SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 19. Dezember 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑779/18

Mikrokasa S.A. w Gdyni,

Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty w Warszawie

gegen

XO

(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich [Rayongericht Siemianowitz, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Verbraucherkreditverträge – Richtlinie 2008/48 – Umfang der Harmonisierung – Begriff der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher – Richtlinie 93/13 – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Ausnahme für Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beruhen“

1. 

Die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66) bestimmt den rechtlichen Rahmen für Verbraucherkreditverträge. Insbesondere werden in Art. 10 die zwingenden Angaben aufgeführt, die in derartigen Kreditverträgen enthalten sein müssen. Im Rahmen dieses Vorlageersuchens hat der Gerichtshof Gelegenheit, einige Aspekte des Anwendungsbereichs und der Auslegung dieser Bestimmung zu klären.

2. 

Das Ersuchen um Vorabentscheidung des Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich (Rayongericht Siemianowitz, Polen) an den Gerichtshof wurde am 12. Dezember 2018 eingereicht und ergeht im Rahmen von zwei Zahlungsklagen, die von der Mikrokasa S.A. mit Sitz in Gdingen bzw. vom Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty mit Sitz in Warschau aufgrund zweier getrennter Verbraucherkreditverträge gegen XO erhoben worden sind und die das vorlegende Gericht verbunden hat.

3. 

Es geht in diesem Fall im Wesentlichen um den Grad der Harmonisierung und den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 und die Frage, inwieweit die Anforderungen der Richtlinie durch Anforderungen des nationalen Rechts ergänzt werden dürfen. Vor Prüfung dieser Fragen sind als Erstes die maßgeblichen Rechtsvorschriften darzulegen.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

4.

In den Erwägungsgründen 3, 4, 6 bis 9, 19 und 31 der Richtlinie 2008/48 gemäß der Fassung im Jahr 2016 heißt es:

„(3)

Aus diesen Berichten und Befragungen geht hervor, dass sich die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Vergabe von Krediten an natürliche Personen im Allgemeinen und von Verbraucherkrediten im Besonderen stark unterscheiden. Eine Analyse der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 87/102/EWG ( 2 ) zeigt in der Tat, dass die Mitgliedstaaten aufgrund unterschiedlicher innerstaatlicher Gegebenheiten rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur über die Richtlinie 87/102/EWG hinaus eine Reihe von Verbraucherschutzmechanismen anwenden.

(4)

In einigen Fällen, in denen Mitgliedstaaten verschiedene zwingende Rechtsvorschriften erlassen haben, die strenger sind als die Bestimmungen der Richtlinie 87/102/EWG, führt die sich aus diesen nationalen Unterschieden ergebende Sach- und Rechtslage zum einen zu Verzerrungen im Wettbewerb der Kreditgeber in der Gemeinschaft und behindert den Binnenmarkt. Sie schränkt zum anderen die Möglichkeiten der Verbraucher ein, das stetig zunehmende Angebot an grenzüberschreitenden Verbraucherkrediten unmittelbar zu nutzen. Diese Verzerrungen und Einschränkungen können wiederum Folgen für die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen haben.

(6)

Gemäß dem Vertrag umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen sowie die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Die Entwicklung eines transparenteren und effizienteren Kreditmarkts innerhalb dieses Raums ohne Binnengrenzen ist für die Förderung grenzüberschreitender Geschäftstätigkeiten von entscheidender Bedeutung.

(7)

Um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern, muss in einigen Schlüsselbereichen ein harmonisierter gemeinschaftsrechtlicher Rahmen geschaffen werden. Im Hinblick auf die permanente Weiterentwicklung des Marktes für Verbraucherkredite und die zunehmende Mobilität der europäischen Bürger kann ein zukunftsweisendes Gemeinschaftsrecht, das sich künftigen Kreditformen anpassen kann und das den Mitgliedstaaten einen angemessenen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung lässt, zu einem modernen Verbraucherkreditrecht beitragen.

(8)

Zur Sicherung des Vertrauens der Verbraucher ist es wichtig, dass der Markt ein ausreichendes Verbraucherschutzniveau bietet. Auf diese Weise sollte der freie Verkehr von Kreditangeboten unter den bestmöglichen Bedingungen für Kreditanbieter wie auch für Kreditnehmer unter gebührender Berücksichtigung der Besonderheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten stattfinden können.

(9)

Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. Diese Einschränkung sollte jedoch nur in den Fällen gelten, in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen. Dementsprechend können die Mitgliedstaaten beispielsweise innerstaatliche Rechtsvorschriften über die gesamtschuldnerische Haftung des Verkäufers oder Dienstleistungserbringers und des Kreditgebers beibehalten oder einführen.

(19)

Damit der Verbraucher in voller Sachkenntnis entscheiden kann, sollten ihm vor dem Abschluss des Kreditvertrags ausreichende Informationen über die Bedingungen und Kosten des Kredits sowie über die Verpflichtungen, die er mit dem Vertrag eingeht, gegeben werden, die er mitnehmen und prüfen kann. Im Interesse einer größtmöglichen Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote sollten diese Informationen sich insbesondere auf den effektiven Jahreszins beziehen, der innerhalb der gesamten Gemeinschaft auf die gleiche Art zu berechnen ist. …

(31)

Alle notwendigen Informationen über die Rechte und Pflichten, die sich für den Verbraucher aus dem Kreditvertrag ergeben, sollten in klarer, prägnanter Form im Kreditvertrag enthalten sein, damit der Verbraucher diese zur Kenntnis nehmen kann.“

5.

Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2008/48 lautet:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.“

6.

Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

g)

‚Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher‘ sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind; Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, sind ebenfalls enthalten, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird“.

7.

Art. 5 („Vorvertragliche Informationen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„(1)   Rechtzeitig bevor der Verbraucher durch einen Kreditvertrag oder ein Angebot gebunden ist, gibt der Kreditgeber und gegebenenfalls der Kreditvermittler dem Verbraucher auf der Grundlage der vom Kreditgeber angebotenen Kreditbedingungen und gegebenenfalls der vom Verbraucher geäußerten Präferenzen und vorgelegten Auskünfte die Information, die der Verbraucher benötigt, um verschiedene Angebote zu vergleichen und eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er einen Kreditvertrag schließen will. Diese Informationen werden auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger mittels des Formulars ‚Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite‘ in Anhang II mitgeteilt. Die Informationspflichten des Kreditgebers nach diesem Absatz und nach Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2002/65/EG ( 3 ) gelten als erfüllt, wenn er das Formular ‚Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite‘ vorgelegt hat.

Diese Informationen müssen Folgendes erläutern:

a)

die Art des Kredits;

b)

die Identität und die Anschrift des Kreditgebers sowie gegebenenfalls die Identität und die Anschrift des beteiligten Kreditvermittlers;

c)

den Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme;

d)

die Laufzeit des Kreditvertrags;

e)

bei Krediten in Form eines Zahlungsaufschubs für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung und bei verbundenen Kreditverträgen die Ware oder die Dienstleistung und den Barzahlungspreis;

f)

den Sollzinssatz, die Bedingungen für die Anwendung des Sollzinssatzes und, soweit vorhanden, Indizes oder Referenzzinssätze, die auf den anfänglichen Sollzinssatz Anwendung finden, ferner die Zeiträume, Bedingungen und die Art und Weise der Anpassung des Sollzinssatzes. …

g)

den effektiven Jahreszins und den vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrag, …

Etwaige zusätzliche Informationen des Kreditgebers für den Verbraucher sind in einem gesonderten Dokument zu erteilen, das dem betreffenden Formular ‚Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite‘ beigefügt werden kann.

(4)   Auf Verlangen erhält der Verbraucher zusätzlich zu dem Formular ‚Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite‘ unentgeltlich eine Kopie des Kreditvertragsentwurfs. …

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kreditgeber und gegebenenfalls Kreditvermittler dem Verbraucher angemessene Erläuterungen geben, gegebenenfalls durch Erläuterung der vorvertraglichen Informationen gemäß Absatz 1, der Hauptmerkmale der angebotenen Produkte und der möglichen spezifischen Auswirkungen der Produkte auf den Verbraucher, einschließlich der Konsequenzen bei Zahlungsverzug des Verbrauchers, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird. …“

8.

In Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)   Kreditverträge werden auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt.

Alle Vertragsparteien erhalten eine Ausfertigung des Kreditvertrags. Innerstaatliche Vorschriften über die Gültigkeit des Abschlusses von Kreditverträgen, die mit dem [Unions]recht in Einklang stehen, bleiben unberührt.

(2)   Im Kreditvertrag ist in klarer, prägnanter Form Folgendes anzugeben:

a)

die Art des Kredits;

b)

die Identität und Anschriften der Vertragsparteien sowie gegebenenfalls die Identität und die Anschrift des beteiligten Kreditvermittlers;

c)

die Laufzeit des Kreditvertrags;

d)

der Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme;

e)

bei Krediten in Form eines Zahlungsaufschubs für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung oder bei verbundenen Kreditverträgen die Ware oder die Dienstleistung und der Barzahlungspreis;

f)

der Sollzinssatz, die Bedingungen für die Anwendung des Sollzinssatzes und, soweit vorhanden, Indizes oder Referenzzinssätze, die sich auf den anfänglichen Sollzinssatz beziehen, ferner die Zeiträume, Bedingungen und die Art und Weise der Anpassung des Sollzinssatzes; gelten unter verschiedenen Umständen unterschiedliche Sollzinssätze, so sind die genannten Informationen für alle anzuwendenden Sollzinssätze zu erteilen;

g)

der effektive Jahreszins und die Gesamtkosten des Kredites für den Verbraucher, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages; anzugeben sind alle in die Berechnung dieses Zinses einfließenden Annahmen.

…“

9.

Art. 22 („Harmonisierung und Unabdingbarkeit dieser Richtlinie“) Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 lautet:

„Soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen.“

B.   Anwendbares nationales Recht

10.

Mit der Ustawa z dnia 7 lipca 2005 r. o zmianie ustawy kodeks cywilny oraz o zmianie niektórych innych ustaw (Gesetz vom 7. Juli 2005 zur Änderung des Zivilgesetzbuchs und einiger anderer Gesetze, Dz. U. 2005, Nr. 157, Pos. 1316) wurde in die Ustawa z dnia 23 kwietnia 1964 r. – Kodeks cywilny (Gesetz vom 23. April 1964 – Zivilgesetzbuch, Dz. U. 2014, Pos. 121, konsolidierte Fassung mit Änderungen, im Folgenden: ZGB) Art. 359 § [22] eingefügt. Nach dieser Bestimmung darf der maximale Zinsbetrag, der sich aus einem Rechtsgeschäft ergibt, das Doppelte des gesetzlichen jährlichen Zinsbetrags nicht überschreiten. Derzeit beläuft sich dieser maximale Zinsbetrag auf 10 % des Darlehensbetrags.

11.

Einige Kreditgeber umgingen diese national auferlegte Höchstgrenze, indem sie die Höhe der zu zahlenden Provisionen und Gebühren künstlich erhöhten. Daraufhin entschieden nationale Gerichte, dass, wenn diese in Rechnung gestellten Provisionen oder Kosten bestritten wurden oder der Kreditgeber vor Gericht auf Zahlung klagte, es demgemäß notwendig war, die Gegenleistung für die Provision oder Kosten, die zusätzlich zu den Zinsen in Rechnung gestellt wurden, nachzuweisen. Wenn es an einer solchen Gegenleistung fehlte oder es sich ergab, dass die Provision oder die Kosten im Gegenzug für den geleisteten Kredit geschuldet wurden, betrachteten die nationalen Gerichte die Provisionen oder Kosten als eine Umgehung des Art. 359 § 2 ZGB. Im Ergebnis wurden sie auf den Höchstzinsbetrag gemäß Art. 359 § 2 ZGB herabgesetzt. Bei Provisionen oder Kosten, die einen Gegenwert für andere Dienstleistungen als die Kapitalbeschaffung darstellten, konnten solche Klauseln gleichwohl für nichtig erklärt werden, allerdings nur, wenn sie im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 93/13 ( 4 ) missbräuchlich waren.

12.

Um die Kontrolle der von Kreditgebern verlangten Entgelte zu verbessern, führte der polnische Gesetzgeber daraufhin mit Art. 5 Nr. 6a und Art. 36a der Ustawa z dnia 12 maja 2011 o kredycie konsumenckim (Gesetz vom 12. Mai 2011 über den Verbraucherkredit, Dz. U., Nr. 126, Pos. 715, im Folgenden: VerbrKrG) einen Mechanismus zur Begrenzung der Höhe der zinsunabhängigen Kreditkosten ein, die in Rechnung gestellt werden können.

13.

Art. 5 Nrn. 6, 6a, 7 und 8 VerbrKrG definiert eine Reihe von Begriffen, auf die in diesem Gesetz verwiesen wird. Diese Vorschrift bestimmt in der vom vorlegenden Gericht zitierten Fassung:

„6.

Gesamtkreditkosten – sämtliche Kosten, die ein Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag tragen muss, insbesondere:

a)

Zinsen, Gebühren, Provisionen, Steuern und Gewinnspannen, soweit sie dem Kreditgeber bekannt sind, sowie

b)

Kosten für Nebenleistungen, insbesondere Versicherungen, wenn sie zur Gewährung des Kredits oder zu seiner Gewährung zu den angebotenen Bedingungen zwingend erforderlich sind, unter Ausschluss notarieller Kosten, die vom Verbraucher getragen werden;

6a.

zinsunabhängige Kreditkosten – alle Kosten, die vom Verbraucher im Zusammenhang mit dem Verbraucherkreditvertrag getragen werden, mit Ausnahme von Zinsen;

7.

Gesamtkreditbetrag – der Höchstbetrag aller Gelder ohne kreditierte Kreditkosten, die dem Verbraucher vom Kreditgeber aufgrund des Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden, und im Falle von Verträgen, bei denen ein solcher Höchstbetrag nicht vorgesehen wurde, die Summe aller Gelder ohne kreditierte Kreditkosten, die dem Verbraucher vom Kreditgeber aufgrund des Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden;

8.

vom Verbraucher zu zahlender Gesamtbetrag – die Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits.“

14.

Art. 13 VerbrKrG bestimmt:

„1.

Ein Kreditgeber oder ‑vermittler ist vor Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags verpflichtet, dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger so rechtzeitig, dass es möglich ist, sich mit den Informationen vertraut zu machen, anzugeben:

5)

den Gesamtkreditbetrag;

6)

die Fristen und die Auszahlungsmodalitäten für den Kredit;

7)

den vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrag;

10)

in entsprechenden Fällen Informationen über andere Kosten, die vom Verbraucher im Zusammenhang mit dem Verbraucherkreditvertrag zu tragen sind, insbesondere über Zinsen, Provisionen, Gewinnspannen, Gebühren, darunter Gebühren für die Führung eines oder mehrerer Konten, auf denen sowohl Zahlungen als auch Auszahlungen verbucht werden, inklusive Gebühren für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten sowohl für Zahlungsvorgänge als auch für Auszahlungen sowie Kosten für Nebenleistungen, insbesondere Versicherungen, soweit sie dem Kreditgeber bekannt sind, sowie die Bedingungen, unter denen diese Kosten geändert werden können;

11)

Informationen über die Notwendigkeit der Tragung von Notargebühren, falls solche entstehen;

…“

15.

Art. 30 VerbrKrG bestimmt:

„1.

Ein Verbraucherkreditvertrag muss, vorbehaltlich von Art. 31-33, folgende Angaben enthalten:

2)

die Art des Kredits;

4)

den Gesamtkreditbetrag;

5)

die Fristen und die Auszahlungsmodalitäten des Kredits;

6)

den Sollzinssatz …;

7)

den effektiven Jahreszins und die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verbraucherkreditvertrags, samt aller in die Berechnung dieser Gesamtkosten einfließenden Annahmen;

8)

die Bedingungen und Fristen für die Rückzahlung des Kredits …;

9)

eine Aufstellung der Zeiträume und Bedingungen für die Zahlung der Sollzinsen und aller anderen Kreditkosten, wenn der Kreditgeber oder ‑vermittler eine Nachfrist für die Rückzahlung des Kredits gewährt;

10)

Informationen über andere Kosten, die vom Verbraucher im Zusammenhang mit dem Verbraucherkreditvertrag zu tragen sind, insbesondere über Gebühren, darunter Gebühren für die Führung eines oder mehrerer Konten, auf denen sowohl Zahlungen als auch Auszahlungen verbucht werden, inklusive Gebühren für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten sowohl für Zahlungsvorgänge als auch für Auszahlungen, Provisionen, Gewinnspannen sowie Kosten für Nebenleistungen, insbesondere Versicherungen, soweit sie dem Kreditgeber bekannt sind, sowie die Bedingungen, unter denen diese Kosten geändert werden können;

…“

16.

Art. 36a VerbrKrG sieht vor:

„1.   Der Höchstbetrag zinsunabhängiger Kreditkosten wird gemäß folgender Formel berechnet:

Image

wobei die einzelnen Symbole folgende Bedeutung haben:

MPKK – Höchstbetrag zinsunabhängiger Kreditkosten,

K – Gesamtkreditbetrag,

N – Rückzahlungszeitraum in Tagen,

R – Anzahl der Tage im Jahr.

2.   Die zinsunabhängigen Kreditkosten dürfen im gesamten Kreditierungszeitraum nicht höher sein als der Gesamtkreditbetrag.

3.   Der Teil von sich aus dem Verbraucherkreditvertrag ergebenden zinsunabhängigen Kreditkosten, der den gemäß Abs. 1 berechneten Höchstbetrag zinsunabhängiger Kreditkosten oder den Gesamtkreditbetrag übersteigt, wird nicht geschuldet.“

17.

Nach Art. 45 Abs. 1 VerbrKrG verfallen Zinsen und andere Kreditkosten als Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung von Art. 36a. Gemäß Art. 47 dieses Gesetzes dürfen Vertragsbedingungen die Rechte des Verbrauchers nicht ausschließen oder einschränken.

II. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18.

Die beiden vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssachen, die es mit Beschluss vom 8. November 2018 verbunden hat, betreffen Zahlungsansprüche aus zwei von XO unabhängig voneinander abgeschlossenen Kreditverträgen.

19.

Die erste Rechtssache betrifft einen am 21. Dezember 2016 zwischen Mikrokasa und XO abgeschlossenen Barkreditvertrag, mit dem XO ein Darlehen in Höhe von 4000 Zloty (PLN) (ca. 940 Euro) erhielt. Nach diesem Vertrag, der zwischen den Parteien nicht ausgehandelt wurde, verpflichtete sich XO zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr in Höhe von 600 PLN (ca. 139 Euro), einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 3400 PLN (ca. 790 Euro) sowie von Vertragszinsen in Höhe von jährlich 7 %, die sich über die Darlehenslaufzeit auf 371,87 PLN (ca. 86 Euro) beliefen.

20.

In dem Barkreditvertrag heißt es, dass sich der „vom Verbraucher zu zahlende Gesamtbetrag“, der als die „Summe aller Gelder, die der Kreditgeber Ihnen zur Verfügung stellt, sowie jeglicher Kosten, die Sie verpflichtet sein werden, im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu tragen“, bezeichnet wird, auf 8371,87 PLN (ca. 1946 Euro) belaufe. Im Barkreditvertrag war außerdem vermerkt, dass die „zinsunabhängigen Kreditkosten“4000 PLN (ca. 929 Euro) betrügen.

21.

Die Klägerin macht geltend, dass die zinsunabhängigen Kreditkosten an der Untergrenze der vom Darlehensgeber getragenen Kosten angesetzt gewesen seien und dass daher diese Gebühren zwangsläufig niedriger gewesen seien als die tatsächlich von den Kreditgebern getragenen Kosten. Die Klägerin verweist auch auf die Rechtsprechung der polnischen Gerichte, wonach eine Prüfung, ob es sich um übermäßige zinsunabhängige Kreditkosten handele, nicht zulässig sei, solange deren Höhe die Grenze der maximal zulässigen zinsunabhängigen Kreditkosten nicht überschreite.

22.

Da XO keine Zahlungen an Mikrokasa leistete, hat diese am 30. Juni 2017 beim Sąd Rejonowy Lublin Zachód w Lublinie (Rayongericht Lublin-West, Polen) einen Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls gegen XO wegen des von XO nicht zurückgezahlten Darlehens in Höhe von 8184,53 PLN gestellt.

23.

Das Sąd Rejonowy Lublin Zachód w Lublinie (Rayongericht Lublin-West) hat mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 entschieden, dass der Antrag auf Zahlungsbefehl unbegründet sei, und die Rechtssache an das vorlegende Gericht als das für Verbraucherschutz zuständige Gericht verwiesen.

24.

Die zweite Rechtssache betrifft einen Darlehensvertrag, der am 21. November 2016 zwischen der IPF Polska sp. z o.o. w Warszawie (im Folgenden: Darlehensgeber) und XO ohne vorherige Aushandlung abgeschlossen wurde und in dem sich der Darlehensgeber verpflichtete, XO einen Geldbetrag in Höhe von 3000 PLN (ca. 698 Euro) zur Verfügung zu stellen.

25.

Nach diesem Darlehensvertrag war XO verpflichtet, eine Gebühr in Höhe von 2084 PLN (ca. 484 Euro) sowie Vertragszinsen in Höhe von jährlich 10 %, die sich über die Laufzeit des Darlehens auf insgesamt 248,41 PLN (ca. 57 Euro) beliefen, zu zahlen.

26.

Der Kläger in der zweiten Rechtssache, der Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty w Warszawie (im Folgenden: Revenue), erwarb die Forderung gegen die Beklagte vom Darlehensgeber im Wege der Abtretung. Die Beklagte zahlte einen geringen Teil des aus dem Darlehensvertrag geschuldeten Betrags.

27.

Am 27. Oktober 2017 hat Revenue beim Sąd Rejonowy Lublin Zachód w Lublinie (Rayongericht Lublin-West) einen Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls gegen XO über einen Betrag von 5196,68 PLN (ca. 1208 Euro) gestellt.

28.

Der Sąd Rejonowy Lublin Zachód w Lublinie (Rayongericht Lublin-West) hat am 29. November 2017 einen Zahlungsbefehl über die geltend gemachte Forderung ausgestellt. Auf Einspruch der Verbraucherin gegen diesen Zahlungsbefehl ist die zweite Rechtssache an das vorlegende Gericht verwiesen worden.

29.

XO macht in ihren Schriftsätzen im Wesentlichen geltend, dass der Schutz durch Art. 359 § 21 nicht ausreichend sei und dass der in dieser Bestimmung zur Berechnung der maximal zu erhebenden Gebühren verwendete Begriff der „zinsunabhängigen Kosten“ nicht die tatsächlichen Kreditkosten widerspiegele.

30.

Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass die zinsunabhängigen Kreditkosten in beiden Fällen den nach Art. 36a VerbrKrG zulässigen Höchstbetrag nicht überschritten. Das Gericht hat jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 36a VerbrKrG mit dem Unionsrecht insofern, als der Begriff der zinsunabhängigen Kreditkosten in der Richtlinie 2008/48 nicht erwähnt werde. Auch wenn Art. 36a VerbrKrG andere Ziele als die Information der Verbraucher verfolge, könnte die Schaffung dieser neuen Kostenkategorie dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel des Verbraucherschutzes zuwiderlaufen, insbesondere deswegen, weil Art. 36a VerbrKrG keine Verpflichtung vorsehe, die Verbraucher über die zinsunabhängigen Kreditkosten auch dann zu unterrichten, wenn diese unter der in dieser Bestimmung vorgesehenen Schwelle lägen.

31.

Darüber hinaus stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob die verschiedenen Klauseln über zinsunabhängige Kreditkosten durch die Richtlinie 93/13 gedeckt sind und ob sie unter die in Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie geregelte Ausnahme fallen. Obwohl Art. 36a VerbrKrG eine Höchstgrenze der geltend zu machenden zinsunabhängigen Kreditkosten festlege, lege diese Bestimmung nicht die genaue Höhe der zinsunabhängigen Kreditkosten fest, die in Rechnung gestellt werden könnten. Es stelle sich daher die Frage, ob Preisklauseln, die dieser Bestimmung entsprächen, als bindende Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 angesehen werden könnten.

32.

Der Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich (Rayongericht Siemianowitz) hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Sind die Bestimmungen der Richtlinie 2008/48, insbesondere Art. 3 Buchst. g, Art. 10 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1, dahin auszulegen, dass sie der gesonderten Ausweisung sogenannter „zinsunabhängiger Kreditkosten“, die gemäß einer in Art. 36a VerbrKrG beschriebenen gesetzlichen Berechnungsformel pauschal festgelegt werden, aus den in der genannten Richtlinie bestimmten „Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ in einer Art und Weise, bei der die vom Darlehensgeber tatsächlich getragenen zinsunabhängigen Kreditkosten verschleiert werden können, entgegenstehen?

2.

Sind die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 in geänderter Fassung, insbesondere Art. 1 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1, dahin auszulegen, dass sie einer Kontrolle von Klauseln in Verbraucherkreditverträgen anhand der in Art. 3 der genannten Richtlinie beschriebenen Voraussetzungen entgegenstehen, soweit es um sogenannte „zinsunabhängige Kreditkosten“ geht, bei denen die Kriterien für ihre Festlegung in Art. 36a VerbrKrG beschrieben werden?

III. Analyse

33.

Auf Ersuchen des Gerichtshofs beschränke ich mich in diesen Schlussanträgen auf die Prüfung der ersten Frage.

A.   Vorbemerkungen

34.

Ausgangspunkt der vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifel ist die Bezugnahme in Art. 36a VerbrKrG auf den Begriff der zinsunabhängigen Kreditkosten. Da in der Richtlinie 2008/48 dieser oder ein ähnlicher Begriff nicht enthalten ist, stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob die nationalen Rechtsvorschriften diesen Begriff in Bezug nehmen dürfen und ob in Kreditverträgen die Höhe dieser Kosten angegeben werden muss oder lediglich angegeben werden kann. Dementsprechend enthält die erste Vorlagefrage zwei verschiedene Fragen.

35.

Erstens ist zu prüfen, ob Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 einer nationalen Bestimmung wie Art. 36a VerbrKrG entgegensteht, in der auf einen in der Richtlinie 2008/48 nicht vorgesehenen Begriff, wie den der „zinsunabhängigen Kreditkosten“, verwiesen wird.

36.

Zweitens ist zu prüfen, ob diese unionsrechtlichen Vorschriften nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die es erlauben, in Kreditverträgen neben den Angaben für die Verbraucher auch andere als die in dieser Richtlinie genannten Informationen, wie z. B. zinsunabhängige Kreditkosten, aufzunehmen.

37.

Ich werde diese beiden Fragen nacheinander prüfen.

38.

Insoweit scheint es mir, dass nicht alle Bestimmungen, die das vorlegende Gericht in seiner ersten Vorlagefrage heranzieht – nämlich Art. 3 Buchst. g, Art. 10 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 – einschlägig sind.

39.

Was Art. 3 Buchst. g betrifft, so lässt sich, obwohl diese Bestimmung den Begriff „Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ definiert, den Akten des Gerichtshofs nicht entnehmen, dass die Bezugnahme auf die Gesamtkosten oder deren Berechnung in einem der beiden Verträge, die vorliegend in Rede stehen, beanstandet wird.

40.

In Bezug auf Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ergibt sich aus dessen Wortlaut, dass diese Bestimmung das Medium betrifft, in dem Kreditverträge abgeschlossen werden müssen. Diese Vorschrift ist daher ohne Bedeutung für die erste Vorlagefrage. Zwar besagt Art. 10 Abs. 1, dass diese Bestimmung innerstaatliche Vorschriften über die Gültigkeit des Abschlusses von Kreditverträgen, die mit dem Unionsrecht in Einklang stehen, unberührt lässt. Da aber mit einem derartigen Hinweis der Anwendungsbereich der übrigen Vorschriften des Art. 10 verdeutlicht werden soll, kann diese Bestimmung nicht unabhängig ausgelegt werden.

41.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem vorliegend einschlägigen Absatz des Art. 10 der Richtlinie 2008/48 tatsächlich nicht um Abs. 1, sondern um Abs. 2 handelt, der die relevanten Bestandteile der zwingenden Angaben in Kreditverträgen definiert.

42.

Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, werde ich die sich als Erstes stellende Frage prüfen, ob die Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass sie nationalen Vorschriften entgegensteht, die sich auf den Betrag der zinsunabhängigen Kreditkosten beziehen, ohne dass in derartigen Vorschriften den Kreditgebern die Verpflichtung auferlegt wird, diesen Betrag in Kreditverträgen anzugeben, und sodann die sich als Zweites stellende Frage, ob nach diesen Bestimmungen nationale Rechtsvorschriften den Kreditgebern erlauben dürfen, diese Angaben freiwillig in einen Kreditvertrag aufzunehmen.

B.   Darf im nationalen Recht zu Kreditverträgen ein in der Richtlinie 2008/48 nicht vorgesehener Begriff verwendet werden?

43.

Nach Art. 1 der Richtlinie 2008/48 ist das Ziel dieser Richtlinie die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.

44.

Diesbezüglich wird im neunten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausgeführt, dass unter diesem Gesichtspunkt eine vollständige Harmonisierung notwendig ist, um allen Verbrauchern in der Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen.

45.

Demgemäß bestimmt Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48, dass die Mitgliedstaaten, soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen dürfen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen ( 5 ).

46.

In diesem Zusammenhang regelt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48, wie aus dessen Überschrift hervorgeht, die Harmonisierung der Angaben, die zwingend in einem Kreditvertrag enthalten sein müssen. In dieser Bestimmung wird die Höhe der zu zahlenden zinsunabhängigen Kreditkosten nicht erwähnt.

47.

Nach Art. 10 Abs. 2 ist der Gläubiger zudem verpflichtet, die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher anzugeben. Letzterer Begriff wird in Art. 3 Buchst. g definiert als „sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind“. Da der Kreditgeber jedoch durch den Unionsgesetzgeber lediglich zur Angabe dieses Gesamtbetrags und nicht der verschiedenen Kosten, aus denen sich dieser Gesamtbetrag zusammensetzt, verpflichtet wird, können die Mitgliedstaaten in ihrem innerstaatlichen Recht keine anderweitigen Verpflichtungen vorsehen, unabhängig davon, ob sich eine solche Informationsverpflichtung auf einen Betrag bezieht, der Bestandteil der Gesamtkosten des Kredits im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 ist oder nicht ( 6 ). Folglich kann ein nationales Gesetz nicht deshalb gegen diese Richtlinie verstoßen, weil es keine Verpflichtung vorsieht, die Verbraucher über die zinsunabhängigen Kosten im Sinne dieses Begriffs des innerstaatlichen Rechts zu informieren.

48.

Dies heißt jedoch nicht, dass die Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 daran gehindert wären, Angaben, die in der Richtlinie nicht aufgeführt werden, für eine Rechtsvorschrift zu verwenden, sofern damit keine Informationsverpflichtung auferlegt wird. Dies ist der entscheidende Unterschied, der meines Erachtens diesem Fall zugrunde liegt. In der Tat steht, wenn ein Rechtsakt der Union einen bestimmten Aspekt der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten harmonisiert, diese Harmonisierung der Anwendung nationaler Vorschriften, die nicht in den Anwendungsbereich dieses Rechtsakts fallen, nicht entgegen, sofern diese Vorschriften selbst die Anwendung des Unionsrechts nicht behindern.

49.

So hat der Gerichtshof beispielsweise in der Rechtssache Assica und Kraft Foods Italia ( 7 ) festgestellt, dass, obwohl die zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates ( 8 ) geschaffene Regelung abschließend ist, diese Vollständigkeit jedoch die Anwendung einer Regelung zum Schutz von geografischen Angaben, die nicht in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen, nicht ausschließt. Da diese Verordnung darauf abzielt, Angaben und Bezeichnungen zu schützen, bei denen ein besonderer Zusammenhang zwischen den Eigenschaften eines Erzeugnisses und seiner geografischen Herkunft besteht, steht nach Auffassung des Gerichtshofs diese abschließende Regelung einer nationalen Vorschrift, mit der die Verwendung irreführender geografischer Angaben verboten werden soll, nicht entgegen, solange die Anwendung dieser Regelung nicht davon abhängt, dass das betreffende Erzeugnis bestimmte Eigenschaften besitzt ( 9 ).

50.

In ähnlicher Weise hat der Gerichtshof im Bereich des Verbraucherrechts in einem Fall, der die Richtlinie 2005/29/EG ( 10 ) betraf, in der Rechtssache Kirschstein ( 11 ), festgestellt, dass, selbst wenn diese Richtlinie die Regeln über unlautere Geschäftspraktiken vollständig harmonisiert ( 12 ), dies nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, mit denen Personen, die ohne entsprechende Genehmigung bestimmte Diplome verleihen, Sanktionen auferlegt werden. Da in jenem Fall die in Rede stehenden Rechtsvorschriften nicht den Zweck hatten, bestimmte Maßnahmen zur Förderung oder Vermarktung von Dienstleistungen im Bereich der Hochschulbildung zu sanktionieren, sondern vielmehr bestimmen sollten, welcher Wirtschaftsteilnehmer berechtigt ist, eine Dienstleistung zu erbringen, ohne unmittelbar die Praktiken zu regeln, die dieser Wirtschaftsteilnehmer sodann einsetzen darf, um den Absatz dieser Dienstleistung zu fördern oder voranzutreiben, ist der Gerichtshof der Auffassung gewesen, dass diese nationalen Rechtsvorschriften nicht in den durch die Richtlinie 2005/29 harmonisierten Bereich fallen ( 13 ).

51.

In Bezug auf das Ausgangsverfahren ergibt sich aus den Akten des Gerichtshofs, dass – was zu prüfen jedoch Sache des vorlegenden Gerichts ist – der Begriff „zinsunabhängige Kreditkosten“ in Art. 5 Nr. 6a VerbrKrG lediglich im Rahmen des Art. 36a VerbrKrG zur Anwendung gelangt.

52.

Insofern als die nationalen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung enthalten, den Verbraucher über den Betrag der geschuldeten zinsunabhängigen Kreditkosten zu unterrichten, sondern vielmehr darauf abzielen, den Höchstbetrag festzulegen, der einem Verbraucher in dieser Kostenart in Rechnung gestellt werden kann – eine Auslegung, die von der polnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist –, fällt die Bezugnahme auf diesen Betrag in Art. 5 Nr. 6a und Art. 36a VerbrKrG nicht in den Anwendungsbereich der durch die Richtlinie 2008/48 erfolgten vollständigen Harmonisierung.

53.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts könnte Art. 36a VerbrKrG gleichwohl im Widerspruch zur Richtlinie 2008/48 stehen, da die in dieser Bestimmung vorgesehene Methode zur Berechnung der maximalen zinsunabhängigen Kosten, die den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden können, nicht die tatsächlichen Kreditkosten des Kreditgebers widerspiegele.

54.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass weder die Richtlinie 2008/48 noch ein anderer Unionsrechtsakt ( 14 ) die Kosten von Kreditverträgen oder, wie in diesem Fall, den Höchstbetrag der Gebühren, die den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden dürfen, harmonisiert. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich nationale Rechtsvorschriften verwenden dürfen, um Entgelte auf dem Verbraucherkreditmarkt zu regeln, selbst wenn sie sich zu diesem Zweck auf Begriffe stützen, die nicht die tatsächlichen Kreditkosten des Kreditgebers widerspiegeln, sofern diese Vorschriften nicht die unionsrechtlich harmonisierten Bereiche berühren.

55.

Das vorlegende Gericht stellt sich darüber hinaus wegen des Fehlens einer Gläubigerverpflichtung zur Angabe der zinsunabhängigen Kreditkosten in Kreditverträgen, obwohl solche Informationen für die Verbraucher von Bedeutung sein könnten, die Frage, ob Art. 36a VerbrKrG mit Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 vereinbar ist.

56.

Insoweit genügt der Hinweis, dass in der Richtlinie 2008/48 die Höhe der zinsunabhängigen Kreditkosten nicht als eine der Angaben genannt wird, die in einem Kreditvertrag zwingend enthalten sein müssen. Da die durch diese Richtlinie erfolgte Harmonisierung erschöpfend ist, kann die Gültigkeit der nationalen Rechtsvorschriften nicht mit der Begründung angefochten werden, dass eine solche Information nicht aufgenommen wurde ( 15 ).

57.

In diesem Zusammenhang übersehe ich keineswegs die Tatsache, dass das vorlegende Gericht implizit die Gültigkeit der durch Art. 10 Abs. 2 erfolgten Vollharmonisierung in Frage zu stellen scheint, weil dieser Artikel möglicherweise gegen das Ziel der Richtlinie 2008/48, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, verstoße ( 16 ). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass – wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung betont hat – dieses besondere Ziel, obwohl natürlich von erheblicher Bedeutung, keineswegs das einzige ist, das mit dieser Richtlinie verfolgt wird. Tatsächlich ergibt sich aus den Erwägungsgründen 3 bis 7 dieser Richtlinie, dass sie in erster Linie darauf abzielt, verbleibende nationale Unterschiede und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kreditgebern zu verringern, wobei dieses Ziel nur durch eine vollständige Harmonisierung der Angaben, die in einem Darlehensvertrag enthalten sein müssen, erreicht werden kann.

58.

Zweitens ist zu bedenken, dass ein Zuviel an Verbraucherinformation tatsächlich kontraproduktiv sein kann. Da gemäß der Richtlinie 2008/48 die nationalen Rechtsvorschriften die Kreditgeber bereits verpflichten müssen, in Verbraucherkreditverträge Angaben wie z. B. den Gesamtkreditbetrag ( 17 ), den effektiven Jahreszins ( 18 ) oder die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher ( 19 ) aufzunehmen, dürfte der Unionsgesetzgeber vernünftigerweise davon ausgegangen sein, dass diese Angaben ausreichen, um die Verbraucher in die Lage zu versetzen, die möglicherweise erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen ihres Darlehensvertrags zu beurteilen, und dass es nicht erforderlich war, die Kreditgeber zu verpflichten, im Kreditvertrag auch die Höhe der anfallenden zinsunabhängigen Kreditkosten anzugeben. Einige mögen sich zweifellos wünschen, dass es anders wäre, aber dies war jedenfalls die politische Entscheidung des Unionsgesetzgebers.

59.

Diese Überlegungen rechtfertigen meines Erachtens die Schlussfolgerung, dass diese Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht gestattet, den Kreditgebern in ihrem nationalen Recht andere als die in Art. 10 Abs. 2 ausdrücklich vorgesehenen Informationsverpflichtungen aufzuerlegen.

60.

Im vorliegenden Verfahren ergibt sich jedenfalls aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass – natürlich vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht – weder Art. 5 Nr. 6a noch Art. 36a VerbrKrG die Verpflichtung enthalten, die Höhe der anfallenden zinsunabhängigen Kreditkosten im Darlehensvertrag anzugeben. Ist diese Auslegung aber zutreffend, dann ist festzustellen, dass diese Bestimmungen diese Kostenart lediglich zwecks Anwendung eines Preiskontrollmechanismus für diese Kosten nennen.

61.

Ich bin daher der Ansicht, dass diese nationalen Vorschriften nicht gegen Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 verstoßen, da sie nicht in den Anwendungsbereich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge fallen, die durch Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 vollständig harmonisiert wurden.

C.   Darf ein Kreditgeber die Höhe der zu zahlenden zinsunabhängigen Kreditkosten freiwillig angeben?

62.

Was die Möglichkeit betrifft, freiwillig die Höhe der zu zahlenden zinsunabhängigen Kreditkosten in einem Kreditvertrag anzugeben, so ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2008/48, wie deren Erwägungsgründe 3 bis 9 deutlich machen, darauf abzielt, einerseits Wettbewerbsverzerrungen im Zusammenhang mit der Anwendung verschiedener nationaler Verbraucherschutzmaßnahmen zu beseitigen und andererseits sicherzustellen, dass die Verbraucher ein hohes Schutzniveau genießen. Keines dieser Ziele dürfte verlangen, dass es Kreditgebern verboten wird, zusätzliche Angaben in Kreditverträge aufzunehmen.

63.

Insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen ist darauf hinzuweisen, dass derartige Verzerrungen nur insoweit auftreten können, als die nationalen Verbraucherschutzvorschriften besondere Verpflichtungen auferlegen, die in der Richtlinie 2008/48 nicht vorgesehen sind. Allerdings sind die Kreditgeber nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – wonach ein von der Union erlassener Rechtsakt nicht über das zur Erreichung seiner Ziele erforderliche Maß hinausgehen darf ( 20 ) – durch die Richtlinie 2008/48 nicht gehindert, den Verbrauchern freiwillig andere Informationen zur Verfügung zu stellen.

64.

So naheliegend diese Lösung erscheint, so könnten doch Zweifel bestehen, weil die in dieser Bestimmung genannten Informationen einerseits alle für einen Vertragsabschluss erforderlichen Informationen umfassen und andererseits Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2008/48, der sich auf Informationen bezieht, die zu übermitteln sind, bevor ein Verbraucher durch einen Kreditvertrag oder ein Angebot gebunden ist, ausdrücklich bestimmt, dass der Kreditgeber, wenn er dem Verbraucher zusätzliche Informationen zu den in Unterabs. 2 genannten Angaben erteilt, dies in einem gesonderten Dokument tun muss.

65.

Die Tatsache, dass Art. 10 Abs. 2 alle Vertragsbestandteile umfasst, reicht jedoch nicht für die Annahme, dass der Unionsgesetzgeber die Absicht gehabt hätte, die Bedingungen eines Kreditvertrags auf diese Bestandteile zu begrenzen.

66.

Ich bin auch der Ansicht, dass der Umstand, dass in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie eine Bestimmung ähnlich der in Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 fehlt, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass Kreditgeber in Kreditverträgen keine anderen als die in dieser Vorschrift genannten Angaben aufnehmen dürfen.

67.

Auch wenn sowohl Art. 5 Abs. 1 als auch Art. 10 Abs. 2 zur Verwirklichung des mit der Richtlinie 2008/48 verfolgten allgemeinen Ziels der Verbraucherinformation beitragen, haben die in diesen Bestimmungen festgelegten Informationsverpflichtungen doch leicht unterschiedliche Rollen.

68.

Art. 5 der Richtlinie 2008/48 harmonisiert die vorvertraglichen Informationen, die den Verbrauchern in Form eines umfassenden Dokuments zur Verfügung gestellt werden müssen. Wie im 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 ausgeführt, sind die Informationen, die in diesem Stadium zur Verfügung gestellt werden müssen, diejenigen, die nach diesem Erwägungsgrund die größtmögliche Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote gewährleisten.

69.

Um effektiv vergleichen zu können, müssen die zur Verfügung gestellten Informationen notwendigerweise standardisiert sein. Dies impliziert wiederum, dass die Vergleichspunkte auf diejenigen begrenzt bleiben müssen, die vom Unionsgesetzgeber als relevant erachtet werden. Wie nämlich in einer empirischen Studie des Office of Fair Trading (OFT) (Amt für Lauterkeit des Handelsverkehrs) – das für den Schutz der Verbraucherinteressen im gesamten Vereinigten Königreich zuständig war, bevor es am 1. April 2014 abgeschafft wurde – betont wird ( 21 ), „lesen viele Leute die Verträge nicht vollständig, sondern konzentrieren sich auf die ins Auge fallenden Bestandteile wie den Preis“ ( 22 ). Wenn ein Vertrag aus mehreren Unterlagen besteht, überschlagen Verbraucher „häufig eine Unterlage, um eine andere zu lesen, und entscheiden sich dafür, das Dokument zu lesen, das sie für das wichtigste halten“ ( 23 ).

70.

Die Studie wurde zwar nach Erlass der Richtlinie 2008/48 durchgeführt, die Ergebnisse sind aber kaum überraschend. Es ist unwahrscheinlich, dass die steife Sprache, die man in Standardkreditverträgen allgemein findet, bei jemandem den Puls schneller schlagen lässt, es sei denn, bei einigen unerschrockenen und engagierten Anwälten für Vertragsrecht. Die Studie veranschaulicht jedoch, warum der Unionsgesetzgeber meiner Meinung nach im Rahmen der Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 vernünftigerweise beschlossen haben könnte, dass die als wesentlich erachteten Informationen in einem einzigen umfassenden Dokument, nämlich dem Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“, zu übermitteln sind, während die anderen Informationen auf einem gesondertem Dokument zur Verfügung gestellt werden müssen ( 24 ).

71.

Mit Art. 10 Abs. 2 wird ein etwas anderes Ziel verfolgt, da vom Verbraucher erwartet wird, dass er verschiedene Angebote vergleicht und das für ihn günstigste Angebot auf der Grundlage der in Art. 5 genannten Informationen auswählt. Wie aus dem 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 hervorgeht, besteht das mit Art. 10 Abs. 2 verfolgte spezifische Ziel darin, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, alle notwendigen Informationen über die Rechte und Pflichten, die sich für den Verbraucher aus dem Kreditvertrag ergeben, in klarer und prägnanter Form zur Kenntnis nehmen zu können. Ein solches Ziel hindert die Kreditgeber nicht daran, andere als die in Art. 10 Abs. 2 genannten Informationen in dasselbe Dokument aufzunehmen, ganz im Gegenteil ( 25 ).

72.

Da jede Klausel eines Vertrags in der einen oder anderen Form als Information anzusehen ist ( 26 ), würde die Auslegung von Art. 10 der Richtlinie 2008/48 als eine erschöpfende Definition der Liste der Informationen, die in einem Vertrag erwähnt werden dürfen, zudem in der Praxis bedeuten, dass die Richtlinie 2008/48 den Inhalt von Kreditverträgen tatsächlich harmonisiert, obwohl doch diese Richtlinie keinen Hinweis auf eine derartige Harmonisierung enthält. Aus dem Wortlaut von Art. 1 dieser Richtlinie geht vielmehr klar hervor, dass sie nur bestimmte Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge regelt.

73.

Aus all diesen Überlegungen ergibt sich meines Erachtens, dass die Richtlinie 2008/48 nicht verlangt, dass die nationalen Rechtsvorschriften es den Kreditgebern verbieten, unter den in einem Verbraucherkreditvertrag zur Verfügung zu stellenden Informationen auch andere Informationen, wie die Höhe der anfallenden zinsunabhängigen Kosten, aufzunehmen.

74.

Da jedoch Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 vorschreibt, dass jede Information, auf die sich diese Bestimmung bezieht, klar und prägnant anzugeben ist, dürfen, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung betont hat, derartige zusätzliche Informationen nicht hinzugefügt werden, wenn die Hinzufügung solcher Informationen die in Art. 10 Abs. 2 genannten Angaben verunklart oder Verwirrungsgefahr begründet ( 27 ).

75.

In Anbetracht dessen bin ich der Ansicht, dass Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift, in der auf die Höhe der zu zahlenden zinsunabhängigen Kreditkosten hingewiesen wird, nicht entgegensteht, sofern mit dieser Rechtsvorschrift keine Verpflichtung der Kreditgeber begründet wird, diese Beträge bei Kreditverträgen anzugeben. Umgekehrt können die Kreditgeber diese zusätzliche Information selbstverständlich freiwillig zur Verfügung stellen, sofern diese zusätzliche Information zusammen mit allen anderen zur Verfügung gestellten zusätzlichen Informationen nicht die Wirkung hat, dass die in Art. 10 Abs. 2 genannten Angaben nicht mehr klar und prägnant dargestellt werden.

Ergebnis

76.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage des Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich (Rayongericht Siemianowitz, Polen) wie folgt zu beantworten:

Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift, in der auf die Höhe der zu zahlenden zinsunabhängigen Kreditkosten hingewiesen wird, nicht entgegensteht, sofern mit dieser Rechtsvorschrift keine Verpflichtung der Kreditgeber begründet wird, diese Beträge bei Kreditverträgen anzugeben. Umgekehrt können die Kreditgeber diese zusätzliche Information selbstverständlich freiwillig zur Verfügung stellen, sofern diese zusätzliche Information zusammen mit allen anderen zur Verfügung gestellten zusätzlichen Informationen nicht die Wirkung hat, dass die in Art. 10 Abs. 2 genannten Angaben nicht mehr klar und prägnant dargestellt werden.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48).

( 3 ) Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L 271, S. 16).

( 4 ) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

( 5 ) Vgl. Urteile vom 12. Juli 2012, SC Volksbank România (C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 38, 63 und 64), sowie vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia (C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 55).

( 6 ) Vgl. entsprechend Urteile vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia (C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 58 und 59), sowie vom 5. September 2019, Pohotovosť (C‑331/18, EU:C:2019:665, Rn. 50 und 51).

( 7 ) Urteil vom 8. Mai 2014 (C‑35/13, EU:C:2014:306).

( 8 ) Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. 1992, L 208, S. 1).

( 9 ) Urteil vom 8. Mai 2014, Assica und Kraft Foods Italia (C‑35/13, EU:C:2014:306, Rn. 28 bis 30).

( 10 ) Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22).

( 11 ) Urteil vom 4. Juli 2019 (C‑393/17, EU:C:2019:563).

( 12 ) Vgl. zu dieser Frage Urteil vom 26. Oktober 2016, Canal Digital Danmark (C‑611/14, EU:C:2016:800, Rn. 26).

( 13 ) Urteil vom 4. Juli 2019, Kirschstein (C‑393/17, EU:C:2019:563, Rn. 37 bis 49).

( 14 ) Was die Richtlinie 93/13 angeht, so heißt es in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie ausdrücklich, dass die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln weder den Hauptgegenstand des Vertrags noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, betrifft, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind. Daher unterfallen Klauseln über die Zahlung einer festen Provision – sofern in verständlicher Sprache abgefasst – nicht der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln gemäß der Richtlinie 93/13, außer wenn sie aus einem anderen Grund als wegen des Betrags angefochten werden.

( 15 ) In Bezug auf die Möglichkeit, einen Kreditgeber zu verpflichten, solche Informationen außerhalb des eigentlichen Vertrags zur Verfügung zu stellen, wird darauf hingewiesen, dass die vorvertraglichen Informationen in Art. 5 der Richtlinie 2008/48 geregelt sind und dass dort unter den Informationen, die den Kreditnehmern zur Verfügung gestellt werden müssen, die anfallenden zinsunabhängigen Kreditkosten nicht erwähnt werden. Zwar haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 gegebenenfalls sicherzustellen, dass die Kreditgeber dem Verbraucher angemessene Erläuterungen geben, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der vorgeschlagene Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird. Angesichts der mit dieser Richtlinie angestrebten vollständigen Harmonisierung ist diese Bestimmung meines Erachtens jedoch in dem Sinne zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten einen Kreditgeber nicht etwa wegen fehlender Mitteilung einer bestimmten Information sanktionieren können, sondern dass sie zu Sanktionen verpflichtet sind, wenn sich am Ende einer Gesamtbewertung aller zur Verfügung gestellten Informationen herausstellt, dass diese unzulänglich oder unzureichend waren.

( 16 ) Vgl. hierzu Urteile vom 6. Juni 2019, Schyns (C‑58/18, EU:C:2019:467, Rn. 28), und vom 11. September 2019, Lexitor (C‑383/18, EU:C:2019:702, Rn. 29).

( 17 ) Vgl. Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48.

( 18 ) Vgl. Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48. Zur Bedeutung dieser Information vgl. beispielsweise Urteil vom 20. September 2018, Danko und Danková (C‑448/17, EU:C:2018:745, Rn. 64).

( 19 ) Vgl. Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48.

( 20 ) Vgl. 46. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48.

( 21 ) Vgl. Office of Fair Trading, Consumer contracts, UK, Februar 2011, S. 1-116.

( 22 ) Ebd., vgl. „Key findings“, S. 17. Nach dieser Studie lesen 35 % der Befragten nur die wichtigsten Stellen, 30 % lesen den Vertrag nur oberflächlich, und 10 % lesen ihn überhaupt nicht. Vgl. Nr. 2.23, S. 27. Als Erklärung wurde u. a. angeführt, dass der Vertrag zu lang gewesen sei, dass er zu viel Fachjargon enthalten habe oder dass die Verbraucher der Ansicht gewesen seien, dass sie nicht genügend Zeit gehabt hätten, ihn zu lesen. Ein weiterer Grund, den die Befragten angaben, war, dass sie sich durch das Gesetz geschützt fühlten und es daher nicht erforderlich sei, die Einzelheiten des Vertrags zu lesen. Vgl. Nr. 2.26‑2.29, S. 28 bis 29. Die Erfahrung zeigt, dass Verbraucher ihre Verträge im Detail lesen, wenn Schwierigkeiten auftreten. Dies zeigt, dass Verbraucherinformationen zwar wichtig sind, jedoch bei Weitem nicht ausreichen, um einen wirksamen Verbraucherschutz zu gewährleisten. Meines Erachtens müssen Vertragsbedingungen, die zu stark von dem abweichen, was ein durchschnittlich informierter Verbraucher in einem Vertrag im Hinblick auf die sonst geltenden Gesetzesbestimmungen erwarten darf, für unwirksam erklärt werden. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 68), und vom 16. Januar 2014, Constructora Principado (C‑226/12, EU:C:2014:10, Rn. 21 bis 23).

( 23 ) Ebd., Anhang E, S. 31, Nr. 3.18. Vgl. auch zu diesem Thema: Europäische Kommission, „Consumer empowerment“, Special Eurobarometer Nr. 342, April 2011, S. 28. Nach dieser Studie haben 60 % der Befragten die Bedingungen eines Dienstleistungsvertrags nicht vollständig gelesen. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 %) gaben als Grund an, der Vertrag sei zu lang gewesen oder hätte zu viel Zeit zum Lesen erfordert.

( 24 ) Zu dieser Frage vgl. Danish Competition and Consumer Authority, „Consumers benefit from a standardised front page to loan offers“, Competitive Markets and Consumer Welfare, Nr. 23, Dezember 2018; S. 1 bis 5, verfügbar unter https://www.en.kfst.dk/publikationer/kfst-english/2018/20181219-consumers-benefit-from-a-standardised-front-page-to-loan-offers/.

( 25 ) Dies erklärt, warum im Gegensatz zu den in Art. 5 Abs. 1 genannten Informationen die in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 genannten Angaben nicht in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen, sofern die verschiedenen verwendeten Unterlagen einen einzigen Vertrag bilden und klare und präzise Querverweise enthalten. Vgl. Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia (C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 33 und 34).

( 26 ) Allerdings schaffen nicht alle Klauseln eines Vertrags Rechte oder Pflichten, da einige davon nur informativ sein können, wie z. B. Vertragsklauseln, die bestehende grundlegende Regelungen wiederholen oder in Erinnerung bringen.

( 27 ) Entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung in ihrer schriftlichen Erklärung reicht es, um auszuschließen, dass die Klarheit und Prägnanz der in Art. 10 Abs. 2 genannten Angaben nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, nicht aus, dass die zusätzlichen Informationen nicht mit den in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 genannten Angaben in Verbindung stehen. Andere Faktoren, wie die Anzahl der zusätzlichen Elemente der hinzugefügten Informationen, ihr Umfang oder die Art und Weise, wie sie im Verhältnis zu den anderen Elementen dargestellt werden, müssen berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Klarheit und die Prägnanz der in Art. 10 Abs. 2 genannten Angaben nicht beeinträchtigt werden.