URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

28. Februar 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Zuschlagserteilung im Bereich der Verkehrsversorgung – Richtlinie 2004/17/EG – Geltungsbereich – Art. 5 – Bereitstellung oder Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Schiene – Durch ein nationales öffentliches Eisenbahnunternehmen, das Verkehrsleistungen erbringt, erfolgende Vergabe von Aufträgen über die Erbringung von Reinigungsdiensten in den ihm gehörenden Zügen – Keine vorherige Bekanntmachung“

In der Rechtssache C‑388/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) mit Entscheidung vom 21. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Juni 2017, in dem Verfahren

Konkurrensverket

gegen

SJ AB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zehnten Kammer C. Lycourgos in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Neunten Kammer sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

des Konkurrensverk, vertreten durch N. Otte Widgren, P. Karlsson und K. Sällfors als Bevollmächtigte,

der SJ AB, vertreten durch A. Ulfsdotter Forssell, advokat, und M. Bogg, juriste,

der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Ljung Rasmussen, G. Tolstoy, P. Ondrůšek und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. September 2018

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Konkurrensverk (Wettbewerbsbehörde, Schweden) und der SJ AB. Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten ist, dass die SJ AB bei der Vergabe von Aufträgen über Reinigungsdienste gegen die Regelungen über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge verstoßen haben soll.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2004/17

3

Art. 2 („Auftraggeber“) Abs. 2 der Richtlinie 2004/17 bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt für Auftraggeber, die

a)

öffentliche Auftraggeber oder öffentliche Unternehmen sind und eine Tätigkeit im Sinne der Artikel 3 bis 7 ausüben, oder,

b)

wenn sie keine öffentlichen Auftraggeber oder keine öffentlichen Unternehmen sind, eine Tätigkeit im Sinne der Artikel 3 bis 7 oder mehrere dieser Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, die von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats gewährt wurden.“

4

Art. 5 („Verkehrsleistungen“) der Richtlinie 2004/17 lautet:

„(1)   Unter diese Richtlinie fallen die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Schiene, automatische Systeme, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel.

Im Verkehrsbereich gilt ein Netz als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.

(2)   Die vorliegende Richtlinie gilt nicht für Stellen, die Busverkehrsleistungen für die Allgemeinheit erbringen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38/EWG [des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. 1993, L 199, S. 84)] nach deren Artikel 2 Absatz 4 ausgenommen worden sind.“

Richtlinie 2012/34/EU

5

Die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. 2012, L 343, S. 32) vereint in einem einzigen Rechtsakt mehrere neu gefasste Richtlinien auf dem Gebiet der Schienenverkehrsleistungen. Zu diesen gehört die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. 2001, L 75, S. 29) in der durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. 2007, L 315, S. 44) geänderten Fassung. Die Richtlinie 2012/34 ist gemäß ihrem Art. 66 am 15. Dezember 2012 in Kraft getreten.

6

In Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2012/34 heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Eisenbahnunternehmen‘ jedes nach dieser Richtlinie zugelassene öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Haupttätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsdiensten zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen;

2.

‚Infrastrukturbetreiber‘ jede Stelle oder jedes Unternehmen, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung, die Verwaltung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn, einschließlich Verkehrsmanagement, Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung, zuständig ist; mit den bei einem Netz oder Teilen eines Netzes wahrzunehmenden Funktionen des Infrastrukturbetreibers können verschiedene Stellen oder Unternehmen betraut werden;

18.

‚Zuweisung‘ die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn durch einen Infrastrukturbetreiber;

20.

‚überlastete Fahrwege‘ einen Fahrwegteil, auf dem der Nachfrage nach Fahrwegkapazität auch nach Koordinierung der verschiedenen Anträge auf Zuweisung von Fahrwegkapazität während bestimmter Zeitabschnitte nicht vollständig entsprochen werden kann;

22.

‚Koordinierung‘ das Verfahren, bei dem der Infrastrukturbetreiber und die Antragsteller versuchen, Lösungen für nicht miteinander zu vereinbarende Anträge auf Zuweisung von Fahrwegkapazität zu finden;

25.

‚Netz‘ bzw. ‚Schienennetz‘ die gesamte Eisenbahninfrastruktur, [die] von einem Infrastrukturbetreiber verwaltet wird;

26.

‚Schienennetz-Nutzungsbedingungen‘ eine detaillierte Darlegung der allgemeinen Regeln, Fristen, Verfahren und Kriterien für die Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen einschließlich der zusätzlichen Informationen, die für die Beantragung von Fahrwegkapazität benötigt werden;

27.

‚Zugtrasse‘ die Fahrwegkapazität, die erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann;

…“

7

Art. 27 („Schienennetz-Nutzungsbedingungen“) der Richtlinie 2012/34, der im Wesentlichen die Bestimmungen von Art. 3 der Richtlinie 2001/14 in der Fassung der Richtlinie 2007/58 übernimmt, lautet:

„(1)   Der Infrastrukturbetreiber erstellt und veröffentlicht nach Konsultation mit den Beteiligten Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die gegen Zahlung einer Gebühr, die nicht höher sein darf als die Kosten für die Veröffentlichung dieser Unterlagen, erhältlich sind. Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen werden in mindestens zwei Amtssprachen der Union veröffentlicht. Ihr Inhalt wird unentgeltlich in elektronischer Form in dem Internetportal des Infrastrukturbetreibers bereitgestellt und über ein gemeinsames Internetportal zugänglich gemacht. Dieses Internetportal wird von den Infrastrukturbetreibern im Rahmen ihrer Zusammenarbeit nach den Artikeln 37 und 40 eingerichtet.

(2)   Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen enthalten Angaben zum Fahrweg, der den Eisenbahnunternehmen zur Verfügung steht, und zu den Zugangsbedingungen für den betreffenden Fahrweg. Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen enthalten ferner Informationen zu den Bedingungen für den Zugang zu Serviceeinrichtungen, die an das Netz des Infrastrukturbetreibers angeschlossen sind, und für die Erbringung der Leistungen in diesen Einrichtungen oder verweisen auf eine Website, auf der diese Informationen unentgeltlich in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Anhang IV enthält den Inhalt der Schienennetz-Nutzungsbedingungen.

(3)   Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen sind auf dem neuesten Stand zu halten und bei Bedarf zu ändern.

(4)   Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen sind mindestens vier Monate vor Ablauf der Frist für die Beantragung von Fahrwegkapazität zu veröffentlichen.“

8

Art. 44 („Antragstellung“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34 bestimmt:

„(1)   Die Antragsteller können bei dem Infrastrukturbetreiber auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage einen Antrag auf eine Vereinbarung zur Einräumung von Rechten zur entgeltlichen Fahrwegnutzung gemäß Kapitel IV Abschnitt 2 stellen.

(2)   Anträge im Zusammenhang mit dem regulären Netzfahrplan sind innerhalb der in Anhang VII genannten Fristen zu stellen.“

9

Art. 45 („Netzfahrplanerstellung“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34 lautet:

„(1)   Der Infrastrukturbetreiber bemüht sich, so weit wie möglich allen Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität, einschließlich Anträgen auf netzübergreifenden Zugtrassen, stattzugeben und allen Sachzwängen, denen die Antragsteller unterliegen, einschließlich der wirtschaftlichen Auswirkungen auf ihr Geschäft, so weit wie möglich Rechnung zu tragen.

(2)   Der Infrastrukturbetreiber darf lediglich in den in Artikel 47 und Artikel 49 geregelten Fällen speziellen Verkehrsarten im Netzfahrplanerstellungs- und Koordinierungsverfahren Vorrang einräumen.“

10

In Art. 46 („Koordinierungsverfahren“) der Richtlinie 2012/34 heißt es:

„(1)   Ergeben sich bei der Netzfahrplanerstellung gemäß Artikel 45 Unvereinbarkeiten zwischen verschiedenen Anträgen, so bemüht sich der Infrastrukturbetreiber durch Koordinierung der Anträge um eine bestmögliche Erfüllung aller Erfordernisse.

(2)   Ergibt sich eine Situation, in der eine Koordinierung erforderlich ist, so hat der Infrastrukturbetreiber das Recht, innerhalb vertretbarer Grenzen Fahrwegkapazität anzubieten, die von der beantragten Kapazität abweicht.

(3)   Der Infrastrukturbetreiber bemüht sich in Absprache mit den betreffenden Antragstellern um eine Lösung für Unvereinbarkeiten. Für die Zwecke der Absprache werden die folgenden Informationen innerhalb einer angemessenen Frist unentgeltlich und in schriftlicher oder elektronischer Form offengelegt:

…“

11

Art. 47 („Überlastete Fahrwege“) der Richtlinie 2012/34 sieht u. a. vor:

„(1)   In den Fällen, in denen Anträgen auf die Zuweisung von Fahrwegkapazität nach Koordinierung der beantragten Zugtrassen und nach Konsultation der Antragsteller nicht in angemessenem Umfang stattgegeben werden kann, hat der Infrastrukturbetreiber den betreffenden Fahrwegabschnitt unverzüglich für überlastet zu erklären. Dies geschieht auch bei Fahrwegen, bei denen abzusehen ist, dass ihre Kapazität in naher Zukunft nicht ausreichen wird.

(2)   Wurden Fahrwege für überlastet erklärt, so hat der Infrastrukturbetreiber die Kapazitätsanalyse gemäß Artikel 50 durchzuführen, sofern nicht bereits ein Plan zur Erhöhung der Fahrwegkapazität gemäß Artikel 51 umgesetzt wird.

(4)   Die Vorrangkriterien haben dem gesellschaftlichen Nutzen eines Verkehrsdienstes gegenüber anderen Verkehrsdiensten, die hierdurch von der Fahrwegnutzung ausgeschlossen werden, Rechnung zu tragen.

Die Mitgliedstaaten können in diesem Rahmen zur Sicherstellung angemessener Verkehrsdienste, insbesondere um gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gerecht zu werden oder um die Entwicklung des inländischen und grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs zu fördern, unter nichtdiskriminierenden Bedingungen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass diese Dienste bei der Zuweisung von Fahrwegkapazität Vorrang erhalten.

Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls dem Infrastrukturbetreiber einen Ausgleich für mögliche Mindereinnahmen gewähren, die dadurch entstehen, dass bestimmten Diensten in Anwendung des Unterabsatzes 2 eine bestimmte Fahrwegkapazität bereitgestellt werden muss.

Bei diesen Maßnahmen und Ausgleichsleistungen sind auch die Auswirkungen dieses Ausschlusses in anderen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

…“

12

In Anhang IV („Inhalt der Schienennetz-Nutzungsbedingungen“) der Richtlinie 2012/34 heißt es:

„Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen gemäß Artikel 27 müssen folgende Angaben enthalten:

1.

Einen Abschnitt mit Angaben zur Art des Fahrwegs, der den Eisenbahnunternehmen zur Verfügung steht, sowie zu den Zugangsbedingungen für den betreffenden Fahrweg. Die Angaben in diesem Abschnitt müssen – auf Jahresbasis – mit den gemäß Artikel 35 der Richtlinie 2008/57/EG zu veröffentlichenden Eisenbahninfrastrukturregistern im Einklang stehen oder auf diese verweisen.

2.

Einen Abschnitt mit einer Darlegung der Entgeltgrundsätze und der Tarife. Dieser Abschnitt umfasst hinreichende Einzelheiten der Entgeltregelung sowie ausreichende Informationen zu den Entgelten und andere für den Zugang relevante Angaben bezüglich der in Anhang II aufgeführten Leistungen, die nur von einem einzigen Anbieter erbracht werden. Es ist im Einzelnen aufzuführen, welche Verfahren, Regeln und gegebenenfalls Tabellen zur Durchführung der Artikel 31 bis 36 in Bezug sowohl auf Kosten als auch auf Entgelte angewandt werden. Dieser Abschnitt enthält ferner Angaben zu bereits beschlossenen oder, soweit verfügbar, in den kommenden fünf Jahren vorgesehenen Entgeltänderungen.

3.

Einen Abschnitt über die Grundsätze und die Kriterien für die Zuweisung von Fahrwegkapazität. Es sind Angaben zu den allgemeinen Kapazitätsmerkmalen des Fahrwegs, der den Eisenbahnunternehmen zur Verfügung steht, sowie zu etwaigen Nutzungseinschränkungen, einschließlich des zu erwartenden Kapazitätsbedarfs für Instandhaltungszwecke, zu machen. In diesem Abschnitt sind ferner die Abwicklung und die Fristen des Verfahrens der Zuweisung von Fahrwegkapazität anzugeben. Er enthält spezifische Kriterien, die für dieses Verfahren von Belang sind, insbesondere

a)

die Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität durch Antragsteller beim Betreiber der Infrastruktur,

b)

Anforderungen an Antragsteller,

c)

Zeitplan des Antrags- und Zuweisungsverfahrens und der Verfahren, die bei der Anforderung von Informationen zur Netzfahrplanerstellung einzuhalten sind, sowie der Verfahren zur zeitlichen Planung planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltungsarbeiten,

d)

Grundsätze des Koordinierungsverfahrens und des in diesem Rahmen eingerichteten Streitbeilegungssystems,

e)

im Fall einer Fahrwegüberlastung durchzuführende Verfahren und anzuwendende Kriterien,

f)

Einzelheiten zur Nutzungsbeschränkung von Fahrwegen,

g)

Bedingungen, durch die dem Grad der bisherigen Inanspruchnahme von Fahrwegkapazität bei der Festlegung von Rangfolgen im Zuweisungsverfahren Rechnung getragen wird.

…“

Schwedisches Recht

13

Durch Lagen (2007:1092) om upphandling inom områdena vatten, energi, transporter och posttjänster (Gesetz [2007:1092] über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste) (im Folgenden: LUF) werden die Bestimmungen der Richtlinie 2004/17 in schwedisches Recht umgesetzt.

14

Gemäß Kapitel 1 § 8 Abs. 1 LUF fällt eine Tätigkeit dann unter dieses Gesetz, wenn sie im Bereitstellen oder Betreiben öffentlicher Netze in Form von Beförderungen, u. a. mit der Eisenbahn, besteht. Nach § 8 Abs. 2 gilt im Verkehrsbereich ein Netz als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen in Bezug auf die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne u. Ä. erbracht wird.

15

Kapitel 7 § 1 LUF bestimmt, dass, von Ausnahmen abgesehen, ein Auftraggeber, der die Vergabe eines Auftrags oder den Abschluss eines Rahmenvertrags beabsichtigt, eine entsprechende Bekanntmachung veröffentlichen muss.

16

Gemäß Kapitel 17 §§ 1 und 2 LUF kann die Aufsichtsbehörde beim Verwaltungsgericht beantragen, einen Auftraggeber zur Zahlung einer Geldbuße zu verurteilen, wenn er ohne vorherige Bekanntmachung einen Vertrag mit einem Anbieter geschlossen hat.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17

SJ ist eine im Alleineigentum des schwedischen Staates stehende Aktiengesellschaft, die Eisenbahntransporttätigkeiten erbringt. Im Januar 2012 schloss sie zwei Verträge im Volumen von 56 bzw. 60 Mio. Schwedischen Kronen (SEK) (etwa 5502306 bzw. 5895328 Euro) ab, mit denen sie Aufträge über Reinigungsdienste in den von ihr betriebenen Zügen vergab, ohne die Vergabe der Aufträge öffentlich ausgeschrieben zu haben.

18

Im Januar 2013 beantragte die Wettbewerbsbehörde beim Förvaltningsrätt i Stockholm (Verwaltungsgericht Stockholm, Schweden), gegen SJ eine Geldbuße zu verhängen. Für SJ habe die Verpflichtung zur Ausschreibung öffentlicher Aufträge gegolten, da ihre Tätigkeit ein Bereitstellen oder Betreiben öffentlicher Netze in Form von Beförderungen im Sinne von Kapitel 1 § 8 LUF darstelle. SJ war der Ansicht, dass ihre Tätigkeit nicht in den Anwendungsbereich von § 8 falle, und verteidigte sich gegen die Anträge der Wettbewerbsbehörde. Das angerufene Gericht gab SJ Recht.

19

Der von der Wettbewerbsbehörde beim Kammarrätt i Stockholm (Oberverwaltungsgericht Stockholm, Schweden) eingelegte Rechtsbehelf wurde ebenfalls zurückgewiesen.

20

Das Oberverwaltungsgericht war wie das Gericht erster Instanz der Ansicht, dass das Trafikverk (Verkehrsbehörde, Schweden) als Betreiber der Verkehrsinfrastruktur die zur Durchführung der Eisenbahntransporttätigkeiten als solchen erforderlichen Zugtrassen vergebe, hierbei aber nur wenige Mittel zur aktiven Einflussnahme darauf habe, wie SJ ihre Transportdienste erbringe, und daher nicht als Behörde angesehen werden könne, die SJ die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit vorschreibe. Aufgrund dessen könnten die von SJ erbrachten Dienste nicht als Dienste gelten, die gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen im Sinne von Kapitel 1 § 8 LUF erbracht würden. Daraus folge, dass SJ beim Abschluss der fraglichen Verträge nicht an dieses Gesetz gebunden gewesen sei.

21

Die Wettbewerbsbehörde focht dieses Urteil beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) an und beantragte, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen.

22

Unter diesen Umständen hat der Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen, dass ein Netz im Verkehrsbereich vorhanden ist, wenn in einem vom Staat verwalteten Schienennetz für den nationalen und internationalen Schienenverkehr Verkehrsleistungen gemäß nationalen Rechtsvorschriften erbracht werden, mit denen die Richtlinie 2012/34 umgesetzt wird und die u. a. vorsehen, dass die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Schienenverkehr auf der Grundlage von Anträgen der Eisenbahnunternehmen erfolgt und dass so weit wie möglich allen Anträgen stattzugeben ist?

2.

Ist Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit, die von einem Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 2012/34 ausgeübt wird und durch die für die Allgemeinheit Verkehrsleistungen im Schienennetz angeboten werden, eine Bereitstellung oder ein Betreiben eines Netzes im Sinne dieser Vorschrift darstellt?

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

23

Nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts hat SJ mit Schriftsatz, der am 3. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt, da die Nrn. 81 und 82 der Schlussanträge auf bestimmten Gesichtspunkten beruhten, die im schriftlichen und mündlichen Abschnitt des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens nicht behandelt worden seien, insbesondere Art. 30 der Richtlinie 2004/17.

24

Nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

25

Vorliegend hält sich der Gerichtshof für zureichend unterrichtet, um über das ihm vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen zu entscheiden, und hält das in dem Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens enthaltene Vorbringen zu einer eventuellen Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 nicht für entscheidungserheblich.

26

Demzufolge ist das mündliche Verfahren nicht wiederzueröffnen.

Zu den Vorlagefragen

Einleitende Bemerkungen

27

Mit seinen Vorlagefragen möchte das vorlegende Gericht klären, ob SJ verpflichtet war, die Vergabe der Aufträge für Reinigungsdienste in den von ihr betriebenen Zügen öffentlich auszuschreiben.

28

Wie der Generalanwalt in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist unstreitig, dass SJ als vollständig im Eigentum des Staates stehende Gesellschaft ein öffentliches Unternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/17 ist. Wenn sich davon ausgehen lässt, dass SJ eine der in Art. 5 der Richtlinie genannten Tätigkeiten ausübt, kann sie als Auftraggeber im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie angesehen werden.

29

SJ bringt vor, sie übe keine derartige Tätigkeit aus. Zum einen betreibe sie kein „Netz“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie. Zum anderen sei ihre Tätigkeit der Erbringung von Verkehrsleistungen weder „Bereitstellung“ noch „Betreiben“ eines Netzes im Sinne von Art. 5.

Zur ersten Frage

30

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen ist, dass im Sinne dieser Bestimmung ein Netz für Schienenverkehrsleistungen vorhanden ist, wenn gemäß einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie 2012/34 Verkehrsleistungen auf einer Schieneninfrastruktur bereitgestellt werden, die von einer nationalen Behörde verwaltet wird, die die Kapazitäten dieser Infrastruktur zuweist und verpflichtet ist, den Anträgen von Eisenbahnunternehmen stattzugeben, solange die Fahrwegkapazitäten nicht erschöpft sind.

31

Nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 gilt „[i]m Verkehrsbereich … ein Netz als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne“.

32

Um zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit vorliegen, fragt sich das vorlegende Gericht, welche Auswirkungen die der Verkehrsbehörde als zuständiger Behörde im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 2004/17 obliegende Verpflichtung hat, allen Anträgen von Eisenbahnunternehmen auf Zuweisung von Transportkapazitäten stattzugeben, solange die Fahrwegkapazitäten nicht erschöpft sind.

33

SJ macht geltend, dass sie Schienenverkehrsleistungen auf einem vollständig dem Wettbewerb ausgesetzten Markt erbringe und keine staatliche Finanzierung erhalte, dass sie ihre Einnahmen durch Fahrkartenverkäufe erwirtschafte, dass sie bei der Prüfung von Anträgen auf Fahrwegkapazitäten keinerlei Vorrang genieße und dass jeder von ihr durchgeführte Transport auf ihrer eigenen Entscheidung beruhe.

34

Jedoch vermögen allein diese Umstände, wenn man sie als zutreffend unterstellt, nicht die Feststellung auszuschließen, dass die Bedingungen, unter denen ein Eisenbahnunternehmen wie SJ seine Leistungen erbringt, von einer zuständigen Behörde festgelegt wurden.

35

Die Prüfung der anwendbaren Vorschriften belegt nämlich, dass dies der Fall ist.

36

Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34 sieht vor, dass der Infrastrukturbetreiber, vorliegend die Verkehrsbehörde, Schienennetz-Nutzungsbedingungen erstellt und veröffentlicht, die Angaben zum Fahrweg und zu den Zugangsbedingungen für den Fahrweg enthalten. Der Inhalt der Nutzungsbedingungen ist in Anhang IV der Richtlinie definiert.

37

Nach Anhang IV enthalten die Nutzungsbedingungen die Grundsätze und die Kriterien für die Zuweisung von Fahrwegkapazität, u. a. die Anforderungen an die Antragsteller, das im Fall einer Fahrwegüberlastung durchzuführende Verfahren und die dann anzuwendenden Kriterien sowie Einzelheiten zur Nutzungsbeschränkung von Fahrwegen.

38

So muss nach der Richtlinie 2012/34 jeder Antrag auf Zuweisung von Fahrwegkapazität von einem Eisenbahnunternehmen beim Infrastrukturbetreiber gemäß den von diesem festgelegten Schienennetz-Nutzungsbedingungen gestellt werden und den darin dargelegten Grundsätzen und Kriterien entsprechen. Daraus folgt, dass die Vergabe von Rechten zur Fahrwegnutzung davon abhängt, dass die Bewerberunternehmen Anforderungen erfüllen, die sowohl ihre Antragsbefugnis als auch die Bedingungen betreffen, unter denen sie die Infrastruktur nutzen. Infolgedessen schränken diese Anforderungen die unternehmerische Freiheit der Bewerberunternehmen beträchtlich ein.

39

Was das Verfahren zur Prüfung der Anträge als solches betrifft, ist der Betreiber der Eisenbahninfrastruktur, auch wenn er nach Art. 45 der Richtlinie so weit wie möglich allen Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität stattgeben muss, nach Art. 46 der Richtlinie 2012/34 bei nicht miteinander zu vereinbarenden Anträgen verpflichtet, sich durch Koordinierung der Anträge um die bestmögliche Erfüllung aller Erfordernisse zu bemühen. Somit kann er innerhalb vertretbarer Grenzen Kapazitäten anbieten, die von den beantragten abweichen, oder sogar außerstande sein, bestimmte Anträge positiv zu bescheiden.

40

Art. 47 der Richtlinie 2012/34 sieht für den Fall einer Überlastung der Eisenbahninfrastruktur Bestimmungen vor, in deren Rahmen der Infrastrukturbetreiber Vorrangkriterien festlegen darf.

41

Unter diesen Umständen ist zwar einzuräumen, dass das Eisenbahnunternehmen bei der Bestimmung der Bedingungen der Ausübung seiner Transporttätigkeit über eine gewisse Freiheit verfügt, doch ist angesichts der in einer Gesamtschau betrachteten für das Eisenbahnunternehmen geltenden Verpflichtungen und Einschränkungen, insbesondere der Verpflichtung, Zugtrassen zugewiesen zu bekommen und die daran geknüpften Bedingungen einzuhalten, festzustellen, dass die Umstände, unter denen das Eisenbahnunternehmen die Verkehrsdienste erbringt, von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats, hier der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verkehrsbehörde als Infrastrukturbetreiberin, festgelegt werden.

42

Diese Beurteilung wird auch durch die Analyse der Entstehungsgeschichte von Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 untermauert.

43

Wie die Europäische Kommission ausgeführt hat, wurde Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 90/531/EWG des Rates vom 17. September 1990 betreffend die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. 1990, L 297, S. 1), der im Wesentlichen in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 übernommen wurde, nämlich eingeführt, um die Auftragsvergabe im Bereich der Busverkehrsleistungen den Bestimmungen der Richtlinie 90/531 zu unterwerfen. Er ermöglichte die Klarstellung, dass ein Verkehrsnetz nicht nur dann vorhanden ist, wenn es aus einer physischen Infrastruktur wie Bahngleisen besteht, sondern auch im Fall eines unter bestimmten Bedingungen koordinierten Liniensystems wie im Bereich des Busverkehrs. Der Unionsgesetzgeber hatte hingegen nicht die Absicht, mit dieser Bestimmung den Anwendungsbereich der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der Verkehrsdienste zu beschränken, die in einem physischen Netz durchgeführt werden.

44

Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen ist, dass im Sinne dieser Bestimmung ein Netz für Schienenverkehrsleistungen vorhanden ist, wenn gemäß einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie 2012/34 Verkehrsleistungen auf einer Schieneninfrastruktur bereitgestellt werden, die von einer nationalen Behörde verwaltet wird, die die Kapazitäten dieser Infrastruktur zuweist, selbst wenn sie verpflichtet ist, den Anträgen von Eisenbahnunternehmen stattzugeben, solange die Fahrwegkapazitäten nicht erschöpft sind.

Zur zweiten Frage

45

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen ist, dass die von einem Eisenbahnunternehmen ausgeübte Tätigkeit der Erbringung von Verkehrsleistungen für die Allgemeinheit unter Nutzung des Schienennetzes eine „Bereitstellung“ oder ein „Betreiben von Netzen“ im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

46

Unter die Richtlinie 2004/17 fallen nach ihrem Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Schiene, automatische Systeme, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel.

47

Diese Bestimmung betrifft folglich zwei Arten von Tätigkeiten, nämlich zum einen die Bereitstellung von Netzen und zum anderen das Betreiben von Netzen.

48

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bedeutung und die Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang sie verwendet werden und welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehören (Urteil vom 12. Juni 2018, Louboutin und Christian Louboutin, C‑163/16, EU:C:2018:423, Rn. 20).

49

Insoweit ist der Begriff „Betreiben“ nach seinem üblichen Sinn so zu verstehen, dass er die Benutzung eines Gegenstands oder die Ausübung eines Rechts zur Erzielung von Einkünften umfasst. Somit besteht das Betreiben von Netzen durch ein Eisenbahnunternehmen darin, dass es das Recht ausübt, eine Eisenbahninfrastruktur zu nutzen, um damit Einkünfte zu erzielen.

50

Eine solche Definition unterscheidet sich davon, wie der Ausdruck „Bereitstellung von Netzen“ zu definieren ist.

51

Wie der Generalanwalt in Nr. 65 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist die „Bereitstellung von Netzen“ nämlich ein Vorrecht des Infrastrukturbetreibers und nicht des Eisenbahnunternehmens.

52

Wie die Kommission vorgetragen hat, war der Ausdruck „Bereitstellung von Netzen“ in den Richtlinien vor der Richtlinie 2004/17, nämlich in den Richtlinien 90/531 und 93/38, nicht enthalten. Er wurde mit der Richtlinie 2004/17 eingeführt, damit die in ihr vorgesehenen Vergabeverfahren auch auf die Verwaltung physischer Netze wie Bahntrassen, Bahnanlagen, Tunnel, Brücken und Bahnübergänge Anwendung finden.

53

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass die Tätigkeit „Betreiben von Netzen“ die Ausübung eines Nutzungsrechts am Schienennetz zur Erbringung von Verkehrsleistungen umfasst, wohingegen sich die Tätigkeit „Bereitstellung von Netzen“ auf die Verwaltung des Netzes bezieht.

54

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 dahin auszulegen ist, dass die von einem Eisenbahnunternehmen ausgeübte Tätigkeit der Erbringung von Verkehrsleistungen für die Allgemeinheit unter Ausübung eines Nutzungsrechts am Schienennetz ein „Betreiben von Netzen“ im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

Kosten

55

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste ist dahin auszulegen, dass im Sinne dieser Bestimmung ein Netz für Schienenverkehrsleistungen vorhanden ist, wenn gemäß einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums Verkehrsleistungen auf einer Schieneninfrastruktur bereitgestellt werden, die von einer nationalen Behörde verwaltet wird, die die Kapazitäten dieser Infrastruktur zuweist, selbst wenn sie verpflichtet ist, den Anträgen von Eisenbahnunternehmen stattzugeben, solange die Fahrwegkapazitäten nicht erschöpft sind.

 

2.

Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 ist dahin auszulegen, dass die von einem Eisenbahnunternehmen ausgeübte Tätigkeit der Erbringung von Verkehrsleistungen für die Allgemeinheit unter Ausübung eines Nutzungsrechts am Schienennetz ein „Betreiben von Netzen“ im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Schwedisch.