URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

8. März 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — In verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Mutter- und Tochtergesellschaften — Gemeinsames anwendbares Steuersystem — Körperschaftsteuer — Richtlinie 90/435/EWG — Geltungsbereich — Art. 2 Buchst. c — Gesellschaft, die ohne Wahlmöglichkeit einer Steuer unterliegt, ohne davon befreit zu sein — Besteuerung zum Nullsatz“

In der Rechtssache C‑448/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Brussel (Berufungsgericht Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 24. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 19. August 2015, in dem Verfahren

Belgische Staat

gegen

Wereldhave Belgium Comm. VA,

Wereldhave International NV,

Wereldhave NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Wereldhave Belgium Comm. VA, der Wereldhave International NV und der Wereldhave NV, vertreten durch R. Tournicourt und M. Delanote, advocaten,

der belgischen Regierung, vertreten durch N. Zimmer und J.‑C. Halleux als Bevollmächtigte,

der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Müller, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Oktober 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 1990, L 225, S. 6) sowie der Art. 43 und 56 EG.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Belgische Staat (Belgischer Staat) und der Wereldhave Belgium Comm. V.A., der Wereldhave International NV und der Wereldhave NV über den Mobiliensteuervorabzug auf Dividenden, die von Wereldhave Belgium in den Steuerjahren 1999 und 2000 an Wereldhave International und an Wereldhave ausgeschüttet wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Der dritte Erwägungsgrund der Richtlinie 90/435 lautete:

„Die für die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten geltenden Steuerbestimmungen weisen von einem Staat zum anderen erhebliche Unterschiede auf und sind im Allgemeinen weniger günstig als die auf die Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften desselben Mitgliedstaats anwendbaren Bestimmungen. Die Zusammenarbeit von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten wird auf diese Weise gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats benachteiligt. Diese Benachteiligung ist durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems zu beseitigen, wodurch Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene erleichtert werden.“

4

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie lautete:

„Jeder Mitgliedstaat wendet diese Richtlinie an

auf Gewinnausschüttungen, die Gesellschaften dieses Staates von Tochtergesellschaften eines anderen Mitgliedstaats zufließen;

auf Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften dieses Staates an Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten.“

5

Art. 2 der Richtlinie 90/435 sah vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie ist ‚Gesellschaft eines Mitgliedstaats‘ jede Gesellschaft:

a)

die eine der im Anhang aufgeführten Formen aufweist;

b)

die nach dem Steuerrecht eines Mitgliedstaats in Bezug auf den steuerlichen Wohnsitz als in diesem Staat ansässig und aufgrund eines mit einem dritten Staat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens in Bezug auf den steuerlichen Wohnsitz nicht als außerhalb der Gemeinschaft ansässig betrachtet wird;

c)

die ferner ohne Wahlmöglichkeit einer der nachstehenden Steuern

vennootschapsbelasting/impot des sociétés in Belgien,

vennootschapsbelasting in den Niederlanden,

oder irgendeiner Steuer, die eine dieser Steuern ersetzt, unterliegt, ohne davon befreit zu sein.“

6

Art. 3 der Richtlinie 90/435 lautete:

„(1)   Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

a)

‚Muttergesellschaft‘ wenigstens jede Gesellschaft eines Mitgliedstaats, die die Bedingungen des Artikels 2 erfüllt und die einen Anteil von wenigstens 25 % am Kapital einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaats, die die gleichen Bedingungen erfüllt, besitzt;

b)

‚Tochtergesellschaft‘ die Gesellschaft, an deren Kapital eine andere Gesellschaft den unter Buchstabe a) genannten Anteil besitzt.

(2)   Abweichend von Absatz 1 haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit,

durch bilaterale Vereinbarung als Kriterium die Stimmrechte statt des Kapitalanteils vorzusehen;

von dieser Richtlinie ihre Gesellschaften auszunehmen, die nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren im Besitz einer Beteiligung bleiben, aufgrund deren sie als Muttergesellschaften gelten, oder an denen eine Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaats nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren eine solche Beteiligung hält.“

7

Nach Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie sind die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne, zumindest wenn diese einen Anteil am Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft von wenigstens 25 % besitzt, vom Steuerabzug an der Quelle befreit.

8

Unter den Buchst. a und j des mit „Liste der unter Artikel 2 Buchstabe a) fallenden Gesellschaften“ überschriebenen Anhangs dieser Richtlinie sind folgende Gesellschaftsformen aufgeführt:

„a)

Die Gesellschaften belgischen Rechts mit der Bezeichnung: naamloze vennootschap/société anonyme, comm[a]nditaire vennootschap op aandelen/société en commandite par actions, besloten vennootschap m[e]t beperkte aansprakelijkheid/société privée à responsabilité limitée sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften, deren Tätigkeit unter das Privatrecht fällt;

j)

die Gesellschaften niederländischen Rechts mit der Bezeichnung: naamloze vennootschap, besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“.

9

Die Richtlinie 90/435 wurde durch die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 2011, L 345, S. 8), die am 18. Januar 2012 in Kraft trat, aufgehoben. In zeitlicher Hinsicht ist jedoch aufgrund des Zeitpunkts der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Ereignisse die Richtlinie 90/435 anwendbar.

Belgisches Recht

10

Art. 266 des Wetboek van de inkomstenbelastingen 1992 (Einkommensteuergesetzbuch 1992) in der im Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: EStGB 1992) bestimmt:

„Der König kann unter den Bedingungen und in den Grenzen, die Er bestimmt, ganz oder teilweise von der Erhebung des Mobiliensteuervorabzugs auf Einkünfte aus beweglichen Gütern und Kapitalvermögen und auf verschiedene Einkünfte absehen, sofern es sich um Einkünfte handelt, die von Empfängern bezogen werden, deren Identität festgestellt werden kann, oder von Instituten für gemeinsame Anlagen ausländischen Rechts, die ein ungeteiltes Vermögen darstellen, das von einer Verwaltungsgesellschaft für Rechnung der Teilnehmer verwaltet wird, wenn ihre Anteile in Belgien nicht öffentlich ausgegeben werden und in Belgien nicht gehandelt werden, oder um Einkünfte aus Inhaberpapieren einer der nachstehenden Kategorien:

1.

Einkünfte aus Wertpapieren, die vor dem 1. Dezember 1962 ausgegeben wurden, die laut Gesetz von der Mobiliensteuer oder von Realsteuern befreit sind oder die einem Steuersatz von weniger als 15 [%] unterliegen,

2.

Einkünfte aus Zertifikaten von belgischen Instituten für gemeinsame Anlagen,

3.

Emissionsagien in Bezug auf Schuldverschreibungen, Kassenbons oder andere Wertpapiere, die Anleihen darstellen, die ab dem 1. Dezember 1962 ausgegeben wurden.

Er kann keinesfalls absehen von der Erhebung des Mobiliensteuervorabzugs auf Einkünfte

1.

aus Wertpapieren, die Anleihen darstellen, deren Zinsen kapitalisiert werden, …

2.

aus Wertpapieren, die nicht zu einer periodischen Auszahlung von Zinsen führen und … mit einem Diskont ausgegeben wurden, der den bis zum Fälligkeitstermin des Wertpapiers kapitalisierten Zinsen entspricht, …

Absatz 2 ist nicht anwendbar auf Wertpapiere, die aus der Zerlegung von linearen Schuldverschreibungen, die vom Belgischen Staat ausgegeben wurden, hervorgehen.“

11

Art. 106 § 5 des Koninklijk besluit tot uitvoering van het Wetboek van de inkomstenbelastingen 1992 (Königlicher Erlass zur Durchführung des Einkommensteuergesetzbuchs 1992) vom 27. August 1993 (Belgisch Staatsblad, 13. September 1993, S. 20096) in seiner auf den Fall im Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: KE/EStGB 1992) lautet:

„Von der Erhebung des Mobiliensteuervorabzugs auf Dividenden, deren Schuldner eine belgische Tochtergesellschaft und deren Empfänger eine Muttergesellschaft eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist, wird vollständig abgesehen.

Der Verzicht [auf die Erhebung des Mobiliensteuervorabzugs] findet gleichwohl keine Anwendung, wenn der Aktienbesitz der Muttergesellschaft, für den die Dividenden ausgeschüttet werden, nicht einer Beteiligung von wenigstens 25 % am Kapital der Tochtergesellschaft entspricht und diese Mindestbeteiligung von 25 % nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von wenigstens einem Jahr gehalten wird oder wurde.

Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 bezeichnen die Ausdrücke ‚Tochtergesellschaft‘ und ‚Muttergesellschaft‘ Tochter- und Muttergesellschaften im Sinne der Richtlinie [90/435]“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12

Wereldhave Belgium ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien nach belgischem Recht, an der die in den Niederlanden ansässigen Aktiengesellschaften niederländischen Rechts Wereldhave International und Wereldhave zu 35 % bzw. 44 % beteiligt sind. Wereldhave hält das gesamte Kapital an Wereldhave International.

13

Wereldhave Belgium schüttete im Jahr 1999 Dividenden in Höhe von 10965197,63 Euro und im Jahr 2000 Dividenden in Höhe von 11075733,50 Euro an Wereldhave International und an Wereldhave aus.

14

Für jedes Steuerjahr reichten Wereldhave International und Wereldhave Einspruchsschriften ein, um unter Berufung auf die Richtlinie 90/435 und auf Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992, der diese Richtlinie in belgisches Recht umsetzt, die Befreiung der Dividenden vom Mobiliensteuervorabzug zu beantragen, da sie der Meinung waren, sie seien als Muttergesellschaften im Sinne dieser Richtlinie anzusehen.

15

Da sechs Monate nach Eingang der Einspruchsschriften noch keine Entscheidung der belgischen Behörden ergangen war, erhoben Wereldhave Belgium, Wereldhave International und Wereldhave Klage bei der Rechtbank van eerste aanleg te Brussel (Gericht erster Instanz Brüssel, Belgien).

16

Mit zwei Entscheidungen vom 20. November 2012 erkannte die Rechtbank van eerste aanleg te Brussel (Gericht erster Instanz Brüssel) darauf, dass für die in den Jahren 1999 und 2000 gezahlten Dividenden nach der Richtlinie 90/435 und Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992 kein Mobiliensteuervorabzug geschuldet sei.

17

Der belgische Staat legte gegen diese Urteile Berufung beim vorlegenden Gericht ein und machte insbesondere geltend, bei den Dividendenempfängern handele es sich um steuerliche Anlageorganismen (im Folgenden: SAO) niederländischen Rechts, die in den Niederlanden der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterlägen und nicht nach Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992 und nach Art. 5 der Richtlinie 90/435 vom Mobiliensteuervorabzug befreit sein könnten, da sie nicht die Voraussetzung der Steuerpflichtigkeit in Art. 2 Buchst. c dieser Richtlinie bzw. in Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992 erfüllten.

18

Der Ausdruck „ohne Wahlmöglichkeit [der Steuer] unterliegt, ohne davon befreit zu sein“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 90/435 bedeute, dass eine sogenannte „subjektive und objektive“ Steuerpflicht bestehen müsse. Demnach sei diese Richtlinie nicht auf Gesellschaften anwendbar, die der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterlägen.

19

Wereldhave Belgium, Wereldhave International und Wereldhave sind hingegen der Ansicht, gemäß Art. 1 der Wet op de vennootschapsbelasting 1969 (Körperschaftsteuergesetz 1969, im Folgenden: Wet Vpb) unterlägen die SAO in den Niederlanden als Aktiengesellschaften grundsätzlich der Wet Vpb. Diese Steuerpflicht genüge nach Art. 266 EStGB 1992, Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992 und Art. 5 der Richtlinie 90/435 für eine Befreiung vom Mobiliensteuervorabzug. Zwar gelte für die SAO unter der Voraussetzung, dass sie ihre Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschütteten, nach Art. 28 der Wet Vpb und Art. 9 des Besluit houdende vaststelling van het besluit beleggingsinstellingen (Verordnung über den Erlass der Verordnung über Anlageorganismen) vom 29. April 1970 die Körperschaftsteuer zum Nullsatz. Das Erfordernis der Steuerpflichtigkeit verlange jedoch keine tatsächliche Erhebung der Steuer; die subjektive Steuerpflicht reiche aus.

20

Die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens berufen sich insbesondere auf den Beschluss vom 12. Juli 2012, Tate & Lyle Investments (C‑384/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:463), und argumentieren, falls die Richtlinie 90/435 auf von einer belgischen Gesellschaft an ihre niederländischen Anteilseigner ausgeschüttete Dividenden belgischen Ursprungs nicht anwendbar sein sollte, stünden die Art. 43 und 56 EG einer gesetzlichen Bestimmung entgegen, wonach die von einer gebietsansässigen Gesellschaft an gebietsansässige und gebietsfremde Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden ungeachtet des Steuersatzes einer Quellensteuer unterworfen seien, während für gebietsansässige Empfängergesellschaften ein Mechanismus zur Abmilderung der Mehrfachbesteuerung vorgesehen sei.

21

Unter diesen Umständen hat der Hof van beroep te Brussel (Berufungsgericht Brüssel, Belgien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die Richtlinie 90/435 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die vom belgischen Mobiliensteuervorabzug auf Dividendenausschüttungen durch eine belgische Tochtergesellschaft an eine Muttergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die das Erfordernis der Mindestbeteiligung und des Besitzes dieser Beteiligung erfüllt, deshalb nicht absieht, weil es sich bei ihr um einen steuerlichen Anlageorganismus handelt, der seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschütten muss, und unter dieser Voraussetzung im Rahmen der Körperschaftsteuer den Nullsatz in Anspruch nehmen kann?

2.

Sofern die erste Frage verneint wird: Sind die Art. 43 und 56 EG dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die vom belgischen Mobiliensteuervorabzug auf Dividendenausschüttungen durch eine belgische Tochtergesellschaft an eine Muttergesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die das Erfordernis der Mindestbeteiligung und des Besitzes dieser Beteiligung erfüllt, deshalb nicht absieht, weil es sich bei ihr um einen steuerlichen Anlageorganismus handelt, der seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschütten muss, und unter dieser Voraussetzung im Rahmen der Körperschaftsteuer den Nullsatz in Anspruch nehmen kann?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

22

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 90/435 dahin auszulegen ist, dass ihr Art. 5 Abs. 1 der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach auf Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen SAO ausgeschüttet werden, der unter der Voraussetzung, dass er seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, ein Mobiliensteuervorabzug erhoben wird.

23

Zunächst ist festzustellen, ob eine Gesellschaft, die, wie dies bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden SAO der Fall ist, unter der Voraussetzung, dass sie ihre Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, eine „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 90/435 ist, so dass die Dividendenausschüttung an diese Gesellschaft in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt.

24

Nach ständiger Rechtsprechung sind zu diesem Zweck nicht nur der Wortlaut der Bestimmung, sondern auch die Ziele und das System dieser Richtlinie zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. April 2008, Banque Fédérative du Crédit Mutuel, C‑27/07, EU:C:2008:195, Rn. 22, und vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement, C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 26).

25

Insoweit ist zu beachten, dass die Richtlinie 90/435, wie sich insbesondere aus ihrem dritten Erwägungsgrund ergibt, bezweckt, durch die Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems jede Benachteiligung der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten gegenüber der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats zu beseitigen und so den Zusammenschluss von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene zu erleichtern. Die Richtlinie soll damit sicherstellen, dass Gewinnausschüttungen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft steuerlich neutral sind (Urteil vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement, C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Nach ihrem Art. 1 gilt die Richtlinie 90/435 für Gewinnausschüttungen, die Gesellschaften eines Mitgliedstaats von ihren Tochtergesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten zufließen.

27

Art. 2 der Richtlinie 90/435 legt fest, unter welchen kumulativen Voraussetzungen eine Gesellschaft als Gesellschaft eines Mitgliedstaats im Sinne der Richtlinie anzusehen ist, und regelt damit deren persönlichen Geltungsbereich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement, C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 29).

28

Dass die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, und die Gesellschaften, an die sie ausgeschüttet werden, die Voraussetzungen des Art. 2 Buchst. a und b der Richtlinie in Bezug auf die Rechtsform der Gesellschaften und ihren steuerlichen Wohnsitz erfüllen, wird von den Parteien des Ausgangsverfahrens vor dem vorlegenden Gericht anscheinend nicht in Frage gestellt und wird auch vor dem Gerichtshof nicht in Zweifel gezogen.

29

Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten jedoch darüber, ob in dem Fall, um den es im Ausgangsverfahren geht, die dritte Voraussetzung in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie erfüllt ist, dass die betroffene Gesellschaft außerdem ohne Wahlmöglichkeit einer der dort aufgezählten Steuern – unter denen die „vennootschapsbelasting“ in den Niederlanden genannt ist – oder irgendeiner Steuer, die eine dieser Steuern ersetzt, unterliegt, ohne davon befreit zu sein.

30

Es ist daher festzustellen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn die betroffene Gesellschaft unter der Voraussetzung, dass sie ihre Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschüttet, einer solchen Steuer zum Nullsatz unterliegt.

31

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 90/435 ein positives Kriterium – der betreffenden Steuer zu unterliegen – und ein negatives Kriterium – von der Steuer nicht befreit zu sein und keine Wahlmöglichkeit zu haben – erfüllt sein müssen.

32

Aus diesen beiden Kriterien, einem positiven und einem negativen, ergibt sich, dass Art. 2 Buchst. c nicht nur voraussetzt, dass eine Gesellschaft in den Anwendungsbereich der betreffenden Steuer fällt, sondern auch die Fälle ausschließen soll, in denen es sein kann, dass die Gesellschaft, obwohl sie der Steuer unterliegt, nicht tatsächlich deren Entrichtung schuldet.

33

Auch wenn eine Gesellschaft, die unter der Voraussetzung, dass sie ihre Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschüttet, zum Nullsatz besteuert wird, von der Steuer nicht förmlich befreit ist, befindet sie sich doch faktisch in genau der Situation, die mit Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 90/435 ausgeschlossen werden soll, nämlich in einer Situation, in der sie nicht die Entrichtung der Steuer schuldet.

34

Wie der Generalanwalt in den Rn. 43 und 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, läuft dies, wenn eine nationale Regelung eine Bestimmung enthält, wonach eine bestimmte Kategorie von Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen zum Nullsatz besteuert wird, nämlich darauf hinaus, dass diese Gesellschaften der betreffenden Steuer nicht unterworfen werden (vgl. auch Urteil vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund, C‑194/06, EU:C:2008:289, Rn. 33 und 34).

35

Diese Auslegung steht im Einklang mit der Systematik der Richtlinie 90/435 und dem mit ihr verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass Gewinnausschüttungen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft durch Beseitigung der Doppelbesteuerung dieser Gewinne steuerlich neutral sind.

36

Mit den in Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 vorgesehenen Mechanismen soll nämlich verhindert werden, dass es zu einer Doppelbesteuerung der von Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaften ausgeschütteten Gewinne kommt (vgl. insbesondere Urteile vom 3. April 2008, Banque Fédérative du Crédit Mutuel, C‑27/07, EU:C:2008:195, Rn. 27, vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves, C‑48/07, EU:C:2008:758, Rn. 37, und vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement, C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 57).

37

Daher besteuert nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 zum einen der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft, wenn diese als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinne bezieht, diese Gewinne entweder nicht oder lässt es zu, dass die Muttergesellschaft auf die Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichtet, und gegebenenfalls die Quellensteuer, die der Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft erhebt, bis zur Höhe der entsprechenden innerstaatlichen Steuer anrechnen kann (Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 102, und vom 3. April 2008, Banque Fédérative du Crédit Mutuel, C‑27/07, EU:C:2008:195, Rn. 25).

38

Zum anderen sieht Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 vor, dass im Staat der Tochtergesellschaft bei der Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft eine Befreiung vom Steuerabzug an der Quelle zumindest dann gewährt wird, wenn die Muttergesellschaft einen Anteil von wenigstens 25 % am Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft besitzt (Urteil vom 3. April 2008, Banque Fédérative du Crédit Mutuel, C‑27/07, EU:C:2008:195, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39

Die Mechanismen dieser Richtlinie sind also auf Fallgestaltungen zugeschnitten, in denen es, wenn sie nicht angewandt werden, dadurch, dass die Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsbefugnisse ausüben, zu einer Doppelbesteuerung der von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne kommen könnte.

40

Kommt eine Muttergesellschaft, wie dies bei den SAO im Ausgangsverfahren der Fall ist, nach der in ihrem Sitzstaat geltenden Regelung für ihre sämtlichen Gewinne in den Genuss eines Nullsatzes, sofern sie die Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschüttet, ist aber bei der Muttergesellschaft die Gefahr einer Doppelbesteuerung der von ihrer Tochtergesellschaft an sie ausgeschütteten Gewinne abgewendet.

41

Nach alledem ist folglich davon auszugehen, dass eine Gesellschaft, die, wie dies bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden SAO der Fall ist, unter der Voraussetzung, dass sie ihre Gewinne vollständig an ihre Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, die Voraussetzung in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 90/435 nicht erfüllt und somit nicht unter den Begriff „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ im Sinne dieser Richtlinie fällt.

42

Daher fällt die Dividendenausschüttung einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft, die an eine so geartete Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt, nicht unter die Richtlinie 90/435.

43

Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Richtlinie 90/435 dahin auszulegen ist, dass ihr Art. 5 Abs. 1 der Regelung eines Mitgliedstaats, wonach auf Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen SAO ausgeschüttet werden, der unter der Voraussetzung, dass er seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, ein Mobiliensteuervorabzug erhoben wird, nicht entgegensteht, da ein solcher Organismus keine „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ im Sinne dieser Richtlinie ist.

Zur zweiten Vorlagefrage

44

Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 43 und 56 EG dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wonach auf Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen SAO ausgeschüttet werden, der unter der Voraussetzung, dass er seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, ein Mobiliensteuervorabzug erhoben wird.

45

Nach ständiger Rechtsprechung gebietet im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art. 267 AEUV die Notwendigkeit, zu einer für das vorlegende Gericht zweckdienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen umreißt, in den sich die gestellten Fragen einfügen, oder dass es zumindest die von ihm angenommenen tatsächlichen Umstände erläutert, auf denen diese Fragen beruhen. Der Gerichtshof ist nämlich nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung einer Unionsvorschrift zu äußern (Beschluss vom 3. September 2015, Vivium, C‑250/15, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:569, Rn. 8 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Diese Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens sind ausdrücklich in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgeführt, dessen Kenntnis vom vorlegenden Gericht im Rahmen der in Art. 267 AEUV vorgesehenen Zusammenarbeit erwartet werden kann und der von ihm genau zu beachten ist (Urteil vom 10. November 2016, Private Equity Insurance Group, C‑156/15, EU:C:2016:851, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

So hat das vorlegende Gericht den Wortlaut der möglicherweise auf den Fall anwendbaren nationalen Vorschriften sowie die genauen Gründe anzugeben, aus denen ihm die Auslegung bestimmter Vorschriften des Unionsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint. Dieser hat bereits entschieden, dass es für das nationale Gericht unerlässlich ist, ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Unionsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang zu geben, den es zwischen diesen Bestimmungen und dem nationalen Recht, das auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwenden ist, sieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2016, Safe Interenvíos, C‑235/14, EU:C:2016:154, Rn. 115, Beschluss vom 12. Mai 2016, Security Service u. a., C‑692/15 bis C‑694/15, EU:C:2016:344, Rn. 20, und vom 10. November 2016, Private Equity Insurance Group, C‑156/15, EU:C:2016:851, Rn. 62).

48

Die Angaben in den Vorabentscheidungsersuchen sollen nicht nur dem Gerichtshof zweckdienliche Antworten auf die Fragen des vorlegenden Gerichts ermöglichen, sondern auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den sonstigen Beteiligten die Möglichkeit geben, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben (Urteil vom 10. November 2016, Private Equity Insurance Group, C‑156/15, EU:C:2016:851, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat darüber zu wachen, dass diese Möglichkeit gewahrt wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Beteiligten nach der genannten Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (Beschluss vom 29. November 2016, Jacob und Lennertz, C‑345/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:911, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Im vorliegenden Fall beschränkt sich das vorlegende Gericht bezüglich der im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften darauf, den Wortlaut von Art. 266 EStGB 1992 und Art. 106 § 5 KE/EStGB 1992 wiederzugeben. Nach der letztgenannten Bestimmung, die Art. 266 EStGB 1992 durchführt, wird von dem an der Quelle erfolgenden Mobiliensteuervorabzug auf Dividenden abgesehen, wenn es sich bei dem Schuldner um eine in Belgien ansässige Tochtergesellschaft und beim Empfänger der Dividenden um eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft handelt. Das vorlegende Gericht gibt jedoch nicht den Inhalt der für Dividendenausschüttungen an in Belgien ansässige Muttergesellschaften geltenden Vorschriften an.

50

Auch wenn sich das vorlegende Gericht auf den Beschluss vom 12. Juli 2012, Tate & Lyle Investments (C‑384/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:463), bezieht, so gibt es nicht an, ob im Ausgangsverfahren dieselben nationalen Vorschriften anwendbar sind wie die, um die es in der Rechtssache ging, in der dieser Beschluss ergangen ist. Zudem scheint aus den Erklärungen der Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens und der belgischen Regierung hervorzugehen, dass für die Ausschüttung von Dividenden an in Belgien ansässige Anlagegesellschaften eine Besteuerungsregelung gilt, die von den allgemein geltenden Vorschriften, um die es in der Rechtssache ging, in der der Beschluss vom 12. Juli 2012, Tate & Lyle Investments (C‑384/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:463), ergangen ist, abweicht. Die Vorlageentscheidung enthält jedoch keine Angaben zum Inhalt der für Ausschüttungen von Dividenden an in Belgien ansässige Anlagegesellschaften geltenden nationalen Vorschriften.

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Da keine genaueren Angaben zu dem nationalen Rechtsrahmen vorliegen, der für Dividendenausschüttungen an in Belgien ansässige Gesellschaften gilt, die mit den Empfängergesellschaften, um die es im Ausgangsverfahren geht, vergleichbar sind, ist der Gerichtshof nicht in der Lage, festzustellen, ob die an die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Empfängergesellschaften ausgeschütteten Dividenden gegenüber den an vergleichbare Empfängergesellschaften, die in Belgien ansässig sind, ausgeschütteten Dividenden benachteiligt werden. Folglich ist der Gerichtshof nicht in der Lage, festzustellen, ob die Art. 43 und 56 EG dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wonach auf Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen SAO ausgeschüttet werden, der unter der Voraussetzung, dass er seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, ein Mobiliensteuervorabzug erhoben wird.

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Die zweite Frage ist daher unzulässig.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten ist dahin auszulegen, dass ihr Art. 5 Abs. 1 der Regelung eines Mitgliedstaats, wonach auf Dividenden, die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen steuerlichen Anlageorganismus ausgeschüttet werden, der unter der Voraussetzung, dass er seine Gewinne vollständig an seine Anteilseigner ausschüttet, der Körperschaftsteuer zum Nullsatz unterliegt, ein Mobiliensteuervorabzug erhoben wird, nicht entgegensteht, da ein solcher Organismus keine „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ im Sinne dieser Richtlinie ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.