SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 8. Mai 2018 ( 1 )

Rechtssache C‑33/17

Čepelnik d.o.o.

gegen

Michael Vavti

(Vorabentscheidungsersuchen des Bezirksgerichts Bleiburg/Okrajno sodišče Pliberk [Österreich])

„Freier Dienstleistungsverkehr – Nationale Rechtsvorschriften, wonach ein Dienstleistungsempfänger eine Sicherheitsleistung zu zahlen hat, um eine allfällige Geldbuße gegen einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer zu sichern – Art. 16 und 19 der Richtlinie 2006/123/EG – Ausnahme Arbeitsrecht – Rechtfertigung – Art. 56 AEUV – Verhältnismäßigkeit – Verteidigungsrecht – Recht auf effektiven Rechtsschutz – Richtlinie 2014/67/EU“

1.

In dieser Rechtssache – einem Vorabentscheidungsersuchen des Bezirksgerichts Bleiburg/Okrajno sodišče Pliberk (Österreich) – wird der Gerichtshof um Entscheidung darüber ersucht, ob das Unionsrecht einem Mitgliedstaat verbietet, gegen einen Empfänger von Dienstleistungen, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen durch entsandte Arbeitnehmer erbracht werden, eine Sicherheitsleistung und einen Zahlungsstopp zu verhängen. Nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts muss der ausstehende Werklohn für solche Dienstleistungen an die Verwaltung des Aufnahmemitgliedstaats gezahlt werden, um die Vollstreckung einer Geldbuße sicherzustellen, die gegen den Dienstleistungserbringer zu einem zukünftigen Zeitpunkt wegen des Verstoßes gegen bestimmte Vorschriften des nationalen Arbeitsrechts verhängt werden könnte.

2.

Um festzustellen, ob die fragliche nationale Maßnahme gegen Unionsrecht verstößt, muss der Gerichtshof das Zusammenwirken von Vorschriften des Unionsrechts über die in Art. 56 AEUV, der Richtlinie 2006/123/EG ( 2 ) und der Richtlinie 2014/67/EU ( 3 ) geregelte Dienstleistungsfreiheit und der vom betreffenden Mitgliedstaat als Teil seines Arbeitsrechts bezeichneten nationalen Vorschriften prüfen.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

3.

Art. 1 („Gegenstand“) Abs. 6 der Dienstleistungsrichtlinie bestimmt:

„Diese Richtlinie berührt nicht das Arbeitsrecht, d. h. gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen über Arbeits- und Geschäftsbedingungen, einschließlich des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz und über die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von den Mitgliedstaaten gemäß nationalem Recht unter Wahrung des [Unionsrechts] angewandt werden. In gleicher Weise berührt die Richtlinie auch nicht die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit.“

4.

Art. 3 („Verhältnis zu geltendem [Unionsrecht]“) Abs. 3 der genannten Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten setzen die Bestimmungen dieser Richtlinie in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr um.“

5.

Art. 16 („Dienstleistungsfreiheit“) bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten achten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen.

Der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, gewährleistet die freie Aufnahme und freie Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb seines Hoheitsgebiets.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet nicht von Anforderungen abhängig machen, die gegen folgende Grundsätze verstoßen:

a)

Nicht-Diskriminierung: die Anforderung darf weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei juristischen Personen – aufgrund des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind, darstellen;

b)

Erforderlichkeit: die Anforderung muss aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt gerechtfertigt sein;

c)

Verhältnismäßigkeit: die Anforderung muss zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen die Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers nicht einschränken, indem sie diesen einer der folgenden Anforderungen unterwerfen:

a)

der Pflicht, in ihrem Hoheitsgebiet eine Niederlassung zu unterhalten;

b)

der Pflicht, bei ihren zuständigen Behörden eine Genehmigung einzuholen; dies gilt auch für die Verpflichtung zur Eintragung in ein Register oder die Mitgliedschaft in einem Berufsverband oder einer Berufsvereinigung in ihrem Hoheitsgebiet, außer in den in dieser Richtlinie oder anderen Rechtsvorschriften der [Union] vorgesehenen Fällen;

c)

dem Verbot, in ihrem Hoheitsgebiet eine bestimmte Form oder Art von Infrastruktur zu errichten, einschließlich Geschäftsräumen oder einer Kanzlei, die der Dienstleistungserbringer zur Erbringung der betreffenden Leistungen benötigt;

d)

der Anwendung bestimmter vertraglicher Vereinbarungen zur Regelung der Beziehungen zwischen dem Dienstleistungserbringer und dem Dienstleistungsempfänger, die eine selbständige Tätigkeit des Dienstleistungserbringers verhindert oder beschränkt;

e)

der Pflicht, sich von ihren zuständigen Behörden einen besonderen Ausweis für die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit ausstellen zu lassen;

f)

Anforderungen betreffend die Verwendung von Ausrüstungsgegenständen und Materialien, die integraler Bestandteil der Dienstleistung sind, es sei denn, diese Anforderungen sind für den Schutz der Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz notwendig;

g)

der in Artikel 19 genannten Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs.

(3)   Der Mitgliedstaat, in den sich der Dienstleistungserbringer begibt, ist nicht daran gehindert, unter Beachtung des Absatzes 1 Anforderungen in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen zu stellen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt gerechtfertigt sind. Dieser Mitgliedstaat ist ferner nicht daran gehindert, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht seine Bestimmungen über Beschäftigungsbedingungen, einschließlich derjenigen in Tarifverträgen, anzuwenden.“

6.

Art. 17 der Dienstleistungsrichtlinie enthält eine Liste mit „[weiteren] Ausnahmen von der Dienstleistungsfreiheit“. Nach Nr. 2 dieser Liste „[findet] Artikel 16 … keine Anwendung auf … die Angelegenheiten, die unter die Richtlinie 96/71/EG fallen“.

7.

Kapitel IV Abschnitt 2 der Dienstleistungsrichtlinie betrifft die „Rechte der Dienstleistungsempfänger“. Art. 19 lautet:

„Die Mitgliedstaaten dürfen an den Dienstleistungsempfänger keine Anforderungen stellen, die die Inanspruchnahme einer Dienstleistung beschränken, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten wird; dies gilt insbesondere für folgende Anforderungen:

a)

die Pflicht, bei den zuständige Behörden eine Genehmigung einzuholen oder diesen gegenüber eine Erklärung abzugeben;

b)

diskriminierende Beschränkungen der Möglichkeit zur Erlangung finanzieller Unterstützung, die auf der Tatsache beruhen, dass der Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, oder aufgrund des Ortes, an dem die Dienstleistung erbracht wird.

…“

B.   Österreichisches Recht

8.

§ 7m des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes 1993 (BGBl. 459/1993, im Folgenden: AVRAG) bestimmt:

„(1)   Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, können die Organe der Abgabenbehörden in Verbindung mit den Erhebungen nach § 7f sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftigter/in schriftlich auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder Teile davon nicht zu zahlen (Zahlungsstopp). … Die Organe der Abgabenbehörden sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dürfen einen Zahlungsstopp nur dann auftragen, wenn eine vorläufige Sicherheit nach § 7l nicht festgesetzt oder nicht eingehoben werden konnte.

(3)   Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftigter/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. …

(5)   Die Überweisung nach Abs. 3 wirkt für den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftigter/in gegenüber dem/der Auftragnehmer/in oder dem/der Überlasser/in im Ausmaß der Überweisung schuldbefreiend.

…“

9.

§ 7b Abs. 3 und 8 AVRAG bestimmt:

„(3)   Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden …

(8)   Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1

1.

die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet …

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500,00 EUR bis 5000,00 EUR, im Wiederholungsfall von 1000,00 EUR bis 10000,00 EUR zu bestrafen. …“

10.

§ 7i Abs. 4 AVRAG lautet wie folgt:

„Wer als

1.   Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1000,00 EUR bis 10000,00 EUR, im Wiederholungsfall von 2000,00 EUR bis 20000,00 EUR, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2000,00 EUR bis 20000,00 EUR, im Wiederholungsfall von 4000,00 EUR bis 50000,00 EUR zu bestrafen.“

11.

Die Regelungen in den §§ 7b Abs. 3, 7b Abs. 8, 7i Abs. 4 und 7m AVRAG geben die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2016 wieder. Am 1. Januar 2017 wurden sie durch die inhaltsgleichen §§ 19, 26, 27, 28 und 34 des Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes ersetzt.

II. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

12.

Der vorliegenden Rechtssache liegt ein Rechtsstreit zwischen der Čepelnik d.o.o. (im Folgenden: Čepelnik) und Herrn Michael Vavti über die Zahlung des ausstehenden Werklohns für Bauleistungen zugrunde.

13.

Čepelnik ist eine in Slowenien ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie erbrachte gegenüber Herrn Vavti Dienstleistungen im Baugewerbe im Wert von 12200 Euro. Die Dienstleistungen wurden durch entsandte Arbeitnehmer an einem im Eigentum von Herrn Vavti stehenden, in Österreich nahe der Grenze zu Slowenien belegenen Haus erbracht. Herr Vavti leistete eine Vorauszahlung in Höhe von 7000 Euro an Čepelnik.

14.

Am 16. März 2016 führte die österreichische Finanzpolizei auf der Baustelle eine Kontrolle durch und legte Čepelnik zwei Verwaltungsübertretungen zur Last. Erstens habe Čepelnik für zwei entsandte Arbeitnehmer die Meldung über den Arbeitsbeginn gemäß § 7b Abs. 8 Nr. 1 in Verbindung mit § 7b Abs. 3 AVRAG nicht ordnungsgemäß erstattet. Zweitens habe Čepelnik die Lohnunterlagen für vier entsandte Arbeitnehmer entgegen § 7i Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 7d Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVRAG nicht in deutscher Sprache bereitgehalten.

15.

Unmittelbar im Anschluss an die Kontrolle erlegte die Finanzpolizei Herrn Vavti einen Zahlungsstopp auf und beantragte bei der zuständigen Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt (Österreich) (im Folgenden: BHM Völkermarkt), ihm die Bezahlung einer Sicherheitsleistung aufzuerlegen. Diese Sicherheitsleistung sollte eine Geldbuße sichern, die in dem Verfahren, das auf der Grundlage des Ergebnisses der Kontrolle nach dem AVRAG gegen Čepelnik eingeleitet werden sollte, möglicherweise verhängt würde. Gemäß § 7m Abs. 4 AVRAG beantragte die Finanzpolizei, die Sicherheit in Höhe des ausstehenden Werklohns, 5200 Euro, festzusetzen. Mit Bescheid vom 17. März 2016 ordnete die BHM Völkermarkt die beantragte Sicherheitsleistung mit der Begründung an, dass „aufgrund des Sitzes des … Dienstleistungserbringers, welcher in Slowenien … ist, anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung und Strafvollstreckung wesentlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird“. Herr Vavti erhob keine Beschwerde gegen diesen Bescheid und leistete die Sicherheit am 20. April 2016.

16.

Gegen Čepelnik wurde ein Verfahren wegen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen eingeleitet. Mit Straferkenntnis vom 11. Oktober 2016 wurde gegen Čepelnik eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro verhängt, da sie gegen § 7b Abs. 8 Nr. 1 AVRAG verstoßen habe, indem sie zwei Arbeitnehmer nicht bei der zuständigen Stelle in Österreich gemeldet habe, bevor sie ihre Arbeit auf der Baustelle aufnahmen. Mit Straferkenntnis vom 12. Oktober 2016 wurde Čepelnik außerdem zu einer Geldstrafe in Höhe von 8000 Euro verurteilt, da sie gegen § 7i Abs. 4 Nr. 1 AVRAG verstoßen habe, indem sie für vier Arbeitnehmer die erforderlichen Lohnunterlagen nicht in deutscher Sprache bereitgehalten habe. Čepelnik legte am 2. November 2016 Beschwerde gegen diese Erkenntnisse ein. Das vorlegende Gericht fügt hinzu, dass die Beschwerden zum Zeitpunkt der Vorabentscheidungsvorlage noch anhängig waren.

17.

Nach Beendigung der Arbeiten stellte Čepelnik Herrn Vavti zur Begleichung des ausstehenden Werklohns 5000 Euro in Rechnung. Herr Vavti verweigerte die Zahlung und machte geltend, den ausstehenden Werklohn entsprechend der Verwaltungsentscheidung der BHM Völkermarkt an die Behörde gezahlt zu haben. Er trug vor, dass seine Schuld gegenüber Čepelnik gemäß § 7m Abs. 5 AVRAG durch die Leistung der Sicherheit erloschen sei. Čepelnik erhob daraufhin beim Bezirksgericht Bleiburg/Okrajno sodišče Pliberk Klage gegen Herrn Vavti, um den ausstehenden Werklohn zu erhalten.

18.

Da das vorlegende Gericht Zweifel hinsichtlich der korrekten Auslegung einiger Vorschriften des Unionsrechts und an der Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Regelungen mit diesen Vorschriften hat, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:

Sind Art. 56 AEUV und die Richtlinie 2014/67 dahin gehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verbieten, einen Zahlungstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in der Höhe des aushaftenden Werklohnes gegen den inländischen Auftraggeber zu verhängen, wenn der Zahlungsstopp und die Bezahlung der Sicherheitsleistung allein der Sicherstellung eines allfälligen Bußgeldes dient, welches erst in einem gesonderten Verfahren gegen einen Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat verhängt werden soll?

Bei Verneinung dieser Frage:

a.

Sind Art. 56 AEUV und die Richtlinie 2014/67 dahin gehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verbieten, einen Zahlungstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in der Höhe des aushaftenden Werklohnes gegen den inländischen Auftraggeber zu verhängen, wenn de[m] Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat, gegen den eine Geldbuße verhängt werden soll, im Verfahren auf Verhängung der Sicherheitsleistung […] kein Rechtsmittel gegen die Verhängung einer Sicherheitsleistung zur Verfügung steht und der Beschwerde des inländischen Auftraggebers gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt?

b.

Sind Art. 56 AEUV und die Richtlinie 2014/67 dahin gehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verbieten, einen Zahlungstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in der Höhe des aushaftenden Werklohnes gegen den inländischen Auftraggeber allein deshalb zu verhängen, weil der Dienstleistungserbringer seinen Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat?

c.

Sind Art. 56 AEUV und die Richtlinie 2014/67 dahin gehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verbieten, einen Zahlungstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in der Höhe des aushaftenden Werklohnes gegen den inländischen Auftraggeber zu verhängen, obwohl dieser noch nicht fällig ist und die Höhe des endgültigen Werklohnes aufgrund von Gegenforderungen und Zurückbehaltungsrechten noch nicht feststeht?

19.

Čepelnik, die tschechische, die ungarische, die slowakische, die slowenische, die österreichische und die polnische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen vorgelegt. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 hat der Gerichtshof die Parteien und die in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs bezeichneten Beteiligten gemäß Art. 61 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung aufgefordert, vor der Sitzung folgende Fragen schriftlich zu beantworten:

1.   Ist die Dienstleistungsrichtlinie auf Entscheidungen wie die im Ausgangsverfahren streitigen anwendbar? Die Beteiligten werden insoweit auf Art. 1 Abs. 6 der Richtlinie hingewiesen.

2.   Falls ja: Ist die Dienstleistungsrichtlinie dahin auszulegen, dass sie Entscheidungen wie den im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht?

20.

Čepelnik, die tschechische, die französische, die slowakische, die slowenische und die österreichische Regierung sowie die Kommission haben die Fragen schriftlich beantwortet. Außerdem haben sich Čepelnik, die tschechische, die ungarische, die slowenische und die österreichische Regierung sowie die Kommission in der Sitzung vom 26. Januar 2018 mündlich geäußert.

III. Würdigung

21.

Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht einem Mitgliedstaat verbietet, gegen einen Dienstleistungsempfänger für eine Dienstleistung, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer durch entsandte Arbeitnehmer erbracht wird, einen Zahlungsstopp und die Bezahlung einer Sicherheit in der Höhe des ausstehenden Werklohns zu verhängen (im Folgenden: fragliche Maßnahme), wenn die fragliche Maßnahme dazu dient, die Zahlung einer Geldbuße sicherzustellen, die dem Dienstleistungserbringer durch den Aufnahmemitgliedstaat später wegen Verstoßes gegen dessen Arbeitsrecht auferlegt werden könnte.

22.

Insbesondere fragt das vorlegende Gericht, ob das Unionsrecht der Maßnahme entgegensteht, wenn dem Dienstleistungserbringer kein Rechtsmittel gegen eine solche Maßnahme zur Verfügung steht und/oder die Maßnahme allein deshalb verhängt wird, weil der Dienstleistungserbringer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, und/oder die Maßnahme verhängt wird, obwohl der vertraglich vereinbarte Werklohn noch nicht in voller Höhe fällig ist und die Höhe des ausstehenden Werklohns aufgrund von Gegenforderungen und Zurückbehaltungsrechten noch nicht feststeht.

23.

Bevor ich mich inhaltlich mit den Fragen befasse, ist es jedoch erforderlich, zunächst auf den von der österreichischen Regierung erhobenen verfahrensrechtlichen Einwand einzugehen und sodann die Hauptmerkmale der fraglichen Maßnahme kurz darzulegen, um festzustellen, welche Vorschriften des Unionsrechts in diesem Zusammenhang Anwendung finden.

A.   Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

24.

Die österreichische Regierung macht in ihren Erklärungen geltend, der Gerichtshof sei unzuständig, weil eine Antwort auf die vorgelegten Fragen für die Beilegung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich sei. Die Regierung führt an, dass der Bescheid, mit dem die fragliche Maßnahme verhängt worden sei, verwaltungsrechtlicher Natur sei und deshalb nur von einem Verwaltungsgericht überprüft werden könne. Das vorlegende Gericht sei jedoch kein Verwaltungsgericht, und es sei nur im Rahmen eines Zivilrechtsstreits zwischen Čepelnik und Herrn Vavti angerufen worden. Das Gericht sei daher nicht für die Aufhebung oder Abänderung dieses Bescheids zuständig.

25.

Nach ständiger Rechtsprechung spricht jedoch eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit von Fragen eines vorlegenden Gerichts zur Auslegung von Unionsrecht. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 4 ).

26.

In dieser Hinsicht ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Verwaltungsentscheidung, mit der Herrn Vavti die streitige Maßnahme auferlegt wurde, und dem von Čepelnik angestrengten zivilrechtlichen Verfahren gegen Herrn Vavti zur Erlangung des ausstehenden Werklohns gibt. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Schuld von Herrn Vavti gegenüber Čepelnik gemäß § 7m Abs. 5 AVRAG durch die Leistung der Sicherheit an die Verwaltungsbehörde erloschen sei. Daher sind Fragen betreffend die Rechtmäßigkeit der Sicherheitsleistung offensichtlich nicht ohne Bedeutung für die Fähigkeit des vorlegenden Gerichts, den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden.

27.

Folglich ist der Gerichtshof für die Beantwortung der vorgelegten Fragen zuständig.

B.   Die fragliche Maßnahme

28.

Mit seinen Fragen ersucht das vorlegende Gericht um eine Entscheidung über die Vereinbarkeit einer nationalen Maßnahme wie der fraglichen mit dem Unionsrecht. Das vorlegende Gericht bezieht sich in seinem Vorabentscheidungsersuchen insbesondere auf Art. 56 AEUV und auf die Bestimmungen der Richtlinie 2014/67. Darüber hinaus haben mehrere Beteiligte, die in diesem Verfahren Erklärungen vorgelegt haben, vorgetragen, dass die Dienstleistungsrichtlinie auf den vorliegenden Fall Anwendung finde – weshalb der Gerichtshof die Beteiligten aufgefordert hat, hierzu schriftlich Stellung zu nehmen.

29.

Daher muss zunächst festgestellt werden, welche Vorschriften des Unionsrechts unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale der fraglichen Maßnahme auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar sind.

30.

Diese Maßnahme besteht aus einem Bescheid, mit dem die Behörden einem Dienstleistungsempfänger einen Zahlungsstopp und eine Sicherheitsleistung auferlegen, weil der Dienstleistungserbringer möglicherweise seine Verpflichtungen aus dem nationalen Arbeitsrecht nicht erfüllt. Der Teil des vertraglich vereinbarten Werklohns, den der Dienstleistungsempfänger dem Dienstleistungserbringer noch schuldet, wenn die fragliche Maßnahme verhängt wird, muss an die Verwaltung gezahlt werden, die ihn zurückbehält, um die Zahlung von Sanktionen zu sichern, die diesem Dienstleistungserbringer möglicherweise auferlegt werden. Wenn die Maßnahme verhängt wird, ist dem Dienstleistungserbringer tatsächlich noch keine Sanktion auferlegt worden.

31.

An dieser Stelle muss ich darauf hinweisen, dass nicht abschließend festgestellt werden kann, ob die fragliche Maßnahme (direkt oder indirekt) diskriminierend ist. In diesem Zusammenhang trägt die österreichische Regierung vor, dass § 7m AVRAG auf den ersten Blick eine nicht diskriminierende Bestimmung sei, da er sowohl auf in Österreich ansässige Dienstleistungserbringer anwendbar sei als auch auf Dienstleistungserbringer, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig seien.

32.

Ich finde in den Akten jedoch nichts, was dieses Vorbringen stützt. Tatsächlich beziehen sich alle Verwaltungsübertretungen, die gemäß § 7m AVRAG die Verhängung der fraglichen Maßnahme auslösen können (die in den §§ 7b Abs. 8, 7i und 7k Abs. 4 AVRAG genannten Verwaltungsübertretungen), auf Fallgestaltungen, die die Entsendung von Arbeitnehmern betreffen. Die fragliche Maßnahme zielt daher offensichtlich ausschließlich auf ausländische Dienstleistungserbringer ab.

33.

Die in der Sitzung gestellte Frage, ob eine ähnliche Maßnahme nach österreichischem Recht auch in Bezug auf rein internationale Sachverhalte oder auf Verwaltungsübertretungen anwendbar sei, die häufiger von inländischen Dienstleistungserbringern begangen werden, hat die österreichische Regierung zunächst bejaht. Gleichwohl hat es der Regierung auf die Aufforderung, Einzelheiten und konkrete Beispiele zu nennen, Mühe bereitet, einschlägige Rechtsvorschriften anzugeben oder Fälle zu benennen, in denen eine ähnliche Maßnahme auf einen Sachverhalt angewandt wurde, in dem es kein grenzüberschreitendes Element gab. Ich selbst habe in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung des AVRAG keine Bestimmung gefunden, die eine entsprechende Maßnahme für Fälle vorgesehen hat, in denen andere als die in § 7m dieses Gesetzes genannten Vorschriften verletzt worden sind. In diesem Zusammenhang könnte man sich fragen, ob eine so weitreichende Vorschrift für rein innerstaatliche Sachverhalte wirklich erforderlich ist.

34.

Jedenfalls scheint die fragliche Maßnahme, wenn nicht direkt, dann zumindest indirekt diskriminierend zu sein. Das vorlegende Gericht hebt nämlich hervor, dass die Bedingungen für die Anwendung der Maßnahme im vorliegenden Fall aus dem bloßen Grund als erfüllt angesehen wurden, dass der Dienstleistungserbringer ein slowenisches Unternehmen war. Wenn dies der Fall ist, dann wird diese Bestimmung faktisch in diskriminierender Weise angewandt: Ausländische Dienstleistungserbringer und inländische Dienstleistungserbringer werden allein aufgrund ihrer Ansässigkeit unterschiedlich behandelt. In der Sitzung hat die österreichische Regierung jedoch vorgetragen, dass § 7m AVRAG im vorliegenden Fall einfach falsch angewandt worden sein könnte. Ihrer Auffassung nach sollte der Umstand, dass ein Dienstleistungserbringer im Ausland ansässig ist, für den Erlass der fraglichen Maßnahme nicht maßgeblich sein.

35.

Angesichts dessen und trotz der Vorbehalte, die ich in diesem Punkt noch immer habe, werde ich mit der rechtlichen Würdigung unter der Annahme fortfahren, dass die fragliche Maßnahme nicht diskriminierend ist.

36.

Wie das vorlegende Gericht richtig hervorhebt, ist eine solche Maßnahme unabhängig davon, ob sie diskriminierend oder nicht diskriminierend ist, jedenfalls ihrer Natur nach geeignet, einerseits österreichische Kunden davon abzuhalten, Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Anbietern in Anspruch zu nehmen, und andererseits in anderen Mitgliedstaaten ansässige Dienstleistungserbringer davon abzuhalten, ihre Dienstleistungen vorübergehend in Österreich anzubieten.

37.

Zum ersten Punkt ist anzumerken, dass eine Maßnahme wie die fragliche offensichtlich eine Reihe nachteiliger Auswirkungen auf Kunden, die sich dazu entschließen, Dienstleistungen ausländischer Dienstleistungserbringer in Anspruch zu nehmen, nach sich ziehen kann. Insbesondere muss der Kunde, wenn die fragliche Maßnahme erlassen worden ist, den ausstehenden Werklohn im Voraus an die Verwaltung zahlen, statt warten zu können, bis die Dienstleistung durch den Dienstleistungserbringer vollständig erbracht worden ist. Darüber hinaus verliert der Kunde die Möglichkeit, gegebenenfalls einen Teil des noch zu leistenden Werklohns als Ausgleich für die mangelhafte oder verspätete Fertigstellung des Werks oder für Schäden, die in Ausführung der Arbeiten entstanden sind, zurückzubehalten. Auch setzt sich der Kunde dem Risiko aus, dass die Arbeiten unterbrochen oder verzögert werden, wenn der Dienstleistungserbringer die Anwendung der Maßnahme bemerkt.

38.

Zum zweiten Punkt ist anzumerken, dass die fragliche Maßnahme es für im Ausland ansässige Unternehmen weniger attraktiv macht, ihre Dienstleistungen vorübergehend in Österreich anzubieten. Es reicht nämlich aus, dass die österreichischen Behörden den „begründeten Verdacht“ hegen, dass ein Dienstleistungserbringer nach bestimmten Vorschriften des AVRAG eine Verwaltungsübertretung begangen hat, damit er das Recht verliert, von seinem Kunden den ausstehenden Werklohn für den geleisteten Dienst zu verlangen. Die fragliche Maßnahme kann Dienstleistungserbringer daher zumindest erhöhten Risiken von Zahlungsverzögerungen aussetzen, die nicht selten einen beträchtlichen Teil des vereinbarten Gesamtbetrags betreffen. Die fragliche Maßnahme kann sogar dann nachteilige finanzielle Folgen haben, wenn keine Verwaltungsübertretung begangen worden ist, da die Sicherheitsleistung während der gesamten Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens (das mehrere Jahre dauern kann) auf dem Konto der österreichischen Verwaltung verbleibt, wo es – wenn ich es richtig verstehe – keine Zinsen erwirtschaftet.

39.

Vor diesem Hintergrund scheint klar zu sein, dass eine Maßnahme wie die fragliche grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit fällt. Darüber hinaus scheint auch die Dienstleistungsrichtlinie auf den ersten Blick einschlägig zu sein: Dieses Instrument hat einen allgemeinen rechtlichen Rahmen eingeführt, der u. a. darauf abzielt, Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen ( 5 ).

40.

Im Gegensatz dazu sind andere Rechtsinstrumente, die vom vorlegenden Gericht oder einigen der Beteiligten, die Erklärungen vorgelegt haben, angeführt worden sind, meines Erachtens nicht einschlägig oder anwendbar. Zunächst einmal ist keine Vorschrift der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern ( 6 ) unmittelbar anwendbar, obwohl der Ausgangsrechtsstreit aus einem Sachverhalt der Entsendung von Arbeitnehmern entstanden ist. Diese Richtlinie dient der Koordinierung der nationalen Regelungen über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der entsandten Arbeitnehmer, unabhängig von verwaltungsrechtlichen Nebenbestimmungen, die die Überwachung der Einhaltung dieser Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen erlauben sollen. Diese Maßnahmen können daher von den Mitgliedstaaten unter Beachtung des AEU-Vertrags und der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts frei bestimmt werden ( 7 ).

41.

Weiterhin ist die Richtlinie 2014/67 zur Durchsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern – die wegen ihrer Thematik grundsätzlich einschlägig gewesen wäre ( 8 ) – wegen ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf den vorliegenden Ausgangsrechtsstreit nicht anwendbar ( 9 ). Während die Frist zur Umsetzung der Richtlinie erst am 18. Juni 2016 abgelaufen ist, ereignete sich der im Ausgangsverfahren fragliche Sachverhalt nämlich im März 2016. Nach meinem Verständnis ist Österreich der Auffassung, die Richtlinie 2014/67 durch das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz vom 13. Juni 2016, in Kraft getreten am 1. Januar 2017, umgesetzt zu haben, da dies das Gesetz ist, das der Kommission als Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie zur Kenntnis gebracht worden ist.

42.

Daher geht es in diesem Zusammenhang im Kern darum, festzustellen, ob die Vereinbarkeit einer Maßnahme wie der fraglichen mit dem Unionsrecht anhand der Bestimmungen des AEU-Vertrags über den Binnenmarkt oder im Licht der Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie untersucht werden muss.

C.   Art. 56 AEUV oder Dienstleistungsrichtlinie?

43.

Beginnend mit dem Urteil in der Rechtssache Rina Services ( 10 ) hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die in der Dienstleistungsrichtlinie enthaltenen Regelungen als rechtlichen Rahmen angewandt, um die Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen mit dem freien Dienstleistungsverkehr zu klären, wenn die Maßnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich dieses Rechtsinstruments erfasst waren, ohne die Maßnahmen im Licht der Art. 49 und/oder 56 AEUV zu untersuchen.

44.

An dieser Stelle ist die entscheidende Frage folglich die, ob eine Maßnahme wie die fragliche in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fällt.

45.

Die Dienstleistungsrichtlinie gilt grundsätzlich für alle Arten von Dienstleistungen ( 11 ) und in Bezug auf alle Arten nationaler Maßnahmen, die den freien Dienstleistungsverkehr beeinträchtigen können ( 12 ), mit Ausnahme der Tätigkeiten und der Arten von nationalen Maßnahmen, die ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen sind ( 13 ). Insbesondere sind Dienstleistungen im Baugewerbe – um diese Tätigkeit geht es im Ausgangsverfahren – ausdrücklich im 33. Erwägungsgrund der Dienstleistungsrichtlinie in der Liste der beispielhaft aufgeführten Tätigkeiten genannt, die von der Richtlinie erfasst sind.

46.

Die Dienstleistungsrichtlinie nennt in Art. 1 auch bestimmte Bereiche, die sie nicht „betrifft“ oder die sie nicht „berührt“.

47.

Unter Bezugnahme auf Art. 1 der Dienstleistungsrichtlinie trägt die österreichische Regierung vor, dass die Dienstleistungsrichtlinie im Ausgangsverfahren nicht anwendbar sei: Die fragliche Maßnahme sei Teil ihres innerstaatlichen Arbeitsrechts, das gemäß Art. 1 Abs. 6 der Richtlinie nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sei.

48.

Es ist daher zu prüfen, ob diesem Argument gefolgt werden kann. Dazu erscheint es mir sinnvoll, darzulegen, worin meiner Ansicht nach der Sinn und Zweck von Art. 1 Abs. 6 der Dienstleistungsrichtlinie besteht.

1. Die Ausnahme des Arbeitsrechts

49.

Nach Art. 1 Abs. 6 berührt die Dienstleistungsrichtlinie „nicht das Arbeitsrecht, d. h. gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, einschließlich des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz und über die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von den Mitgliedstaaten gemäß nationalem Recht unter Wahrung des [Unionsrechts] angewandt werden“ ( 14 ). Diese Regelung muss im Licht des 14. Erwägungsgrundes der Richtlinie gelesen werden, der lautet: „Diese Richtlinie berührt weder Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen wie Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, bezahlten Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze, Gesundheitsschutz, Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz, die von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem [Unionsrecht] angewandt werden, noch greift sie in die gemäß nationalem Recht und nationalen Praktiken unter Wahrung des [Unionsrechts] geregelten Beziehungen zwischen den Sozialpartnern ein, z. B. in das Recht, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, das Streikrecht und das Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen.“

50.

Wichtig ist, dass diese Bestimmungen nicht festlegen, dass das Gebiet des Arbeitsrechts insgesamt vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen ist. Tatsächlich sind, wie erwähnt, Rechtsgebiete (z. B. das Steuerrecht) oder wirtschaftliche Tätigkeiten (wie Gesundheitsdienste), die insgesamt aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausfallen, in Art. 2 genannt, der die Überschrift „Anwendungsbereich“ trägt und ausdrücklich bestimmt, dass die Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie auf die dort aufgezählten Gebiete und Tätigkeiten „keine Anwendung“ finden ( 15 ).

51.

Art. 1 der Dienstleistungsrichtlinie wiederum betrifft den „Gegenstand“ der Richtlinie und nennt u. a. Rechtsgebiete, die durch sie „nicht berührt“ werden. Diese Anforderung muss meiner Ansicht nach dahin gehend verstanden werden, dass die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie so ausgelegt und angewandt werden müssen, dass die Rechte, Freiheiten oder Befugnisse entweder natürlicher Personen (z. B. die Ausübung von Grundrechten) oder der Mitgliedstaaten (z. B., um zu bestimmen, was sie als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ansehen, um die Gebiete des Strafrechts oder des Arbeitsrechts zu regeln), die in Art. 1 dieser Richtlinie genannt werden, nicht beschränkt werden ( 16 ).

52.

Aus der Entstehungsgeschichte der Dienstleistungsrichtlinie folgt in der Tat, dass der Unionsgesetzgeber vermeiden wollte, dass dieses Rechtsinstrument zu einem Regelungswettbewerb führt, der eine Abwärtsspirale in Bezug auf die sozialen und arbeitsrechtlichen Standards nach sich zieht ( 17 ). Die Dienstleistungsrichtlinie hindert die Mitgliedstaaten somit, einfach ausgedrückt, nicht daran, ihre arbeitsrechtlichen Vorschriften auf Sachverhalte anzuwenden, die, hätten solche Vorschriften nicht existiert, in den Anwendungsbereich der Richtlinie gefallen wären.

53.

Die Dienstleistungsrichtlinie knüpft diese Befugnis jedoch an die Einhaltung einer Bedingung. Wie ausdrücklich sowohl in Art. 1 Abs. 6 als auch im 14. Erwägungsgrund der Richtlinie erwähnt, bleibt das Arbeitsrecht der Mitgliedstaaten nur insofern unberührt, als die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften „unter Wahrung des [Unionsrechts] angewandt werden“. Die Dienstleistungsrichtlinie gibt den Mitgliedstaaten somit keineswegs einen Freibrief für eine Anwendung ihres Arbeitsrechts ohne Rücksicht auf mögliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt, sondern sieht nur eine beschränkte Ausnahme vor. Andere Grundsätze und Vorschriften, die den Binnenmarkt betreffen – ob in Primärrechtsakten oder in anderen Sekundärrechtsakten enthalten – bleiben auf das Arbeitsrecht eines Mitgliedstaats anwendbar.

54.

Dies vorausgeschickt, ist als nächste Frage zu prüfen, ob eine Maßnahme wie die fragliche unter die Ausnahme „Arbeitsrecht“ der Dienstleistungsrichtlinie fällt.

2. Die Rechtsnatur der fraglichen Maßnahme

55.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des „Arbeitsrechts“ meiner Ansicht nach ein unionsrechtlicher Begriff sein muss. Anderenfalls würde die Reichweite der Richtlinie in den Mitgliedstaaten in Abhängigkeit davon variieren, welche formale Definition des Arbeitsrechts jeder Mitgliedstaat anwendet.

56.

Diese Auffassung wird auch durch ein grammatikalisches Element bestätigt. Art. 1 Abs. 6 der Dienstleistungsrichtlinie enthält eine Erklärung dessen, was dieser Begriff umfasst: „gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, einschließlich des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz und über die Beziehungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern“. Wie der 14. Erwägungsgrund klarstellt, schließen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen Bereiche wie „Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, bezahlten Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze“ ein. In diesem Erwägungsgrund wird auch erklärt, dass die Begriffe „Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ die „Beziehungen zwischen den Sozialpartnern“ abdecken sollen, was Bereiche wie „das Recht, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, das Streikrecht und das Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen“ umfasst.

57.

Der Wortlaut von Art. 1 Abs. 6 der Dienstleistungsrichtlinie legt, insbesondere wenn man die verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie liest ( 18 ), ebenfalls nahe, dass die Aufzählung der dort genannten Aspekte abschließend ist. Aus meiner Sicht ist dies zumal deswegen angemessen, weil die in Art. 1 Abs. 6 und dem 14. Erwägungsgrund enthaltene Definition weit genug ist, um die meisten, wenn nicht alle Aspekte abzudecken, die auf Unions- oder internationaler Ebene typischerweise als Arbeitsrecht verstanden werden ( 19 ).

58.

Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass – wie von mehreren Beteiligten vorgetragen, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen vorgelegt haben – nur die materiell-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsrechts (im Sinne der Vorschriften, die Rechte und Pflichten enthalten) von diesem Begriff erfasst werden. Ich bin der Auffassung, dass der Begriff des „Arbeitsrechts“ auch die Vorschriften über spezifische Sanktionen und Verfahren dieses Rechtsgebiets umfassen muss. Die Befugnis eines Mitgliedstaats, sein Arbeitsrecht auf Sachverhalte anzuwenden, die an sich von der Dienstleistungsrichtlinie erfasst wären, muss zwingend die Befugnis umfassen, Vorschriften anzuwenden, deren spezifischer Zweck darin besteht, die Einhaltung des materiellen Arbeitsrechts effektiv, nachprüfbar und durchsetzbar zu machen.

59.

Dies ist meines Erachtens jedoch bei § 7m AVRAG nicht der Fall, auch wenn das AVRAG allgemein Teil des österreichischen Arbeitsrechts ist.

60.

Meiner Ansicht nach wird die fragliche Maßnahme nicht von der „Arbeitsrechtsausnahme“ der Dienstleistungsrichtlinie erfasst. Die Maßnahme wird verhängt, obwohl noch nicht sicher ist, dass ein Verstoß gegen das Arbeitsrecht vorliegt und, wichtiger noch, sie wird nicht der Person auferlegt, die den Verstoß begangen haben soll, sondern deren Vertragspartner. Die Rechtsposition des Vertragspartners, den die fragliche Maßnahme unmittelbar und sofort betrifft, richtet sich an sich nicht nach den Vorschriften des Arbeitsrechts, da er zumindest in Bezug auf diesen Sachverhalt weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer ist. Zudem werden die durch die fragliche Maßnahme eingenommenen Gelder nicht für den Schutz von Arbeitnehmern oder für einen anderen sozialen Zweck verwendet.

61.

Wie viele Beteiligte, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen vorgelegt haben, hervorgehoben haben, besteht der gesetzliche Zweck der fraglichen Maßnahme vielmehr darin, zum Vorteil des Fiskus die Vollstreckung von Sanktionen sicherzustellen, die die Behörden einem Dienstleistungserbringer möglicherweise in der Zukunft auferlegen. Indem sie diese Maßnahme verhängen, machen die österreichischen Behörden von ihren polizei- und verwaltungsrechtlichen Befugnissen Gebrauch. Wie oben erwähnt, veranlassen die Maßnahmen nicht einfach Dienstleistungserbringer zur Einhaltung des innerstaatlichen Arbeitsrechts, sondern gehen in ihren Auswirkungen weit darüber hinaus, indem sie von der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen abhalten.

62.

Eine solche Maßnahme kann daher nicht als Teil des „Arbeitsrechts“ eines Mitgliedstaats im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie angesehen werden. Diese Schlussfolgerung wird meiner Ansicht nach indirekt durch die Feststellungen des Gerichtshofs in der Rechtssache De Clercq u. a. bestätigt, in der der Gerichtshof entschieden hat, dass der Begriff der „Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“ entsandter Arbeitnehmer für die Zwecke der Richtlinie 96/71 nicht dahin gehend erweitert werden kann, dass er auch verwaltungsrechtliche Vorschriften erfasst, die es den Behörden ermöglichen sollen, die Einhaltung der Bestimmungen über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen entsandter Arbeitnehmer zu überprüfen ( 20 ).

63.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen werde ich die fragliche Maßnahme in erster Linie auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie hin prüfen. Gleichwohl werde ich für den Fall, dass der Gerichtshof hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf das Ausgangsverfahren nicht meiner Meinung sein sollte, die fragliche Maßnahme nachfolgend auch an Art. 56 AEUV messen.

D.   Die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Unionsrecht

1. Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie

64.

Die Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie stehen in deren Kapitel IV, das die Überschrift „Freier Dienstleistungsverkehr“ trägt. Art. 16 enthält die wichtigsten Grundsätze in diesem Bereich und konzentriert sich insbesondere auf die Beschränkungen, die Dienstleistungserbringer beeinträchtigen können, während Art. 19 die Beschränkungen betrifft, die Dienstleistungsempfänger beeinträchtigen können.

65.

Meiner Ansicht nach sind beide Bestimmungen auf die fragliche Maßnahme anwendbar. Wie oben in den Nrn. 36 bis 38 dargelegt, erscheint eine solche Maßnahme ihrer Natur nach geeignet, einerseits österreichische Kunden davon abzuhalten, Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Dienstleistungserbringern in Anspruch zu nehmen, und andererseits in anderen Mitgliedstaaten ansässige Dienstleistungserbringer davon abzuhalten, ihre Dienstleistungen vorübergehend in Österreich anzubieten.

66.

Dementsprechend stellt die fragliche Maßnahme eine Beschränkung dar, die grundsätzlich nach den Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie verboten ist. Die nächste Frage, die man sich stellen muss, ist die, ob eine solche Maßnahme dennoch gerechtfertigt sein kann. Um diesen Punkt zu prüfen, scheint es mir erforderlich, Bedeutung und Reichweite der Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie zu klären. Ich werde beginnen, indem ich Art. 16 untersuche, was mich sodann dahin führen wird, Art. 19 zu untersuchen.

a) Die richtige Auslegung der Art. 16 und 19

67.

Art. 16 ist wahrscheinlich die umstrittenste Bestimmung der Dienstleistungsrichtlinie und mit Sicherheit eine, deren Bedeutung besonders undurchsichtig ist ( 21 ). Dies ist hauptsächlich auf den Umstand zurückzuführen, dass sich Art. 16 in seiner endgültigen Fassung wesentlich von der Bestimmung unterscheidet, die ursprünglich im ersten Vorschlag der Kommission enthalten war. Der Vorschlag aus dem Jahr 2004 ( 22 ) enthielt im Entwurf zu Art. 16 das „Herkunftslandprinzip“ und eine Liste von Ausnahmen. Dass dieses Prinzip im Richtlinienentwurf enthalten war, löste allerdings eine europaweite Debatte aus und wurde von einigen Interessengruppen kritisiert, weil dies angeblich dem Sozialdumping „Tür und Tor öffnet“ ( 23 ). Aus diesem Grund hat der geänderte Vorschlag der Kommission, der im Jahr 2006 vorgelegt wurde ( 24 ), das Herkunftslandprinzip verworfen und Art. 16 weitgehend neu gefasst.

68.

Art. 16 der Dienstleistungsrichtlinie wirft in seiner endgültigen Fassung eine Reihe von Auslegungsfragen auf. Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens muss jedoch nur ein Aspekt behandelt werden: ob eine Maßnahme, die unter Art. 16 fällt, gerechtfertigt sein kann und, falls ja, aus welchen Gründen und unter welchen Voraussetzungen.

69.

In diesem Zusammenhang muss hervorgehoben werden, dass Art. 16 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie die allgemeinen Grundsätze der Dienstleistungsfreiheit regelt und die in Art. 56 AEUV verankerte grundlegende Bestimmung konkretisiert und weiterentwickelt. Insbesondere verlangt er von den Mitgliedstaaten, das Recht der Dienstleistungserbringer zu gewährleisten, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ansässig sind, zu erbringen. Der Aufnahmemitgliedstaat muss demnach in seinem Hoheitsgebiet den freien Zugang zu und die freie Erbringung von Dienstleistungen gewährleisten. Nur nationale Anforderungen, die die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit beachten, können gerechtfertigt sein.

70.

Art. 16 Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie wiederum beschränkt die Rechtfertigungsgründe auf lediglich vier, die in Art. 52 AEUV genannten und den Umweltschutz. Dieser Absatz enthält in Anwendung der allgemeineren Ausnahme, die Art. 1 Abs. 6 der Dienstleistungsrichtlinie vorsieht, auch eine Ausnahme für nationale „Bestimmungen über Beschäftigungsbedingungen“.

71.

Umstritten ist, ob Art. 16 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie eine „schwarze Liste“ nationaler Anforderungen in dem Sinne enthält, dass diese Anforderungen nie gerechtfertigt sein können, oder ob er nur Beispiele besonders verdächtiger Anforderungen aufzählt, die jedoch unter besonderen Umständen gerechtfertigt sein können, wenn die in Art. 16 Abs. 1 und 3 genannten Bedingungen erfüllt sind ( 25 ). Zwei Generalanwälte haben in früheren Fällen unterschiedliche Auffassungen vertreten ( 26 ), und auch die Rechtsliteratur scheint geteilter Meinung zu sein ( 27 ).

72.

Das ist durchaus verständlich. Es gibt in der Tat für beide Auslegungen dieser Vorschrift Argumente.

73.

Einerseits scheint der Aufbau von Art. 16 der Dienstleistungsrichtlinie nahezulegen, dass die in dessen Abs. 2 genannten Anforderungen nicht per se verboten sein können. Es mag in der Tat als seltsame Entscheidung des Gesetzgebers erscheinen, eine schwarze Liste in einen bestimmten Absatz (Abs. 2) einzufügen, der zwischen zwei Absätzen (Abs. 1 und 3) steht, die die Bedingungen enthalten, unter denen innerstaatliche Anforderungen gerechtfertigt sein können. Man hätte eher erwartet, eine solche Liste entweder zu Beginn oder am Ende von Art. 16 zu finden oder, besser noch, in einer eigenständigen und besonderen Vorschrift. Das ist in der Tat für innerstaatliche Anforderungen der Fall, die die Niederlassungsfreiheit betreffen; diese werden in zwei eigenständigen Vorschriften behandelt: die, die in Art. 14 auf die „schwarze Liste“ gesetzt sind, und die, die in Art. 15 einem Bewertungsmechanismus und einer Rechtfertigungsregel unterworfen sind. Auch bestimmt Art. 16 Abs. 2 nicht ausdrücklich, dass er „abweichend“ von der Regelung im vorangegangenen Absatz Anwendung findet.

74.

Andererseits kann der ungewöhnliche Aufbau von Art. 16 der Dienstleistungsrichtlinie mit dessen (bereits erwähnter) schwieriger Entstehungsgeschichte erklärt werden ( 28 ). Wichtiger noch, es gibt meines Erachtens überzeugendere Argumente für die Auffassung, dass die in Art. 16 Abs. 2 genannten Anforderungen per se verboten sind. Zunächst einmal ist der Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 eindeutig, der lautet: „Die Mitgliedstaaten dürfen die Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers nicht einschränken, indem sie diesen einer der folgenden Anforderungen unterwerfen …“ ( 29 ) Art. 16 Abs. 2 gibt damit den Wortlaut von Art. 14 der genannten Richtlinie wieder, in Bezug auf den der Gerichtshof festgestellt hat, dass er „keiner Rechtfertigung zugänglich [ist]“ ( 30 ).

75.

Weiterhin ist Folgendes zu bedenken: Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, nur Beispiele nationaler Anforderungen aufzuzählen, die wie die von den allgemeinen Regelungen in Art. 16 Abs. 1 und 3 erfassten Anforderungen grundsätzlich verboten sind, aber gerechtfertigt sein können, hätte er wahrscheinlich in die Einleitung von Art. 16 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie Begriffe wie „insbesondere“ oder „unter anderem“ eingefügt, wie er es in anderen Bestimmungen der Richtlinie getan hat ( 31 ). Dementsprechend legt die „abschließende“ Natur der in Art. 16 Abs. 2 enthaltenen Liste eine Aufzählung nicht gerechtfertigter Anforderungen nahe, die sich daher von denen unterscheiden, die den (allgemeinen) Regelungen der Abs. 1 und 3 unterliegen.

76.

Darüber hinaus sind die in Art. 16 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie genannten Anforderungen offenbar an die Rechtsprechung des Gerichtshofs angelehnt, der zufolge sie besonders schädlich für die Dienstleistungsfreiheit sind ( 32 ). Es ist in der Tat nicht einfach, sich Sachverhalte vorzustellen, in denen ein Mitgliedstaat mit Erfolg geltend machen könnte, er müsse solche Arten von Anforderungen anwenden.

77.

Von besonderer Bedeutung ist schließlich, dass die Anforderungen, die gemäß Art. 16 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie nicht auferlegt werden dürfen, nach Buchst. g, „[die] in Artikel 19 [der Richtlinie] genannten Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs“ einschließen. Art. 19 betrifft, wie oben in Nr. 64 erwähnt, nationale Anforderungen, die das Recht von Dienstleistungsempfängern, Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Dienstleistungserbringern in Anspruch zu nehmen, beschränken. Meines Erachtens beansprucht die Argumentation des Gerichtshofs in der Rechtssache Rina Services, wonach die in Art. 14 der Dienstleistungsrichtlinie genannten Anforderungen keinesfalls gerechtfertigt sein können, auch für Art. 19 der Richtlinie Geltung. Wie Art. 14 trägt nämlich auch Art. 19 die Überschrift „Unzulässige Beschränkungen“ und enthält keinen sprachlichen Anhaltspunkt dafür, dass Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, diese Beschränkungen zu rechtfertigen ( 33 ).

78.

Zwar nennt Art. 19 der Dienstleistungsrichtlinie nur zwei Arten von Anforderungen und kennzeichnet diese Liste eindeutig als nicht abschließend. Der offene Charakter dieser Bestimmung könnte daher als Hinweis darauf angesehen werden, dass die genannten Anforderungen nicht per se verboten sind. Jedoch reicht diese Erwägung meiner Ansicht nach nicht aus, um in Frage zu stellen, dass Art. 19 jede den Dienstleistungsempfängern durch einen Mitgliedstaat auferlegte Beschränkung von vornherein verbieten soll. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Gesetzgebung eines Mitgliedstaats nur selten die Möglichkeit inländischer Dienstleistungsempfänger beschränkt, Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Dienstleistungserbringern in Anspruch zu nehmen. Daher ist der Anwendungsbereich von Art. 19 sehr begrenzt.

79.

Wenn Art. 19 der Dienstleistungsrichtlinie eine schwarze Liste enthält, muss Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie, der sich ausdrücklich auf Art. 19 bezieht, folglich eine gleichartige Vorschrift sein.

80.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Ansicht, dass nationale Maßnahmen zur Beschränkung der Rechte von Dienstleistungserbringern grundsätzlich nur aus den in Art. 16 Abs. 1 und 3 der Dienstleistungsrichtlinie genannten Gründen und unter den dort genannten Bedingungen gerechtfertigt sein oder durch die in den Art. 17 und 18 der genannten Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen „gerettet“ werden können ( 34 ). Nationale Maßnahmen, die den in Art. 16 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie genannten entsprechen, können jedoch nur eingeführt oder aufrechterhalten werden, wenn sie unter Art. 17 oder 18 dieser Richtlinie fallen. Umgekehrt können nationale Maßnahmen, die die Rechte von Dienstleistungsempfängern beschränken, gemäß Art. 19 der Dienstleistungsrichtlinie grundsätzlich nicht gerechtfertigt sein.

b) Schlussfolgerungen

81.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass eine Maßnahme wie die fragliche unvereinbar mit den Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie ist.

82.

Die fragliche Maßnahme enthält aus den oben in den Nrn. 36 und 37 erläuterten Gründen (auch) für den Dienstleistungsempfänger eine Beschränkung und fällt demzufolge unter die in den Art. 16 Abs. 2 Buchst. g und Art. 19 der Dienstleistungsrichtlinie enthaltenen Verbote. Ich habe jedoch auch erläutert, dass in Bezug auf die in diesen Vorschriften genannten Anforderungen grundsätzlich keine Rechtfertigung zulässig ist.

83.

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen komme ich zu dem Ergebnis, dass die Antwort auf die Vorlagefragen sein sollte, dass die Art. 16 und 19 der Dienstleistungsrichtlinie es einem Mitgliedstaat verbieten, gegen einen Dienstleistungsempfänger einen Zahlungsstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe des ausstehenden Werklohns für eine von einem Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat durch entsandte Arbeitnehmer erbrachte Dienstleistung zu verhängen, wenn die fragliche Maßnahme der Sicherung eines Bußgelds dient, das der Aufnahmemitgliedstaat möglicherweise später gegen den Dienstleistungserbringer wegen des Verstoßes gegen das Arbeitsrecht des Aufnahmemitgliedstaats verhängt.

2. Art. 56 AEUV

84.

Meines Erachtens würde die Antwort auf die Vorlagefragen auch dann nicht anders lauten, wenn der Gerichtshof die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie für im Ausgangsverfahren nicht einschlägig halten und dementsprechend die Vereinbarkeit einer Maßnahme wie der fraglichen mit Art. 56 AEUV untersuchen würde.

a) Zum Vorliegen einer Beschränkung

85.

Nach ständiger Rechtsprechung erfordert Art. 56 AEUV nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig vergleichbare Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen ( 35 ).

86.

Wie oben in den Nrn. 36 bis 38 erläutert, ist die fragliche Maßnahme geeignet, die aus Art. 56 AEUV herrührenden Rechte von Dienstleistungserbringern und Dienstleistungsempfängern zu beschränken.

87.

Es bleibt daher zu prüfen, ob die Beschränkung gerechtfertigt sein kann.

b) Rechtfertigungsmöglichkeiten

88.

Da der freie Dienstleistungsverkehr einer der fundamentalen Grundsätze der Union ist, ist eine Beschränkung dieser Freiheit nur zulässig, wenn mit ihr ein berechtigtes und mit den Verträgen zu vereinbarendes Ziel verfolgt wird und wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, soweit sie in einem solchen Fall geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist ( 36 ).

89.

In diesem Zusammenhang möchte ich zunächst hervorheben, dass es sich bei dem Ziel, den nationalen Behörden die Überprüfung und Durchsetzung der Einhaltung von nationalem Arbeitsrecht zu ermöglichen, das zum Schutz der Arbeitnehmer und zur Vermeidung von unlauterem Wettbewerb und Sozialdumping erlassen wurde – dies ist die von der österreichischen Regierung geltend gemachte Rechtfertigung –, um einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses handelt, der eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen kann ( 37 ).

90.

Zur Eignung einer Maßnahme wie der fraglichen zur Erreichung dieses Ziels möchte ich Folgendes anmerken. Es ist zutreffend, dass die fragliche Maßnahme die Einhaltung bestimmter arbeitsrechtlicher Vorschriften fördern kann, indem sie es Unternehmern erschwert, die Zahlung von Sanktionen, die ihnen wegen eines Verstoßes gegen diese Vorschriften auferlegt werden können, zu vermeiden.

91.

Allerdings darf man in Frage stellen, ob die fragliche Maßnahme tatsächlich und konsequent das Ziel verfolgt, auf das sich die österreichische Regierung beruft. Die fragliche Maßnahme wird nämlich zur Sicherstellung der Zahlung von Sanktionen für Verstöße verhängt, die sehr gut rein formal sein können und deren schädliche Folgen eher begrenzt sein dürften, während die Maßnahme (wenn ich es richtig verstehe) bei Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften, die schwerwiegendere Folgen für die Arbeitnehmer haben, nicht anwendbar ist, z. B. bei Missachtung der Rechte auf Krankheits- oder Mutterschutzurlaub, bezahlten Jahresurlaub, Mindestruhezeiten oder Mindestlöhne oder bei Missachtung zwingender Gesundheits-, Sicherheits- und Hygienestandards am Arbeitsplatz.

92.

Ungeachtet dieses Aspekts bin ich dennoch der Auffassung, dass die fragliche Maßnahme jedenfalls nicht verhältnismäßig ist, da sie über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels erforderlich ist. Es gibt verschiedene Gründe für meine Auffassung.

c) Verhältnismäßigkeit

93.

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung, wenn ein Mitgliedstaat sich auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, diese Rechtfertigung im Licht der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und insbesondere der nunmehr durch die Charta garantierten Grundrechte auszulegen ist. Die vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat ( 38 ).

94.

Im vorliegenden Fall bin ich der Auffassung, dass zwei Bestimmungen der Charta von besonderer Bedeutung sind: Art. 47 („Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht“) und Art. 48 („Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte“). Die fragliche Maßnahme erscheint im Hinblick auf beide als problematisch.

95.

Zum einen muss dem Adressaten einer beschwerenden Entscheidung gemäß Art. 48 der Charta dann, wenn die nationalen Behörden auf dem Gebiet des Unionsrechts handeln, die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Stellungnahme abzugeben, bevor die Entscheidung erlassen wird, um die zuständige Behörde in die Lage zu versetzen, alle maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Der Adressat muss insbesondere in der Lage sein, durch die Behörde begangene Fehler zu korrigieren oder Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen. Dieses Recht muss selbst dann gewährleistet werden, wenn das anwendbare nationale Recht entsprechende spezifische Verfahrensrechte nicht ausdrücklich vorsieht ( 39 ).

96.

Im vorliegenden Fall war Herr Vavti der formelle Adressat der fraglichen Maßnahme. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die Maßnahme auch die Rechtsposition von Čepelnik sowohl unmittelbar als auch sofort berührt hat, indem deren Rechte aus dem Vertrag mit Herrn Vavti stark eingeschränkt wurden. Dennoch ist Čepelnik vor dem Erlass der fraglichen Maßnahme nie gehört worden.

97.

Zum anderen gerät die fragliche Maßnahme offenbar auch mit den aus Art. 47 der Charta herrührenden Anforderungen in Konflikt, wonach jede Behördenentscheidung vor einem Gericht anfechtbar sein muss, das alle Sach- und Rechtsfragen prüfen darf, die vom Antragsteller geltend gemacht werden. Insbesondere muss jeder Betroffene das Recht haben, Verfahren vor nationalen Gerichten anzustrengen, um die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen oder jeder anderen nationalen Handlung, mit der Vorschriften des Unionsrechts auf ihn angewandt werden, anzufechten ( 40 ).

98.

In diesem Zusammenhang stelle ich fest, dass unklar ist, ob ein Unternehmen, das sich in der Lage von Čepelnik befindet, das Recht hat, bei einem österreichischen Gericht Beschwerde auf Aufhebung der fraglichen Maßnahme zu erheben. Das Vorabentscheidungsersuchen legt nahe, dass dies nicht möglich ist, eine Auffassung, die auch von Čepelnik geteilt wird, während die österreichische Regierung bestreitet, dass dies der Fall sei ( 41 ). Die Rechtslage ist daher bestenfalls unklar. Jedenfalls kann ich nicht erkennen, wie das Recht auf effektiven Rechtsschutz sinnvoll ausgeübt werden kann, wenn – wie im Fall von Čepelnik – der Dienstleistungserbringer von der österreichischen Verwaltung noch nicht einmal unverzüglich über die Verhängung der fraglichen Maßnahme in Kenntnis gesetzt wird.

99.

Es ist offensichtlich auch nicht zufriedenstellend, dass die fragliche Maßnahme vom Dienstleistungsempfänger angefochten werden könnte. Da die Schuld gegenüber dem Dienstleistungserbringer durch die Leistung der Sicherheit erlischt, wird ein Kunde nämlich oft kein Interesse daran haben, ein gerichtliches Verfahren anzustrengen, das ihn außerdem Geld, Zeit und Energie kosten würde.

100.

Zweitens muss betont werden, dass die fragliche Maßnahme nach Angaben des vorlegenden Gerichts nur aufgrund des Umstands verhängt worden ist, dass Čepelnik nicht in Österreich ansässig war und die Behörde dementsprechend angenommen hat, dass die Sanktion, die sie in Zukunft möglicherweise gegen dieses Unternehmen verhängen könnte, gar nicht oder nur ausgesprochen schwer vollstreckt werden könnte.

101.

Daher nimmt die österreichische Verwaltung – zumindest im vorliegenden Fall – die Grundposition ein, dass der bloße Umstand, dass ein Unternehmen im Ausland ansässig ist, ausreiche, um den Erlass der fraglichen Maßnahme zu rechtfertigen. Ich kann jedoch nicht erkennen, wie der allgemeine und präventive Erlass einer restriktiven Maßnahme gegen (potenziell) alle Dienstleistungserbringer, die nicht in Österreich ansässig sind, gerechtfertigt sein könnte ( 42 ). Ihr automatischer und bedingungsloser Erlass erlaubt es nicht, den besonderen Umständen jedes Dienstleistungserbringers angemessen Rechnung zu tragen, trotz des offensichtlichen Umstands, dass nicht alle im Ausland ansässigen Dienstleistungserbringer in einer vergleichbaren Lage sind. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass sie alle versuchen könnten, aus den verwaltungsrechtlichen Hürden einer grenzüberschreitenden Vollstreckung der Sanktion Nutzen zu ziehen, um dieser zu entgehen ( 43 ). Es wird mit Sicherheit ausländische Unternehmen geben, die es aufgrund ihrer Größe, ihres Rufes, ihrer finanziellen Situation und nicht zuletzt aufgrund ihres in Österreich ansässigen Kundenstamms vorziehen werden, jede gegen sie verhängte Sanktion zu bezahlen statt zu versuchen, österreichisches Recht zu umgehen. Es kann unmöglich Aufgabe des Dienstleistungserbringers sein, die Annahme der nationalen Behörden zu widerlegen, insbesondere, weil er über die Verhängung der fraglichen Maßnahme nicht einmal informiert wird und es jedenfalls völlig unklar ist, ob und wann er vor den Behörden und/oder dem in dieser Sache zuständigen nationalen Gericht erscheinen könnte.

102.

Auch kann nicht angenommen werden, dass, sollte sich die Notwendigkeit ergeben, die Sanktion grenzüberschreitend zu vollstrecken, die slowenischen Behörden nicht willens wären, ihren österreichischen Kollegen die erforderliche Hilfe zu leisten.

103.

Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2014/67 kaum drei Monate nach der Anwendung der im Ausgangsverfahren fraglichen Maßnahme ablaufen sollte und die Verwaltungsübertretungen, für die Čepelnik bestraft worden ist, offenbar in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2014/67 schließen nämlich die Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen, die die Mitgliedstaaten – unter der Voraussetzung, dass sie im Einklang mit dem Unionsrecht gerechtfertigt und verhältnismäßig sind – vorschreiben dürfen, weil sie notwendig sind, um eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Pflichten, die aus dieser Richtlinie und der Richtlinie 96/71 erwachsen, zu gewährleisten, die Anforderungen an den Dienstleistungserbringer ein, den Beginn der Erbringung der Dienstleistung zu erklären und Lohnzettel in einer der Amtssprachen des Aufnahmemitgliedstaats oder in anderen Sprachen, die von dem Aufnahmemitgliedstaat akzeptiert werden, aufzubewahren.

104.

Demzufolge wären die österreichischen Behörden bald in der Lage gewesen, von den Verfahren und Mechanismen Gebrauch zu machen, die in der Richtlinie 2014/67 vorgesehen sind, um eine Sanktion zu vollstrecken, die – es mag sinnvoll sein, dies erneut zu betonen – zu dem Zeitpunkt, in dem die Sicherheit auferlegt wurde, noch nicht verhängt worden war. Insbesondere verlangen die Art. 13 bis 19 der Richtlinie 2014/67 (Kapitel VI über die „grenzüberschreitende Durchsetzung von finanziellen Verwaltungssanktionen und/oder Geldbußen“), dass sich die Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung innerstaatlicher Vorschriften, die in Umsetzung der Richtlinie erlassen worden sind, gegenseitig Amtshilfe leisten, was die Verpflichtung umfasst, Geldbußen gegenseitig anzuerkennen und sich gegenseitig bei der Beitreibung von Verwaltungssanktionen und/oder Geldbußen Amtshilfe zu leisten. Diese Artikel enthalten zu diesem Zweck auch einige besondere Regelungen.

105.

Außerdem sollte betont werden, dass die fragliche Maßnahme sogar noch aufrechterhalten wurde, nachdem die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/67 abgelaufen war und Österreich die Kommission über die Umsetzung dieser Richtlinie in Kenntnis gesetzt hatte.

106.

Dies macht es meiner Ansicht nach überflüssig, festzustellen, ob die im Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen ( 44 ) enthaltenen Verfahren auf den vorliegenden Fall anwendbar sein könnten, wie mehrere Beteiligte, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen vorgelegt haben, geltend gemacht haben. Mir scheint, dass der Gerichtshof in diesem Zusammenhang nicht über hinreichende Informationen verfügt. Insbesondere ist unklar, ob die Entscheidung, mit der die österreichische Verwaltung finanzielle Sanktionen wegen Verstößen gegen das AVRAG wie den Čepelnik zur Last gelegten Verstößen verhängt, von einer der in Art. 1 Buchst. a des Rahmenbeschlusses 2005/214 genannten Behörden erlassen wird.

107.

Drittens und schlussendlich stelle ich fest, dass die Sanktionen, deren Beitreibung die fragliche Maßnahme sichern soll, besonders streng sind, insbesondere für Verstöße, die eher formal zu sein scheinen (wie z. B. die bloße Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen in der Sprache des Aufnahmemitgliedstaats ( 45 )). Dies wird auch durch den Umstand bestätigt, dass – wie das vorlegende Gericht angibt – die Geldstrafe, die Čepelnik droht, bis zu 90000 Euro betragen kann. Das ist eine sehr hohe Summe angesichts der Größe und des Umsatzes von Čepelnik sowie des Gesamtwerts der Arbeiten, die dieses Unternehmen in Österreich ausführt.

108.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung in Ermangelung gemeinsamer Regelungen über ein besonderes Rechtsgebiet ihre Befugnis zur Verhängung von Sanktionen für Verstöße gegen Pflichten aus innerstaatlichem Recht behalten. Die Mitgliedstaaten dürfen jedoch keine im Vergleich zur Schwere des Verstoßes so unverhältnismäßige Sanktion vorsehen, dass hierdurch ein Hindernis für die in den Verträgen verankerten Freiheiten geschaffen würde ( 46 ).

109.

Im vorliegenden Fall wird durch die Kombination hoher Geldstrafen mit einer Sicherheitsleistung wie der fraglichen der durch die Verträge garantierte freie Dienstleistungsverkehr offenkundig erheblich beeinträchtigt. Insbesondere verändern diese Maßnahmen in ihrem Zusammenspiel in erheblicher Weise das sorgfältig austarierte Gleichgewicht zwischen den verschiedenen (und zuweilen miteinander konkurrierenden) Interessen, die die Richtlinie 96/71 verfolgt: die Förderung des länderübergreifenden Dienstleistungsverkehrs bei gleichzeitiger Gewährleistung des fairen Wettbewerbs und Garantie der Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer sowohl im Aufnahme- als auch im Herkunftsmitgliedstaat ( 47 ).

110.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass eine Maßnahme wie die fragliche eine Beschränkung im Sinne des Art. 56 AEUV darstellt, die nicht gerechtfertigt sein kann, da sie über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten Ziels erforderlich ist.

IV. Ergebnis

111.

Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bezirksgerichts Bleiburg/Okrajno sodišče Pliberk (Österreich) wie folgt zu antworten:

Die Art. 16 und 19 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verbieten es einem Mitgliedstaat, gegen einen Dienstleistungsempfänger einen Zahlungsstopp und die Bezahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe des ausstehenden Werklohns für eine von einem Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat durch entsandte Arbeitnehmer erbrachte Dienstleistung zu verhängen, wenn die fragliche Maßnahme der Sicherung eines Bußgelds dient, das der Aufnahmemitgliedstaat möglicherweise später gegen den Dienstleistungserbringer wegen eines Verstoßes gegen das Arbeitsrecht des Aufnahmemitgliedstaats verhängt.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (im Folgenden: Dienstleistungsrichtlinie) (ABl. 2006, L 376, S. 36).

( 3 ) Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt‑Informationssystems (ABl. 2014, L 159, S. 11).

( 4 ) Vgl. u. a. Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin (C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 5 ) Vgl. insbesondere Erwägungsgründe 5 bis 7 der Dienstleistungsrichtlinie.

( 6 ) Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1).

( 7 ) Vgl. Urteil vom 3. Dezember 2014, De Clercq u. a. (C‑315/13, EU:C:2014:2408, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 8 ) Mit dieser Richtlinie wird nach ihrem Art. 1 Abs. 1 „ein gemeinsamer Rahmen einer Reihe angemessener Bestimmungen, Maßnahmen und Kontrollmechanismen festgelegt, die für eine bessere und einheitlichere Durchführung, Anwendung und Durchsetzung der [Entsenderichtlinie] in der Praxis notwendig sind, einschließlich Maßnahmen zur Verhinderung und Sanktionierung jeglichen Missbrauchs und jeglicher Umgehung der anzuwendenden Rechtsvorschriften“. Der damit verfolgte Zweck ist die Gewährleistung eines angemessenen Schutzniveaus hinsichtlich der Rechte entsandter Arbeitnehmer im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen bei gleichzeitiger Erleichterung der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit für die Dienstleistungserbringer und Förderung des fairen Wettbewerbs zwischen ihnen.

( 9 ) Vgl. entsprechend auch Urteil vom 3. Dezember 2014, De Clercq u. a. (C‑315/13, EU:C:2014:2408, Rn. 49 bis 51). Andererseits werden die Bestimmungen der Richtlinie 2014/67 in Bezug auf die Vollstreckung des Betrags der Sanktion, der über dem durch die fragliche Maßnahme festgesetzten Betrag liegt, anwendbar sein.

( 10 ) Urteil vom 16. Juni 2015, Rina Services u. a. (C‑593/13, EU:C:2015:399, Rn. 23 f.). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 30. Januar 2018, X und Visser (C‑360/15 und C‑31/16, EU:C:2018:44, Rn. 137), und vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn (C‑179/14, EU:C:2016:108, Rn. 118).

( 11 ) Vgl. insbesondere Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Nr. 1 der Dienstleistungsrichtlinie.

( 12 ) Vgl. insbesondere Art. 4 Nr. 7 der Dienstleistungsrichtlinie.

( 13 ) Vgl. insbesondere Art. 2 Abs. 2 und 3 der Dienstleistungsrichtlinie.

( 14 ) Hervorhebung nur hier.

( 15 ) Hervorhebungen nur hier.

( 16 ) Diese Lesart wird durch den Umstand bestätigt, dass die Richtlinie nach Art. 1 Abs. 7 „nicht die Ausübung der … anerkannten Grundrechte [berührt]“. Dennoch können sich die durch die Dienstleistungsrichtlinie verliehenen Rechte selbstverständlich auf die Ausübung bestimmter nach nationalem Recht und Unionsrecht anerkannter Grundrechte (insbesondere Grundrechte mit wirtschaftlichem Charakter) auswirken.

( 17 ) Der 58. Erwägungsgrund des ursprünglichen Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie (KOM[2004]2 endgültig/2, in der Rechtsliteratur häufig als „Bolkestein-Entwurf“ bezeichnet) lautete lediglich dahin gehend, dass die „Richtlinie … rein arbeitsrechtliche Fragen unberührt [lässt]“. Einige Interessenvertreter trugen jedoch vor, dass eine solche Bestimmung soziale Schutzstandards und die Grundrechte auf Arbeitskampf und Tarifverhandlungen untergraben könnte. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, arbeitete die Kommission in den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie (KOM[2006] 160 endgültig, in der Rechtsliteratur häufig als „McCreevy-Entwurf“ bezeichnet) u. a. in Art. 1 Abs. 6 die jetzt geltende Ausnahme ein. Diese Bestimmung des Entwurfs wurde später unverändert in die Dienstleistungsrichtlinie übernommen. Zur Diskussion vgl. Flower, J., „Negotiating European Legislation: The Services Directive“, Cambridge Yearbook of European Legal Studies, Bd. 9, Hart Publishing, 2007, S. 217 bis 238.

( 18 ) Zum Beispiel „labour law, that is“ (englische Fassung), „das Arbeitsrecht, d. h.“ (deutsche Fassung); „droit du travail, à savoir“ (französische Fassung); „legislazione del lavoro, segnatamente“ (italienische Fassung); „Derecho laboral, es decir“ (spanische Fassung); „het arbeidsrecht …, dat wil zeggen“ (niederländische Fassung); „legislação laboral, ou seja“ (portugiesische Fassung); „työoikeuteen, toisin sanoen“ (finnische Fassung) und „arbetsrätten, dvs.“ (schwedische Fassung). Hervorhebung nur hier.

( 19 ) Vgl. z. B. Art. 27 bis 33 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 151 bis 160 AEUV. Vgl. auch die Gemeinschaftscharta der Sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (verabschiedet auf der Tagung des Rates in Straßburg am 9. Dezember 1989) und die Europäische Sozialcharta (unterzeichnet in Turin am 18. Oktober 1961). Aus jüngerer Zeit vgl. die Europäische Säule sozialer Rechte der Arbeitnehmer (Interinstitutionelle Proklamation durch die Kommission, den Rat und das Parlament auf dem Sozialgipfel für faire Arbeitsplätze und Wachstum am 17. November 2017 in Göteborg).

( 20 ) Urteil vom 3. Dezember 2014, De Clercq u. a. (C‑315/13, EU:C:2014:2408, Rn. 42 bis 48).

( 21 ) Vgl. Barnard, C., „Unravelling the services Directive“, Common Market Law Review, Bd. 45, 2008, S. 323 bis 394 (360).

( 22 ) Angeführt oben in Fn. 17.

( 23 ) Vgl. z. B. Craufurd Smith, R., „Old wine in new bottles? From the ‚country of origin principle‘ to ‚freedom to provide services‘ in the European Community Directive on services in the internal market”, Mitchell Working Paper Series, 2007, S. 2.

( 24 ) Angeführt oben in Fn. 17.

( 25 ) Die Frage stellte sich auch in einem früheren Fall, doch brauchte der Gerichtshof hierzu nicht Stellung zu beziehen; vgl. Urteil vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn (C‑179/14, EU:C:2016:108, Rn. 116).

( 26 ) Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache Rina Services u. a. (C‑593/13, EU:C:2015:159, Nrn. 34 ff.) mit den Schlussanträgen von Generalanwalt Bot in der Rechtssache Kommission/Ungarn (C‑179/14, EU:C:2015:619, Nrn. 153 ff.).

( 27 ) Vgl. Barnard, C., a. a. O., zitiert oben in Fn. 21, S. 364 f., mit den in Fn. 57 der Schlussanträge von Generalanwalt Bot in der Rechtssache Kommission/Ungarn (C‑179/14, EU:C:2015:619) zitierten Werken.

( 28 ) Vgl. oben, Nr. 67 dieser Schlussanträge.

( 29 ) Hervorhebung nur hier. Obwohl die Bestimmung in den verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie nicht immer identisch formuliert ist, habe ich keine Fassung gefunden, die in dieser Angelegenheit einen weniger stringenten Ansatz nahelegt.

( 30 ) Urteil vom 16. Juni 2015, Rina Services u. a. (C‑593/13, EU:C:2015:399, Rn. 28).

( 31 ) Vgl. z. B. Art. 17 und 19. Der Vollständigkeit halber muss ich hervorheben, dass die italienische Fassung von Art. 16 Abs. 2 vor der Liste der verbotenen Anforderungen tatsächlich den Begriff „in particolare“ verwendet, einen Begriff, den ich jedoch in keiner anderen Fassung der Richtlinie, die ich geprüft habe, gefunden habe.

( 32 ) Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Bot in der Rechtssache Kommission/Ungarn (C‑179/14, EU:C:2015:619, Nrn. 153 und 154 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 33 ) Urteil vom 16. Juni 2015, Rina Services u. a. (C‑593/13, EU:C:2015:399, Rn. 30).

( 34 ) Diese Bestimmungen betreffen jeweils „weitere Ausnahmen von der Dienstleistungsfreiheit“ (wie z. B. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werden, u. a. im Post- oder Elektrizitätssektor, die Dienste der Wasserverteilung und die Dienste der Abfallbewirtschaftung) und „Ausnahmen im Einzelfall“ (im Hinblick auf Maßnahmen, die sich auf die Sicherheit der Dienstleistungen beziehen).

( 35 ) Vgl. u. a. Urteile vom 18. Juli 2013, Citroën Belux (C‑265/12, EU:C:2013:498, Rn. 35), und vom 11. Juni 2015, Berlington Hungary u. a. (C‑98/14, EU:C:2015:386, Rn. 35).

( 36 ) Vgl. u. a. Urteil vom 18. Dezember 2007, Laval un Partneri (C‑341/05, EU:C:2007:809, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 37 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Oktober 2004, Wolff & Müller (C‑60/03, EU:C:2004:610, Rn. 35 und 41), und vom 19. Dezember 2012, Kommission/Belgien (C‑577/10, EU:C:2012:814, Rn. 45).

( 38 ) Vgl. u. a. Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C‑390/12, EU:C:2014:281, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Vgl. insbesondere Urteil vom 19. Februar 2009, Kamino International Logistics (C‑376/07, EU:C:2009:105, Rn. 37 bis 39).

( 40 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses (C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 41 ) Ich stelle fest, dass die österreichische Regierung zur Untermauerung ihres Vorbringens nur eine Rechtssache anführen konnte, in der ein Beschwerdegericht dem Dienstleistungserbringer die Parteistellung zugesprochen und die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, das dies abgelehnt hatte, aufgehoben hat. Čepelnik hat jedoch eine andere Rechtssache angeführt, in der ein anderes Beschwerdegericht eine solche Rechtsposition abgelehnt hat, sowie eine (noch anhängige) Rechtssache, in der die österreichische Verwaltung vorgetragen hat, dass der Dienstleistungserbringer nicht das Recht habe, eine Maßnahme wie die fragliche anzufechten. Noch bezeichnender ist, dass Čepelnik den Gerichtshof dahin gehend informiert hat, dass das zuständige nationale Gericht in ihrem eigenen Verfahren trotz der verstrichenen Zeit noch keine Entscheidung darüber getroffen habe, ob das Unternehmen die Befugnis habe, gegen die fragliche Maßnahme Beschwerde zu erheben.

( 42 ) Vgl. im Wege der Analogie Urteil vom 9. November 2006, Kommission/Belgien (C‑433/04, EU:C:2006:702, Rn. 35 bis 38).

( 43 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. März 2004, de Lasteyrie du Saillant (C‑9/02, EU:C:2004:138, Rn. 51 und 52), vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 31), und vom 20. Dezember 2017, Deister Holding und Juhler Holding (C‑504/16 und C‑613/16, EU:C:2017:1009, Rn. 61).

( 44 ) ABl. 2005, L 76, S. 16.

( 45 ) Dem vorlegenden Gericht zufolge wurden die fehlenden Dokumente bald nach der Kontrolle durch die Kontrollbehörde vorgelegt.

( 46 ) Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 29. Februar 1996, Skanavi und Chryssanthakopoulos (C‑193/94, EU:C:1996:70, Rn. 36), und vom 7. Juli 1976, Watson und Belmann (C‑118/75, EU:C:1976:106, Rn. 21).

( 47 ) Vgl. insbesondere den fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 96/71.