterzeichnete. Jedenfalls ändert dies nichts daran, dass die Veräußerung der vom Kläger und Samer Foz gehaltenen Beteiligungen innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne erfolgt ist. Zweitens zeugt, wie der Rat geltend macht, der Beschluss zur Auflösung von ASM International General Trading von einer bestimmten Form von Abstimmung. Insoweit geht aus den vom Kläger vorgelegten Beweisen hervor, dass der Beschluss am 26. März 2019 als Reaktion auf die Aufnahme des Namens von Samer Foz in die fraglichen Listen im Januar 2019 von den Anteilseignern, die die außerordentliche Hauptversammlung dieser Gesellschaft bildeten und zu denen Samer Foz und der Kläger gehörten, gefasst wurde.

167

Schließlich trägt der Kläger in seinen Schriftsätzen nicht vor, dass er seine Beziehungen zu Samer Foz abgebrochen oder sich von diesen distanziert habe. Folglich bestehen weiterhin Verbindungen zwischen dem Kläger und seinem Bruder.

168

Als Zweites macht der Kläger geltend, aus den als Anlagen zur Klageschrift vorgelegten Beweisen ergebe sich, dass er nicht mit dem Regime in Verbindung stehe oder keinen Einfluss auf dieses ausübe und dass keine Gefahr bestehe, dass er restriktive Maßnahmen umgehe.

[nicht wiedergegeben]

173

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 27 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 3 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die zu einer der Kategorien gemäß Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 2 dieses Beschlusses gehören, nicht oder nicht mehr in der Liste der Personen und Organisationen in Anhang I des Beschlusses 2013/255 aufgeführt werden, wenn ausreichende Angaben u. a. darüber vorliegen, dass keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen. Diese Bedingung wurde, was das Einfrieren von Geldern betrifft, in Art. 15 Abs. 1b der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung übernommen.

174

Insoweit ist zu den Personen, die mit Personen in Verbindung stehen, die die fragliche Regierung unterstützen, darauf hinzuweisen, dass, wenn die Gelder dieser letztgenannten Personen eingefroren werden, die nicht unerhebliche Gefahr besteht, dass sie Druck auf die mit ihnen in Verbindung stehenden Personen ausüben, um die Wirkung der gegen sie gerichteten Maßnahmen zu umgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2021, Sharif/Rat, T‑540/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:220, Rn. 159, und entsprechend Urteil vom 4. September 2015, NIOC u. a./Rat, T‑577/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:596, Rn. 139).

175

Im vorliegenden Fall nimmt der Bruder des Klägers, Samer Foz, der in die fraglichen Listen aufgenommen worden ist, eine privilegierte Stellung in der syrischen Wirtschaft ein. In diesem Sinne weisen die Informationen von den Internetseiten des Atlantic Council und The Syria Report darauf hin, dass er einer der mächtigsten Geschäftsleute Syriens ist. Er wird auf den Internetseiten der Brookings Institution und The Syria Report als „der neue Rami Makhlouf“ beschrieben. Zudem heißt es in dem von der Internetseite The Times stammenden Artikel, dass die Unternehmen von Samer Foz trotz der gegen ihn im Januar 2019 verhängten europäischen Sanktionen in Form von Einfrieren von Geldern weiterhin liefen.

176

Unter Berücksichtigung der privilegierten Stellung von Samer Foz in der syrischen Wirtschaft und seines Einflusses, der Geschäftsverbindungen, die zwischen dem Kläger und Samer Foz bestehen oder bestanden haben, des Umstands, dass sie Brüder sind, der Bedeutung des Familienunternehmens, an dem sie Anteile hielten und in dem sie Führungspositionen innehatten, sowie des Umstands, dass sich nicht ausschließen lässt, dass sich der Kläger und Samer Foz abgestimmt haben, um ihre Anteile an Aman Holding zu veräußern und ASM International General Trading aufzulösen und abzuwickeln, kann vernünftigerweise angenommen werden, dass die reale Gefahr besteht, dass der Kläger restriktive Maßnahmen umgeht.

177

Nach alledem ist daher davon auszugehen, dass der Grund für die Aufnahme des Namens des Klägers in die fraglichen Listen wegen seiner Verbindung mit einer von den restriktiven Maßnahmen erfassten Person hinreichend untermauert ist, so dass die Aufnahme seines Namens in die fraglichen Listen im Hinblick auf dieses Kriterium begründet ist.

[nicht wiedergegeben]

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Herr Amer Foz trägt die Kosten.

 

Gervasoni

Madise

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Mai 2022.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.