URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. November 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – Richtlinie 2003/96/EG – Art. 21 Abs. 3 – Fehlen eines einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestands – Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der solche Erzeugnisse herstellt – Art. 2 Abs. 3 – Pflicht, die Einreihung von Energieerzeugnissen zu Zwecken der Festsetzung der Verbrauchsteuer einzuholen – Steuersatz, der auf diese Erzeugnisse Anwendung findet – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑68/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Februar 2018, in dem Verfahren

SC Petrotel-Lukoil SA

gegen

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili,

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter) sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der SC Petrotel-Lukoil SA, vertreten durch D.‑D. Dascălu und A. M. Iordache, avocats,

der rumänischen Regierung, vertreten durch C.‑R. Canţăr, R. I. Haţieganu und L. Liţu als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und C. Perrin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).

2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der SC Petrotel-Lukoil SA (im Folgenden: PLK) auf der einen Seite und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili (Staatliche Steuerverwaltungsagentur – Generaldirektion für die Verwaltung von Großsteuerzahlern, Rumänien) und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor (Staatliche Steuerverwaltungsagentur – Generaldirektion für Rechtsbehelfsentscheidungen, Rumänien) auf der anderen Seite über einen Nacherhebungsbescheid u. a. bezüglich der Belegung von in den Anlagen von PLK verbrauchten Energieerzeugnissen mit Verbrauchsteuern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Die Erwägungsgründe 2 bis 7, 9, 11, 12 und 24 der Richtlinie 2003/96 lauten:

„(2)

Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein.

(3)

Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.

(4)

Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.

(5)

Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.

(6)

Nach Artikel 6 [EG] müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.

(7)

Die Gemeinschaft hat als Unterzeichner des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen das Protokoll von Kyoto ratifiziert. Die Besteuerung der Energieerzeugnisse – und, gegebenenfalls, des elektrischen Stroms – ist eines der Instrumente, die zur Verfügung stehen, um die Ziele des Protokolls von Kyoto zu erreichen.

(9)

Den Mitgliedstaaten sollte die nötige Flexibilität für die Festlegung und die Durchführung von auf den jeweiligen nationalen Kontext abgestimmten politischen Maßnahmen eingeräumt werden.

(11)

Es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaats zu entscheiden, durch welche steuerlichen Maßnahmen er diesen gemeinschaftlichen Rahmen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und von elektrischem Strom umsetzen will. Die Mitgliedstaaten können in diesem Zusammenhang auch beschließen, die Gesamtsteuerlast nicht zu erhöhen, falls sie der Ansicht sind, dass die Umsetzung dieses Grundsatzes der Aufkommensneutralität dazu beitragen könnte, ihre Steuersysteme zu restrukturieren und zu modernisieren, indem umweltfreundlichere Verhaltensweisen begünstigt werden und eine verstärkte Beachtung des Faktors Arbeitseinsatz gefördert wird.

(12)

Die Energiepreise sind Schlüsselelemente der Energie‑, Verkehrs- und Umweltpolitik der Gemeinschaft.

(24)

Den Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, bestimmte weitere Steuerbefreiungen oder ‑ermäßigungen anzuwenden, sofern dies nicht das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt oder zu Wettbewerbsverzerrungen führt.“

4

Art. 2 Abs. 1 bis 3 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)   Als Energieerzeugnisse im Sinne dieser Richtlinie gelten die Erzeugnisse:

b)

der KN-Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715;

(2)   Diese Richtlinie gilt ferner für folgendes Erzeugnis: Elektrischer Strom im Sinne des KN‑Codes 2716.

(3)   Zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, werden je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert.

…“

5

Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG [des Rates vom 25. Februar 1992 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 1992, L 76, S. 1) in der durch die Richtlinie 2000/47/EG des Rates vom 20. Juli 2000 (ABl. 2000, L 193, S. 73) geänderten Fassung] hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und ‑vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:

a)

bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom sowie elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird. Es steht den Mitgliedstaaten allerdings frei, diese Erzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern, ohne die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge einhalten zu müssen. In diesem Fall wird die Besteuerung dieser Erzeugnisse in Bezug auf die Einhaltung der Mindeststeuerbeträge für elektrischen Strom im Sinne von Artikel 10 nicht berücksichtigt;

…“

6

Art. 21 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)   Über die allgemeinen Vorschriften zur Definition des Steuertatbestands und die Vorschriften für die Entrichtung der Steuer gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus entsteht die Steuer auf Energieerzeugnisse ferner bei Eintritt eines Steuertatbestands gemäß Artikel 2 Absatz 3 der vorliegenden Richtlinie.

(3)   Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebes hergestellt worden sind. Die Mitgliedstaaten können auch den Verbrauch von elektrischem Strom und von anderen Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines solchen Betriebes hergestellt worden sind, sowie den Verbrauch von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen. Erfolgt der Verbrauch jedoch zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, so gilt dies als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand.

(5)   In Anwendung der Artikel 5 und 6 der Richtlinie 92/12/EWG werden für elektrischen Strom und Erdgas Steuern erhoben; diese entstehen zum Zeitpunkt der Lieferung durch den Verteiler oder Weiterverteiler. …

Eine Einheit, die elektrischen Strom zur eigenen Verwendung erzeugt, gilt als Verteiler. Unbeschadet des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a) können die Mitgliedstaaten kleine Stromerzeuger von der Steuer befreien, sofern sie die zur Erzeugung dieses Stroms verwendeten Energieerzeugnisse besteuern.

…“

Rumänisches Recht

7

Art. 175 der Legea nr. 571/2003 privind Codul fiscal (Gesetz Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch) vom 22. Dezember 2003 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 927 vom 23. Dezember 2003) in der bis 31. März 2010 geltenden Fassung bestimmte:

„(1)   Im Sinne dieses Titels sind Energieerzeugnisse:

b)

Erzeugnisse der KN-Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715;

(3)   Energieerzeugnisse, für die Verbrauchsteuern geschuldet werden, sind

c)

Gasöl der KN-Codes 27101941 bis 27101949,

g)

Heizöl der KN-Codes 27101961 bis 27101969,

(4)   Andere Energieerzeugnisse als die in Abs. 3 genannten unterliegen der Verbrauchsteuer, wenn sie dazu bestimmt sind, als Heizstoff oder Kraftstoff verwendet zu werden, oder als Heizstoff oder Kraftstoff zum Verkauf angeboten oder verwendet werden. Der jeweilige Steuersatz wird entsprechend dem Verwendungszweck in Höhe des Satzes für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff festgesetzt.

(7)   Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Energieerzeugnisse herstellt, stellt keine Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr dar, wenn er zum Zweck der Herstellung erfolgt. Erfolgt dieser Verbrauch zu einem anderen Zweck als der Herstellung, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, gilt er als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr.“

8

Die Durchführungsvorschriften für dieses Gesetz, wie sie durch den Regierungserlass Nr. 44/2004 gebilligt wurden, sahen zu Art. 175 des Gesetzes vor:

„5.1.   Andere Energieerzeugnisse als die in Art. 175 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch mit späteren Änderungen und Ergänzungen genannten unterliegen der Verbrauchsteuer, wenn

a)

die Erzeugnisse hergestellt werden, um als Heiz- oder Kraftstoff verwendet zu werden;

b)

die Erzeugnisse als Heiz- oder Kraftstoff zum Verkauf angeboten werden;

c)

die Erzeugnisse als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden.

2.   Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in Abs. 1 genannten Situationen befindet, ist verpflichtet, vor der Herstellung, dem Verkauf oder der Verwendung der Energieerzeugnisse einen Antrag beim Finanzministerium – Kommission mit Zuständigkeit für die Zulassung von Steuerlagern auf Einreihung der entsprechenden Erzeugnisse im Hinblick auf die Verbrauchsteuer zu stellen. Dem Antrag sind zwingend ein Bericht über die Analyse des entsprechenden Erzeugnisses, der von einem zugelassenen Labor erstellt worden ist, die zollrechtliche Einreihung des Erzeugnisses durch die nationale Zollverwaltung und die Stellungnahme des Wirtschafts- und Handelsministeriums zur Gleichstellung des entsprechenden Erzeugnisses mit einem gleichwertigen Erzeugnis, für das Verbrauchsteuern festgesetzt worden sind, beizufügen.

4.   Für Erzeugnisse nach Art. 175 Abs. 4, 5 und 6 des Gesetzes Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch mit späteren Änderungen und Ergänzungen, bezüglich deren der Wirtschaftsteilnehmer den Verpflichtungen nach Abs. 2 und 3 nicht nachkommt, gilt, dass im Fall von Kraftstoffen und Zusatzstoffen die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf verbleites Benzin und im Fall von Heizstoffen die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf Gasöl entspricht.“

9

Art. 20616 des Gesetzes Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch in seiner ab dem 1. April 2010 geltenden Fassung lautet:

„(1)   Im Sinne dieses Kapitels sind ‚Energieerzeugnisse‘:

b)

Erzeugnisse der KN-Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715;

(3)   Energieerzeugnisse, für die Verbrauchsteuern geschuldet werden, sind

c)

Gasöl der KN-Codes 27101941 bis 27101949,

g)

Heizöl der KN-Codes 27101961 bis 27101969,

(4)   Andere Energieerzeugnisse als die in Abs. 3 genannten unterliegen der Verbrauchsteuer, wenn sie dazu bestimmt sind, als Heizstoff oder Kraftstoff verwendet zu werden, oder als Heizstoff oder Kraftstoff zum Verkauf angeboten oder verwendet werden. Der jeweilige Steuersatz wird entsprechend dem Verwendungszweck in Höhe des Satzes für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff festgesetzt.

(7)   Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Verbrauchsteueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebs hergestellt worden sind. Erfolgt dieser Verbrauch zu einem anderen Zweck als der Herstellung, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, so gilt dies als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand.“

10

Im Jahr 2011 wurde in Art. 20616 des Gesetzes Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch ein Abs. 41 eingefügt. Er lautet wie folgt:

„Die Energieerzeugnisse nach Abs. 3 Buchst. g oder ihnen gleichgestellte Erzeugnisse unterliegen derselben Verbrauchsteuer wie Gasöl, wenn sie dazu bestimmt sind, als Kraftstoffe verwendet zu werden, oder als Kraftstoffe zum Verkauf angeboten oder verwendet werden; ausgenommen sind Erzeugnisse, die als Kraftstoffe für die Navigation verwendet werden.“

11

In den Durchführungsvorschriften zu diesem Gesetz heißt es zu Art. 20616 des Gesetzes:

„78.1 …

2.   Alle anderen Erzeugnisse als die in Art. 20616 Abs. 3 des Steuergesetzbuchs genannten unterliegen der Verbrauchsteuer, wenn

a)

das Erzeugnis hergestellt wird, um als Heiz- oder Kraftstoff verwendet zu werden;

b)

das Erzeugnis als Heiz- oder Kraftstoff zum Verkauf angeboten wird;

c)

das Erzeugnis als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird.

3.   Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in Abs. 2 genannten Situationen befindet, ist verpflichtet, vor der Herstellung, dem Verkauf oder der Verwendung der Energieerzeugnisse bei der [für die Zulassung von Steuerlagern zuständigen] Kommission einen Antrag auf Einreihung der entsprechenden Erzeugnisse im Hinblick auf die Verbrauchsteuer zu stellen. Dem Antrag sind zwingend ein Bericht über die Analyse des entsprechenden Erzeugnisses, der von einem zugelassenen Labor erstellt worden ist, die zollrechtliche Einreihung des Erzeugnisses durch die nationale Zollverwaltung und die Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft und Handel und Unternehmensumfeld zur Gleichstellung des entsprechenden Erzeugnisses mit einem gleichwertigen Erzeugnis, für das Verbrauchsteuern festgesetzt worden sind, beizufügen.

4.   Für Erzeugnisse nach Art. 20616 Abs. 4, 5 und 6 des Steuergesetzbuchs, bezüglich deren der Wirtschaftsteilnehmer den Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nachkommt, gilt, dass im Fall von Kraftstoffen und Zusatzstoffen die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf verbleites Benzin und im Fall von Heizstoffen die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf Gasöl entspricht.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12

PLK stellt Energieerzeugnisse, insbesondere verschiedenartige Kraftstoffe her, wobei sie über mehrere Genehmigungen zum Betrieb eines Steuerlagers verfügt, nach denen sie unter Steueraussetzung einige dieser Erzeugnisse in Empfang nehmen, herstellen, verarbeiten, lagern und befördern darf. Im Rahmen ihrer Tätigkeit stellt PLK auch Heizöl 40/42S und halbfertiges Heizöl her.

13

Die von PLK in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 bewirkten Umsätze waren Gegenstand einer Steuerprüfung.

14

Es wurde u. a. festgestellt, dass PLK Heizöl 40/42S und halbfertiges Heizöl als Heizstoff sowohl in ihren technischen Anlagen als auch im eigenen Wärmekraftwerk zur Erzeugung von Wasserdampf zu Zwecken der Gewinnung von Wärmeenergie und elektrischem Strom verwendet hatte.

15

Die Steuerprüfungsbehörden stellten zudem fest, dass PLK nicht die Gleichstellung des halbfertigen Heizöls mit einem gleichwertigen Erzeugnis zum Zweck der Bestimmung der Höhe der geschuldeten Verbrauchsteuer beantragt hatte.

16

Daher erging am 18. Dezember 2014 ein Steuerbescheid, mit dem u. a. der innerbetriebliche Verbrauch von Heizöl 40/42S und halbfertigem Heizöl im Heizkraftwerk der Klägerin des Ausgangsverfahrens mit einer zusätzlichen Verbrauchsteuer belegt wurde. Da eine Gleichstellung des halbfertigen Heizöls mit einem anderen Energieerzeugnis nicht verfügt worden war, setzten die Steuerprüfungsbehörden den für Gasöl geltenden Steuersatz fest.

17

Der Einspruch von PLK gegen diesen Steuerbescheid wurde am 11. November 2015 von der Generaldirektion für Rechtsbehelfsentscheidungen zurückgewiesen. Dabei blieb unberücksichtigt, dass nach der Steuerprüfung das halbfertige Heizöl mit Entscheidung vom 27. April 2015 Heizöl gleichgestellt worden war.

18

Am 5. Januar 2016 erhob PLK beim vorlegenden Gericht eine Klage und beantragte die Aufhebung dieser Entscheidung, die teilweise Aufhebung des Steuerbescheids vom 18. Dezember 2014 und die Anerkennung ihres Anspruchs auf Rückerstattung bestimmter rechtsgrundlos gezahlter Verbrauchsteuerbeträge.

19

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts hängt die Lösung des Ausgangsrechtsstreits, bei dem es darum gehe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die in der Ausgangssache fraglichen Steuerpflichten bestünden, von der Auslegung des Unionsrechts ab.

20

Zum einen stelle sich im Ausgangsverfahren nämlich eine Frage nach der Auslegung von Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96, die eine Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand für den Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs zur Herstellung von Energieerzeugnissen vorsehe, wenn die verbrauchten Erzeugnisse selbst in diesem Betrieb hergestellt worden seien. Zum anderen seien Klarstellungen hinsichtlich des Mechanismus nach Art. 2 Abs. 3 dieser Richtlinie in Bezug auf die Besteuerung von Energieerzeugnissen erforderlich, für die diese keine spezifische Steuer vorsehe. Insoweit sei festzustellen, ob die Weigerung der Steuerbehörde, die spätere Entscheidung über die Gleichstellung von halbfertigem Heizöl mit Heizöl zu berücksichtigen, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße.

21

Unter diesen Umständen hat die Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Steht Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 den Bestimmungen von Art. 175 des Steuergesetzbuchs – Gesetz Nr. 571/2003, der bis zum 31. März 2010 in Kraft war, bzw. von Art. 20616 dieses Gesetzes, der zum 1. April 2010 in Kraft trat, sowie den auf dieser Grundlage erlassenen Regelungen entgegen?

2.

Steht Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 den Bestimmungen von Art. 175 des Steuergesetzbuchs – Gesetz Nr. 571/2003, der bis zum 31. März 2010 in Kraft war, bzw. von Art. 20616 dieses Gesetzes, der zum 1. April 2010 in Kraft trat, sowie den auf dieser Grundlage erlassenen Regelungen entgegen?

3.

Steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem entgegen, dass der Staat den Umstand unberücksichtigt lässt, dass die Gesellschaft nach einer Steuerprüfung gleichwohl einen Bescheid über die Gleichstellung des Erzeugnisses „halbfertiges Heizöl“ mit dem Erzeugnis „Heizöl“ erhalten hat, und bei der Entscheidung über den Einspruch des Steuerpflichtigen die ursprünglich für das Erzeugnis „Gasöl“ berechnete Verbrauchsteuer aufrechterhalten wird?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

22

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Besteuerung von Energieerzeugnissen vorsehen, die im Wärmekraftwerk des Betriebs, in dem diese Energieerzeugnisse hergestellt wurden, verbraucht werden.

23

Insoweit ist festzustellen, dass der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs, der Energieerzeugnisse herstellt, nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand gilt, wenn die verbrauchten Energieerzeugnisse innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebs hergestellt wurden.

24

Art. 21 Abs. 3 Satz 3 dieser Richtlinie stellt jedoch klar, dass ein Verbrauch von Energieerzeugnissen zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, nicht unter diese Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand fällt.

25

Um zu beurteilen, ob der Verbrauch von in einem Betrieb hergestellten Energieerzeugnissen im Wärmekraftwerk dieses Betriebs unter die Ausnahmeregelung nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 fallen kann, ist daher auf den Zweck eines solchen Verbrauchs abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2018, Koppers Denmark, C‑49/17, EU:C:2018:395, Rn. 32).

26

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der Verbrauch von Energieerzeugnissen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht zur Anwendung der Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand auf Energieerzeugnisse führen kann, die für die Erzeugung von Energie verwendet werden, die selbst nicht zur Herstellung von Energieerzeugnissen bestimmt ist. Dies ist, wie von der Klägerin des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung bestätigt, u. a. bei einer Nutzung der im Wärmekraftwerk ihres Betriebs erzeugten Wärme zu dessen Raumheizung der Fall.

27

Zweitens fällt der Verbrauch des Teils der Energieerzeugnisse, der der Herstellung von Energieerzeugnissen dient, indem damit im Wärmekraftwerk die für den technologischen Prozess der Herstellung dieser Erzeugnisse erforderliche Wärmeenergie erzeugt wird, unter die Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie.

28

Insoweit ist es, wie der Generalanwalt in Nr. 23 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zum einen ohne Bedeutung, ob die Energieerzeugnisse unmittelbar in den Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen oder im Wärmekraftwerk des Betriebs zur Erzeugung von anschließend im Herstellungsprozess verwendeter Wärmeenergie als Heizstoff verwendet werden, und zum anderen, ob diese Energieerzeugung über die Erzeugung eines Zwischenprodukts wie Wasserdampf erfolgt.

29

Zunächst sieht der Wortlaut von Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 nämlich kein spezifisches Vorgehen vor, wie die Energieerzeugnisse in dem Betrieb, in dem sie hergestellt wurden, verbraucht werden müssen, um unter die Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand fallen zu können.

30

Sodann wird die in Rn. 28 des vorliegenden Urteils vertretene Auslegung durch die allgemeine Systematik von Art. 21 Abs. 3 dieser Richtlinie bestätigt. Insbesondere kann aus der negativen Formulierung von Satz 3 dieser Bestimmung abgeleitet werden, dass diese von der Ausnahme nur den Verbrauch von Energieerzeugnissen ausschließen soll, die keinen Zusammenhang mit der Herstellung von Energieerzeugnissen aufweisen. Daraus ergibt sich, dass dem Verbrauch von Energieerzeugnissen diese Ausnahme nicht allein wegen seiner Ausgestaltung vorenthalten werden kann, sofern er zum technologischen Prozess der Herstellung von Energieerzeugnissen beiträgt.

31

Eine Auslegung, die den Verbrauch von Energieerzeugnissen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens von Art. 21 Abs. 3 dieser Richtlinie allein aus dem Grund ausschließt, dass sich dieser Verbrauch im Wärmekraftwerk des betreffenden Betriebs zuträgt, liefe schließlich den Zielen eben dieser Richtlinie zuwider.

32

Eine solche Auslegung benachteiligte nämlich die Herstellung von Wärmeenergie in den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gegenüber dem Verbrauch von Energieerzeugnissen als Heizstoff unmittelbar in den technologischen Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen. Sie könnte dadurch das Ziel der Richtlinie 2003/96, wie es in den Erwägungsgründen 6, 7, 11 und 12 dieser Richtlinie wiedergegeben wird, nämlich die Förderung umweltpolitischer Ziele, beeinträchtigen, da die Kraft-Wärme-Kopplung ein erhebliches Potenzial an Primärenergieeinsparungen hat und weniger CO2-Emissionen je Produktionseinheit erzeugt als die getrennte Erzeugung von Wärme und elektrischem Strom (vgl. entsprechend Urteil vom 7. März 2018, Cristal Union, C‑31/17, EU:C:2018:168, Rn. 34 bis 37).

33

Drittens fällt der Teil der Energieerzeugnisse, die in einem Wärmekraftwerk zu Zwecken der Herstellung von elektrischem Strom verbraucht werden, nicht unter die Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie. Dies gilt jedoch unbeschadet der Anwendung der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahme für die zur Erzeugung von elektrischem Strom verwendeten Energieerzeugnisse.

34

Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96 gilt das von dieser Richtlinie aufgestellte harmonisierte System der Besteuerung nämlich auch für elektrischen Strom. Wie der Generalanwalt in Nr. 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, folgt daraus, dass zwar zu Zwecken der Anwendung dieses Systems die Herstellung der für den technologischen Prozess der Herstellung von Energieerzeugnissen erforderlichen Wärmeenergie in dem betreffenden Wärmekraftwerk unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht zu berücksichtigen ist, dies für die Herstellung von elektrischem Strom in diesem Kraftwerk jedoch nicht der Fall sein kann. Soweit es um Energieerzeugnisse geht, die für die Zwecke der Erzeugung von elektrischem Strom verwendet werden, ist daher davon auszugehen, dass Zweck ihres Verbrauchs die Erzeugung dieses elektrischen Stroms ist.

35

Es kann daher der Kommission nicht darin beigepflichtet werden, dass Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie auch für Energieerzeugnisse gelte, die für die Erzeugung von elektrischem Strom oder für den so erzeugten, in dem Verfahren der Herstellung von Energieerzeugnissen in dem Betrieb verwendeten elektrischen Strom verwendet würden.

36

Eine solche Auslegung, die die Reichweite der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahme von dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ausdehnte, wäre geeignet, die Kohärenz des von eben dieser Richtlinie aufgestellten Besteuerungssystems zu beeinträchtigen.

37

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine Ausnahmebestimmung wie Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96, die eine Ausnahme von der darin vorgesehenen Steuerregelung vorsieht, eng ausgelegt werden muss (vgl. entsprechend Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C‑553/13, EU:C:2015:149, Rn. 39). Der Wortlaut dieser Vorschrift erwähnt jedoch nicht ausdrücklich den Verbrauch von elektrischem Strom, der innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs erzeugt wurde, der Energieerzeugnisse für die Zwecke der Herstellung solcher Erzeugnisse herstellt.

38

Sodann widerspräche eine solche Auslegung der allgemeinen Systematik dieser Richtlinie. Zum einen hat der Gerichtshof nämlich bereits entschieden, dass jede Einheit, die elektrischen Strom zur eigenen Verwendung erzeugt, unabhängig von ihrer Bedeutung und unabhängig von ihrer hauptsächlichen Geschäftstätigkeit als Verteiler im Sinne von Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 dieser Richtlinie gelten muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C‑90/17, EU:C:2018:498, Rn. 38). Für die Zwecke des von dieser Richtlinie aufgestellten harmonisierten Systems der Besteuerung kann daher die Erzeugung von elektrischem Strom durch einen Betrieb wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu seiner eigenen Verwendung, der also unter den Begriff „Verteiler“ im Sinne dieser Richtlinie fällt, nicht unberücksichtigt bleiben.

39

Zum anderen ergibt sich aus Art. 21 Abs. 3 Satz 2 dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten u. a. den Verbrauch von elektrischem Strom für die Herstellung von Energieerzeugnissen als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen können.

40

Eine Auslegung, nach der zur Herstellung von Energieerzeugnissen erzeugter und verwendeter elektrischer Strom unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens automatisch unter die Ausnahme von dem Steuerentstehungstatbestand nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie fiele, nähme einer solchen Möglichkeit jedoch ihre praktische Wirksamkeit.

41

Eine solche Auslegung wäre schließlich geeignet, die Verwirklichung der durch die Richtlinie 2003/96 verfolgten Ziele zu beeinträchtigen. Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 den Zweck verfolgt, eine Lücke zu schließen, die in dem von ihr aufgestellten System der Besteuerung auftreten könnte, indem diese Vorschrift verhindert, dass der von einer Einheit zur eigenen Verwendung hergestellte elektrische Strom nicht dem von eben dieser Richtlinie aufgestellten harmonisierten System der Besteuerung unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C‑90/17, EU:C:2018:498, Rn. 31 bis 33).

42

Indem diese Vorschrift eine Ungleichbehandlung zwischen den Einheiten vermeidet, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende den von ihnen benötigten elektrischen Strom erzeugen, und denjenigen, die sich für die Herstellung von Energieerzeugnissen von Dritten beliefern lassen, trägt sie zur Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 2003/96 bei, da diese dadurch, dass sie ein harmonisiertes System der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vorsieht, ausweislich ihrer Erwägungsgründe 2 bis 5 und 24 namentlich das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Energiesektor insbesondere durch Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen fördern soll (Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C‑90/17, EU:C:2018:498, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Eine weite Auslegung von Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie in dem Sinne, dass die Ausnahme zu dem einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand auf elektrischen Strom anwendbar wäre, der in einem Betrieb wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erzeugt und für die Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet wird, führte zu der Situation, die der Unionsgesetzgeber mit Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 dieser Richtlinie gerade vermeiden wollte.

44

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass, um die Integrität des durch die Richtlinie 2003/96 aufgestellten harmonisierten Systems der Besteuerung zu wahren, für elektrischen Strom, der unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erzeugt wurde, die vom Unionsgesetzgeber speziell für elektrischen Strom vorgesehenen Bestimmungen dieser Richtlinie anzuwenden sind.

45

Daraus ergibt sich, dass der Verbrauch von Energieerzeugnissen in einem Wärmekraftwerk für die Zwecke der Erzeugung von elektrischem Strom nicht unter Art. 21 Abs. 3 dieser Richtlinie fällt, sondern unter die Vorschriften dieser Richtlinie, die die Stromerzeugung betreffen.

46

Insbesondere gelten für diesen Verbrauch, wie in Rn. 33 des vorliegenden Urteils festgestellt, die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Bestimmungen, nach denen bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Steuer befreit ist.

47

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung für die Mitgliedstaaten, vorbehaltlich der ihnen gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 eingeräumten Möglichkeit, von dieser Steuerbefreiungsregelung abzuweichen, verbindlich ist (Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C‑90/17, EU:C:2018:498, Rn. 41). Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich jedoch nicht, dass Rumänien von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, was zu prüfen jedoch Sache des vorlegenden Gerichts ist.

48

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, die die Besteuerung von Energieerzeugnissen vorsehen, die im Wärmekraftwerk des Betriebs, in dem sie hergestellt wurden, verbraucht werden, sofern dieser Verbrauch zu dem Zweck erfolgt, unter Erzeugung der für den technologischen Prozess der Herstellung dieser Erzeugnisse erforderlichen Wärmeenergie Energieerzeugnisse herzustellen. Diese Auslegung gilt unbeschadet der grundsätzlichen Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie auf den Anteil der für die Zwecke der Erzeugung von elektrischem Strom verbrauchten Energieerzeugnisse.

Zur zweiten und zur dritten Frage

49

Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegenstehen, denen zufolge in Ermangelung eines Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden auf Einreihung im Hinblick auf die Verbrauchsteuern für Energieerzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, für die in dieser Richtlinie kein Steuerbetrag festgelegt wurde, der für Gasöl vorgesehene Verbrauchsteuersatz angewandt und beibehalten wird, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung über die Einreihung eingeholt wurde, nach der diese Erzeugnisse Heizöl gleichgestellt werden.

50

Es ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die allgemeine Systematik als auch die Ziele dieser Richtlinie auf dem Grundsatz beruhen, dass Energieerzeugnisse nach ihrer tatsächlichen Verwendung besteuert werden, wobei namentlich die klare Unterscheidung zwischen Kraft- und Heizstoffen berücksichtigt wird, auf die eben diese Richtlinie sich stützt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C‑418/14, EU:C:2016:400, Rn. 31 bis 33, und vom 13. Juli 2017, Vakarų Baltijos laivų statykla, C‑151/16, EU:C:2017:537, Rn. 42).

51

Hierzu sieht Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 vor, dass zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert werden. Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, ist der „gleichwertige Heiz- oder Kraftstoff“ im Sinne dieser Bestimmung zunächst nach der Verwendung als Heiz- oder Kraftstoff zu bestimmen, bevor dann festgestellt wird, an die Stelle welches der Kraft- oder Heizstoffe, die in der einschlägigen Tabelle in Anhang I der Richtlinie aufgeführt sind, dieses Erzeugnis bei seiner Verwendung tatsächlich tritt oder in Ermangelung eines solchen, welcher Kraft- oder Heizstoff ihm nach seiner Beschaffenheit und seinem Verwendungszweck am nächsten steht (Urteil vom 3. April 2014, Kronos Titan und Rhein-Ruhr Beschichtungs-Service, C‑43/13 und C‑44/13, EU:C:2014:216, Rn. 37).

52

Da die Richtlinie 2003/96 weder einen bestimmten Mechanismus zur Kontrolle der tatsächlichen Verwendung der Energieerzeugnisse noch Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Verwendung dieser Erzeugnisse vorsieht, obliegt es den Mitgliedstaaten, in ihrem nationalen Recht unter Beachtung des Unionsrechts solche Mechanismen und Maßnahmen vorzusehen. Insoweit ergibt sich aus dem neunten Erwägungsgrund dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten über ein Ermessen bei der Festlegung und der Durchführung von auf den jeweiligen nationalen Kontext abgestimmten politischen Maßnahmen verfügen (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C‑418/14, EU:C:2016:400, Rn. 23).

53

Gleichwohl kann das den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessen nicht den Grundsatz in Frage stellen, dass Energieerzeugnisse nach ihrer tatsächlichen Verwendung besteuert werden (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Juli 2017, Vakarų Baltijos laivų statykla, C‑151/16, EU:C:2017:537, Rn. 44).

54

Diesem Grundsatz laufen jedoch nationale Vorschriften und Gepflogenheiten wie die im Ausgangsverfahren fraglichen, denen zufolge in Ermangelung eines Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden auf Einreihung im Hinblick auf die Verbrauchsteuern für Energieerzeugnisse, für die in dieser Richtlinie kein Steuerbetrag festgelegt wurde, der für Gasöl vorgesehene Verbrauchsteuersatz angewandt und beibehalten wird, zuwider, da diese Vorschriften oder Gepflogenheiten diese Erzeugnisse mit einer nicht ihrer tatsächlichen Verwendung entsprechenden Steuer belegen können; dies ist namentlich der Fall, wenn, wie vorliegend, die Erzeugnisse zu einem späteren Zeitpunkt Heizöl gleichgestellt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C‑418/14, EU:C:2016:400, Rn.34).

55

Darüber hinaus verstößt es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn in Ermangelung eines solchen Antrags auf Einreihung der für Gasöl vorgesehene Steuersatz automatisch angewandt und beibehalten wird.

56

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze, zu denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zählt, Teil der Unionsrechtsordnung sind. Sie müssen daher von den Unionsorganen, aber auch von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien übertragen, beachtet werden (Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C‑418/14, EU:C:2016:400, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung)

57

Die rumänische Regierung macht in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, dass die Anwendung und Beibehaltung des für Gasöl geltenden Steuersatzes auf Energieerzeugnisse in dem Fall, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Einreihung dieser Erzeugnisse im Hinblick auf die Verbrauchsteuern nicht beantragt habe, dem Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug dienten, indem sie verhinderten, dass ein solcher Verbrauch dem für Heizstoff vorgesehenen Steuersatz unterliege, obwohl die tatsächliche Verwendung der Energieerzeugnisse als Kraftstoff zu einem höheren Steuersatz besteuert werden müsse.

58

Wird auf Energieerzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren fraglichen aus dem Grund, dass eine Einreihung dieser Erzeugnisse nicht beantragt wurde, der für Kraftstoff, vorliegend der für Gasöl, vorgesehene Verbrauchsteuersatz zur Anwendung gebracht und dieser Steuerbetrag beibehalten, obwohl zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt wurde, dass die Erzeugnisse aufgrund ihrer Verwendung als Heizstoff Heizöl gleichzustellen sind, geht dies jedoch über das hinaus, was erforderlich ist, um Steuerhinterziehung und ‑vermeidung zu verhindern (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT, C‑418/14, EU:C:2016:400, Rn. 39).

59

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten für die Verletzung formeller Anforderungen wie der Anforderung, einen solchen Antrag zu stellen, wenn in der Richtlinie 2003/96 der Steuerbetrag dieser Erzeugnisse nicht festgelegt wurde, zwar die Verhängung einer Geldbuße vorsehen können, die Verletzung formeller Anforderungen jedoch die Besteuerung von Erzeugnissen wie denen im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nach den in Art. 2 Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen materiellen Voraussetzungen nicht in Frage stellen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Juni 2018, Turbogás, C‑90/17, EU:C:2018:498, Rn. 44).

60

Zu diesen materiellen Voraussetzungen für die Besteuerung solcher Erzeugnisse gehören insoweit, wie sich aus den Rn. 50 und 51 des vorliegenden Urteils ergibt, deren tatsächliche Verwendung als Heiz- oder als Kraftstoff sowie die Bestimmung, an die Stelle welches der Heiz- oder Kraftstoffe, deren Steuerbetrag in dieser Richtlinie festgelegt wird, sie bei ihrer Verwendung tatsächlich treten oder in Ermangelung eines solchen, welcher Kraft- oder Heizstoff ihnen nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Verwendungszweck am nächsten steht.

61

Folglich ist festzustellen, dass die Pflicht der Wirtschaftsteilnehmer, einen Antrag wie den im Ausgangsverfahren fraglichen zur Einreihung von Energieerzeugnissen im Hinblick auf die Verbrauchsteuern zu stellen, nicht unter diese materiellen Voraussetzungen fällt und nur die Steuerbehörden in die Lage versetzen soll, die Beachtung dieser Voraussetzungen durch die Wirtschaftsteilnehmer zu überprüfen. Entgegen dem Vorbringen der rumänischen Regierung ist diese Pflicht daher nur formeller Art.

62

Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegenstehen, denen zufolge in Ermangelung eines Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden auf Einreihung im Hinblick auf die Verbrauchsteuern für Energieerzeugnisse, für die in dieser Richtlinie kein Steuerbetrag festgelegt wurde, der für Gasöl vorgesehene Verbrauchsteuersatz angewandt und beibehalten wird, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung über die Einreihung eingeholt wurde, nach der diese Erzeugnisse Heizöl gleichgestellt werden.

Kosten

63

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass er nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, die die Besteuerung von Energieerzeugnissen vorsehen, die im Wärmekraftwerk des Betriebs, in dem sie hergestellt wurden, verbraucht werden, sofern dieser Verbrauch zu dem Zweck erfolgt, unter Erzeugung der für den technologischen Prozess der Herstellung dieser Erzeugnisse erforderlichen Wärmeenergie Energieerzeugnisse herzustellen. Diese Auslegung gilt unbeschadet der grundsätzlichen Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie auf den Anteil der für die Zwecke der Erzeugung von elektrischem Strom verbrauchten Energieerzeugnisse.

 

2.

Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegenstehen, denen zufolge in Ermangelung eines Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden auf Einreihung im Hinblick auf die Verbrauchsteuern für Energieerzeugnisse, für die in dieser Richtlinie kein Steuerbetrag festgelegt wurde, der für Gasöl vorgesehene Verbrauchsteuersatz angewandt und beibehalten wird, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung über die Einreihung eingeholt wurde, nach der diese Erzeugnisse Heizöl gleichgestellt werden.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Rumänisch.