30.11.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 398/71


Klage, eingereicht am 1. Oktober 2015 — Syndial/Kommission

(Rechtssache T-581/15)

(2015/C 398/85)

Verfahrenssprache: Italienisch

Parteien

Klägerin: Syndial SpA — Attività Diversificate (San Donato Milanese, Italien) (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Acquarone und S. Grassi)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Die Klägerin beantragt,

– die Mitteilung der Europäischen Kommission — Generalsekretariat Ref. Ares(2015)3238796 vom 3. August 2015 über die „im Namen der Kommission nach Art. 4 der Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 getroffene Entscheidung des Generalsekretariats“ betreffend den „Zweitantrag auf Dokumentenzugang im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 — GESTDEM 2015/2796“ für nichtig zu erklären und/oder abzuändern, mit der die von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission mit der Mitteilung ENV.D.2/MC/vf/ARES(2015) vom 16. Juni 2015 erklärte Ablehnung des Zugangsantrags bestätigt wurde, den die Syndial S.p.A. mit dem Schreiben INAMB-10/15 vom 6. Mai 2015, übermittelt am 8. Mai 2015 mittels zertifizierter E-Mail, eingereicht hatte, und demzufolge festzustellen, dass die Syndial berechtigt ist, Kenntnis von den Unterlagen betreffend das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2009/4426 zu erlangen, und folglich die vollständige oder teilweise Vorlage der mit dem Zugangsantrag im genannten Schreiben INAMB-10/15 vom 6. Mai 2015, übermittelt am 8. Mai 2015 mittels zertifizierter E-Mail, verlangten Schriftstücke und Dokumente anzuordnen und/oder festzustellen, dass die Syndial Anspruch auf eine formelle Anhörung bei der Kommission zur Erläuterung und Bestätigung der im Rahmen des fraglichen Vertragsverletzungsverfahrens vorliegenden Informationen hat.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend.

1.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen und/oder falsche Anwendung von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001

Im vorliegenden Fall sei die Grenze der Ausnahme, die die Kommission angeführt habe, um den Zugang zu Dokumenten betreffend das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2009/4426 zu verweigern, nicht angemessen gewürdigt worden, nämlich die Grenze des Bestehens eines „überwiegende[n] öffentliche[n] Interesse[s] an der Verbreitung“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2001/1049 a. E..

Das genehmigte und inzwischen umgesetzte Sanierungsprojekt, das unmittelbar von Syndial (der Eigentümerin des Areals) im Gebiet Cengio habe durchgeführt werden sollen, beachte in vollem Umfang die Gemeinschaftsgrundätze über die Regenerierung und Sanierung von mit Verunreinigungen aus der Vergangenheit belasteten Gebieten.

Die Italienischen Republik scheine mit ihrer im Verfahren Nr. 2009/4426 vertretenen Ansicht das auf nationaler Ebene verfolgte öffentliche Interesse unerwartet zu opfern, indem sie sich kritiklos den Beanstandungen der Kommission anschließe und vergesse, dass das Verfahren, das zur Genehmigung des Sanierungsprojekts für das Gebiet geführt habe, die auf nationaler Ebene für die Genehmigung vorgesehenen Schritte durchlaufen habe, und zwar bei dem Ministerium, das nun dessen Gültigkeit bestreite. Es bestehe somit ein relevantes und überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2001/1049 daran, dass es Syndial ermöglicht werde, zu überprüfen, ob die Prüfung der Beachtung der Gemeinschaftsgrundsätze weiterhin konkret verfolgt werde.

Syndial verfolge mit ihren Anträgen kein privates Interesse — was legitim wäre — sondern, was relevanter ist, das öffentliche Interesse an einem wirksamen Schutz des Interesses an der Korrektheit und dem ordnungsgemäßen Ablauf des fraglichen Gemeinschaftsverfahrens (das ausdrücklich durch Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützt ist) und des nationalen Verwaltungsverfahrens (das ausdrücklich durch Art. 97 der Verfassung der Italienischen Republik geschützt ist), das nicht nur mit dem Verteidigungsrecht der Einzelnen (die unmittelbar von den Auswirkungen der im Vertragsverletzungsverfahren ergehenden Entscheidungen betroffen sind) verbunden ist, sondern insbesondere mit dem grundlegenden Recht auf Umweltinformationen, das durch die Grundsätze des Unionsrechts bestätigt wird (Art. 191 Abs. 2 und Abs. 3 Unterabs. 1 AEUV in Verbindung mit dem in Art. 11 AEUV niedergelegten Grundsatz, der u. a. durch den Beitritt der Europäischen Union zum Übereinkommen von Aarhus vom 27. Juni 1998 umgesetzt wurde).

2.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen und/oder falsche Anwendung von Art. 4 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001. Rechtswidrige Verweigerung des teilweisen Zugangs

Die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung „schließt nicht das Recht der Betroffenen aus, darzulegen, dass diese Vermutung für ein bestimmtes Dokument, dessen Verbreitung beantragt wird, nicht gilt oder dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner Verbreitung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 besteht“ (vgl. Urteil des Gerichts vom 2. März 2015 in der Rechtssache T-456/13, Rn. 64).

Im vorliegenden Fall gehe es um einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten, deren Verbreitung keinem öffentlichen Interesse zuwiderlaufe, sondern diesem vielmehr entspreche, da sich lediglich in Kenntnis dieser Dokumente Informationen daraus ziehen ließen, die es ermöglichten, in technischer und rechtlicher Hinsicht die dem Vertragsverletzungsverfahrens zugrunde liegenden Beanstandungen zu entkräften und die Gültigkeit des im vollen Einvernehmen mit den zuständigen Stellen durchgeführten Verfahrens darzulegen, mit dem das geeignetste Projekt zur Sanierung des ehemaligen ACNA-Areals in Cengio im Einklang mit den Gemeinschaftsgrundsätzen über die Wiederherstellung von mit Verunreinigungen aus der Vergangenheit belasteten Gebieten und die Nachhaltigkeit von Umweltmaßnahmen ausgewählt und umgesetzt werden solle.

Der Zugang hätte auf die Angabe der Dokumente beschränkt werden können, die die Italienische Republik zu den Akten gegeben habe, wobei die übrigen in der Verfahrensakte enthaltenen Dokumente zuvor hätten geschwärzt werden können.