SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 1. März 2018 ( 1 )

Rechtssache C‑117/16

Skatteministeriet

gegen

Y Denmark Aps

(Vorabentscheidungsersuchen des Østre Landsret [Landgericht der Region Ost, Dänemark])

„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (sogenannte Mutter-Tochter-Richtlinie) – Notwendigkeit eines Nutzungsberechtigten bei Dividendenzahlungen – Missbrauch steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten – Kriterien für das Vorliegen eines Missbrauchs bei der Vermeidung einer Quellenbesteuerung – Einfluss der Erläuterungen des OECD-Musterabkommens auf die Auslegung einer EU-Richtlinie – Unmittelbare Anwendung einer nicht umgesetzten Richtlinienvorschrift – Unionsrechtskonforme Auslegung nationaler Missbrauchsvermeidungsgrundsätze“

I. Einleitung

1.

In diesem Fall und in der Rechtssache C‑116/16 ist der Gerichtshof – ähnlich wie in vier Parallelverfahren ( 2 ) zur Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie – aufgerufen, zu entscheiden, unter welchen Umständen einer Tochtergesellschaft, die Dividenden an ihre Muttergesellschaft ausgeschüttet hat, die aus der Richtlinie 90/435/EWG ( 3 ) (im Folgenden: Mutter-Tochter-Richtlinie) folgende Quellensteuerbefreiung versagt werden kann.

2.

Im vorliegenden Fall geht es um die „Vermeidung“ einer Quellenbesteuerung auf Dividenden innerhalb eines Konzerns. In diesem sind Dividenden von einer dänischen operativen Gesellschaft an ihren Anteilseigner in Zypern und von diesem an seinen Anteilseigner auf den Bermudas (als Zinsen für ein Darlehen) weitergezahlt und letztendlich wieder als Dividenden an die in den Vereinigten Staaten ansässige Konzernmuttergesellschaft ausgeschüttet worden. Hintergrund dafür sind wiederum US-amerikanische Steuererleichterungen für Dividenden, die US-Mutterkonzerne zurück nach Amerika holen und dort für bestimmte Zwecke (Forschung) einsetzen.

3.

Die „Gretchenfrage“ die sich hier stellt, ist, wie weit darf ein multinational tätiger Konzern in der Gestaltung von Gesellschaftsstrukturen gehen, um eine definitive Quellensteuerbelastung auf Dividendenausschüttungen innerhalb des Konzerns zu reduzieren. Wo genau verläuft die Grenze zwischen zulässiger Steuergestaltung und ebenfalls legaler, aber missbräuchlicher Steuergestaltung? Wann und nach welchen Maßstäben kann eine missbräuchliche Gestaltung angenommen werden, wenn eine in einem Drittstaat ansässige Gesellschaft eine Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat (hier in Zypern) gründet, welcher selber keine Quellenbesteuerung im Fall einer Dividendenausschüttung kennt. Erst dies ermöglicht es, die Dividenden aus den europäischen Konzerngesellschaften dort ohne Quellensteuerbelastung zu sammeln und dann auch ohne Quellensteuerbelastung weiter in das Drittland auszuschütten.

4.

Die rechtlichen Fragen betreffen im Ergebnis alle den grundsätzlichen Konflikt im Steuerrecht zwischen der Besteuerung wirtschaftlicher Sachverhalte, der zivilrechtlichen Gestaltungsfreiheit der Steuerpflichtigen und der Abwehr zivilrechtlich wirksamer, aber dennoch unter bestimmten Umständen missbräuchlicher Gestaltungen.

II. Rechtlicher Rahmen

A. Unionsrecht

5.

Den unionsrechtlichen Rahmen des Falles bilden die Mutter-Tochter-Richtlinie und die Art. 43, 48 und 56 EG (nun Art. 49, 54 und 63 AEUV).

6.

Die Mutter-Tochter-Richtlinie ist gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 von jedem Mitgliedstaat u. a. auf Gewinnausschüttungen anzuwenden, die Gesellschaften dieses Staates von Tochtergesellschaften eines anderen Mitgliedstaats zufließen.

7.

Art. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie sieht vor:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat wendet diese Richtlinie an

auf Gewinnausschüttungen, die Gesellschaften dieses Staates von Tochtergesellschaften eines anderen Mitgliedstaats zufließen;

auf Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften dieses Staates an Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten; …

(2)   Die vorliegende Richtlinie steht der Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen nicht entgegen.“

8.

Art. 4 der Mutter-Tochter-Richtlinie regelt:

„(1)   Fließen einer Muttergesellschaft oder ihrer Betriebstätte aufgrund ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft Gewinne zu, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, so

besteuern der Staat der Muttergesellschaft und der Staat der Betriebstätte diese Gewinne entweder nicht oder

lassen im Falle einer Besteuerung zu, dass die Muttergesellschaft und die Betriebstätte auf die geschuldete Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diesen Gewinn entrichtet, bis zur Höhe der entsprechenden Steuerschuld anrechnen können, vorausgesetzt, dass die Gesellschaft und die ihr nachgeordnete Gesellschaft auf jeder Stufe die Bedingungen gemäß Artikel 2 und Artikel 3 erfüllen.

(2)   Jeder Mitgliedstaat kann bestimmen, dass Kosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft und Minderwerte, die sich aufgrund der Ausschüttung ihrer Gewinne ergeben, nicht vom steuerpflichtigen Gewinn der Muttergesellschaft abgesetzt werden können. Wenn in diesem Fall die mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten pauschal festgesetzt werden, darf der Pauschalbetrag 5 % der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne nicht übersteigen. …“

9.

Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie beinhaltet folgende Regelung:

„(1)   Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle befreit.“

B. Völkerrecht

10.

Das dänisch-zyprische Doppelbesteuerungsabkommen (im Folgenden: DBA) vom 26. Mai 1981 enthält in Art. 10 Abs. 1 und 2 folgende Bestimmung zur Aufteilung der Steuerhoheit für Dividenden:

„1.   Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.

2.   Diese Dividenden können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Empfänger Nutzungsberechtigter der Dividenden ist, nicht übersteigen:

a)

10 v. H. des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar mindestens 25 v. H. des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft hält;

[…]

d)

15 % des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen.“

11.

Daraus folgt, dass der Quellenstaat, hier Dänemark, Dividenden, die an eine in Zypern ansässige Muttergesellschaft gezahlt werden, nur mit einem niedrigen Satz besteuern kann, wenn diese Gesellschaft „Nutzungsberechtigte“ der Dividenden ist. Der Begriff „Nutzungsberechtigter“ ist im DBA nicht definiert.

C. Dänisches Recht

12.

Nach Angaben des vorlegenden Gerichts stellt sich die in den streitbefangenen Jahren geltende dänische Rechtslage wie folgt dar:

13.

Die Besteuerung der Dividenden inländischer Muttergesellschaften ist in § 13 Abs. 1 Nr. 2 des Selskabsskattelov (Körperschaftsteuergesetz) geregelt, der sich für die Steuerjahre 2005 und 2006 aus der Gesetzesbekanntmachung Nr. 111 vom 19. Februar 2004 in der durch das Gesetz Nr. 1375 von 20. Dezember 2004 geänderten Fassung ergab:

„§ 13. In das zu versteuernde Einkommen werden nicht einbezogen: …

2)   … Dividenden, die die in den § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 2a, 2d bis 2g, 3a bis 5b genannten Gesellschaften und Vereinigungen etc. aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften im Sinne von § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 2a, 2c bis 2f, 3a bis 5b oder gebietsfremden Gesellschaften beziehen. Dies gilt jedoch nur, wenn die die Dividenden beziehende Gesellschaft, die Muttergesellschaft, in einem zusammenhängenden Zeitraum von einem Jahr, in dem der Zeitpunkt der Ausschüttung liegen muss, mindestens 10 % des Aktienkapitals der die Dividenden ausschüttenden Gesellschaft, der Tochtergesellschaft, hält. Bei Ausschüttungen in den Kalenderjahren 2005 und 2006 beträgt der vorstehend genannte Eigentumsanteil jedoch 20 %, bei Ausschüttungen in den Kalenderjahren 2007 und 2008 15 %. …“

14.

Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Gesellschaften für Dividenden ist in § 2 Abs. 1 Buchst. c des Körperschaftsteuergesetzes geregelt. Im Ergebnis erfasste die beschränkte Steuerpflicht in 2005 und 2006 nicht die an eine Muttergesellschaft ausgeschütteten Dividenden, auf die nach der Mutter-Tochter-Richtlinie oder einem DBA keine oder nur eine ermäßigte Steuer erhoben wird. Voraussetzung ist, dass diese in einem zusammenhängenden Zeitraum von einem Jahr, in dem der Zeitpunkt der Ausschüttung liegen muss, mindestens 20 % des Aktienkapitals der Tochtergesellschaft hält.

15.

Dividenden, die eine dänische Gesellschaft an eine zyprische Muttergesellschaft (die als „Nutzungsberechtigte“ der Dividenden angesehen wird) ausschüttet, sind somit nach § 2 Abs. 1 Buchst. c des Selskabsskattelov (Körperschaftsteuergesetz) steuerfrei, da nach dem DBA ein ermäßigter Satz gilt.

16.

Besteht hingegen für aus Dänemark abfließende Dividenden nach § 2 Abs. 1 Buchst. c des Körperschaftsteuergesetzes eine beschränkte Steuerpflicht, ist nach dem dänischen Quellensteuergesetz ( 4 ) der dänische Dividendenzahler verpflichtet, eine Quellensteuer in Höhe von 28 % einzubehalten. Bei verspäteter Abführung der einbehaltenen Quellensteuer (bei beschränkter Steuerpflicht) werden Zinsen auf die Steuerschuld fällig. Schuldner der Verzugszinsen ist der Steuerabzugspflichtige.

17.

In den Jahren 2005 und 2006 gab es keine allgemeine Gesetzesbestimmung über die Verhinderung von Missbrauch. In der Rechtsprechung wurde hingegen die sogenannte „Realitätsdoktrin“ entwickelt, wonach die Besteuerung auf der Grundlage einer konkreten Würdigung des tatsächlichen Geschehens zu erfolgen hat. Das bedeutet u. a., dass fiktive und künstliche Steuergestaltungen unter bestimmten Umständen außer Acht gelassen werden können und sich die Besteuerung stattdessen an der Realität ausrichtet („substance-over-form“). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Realitätsdoktrin keine Grundlage dafür bietet, die im vorliegenden Fall vorgenommenen Rechtshandlungen außer Acht zu lassen.

18.

In der dänischen Rechtsprechung wurde außerdem der sogenannte Grundsatz des „eigentlichen Beziehers der Einkünfte“ entwickelt. Dieser Grundsatz basiert auf der grundlegenden Bestimmung über die Besteuerung der Einkünfte in § 4 der dänischen Abgabenordnung (statsskatteloven) und besagt, dass die Steuerbehörden nicht verpflichtet sind, eine künstliche Trennung zwischen dem/der Einkünfte generierenden Betrieb/Tätigkeit und der Zuordnung der daraus fließenden Einkünfte zu akzeptieren. Es muss daher festgestellt werden, wer – ohne Rücksicht auf die Erscheinungsform – der wirkliche Empfänger bestimmter Einkünfte und daher steuerpflichtig ist. Die Frage ist daher, wem die Einkünfte steuerlich zuzuordnen sind. Der „eigentliche Bezieher der Einkünfte“ ist demnach der für die betreffenden Einkünfte Steuerpflichtige.

III. Ausgangsrechtsstreit

19.

Im Ausgangspunkt wehrt sich die Y Denmark Aps (im Folgenden: Y Denmark) gegen die Heranziehung als Haftungsschuldner für nicht einbehaltene Quellensteuer anlässlich einer Dividendenausschüttung an ihre in Zypern ansässige Muttergesellschaft (Y Cyprus). Sie ging von einer nach der Mutter-Tochter-Richtlinie quellensteuerbefreiten Ausschüttung aus. Die Finanzverwaltung hingegen ist der Ansicht, dass die Dividenden eigentlich an die in Bermudas ansässige „Großmuttergesellschaft“, d. h. an die Y Global Ltd. (Bermuda) (im Folgenden: Y Bermuda), gezahlt worden wäre, da Y Cyprus nur eine sogenannte Durchleitungsgesellschaft sei. Daher sei eine Quellensteuer einzubehalten gewesen. Dem Streit liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

20.

Die Muttergesellschaft an der Spitze des Y-Konzerns, die Y Inc., USA (im Folgenden: Y USA), ist eine amerikanische börsennotierte Gesellschaft. Die ausländischen Tochtergesellschaften von Y USA stehen heute im Eigentum von Y Bermuda, deren einzige Tätigkeit – neben derjenigen als Holdinggesellschaft – im Besitz bestimmter Rechte des geistigen Eigentums an den Produkten des Konzerns besteht. Ihr laufendes Geschäft wird von einer (unabhängigen) Verwaltungsgesellschaft geführt. Y Denmark – von Y USA im Jahr 2000 gegründet – hat seitdem stets ca. 20 Angestellte und ist im Bereich Verkauf und Unterstützung tätig. Y Denmark fungiert außerdem als Holdinggesellschaft für den europäischen Teil des Y-Konzerns, z.B. für die Y Netherlands.

21.

Mit einer Änderung des amerikanischen Rechts – dem American Jobs Creation Act of 2004 – wurde den amerikanischen Gesellschaften die Möglichkeit eingeräumt, Dividenden von ausländischen Tochtergesellschaften zu steuerlich sehr günstigen Bedingungen heimzuholen, wenn sie sich im Gegenzug verpflichteten, diese Dividenden in den USA für bestimmte Zwecke, wie z. B. Forschung und Entwicklung, zu verwenden.

22.

Y USA beschloss daher, im Steuerjahr 2005/06 (1. Mai 2005 bis 28. April 2006) eine möglichst große Dividende von Y Bermuda (ihrer 100%igen Tochtergesellschaft) heimzuholen. Die Dividendenkapazität – die u. a. durch Dividendenausschüttungen der verschiedenen Tochtergesellschaften an Y Bermuda geschaffen werden sollte – belief sich auf 550 Mio. US-Dollar (USD).

23.

Bevor die Dividenden ausgeschüttet wurden, wurde der europäische Teil des Konzerns umstrukturiert. So gründete Y Bermuda am 9. Mai 2005 Y Cyprus. An diese verkaufte Y Bermuda die Aktien von Y Denmark. Der Kaufpreis wurde durch Ausstellung einer Schuldverschreibung entrichtet. Damit wurde Y Cyprus zwischen Y Bermuda und Y Denmark geschaltet.

24.

Y Cyprus fungiert als Holdinggesellschaft mit bestimmten Treasury-Aktivitäten (Vergabe von Darlehen an die Tochtergesellschaften). Die Anschrift der Gesellschaft, die keine Angestellten hat, war diejenige einer Verwaltungsgesellschaft. Aus den Lageberichten in den Jahresabschlüssen für 2005/06 und 2006/07 ergibt sich, dass die Tätigkeit von Y Cyprus im Wesentlichen darin besteht, eine Holdinggesellschaft zu sein, und dass sich die ihren Verwaltungsratsmitgliedern gezahlte Vergütung auf 571 USD und 915 USD belief. Nach den Jahresabschlüssen betrug die entrichtete Steuer 0 USD, da die Gesellschaft kein positives steuerpflichtiges Einkommen auswies.

25.

Am 26. September 2005 beschloss Y Netherlands, für das Steuerjahr 2004/05 eine Dividende in Höhe von 76 Mio. Euro an Y Denmark auszuschütten. Am 28. September 2005 genehmigte die Hauptversammlung von Y Denmark eine für dieses Steuerjahr vorgeschlagene Dividendenausschüttung an Y Cyprus über ebenfalls 76 Mio. Euro. Die Dividende an Y Denmark wurde am 25. Oktober 2005 gezahlt. Am 27. Oktober 2005 wurde die Dividende in gleicher Höhe von Y Denmark an Y Cyprus gezahlt, die ihn am 28. Oktober 2005 an Y Bermuda zur Tilgung der Schuld weiterleitete, die sie im Zusammenhang mit ihrem Kauf von Y Denmark eingegangen war. Am 3. April 2006 schüttete Y Bermuda Dividenden in Höhe von 550 Mio. USD an Y USA aus. Y Bermuda hatte die Dividenden teilweise mit Eigenmitteln, teilweise mit einem Bankdarlehen finanziert. Am 13. Oktober 2006 genehmigte die Hauptversammlung von Y Denmark eine weitere für das Steuerjahr 2005/06 vorgeschlagene Dividendenausschüttung an Y Cyprus in Höhe von 92 Mio. dänischen Kronen (DKK).

26.

Mit Bescheid vom 17. September 2010 stellte die SKAT (dänische Steuerbehörde) fest, dass Y Denmark die Quellensteuer auf Dividenden, die sie 2005 und 2006 an ihre Muttergesellschaft Y Cyprus ausgeschüttet habe, hätte einbehalten müssen und für die Quellensteuer hafte.

27.

Dieser Bescheid wurde vor dem Landsskatteret (oberste Steuerbehörde) angefochten, das sich in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2011 der Auffassung der SKAT (dänische Steuerbehörde) insoweit anschloss, als Y Cyprus nach dem dänisch-zyprischen DBA nicht „Nutzungsberechtigte“ der Dividenden sei, aber Y Denmark in dem Punkt folgte, dass keine Grundlage dafür bestanden habe, die Quellensteuer einzubehalten, da Y Cyprus von der Befreiung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie erfasst gewesen sei.

28.

Das Skatteministerium (Finanzministerium) erhob daraufhin beim Østre Landsret (Landgericht der Region Ost, Dänemark) Klage gegen die Entscheidung des Landsskatteret (oberste Steuerbehörde). Nunmehr hat das Østre Landsret (Landgericht der Region Ost) beschlossen, ein Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen.

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof

29.

Das Østre Landsret (Landgericht der Region Ost) hat folgende Fragen vorgelegt:

1.

Kann sich ein Mitgliedstaat nur dann auf Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie, der die Anwendung einzelstaatlicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen betrifft, berufen, wenn er eine spezifische einzelstaatliche Bestimmung zur Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie erlassen hat oder wenn das nationale Recht allgemeine Bestimmungen oder Grundsätze zu Steuerhinterziehungen und Missbräuchen enthält, die im Einklang mit Art. 1 Abs. 2 ausgelegt werden können?

1.1

Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Kann § 2 Abs. 2 Buchst. c des Selskabsskattelov (Körperschaftsteuergesetz), wonach „es eine Vorbedingung ist, dass nach den Bestimmungen der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten keine … Steuer auf die Dividenden erhoben wird“, als eine solche spezifische einzelstaatliche Bestimmung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie angesehen werden?

2.

Ist eine Bestimmung in einem dem OECD‑Musterabkommen nachgebildeten Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei Mitgliedstaaten, nach der die Besteuerung der ausgeschütteten Dividenden davon abhängt, ob der Bezieher Nutzungsberechtigter dieser Dividenden ist, eine solche vertragliche Bestimmung zur Missbrauchsbekämpfung, die unter Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie fällt?

2.1.

Wenn ja, ist der Begriff „vertragliche Bestimmungen“ in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie dann dahin auszulegen, dass sich der Mitgliedstaat nach seinem internen Recht dem Steuerpflichtigen gegenüber auf das Doppelbesteuerungsabkommen berufen können muss?

3.

Wenn der Gerichtshof die Frage 2 bejaht: Ist es dann Sache der nationalen Gerichte, den Inhalt des Begriffs „Nutzungsberechtigter“ festzulegen, oder ist der Begriff für die Anwendung der Richtlinie 90/435 unter Zugrundelegung eines spezifischen unionsrechtlichen Verständnisses auszulegen, das der Überprüfung durch den Gerichtshof unterliegt?

4.

Wenn der Gerichtshof die Frage 2 bejaht und die Frage 3 dahin beantwortet, dass es nicht Sache der nationalen Gerichte ist, den Inhalt des Begriffs „Nutzungsberechtigter“ festzulegen: Ist dieser Begriff dann dahin auszulegen, dass eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die – unter Umständen wie den hier vorliegenden – Dividenden von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft bezieht, „Nutzungsberechtigte“ dieser Dividenden im Sinne der unionsrechtlichen Auslegung dieses Begriffs ist?

a)

Ist der Begriff „Nutzungsberechtigter“ wie der entsprechende Begriff in Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschioedener Mitgliedstaaten (ABl. 2003, L 157, S. 49) (Zinsen- und Lizenzgebühren-Richtlinie) auszulegen?

b)

Ist der Begriff allein unter Heranziehung der Erläuterungen (Musterkommentar) zu Art. 10 des Musterabkommens von 1977 (Ziff. 12) auszulegen, oder können auch spätere Erläuterungen wie die Ergänzungen, die 2003 zu den Durchleitungsstellen oder 2014 zu den vertraglichen oder rechtlichen Verpflichtungen vorgenommen wurden, herangezogen werden?

c)

Inwieweit ist für die Beurteilung der Frage, ob der Dividendenempfänger als „Nutzungsberechtigter“ anzusehen ist, von Bedeutung, ob er eine vertragliche oder rechtliche Verpflichtung hatte, die Dividenden an eine andere Person weiterzuleiten?

d)

Welche Bedeutung hat es für die Beurteilung der Frage, ob der Dividendenempfänger als „Nutzungsberechtigter“ anzusehen ist, dass das vorlegende Gericht nach einer Würdigung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens befindet, dass der Empfänger – ohne dass er durch eine vertragliche oder rechtliche Verpflichtung gebunden gewesen wäre, die vereinnahmten Dividenden an eine andere Person weiterzuleiten – im Wesentlichen nicht berechtigt war, über die Dividenden zu verfügen („use and enjoy“), wie es in den Erläuterungen von 2014 zum Musterabkommen von 1977 heißt?

5.

Wenn hier davon auszugehen ist, dass „einzelstaatliche oder vertragliche Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie vorliegen, dass Dividenden von einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (A) an eine Muttergesellschaft (B) in einem anderen Mitgliedstaat ausgeschüttet und von dort an deren Muttergesellschaft (C) weitergeleitet worden sind, die außerhalb der EU/des EWR ansässig ist und die Mittel wiederum an ihre Muttergesellschaft (D) weitergeleitet hat, die ebenfalls außerhalb der EU/des EWR ansässig ist, dass zwischen ersterem Mitgliedstaat und dem Staat, in dem C ansässig ist, kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, dass zwischen ersterem Mitgliedstaat und dem Staat, in dem D ansässig ist, ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht und dass ersterer Mitgliedstaat daher nach seinem Recht dann keinen Anspruch auf Quellensteuer auf die von A an D ausgeschütteten Dividenden gehabt hätte, wenn D direkte Eigentümerin von A gewesen wäre, handelt es sich dann um einen Missbrauch im Sinne der Richtlinie, der bewirkt, dass B keinen Richtlinienschutz genießt?

6.

Wird eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (Muttergesellschaft) konkret nicht gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 90/435 als von der Quellensteuer auf Dividenden, die sie von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) erhalten hat, befreit angesehen, steht dann Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG (und/oder Art. 56 EG) Rechtsvorschriften entgegen, nach denen letzterer Mitgliedstaat die Dividenden der in dem anderen Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft besteuert, wenn er solche Dividenden bei inländischen Muttergesellschaften unter im Übrigen gleichen Umständen nicht besteuert?

7.

Wird eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (Muttergesellschaft) konkret nicht gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 90/435 als von der Quellensteuer auf Dividenden, die sie von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) erhalten hat, befreit angesehen und von letzterem Mitgliedstaat als dort beschränkt steuerpflichtig für diese Dividenden angesehen, steht dann Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG (und/oder Art. 56 EG) Rechtsvorschriften entgegen, nach denen die Steuerabzugspflichtige (die Tochtergesellschaft) in letzterem Mitgliedstaat bei verspäteter Abführung der Quellensteuer Verzugszinsen mit einem höheren Zinssatz als dem zahlen muss, der dort für Verzugszinsen auf die Körperschaftsteuerschuld einer gebietsansässigen Gesellschaft gilt?

8.

Wenn der Gerichtshof die Frage 2 bejaht und die Frage 3 dahin beantwortet, dass es nicht Sache der nationalen Gerichte ist, den Inhalt des Begriffs „Nutzungsberechtigter“ festzulegen, und eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (Muttergesellschaft) auf dieser Grundlage konkret nicht gemäß der Richtlinie 90/435 als von der Quellensteuer auf Dividenden, die sie von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) erhalten hat, befreit angesehen wird, ist letzterer Mitgliedstaat dann nach der Richtlinie 90/435 oder Art. 10 EG verpflichtet, anzugeben, wen er in diesem Fall als Nutzungsberechtigten ansieht?

9.

Wird eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (Muttergesellschaft) konkret nicht gemäß der Richtlinie 90/435 als von der Quellensteuer auf Dividenden, die sie von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) erhalten hat, befreit angesehen, steht dann Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG (oder Art. 56 EG) – einzeln oder zusammen betrachtet – Rechtsvorschriften entgegen,

a)

nach denen die Tochtergesellschaft in letzterem Mitgliedstaat die Quellensteuer auf die Dividenden einbehalten muss und dem Staat gegenüber für die nicht einbehaltene Quellensteuer haftet, eine solche Einbehaltungspflicht aber nicht gilt, wenn die Muttergesellschaft in diesem Mitgliedstaat ansässig ist;

b)

nach denen letzterer Mitgliedstaat Verzugszinsen auf eine Quellensteuerschuld berechnet?

Der Gerichtshof wird ersucht, bei der Antwort auf die Frage 9 die Antworten auf die Fragen 6 und 7 zu berücksichtigen.

10.

In einem Fall, in dem

1.

eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (Muttergesellschaft) die in der Richtlinie 90/435 festgelegte Bedingung, (in den Jahren 2005 und 2006) mindestens 20 % des Aktienkapitals einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft (Tochtergesellschaft) zu halten, erfüllt,

2.

die Muttergesellschaft konkret nicht gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 90/435 als von der Quellensteuer auf von der Tochtergesellschaft ausgeschüttete Dividenden befreit angesehen wird,

3.

der oder die in einem Drittstaat ansässige(n) (direkte[n] oder indirekte[n]) Anteilseigner als „Nutzungsberechtigte(r)“ der fraglichen Dividenden angesehen wird bzw. werden,

4.

diese(r) (direkte[n] oder indirekte[n]) Anteilseigner ebenfalls das genannte Kapitalerfordernis erfüllt bzw. erfüllen,

steht Art. 56 EG dann Rechtsvorschriften, nach denen der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist, die fraglichen Dividenden besteuert, entgegen, wenn er solche Dividenden bei inländischen Gesellschaften, die das Kapitalerfordernis der Richtlinie 90/435 erfüllen, d. h. in den Steuerjahren 2005 und 2006 mindestens 20 % des Aktienkapitals der ausschüttenden Gesellschaft hielten (in den Jahren 2007 und 2008 15 % und danach 10 %), nicht besteuert?

30.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2016 wurden die Rechtssachen C‑116/16 und C‑117/16 verbunden. Zu den Vorlagefragen haben in dem verbundenen Verfahren vor dem Gerichtshof T Danmark, Y Denmark, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Schweden, die Italienische Republik, das Königreich der Niederlande und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. An der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2017 – die auch die Verfahren C‑115/16, C‑118/16, C‑119/16 und C‑299/16 umfasste – haben sich T Danmark, Y Denmark, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, das Großherzogtum Luxemburg und die Europäische Kommission beteiligt.

V. Rechtliche Würdigung

A. Zur Bestimmung des Dividendenempfängers im Fall eines Missbrauchs durch den Steuerpflichtigen (Fragen 1 bis 5)

31.

Unter den Verfahrensbeteiligten wird nicht bestritten, dass die in Rede stehenden Dividendenzahlungen grundsätzlich dem Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie unterfallen. Folglich müsste Dänemark die Dividenden als Ansässigkeitsstaat der ausschüttenden Gesellschaft nach Art. 5 dieser Richtlinie von der Quellensteuer befreien. Dänemark sieht die Verweigerung der Quellensteuerbefreiung aber offenbar durch Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie gedeckt. Nach dieser Vorschrift steht die Richtlinie der Anwendung einzelstaatlicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Missbräuchen nicht entgegen.

32.

Mit seinen Vorlagefragen 1 bis 5 fragt das vorlegende Gericht zwar primär an, ob sich ein Mitgliedstaat auf Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen nur dann stützen kann, wenn er eine nationale Regelung zu dessen Umsetzung erlassen hat (B.1), und wenn dies der Fall ist, ob § 2 Abs. 2 Buchst. c des Körperschaftsteuergesetzes oder eine DBA-Regelung, die den Begriff des Nutzungsberechtigten verwendet, als eine solche hinreichende Umsetzung anzusehen ist (B.2). Wenn dem so sei, möchte das vorlegende Gericht wissen, von wem und wie der Begriff des Nutzungsberechtigten auszulegen sei.

33.

Diese ganzen Fragen ergeben aber nur einen Sinn, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie überhaupt vorliegen. Letzteres verlangt eine Steuerhinterziehung oder einen Missbrauch der Quellensteuerbefreiung durch Y Cyprus im vorliegenden Fall. Daher muss zunächst die Frage 5 beantwortet werden.

34.

Insofern wird erläutert werden, was die Voraussetzungen für die Annahme eines Missbrauchs im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie sind (2). Zuvor wird der Umfang des Quellenbesteuerungsverbots aus Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie näher untersucht (1).

1.   Der Gedanke des Quellenbesteuerungsverbots in Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie

35.

Wie sich aus ihrem dritten Erwägungsgrund ergibt, bezweckt die Mutter-Tochter-Richtlinie, durch die Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems jede Benachteiligung der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats zu beseitigen und so den Zusammenschluss von Gesellschaften auf Unionsebene zu erleichtern. Die Richtlinie soll damit sicherstellen, dass Gewinnausschüttungen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft steuerlich neutral sind. ( 5 )

36.

Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten hierzu die Wahl zwischen zwei Systemen, und zwar dem Befreiungssystem und dem Anrechnungssystem. Den Erwägungsgründen 7 und 9 dieser Richtlinie entsprechend stellt diese Vorschrift nämlich klar, dass dann, wenn einer Muttergesellschaft aufgrund der Beteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft Gewinne zufließen, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft diese Gewinne insoweit nicht besteuert, als sie von der Tochtergesellschaft nicht abgezogen werden können, und diese Gewinne insoweit besteuert, als sie von der Tochtergesellschaft abgezogen werden können, oder im Fall einer Besteuerung zulassen, dass die Muttergesellschaft auf die geschuldete Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diesen Gewinn entrichten, bis zur Höhe der entsprechenden Steuerschuld anrechnen kann. ( 6 )

37.

Art. 4 der Mutter-Tochter-Richtlinie soll somit verhindern, dass die von einer gebietsfremden Tochtergesellschaft an eine gebietsansässige Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne zunächst bei der Tochtergesellschaft in deren Sitzstaat und dann bei der Muttergesellschaft in deren Sitzstaat besteuert werden. ( 7 )

38.

In Art. 4 der Mutter-Tochter-Richtlinie geht es um eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung, da die Dividenden in der Regel aus versteuerten Einkommen der Tochtergesellschaft stammen (d. h. schon mit Körperschaftsteuer eines Mitgliedstaats vorbelastet sind) und bei der Muttergesellschaft zu deren Einkommen gehören (und damit erneut mit Körperschaftsteuer eines anderen Mitgliedstaats belastet werden). Innerhalb eines größeren Konzerns hängt damit die Steuerbelastung von der Anzahl der Konzernstufen ab, die in den meisten Fällen rein organisatorische Gründe haben. Art. 4 der Mutter-Tochter-Richtlinie trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass juristische Personen beliebig vervielfältigt werden können, ohne dass sich die dahinterstehenden Personen und damit auch deren Gewinne aus dem Handeln mittels dieser juristischen Personen verändern.

39.

Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie vervollständigt diesen Gedanken, indem zugleich zur Sicherung der steuerlichen Neutralität von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne vom Quellensteuerabzug befreit werden sollen. ( 8 ) So stellt Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie zur Vermeidung der Doppelbesteuerung das grundsätzliche Verbot auf, von einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne einem Steuerabzug an der Quelle zu unterwerfen. ( 9 )

40.

Mit dem Verbot für die Mitgliedstaaten, eine Quellensteuer auf von einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft an ihre gebietsfremde Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne zu erheben, schränkt Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Besteuerung von Gewinnen ein, die in ihrem Hoheitsgebiet ansässige Gesellschaften an Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ausschütten. ( 10 ) Die Mitgliedstaaten können daher nicht einseitig restriktive Maßnahmen einführen und den in Art. 5 Abs. 1 vorgesehenen Anspruch auf Quellensteuerbefreiung von diversen Bedingungen abhängig machen. ( 11 ) Der Anspruch auf eine Quellensteuerbefreiung ist daher nicht davon abhängig, dass die Anteilseigner der Muttergesellschaft im Inland ansässig sind oder dass der Dividendenzahlende die weitere Verwendung der Dividenden durch den Dividendenempfänger darlegt.

41.

Bei Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie handelt es sich um eine Vermeidung einer weiteren (nun eher rechtlichen) Doppelbesteuerung. Denn wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, wird bei einer Quellenbesteuerung eigentlich der Empfänger der Einkünfte (hier der Dividenden) besteuert. ( 12 ) Eine Quellenbesteuerung im Ansässigkeitsstaat des die Dividenden Ausschüttenden stellt damit keine eigene Steuerart, sondern nur eine besondere Besteuerungstechnik dar. Eine Quellenbesteuerung beim Zahlenden durch dessen Ansässigkeitsstaat und eine „normale“ Besteuerung beim Dividendenempfänger durch dessen Ansässigkeitsstaat führt per se zu einer Doppelbesteuerung und in der Regel auch zu einer Benachteiligung im Vergleich zum Inlandsfall.

42.

Gerade bei umfangreichen Konzernstrukturen über mehrere Grenzen würde ohne eine Befreiung auf beiden Ebenen der oben angesprochene Kaskadeneffekt vervielfacht, wenn zugleich auch noch jedes Mal eine Quellenbesteuerung eingreifen würde. Das darin eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes zu sehen ist, liegt auf der Hand.

43.

Für die Vermeidung einer solchen kaskadenartigen wirtschaftlichen und rechtlichen Doppelbesteuerung ist es aber irrelevant, ob der Dividendenempfänger auch der „Nutzungsberechtigte“ der Dividenden oder etwas Ähnliches ist. Entscheidend ist mehr, ob der Dividendenzahlende mit Körperschaftsteuer belastet war und der Dividendenempfänger erneut Körperschaftsteuer auf die Dividende zu zahlen hat. Gleiches gilt für das Quellensteuerverbot. Dafür ist entscheidend, ob die Dividendeneinkünfte im Ansässigkeitsstaat der Körperschaftsteuer unterliegen.

44.

Insofern ergibt es durchaus Sinn, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie (anders als die Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie ( 13 )) „nur“ darauf abstellt, dass von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft (ab einer gewissen Beteiligungsquote) Gewinne ausgeschüttet werden. Weil Dividenden – anders als Zinszahlungen – grundsätzlich keine gewinnmindernden Betriebsausgaben darstellen, ist es auch nachvollziehbar, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie ihrem Wortlaut nach keine weiteren materiellen Kriterien (wie der Bezug von Dividenden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung oder Ähnliches) enthält.

45.

Das Dividendenbezugsrecht folgt letztendlich aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung als Muttergesellschaft, die nur im eigenen Namen wahrgenommen werden kann. Auch ein Handeln auf fremde Rechnung erscheint hier schwerlich denkbar. Jedenfalls kann es nicht allein aus der Existenz einer „Großmuttergesellschaft“ abgeleitet werden. Folglich sind grundsätzlich alle Dividendenzahlungen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft eines anderen Mitgliedstaats erfasst, wenn die Gesellschaft – was im vorliegenden Fall unstreitig ist – die Voraussetzungen des Art. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllt.

46.

Grenzen setzt dem lediglich Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie, der vorsieht, dass die Richtlinie der Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen nicht entgegensteht.

2.   Der Missbrauchsbegriff im Unionsrecht

47.

In Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie spiegelt sich der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts wider, wonach sich niemand in missbräuchlicher oder betrügerischer Weise auf die in der Unionsrechtsordnung vorgesehenen Rechte berufen darf. ( 14 ) Die Anwendung einer Regelung des Unionsrechts darf nämlich nicht so weit gehen, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden, d. h. Vorgänge, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte stattfinden, sondern nur dem Zweck dienen, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen. ( 15 )

48.

Dabei verleiht der Wortlaut der Vorschrift dem ihr zugrunde zu legenden Verständnis von Missbrauch keine näheren Konturen. ( 16 ) Als Ausnahmevorschrift muss Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie jedoch eng ausgelegt werden. ( 17 ) Im Hinblick auf Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung gebietet dies insbesondere auch das Prinzip der Rechtssicherheit. Erfüllt nämlich ein Einzelner der Form nach sämtliche Voraussetzungen, um ein Recht in Anspruch zu nehmen, darf es nur in besonderen Fällen zulässig sein, dieses Recht auf der Grundlage eines Missbrauchseinwands zu versagen.

49.

Jedoch ergeben sich aus anderen EU-Richtlinien entsprechende Anhaltspunkte für die Beurteilung als Missbrauch. So wird in der Fusionsrichtlinie ( 18 ) als Regelbeispiel für das Vorliegen eines solchen Beweggrundes in deren Art. 11 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 das Fehlen vernünftiger wirtschaftlicher Gründe für die jeweilige Transaktion genannt. Darüber hinaus definiert Art. 6 in der – für die streitbefangenen Jahre noch nicht anwendbaren – Richtlinie mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken ( 19 ) (im Folgenden: Richtlinie 2016/1164) den Begriff des Missbrauchs. Danach ist entscheidend, ob eine unangemessene Gestaltung vorliegt, bei der der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft. Nach Abs. 2 gilt eine Gestaltung in dem Umfang als unangemessen, als sie nicht aus triftigen wirtschaftlichen Gründen vorgenommen wurde, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln.

50.

Nicht zuletzt hat der Gerichtshof mehrfach entschieden, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sich nur dann mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen lasse, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung die Verhinderung von Verhaltensweisen ist, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktionen zu dem Zweck zu errichten, die Steuer zu umgehen, die normalerweise auf die durch Tätigkeiten im Inland erzielten Gewinne zu zahlen ist. ( 20 ) Wie der Gerichtshof mittlerweile auch mehrfach entschieden hat, reicht es dafür aus, wenn mit der Konstruktion nicht ausschließlich, ( 21 ) sondern im Wesentlichen ein Steuervorteil erlangt werden soll. ( 22 )

51.

Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs beinhaltet damit zwei Elemente, die sich gegenseitig bedingen. Zum einen wird rein künstlichen Gestaltungen, die im Ergebnis nur auf dem Papier stattfinden, von vornherein die Anerkennung versagt. Darüber hinaus kommt der Umgehung des Steuergesetzes entscheidende Bedeutung zu, die auch mit Hilfe von in der wirtschaftlichen Realität existierenden Konstruktionen erreicht werden kann. Letztere Fallgruppe dürfte die häufigere sein und wird in dem neuen Art. 6 der Richtlinie 2016/1164 nunmehr ausdrücklich erfasst. Auch der Gerichtshof selbst sieht in einer jüngeren Entscheidung in dem rein künstlichen Charakter nur einen Umstand dafür, dass im Wesentlichen die Erlangung eines Steuervorteils angestrebt wird. ( 23 )

52.

Das Vorliegen eines Missbrauchs hängt dabei von einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Falles ab, deren Feststellung den zuständigen nationalen Behörden obliegt und die gerichtlich überprüfbar sein muss. ( 24 ) Diese Gesamtwürdigung hat zwar das vorlegende Gericht vorzunehmen. ( 25 ) Für die Beurteilung, ob die Vorgänge sich im Rahmen normaler Handelsgeschäfte vollziehen oder nur dem Zweck dienen, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen, ( 26 ) kann der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht aber nützliche Anhaltspunkte geben. ( 27 )

3.   Kriterien für den vorliegenden Fall

a)   Zum Vorliegen einer rein künstlichen Gestaltung

53.

Ob eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion angenommen werden kann, kann der Gerichtshof nicht beurteilen. Dafür reichen zum einen die vom vorlegenden Gericht mitgeteilten Tatsachen nicht aus. Zum anderen ist die Würdigung dieser Tatsachen Sache des vorlegenden Gerichts. Der Gerichtshof kann nur Anhaltspunkte geben.

54.

Eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion könnte hier eventuell angenommen werden. Dafür sprechen die vom vorlegenden Gericht mitgeteilten Umstände. So hat Y Cyprus keine Beschäftigten und offenbar wohl auch keine eigenen Büroräume. Daraus resultierend hatte diese Gesellschaft weder Personalkosten noch Kosten für die Raumnutzung. Auch die den Verwaltungsratsmitgliedern gezahlte Vergütung zeugt nicht von umfangreichen Aktivitäten. Darüber hinaus wurde offenbar aus der Vermögensverwaltung auch kein eigenes Einkommen erwirtschaftet. Dies alles wirkt gekünstelt. Eine natürliche Person hätte unter diesen Umständen wohl längst ihre wirtschaftliche Tätigkeit eingestellt.

55.

Auch wenn der Gerichtshof unlängst entschieden hat, dass die Tatsache, dass die Tätigkeit einer Gesellschaft nur in der Verwaltung von Wirtschaftsgütern besteht und die Einkünfte nur aus dieser Verwaltung stammen, nicht bedeutet, dass eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion vorliegt, ( 28 ) bestehen hier doch Zweifel, ob die Aktivitäten der zypriotischen Gesellschaft nicht doch ausschließlich auf dem Papier stattfinden, wenn nicht einmal irgendwelche Einkünfte aus der „Treasury-Funktion“ der Gesellschaft resultieren.

56.

In Anbetracht der Tatsache, dass insbesondere vermögensverwaltende Gesellschaften per se wenig Aktivitäten entfalten (können), sind an dieses Kriterium zwar nur noch geringe Anforderungen zu stellen. Sollte eine wirksam gegründete Gesellschaft aber nicht einmal mehr über die entsprechenden Sach- und Personalmittel vor Ort verfügt, um ihren Zweck (hier die „Treasury-Aktivitäten“) aus eigener Kraft selbst zu erfüllen, dann kann durchaus von einer jeder wirtschaftlichen Realität baren Konstruktion gesprochen werden. Dies gilt insbesondere, falls sie strukturell nicht in der Lage sein sollte, eigene Einkünfte zu generieren, die sie dazu in die Lage versetzen würden.

57.

Eine juristische Person, die so passiv ist, dass jede denkbare Beteiligung am Rechtsverkehr allenfalls über Dritte erfolgt, die keine eigenen Aktivitäten entfaltet und dadurch auch keinerlei eigenen Einkünfte und eigene Kosten verursacht, könnte meines Erachtens als rein künstliche Konstruktion bezeichnet werden. Letztendlich ist dies aber eine Tatsachenfrage, die das vorlegende Gericht entscheiden muss.

b)   Zu berücksichtigende außersteuerrechtliche Gründe

58.

Darüber hinaus kann unabhängig von dieser Tatsachenwürdigung auch jenseits einer rein künstlichen, jeder wirtschaftlichen Realität baren Konstruktion eine missbräuchliche steuerrechtliche Gestaltung vorliegen, wie der Wortlaut des neuen Art. 6 der Richtlinie 2016/1164 zeigt. Insofern kann im vorliegenden Fall auch noch anderen Kriterien, insbesondere den zu berücksichtigenden außersteuerrechtlichen Gründen, entscheidende Bedeutung zu kommen.

59.

Insofern hat auch der Gerichtshof zur Mutter-Tochter-Richtlinie bereits entschieden, dass Beteiligungskonstruktionen, die nur dem Zweck dienen, von den in der Richtlinie vorgesehenen Steuervergünstigungen zu profitieren, eine Form von Missbrauch darstellen. ( 29 ) Insoweit gilt auch für die Mutter-Tochter-Richtlinie, dass wirtschaftliche Gründe für die Gestaltung vorliegen müssen. Das bloße Streben nach einem rein steuerlichen Vorteil ohne Bezug zu einer wirtschaftlichen Realität ist nicht geschützt. ( 30 )

60.

Damit kommt im vorliegenden Fall anderen Kriterien, insbesondere den zu berücksichtigenden außersteuerrechtlichen Gründen, entscheidende Bedeutung zu.

61.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt es für sich allein keinen Missbrauch dar, wenn eine Gesellschaft ihren – satzungsmäßigen oder tatsächlichen – Sitz nach dem Recht eines Mitgliedstaats begründet, um in den Genuss günstigerer Rechtsvorschriften zu kommen. ( 31 ) Allein, dass in der Beteiligungskette auch Gesellschaften aus Zypern eingeschaltet worden sind, kann daher noch nicht die Annahme eines Missbrauchs nach sich ziehen.

62.

Weiterhin ist der Steuerpflichtige bei einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei Möglichkeiten nicht verpflichtet, diejenige zu wählen, die die höhere Steuerzahlung nach sich zieht, sondern er hat vielmehr das Recht, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. ( 32 ) Somit können – so der Gerichtshof weiter – die Steuerpflichtigen die Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei wählen. ( 33 ) Allein dass im vorliegenden Fall eine Transaktionsstruktur gewählt wurde, die nicht die höchste Steuerlast (hier eine zusätzliche und definitive Quellensteuerbelastung) zur Folge hat, kann damit auch nicht als Missbrauch bezeichnet werden.

63.

Weiterhin kann – jenseits einer rein künstlichen, jeder wirtschaftlichen Realität baren Konstruktion – einem Unionsbürger, sei er nun eine natürliche oder eine juristische Person, nicht schon allein deshalb die Möglichkeit, sich auf die Bestimmungen des Vertrages zu berufen, genommen werden, weil er beabsichtigt hat, von der in einem anderen Mitgliedstaat als dem seiner Ansässigkeit geltenden vorteilhaften Steuerrechtslage zu profitieren. ( 34 ) Damit kann eine – wie hier vorliegende – Transaktionsstruktur unter Einbeziehung eines Mitgliedstaats, welcher auf eine Quellenbesteuerung verzichtet, nicht allein deshalb als missbräuchlich beurteilt werden.

64.

Insofern erfasst die Niederlassungsfreiheit auch die Wahl des Mitgliedstaats, der dem betreffenden Unternehmen die aus seiner Sicht besten steuerrechtlichen Rahmenbedingungen bietet. Wenn dieser Grundsatz schon im deutlich stärker harmonisierten Mehrwertsteuerrecht gilt, ( 35 ) dann erst recht im nicht so stark harmonisierten Ertragsteuerrecht, bei dem eine Divergenz der Steuerrechtsordnungen ( 36 ) der jeweiligen Mitgliedstaaten unionsrechtlich gewollt ist bzw. politisch bewusst hingenommen wird.

65.

Weiterhin hat der Gerichtshof klargestellt, dass die im Unionsrecht vorgesehene Steuerbefreiung von Dividenden nicht von der Herkunft oder Ansässigkeit der Anteilseigner abhängig ist, da dies in der Mutter-Tochter-Richtlinie keine Rolle spielt. ( 37 ) Dass der Anteilseigner von Y Denmark in Zypern bzw. der Anteilseigner von deren Muttergesellschaft in einem Drittstaat (hier Bermudas) ansässig sind, ist daher isoliert gesehen auch nicht missbräuchlich.

c)   Zur Umgehung des Gesetzeszwecks

66.

Stärker fällt ins Gewicht, dass die letztendlichen Zahlungsempfänger ihren Sitz häufig in bestimmten Drittstaaten (in der Regel auf bestimmten kleineren Inseln wie den Cayman Islands ( 38 ), Jersey ( 39 ) oder wie hier auf Bermuda) haben, die für eine fehlende Kooperation mit anderen Finanzbehörden bekannt sind. Dies könnte eventuell auf ein ungewöhnliches Vorgehen in seiner Gesamtheit hindeuten, dessen wirtschaftlicher Grund sich nicht auf den ersten Blick erschließt.

67.

Daher könnte im vorliegenden Fall in der gesamten Konstruktion weniger aufgrund der „Zwischenschaltung“ einer zyprischen Gesellschaft als vielmehr aufgrund der „Ansiedlung“ eines der letztendlichen Zahlungsempfänger in bestimmten Drittstaaten (hier Bermudas) eine missbräuchliche Gestaltung zu sehen sein. An dieser Stelle kommt dem Zweck der Gestaltung bzw. dem Zweck des umgangenen Steuergesetzes (hier der Besteuerung in Dänemark) eine besondere Bedeutung zu.

1) Umgehung des dänischen Ertragsteueraufkommens?

68.

Zunächst ist festzustellen, dass Dänemark nicht um die Besteuerung des Gewinns der operativen Gesellschaft (Y Denmark) gebracht wurde. Dieser Gewinn wurde ganz normal im Ansässigkeitsstaat (d. h. in Dänemark) besteuert. Die Dividenden sind damit mit dänischer Körperschaftsteuer vorbelastet.

69.

Die zypriotische Gesellschaft ist in Zypern unbeschränkt steuerpflichtig und unterliegt dort mit ihren Einkünften der Körperschaftsteuer. Daran ändert die Tatsache, dass diese in den Streitjahren über keine positiven Einkünfte verfügt, nichts. Damit liegen die Voraussetzungen des Art. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie vor. Die Steuerbefreiung der Dividenden in Zypern entspricht dem Gedanken der Richtlinie und trägt der dänischen Körperschaftsteuervorbelastung Rechnung.

70.

Dass Zypern keine Quellenbesteuerung durchführt, wenn Dividenden an Anteilseigner in Drittstaaten gezahlt werden, ist insofern ohne Belang. Diese Entscheidung ist Folge der Steuerautonomie eines jeden Staates. Wenn schon in der Union aufgrund fehlender Harmonisierung der Ertragsteuern ein Steuerwettbewerb der Mitgliedstaaten untereinander unionsrechtlich zulässig ist, dann kann einem Steuerpflichtigen nicht vorgeworfen werden, dass er von den Standortvorteilen einzelner Mitgliedstaaten tatsächlich auch in der Realität (d. h. nicht nur auf dem Papier) Gebrauch macht.

2) Verhinderung der Ausnutzung grenzüberschreitender Informationsdefizite

71.

Bei Lichte betrachtet wird durch die Einschaltung der zypriotischen Gesellschaft im Ergebnis „lediglich“ eine Quellenbesteuerung der Dividendenzahlungen in Dänemark vermieden. Wie bereits oben erwähnt (Nr. 41), wird bei einer Quellenbesteuerung aber eigentlich der Empfänger der Einkünfte (hier der Dividenden) besteuert. ( 40 ) Dies geschieht, indem im Moment der Auszahlung der Zahlende einen Teil der Einkünfte bereits an der Quelle einbehalten muss.

72.

Eine Quellenbesteuerung im Ansässigkeitsstaat des Dividendenschuldners stellt damit keine eigene Steuerart, sondern nur eine besondere Besteuerungstechnik dar, um im Wesentlichen eine (Mindest‑) Besteuerung des Dividendenempfängers abzusichern. Denn insbesondere in Auslandssachverhalten ist nicht immer sichergestellt, dass der Empfänger seine Einkünfte auch ordnungsgemäß versteuert. In der Regel erfährt der Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers nämlich selten etwas von dessen Einkünften aus dem Ausland, wenn nicht – wie mittlerweile in der Union – funktionierende Datenaustauschsysteme zwischen den Finanzbehörden bestehen.

73.

Für eine missbräuchliche Umgehung dieses Gesetzeszwecks (Absicherung der Besteuerung des Dividendenempfängers) müssten daher zwei Voraussetzungen vorliegen. Zum einen muss bei einer Direktauszahlung überhaupt ein Steueranspruch Dänemarks bestehen (dazu Nrn. 88 ff.). Zum anderen muss eine Gefahr der Nichtbesteuerung aufgrund einer Nichterfassung dieser Einkünfte im eigentlichen Empfängerstaat existieren.

74.

Sollte daher ein Grund der gewählten Transaktionsstruktur darin zu sehen sein, Dividenden über einen Drittstaat an Anleger zu zahlen, damit deren Ansässigkeitsstaaten keine Informationen über deren Einkünfte erhalten, dann ist in dieser Gesamtkonstruktion meines Erachtens ein Rechtsmissbrauch zu sehen.

75.

Ein solcher Missbrauchsvorwurf könnte wiederum entkräftet werden, wenn die Kapitalanlagegesellschaften den Ansässigkeitsstaaten der Kapitalanleger die entsprechenden Steuerinformationen zur Verfügung stellen oder der Ansässigkeitsstaat der Kapitalanlagegesellschaften über die entsprechenden Informationen verfügt und diese Informationen an die entsprechenden Staaten weiterleitet. Eine solche Unternehmensstruktur würde dann den Zweck der vermiedenen Quellenbesteuerung (dazu oben, Nr. 72) nicht unterlaufen. Auch dies muss das Gericht in seine Gesamtbetrachtung einbeziehen.

76.

Sollte der Zweck der Konstruktion darin bestehen, die Dividenden der europäischen Konzerngesellschaften steuerneutral zu bündeln und dann an die Konzernmutter weiterzuleiten, die diese ordnungsgemäß in ihrem Ansässigkeitsstaat (hier den Vereinigten Staaten) versteuert, scheint ein Missbrauch eher schwierig anzunehmen zu sein. Dies gilt insbesondere, wenn bei einer direkten Ausschüttung an die US-Konzernmuttergesellschaft keine Quellensteuer angefallen wäre, weil ein entsprechendes DBA existiert.

d)   Ergebnis zu Frage 5

77.

Bei der Vermeidung einer Quellenbesteuerung für Dividendenzahlungen an in Drittsaaten ansässige Gesellschaften kommt primär eine Vermeidung der Besteuerung der Dividenden bei den eigentlichen Empfängern in Betracht. Ein Missbrauch kann hier insbesondere angenommen werden, wenn die gewählte Unternehmensstruktur darauf abzielt, gewisse Informationsdefizite zwischen den involvierten Staaten auszunutzen, um eine effektive Besteuerung dieser Anteilseigner zu verhindern. Dies muss das vorlegende Gericht beurteilen.

4.   Auslegung der Mutter-Tochter-Richtlinie nach Maßgabe der Erläuterungen zum OECD-Musterabkommen? (Fragen 3 und 4)

78.

Das vorlegende Gericht fragt mit seinen Fragen 3 und 4 u. a., ob für die Versagung der aus der Mutter-Tochter-Richtlinie folgenden Quellensteuerbefreiung nach Maßgabe eines von Dänemark mit einem anderen Staat abgeschlossenen völkerrechtlichen Vertrages (d. h. eines DBA) ein unionsrechtliches Grundverständnis zugrunde zu legen ist, welches einer Überprüfung durch den Gerichtshof unterliegt. Des Weiteren möchte es wissen, ob für eine solche unionsrechtskonforme Auslegung auch die Erläuterungen zu den OECD-MA und, wenn ja, ob auch Erläuterungen zu einem nach Erlass der Richtlinie erarbeiteten OECD-MA heranzuziehen sind.

79.

In den späteren Erläuterungen zum OECD-MA werden sogenannte Durchlaufgesellschaften nämlich normalerweise nicht als Nutzungsberechtigte angesehen, wenn sie – obwohl sie formal Nutzungsberechtigte sind – praktisch sehr enge Befugnisse haben, die sie in Bezug auf die fraglichen Einkünfte nur zu einem für Rechnung der interessierten Parteien handelnden Treuhänder oder Verwalter machen.

80.

Sofern ein Mitgliedstaat eine aus dem Unionsrecht folgende Steuerbefreiung zulasten des Einzelnen einschränken möchte, ist diese einschränkende Regelung immer im Lichte des Unionsrechts auszulegen. Um dem vorlegenden Gericht daher eine nützliche Antwort zu geben, ist die Mutter-Tochter-Richtlinie auszulegen. Für diese Auslegung des Unionsrechts könnten auch die OECD-MA und die Erläuterungen zu den OECD-MA heranzuziehen sein.

81.

Die OECD-MA sind jedoch weder Unionsrecht noch sind sie für den Gerichtshof rechtsverbindlich. Sie sind keine multilateralen völkerrechtlichen Verträge, sondern einseitige Akte einer internationalen Organisation in Form von Empfehlungen an ihre Mitgliedstaaten. Auch nach dem Selbstverständnis der OECD sind diese Empfehlungen nicht verbindlich; die Mitgliedstaaten haben sie vielmehr nach der Verfahrensordnung der OECD daraufhin zu überprüfen, ob sie ihre Befolgung für angebracht halten. ( 41 ) Dies gilt erst recht für die von der OECD dazu erlassenen Erläuterungen, die letztendlich lediglich Rechtsansichten enthalten.

82.

Jedoch ist es nach ständiger Rechtsprechung nicht sachfremd, wenn sich die Mitgliedstaaten bei der ihnen obliegenden ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse an der internationalen Praxis, wie sie sich in den Musterabkommen spiegelt, orientieren. ( 42 ) Dies gilt auch für eine Orientierung an der internationalen Rechtsüberzeugung, die sich in den Erläuterungen zu dem OECD-MA spiegeln kann.

83.

Auf die Auslegung einer EU-Richtlinie (und damit auch auf eine unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts) können sich die Erläuterungen zu den OECD-MA aber nicht unmittelbar auswirken. Insofern geben diese Erläuterungen nur die Ansicht derjenigen wieder, die an den OECD-MA gearbeitet haben, nicht aber die Ansicht parlamentarischer Gesetzgeber oder gar des Unionsgesetzgebers. Allenfalls wenn sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Richtlinie ergeben sollte, dass sich der Unionsgesetzgeber an dem Wortlaut eines OECD-MA und den (damaligen) Erläuterungen zu diesem OECD-MA orientiert hat, könnte eine entsprechende Auslegung indiziert sein.

84.

Daher hat der Gerichtshof auch schon festgestellt, dass eine Regelung eines DBA, ausgelegt im Lichte der Erläuterungen der OECD zu ihrem einschlägigen Musterabkommen, Unionsrecht nicht einschränken kann. ( 43 ) Dies gilt insbesondere für Änderungen des OECD-MA und der Erläuterungen, die nach dem Erlass der Richtlinie vorgenommen werden. Andernfalls hätten es die Vertragsstaaten der OECD in der Hand, über die Auslegung einer EU-Richtlinie zu entscheiden.

85.

Daher kann auf die Vorlagefragen 3 und 4 geantwortet werden, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie unionsrechtlich autonom und unabhängig von Art. 10 des Musterabkommens der OECD von 1977 oder von späteren Fassungen auszulegen ist.

86.

Darüber hinaus wird im Ergebnis gefragt, ob der Dividendenempfänger im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie wie der Nutzungsberechtigte im Sinne der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie auszulegen ist. Auch dies kann verneint werden, denn wie oben ausgeführt (Nr. 35), verfolgt die Mutter-Tochter-Richtlinie einen anderen Ansatz als die Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie und verwendet daher bewusst nicht den Begriff des Nutzungsberechtigten.

B. Zur Angabe des eigentlichen Dividendenempfängers (Frage 8)

87.

Mit der achten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Mitgliedstaat, der nicht anerkennen will, dass der Empfänger der Dividenden auch der Begünstigte im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie ist, weil er nur eine sogenannte künstliche Durchleitungsgesellschaft sei, verpflichtet ist, anzugeben, wen er als den eigentlichen Empfänger der Dividenden ansieht. Damit spricht das vorlegende Gericht im Kern die Frage nach der Beweislast für das Vorliegen eines Missbrauchs an.

88.

Ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten setzt voraus, dass eine von der normalerweise gewählten Gestaltung abweichende legale Gestaltung gewählt wurde, die zu einem günstigeren Ergebnis führt, als die „normale“ Gestaltung. Als „normale Gestaltung“ wäre im vorliegenden Fall eine direkte Dividendenausschüttung zwischen den Kapitalanlagegesellschaften und der Klägerin des Ausgangsverfahrens zu betrachten. Diese „normale Gestaltung“ müsste auch eine höhere Steuerlast zur Folge haben.

89.

Dass die gewählte Vorgehensweise steuerrechtlich günstiger ist als die normale Gestaltung, muss grundsätzlich die Finanzverwaltung darlegen, wobei den Steuerpflichtigen eine gewisse Mitwirkungspflicht treffen kann. Der Steuerpflichtige kann dann aber „gegebenenfalls Beweise für die wirtschaftlichen Gründe für das Geschäft“ beibringen. ( 44 ) Ergibt sich daraus, dass der wesentliche Zweck ( 45 ) nicht darin besteht, Steuern zu vermeiden, die normalerweise angefallen wären, kann die gewählte Vorgehensweise nicht als missbräuchlich betrachtet werden, zumal der Staat dem Steuerpflichtigen diese Gestaltungsmöglichkeiten selbst zur Verfügung stellt.

90.

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 46 ) ergibt sich weiterhin, dass die Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens zur Folge hat, dass die Situation bestimmt wird, wie sie ohne die die missbräuchliche Praxis darstellenden Umstände bestanden hätte, und sodann diese umqualifizierte Situation anhand der einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts und des Unionsrechts beurteilt wird. Dazu muss aber feststehen, wer der eigentliche Dividendenempfänger ist.

91.

Damit kann sich aus dänischer Sicht ein Missbrauch im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie nur dann ergeben, wenn bei einer direkten Auszahlung der Dividenden eine entsprechende Besteuerung in Dänemark eintreten würde. Dies ist nach dänischem Recht jedoch ausgeschlossen, wenn bei Außerachtlassung der sogenannten Zwischengesellschaft der eigentliche Dividendenempfänger auch ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wäre oder der Dividendenempfänger in einem Staat ansässig wäre, mit dem Dänemark ein DBA abgeschlossen hat. Wenn z. B. Y Bermuda ebenso wie Y Cyprus nicht als der eigentliche Empfänger der Dividenden anzusehen wäre, sondern die US-Konzernmuttergesellschaft, dann wäre diese Konstellation nach dänischem Recht auch von der Quellensteuer befreit.

92.

Daher kann auf die Frage 8 geantwortet werden, dass der Mitgliedstaat, der nicht anerkennen will, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft – an die die Dividenden gezahlt wurden – der Empfänger der Dividenden ist, zur Annahme eines Missbrauchs grundsätzlich angeben muss, wer seiner Ansicht nach der eigentliche Dividendenempfänger ist. Dies ist notwendig, um feststellen zu können, ob überhaupt ein steuerrechtlich günstigeres Ergebnis durch die als missbräuchlich eingestufte Gestaltung erreicht wird. Insbesondere bei Auslandssachverhalten kann dabei den Steuerpflichtigen jedoch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht treffen.

C. Zur Berufung auf Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie (Fragen 1, 1.1 und 2)

93.

Mit seinen Fragen 1, 1.1 und 2. möchte das vorlegende Gericht im Ergebnis wissen, ob sich (1) Dänemark unmittelbar auf Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie berufen kann, um dem Steuerpflichtigen die in Art. 5 Abs. 1 der genannten Richtlinie vorgesehene Quellensteuerbefreiung zu verweigern. Sollte dies nicht der Fall sein, ist zu klären, ob (2) Dänemark mit dem vorliegenden nationalen Recht Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie doch hinreichend umgesetzt hat.

1.   Keine unmittelbare Anwendung einer Richtlinie zur Begründung von Verpflichtungen zulasten des Einzelnen

94.

Sollte nach Maßgabe der oben genannten Kriterien doch ein Missbrauch im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie vorliegen, zeichnet sich der vorliegende Fall durch die Besonderheit aus, dass das dänische Recht keine spezifische Bestimmung zur Umsetzung dieser Vorschrift kannte. Auch habe es – so das vorlegende Gericht – keine allgemeine Gesetzesbestimmung über die Verhinderung des Missbrauchs gegeben. Einige Verfahrensbeteiligten sind deshalb der Auffassung, dass ihnen die aus dem nationalen Recht folgende Steuerbefreiung selbst bei der Annahme eines Missbrauchs nicht vorenthalten werden könne.

95.

Allerdings ist eine förmliche Übernahme von Richtlinienbestimmungen (hier von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie) in spezifische Rechtsvorschriften des nationalen Rechts nicht immer erforderlich. Vielmehr kann der Umsetzung einer Richtlinie je nach ihrem Inhalt bereits durch einen allgemeinen rechtlichen Kontext – einschließlich allgemeiner Grundsätze des nationalen Verfassungs- oder Verwaltungsrechts – Genüge getan sein, wenn dadurch die vollständige Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise garantiert ist. ( 47 )

96.

In dem Vorabentscheidungsverfahren erwähnt das vorlegende Gericht die Existenz zweier Grundsätze (die sog. Realitätsdoktrin und den Grundsatz des „eigentlichen Beziehers der Einkünfte“). Allerdings sind sich die Beteiligten einig, dass diese hier nicht einschlägig sind, wenn in der Realität formal die Dividenden tatsächlich zunächst an die zypriotische Gesellschaft gezahlt wurden.

97.

Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten jedoch eine entsprechende Missbrauchsbekämpfung. Eine solche entspricht auch einer unionsweiten Praxis. So haben weitestgehend alle Mitgliedstaaten gewisse Instrumentarien zur Abwehr eines Missbrauchs des Rechts zum Zwecke der Steuervermeidung entwickelt. ( 48 ) Damit herrscht auch in den nationalen Steuerrechtsordnungen Konsens, dass die Anwendung des Rechts nicht so weit gehen kann, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern toleriert werden müssen. Dieser insofern unionsweit anerkannte Grundsatz ( 49 ) findet nunmehr auch seinen Ausdruck in Art. 6 der Richtlinie 2016/1164.

98.

Insofern sind alle nationalen Regelungen, gleichviel ob sie zur Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie ergangen sind oder nicht, jeweils im Einklang mit diesem allgemeinen Rechtsgrundsatz und insbesondere mit Wortlaut und Zielen der Mutter-Tochter-Richtlinie sowie ihres Art. 1 Abs. 2 auszulegen und anzuwenden. ( 50 ) Gegen eine unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts spricht nicht, dass sie möglicherweise zulasten des Einzelnen gehen kann. Denn eine durch Bestimmungen des nationalen Rechts vermittelte, d. h. eine mittelbare Anwendung des Unionsrechts zulasten des Einzelnen ist zulässig. ( 51 )

99.

Lediglich eine unmittelbare Anwendung von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie zulasten der Klägerin wäre den dänischen Behörden – auch aus Gründen der Rechtssicherheit ( 52 ) – versagt. So kann ein Mitgliedstaat dem Einzelnen nicht eine Richtlinienbestimmung entgegenhalten, die er selbst nicht umgesetzt hat. ( 53 ) Es entspricht nämlich ständiger Rechtsprechung, dass eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist. ( 54 ) Ein solcher Mitgliedstaat würde sich selbst „rechtsmissbräuchlich“ verhalten. Einerseits würde er eine an ihn adressierte Richtlinie nicht umsetzen (obwohl er es könnte), andererseits würde er sich auf eine in der nicht umgesetzten Richtlinie enthaltene Möglichkeit zur Missbrauchsbekämpfung berufen.

100.

Ebenso wenig dürften sich die zuständigen Behörden im Ausgangsfall dem Einzelnen gegenüber unmittelbar auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrechts stützen, wonach ein Rechtsmissbrauch nicht zulässig ist. Denn jedenfalls in den Fällen, die in den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie fallen, hat ein solcher Grundsatz in Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie seinen spezifischen Ausdruck gefunden und eine Konkretisierung erfahren. ( 55 ) Ließe man daneben noch den unmittelbaren Rückgriff auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz zu, dessen Inhalt weit weniger klar und bestimmt ist, so bestünde die Gefahr, dass das Harmonisierungsziel der Mutter-Tochter-Richtlinie – und auch aller weiteren Richtlinien, die konkrete Vorschriften zur Missbrauchsvermeidung (wie z. B. Art. 6 der Richtlinie 2016/1164) enthalten – unterlaufen würde. Im Übrigen würde auch das bereits erwähnte Verbot, nicht umgesetzte Richtlinienbestimmungen unmittelbar zulasten des Einzelnen zur Anwendung zu bringen, auf diese Weise untergraben werden. ( 56 )

2.   Keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung im Mehrwertsteuerrecht

101.

Dem stehen nicht die Entscheidungen des Gerichtshofs ( 57 ) in den Rechtssachen Italmoda und Cussens entgegen. In diesen hat der Gerichtshof entschieden, dass der Grundsatz des Verbots missbräuchlicher Praktiken dahin auszulegen sei, dass er unabhängig von einer nationalen Maßnahme zu seiner Durchsetzung in der nationalen Rechtsordnung unmittelbar angewandt werden kann, um die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen, ohne dass die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dem entgegenstehen.

102.

Allerdings betrafen diese beiden Entscheidungen ausschließlich das Mehrwertsteuerrecht. Dieses unterscheidet sich von der hier vorliegenden Materie. Das Mehrwertsteuerrecht ist zum einen viel mehr durch das Unionsrecht harmonisiert und berührt viel weiter gehend unionsrechtliche Interessen durch die daran gekoppelte Finanzausstattung der Union als das Ertragsteuerrecht der Mitgliedstaaten.

103.

Zum anderen verpflichtet das Unionsrecht nach Art. 325 Abs. 1 und 2 AEUV die Mitgliedstaaten zur (effektiven) Erhebung einer Mehrwertsteuer, ( 58 ) während dies im Ertragsteuerrecht nicht der Fall ist. Hinzu kommt noch die besondere Betrugsanfälligkeit des Mehrwertsteuerrechts, die wohl eine besonders effektive Durchsetzung der Steueransprüche bedingt. Insofern unterscheidet auch der Gerichtshof selbst in seiner jüngsten Entscheidung zwischen dem Mehrwertsteuerrecht und dem sekundären Unionsrecht, welches ausdrücklich eine Erlaubnis zur Missbrauchsbekämpfung enthält. ( 59 ) Daher kommt eine unmittelbare Anwendung von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie zum Nachteil des Steuerpflichtigen nicht in Betracht. ( 60 )

3.   Zur Existenz einer spezifisch gegen Missbrauch gerichteten nationalen Vorschrift

104.

Das vorlegende Gericht wird aber zu prüfen haben, ob nicht bereits allgemeine Bestimmungen oder Grundsätze des innerstaatlichen Rechts (dazu gehören auch von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze) bei einer unionsrechtskonformen Auslegung doch auf den vorliegenden Fall Anwendung finden können, aus denen sich etwa die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit von Scheingeschäften oder ein Verbot der missbräuchlichen Berufung auf bestimmte steuerrechtliche Vorteile ergeben könnte.

105.

Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit lässt sich zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung die Verhinderung von Verhaltensweisen ist, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktionen zu dem Zweck zu errichten, die Steuer zu umgehen, die normalerweise auf die durch Tätigkeiten im Inland erzielten Gewinne zu zahlen ist. ( 61 )

106.

Aus diesem Grund kann auf die Fragen 1.1 und 2 geantwortet werden, dass weder § 2 Abs. 2 Buchst c des dänischen Körperschaftsteuergesetzes noch eine DBA-Regelung, die für die Besteuerung von ausgeschütteten Dividenden auf den Nutzungsberechtigten abstellt, ausreichend sind, um als Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie betrachtet werden zu können.

107.

Anders sollte dies jedoch im Zusammenhang mit der unionsrechtskonformen Anwendung der sogenannten Realitätsdoktrin und des Grundsatzes des „eigentlichen Beziehers der Einkünfte“ in Dänemark zu beurteilen sein. Diese sind gerade entwickelt worden, um der Problematik Herr zu werden, dass das Zivilrecht viele Gestaltungen ermöglicht, das Steuerrecht aber wirtschaftliche Sachverhalte besteuert. Daher richten sich diese Rechtsgrundsätze gerade spezifisch gegen künstliche Gestaltungen oder den Rechtsmissbrauch durch den Einzelnen und stellen daher im Grundsatz auch eine ausreichend spezifische Rechtsgrundlage für eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Soweit Dänemark keine ausdrückliche Umsetzung des Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie vorgenommen hat, ist dies folglich unschädlich. Im Einzelnen hat dies aber das nationale Gericht zu beurteilen.

108.

Die in Dänemark entwickelte „Realitätsdoktrin“, in einer unionsrechtskonformen Art und Weise ausgelegt, könnte daher als Grundlage ausreichen, um rein künstliche oder auch missbräuchliche Gestaltungen – sofern solche vorliegen (dazu näher unter Nrn. 52 ff.) – bei der Besteuerung zu ignorieren. Auch die „Realitätsdoktrin“ scheint mir nichts anderes als eine besondere Art der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu sein, die wohl den meisten Missbrauchsabwehrvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten zugrunde liegt. ( 62 ) Deutlich wird dies auch auf unionsrechtlicher Ebene z. B. in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2016/1164, wonach eine Gestaltung in dem Umfang als unangemessen gilt, in dem sie nicht aus triftigen wirtschaftlichen Gründen vorgenommen wurde, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln. Letzteres hat aber das nationale Gericht zu beurteilen.

109.

Wenn das Ziel der Gestaltung darin besteht, eine Besteuerung der eigentlichen Anleger zu verhindern, dann erfolgt trotz der formalen Ausschüttung der Dividenden an die die zyprische Muttergesellschaft bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Ausschüttung an deren Anteilseigner in Gestalt der Y Bermuda (oder evtl. sogar an die Konzernmuttergesellschaft Y USA). Die Ausschüttung an die zypriotische Muttergesellschaft spiegelt dann nicht die wirtschaftliche, sondern nur die zivilrechtliche (formelle) Realität wider.

D. Verstoß gegen Grundfreiheiten (Fragen 6, 7, 9 und 10)

110.

Da im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, warum das Quellenbesteuerungsverbot nach Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht eingreifen sollte, braucht auf die Fragen 6, 7, 9 und 10 des vorlegenden Gerichts nicht mehr eingegangen zu werden.

111.

Sofern das vorlegende Gericht bei einer unionsrechtskonformen Anwendung der im nationalen Recht vorhandenen Grundsätze zum Ergebnis gelangt, dass eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt, greift eine Quellenbesteuerung zwar unter Umständen ein. Allerdings stellen sich dann die Fragen im vorliegenden Fall auch nicht mehr, weil diese Besteuerung Folge des Missbrauchs ist und eine missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt ist. ( 63 )

112.

Unabhängig davon hat aber der Gerichtshof auch schon entschieden, dass die unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Zinsempfängern aufgrund einer unterschiedlichen Besteuerungstechnik bereits keine vergleichbaren Sachverhalte betrifft. ( 64 ) Dies gilt auch für in- und ausländische Dividendenempfänger. Selbst wenn dies als vergleichbarer Sachverhalt beurteilt werden sollte, wäre nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Beschränkung der Grundfreiheit gerechtfertigt, so lange wie die dänische Quellensteuerbelastung des im Ausland ansässigen Dividendenempfängers nicht höher ist als die dänische Körperschaftsteuerbelastung eines inländischen Dividendenempfängers. ( 65 )

113.

Gleiches gilt für eine unterschiedliche Verzinsung bzw. Entstehung der dänischen Körperschaftsteuerschuld beim Dividendenempfänger und einer dänischen Quellensteuerabzugsverpflichtung beim Dividendenzahlenden. Dies sind keine vergleichbaren Sachverhalte, da einmal eine eigene Steuer (Körperschaftsteuer) geschuldet wird und das andere Mal für den Dividendenempfänger eine eigentlich fremde Steuer (dessen Körperschaftsteuer) einbehalten und abgeführt wird. Eine differenzierende Entstehung und Verzinsung resultiert aus der unterschiedlichen Technik und Funktion einer Quellenbesteuerung (dazu Nr. 72).

VI. Ergebnis

114.

Somit schlage ich vor, die Fragen des Østre Landsret (Landgericht der Region Ost, Dänemark) wie folgt zu beantworten:

1.

Auf die Frage 1 ist zu antworten, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten berufen kann, wenn er diesen nicht umgesetzt hat.

2.

Hinsichtlich der Fragen 1.1 und 2 ist zu antworten, dass weder § 2 Abs. 2 Buchst. c des dänischen Körperschaftsteuergesetzes noch eine Art. 10 des OECD-Musterabkommens entsprechende Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens als hinreichende Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie betrachtet werden können. Dies verbietet jedoch nicht eine unionsrechtskonforme Auslegung und Anwendung allgemeiner Prinzipien und Grundsätze des nationalen Rechts, deren Ziel darin besteht, spezifisch gegen künstliche Gestaltungen oder den Rechtsmissbrauch durch den Einzelnen vorgehen zu können.

3.

Die Fragen 3 und 4 sind dahin gehend zu beantworten, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft, die Dividenden ihrer Tochtergesellschaft erhält, als der von der Mutter-Tochter-Richtlinie erfasste Dividendenempfänger zu betrachten ist. Die Begriffe der Mutter-Tochter-Richtlinie sind unionsrechtlich autonom allein nach Maßgabe der Mutter-Tochter-Richtlinie und unabhängig von den Erläuterungen zu Art. 10 des Musterabkommens der OECD von 1977 oder von späteren Fassungen auszulegen.

4.

Die Frage 5 ist dahin gehend zu beantworten, dass die Annahme eines Missbrauchs von einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Falles abhängt, die das nationale Gericht vorzunehmen hat.

a)

Ein Missbrauch im Steuerrecht kann bei rein künstlichen, jeder wirtschaftlichen Realität baren Konstruktionen vorliegen oder wenn der wesentliche Zweck der Konstruktion darin besteht, eine Steuer zu umgehen, die ihrem Gesetzeszweck nach angefallen wäre. Dabei hat die Finanzverwaltung darzulegen, dass ein entsprechender Steueranspruch bei der angemessenen Gestaltung bestanden hätte, während der Steuerpflichtige darzulegen hat, dass beachtliche außersteuerrechtliche Gründe der gewählten Gestaltung zugrunde liegen.

b)

Bei der Vermeidung einer Quellenbesteuerung von Dividendenzahlungen über Gesellschaften in anderen Mitgliedstaaten an in Drittstaaten ansässige Gesellschaften kommt primär die Vermeidung einer Besteuerung der Dividenden bei den eigentlichen Dividendenempfängern in Betracht. Ein Missbrauch kann hier insbesondere angenommen werden, wenn die gewählte Unternehmensstruktur dazu dient, gewisse Informationsdefizite zwischen den beteiligten Staaten auszunutzen, um eine effektive Besteuerung der eigentlichen Dividendenempfänger zu verhindern.

5.

Auf die Frage 8 ist zu antworten, dass der Mitgliedstaat, der nicht anerkennen will, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft der Empfänger der Dividenden ist, zur Annahme eines Missbrauchs angeben muss, wer der eigentliche Dividendenempfänger ist. Bei Auslandssachverhalten kann den Steuerpflichtigen jedoch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht treffen.

6.

Die Fragen 6, 7, 9 und 10 müssen angesichts der obigen Antworten auf die Fragen 1 und 5 nicht beantwortet werden.


( 1 ) Originalsprache: Deutsch.

( 2 ) Im Einzelnen sind dies die Rechtssachen C‑118/16, C‑119/16 (beide verbunden mit C‑115/16) und C‑299/16.

( 3 ) Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 1990, L 225, S. 6), zwischenzeitlich aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 (ABl. 2011, L 345, S. 8).

( 4 ) Kildeskatteloven – Lovbekendtgørelse nr. 1086 af 14. November 2005 (Gesetzesbekanntmachung Nr. 1086 vom 14. November 2005).

( 5 ) Urteile vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 20), vom 17. Mai 2017, AFEP u. a. (C‑365/16, EU:C:2017:378, Rn. 21), und vom 8. März 2017, Wereldhave Belgium u. a. (C‑448/15, EU:C:2017:180, Rn. 25), sowie die dort angeführte Rechtsprechung.

( 6 ) Urteil vom 17. Mai 2017, X (C‑68/15, EU:C:2017:379, Rn. 71), vom 17. Mai 2017, AFEP u. a. (C‑365/16, EU:C:2017:378, Rn. 22), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 44).

( 7 ) Urteil vom 17. Mai 2017, AFEP u. a. (C‑365/16, EU:C:2017:378, Rn. 24).

( 8 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 21).

( 9 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 22); vgl. in diesem Sinne auch: Urteil vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (C‑283/94, C‑291/94 und C‑292/94, EU:C:1996:387, Rn. 22), sowie vom 25. September 2003, Océ van der Grinten (C‑58/01, EU:C:2003:495, Rn. 83).

( 10 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 23), in diesem Sinne auch Urteil vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement (C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 38).

( 11 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 24), Beschluss vom 4. Juni 2009, KBC Bank und Beleggen, Risicokapitaal, Beheer (C‑439/07 und C‑499/07, EU:C:2009:339, Rn. 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 12 ) Urteile vom 24. Juni 2010, P. Ferrero und General Beverage Europe (C‑338/08 und C‑339/08, EU:C:2010:364, Rn. 26 und 34), und vom 26. Juni 2008, Burda (C‑284/06, EU:C:2008:365, Rn. 52).

( 13 ) Richtlinie 2003/49.

( 14 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 26), Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:34, Nr. 24).

( 15 ) Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 27), vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 38), vom 6. April 2006, Agip Petroli (C‑456/04, EU:C:2006:241, Rn. 20), vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 35), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 68 und 69), vom 9. März 1999, Centros (C‑212/97, EU:C:1999:126, Rn. 24), mit weiteren Nachweisen, siehe dazu auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 57).

( 16 ) Vgl. dagegen etwa Art. 15 der Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 (Fusionsrichtlinie, ABl. 2009, L 310, S. 34).

( 17 ) Vgl. Urteile vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (C‑283/94, C‑291/94 und C‑292/94, EU:C:1996:387, Rn. 27), vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C‑28/95, EU:C:1997:369, Rn. 38 und 39), vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 37), vom 11. Dezember 2008, A.T. (C‑285/07, EU:C:2008:705, Rn. 31), vom 20. Mai 2010, Zwijnenburg (C‑352/08, EU:C:2010:282, Rn. 46), und vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C‑126/10, EU:C:2011:718, Rn. 44).

( 18 ) Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (ABl. 1990, L 225, S. 1).

( 19 ) Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ABl. 2016, L 193, S. 1).

( 20 ) Urteile vom 20. Dezember 2017, Deister Holding und Juhler Holding (C‑504/16 und C‑613/16, EU:C:2017:1009, Rn. 60), vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 35), vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha (C‑303/07, EU:C:2009:377, Rn. 64), vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 74), ähnlich Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 55).

( 21 ) So noch Urteile vom 20. Juni 2013, Newey (C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 46), vom 12. Juli 2012, J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard (C‑326/11, EU:C:2012:461, Rn. 35), vom 27. Oktober 2011, Tanoarch (C‑504/10, EU:C:2011:707, Rn. 51), und vom 22. Mai 2008, Ampliscientifica und Amplifin (C‑162/07, EU:C:2008:301, Rn. 28).

( 22 ) Für das indirekte Steuerrecht: Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 53), vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 36), und vom 21. Februar 2008, Part Service (C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 45); im Anwendungsbereich der sogenannten Fusionsrichtlinie ähnlich: Urteil vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C‑126/10, EU:C:2011:718, Rn. 35 und 36).

( 23 ) So explizit Urteil vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 60).

( 24 ) Urteil vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C‑28/95, EU:C:1997:369, Rn. 41), und meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 60).

( 25 ) Ebenso Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 59), und vom 20. Juni 2013, Newey (C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 49).

( 26 ) Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 35), vom 6. April 2006, Agip Petroli (C‑456/04, EU:C:2006:241, Rn. 20), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 68 und 69), vom 9. März 1999, Centros (C‑212/97, EU:C:1999:126, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung), siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 57).

( 27 ) Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 34), vom 21. Februar 2008, Part Service (C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 56), und vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 77).

( 28 ) Urteil vom 20. Dezember 2017, Deister Holding und Juhler Holding (C‑504/16 und C‑613/16, EU:C:2017:1009, Rn. 73).

( 29 ) Vgl. Urteil vom 17. Oktober 1996, Denkavit u. a. (C‑283/94, C‑291/94 und C‑292/94, EU:C:1996:387, Rn. 31).

( 30 ) Urteil vom 7. September 2017, Eqiom und Enka (C‑6/16, EU:C:2017:641, Rn. 26), vgl. zur Fusionsrichtlinie Urteile vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C‑28/95, EU:C:1997:369, Rn. 47), und vom 10. November 2011, FOGGIA-Sociedade Gestora de Participações Sociais (C‑126/10, EU:C:2011:718, Rn. 34).

( 31 ) Vgl. Urteile vom 25. Oktober 2017, Polbud – Wykonawstwo (C‑106/16, EU:C:2017:804, Rn. 40), vom 30. September 2003, Inspire Art (C‑167/01, EU:C:2003:512, Rn. 96), und vom 9. März 1999, Centros (C‑212/97, EU:C:1999:126, Rn. 27).

( 32 ) Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 42), vom 22. Dezember 2010, Weald Leasing (C‑103/09, EU:C:2010:804, Rn. 27), vom 21. Februar 2008, Part Service (C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 47), und vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 73).

( 33 ) Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 42), und vom 22. Dezember 2010, RBS Deutschland Holdings (C‑277/09, EU:C:2010:810, Rn. 53).

( 34 ) Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 36), vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2003, Barbier (C‑364/01, EU:C:2003:665, Rn. 71).

( 35 ) Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 42), und vom 22. Dezember 2010, RBS Deutschland Holdings (C‑277/09, EU:C:2010:810, Rn. 53).

( 36 ) Vgl. Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 36); zur unionsrechtlich erlaubten Divergenz von Steuersätzen sogar im harmonisierten Steuerrecht ebenso Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 39 und 40).

( 37 ) Urteil vom 20. Dezember 2017, Deister Holding und Juhler Holding (C‑504/16 und C‑613/16, EU:C:2017:1009, Rn. 66).

( 38 ) So in der Rechtssache C‑119/16.

( 39 ) So in der Rechtssache C‑299/16.

( 40 ) Urteile vom 24. Juni 2010, P. Ferrero und General Beverage Europe (C‑338/08 und C‑339/08, EU:C:2010:364, Rn. 26 und 34), und vom 26. Juni 2008, Burda (C‑284/06, EU:C:2008:365, Rn. 52).

( 41 ) Rule 18 lit. b Verfahrensordnung der OECD: „Recommendations of the Organisation, made by the Council in accordance with Articles 5, 6 and 7 of the Convention, shall be submitted to the Members for consideration in order that they may, if they consider it opportune, provide for their implementation“. Zu finden unter https://www.oecd.org/legal/rules%20of%20Procedure%20OECD%20Oct%202013.pdf.

( 42 ) Urteile vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278, Rn. 22), vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 49), vom 7. September 2006, N (C‑470/04, EU:C:2006:525, Rn. 45), vom 12. Mai 1998, Gilly (C‑336/96, EU:C:1998:221, Rn. 31), vom 23. Februar 2006, van Hilten-van der Heijden (C‑513/03, EU:C:2006:131, Rn. 48), siehe dazu aber auch das Urteil vom 16. Mai 2017, Berlioz Investment Fund (C‑682/15, EU:C:2017:373, Rn. 67).

( 43 ) Urteil vom 19. Januar 2006, Bouanich (C‑265/04, EU:C:2006:51, Rn. 50 und 56).

( 44 ) Urteil vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 92).

( 45 ) Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 53), vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 36), und vom 21. Februar 2008, Part Service (C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 45).

( 46 ) Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 47), vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 52), und vom 21. Februar 2008, Part Service (C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 58).

( 47 ) In diesem Sinne die ständige Rechtsprechung, vgl. etwa die Urteile vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 44), vom 6. April 2006, Kommission/Österreich (C‑428/04, EU:C:2006:238, Rn. 99), vom 16. Juni 2005, Kommission/Italien (C‑456/03, EU:C:2005:388, Rn. 51), und meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 62).

( 48 ) Zum Teil verfügen die Mitgliedstaaten über Generalklauseln zur Abwehr missbräuchlichen Verhaltens, wie in der Bundesrepublik Deutschland mit § 42 Abgabenordnung, Luxemburg mit § 6 des Steueranpassungsgesetzes, in Belgien mit Art. 344 §1er du code des impôts sur les revenus (Einkommensteuergesetz), in Schweden mit Art. 2 des Gesetzes 1995:575 oder in Finnland mit Art. 28 des Einkommensteuergesetzes; zum Teil gibt es Spezialregelungen (wie in Dänemark bezüglich der Verrechnungspreise nach § 2 Ligningslovens [Veranlagungsgesetz]) oder allgemeine Rechtsgrundsätze (in der Bundesrepublik Deutschland wäre dies der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, der u. a. aus § 39 ff. Abgabenordnung abgeleitet werden kann).

( 49 ) Vgl. nur: Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 27), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 68), vom 3. März 2005, Fini H (C‑32/03, EU:C:2005:128, Rn. 32), vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke (C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 51), und vom 23. März 2000, Diamantis (C‑373/97, EU:C:2000:150, Rn. 33).

( 50 ) Zur Pflicht nationaler Gerichte, innerstaatliches Recht richtlinienkonform auszulegen, vgl. die ständige Rechtsprechung und insbesondere die Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a. (C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 108 ff.), vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 113 ff.), und vom 10. April 1984, von Colson und Kamann (14/83, EU:C:1984:153, Rn. 26).

( 51 ) Urteile vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 45), vom 7. Januar 2004, Wells (C‑201/02, EU:C:2004:12, Rn. 57), vom 14. Juli 1994, Faccini Dori (C‑91/92, EU:C:1994:292, Rn. 20, 25 und 26), und vom 13. November 1990, Marleasing (C‑106/89, EU:C:1990:395, Rn. 6 und 8), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 65).

( 52 ) So ausdrücklich Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 42).

( 53 ) Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 49), vom 21. September 2017, DNB Banka (C‑326/15, EU:C:2017:719, Rn. 41), vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 42), vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 21), vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 66).

( 54 ) Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 42), und meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 65), vgl. statt vieler auch das Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 55 ) Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 67) und das Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 38 ff.). Ähnlich auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia (C‑73/07, EU:C:2008:266, Rn. 103).

( 56 ) Unklar insoweit Urteil vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, EU:C:2005:709, Rn. 74 bis 77), siehe dazu bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:86, Nr. 67), präzise auch Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 42).

( 57 ) Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881), und vom 18. Dezember 2014, Schoenimport Italmoda Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455).

( 58 ) Urteile vom 8. September 2015, Taricco u. a. (C‑105/14, EU:C:2015:555, Rn. 36 ff.), und vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 26).

( 59 ) So ausdrücklich Urteil vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 28, 31 und 38).

( 60 ) So bereits der Gerichtshof im Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 42).

( 61 ) Urteile vom 18. Juni 2009, Aberdeen Property Fininvest Alpha (C‑303/07, EU:C:2009:377, Rn. 64), vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 55), und vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 74).

( 62 ) Sehr häufig wird in den Mitgliedstaaten auf den tatsächlichen Inhalt eines Aktes oder einer Transaktion abgestellt – so z. B. in Finnland, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, den Niederlanden, Portugal und Slowenien.

( 63 ) Vgl. statt vieler: Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 27), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 68), vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke (C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 64 ) Urteil vom 22. Dezember 2008, Truck Center (C‑282/07, EU:C:2008:762, Rn. 41); bestätigt durch Urteil vom 18. Oktober 2012, X (C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 26).

( 65 ) Vgl. Urteile vom 17. September 2015, Miljoen u. a. (C‑10/14, C‑14/14 und C‑17/14, EU:C:2015:608, Rn. 90), und vom 18. Oktober 2012, X (C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 42 ff.).