SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

EVGENI TANCHEV

vom 11. April 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑208/18

Jana Petruchová

gegen

FIBO Group Holdings Limited

(Vorabentscheidungsersuchen des Nejvyšší soud [Oberster Gerichtshof, Tschechische Republik])

„Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Zuständigkeit für Verbrauchersachen – ‚Verbraucher‘ – Natürliche Person, die mit ausländischen Währungen auf dem internationalen Devisenmarkt über eine Broker-Gesellschaft handelt – Einheitliche Auslegung des Verbraucherbegriffs im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 – Kleinanleger im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG“

1. 

Im vorliegenden Fall wird der Gerichtshof um die Auslegung des Begriffs des Verbrauchers im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (im Folgenden: Brüssel‑Ia-Verordnung) ( 2 ) im Zusammenhang mit Transaktionen am internationalen Devisenmarkt (FOREX) (im Folgenden: Devisenmarkt) ersucht.

2. 

Abweichend von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung ( 3 ) sieht Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung vor, dass die Klage eines Verbrauchers im Sinne von Art. 17 Abs. 1 gegen den anderen Vertragspartner entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden kann, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Die Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung, die zusammen Abschnitt 4 von Kapitel II bilden und die Überschrift „Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“ tragen, haben die Funktion, für einen angemessenen Schutz des Verbrauchers als des Vertragspartners zu sorgen, der gegenüber seinem beruflich oder gewerblich handelnden Kontrahenten als wirtschaftlich schwächer und rechtlich weniger erfahren angesehen wird ( 4 ).

3. 

Dem Gerichtshof ist die Frage vorgelegt, ob eine natürliche Person, die auf dem Devisenmarkt handelt, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist oder ob sie wegen der für einen solchen Handel notwendigen Fachkenntnisse und Erfahrungen, wegen der komplexen und atypischen Art des in Rede stehenden Vertrags und wegen der damit verbundenen Risiken nicht als Verbraucher angesehen werden kann und somit nicht in den Geltungsbereich der oben genannten Schutzvorschriften fällt.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Brüssel‑Ia-Verordnung

4.

Art. 17 der Brüssel‑Ia-Verordnung sieht vor:

„(1)   Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 6 und des Artikels 7 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,

a)

wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,

b)

wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder

c)

in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

(3)   Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge mit Ausnahme von Reiseverträgen, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen, anzuwenden.“

B.   Rom‑I-Verordnung

5.

Art. 6 („Verbraucherverträge“) der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (im Folgenden: Rom‑I-Verordnung) ( 5 ) sieht vor:

„(1)   Unbeschadet der Artikel 5 und 7 unterliegt ein Vertrag, den eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (‚Verbraucher‘), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt (‚Unternehmer‘), dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer

a)

seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

b)

eine solche Tätigkeit auf irgend einer Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet

und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 können die Parteien das auf einen Vertrag, der die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt, anzuwendende Recht nach Artikel 3 wählen. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

(4)   Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für:

d)

Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einem Finanzinstrument sowie Rechte und Pflichten, durch die die Bedingungen für die Ausgabe oder das öffentliche Angebot und öffentliche Übernahmeangebote bezüglich übertragbarer Wertpapiere und die Zeichnung oder den Rückkauf von Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren festgelegt werden, sofern es sich dabei nicht um die Erbringung von Finanzdienstleistungen handelt;

…“

C.   Richtlinie 2004/39

6.

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG ( 6 ) lautet:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

10.

Kunde: jede natürliche oder juristische Person, für die eine Wertpapierfirma Wertpapierdienstleistungen und/oder Nebendienstleistungen erbringt.

11.

Professioneller Kunde: einen Kunden, der die in Anhang II genannten Kriterien erfüllt.

12.

Kleinanleger: einen Kunden, der kein professioneller Kunde ist.

…“

II. Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefrage

7.

Am 2. Oktober 2014 schlossen Frau Petruchová, die in Ostrava (Tschechische Republik) wohnt, und die FIBO Group Holdings Ltd (im Folgenden: FIBO), eine Broker-Gesellschaft mit Sitz in Limassol (Republik Zypern), einen Vertrag mit dem Titel „Terms of Business“ (Rahmenvertrag, im Folgenden: Rahmenvertrag). Der Rahmenvertrag ermöglichte es Frau Petruchová durch Aufträge über An- und Verkauf Transaktionen auf dem Devisenmarkt durchzuführen, die von FIBO auf deren Online-Handelsplattform ausgeführt wurden. Dafür sah der Rahmenvertrag den Abschluss von einzelnen Unterverträgen über sogenannte Differenzgeschäfte zwischen Frau Petruchová und FIBO vor.

8.

Ein solcher „Contract for Difference“ (im Folgenden: Differenzgeschäft) ist ein Finanzinstrument, bei dem eine Basiswährung (hier: US-Dollar [USD]) gekauft und dann wieder verkauft wird und der Gewinn aus der Differenz der jeweiligen für den Kauf und den Verkauf geltenden Wechselkurse zwischen Basis- und Bezugswährung (hier: japanische Yen [JPY]) generiert wird. Obwohl auf dem Devisenmarkt mit eigenen Finanzmitteln gehandelt werden kann, nutzte Frau Petruchová die Möglichkeit des Handels mit sogenannten „Lots“ (wobei 1 Lot den Wert von 100000 USD hat), um den sogenannten „Hebeleffekt“ zu nutzen. Dadurch konnte sie mit höheren Beträgen handeln als diejenigen, über die sie selbst verfügte ( 7 ). Beim Kauf der Basiswährung (USD) mit der Bezugswährung (JPY) zum aktuellen Ankaufkurs („Öffnen der Position“) wurde Frau Petruchová von FIBO ein Darlehen in der für den Kauf erforderlichen Höhe zur Verfügung gestellt. Beim „Schließen der Position“, also bei der umgekehrten Transaktion, dem Verkauf der gekauften Menge der Basiswährung (USD) gegen die Bezugswährung (JPY) zum aktuellen Verkaufskurs, zahlte Frau Petruchová das Darlehen an FIBO zurück.

9.

Art. 30 des Rahmenvertrags sah für etwaige Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien die internationale Zuständigkeit der zyprischen Gerichte vor.

10.

Am 3. Oktober 2014 schloss Frau Petruchová einen Vertrag über ein Differenzgeschäft mit FIBO (im Folgenden: streitiger Vertrag). Um 15:30:00 Uhr platzierte Frau Petruchová eine Kauforder über 35 Lots zu einem Wechselkurs von 109,0000 USD/JPY. Sofort wurde sie von dem Handelssystem davon in Kenntnis gesetzt, dass der aktuelle Wechselkurs bei 109,0500 USD/JPY lag. Sie akzeptierte und bestätigte die Kauforder.

11.

Aufgrund eines sprunghaften Kursanstiegs des USD gegenüber den Bezugswährungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Informationen über die positive Entwicklung der Beschäftigungsindikatoren im nicht landwirtschaftlichen Sektor der USA hatte das Handelssystem von FIBO jedoch eine Vielzahl von Aufträgen zu verarbeiten. Daher wurde die gewünschte Kontraktmenge von 3500000 USD um 15:30:16 Uhr und nicht um 15:30:00 Uhr erworben, so dass der Wechselkurs bei 109,4000 USD/JPY lag und der Kaufpreis 382900000 JPY betrug.

12.

Frau Petruchová schloss die Position am selben Tag um 15:48:11 Uhr mit der Platzierung einer Verkaufsorder über die erworbene Kontraktmenge von 3500000 USD. Der Verkaufskurs lag bei 109,5600 USD/JPY, so dass der Verkaufspreis 383460000 JPY betrug. Frau Petruchová zahlte das Darlehen in einer Höhe von 382900000 JPY an FIBO zurück. Demzufolge betrug ihr Bruttogewinn aus dieser Transaktion 560000 JPY mit einem Wert von 4081,33 USD.

13.

Wäre die von Frau Petruchová aufgetragene Kauforder sofort – und nicht mit einer Verzögerung von 16 Sekunden – ausgeführt worden, hätte ihr Gewinn 1785000 JPY mit einem Wert von 13009,23 USD betragen und wäre damit dreimal höher gewesen.

14.

Daher erhob Frau Petruchová am 12. Oktober 2015 beim Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava, Tschechische Republik) Klage gegen FIBO wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

15.

Der Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava) stellte das Verfahren mit der Begründung ein, dass dieses Gericht nicht international zuständig sei. Frau Petruchová könne nicht als Verbraucherin im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung angesehen werden, da sie den streitigen Vertrag nicht zum Zweck der Deckung ihres privaten Bedarfs abgeschlossen habe, sie die Fachkenntnisse und Erfahrung für den Abschluss von Differenzgeschäften gehabt habe und darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass Differenzgeschäfte kein geeignetes Instrument für Kleinanleger im Sinne der Richtlinie 2004/39 seien. In jedem Fall sei Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung ebenso wie Art. 6 Abs. 1 der Rom‑I-Verordnung auszulegen, von dessen Anwendungsbereich Finanzinstrumente ausgeschlossen seien. Daher sei die Klausel über den Gerichtsstand im Rahmenvertrag wirksam, so dass die zyprischen Gerichte und nicht die Gerichte der Tschechischen Republik zuständig seien.

16.

Die Entscheidung des Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava) wurde in zweiter Instanz vom Vrchní soud v Olomouci (Obergericht Olomouc, Tschechische Republik) bestätigt.

17.

Gegen diese Entscheidung hat Frau Petruchová Kassationsbeschwerde beim Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof, Tschechische Republik) eingelegt.

18.

Der Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof) hält die Auslegung des Begriffs des Verbrauchers im Sinne der Brüssel‑Ia-Verordnung durch die unteren tschechischen Gerichte für falsch. Erstens sei ein Kleinanleger im Sinne der Richtlinie 2004/39 nicht automatisch ein Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung. Zweitens dürfe letztere Vorschrift nicht wie Art. 6 der Rom‑I-Verordnung ausgelegt werden, da sie Finanzinstrumente nicht ausdrücklich ausschließe. Drittens sei es nach der Rechtsprechung für die Feststellung, ob eine Person als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung einzustufen sei, nicht relevant, ob diese Person spezielle Fachkenntnisse und Erfahrung besitze, der gegenständliche Vertrag komplex oder atypisch sei, der Vertragsschluss risikobehaftet sei und die Person auf diese Risiken aufmerksam gemacht worden sei.

19.

Daher hat der Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof) dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung dahin auszulegen, dass als Verbraucher gemäß dieser Bestimmung auch eine Person wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens anzusehen ist, die sich auf der Grundlage aktiver Tätigung eigener Ordern, aber über einen Dritten, der Gewerbetreibender ist, am Handel auf dem Devisenmarkt beteiligt?

20.

Frau Petruchová, die Tschechische Republik, die Republik Polen und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

21.

Frau Petruchová, FIBO, die Tschechische Republik und die Kommission haben in der Sitzung am 31. Januar 2019 mündlich verhandelt.

III. Würdigung

22.

Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof im Wesentlichen um Beantwortung der Frage, ob eine Person, die einen Vertrag mit einer Broker-Gesellschaft abschließt, wonach die Gesellschaft Einzeltransaktionen auf dem internationalen Devisenmarkt nach Maßgabe von Ordern dieser Person über An- und Verkauf ausführt, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist.

23.

Vorab möchte ich eine einleitende Bemerkung zur Wirksamkeit der im Rahmenvertrag enthaltenen Gerichtsstandsklausel machen. Sodann werde ich als Erstes das einzige Kriterium begutachten, das Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung für die Einstufung als Verbraucher vorsieht, nämlich den Vertragszweck. Als Zweites werde ich prüfen, ob bei der Einstufung als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift noch andere Kriterien relevant sind. Als Drittes werde ich mich der Frage zuwenden, ob Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung im Einklang mit Art. 6 der Rom‑I-Verordnung – der auf Finanzinstrumente nicht anwendbar ist – auszulegen ist. Als Viertes werde ich prüfen, ob für die Feststellung, ob eine Person als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung einzustufen ist, der Umstand Berücksichtigung finden muss, dass es sich bei dieser Person um einen Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 handelt.

A.   Vorbemerkung

24.

Eingangs muss ich darauf hinweisen, dass – wie bereits das vorlegende Gericht angemerkt hat – für den Fall, dass Frau Petruchová als Verbraucherin im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist, Ziff. 30 des Rahmenvertrags unwirksam wäre.

25.

Denn durch die Zuweisung der ausschließlichen Zuständigkeit an die zyprischen Gerichte wird Frau Petruchová ihr Recht aus Art. 18 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung genommen, Klage vor den Gerichten des Mitgliedstaats zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren Wohnsitz hat, also der Tschechischen Republik.

26.

Gemäß Art. 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung kann „von den Vorschriften [des Abschnitts 4 in Kapitel II der Verordnung] im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden, 1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, 2. wenn sie dem Verbraucher die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, oder 3. wenn sie zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Mitgliedstaat haben, getroffen ist und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Mitgliedstaats begründet, es sei denn, dass eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats nicht zulässig ist“.

27.

Im vorliegenden Fall fällt Ziff. 30 des Rahmenvertrags – wie das vorlegende Gericht ausführt – nicht in den Anwendungsbereich von Art. 19 Abs. 1, 2 und 3 der Brüssel‑Ia-Verordnung.

28.

Erstens fällt die Bestimmung nicht in den Anwendungsbereich von Art. 19 Abs. 1 dieser Verordnung, da der Rahmenvertrag am 2. Oktober 2014 geschlossen wurde, d. h. bevor Frau Petruchová am 12. Oktober 2015 Klage beim Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava) erhob.

29.

Zweitens fällt Ziff. 30 des Rahmenvertrags nicht in den Anwendungsbereich von Art. 19 Abs. 2 der Brüssel‑Ia-Verordnung. Tatsächlich muss meiner Auffassung nach diese Vorschrift dahin verstanden werden, dass der Vertrag die Zuständigkeit für Klagen des Verbrauchers zusätzlich zu den in Art. 18 Abs. 1 der Verordnung genannten Gerichtsständen regelt. Eine andere Auslegung des Art. 19 Abs. 2 der Brüssel‑Ia-Verordnung wäre nicht mit dem Wortlaut vereinbar, der dem Verbraucher „einräumt“ – aber nicht von ihm „verlangt“ –, Klage vor anderen als den in Art. 18 Abs. 1 genannten Gerichten zu erheben ( 8 ). Im vorliegenden Fall nimmt Ziff. 30 des Rahmenvertrags, wie oben in Nr. 25 ausgeführt, Frau Petruchová ihr Recht, Klage vor den Gerichten eines in der Vorschrift bezeichneten Mitgliedstaats zu erheben.

30.

Drittens fällt diese Vertragsklausel nicht in den Anwendungsbereich von Art. 19 Abs. 3 der Brüssel‑Ia-Verordnung, da Frau Petruchová und FIBO ihren (Wohn‑)Sitz nicht in demselben Mitgliedstaat haben.

31.

Daher widerspricht Ziff. 30 des Rahmenvertrags Art. 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung. Gemäß Art. 25 Abs. 4 der Verordnung ist diese Klausel folglich unwirksam.

32.

Dies trifft jedoch nur zu, wenn – wie oben in Nr. 24 ausgeführt – Art. 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung anwendbar ist, also wenn Frau Petruchová als Verbraucherin im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung anzusehen ist. Daher ersucht das vorlegende Gericht um Hinweise hinsichtlich der Einstufung der Klägerin des Ausgangsverfahrens als Verbraucherin.

B.   Wurde der Vertrag zu einem Zweck geschlossen, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann?

33.

Für die Anwendung von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss ein Vertragspartner die Eigenschaft eines Verbrauchers haben, der in einem Rahmen handelt, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, zweitens muss ein Vertrag zwischen diesem Verbraucher und einem Unternehmer tatsächlich geschlossen worden sein, und drittens muss dieser Vertrag zu einer der Kategorien von Art. 17 Abs. 1 Buchst. a bis c der Verordnung gehören. Alle diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, damit der Verbraucher Klage an seinem Wohnsitz erheben kann ( 9 ).

34.

Wie oben in Nr. 22 ausgeführt, betrifft die dem Gerichtshof vorgelegte Frage die erste Voraussetzung.

35.

Ich stelle fest, dass Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung den Verbraucherbegriff nicht definiert. Diese Vorschrift setzt lediglich voraus, dass eine Person, der „Verbraucher“, einen Vertrag abschließt, und zwar „zu einem Zweck, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann“. In den anderen Vorschriften der Verordnung sind keine weiteren Einzelheiten dazu enthalten.

36.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die in der Brüssel‑Ia-Verordnung – u. a. in ihrem Art. 17 Abs. 1 – verwendeten Begriffe autonom auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Ziele der Verordnung heranzuziehen sind, um deren einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen ( 10 ).

37.

Der Begriff „Verbraucher“ im Sinne der Art. 17 und 18 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist eng auszulegen und anhand der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht anhand ihrer subjektiven Stellung zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Daher fallen nur Verträge, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen allein zu dem Zweck schließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken, unter die Sonderregelung, die die Verordnung zum Schutz des Verbrauchers als des als schwächer angesehenen Vertragspartners vorsieht, wohingegen dieser Schutz bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht, nicht gerechtfertigt ist. ( 11 )

38.

Im vorliegenden Fall hat der Vertreter der Klägerin des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass Frau Petruchová zum Zeitpunkt des Abschlusses sowohl des Rahmenvertrags als auch des streitigen Vertrags Studentin an einer Hochschule gewesen und außerdem einer Berufstätigkeit in Teilzeit nachgegangen sei. Sie habe den streitigen Vertrag nicht für Zwecke ihrer (Teilzeit‑)Beschäftigung abgeschlossen. Keiner der Verfahrensbeteiligten trägt vor, dass sie dies getan habe. Auch in dem Vorabentscheidungsersuchen gibt es dazu keinen Hinweis. Daher bin ich der Auffassung – auch wenn dies eine Tatsachenfrage ist, die das vorlegende Gericht zu klären hat –, dass Frau Petruchová als Verbraucherin im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist.

39.

Laut dem Vorabentscheidungsersuchen war der Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava) hingegen der Ansicht, dass die besonderen für den Handel auf dem Devisenmarkt erforderlichen Fachkenntnisse und Erfahrungen, die investierten Beträge sowie die damit verbundenen Risiken eine Einstufung als Verbraucher ausschlössen. Das vorlegende Gericht teilt diese Ansicht nicht ( 12 ). Dieser Frage werde ich mich im Folgenden widmen.

C.   Sollten andere Kriterien berücksichtigt werden, um festzustellen, ob eine Person als Verbraucher anzusehen ist?

40.

Der Gerichtshof wird gefragt, ob einer Person, die Transaktionen auf dem Devisenmarkt durchführt, aufgrund der für einen solchen Handel notwendigen Fachkenntnisse und Erfahrungen, der hohen Transaktionssumme, des Umstands, dass sie aktiv ihre eigenen Ordern platziert, der mit dem Devisenmarkt verbundenen Risiken und der Anzahl und Häufigkeit der durchgeführten Transaktionen die Stellung eines Verbrauchers verweigert werden kann.

41.

Frau Petruchová trägt vor, dass für den Abschluss von Differenzgeschäften keine besonderen Fachkenntnisse erforderlich seien, dass weder die Höhe der investierten Beträge noch die Häufigkeit der Transaktionen zu berücksichtigten seien. Nach Ansicht von FIBO ist Frau Petruchová nicht als Verbraucherin einzustufen, da der Abschluss eines Differenzgeschäfts eine kommerzielle Tätigkeit darstelle. Die Tschechischen Republik trägt vor, bei der Einstufung einer Person als Verbraucher sei es nicht maßgeblich, ob diese Person Kenntnisse in dem betroffenen Bereich habe oder ob sie aktiv Aufträge platziere. Die Republik Polen weist darauf hin, dass mit dem Abschluss von Differenzgeschäften erhebliche Risiken verbunden seien und dass bei der Einstufung einer Person als Verbraucher weder deren Kenntnisse der Finanzwirtschaft noch ihre Gewinnerzielungsabsicht noch der Umstand, dass sie die Geschäfte nicht zur Deckung ihres täglichen Bedarfs tätige, zu berücksichtigen seien. Nach Ansicht der Kommission ist es zwar nicht maßgeblich, ob die Person Kenntnisse in dem betroffenen Bereich hat oder aktiv Aufträge platziert, jedoch seien die Anzahl und die Häufigkeit der Transaktionen zu berücksichtigen.

42.

Die oben in Nr. 40 formulierte Frage sollte meiner Auffassung nach verneint werden. Im Folgenden werde ich die Gründe für diese Schlussfolgerung darlegen.

43.

Erstens möchte ich zur Klarstellung betonen, dass einer Person bei Abschluss eines Differenzgeschäfts die Verbrauchereigenschaft nicht allein aus dem Grund abgesprochen werden kann, weil der Abschluss von Differenzgeschäften besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen erfordert. Dies liefe darauf hinaus, Differenzgeschäfte vom Geltungsbereich der Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung auszuschließen. Es steht hingegen außer Frage, dass Finanzinstrumente wie Differenzgeschäfte in den Geltungsbereich dieser Vorschriften fallen. Gemäß Art. 17 Abs. 3 dieser Verordnung sind tatsächlich nur bestimmte Arten von Beförderungsverträgen aus dem Geltungsbereich der Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung ausgeschlossen. Daraus folgt, dass Finanzinstrumente mangels einer ausdrücklichen anderslautenden Vorschrift in den Geltungsbereich der genannten Vorschriften fallen ( 13 ). Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil Kolassa entschieden, dass der Erwerber einer Inhaberschuldverschreibung als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung angesehen werden kann ( 14 ).

44.

Zweitens möchte ich hinsichtlich der Frage, ob Frau Petruchová die Stellung eines Verbrauchers deshalb verweigert werden sollte, weil sie – wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – FIBO darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie drei Jahre Erfahrung in dem betroffenen Bereich gesammelt habe, darauf hinweisen, dass für die Einstufung einer Person als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung Kenntnisse und Erfahrungen nicht maßgeblich sind.

45.

Für die Einstufung als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift reicht es nämlich aus, dass die Person einen Vertrag zu einem Zweck schließt, der nicht ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit betrifft. Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung sieht keine weiteren Voraussetzungen vor. Er fordert nicht im Einzelfall den Nachweis, dass die Person keine Kenntnisse in dem betroffenen Bereich hat, und daher des Schutzes bedarf, den die Art. 17, 18 und 19 der Verordnung dem Verbraucher gewähren ( 15 ).

46.

Dies steht im Einklang mit der oben in Nr. 37 angeführten Rechtsprechung, nach der die Verbrauchereigenschaft einer Person anhand der Natur und Zielsetzung des Vertrags zu bestimmen ist und nicht anhand ihrer subjektiven Stellung. Durch die Berücksichtigung der Kenntnisse einer Person in einem bestimmten Bereich würde auf die subjektive Stellung der Person innerhalb des Vertrags Bezug genommen.

47.

Dies steht auch im Einklang mit dem Urteil Schrems, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass der Verbraucherbegriff „von den konkreten Kenntnissen oder den Informationen, über die die betreffende Person tatsächlich verfügt“, unabhängig ist ( 16 ). Daher konnten Herrn Schrems seine Erfahrungen im Bereich der digitalen sozialen Netzwerke nicht seiner Verbrauchereigenschaft im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung (jetzt Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung) berauben ( 17 ).

48.

Schließlich steht dies im Einklang mit der Rechtsprechung zum Verbraucherbegriff im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ( 18 ). Der Begriff ist in Art. 2 Buchst. b dieser Richtlinie ( 19 ) und in Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung fast identisch definiert. Daher bezog sich der Gerichtshof im Urteil Schrems auf sein Urteil in der Rechtssache Costea, die die Auslegung von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 betraf ( 20 ). Im Urteil Costea hat der Gerichtshof entschieden, dass der Verbraucherbegriff im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 „objektiven Charakter hat und unabhängig ist von den konkreten Kenntnissen, die die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt“, so dass ein Jurist mit einem hohen Maß an Fachkenntnis gleichwohl als Verbraucher eingestuft werden kann ( 21 ).

49.

Eine andere Ansicht würde meines Erachtens die Zielsetzung des von den Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung geschaffenen Systems, nämlich die Sicherstellung eines angemessenen Verbraucherschutzes, untergraben. Nach der Rechtsprechung ist der Verbraucher geschützt, nicht nur als die Partei, die gegenüber ihrem beruflich oder gewerblich handelnden Vertragspartner „rechtlich weniger erfahren“ ist, sondern auch als diejenige, die „wirtschaftlich schwächer“ als die andere Partei ist ( 22 ).

50.

Drittens kann nicht argumentiert werden, dass die Einstufung als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung deshalb verweigert werden sollte, weil die aufgrund des Vertrags getätigte Transaktion einen bestimmten Betrag übersteigt. Wäre dies der Wille des Unionsgesetzgebers gewesen, dann wäre in diesem Art. 17 Abs. 1 ein Schwellenwert für den Wert des Vertrags festgelegt worden.

51.

Mangels eines solchen ausdrücklichen Schwellenwerts wäre eine Feststellung dahin, dass eine Person ihre Stellung als Verbraucher aufgrund der Höhe der auf dem Devisenmarkt investierten Beträge oder aufgrund der Höhe des erzielten Gewinns verliert, mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar. Meines Erachtens sollten insoweit die Zuständigkeitsvorschriften entsprechend dem 15. Erwägungsgrund der Brüssel‑Ia-Verordnung in hohem Maße vorhersehbar sein. Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, verfolgt diese Verordnung einen Zweck der Rechtssicherheit, der darin besteht, den Rechtsschutz der in der Europäischen Union ansässigen Personen in der Weise zu verbessern, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und ein Beklagter vorhersehen kann, vor welchem Gericht er verklagt werden kann ( 23 ). Wären die Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung nicht anwendbar, wenn erhebliche Beträge investiert werden, dann wäre der Investor mangels eines ausdrücklichen Schwellenwerts nicht in der Lage, vorherzusehen, ob ihm der Schutz dieser Vorschriften zugutekommt oder nicht. Wären die Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung nicht anwendbar, wenn ein hoher Gewinn erzielt wird, dann wäre die Lage des Investors sogar noch unsicherer, da er bei der Platzierung einer Order auf dem Devisenmarkt nicht weiß, ob er einen Gewinn erzielen wird und, wenn ja, in welcher Höhe ( 24 ).

52.

Darüber hinaus bin ich auch nicht der Ansicht, dass eine Person die Stellung eines Verbrauchers verlieren sollte, wenn der Gewinn auf dem Devisenmarkt den größten Teil ihres Einkommens ausmacht. Dies ist schwerlich mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar, da dies dazu führen würde, dass in dem Fall, dass ein Millionär und ein Investor mit mittlerem Einkommen einen Auftrag über denselben Betrag auf dem Devisenmarkt platzieren und denselben Gewinn erzielen, Ersterer als Verbraucher angesehen würde, während Letzterem diese Stellung verweigert würde.

53.

Viertens ist es nicht relevant, ob die Person aktiv ihre Aufträge auf dem Devisenmarkt platziert. Es stimmt, dass – wie das vorlegende Gericht ausführt – der Kläger in der Rechtssache Kolassa ( 25 ), bei der der Vertrag Inhaberschuldverschreibungen betraf, keine Aufträge platzierte wie Frau Petruchová ( 26 ), Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung sieht aber nicht vor, dass der Verbraucher in einer bestimmten Weise handeln muss. Er sieht weder vor, dass der Verbraucher passiv bleiben muss, noch, dass die andere Partei für die Durchführung des Vertrags verantwortlich ist.

54.

Fünftens stehen die mit dem Abschluss von Differenzgeschäften verbundenen Risiken meines Erachtens einer Einstufung als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung nicht entgegen.

55.

Es sei wiederholt, dass diese Vorschrift nicht verlangt, dass der Verbraucher in einer bestimmten Weise handelt. Sie verlangt von ihm weder Sorgfalt noch Vorsicht.

56.

Außerdem wohnen dem Abschluss von Differenzgeschäften Risiken inne. Wenn die Einstufung als Verbraucher aufgrund der eingegangenen Risiken verweigert würde, würden Differenzgeschäfte folglich regelmäßig nicht in den Geltungsbereich von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung fallen, obschon nur bestimmte Beförderungsverträge nicht vom Geltungsbereich dieser Vorschrift erfasst sind. ( 27 )

57.

Schließlich muss ich vor dem Hintergrund des Zwecks der Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung, nämlich der Sicherstellung eines angemessenen Verbraucherschutzes, hervorheben, dass es gerade der Umfang dieser Risiken ist, der es erforderlich macht, Personen, die Differenzgeschäfte abschließen, als Verbraucher einzustufen. Hierzu weise ich darauf hin, dass, wie auch Frau Petruchová vorgetragen hat, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden: ESMA) im Mai 2018 einen Beschluss erlassen hat, mit dem sie die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Differenzgeschäften an Kleinanleger vorübergehend beschränkt hat ( 28 ). Der Grund für den Erlass dieses Beschlusses war, dass die zuständigen nationalen Behörden sowie die ESMA Bedenken hatten, da der Vertrieb von Differenzgeschäften an Kleinanleger in den letzten Jahren rapide zugenommen hat, obwohl diese Produkte komplex und für den Großteil der Kleinanleger ungeeignet sind. Im Beschluss 2018/796 der ESMA heißt es insbesondere, dass „erhebliche Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes vorliegen“, dass sich viele Kleinanleger der inhärenten Risiken nicht bewusst seien und dass aus von den zuständigen nationalen Behörden durchgeführten Studien hervorgehe, dass die Mehrheit der Kleinanleger, die in Differenzgeschäfte investiere, bei diesen Geschäften Geld verliere ( 29 ).

58.

Sechstens sollte im Hinblick auf die Frage, ob eine Person, die regelmäßig Finanztransaktionen über einen langen Zeitraum und unter Einsatz beträchtlicher Summen durchführt, davon ausgegangen werden, dass diese Person diese Geschäfte (neben‑)beruflich betreibt ( 30 ). Diese Transaktionen würden dann aus dem Geltungsbereich von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung herausfallen, da sie zu einem Zweck geschlossen würden, der der (neben‑)beruflichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann.

59.

Hierzu ist anzumerken, dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, in der nationalen Rechtsprechung Argumente für eine solche Rechtsauffassung zu finden sind. So hat der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Commercial Court), (Oberster Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Queen’s Bench [Handelskammer], Vereinigtes Königreich) in der Rechtssache AMT Futures Ltd gegen Marzillier, Dr Meier & Dr Guntner Rechtsanwaltesgesellschaft mbH [2015] 2 WLR 187 entschieden, dass nicht alle Investoren als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung anzusehen seien und dass für die Einstufung als Verbraucher „die Umstände des Einzelfalls sowie die Art und das Muster der Investition“ zu berücksichtigen seien.

60.

Ich kann mich dieser Argumentation jedoch nicht anschließen.

61.

Es trifft zu, dass der Zweck des Vertrags grundsätzlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen ist ( 31 ), dennoch können spätere Änderungen unter bestimmten Umständen berücksichtigt werden ( 32 ). Wie Generalanwalt Bobek in der Rechtssache Schrems dargelegt hat, gilt dies allerdings nur in Ausnahmefällen ( 33 ). Der Zweck eines Vertrags kann weder in jedem Einzelfall noch in jedem Fall, in dem ein Rahmenvertrag den Abschluss von einzelnen Transaktionen (z. B. Differenzgeschäfte) vorsieht, ex post beurteilt werden. Dies widerspräche dem Grundsatz der Rechtssicherheit ( 34 ), da die Einstufung als Verbraucher von der Anzahl der innerhalb des Rahmenvertrags ausgeführten Transaktionen abhängig wäre und der Investor bei Abschluss des Rahmenvertrags daher nicht wüsste, ob er als Verbraucher angesehen wird oder nicht. Weiterhin widerspräche dies auch der oben in Nr. 37 angeführten Rechtsprechung, der zufolge die subjektive Situation der Person nicht zu berücksichtigen ist. Soweit danach gefragt wird, ob die investierten Beträge und der erzielte Gewinn zu berücksichtigen sind, stünde dies schließlich nicht damit in Einklang, dass in Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung kein Schwellenwert angegeben ist ( 35 ).

62.

Hier ist anzumerken, dass sich in der nationalen Rechtsprechung eine Stütze für diese Rechtsauffassung findet. In der Rechtssache Standard Bank London Ltd v. Dimitrios Apostolakis [2000] I.L.Pr. 766 hat der High Court (England & Wales), Queen‘s Bench Division (Commercial Court) (Oberster Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Queen’s Bench [Handelskammer]) entschieden, dass ein Bauingenieur und ein Rechtsanwalt, die in Devisentransaktionen investiert hatten, als Verbraucher anzusehen seien. Insbesondere war es unerheblich, dass sie 28 Verträge mit einem Risikokapital von insgesamt 7 Mio. USD abgeschlossen hatten. Dabei war die Größenordnung nicht entscheidend, da sich andernfalls schwierige Fragen hinsichtlich des Schwellenwerts und dessen rückwirkender Anwendung gestellt hätten ( 36 ).

63.

Ich komme zu dem Schluss, dass für die Feststellung, ob eine Person, die auf dem Devisenmarkt handelt, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist, weder die Kenntnisse dieser Person noch der Wert des Vertrags oder der Umstand, dass die Person ihre Aufträge selbst aktiv platziert, und auch nicht die eingegangenen Risiken oder die Anzahl und Häufigkeit der Transaktionen Berücksichtigung finden sollten.

64.

Nunmehr werde ich mich den zwei weiteren Fragen des vorlegenden Gerichts zuwenden, nämlich ob Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung „im Einklang mit“ im Sinne von entsprechend wie Art. 6 der Rom‑I-Verordnung auszulegen ist und ob der Umstand, dass die Person ein Kleinanleger im Sinne der Richtlinie 2004/39 ist, Berücksichtigung finden sollte.

D.   Sollte der Umstand Berücksichtigung finden, dass Finanzinstrumente nicht in den Geltungsbereich von Art. 6 der Rom‑I-Verordnung fallen?

65.

Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof im Wesentlichen um Beantwortung der Frage, ob Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung im Einklang mit Art. 6 der Rom‑I-Verordnung auszulegen ist. Ist das der Fall, dann wäre eine Person, die ein Differenzgeschäft abschließt, nicht als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, da Finanzinstrumente wie Differenzgeschäfte aus dem Geltungsbereich der Regelungen herausfallen, die in Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom‑I-Verordnung für Verbraucherverträge niedergelegt sind.

66.

Nach dem Vorabentscheidungsersuchen ist der Krajský soud v Ostravě (Regionalgericht Ostrava) der Auffassung, dass Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung im Einklang mit Art. 6 der Rom‑I-Verordnung auszulegen sei. Das vorlegende Gericht ist gegenteiliger Ansicht.

67.

Frau Petruchová trägt vor, dass die Art. 17, 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung auf Finanzinstrumente anwendbar seien. Wäre dies nicht der Fall, wäre in Art. 17 der Verordnung eine solche Ausnahme ausdrücklich geregelt, wie in Art. 6 Abs. 4 Buchst. d der Rom‑I-Verordnung. Die Kommission teilt diese Auffassung.

68.

Die Definition des Verbraucherbegriffs in Art. 6 Abs. 1 der Rom‑I-Verordnung ist fast identisch mit der Definition dieses Begriff in Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung. Erstere Vorschrift findet Anwendung auf Verträge, die eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann („Verbraucher“), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt („Unternehmer“)“.

69.

Dieser nahezu identische Wortlaut deutet darauf hin, dass bei der Auslegung von Art. 17 der Brüssel‑Ia-Verordnung Art. 6 der Rom‑I-Verordnung Rechnung zu tragen ist ( 37 ). Im siebten Erwägungsgrund der Rom‑I-Verordnung wird nämlich eindeutig ausgeführt, dass der materielle Anwendungsbereich dieser Verordnung mit der Brüssel‑I-Verordnung (jetzt Brüssel‑Ia-Verordnung) in Einklang stehen muss. Auch wenn die Bestimmungen der Brüssel‑Ia-Verordnung im Licht der Ziele dieser Verordnung und der von ihr geschaffenen Systematik auszulegen sind, muss daher bei der Anwendung der Brüssel‑Ia-Verordnung und der Rom‑I-Verordnung das Ziel der Einheitlichkeit berücksichtigt werden.

70.

Im Hinblick auf die für Verbraucherverträge geltenden Regeln in Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom‑I-Verordnung stelle ich fest, dass sie gemäß Abs. 4 Buchst. d keine Anwendung auf „Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit einem Finanzinstrument“ finden ( 38 ). Nach dem 30. Erwägungsgrund der Rom‑I-Verordnung sind Finanzinstrumente im Sinne der Verordnung solche Instrumente, die in Art. 4 der Richtlinie 2004/39/EG genannt sind. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 der Richtlinie 2004/39, jetzt Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der Richtlinie 2014/65/EU ( 39 ), sind Finanzinstrumente diejenigen, die in Abschnitt C des Anhangs I der Richtlinie 2004/39 genannt werden. Abschnitt C Nr. 9 des Anhangs I der Richtlinie 2004/39 führt Differenzgeschäfte auf ( 40 ).

71.

Daher finden die für Verbraucherverträge geltenden Regelungen in Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom‑I-Verordnung keine Anwendung auf Differenzgeschäfte ( 41 ).

72.

Daraus folgt jedoch nicht, dass die für Verbraucherverträge geltenden Regelungen in den Art. 18 und 19 der Brüssel‑Ia-Verordnung keine Anwendung auf Finanzinstrumente finden.

73.

Wie der Gerichtshof im Urteil Kainz festgestellt hat, darf die angestrebte Kohärenz der Rechtsinstrumente des Internationalen Privatrechts in der Unionsrechtsordnung nicht dazu führen, dass die Vorschriften der Brüssel‑Ia-Verordnung in einer Weise ausgelegt werden, die ihrer Systematik und ihren Zielsetzungen fremd ist ( 42 ).

74.

In diesem Zusammenhang sind die Unterschiede im Wortlaut zwischen Art. 17 der Brüssel‑Ia-Verordnung und Art. 6 der Rom‑I-Verordnung zu beachten. Zwar ist die Definition des Verbraucherbegriffs – wie oben in Nr. 68 ausgeführt – in beiden Vorschriften fast identisch. Aber nach Art. 17 Abs. 3 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist nur eine Vertragsart vom Geltungsbereich der Verbraucherschutzregelungen ausgeschlossen ( 43 ), während in Art. 6 Abs. 4 der Rom‑I-Verordnung weitere Vertragsarten vom Geltungsbereich der Schutzregelungen in Art. 6 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen werden. Insbesondere erwähnt Art. 6 Abs. 4 Buchst. d der Rom‑I-Verordnung die Finanzinstrumente im Sinne von Abschnitt C des Anhangs I der Richtlinie 2004/39 ausdrücklich, während Art. 17 der Brüssel‑Ia-Verordnung diese nicht nennt ( 44 ). Letztere Vorschrift im Hinblick auf Finanzinstrumente im Einklang mit Art. 6 der Rom‑I-Verordnung auszulegen, kommt daher nicht in Betracht ( 45 ).

75.

Ich komme zu dem Schluss, dass es für die Feststellung, ob eine Person, die auf dem Devisenmarkt handelt, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist, nicht relevant ist, dass Finanzinstrumente nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 der Rom‑I-Verordnung fallen.

E.   Sollte der Umstand Berücksichtigung finden, dass die Person Kleinanleger im Sinne der Richtlinie 2004/39 ist?

76.

Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof im Wesentlichen um Beantwortung der Frage, ob eine Person, die Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 ist, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzusehen ist. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass es für die Feststellung, ob eine Person ein Verbraucher sei, nicht relevant sei, dass diese Person ein Kleinanleger sei.

77.

Frau Petruchová trägt vor, zwar seien der Begriff des Kleinanlegers im Sinne der Richtlinie 2004/39 und der des Verbrauchers im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung voneinander verschieden, es müsse jedoch vermutet werden, dass ein Kleinanleger ein Verbraucher sei. FIBO räumt ein, dass Frau Petruchová Kleinanlegerin sei, ist aber der Auffassung, daraus folge nicht, dass sie als Verbraucher anzusehen sei.

78.

Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass die Einstufung als professioneller Kunde oder als Kleinanleger Auswirkung auf das geltende Schutzniveau hat. Kleinanleger erhalten einen vollumfänglichen Schutz im Hinblick auf insbesondere die von den Wertpapierfirmen zur Verfügung zu stellenden Informationen, während professionelle Kunden nur einen eingeschränkten Schutz genießen ( 46 ).

79.

Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 ist ein Kleinanleger ein Kunde, „der kein professioneller Kunde ist“. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 der Richtlinie ist ein professioneller Kunde ein Kunde, „der die in Anhang II [dieser Richtlinie] genannten Kriterien erfüllt“.

80.

Gemäß Abschnitt I des Anhangs II der Richtlinie 2004/39 ( 47 ) werden die folgenden Kunden als „professionelle Kunden angesehen“: erstens Rechtspersönlichkeiten, die zugelassen sein oder unter Aufsicht stehen müssen, um auf den Finanzmärkten tätig werden zu können, wie Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und Versicherungsgesellschaften; zweitens große Unternehmen, die zwei von drei Anforderungen erfüllen: eine Bilanzsumme über 20 Mio. Euro, einen Nettoumsatz über 40 Mio. Euro und Eigenmittel über 2 Mio. Euro; drittens öffentliche Stellen oder Einrichtungen wie nationale Regierungen oder die Weltbank; viertens andere institutionelle Anleger, deren Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumenten besteht. Unternehmen dieser vier Kategorien können jedoch eine Behandlung als nicht professioneller Kunde beantragen.

81.

Gemäß Abschnitt II des Anhangs II der Richtlinie 2004/39 ( 48 ) können Kunden, die nicht in Abschnitt I genannt werden, „auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden“. Um als professioneller Kunde behandelt werden zu können, muss der Kunde mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: Erstens muss er während der vier vorhergehenden Quartale pro Quartal zehn Geschäfte von erheblichem Umfang abgeschlossen haben; zweitens muss sein Finanzportfolio 500000 Euro übersteigen; drittens muss er mindestens ein Jahr lang in einer beruflichen Position im Finanzsektor tätig gewesen sein.

82.

Meiner Ansicht nach ist ein Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 nicht automatisch ein Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung. Es kann auch nicht vermutet werden, dass ein Kleinanleger ein Verbraucher sei. Im Folgenden werde ich die Gründe darlegen, die mich zu diesem Schluss führen.

83.

Erstens: Der Umstand, dass die Richtlinie 2004/39 im Gegensatz zu einer anderen Richtlinie im Finanzsektor, nämlich der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher ( 49 ), den Begriff „Verbraucher“ nicht verwendet, legt nahe, dass der Begriff des Kleinanlegers und der des Verbrauchers voneinander verschieden sind.

84.

Zweitens: Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 sieht keine Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen an den Kleinanleger zu einem Zweck vor, der nicht seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit betrifft. Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, bedeutet dies somit, dass dem Kleinanleger solche Dienstleistungen zu einem Zweck erbracht werden, der seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit betrifft; er kann dann nicht als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung angesehen werden.

85.

Drittens: Ein Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung ist eine natürliche und keine juristische Person ( 50 ). Im Gegensatz dazu kann ein Kleinanleger eine juristische Person sein ( 51 ). So ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 10 der Richtlinie 2004/39 ein Kunde „jede natürliche oder juristische Person, für die eine Wertpapierfirma Wertpapierdienstleistungen und/oder Nebendienstleistungen erbringt“ ( 52 ). Insbesondere können Kleinanleger juristische Personen sein, die zwei der drei Voraussetzungen für die Behandlung als professionelle Kunden nach Abschnitt II des Anhangs II der Richtlinie 2004/39 nicht erfüllen. Kleinanleger können auch professionelle Kunden (somit juristische Personen) sein ( 53 ), die eine Behandlung als nicht professioneller Kunde gemäß Abschnitt I des Anhangs II der Richtlinie 2004/39 beantragt haben.

86.

Viertens: Die Einstufung als Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 und die Einstufung als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung verfolgen unterschiedliche Ziele. Die Einstufung als Kleinanleger stellt einen vollumfänglichen Schutz sicher, insbesondere hinsichtlich der Informationen, die die Wertpapierfirma dem Kunden zur Verfügung stellen muss. Die Einstufung als Verbraucher führt zur Anwendbarkeit von Zuständigkeitsregelungen, die von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung abweichen. Es stimmt zwar, dass beide Vorschriften die schwächere Partei schützen sollen, ob diese nun ein Kleinanleger oder ein Verbraucher ist. Ich weise jedoch darauf hin, dass die Richtlinie 2004/39 alle Investoren schützen soll, also Kleinanleger und professionelle Anleger ( 54 ). Nach dem 86. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/65, die die Richtlinie 2004/39 aufgehoben und ersetzt hat, „sollte deutlich herausgestellt werden, dass der Grundsatz, ehrlich, redlich und professionell zu handeln, und die Verpflichtung, fair und klar zu sein und den Anleger nicht in die Irre zu führen, in der Beziehung zu jedem Kunden gelten sollten“ ( 55 ).

87.

Daher ist es irrelevant, dass Frau Petruchová – wie der Vertreter von FIBO in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat- drei Jahre Erfahrung in dem Bereich hat und Kleinanlegerin ist.

88.

Ich gelange zu dem Schluss, dass es für die Feststellung, ob eine Person, die auf dem Devisenmarkt handelt, als Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung angesehen werden kann, nicht relevant ist, ob diese Person als Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39 anzusehen ist.

IV. Ergebnis

89.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Nejvyšší soud (Oberster Gerichtshof, Tschechische Republik) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Person, die Partei eines Differenzgeschäfts ist, als Verbraucher anzusehen ist, wenn der Vertrag zu einem Zweck abgeschlossen wird, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann. In diesem Zusammenhang ist nicht relevant, dass diese Person ihre eigenen Ordern auf dem Devisenmarkt aktiv platziert, dass Differenzgeschäfte nicht in den Geltungsbereich von Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) fallen oder dass die Person Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ist.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

( 3 ) Urteile vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 34), vom 7. Dezember 2010, Pammer und Hotel Alpenhof (C‑585/08 und C‑144/09, EU:C:2010:740, Rn. 53), vom 6. September 2012, Mühlleitner (C‑190/11, EU:C:2012:542, Rn. 26), sowie vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 26).

( 4 ) Urteile vom 19. Januar 1993, Shearson Lehman Hutton (C‑89/91, EU:C:1993:15, Rn. 18), vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 34), sowie vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 33).

( 5 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6).

( 6 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1).

( 7 ) Frau Petruchová musste lediglich eine sogenannte „Marge“ als Garantie hinterlegen, um einen etwaigen Verlust decken zu können.

( 8 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2012, Mahamdia (C‑154/11, EU:C:2012:491, Rn. 62 bis 64), sowie Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Mahamdia (C‑154/11, EU:C:2012:309, Nrn. 57 bis 59). Vgl. auch Magnus, U., und Mankowski, P. (Hrsg.), Brussels I bis Regulation – Commentary, Otto Schmidt KG Verlag, 2016 (S. 522 bis 523).

( 9 ) Urteile vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 30), vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 23), sowie vom 23. Dezember 2015, Hobohm (C‑297/14, EU:C:2015:844, Rn. 24). Zwar betreffen diese Entscheidungen nicht die Auslegung der Brüssel‑Ia-Verordnung, sondern die der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Brüssel‑I-Verordnung) (ABl. 2001, L 12, S. 1). Aber insoweit, als die Brüssel‑I-Verordnung von der Brüssel‑Ia-Verordnung ersetzt wurde, gilt die Auslegung der Brüssel‑I-Verordnung durch den Gerichtshof auch für die Brüssel‑Ia-Verordnung, soweit die Bestimmungen dieser Rechtsakte als gleichwertig angesehen werden können (Urteil vom 15. November 2018, Kuhn, C‑308/17, EU:C:2018:956, Rn. 31). Im vorliegenden Fall ist der Wortlaut von Art. 15 der Brüssel‑I-Verordnung identisch mit der entsprechenden Vorschrift in der Brüssel‑Ia-Verordnung, d. h. Art. 17. Daher ist die Auslegung ersterer Vorschrift durch den Gerichtshof auch gültig für letztere Vorschrift.

( 10 ) Urteil vom 14. Februar 2019, Milivojević (C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 86).

( 11 ) Urteile vom 3. Juli 1997, Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337 Rn. 16 und 17), vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 36 und 37), vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 34), vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 29 und 30), sowie vom 14. Februar 2019, Milivojević (C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 87 und 88).

( 12 ) Vgl. oben, Nrn. 15 und 18.

( 13 ) Vgl. dazu unten, Nrn. 65 bis 75.

( 14 ) Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 24). Vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache Kolassa (C‑375/13, EU:C:2014:2135, Nr. 28).

( 15 ) Vgl. dazu Geimer, R., „Forum actoris für Kapitalanlegerklagen“ in Festschrift für Dieter Martiny zum 70. Geburtstag, Mohr Siebeck, 2014, S. 711 (S. 716).

( 16 ) Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 39).

( 17 ) Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 39). Herr Schrems hatte im Bereich der digitalen sozialen Netzwerke umfassende Erfahrungen gesammelt, indem er vor den nationalen Gerichten Klagen gegen Facebook wegen Datenschutzrechtsverletzungen erhoben, auf diesem Gebiet Bücher veröffentlicht und Vorträge gehalten sowie einen Verband zur Durchsetzung des Datenschutzes gegründet hatte.

( 18 ) ABl. 1993, L 95, S. 29.

( 19 ) Gemäß Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 ist ein Verbraucher „eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“.

( 20 ) Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 39).

( 21 ) Urteil vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 21 und 27).

( 22 ) Urteil vom 19. Januar 1993, Shearson Lehman Hutton (C‑89/91, EU:C:1993:15, Rn. 18).

( 23 ) Urteil vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 16).

( 24 ) Wie Magnus und Mankowski (oben in Fn. 8 angeführt) aufzeigen, gibt es „für die eingesetzte Summe keine Deckelung. Verbraucherfälle sind nicht auf kleine Beträge beschränkt. … Der Unionsgesetzgeber hatte ausreichend Gelegenheit, in den (jetzigen) Art. 17-19 Einschränkungen zu regeln, und in der Tat waren solche Einschränkungen angemahnt worden. Aber sie wurden nicht gesetzlich festgelegt, was für sich spricht. Die hier in Rede stehende Höhe ist ein quantitativer Betrag …, der leicht zu messen wäre. Ebenso leicht hätte der Gesetzgeber Obergrenzen festlegen können. … Dass er davon abgesehen hat, ist ein starkes Argumentum a contrario“ (S. 466 und 467). Ebenso meint Geimer (oben in Fn. 15 angeführt): „Erwägungsgrund Nr. 11 [der Brüssel‑I-Verordnung] fordert in Übereinstimmung mit der bisherigen … Rechtsprechung [des Gerichtshofs] vordringlich Rechtssicherheit in Zuständigkeitsfragen … Diese klare Anweisung des europäischen Gesetzgebers verbietet dem [Gerichtshof] eine Relativierung des Anwendungsbereichs des Art. 15 [der Brüssel‑I-Verordnung] durch Abstellen auf die ‚Kräfteverhältnisse‘ der Parteien im Einzelfall oder durch Erfinden irgendwelcher Wertgrenzen. … Das Problemfeld ist schon lange bekannt und Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Die Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Spezialzuständigkeitsordnung für Verbrauchersachen wurde von Schlosser schon sehr früh gefordert. Der europäische Gesetzgeber … hätt[e] schon mehrmals Gelegenheit gehabt, hierauf einzugehen. [Er hat] es aber nicht getan. Dieses bewusste Unterlassen einer (einschränkenden) Korrektur bindet die Judikative und schließt eine teleologische Reduktion aus. Ein forum actoris nur für ‚Großanleger‘ wäre im Übrigen auch mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar“ (S. 722 und 723).

( 25 ) Vgl. oben, Fn. 14.

( 26 ) Ich muss jedoch anmerken, dass Frau Petruchová als Kleinanlegerin selbst keine Transaktionen auf dem Devisenmarkt ausführen kann. Ihre Aufträge müssen von einer Broker-Gesellschaft, im vorliegenden Fall von FIBO, ausgeführt werden.

( 27 ) Vgl. oben, Nr. 43.

( 28 ) Beschluss (EU) 2018/796 der ESMA vom 22. Mai 2018 zur vorübergehenden Beschränkung von Differenzgeschäften (CFD) in der Union gemäß Artikel 40 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2018, L 136, S. 50). Dieser Beschluss wurde verlängert und geändert, und zwar im Oktober 2018 durch den Beschluss (EU) 2018/1636 der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vom 23. Oktober 2018 zur Verlängerung und Änderung der gemäß dem Beschluss (EU) 2018/796 eingeführten vorübergehenden Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Differenzgeschäften (CFD) an Kleinanleger (ABl. 2018, L 272, S. 62) sowie im Januar 2019 durch den Beschluss (EU) 2019/155 der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vom 23. Januar 2019 zur Verlängerung der vorübergehenden Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Differenzgeschäften (CFD) an Kleinanleger (ABl. 2019, L 27, S. 36). Zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Schlussanträge ist der Beschluss 2019/155 der ESMA noch in Kraft.

( 29 ) Vgl. die Erwägungsgründe 11, 12, 20, 27 und 35 des Beschlusses 2018/796 der ESMA. Beispielsweise deutet eine von der zuständigen britischen Behörde durchgeführte Studie an einer Stichprobe von Kleinanlegern darauf hin, dass 82 % dieser Kleinanleger bei Differenzgeschäften Geld verloren und dass das durchschnittliche Ergebnis pro Kleinanleger im Laufe eines Jahres in einem Verlust in Höhe von 2200 GBP besteht (vgl. Erwägungsgrund 35ix des Beschlusses 2018/796 der ESMA).

( 30 ) Vgl. Briggs, A., Private International Law in English Courts, Oxford University Press, 2014 (Rn. 4.156).

( 31 ) Dies folgt aus dem Urteil Benincasa, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass der Kläger, der einen Franchisevertrag zur Einrichtung und zum Betrieb eines Geschäfts abgeschlossen hatte, nicht als Verbraucher anzusehen ist, auch wenn er dieses Geschäft gar nicht eröffnet hatte (Urteil vom 3. Juli 1997, Benincasa, C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 17).

( 32 ) Im Urteil Schrems hat der Gerichtshof entschieden, dass in dem Fall, dass die private Nutzung der fraglichen Dienste, für die der Vertrag ursprünglich abgeschlossen worden sei, später zu einer kommerziellen Nutzung werde, diese spätere Nutzungsänderung zu berücksichtigen sei (vgl. oben, Fn. 17) (Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems, C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 37 und 38). Auch wenn die Nutzung der Facebook-Dienste durch Herrn Schrems zunächst privaten (Austausch von Fotos und Chat-Funktion) und später kommerziellen Charakter hatte, kam der Gerichtshof trotzdem zu dem Ergebnis, dass Herr Schrems seine Stellung als Verbraucher nicht verloren habe.

( 33 ) Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Schrems (C‑498/16, EU:C:2017:863, Nr. 41).

( 34 ) Vgl. oben, Nr. 51.

( 35 ) Vgl. oben, Nr. 50.

( 36 ) Gemäß Rn. 18 des Urteils kann „die Größenordnung nicht entscheidend sein. Andernfalls stellten sich schwierige Fragen danach, wo die Grenze gezogen werden müsste. Eine Anwendung auf den von mir so bezeichneten Rahmenvertrag zum Zeitpunkt seines Abschlusses fiele schwer. Nur eine rückwirkende Anwendung käme in Betracht. Die gesetzliche Vorgabe, dass der Vertragszweck zu betrachten ist, spricht gegen die Berücksichtigung einer allgemeinen Folge oder eines bestimmten Wertes.“

( 37 ) Urteile vom 7. Dezember 2010, Pammer und Hotel Alpenhof (C‑585/08 und C‑144/09, EU:C:2010:740, Rn. 43), vom 15. März 2011, Koelzsch (C‑29/10, EU:C:2011:151, Rn. 33), vom 5. Dezember 2013, Vapenik (C‑508/12, EU:C:2013:790, Rn. 25), vom 21. Januar 2016, ERGO Insurance und Gjensidige Baltic (C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2016:40, Rn. 43), vom 28. Juli 2016, Verein für Konsumenteninformation (C‑191/15, EU:C:2016:612, Rn. 36), sowie vom 15. Juni 2017, Kareda (C‑249/16, EU:C:2017:472, Rn. 32).

( 38 ) Nach dem 28. Erwägungsgrund der Rom‑I-Verordnung muss „sichergestellt werden, dass Rechte und Verpflichtungen, die ein Finanzinstrument begründen, nicht der allgemeinen Regel für Verbraucherverträge unterliegen, da dies dazu führen könnte, dass für jedes der ausgegebenen Instrumente ein anderes Recht anzuwenden wäre, wodurch ihr Wesen verändert würde und ihr fungibler Handel und ihr fungibles Angebot verhindert würden“.

( 39 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. 2014, L 173, S. 149). Die Richtlinie 2004/39 wurde durch die Richtlinie 2014/65 aufgehoben und ersetzt. Art. 4 Abs. 1 Nr. 9, Art. 4 Abs. 1 Nr. 10, Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 und Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der Richtlinie 2014/65 sind identisch mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 10, Art. 4 Abs. 1 Nr. 11, Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 und Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 der Richtlinie 2004/39.

( 40 ) Wie auch Abschnitt C Nr. 9 des Anhangs I der Richtlinie 2014/65.

( 41 ) Ich muss dazu erläutern, dass Art. 6 Abs. 4 Buchst. d der Rom‑I-Verordnung nur die „Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit einem Finanzinstrument“, also nur die Finanzinstrumente selbst, aus dem Geltungsbereich der Verbraucherschutzregelungen ausschließt. Ausgeschlossen ist nicht der Erwerb des Finanzinstruments. Daher sind nur Differenzgeschäfte aus dem Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom‑I-Verordnung ausgeschlossen. Verträge über den Erwerb von Differenzgeschäften sind es nicht (vgl. hierzu Garcimartin Alférez, F. J., „The Rome I Regulation: Exceptions to the Rule on Consumer Contracts and Financial Instruments“, Journal of Private International Law, Bd. 5 (2009), Ausgabe 1, S. 85 [S. 90]). Dies ist jedoch für den vorliegenden Fall nicht relevant, da der Streit die verspätete Umsetzung des streitigen Vertrags betrifft und nicht den Rahmenvertrag.

( 42 ) Urteil vom 16. Januar 2014, Kainz (C‑45/13, EU:C:2014:7, Rn. 20). Zwar bezieht sich dieser Absatz auf die einheitliche Auslegung der Brüssel‑I-Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) (ABl. 2007, L 199, S. 40), diese Erwägung gilt jedoch auch für die Brüssel‑Ia-Verordnung und die Rom‑I-Verordnung. Ich weise darauf hin, dass der siebte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 864/2007 eine Auslegung dieser Verordnung anmahnt, die mit der Brüssel‑I-Verordnung in Einklang steht, ebenso wie der siebte Erwägungsgrund der Rom‑I-Verordnung fordert, diese Verordnung im Einklang mit der Brüssel‑I-Verordnung auszulegen. Vgl. hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache Pillar Securitisation (C‑694/17, EU:C:2019:44, Nrn. 49 und 50).

( 43 ) Vgl. oben, Nr. 43.

( 44 ) Wie Magnus und Mankowski (oben in Fn. 8 angeführt) im Hinblick auf den Erwerb von Anleihen durch Investoren anmerken: „Der 28. Erwägungsgrund und Art. 6 Abs. 4 Buchst. d der Rom‑I-Verordnung könnten andeuten, dass für Schuldverschreibungen eine Ausnahmeregelung von dem Verbraucherschutzregime gilt. Aber … es wäre gewagt, diese Regelung in den Herrschaftsbereich der Brüssel‑Ia-Verordnung zu übertragen. Es gibt einen Grund dafür, dass die Brüssel‑Ia-Verordnung eine solche entsprechende Vorschrift nicht vorsieht“ (S. 463).

( 45 ) Dazu ist anzumerken, dass Garcimartin Alférez (oben in Fn. 41 angeführt) erwähnt, dass, wenn ein Vertrag nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 der Rom‑I-Verordnung fällt, „sich die Frage stellt, ob dies eine Überarbeitung der Regelungen in der Brüssel‑I-Verordnung erfordert. Art. 15 der Verordnung enthält keine materiell-rechtliche Ausnahmeregelung für Verträge über Finanzinstrumente. Daher ist die Kohärenz zwischen den beiden Verordnungen gestört, und die politische Idee dahinter, also dass der Verbraucher vor seinen eigenen Gerichten den Unternehmer verklagen kann und auch sein eigenes Recht anwenden kann (und nicht mit dem Nachweis über ein fremdes Recht belastet ist), hält nicht länger stand. Ebenso wäre gemäß der Rom‑I-Verordnung eine Rechtswahlklausel in einem Finanzinstrumentenvertrag wirksam und durchsetzbar, während eine Klausel über die Wahl des Gerichtsstands nur unter den einschränkenden Voraussetzungen in Art. 17 der Brüssel‑I-Verordnung wirksam wäre“ (S. 89). Vgl. auch Wautelet, P., „Rome I et le consommateur de produits financiers“, European Journal of Consumer Law, 2009, Bd. 4, S. 776 (S. 796).

( 46 ) Vgl. insbesondere Art. 19 Abs. 10 Buchst. c der Richtlinie 2004/39 sowie Art. 24 Abs. 4 Buchst. b und Art. 25 Abs. 8 Buchst. c der Richtlinie 2014/65. Vgl. auch Bonneau, T., Pailler, P., Rouaud, A.‑C., Tehrani, A., und Vabres, R., Droit financier, LGDJ, 2017, Rn. 312 ff.

( 47 ) Sowie gemäß Abschnitt I des Anhangs II der Richtlinie 2014/65.

( 48 ) Sowie gemäß Abschnitt II des Anhangs II der Richtlinie 2014/65.

( 49 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L 271, S. 16).

( 50 ) Obwohl Art. 17 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung nicht ausdrücklich sagt, dass der Verbraucher eine natürliche Person ist, folgt dies aus der Voraussetzung, dass sich die Vorschrift nur auf den nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnden privaten Endverbraucher bezieht (Urteil vom 14. März 2013Česká spořitelna, C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 32). Vgl. hierzu Magnus und Mankowski (oben in Fn. 8 angeführt), S. 470 bis 471.

( 51 ) Vgl. Haentjens, M., und de Gioia-Carabellese, P., European Banking and Financial Law, Routledge, 2015 (S. 67).

( 52 ) Hervorhebung nur hier.

( 53 ) Vgl. hierzu Gollier, J.‑M., und Standaert, C., „La catégorisation des investisseurs sous MiFID II“, in: De Meuleneere, I., Colaert, V., Kupers, W., und Pijcke, A. S. (Hrsg.), MIFID II & MIFIR: Capital Selecta – Scope, Investor Protection, Market Regulation and Enforcement, Intersentia und Anthemis, 2018, S. 59 (S. 75).

( 54 ) Vgl. den 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/39, den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/65 sowie Urteile vom 12. November 2014, Altmann u. a. (C‑140/13, EU:C:2014:2362, Rn. 26), und vom 14. Juni 2017, Khorassani (C‑678/15, EU:C:2017:451, Rn. 41). Vgl. auch Gollier und Standaert (oben in Fn. 53 angeführt), S. 93.

( 55 ) Hervorhebung nur hier.