SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 26. April 2017 ( 1 )

Rechtssache C‑658/15

Robeco Hollands Bezit NV,

Robeco Duurzaam Aandelen NV,

Robeco Safe Mix NV,

Robeco Solid Mix NV,

Robeco Balanced Mix NV,

Robeco Growth Mix NV,

Robeco Life Cycle Funds NV,

Robeco Afrika Fonds NV,

Robeco Global Stars Equities,

Robeco All Strategy Euro Bonds,

Robeco High Yield Bonds,

Robeco Property Equities

gegen

Stichting Autoriteit Financiële Markten (AFM)

(Vorabentscheidungsersuchen des College van beroep voor het bedrijfsleven [Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande])

„Märkte für Finanzinstrumente – Multilaterale Handelssysteme – Begriff des geregelten Marktes – Investmentfondsverwalter – Offene Investmentfonds – Marktmissbrauch und Insiderhandel“

1.

Die Handelssysteme für Finanzinstrumente haben in den letzten Jahren infolge der Diversifizierung der vermarkteten Finanzprodukte eine rasante Entwicklung erlebt.

2.

Die Notwendigkeit, den Anlegern einen angemessenen Schutz zu bieten, das Risiko zu verringern und die öffentliche Aufsicht über die Funktionsweise dieser Märkte zu verstärken, um die Finanzstabilität zu gewährleisten, hat eine schrittweise Anpassung der Handelssysteme erforderlich gemacht. Zu den traditionellen Wertpapierbörsen sind neue, sowohl multilaterale als auch bilaterale Plattformen hinzugekommen, die es ermöglichen, mit Finanzinstrumenten jeder Art, von den einfachsten bis hin zu den ausgefeiltesten, zu handeln.

3.

Der Unionsgesetzgeber hat mit der umfassenden Regelung dieses Sektors begonnen. Mit diesem Ziel und unter Verwendung einer manchmal schwer verständlichen Terminologie hat er als Gebilde mit eigenem Profil die „geregelten Märkte“, die „multilateralen Finanzierungssysteme“, die „organisierten Handelssysteme“ und die „systematischen Internalisierer“ (im Folgenden: SI) geschaffen.

4.

Diese Rechtssache wird es dem Gerichtshof ermöglichen, seine noch im Anfangsstadium befindliche Rechtsprechung zu den Merkmalen der Handelssysteme und insbesondere den geregelten Märkten zu vertiefen. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob ein als Euronext Fund Service (im Folgenden: EFS) bezeichnetes, von der Euronext Amsterdam NV ( 2 ) verwaltetes System im Hinblick darauf, dass Anleger dort ausschließlich mit offenen Investmentfonds handeln, ein geregelter Markt ist oder nicht.

I. Rechtlicher Rahmen

A. Unionsrecht

5.

Die für den Rechtsstreit relevantesten Bestimmungen sind in der Richtlinie 2004/39/EG ( 3 ) (bekannt als MiFID I) und ihren wichtigsten Durchführungsbestimmungen, der Richtlinie 2006/73/EG ( 4 ) und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 ( 5 ) (im Folgenden: MiFID‑I-Regeln oder MiFID‑I-Regelwerk) niedergelegt. Auch die Berücksichtigung der Richtlinie 2003/6/EG ( 6 ) wird unerlässlich sein.

6.

Das von der MiFID I und ihren Durchführungsbestimmungen gebildete Regelwerk war von den Auswirkungen der Finanzkrise von 2008 betroffen, die einige Schwächen in der Funktionsweise und bei der Transparenz der Finanzmärkte zutage treten ließ. Darüber hinaus hat die technische Entwicklung es erforderlich gemacht, den rechtlichen Rahmen insbesondere der Handelssysteme zu stärken, um ihre Transparenz zu erhöhen, den Anlegerschutz zu verbessern, das Vertrauen zu stärken, die bis dahin nicht erfassten Bereiche zu regeln und zu gewährleisten, dass die Aufsichtsbehörden über die Zuständigkeiten verfügen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben unverzichtbar sind.

7.

Infolgedessen wird das MiFID‑I-Regelwerk, das im Jahr 2007 in Kraft trat, ab dem 3. Januar 2018 durch das sogenannte MiFID‑II-Regelwerk ersetzt, das im Wesentlichen aus der Richtlinie 2014/65/EU ( 7 ) (im Folgenden: MiFID II) und der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 ( 8 ) besteht. Obwohl die MiFID II noch nicht in Kraft getreten ist und offenkundig im Ausgangsrechtsstreit nicht anwendbar ist, enthält sie einige Bestimmungen, die bei der Auslegung der MiFID‑I-Regeln nützlich sind.

1.  Richtlinie 2004/39

8.

Die MiFID I gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 „für Wertpapierfirmen und geregelte Märkte“.

9.

In ihren Erwägungsgründen 2, 5, 6, 44 und 49 heißt es:

„(2)

… [Es ist] erforderlich, eine Harmonisierung in dem Umfang vorzunehmen, der notwendig ist, um Anlegern ein hohes Schutzniveau zu bieten und Wertpapierfirmen das Erbringen von Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen des Binnenmarkts auf der Grundlage der Herkunftslandaufsicht zu gestatten …

(5)

… Es ist erforderlich, einer aufkommenden neuen Generation von Systemen des organisierten Handels neben den geregelten Märkten Rechnung zu tragen, die Pflichten unterworfen werden sollten, die auch weiterhin ein wirksames und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte gewährleisten. …

(6)

Es sollten Begriffsbestimmungen für den geregelten Markt und das MTF[ ( 9 )] eingeführt und eng aneinander angelehnt werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass beide die Funktion des organisierten Handels erfüllen. Die Begriffsbestimmungen sollten bilaterale Systeme ausschließen, bei denen eine Wertpapierfirma jedes Geschäft für eigene Rechnung tätigt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht. Der Begriff ‚System‘ umfasst sowohl die Märkte, die aus einem Regelwerk und einer Handelsplattform bestehen, als auch solche, die ausschließlich auf der Grundlage eines Regelwerks funktionieren. Geregelte Märkte und MTF müssen keine ‚technischen‘ Systeme für das Zusammenführen von Aufträgen betreiben. Ein Markt, der nur aus einem Regelwerk besteht, das Fragen in Bezug auf die Mitgliedschaft, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, den Handel zwischen Mitgliedern, die Meldung von Geschäften und gegebenenfalls die Transparenzpflichten regelt, ist ein geregelter Markt oder ein MTF im Sinne dieser Richtlinie; Geschäfte, die nach diesen Regeln abgeschlossen werden, gelten als an einem geregelten Markt oder über ein MTF geschlossene Geschäfte. Der Begriff ‚Interesse am Kauf und Verkauf‘ ist im weiten Sinne zu verstehen und schließt Aufträge, Kursofferten und Interessenbekundungen ein. Die Anforderung, wonach die Interessen innerhalb des Systems und nach den nichtdiskretionären, vom Betreiber des Systems festgelegten Regeln zusammengeführt werden müssen, bedeutet, dass die Zusammenführung nach den Regeln des Systems oder mit Hilfe der Protokolle oder internen Betriebsverfahren des Systems (einschließlich der in Computersoftware enthaltenen Verfahren) erfolgt. Der Begriff ‚nichtdiskretionär‘ bedeutet, dass diese Regeln der Wertpapierfirma, die ein MTF betreibt, keinerlei Ermessensspielraum im Hinblick auf die möglichen Wechselwirkungen zwischen Interessen einräumen. Den Begriffsbestimmungen zufolge müssen Interessen in einer Weise zusammengeführt werden, die zu einem Vertrag führt, d. h.[,] die Ausführung erfolgt nach den Regeln des Systems oder über dessen Protokolle oder interne Betriebsverfahren.

(44)

In Anbetracht des zweifachen Ziels, die Anleger zu schützen und gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte zu gewährleisten, muss für die Transparenz der Geschäfte gesorgt werden sowie dafür, dass die zu diesem Zweck festgelegten Regeln für Wertpapierfirmen gelten, wenn sie auf den Märkten tätig sind. Um Anleger und Marktteilnehmer in die Lage zu versetzen, jederzeit die Konditionen eines von ihnen ins Auge gefassten Aktiengeschäfts zu beurteilen und die Bedingungen, zu denen es ausgeführt wurde, im Nachhinein zu überprüfen, sollten allgemeine Regeln für die Veröffentlichung von Angaben zu abgeschlossenen Aktiengeschäften sowie für die Bekanntmachung von Einzelheiten zu aktuellen Möglichkeiten des Handels mit Aktien festgelegt werden. Solche Regeln sind erforderlich, um eine effektive Integration der Aktienmärkte der Mitgliedstaaten sicherzustellen, die Effizienz des globalen Kursbildungsprozesses bei Eigenkapitalinstrumenten zu steigern und die effektive Einhaltung der Pflicht zur ‚bestmöglichen Ausführung‘ zu fördern. Dies erfordert eine umfassende Transparenzregelung für alle Aktiengeschäfte, unabhängig davon, ob eine Wertpapierfirma diese auf bilateraler Basis oder über geregelte Märkte oder MTF ausführt. Die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen von Wertpapierfirmen zur Offenlegung eines Geld- und Briefkurses und zur Ausführung eines Auftrags zu dem gebotenen Kurs befreit eine Wertpapierfirma nicht von der Verpflichtung, einen Auftrag an einen anderen Handelsplatz weiterzuleiten, wenn eine solche Internalisierung die Firma daran hindern könnte, den Verpflichtungen zur ‚bestmöglichen Ausführung‘ nachzukommen.

(49)

Die Zulassung zum Betrieb eines geregelten Markts sollte sich auf alle Tätigkeiten erstrecken, die direkt mit der Anzeige, der Abwicklung, der Ausführung, der Bestätigung und der Meldung von Aufträgen ab dem Auftragseingang beim geregelten Markt bis zur Weiterleitung zwecks anschließendem Abschluss zusammenhängen, sowie auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel. Dies sollte auch Geschäfte einschließen, die über bestimmte, von dem geregelten Markt benannte Market-maker innerhalb des Systems eines geregelten Markts nach den für dieses System geltenden Regeln geschlossen werden. Nicht alle von Mitgliedern oder Teilnehmern eines geregelten Marktes oder des MTF geschlossenen Geschäfte sind als innerhalb des Systems des geregelten Marktes oder des MTF geschlossen anzusehen. Geschäfte, die Mitglieder oder Teilnehmer auf bilateraler Basis abschließen und die nicht allen Anforderungen dieser Richtlinie an einen geregelten Markt oder ein MTF genügen, sollten im Sinne der Begriffsbestimmung des systematischen Internalisierers als außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF geschlossen gelten. In diesem Fall sollte die Pflicht der Wertpapierfirmen zur Veröffentlichung verbindlicher Kursofferten Anwendung finden, sofern die Bedingungen dieser Richtlinie erfüllt sind.“

10.

In Art. 4 Abs. 1 Nrn. 7, 13, 14 und 15 werden folgende Begriffe definiert:

„7.   Systematischer Internalisierer: eine Wertpapierfirma, die in organisierter und systematischer Weise häufig regelmäßig Handel für eigene Rechnung durch Ausführung von Kundenaufträgen außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF treibt.

13.   Marktbetreiber: eine Person oder Personen, die das Geschäft eines geregelten Marktes verwaltet/verwalten und/oder betreibt/betreiben. Marktbetreiber kann der geregelte Markt selbst sein.

14.   Geregelter Markt: ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, die zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führt, die gemäß den Regeln und/oder den Systemen des Marktes zum Handel zugelassen wurden, sowie eine Zulassung erhalten hat und ordnungsgemäß und gemäß den Bestimmungen des Titels III funktioniert.

15.   Multilaterales Handelssystem (MTF): ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß den Bestimmungen des Titels II führt.“

2.  Verordnung Nr. 1287/2006

11.

Nach Art. 2 Nr. 8 bezeichnet „Handelsplatz“„einen geregelten Markt, multilaterale Handelssysteme (‚Multilateral Trading Facilities‘/‚MTF‘) oder systematische Internalisierer, die in dieser Eigenschaft handeln und gegebenenfalls ein System außerhalb der Gemeinschaft mit ähnlichen Funktionen wie ein geregelter Markt oder ein MTF betreiben“.

12.

In Art. 5 dieser Verordnung heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung ist ein Verweis auf ein Geschäft lediglich ein Verweis auf den Ankauf und den Verkauf von Finanzinstrumenten. Im Sinne dieser Verordnung mit Ausnahme von Kapitel II bezieht sich ein Ankauf und Verkauf von Finanzinstrumenten auf keines der nachfolgend genannten Geschäfte:

c)

Primärmarktgeschäfte (so wie ihre Emission, Zuteilung oder Zeichnung) mit Finanzinstrumenten, die in den Anwendungsbereich von Artikel 4 Absatz 1 Ziffer 18 Buchstaben a und b der Richtlinie 2004/39/EG fallen.“

13.

In Art. 21 Abs. 1 werden die Kriterien aufgeführt, nach denen sich richtet, ob eine Wertpapierfirma ein SI ist:

„Handelt eine Wertpapierfirma für eigene Rechnung, indem sie Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF ausführt, so ist sie als systematischer Internalisierer anzusehen, wenn sie die nachfolgenden Kriterien erfüllt, die anzeigen, dass sie diese Tätigkeit organisiert, häufig und systematisch ausführt:

a)

Diese Tätigkeit spielt im Geschäftsmodell der Wertpapierfirma eine wesentliche kommerzielle Rolle und wird gemäß nichtdiskretionärer Regeln und Verfahren ausgeübt;

b)

diese Tätigkeit wird von Personal bzw. mittels eines automatisierten technischen Systems ausgeführt, das zu diesem Zweck vorgesehen ist, und zwar unabhängig davon, ob sich das Personal ausschließlich diesem Zweck widmet bzw. das System ausschließlich darauf abgestimmt ist;

c)

die Tätigkeit steht den Kunden auf regelmäßiger oder kontinuierlicher Basis zur Verfügung.“

3.  Richtlinie 2003/6

14.

Gemäß ihrem Art. 1 Nr. 1 ist

„‚Insider-Information‘ … eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen“.

15.

Ihr Art. 6 Abs. 4 bestimmt:

„Personen, die bei einem Emittenten von Finanzinstrumenten Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie gegebenenfalls in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen unterrichten zumindest die zuständige Behörde über alle Eigengeschäfte mit Aktien des genannten Emittenten oder mit sich darauf beziehenden Derivaten oder anderen Finanzinstrumenten. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Informationen zumindest einzeln der Öffentlichkeit so bald wie möglich auf einfache Weise zugänglich gemacht werden.“

B. Nationales Recht

16.

In Art. 1:1 der Wet op het financieel toezicht (Gesetz über die Finanzaufsicht, im Folgenden: Wft) wird der Begriff des geregelten Marktes wie folgt umschrieben:

„ein multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, die zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führt, die gemäß den Regeln und den Systemen des Marktes zum Handel zugelassen wurden, und das ordnungsgemäß und gemäß den geltenden Bestimmungen über die Zulassung und die laufende Aufsicht funktioniert“.

17.

Gemäß Art. 5:60 Abs. 1 Buchst. a ist jeder,

der das Tagesgeschäft eines Emittenten mit Sitz in den Niederlanden bestimmt oder mitbestimmt, der Finanzinstrumente im Sinne von Art. 5:56 Abs. 1 Buchst. a emittiert hat oder zu emittieren beabsichtigt, d. h. [Finanzinstrumente, die auf einem geregelten Markt oder in einem multilateralen Handelssystem zum Handel zugelassen sind],

oder auf dessen Vorschlag ein Kaufvertrag über ein Finanzinstrument in diesem Sinne, das kein Wertpapier ist, zustande gekommen ist,

oder der einen Kaufvertrag über ein Finanzinstrument in diesem Sinne, das kein Wertpapier ist, vorschlägt,

verpflichtet, auf eigene Rechnung abgeschlossene oder durchgeführte Geschäfte mit Anteilen, die den Emittenten im Sinne der Buchst. a, b oder c (von Art. 5:60 Abs. 1) betreffen, oder mit Finanzinstrumenten, deren Wert durch den Wert dieser Anteile mitbestimmt wird, spätestens am fünften Werktag nach dem Tag der Vornahme des Geschäfts zu melden.

18.

Gemäß Art. 5:56 Abs. 1 Buchst. a ist es den in der vorgenannten Bestimmung aufgeführten Personen untersagt, Insiderwissen für den Abschluss oder die Durchführung eines Geschäfts in oder aus den Niederlanden oder einem Nichtmitgliedstaat mit Finanzinstrumenten zu nutzen, die zum Handel auf einem geregelten Markt, für den eine Zulassung im Sinne von Art. 5:26 Abs. 1 erteilt wurde, oder in einem multilateralen Handelssystem, für das die Wertpapierfirma eine Zulassung im Sinne von Art. 2:96 besitzt, zugelassen sind oder für die die Zulassung zu diesem Handel beantragt ist.

19.

Gemäß Art. 1:40 Abs. 1 stellt die Aufsichtsbehörde die Kosten der Tätigkeiten, die sie im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Aufgabe verrichtet, den Unternehmen in Rechnung, in Bezug auf die die Tätigkeiten verrichtet wurden, soweit diese Kosten nicht zulasten des Staatshaushalts gehen.

20.

Gemäß den Art. 5, 6 und 8 Abs. 1 Buchst. i Nr. 4 des Besluit bekostiging financieel toezicht (Verordnung über die Finanzierung der Finanzaufsicht) ist die Stichting Autoriteit Financiële Markten (Finanzmarktaufsichtsbehörde, Niederlande, im Folgenden: AFM) befugt, bei den Emittenten im Sinne von Art. 5:60 Abs. 1 Buchst. a Wft Abgaben zu erheben.

II. Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

21.

Im Ausgangsverfahren stehen der AFM die Robeco Hollands Bezit NV und elf weitere Gesellschaften (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere des offenen Typs oder offene Investmentfonds, im Folgenden: Robeco oder Robeco-Fonds) gegenüber, die eine Reihe von Abgabenbescheiden dieser Behörde angefochten haben.

22.

Konkret sind Gegenstand des Rechtsstreits die Bescheide der AFM vom 30. Oktober 2009, 31. Dezember 2010, 30. September 2011 und 28. September 2012 (Erstbescheide). Mit ihnen erhob die AFM bei den Robeco-Fonds auf der Grundlage der Art. 1:40 und 5:60 Abs. 1 Buchst. a Wft und des Besluit bekostiging financieel toezicht (Verordnung über die Finanzierung der Finanzaufsicht) für die Jahre 2009, 2010, 2011 und 2012 Abgaben in Höhe von 110 Euro, 350 Euro, 630 Euro und 180 Euro.

23.

Die AFM macht geltend, diese Abgaben würden infolge der von ihr im Rahmen der Anwendung der Richtlinie 2003/6 übernommenen Aufsichtsaufgaben gegenüber den Robeco-Fonds geschuldet. Die Richtlinie sei in den Niederlanden durch die Wft umgesetzt worden, aufgrund deren Emittenten von Finanzinstrumenten, die auf geregelten Märkten gehandelt würden, verpflichtet seien, die Tätigkeiten ihrer Entscheidungsträger zu melden.

24.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 wies die AFM die von Robeco erhobenen Widersprüche zurück.

25.

Robeco erhob gegen diesen Bescheid Klage bei der Rechtbank Rotterdam (Gericht von Rotterdam, Niederlande), die mit Urteil vom 24. Dezember 2013 abgewiesen wurde.

26.

Dieses Gericht wies die Anträge von Robeco zurück und schloss sich dem Standpunkt der AFM an. Es führte aus, das EFS-System entspreche der Definition des geregelten Marktes in Art. 1:1 Wft. Art. 5:60 Wft sei auf die Vorstände und Aufsichtsräte der Rechtsmittelführer anwendbar gewesen, und die AFM habe die Abgaben zu Recht erhoben.

27.

Robeco focht das im ersten Rechtszug ergangene Urteil beim College van beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) an, das letztinstanzlich darüber entscheiden muss, ob das EFS-System unter den Begriff des geregelten Marktes in der Richtlinie 2004/39 fällt.

28.

Das vorlegende Gericht hält verschiedene Elemente und Umstände des Ausgangsverfahrens für erwiesen, die ich kurz zusammenfassen werde.

29.

Erstens führt es aus, Euronext besitze eine Zulassung gemäß Art. 5:26 Abs. 1 Wft für den Betrieb oder die Verwaltung eines geregelten Marktes. Ein als gesondertes Handelssystem, in dem ausschließlich offene Investmentfonds gehandelt würden, ausgestaltetes Segment von Euronext sei EFS. Die Robeco-Fonds seien „open-end“ (offene) Investmentfonds und müssten Aufträge zum Kauf oder zur Emission von Anteilsrechten über EFS ausführen.

30.

Zweitens bestätigt das vorlegende Gericht, dass Fund Agents und Broker dem EFS-System als Mitglieder angeschlossen seien. Jede Investmentgesellschaft bzw. Gruppe von Investmentgesellschaften habe ihren eigenen Fund Agent, der auf Rechnung und Gefahr der Investmentgesellschaft oder der Gruppe von Investmentgesellschaften handele. Ein Broker sammele die Kauf- und Verkaufsaufträge der Anleger und gebe sie an den jeweiligen Fund Agent weiter.

31.

Schließlich erläutert das vorlegende Gericht, dass im EFS-System die Geschäfte anhand des Forward Pricing erfolgten. Ein Broker könne einen Auftrag bis 16.00 Uhr (cut-off time) bei einem Fund Agent platzieren, woraufhin der Nettoinventarwert der Investmentfonds (und damit der Wert des auszugebenden oder zu kaufenden Anteilsrechts) auf der Grundlage nach der cut-off time liegender Kurse berechnet würden. Der Fund Agent führe den bei ihm platzierten Auftrag am darauffolgenden Vormittag um 10.00 Uhr auf der Grundlage des errechneten Nettoinventarwerts mit einem begrenzten Zu- oder Abschlag für die der Investmentgesellschaft entstehenden Transaktionskosten aus. Weder die Fund Agents noch die Broker tätigten im System Geschäfte untereinander. Die Geschäfte im EFS würden im Einklang mit den Regeln des EFS Trading Manual und des TCS-web User Guide to the EFS getätigt.

32.

Ausgehend von diesen Merkmalen neigt das College van beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen) entgegen der im ersten Rechtszug entgangenen Entscheidung zu der Auffassung, dass EFS kein multilaterales System sei und damit nicht als geregelter Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I eingestuft werden könne.

33.

Der sechste Erwägungsgrund der MiFID I unterscheide zwischen bilateralen Systemen (SI) und multilateralen Handelssystemen, zu denen die geregelten Märkte gehörten. Das Unterscheidungsmerkmal bestehe darin, dass in einem bilateralen System die Geschäfte ausschließlich zwischen einer Wertpapierfirma und dem Anleger abgeschlossen würden, während in einem multilateralen System auch Geschäfte zwischen Anlegern untereinander möglich seien. EFS sei ein bilaterales System, da in ihm ein Broker (in Vertretung des Anlegers) und ein Fund Agent (im Namen des Fonds) tätig würden und Ersterer die Transaktionen mit Letzterem ausführe.

34.

Der sechste Erwägungsgrund der MiFID I lege nahe, dass ein System, in dem ausschließlich nicht meldepflichtige Geschäfte durchgeführt würden, nicht als geregelter Markt betrachtet werden könne. Gemäß Art. 5 Buchst. c der Verordnung Nr. 1287/2006 seien die Geschäfte im EFS-System Primärmarktgeschäfte und umfassten keinen Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten. Kapitel III der Verordnung sei auf diese Primärmarktgeschäfte nicht anwendbar, und deshalb gälten die darin enthaltenen Meldepflichten für Geschäfte im EFS-System nicht. Da über EFS ausschließlich nicht meldepflichtige Primärmarktgeschäfte getätigt würden, könne es nicht als geregelter Markt angesehen werden.

35.

Diese Würdigung werde dadurch gestützt, dass der Wert der über das EFS-System gehandelten Anteilsrechte, wie bereits dargelegt, durch Berechnung ihres Nettoinventarwerts ermittelt werde. In einem geregelten Markt komme der Preis hingegen nicht in dieser Weise zustande, sondern anhand von Angebot und Nachfrage der Teilnehmer.

36.

Schließlich sei EFS kein geregelter Markt, da es dort keine Manipulation der Preise geben könne und Insider-Geschäfte nur schwer vorstellbar seien.

37.

Gleichwohl erscheine auch die Einstufung des EFS als geregelter Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I vertretbar. Weder aus dem Wortlaut dieses Artikels noch aus dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie lasse sich unmittelbar herleiten, dass eine Handelsplattform, auf der ausschließlich nicht meldepflichtige Geschäfte stattfänden und der Handelspreis nicht durch Angebot und Nachfrage gebildet werde, nicht als geregelter Markt angesehen werden könne. Es genüge, dass es sich um einen Markt mit einem Regelwerk der im sechsten Erwägungsgrund beschriebenen Art handele und dass die Merkmale der Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I erfüllt seien.

38.

Darüber hinaus könnte das EFS-System unter den Begriff des geregelten Marktes der MiFID I fallen, weil EFS eine selbständige Handelsplattform sei, die von Euronext mit der erforderlichen Zulassung betrieben werde. Es sei ein multilaterales System, dem eine Vielzahl von Brokern und Fund Agents mit der Befähigung zur Erteilung von Aufträgen angeschlossen seien, die Nutzer des EFS-Systems könnten im Verhältnis zu Euronext als Dritte angesehen werden, und im EFS-System würden die An- und Verkaufsinteressen der Broker und Fund Agents zusammengeführt, die zu Verträgen führten.

39.

In Anbetracht der Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „geregelter Markt“ hat das College van beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist ein System, an dem eine Vielzahl von Fund Agents und Brokern teilnehmen, die innerhalb dieses Systems „Open-end“-Investmentgesellschaften bzw. Anleger bei Geschäften vertreten, und das faktisch ausschließlich diese „Open-end“-Investmentgesellschaften in ihrer Verpflichtung, durch Anleger platzierte Aufträge zum An- und Verkauf von Anteilsrechten auszuführen, unterstützt, als ein geregelter Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I anzusehen, und, wenn ja, welche Merkmale sind dafür entscheidend?

III. Prüfung der Vorlagefrage

40.

Das vorlegende Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob eine Handelsplattform für Finanzinstrumente mit den Merkmalen des EFS-Systems ein geregelter Markt im Sinne der MiFID I ist oder nicht. Bevor ich mich der Antwort auf diese Frage zuwende, halte ich es für erforderlich, die Regelung der Handelssysteme für Finanzinstrumente durch die MiFID I und die Entwicklung, die seit ihrer Anwendung stattgefunden hat, darzustellen. Obwohl sie in zeitlicher Hinsicht nicht auf den Rechtsstreit anwendbar sind, werde ich auch auf die Änderungen Bezug nehmen, die sich ab dem 3. Januar 2018 durch das Inkrafttreten des MiFID‑II-Regelwerks ergeben.

A. Vorbemerkungen zu den Handelssystemen für Finanzinstrumente

41.

Durch die MiFID I und ihre Durchführungsvorschriften wurde die Regelung der Handelssysteme für Finanzinstrumente in erheblichem Maß geändert ( 10 ). Mit dem Ziel, die Integration, die Wettbewerbsfähigkeit und die Effizienz auf diesen Märkten in der Union zu vertiefen, wurde das in einigen Mitgliedstaaten bestehende Handelsmonopol der traditionellen Wertpapierbörsen abgeschafft und der Wettbewerb zwischen den traditionellen Plattformen und den neuen alternativen Handelssystemen, die dank der technologischen Entwicklung entstanden, aber ungeregelt blieben, ermöglicht.

42.

Wie ich bereits vorausgeschickt habe, wollte der Unionsgesetzgeber die Transparenz erhöhen, den Anlegerschutz verbessern, das Vertrauen stärken und gewährleisten, dass die Aufsichtsbehörden über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Zuständigkeiten verfügen ( 11 ).

43.

Die MiFID I regelt drei Arten von Handelssystemen für Finanzinstrumente, zwei multilaterale (geregelte Märkte und MTF) ( 12 ) und ein bilaterales (SI). Neben diesen Systemen, die einem organisierten Handelsmodell entsprechen, sehen die MiFID‑I-Regeln die Möglichkeit eines nicht organisierten Handels („over-the-counter“, im Folgenden: OTC) von Finanzinstrumenten vor.

44.

Die erste und verbreitetste Kategorie von Handelssystemen für Finanzinstrumente ist die der geregelten Märkte, die in den Regelwerken MiFID I und II und in anderen unionsrechtlichen Vorschriften verwendet wird. Ich werde die Merkmale der geregelten Märkte weiter unten zwar eingehender untersuchen, doch sind sie nach der Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I multilaterale Handelssysteme, die von einem Betreiber überwacht werden, der nichtdiskretionäre Funktionsregeln anwendet, in deren Rahmen die Kauf- und Verkaufsinteressen einer Vielzahl Dritter zusammengeführt werden, was zum Abschluss von Verträgen führt. Sie ähneln den klassischen Wertpapierbörsen, wobei es nach der Datenbank der European Securities and Markets Authority (im Folgenden: ESMA) ( 13 ) derzeit in der Union 102 geregelte Märkte gibt (vier in den Niederlanden, von denen einer Euronext Amsterdam ist).

45.

Die zweite Kategorie, die den sogenannten multilateralen Handelssystemen (MTF) entspricht, wurde durch die MiFID I eingeführt, um die alternativen Handelsmechanismen, die im Zuge der technologischen Entwicklung in der Praxis entstanden sind, einzubeziehen. Auch die MTF sind multilaterale Handelssysteme, in denen die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf in einer Weise zusammengeführt werden, die zu einem Vertrag führt, die unter der nichtdiskretionären Verwaltung eines Betreibers oder einer Investmentgesellschaft stehen und die einer behördlichen Zulassung bedürfen. Ihre Regelung ähnelt der der geregelten Märkte, unterscheidet sich aber dadurch, dass nicht vorab kontrolliert wird, welche Arten der Finanzinstrumente Gegenstand von Geschäften sein können.

46.

Nach den Angaben in der Datenbank der ESMA ( 14 ) gibt es in der Union derzeit 151 MTF, unter denen die Plattform BATS Trading Ltd. (Vereinigtes Königreich) wegen ihres Volumens hervorzuheben ist. In den Niederlanden gibt es zwei, Tom MTF Derivatives Markets und Tom MTF Cash Markets.

47.

Die dritte durch die MiFID I eingeführte Kategorie sind die sogenannten „systematischen Internalisierer“. Im Unterschied zu den vorgenannten sind sie nicht als von einem Dritten verwaltete multilaterale Handelszentren ausgestaltet, in denen Anleger zusammentreffen, um Finanzinstrumente zu kaufen und zu verkaufen, sondern als bilaterale Handelssysteme. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 der MiFID I handelt es sich um Wertpapierfirmen, die in organisierter und systematischer Weise häufig und regelmäßig Handel für eigene Rechnung durch Ausführung von Kundenaufträgen treiben. Dieses Handelssystem ist nicht als solches definiert, sondern in Bezug auf den Akteur, der es betreibt.

48.

Obwohl sie keiner behördlichen Zulassung durch die nationale Aufsichtsbehörde bedürfen, sind die SI Firmen, die groß genug sind, um intern Kauf- und Verkaufsaufträge von Anlegern zusammenführen zu können, und unterliegen daher zahlreichen Transparenzvorschriften. Die Regelung der SI scheint nicht sehr attraktiv gewesen zu sein, denn nach den Angaben der ESMA ( 15 ) sind in der gesamten Union nur 11 Firmen als solche registriert, keine davon in den Niederlanden.

49.

Neben dem Abschluss von Verträgen über Finanzinstrumente mittels dieser organisierten Handelssysteme sieht die MiFID I, wie bereits erwähnt, einen vierten Weg für die Ausführung von Aufträgen über Finanzinstrumente vor, die OTC. Wie sich aus ihrem 53. Erwägungsgrund ergibt ( 16 ), verlangt die Richtlinie nicht, „die Anwendung von Vorhandelstransparenzanforderungen auf Geschäfte auf OTC‑Basis vorzuschreiben, zu deren Merkmalen gehört, dass sie ad hoc und unregelmäßig erfolgen, zwischen Gegenparteien im Großhandel ausgeführt werden und Teil einer Geschäftsbeziehung sind, die selbst wiederum von Geschäften charakterisiert wird, die über die Standardmarktgröße hinausgehen, und dass die Geschäfte außerhalb der von der betreffenden Wertpapierfirma für ihr Geschäft als systematischer Internalisierer gewöhnlich verwendeten Systeme ausgeführt werden“.

50.

Die MiFID I schloss – möglicherweise wegen der an die SI gestellten Anforderungen (organisierter, häufig und systematisch ausgeführter Handel, wie in Art. 21 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1287/2006 konkretisiert) sowie wegen der noch restriktiveren Ausgestaltung der geregelten Märkte und der MTF – andere OTC‑Handelsmodalitäten, die ein bedeutendes Geschäftsvolumen bei Finanzinstrumenten darstellen, von ihrem Anwendungsbereich aus. Dies ist der Fall bei den sogenannten „broker crossing systems“, den „broker-dealer crossing networks“ oder den „dark pools“ oder elektronischen Handelsplattformen ( 17 ).

51.

Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 und angesichts der Entwicklung der Handelsplattformen ( 18 ) wurde in der noch nicht geltenden MiFID II dieselbe Typologie von Handelssystemen aufrechterhalten, aber ihr wurde eine zusätzliche Kategorie hinzugefügt, die als „organisierte Handelssysteme“ (im Folgenden: OTF) bezeichnet wird.

52.

Die OTF sind sehr umfassend definiert, denn mit dieser neuen Modalität des multilateralen Handels sollen die OTC‑Handelssysteme erfasst werden, die der Regulierung durch die MiFID I entgangen waren ( 19 ). Ihr wesentlicher Unterschied zu den geregelten Märkten und den MTF besteht darin, dass die Betreiber eines OTF die Aufträge nach ihrem Ermessen ausführen können, das gegebenenfalls den Vorhandels-Transparenzvorschriften und der Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung unterliegt.

53.

An der soeben dargestellten Entwicklung wird deutlich, dass der Unionsgesetzgeber die verschiedenen Handelssysteme für Finanzinstrumente, die sich nach und nach entwickeln, regeln will, mit der einzigen Ausnahme des bilateralen und gelegentlichen Handels mit diesen Instrumenten ( 20 ). Das Ziel besteht darin, dass jeder organisierte Handel mit Finanzinstrumenten über eines der multilateralen oder bilateralen Verfahren der MiFID II abgewickelt wird ( 21 ). Auf diese Weise wird ein angemessenerer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelssystemen gefördert, ohne dass die Gefahr besteht, dass Wirtschaftsteilnehmer, die die Kontrollen der Aufsichtsbehörden umgehen wollen, andere alternative Mechanismen entwickeln können.

B. Begriff des geregelten Marktes und seine Anwendung auf eine Handelsplattform wie EFS

54.

Das vorlegende Gericht bittet den Gerichtshof um Klärung, ob eine Handelsplattform mit den Merkmalen des EFS-Systems unter die Definition des geregelten Marktes im Sinne der MiFID I fällt. Bevor ich meine Meinung dazu darlege, möchte ich drei Klarstellungen vornehmen.

55.

Die erste besteht darin, dass die Feststellung, ob diese Plattform die Voraussetzungen für ihre Einstufung als geregelter Markt erfüllt, Sache des nationalen Gerichts ist, das über unmittelbare und vollständige Kenntnisse der Arbeitsweise von EFS verfügt. Der Gerichtshof kann ihm selbstverständlich Hilfen für die Auslegung der MiFID I an die Hand geben, indem er aus ihr die Voraussetzungen herausarbeitet, die ein Handelssystem erfüllen muss, um unter diese Kategorie fallen zu können. Unter ihnen ist den in dieser Rechtssache streitigen Voraussetzungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ( 22 ), damit eine nützliche Antwort gegeben werden kann.

56.

Als zweite Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die Angaben des nationalen Gerichts und die der Parteien in der mündlichen Verhandlung zu bestätigen scheinen, dass EFS unter dem „Schirm“ der behördlichen Zulassung als geregelter Markt tätig wird, die Euronext von der AFM erteilt wurde.

57.

Jedoch ist nicht ersichtlich, dass das EFS-Segment für sich genommen einen geregelten Markt bildet. In der Datenbank der ESMA ist es nicht unter den niederländischen geregelten Märkten aufgeführt ( 23 ), und es wird, anders als vergleichbare andere ( 24 ), auch nicht spezifisch als solcher publik gemacht.

58.

Die Nichtaufnahme des EFS-Systems in das genannte Verzeichnis geregelter Märkte hindert jedoch nicht daran, dass es diese Rechtsnatur aufweist. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil Nilaş u. a. ( 25 ) festgestellt hat, reicht der bloße Umstand, dass der fragliche Markt in diesem Verzeichnis nicht aufgeführt ist, nicht aus, um auszuschließen, dass es sich um einen geregelten Markt handelt ( 26 ).

59.

Euronext könnte gleichzeitig als Betreiber des geregelten Marktes Euronext Amsterdam und der Handelsplattform EFS tätig sein. Im Urteil Nilaş u. a. wurde ausgeführt, dass in der Richtlinie 2004/39 ausdrücklich Situationen ins Auge gefasst werden, in denen der Betreiber eines geregelten Marktes auch ein anderes Handelssystem betreibt, ohne dass dieses aufgrund dessen zu einem geregelten Markt würde ( 27 ). Die Einstufung eines Handelssystems für Finanzinstrumente als solches setzt dem Gerichtshof zufolge voraus, dass es als geregelter Markt zugelassen wurde und sein Betrieb den in Titel III der MiFID I geregelten Anforderungen entspricht ( 28 ).

60.

Es ist Sache des Ausgangsgerichts, als Tatsache, die seiner freien Würdigung unterliegt, festzustellen, ob EFS wirklich ein Segment des geregelten Marktes Euronext Amsterdam ist, das unter seinem Mantel betrieben wird, oder ob es für sich genommen eine Handelsplattform oder ein Handelssystem eigener Art darstellt, auch wenn beide denselben Betreiber haben.

61.

Die dritte Klarstellung betrifft die Merkmale der klagenden Unternehmen. Die Robeco-Fonds sind Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), für die die Richtlinie 2009/65/EG gilt ( 29 ). Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 sind OGAW Organismen, a) deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Art. 50 Abs. 1 genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und b) deren Anteile auf Verlangen der Anteilsinhaber unmittelbar oder mittelbar zulasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden.

62.

Konkreter sind die Robeco-Fonds öffentliche und offene OGAW im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2009/65, die Vertragsform haben (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds). Die Tätigkeit der offenen Investmentfonds „besteht in der öffentlichen Sammlung von Kapital beim Publikum, seiner Anlage und gemeinsamen Verwaltung, der Verteilung der Risiken und der Resultate aus dieser Anlage sowie einer Gegenleistung des OGAW an seine Gesellschafter bzw. Anteilsinhaber“ ( 30 ).

63.

Die Robeco-Fonds nutzen das von Euronext verwaltete EFS-System und widmen sich dadurch organisiert, häufig und systematisch der Sammlung von Anlegergeld. EFS wäre aus diesem Grund grundsätzlich als Handelsplatz anzusehen. Art. 2 Nr. 8 der Verordnung Nr. 1287/2006 definiert „Handelsplatz“ als „einen geregelten Markt, multilaterale Handelssysteme (‚Multilateral Trading Facilities‘/‚MTF‘) oder systematische Internalisierer, die in dieser Eigenschaft handeln und gegebenenfalls ein System außerhalb der Gemeinschaft mit ähnlichen Funktionen wie ein geregelter Markt oder ein MTF betreiben“.

64.

In Anbetracht der im Vorlagebeschluss dargestellten Merkmale des EFS-Systems, seiner Tätigkeit und der der an ihm teilnehmenden Robeco-Fonds scheint es sich um einen organisierten, häufigen und systematischen Handel mit Finanzinstrumenten zu handeln.

65.

Wenn dem so ist, müsste EFS grundsätzlich unter die in der MiFID I geregelten Arten von Handelssystemen, also geregelter Markt, MTF oder SI, fallen (es sei denn, es handelt sich um eine der OTC‑Handelsplattformen, die von diesen drei Kategorien ausgeschlossen sind und im Rahmen der MiFID II unter die neue Art von Handelssystem fallen, d. h. unter die OTF).

66.

Obwohl das nationale Gericht nur fragt, ob EFS ein geregelter Markt ist, halte ich es für erforderlich, dass der Gerichtshof ihm die anderen Arten von Handelssystemen nach der MiFID I erläutert, damit es beurteilen kann, ob EFS unmittelbar oder subsidiär einem von ihnen entspricht.

67.

Diese Prüfung ist wichtig, denn wenn EFS kein geregelter Markt ist, könnte sich das vorlegende Gericht vielleicht fragen, ob es ein MTF oder ein SI ist, sowie feststellen, ob die im niederländischen Recht vorgesehenen Meldepflichten (in Verbindung mit den Vorschriften über die Kontrolle missbräuchlicher Verhaltensweisen auf dem Markt) auch auf diese anderen Arten von Handelssystemen anwendbar sind und mithin die Erhebung der streitigen Abgaben durch die AFM rechtfertigen.

1.  Allgemeine Voraussetzungen für die geregelten Systeme

68.

Aus der Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I ergibt sich, dass ein Handelssystem für Finanzinstrumente folgende Voraussetzungen erfüllen muss, damit es als geregelter Markt bezeichnet werden kann:

Es muss ein von einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales, nicht bilaterales, System sein, das als ein von den Käufern und Verkäufern unabhängiger Dritter agiert.

Es muss die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführen oder das Zusammenführen fördern.

Die Geschäfte mit den Finanzinstrumenten, die nach seinen Regeln bzw. Systemen zum Handel zugelassen worden sind, müssen zum Abschluss von Verträgen führen.

Es muss nach nichtdiskretionären Regeln funktionieren.

Es muss eine behördliche Zulassung erhalten haben, die die nationalen Finanzaufsichtsbehörden erteilen, wenn die Plattform ordnungsgemäß und im Einklang mit den Bestimmungen des Titels III der MiFID I funktioniert ( 31 ).

69.

Vor dem Ausgangsgericht ist unstreitig, dass EFS einige dieser Voraussetzungen erfüllt, und zwar:

EFS wird von einem Marktbetreiber, Euronext, betrieben und funktioniert als eine Plattform nach nichtdiskretionären Regeln (konkret den im Euronext Fund Service Trading Manual und später im Trading Manual for the NAV Trading Facility niedergelegten Regeln).

Die Geschäfte, die im Rahmen von EFS zwischen den Anlegern und den Investmentfonds getätigt werden, führen zum Abschluss von Verträgen zwischen ihnen und den Fonds; dabei ist es unerheblich, ob der Abschluss dieser Verträge außer- oder innerhalb des Systems vollzogen wird.

Schließlich „funktioniert“ EFS seit seiner Gründung im Jahr 2007 „ordnungsgemäß“ innerhalb des geregelten Marktes Euronext Amsterdam, mit Euronext als Betreiber, im Einklang mit den Bestimmungen des Titels III der MiFID I. Auch wenn, wie bereits vorausgeschickt, das nationale Gericht diesen Umstand prüfen muss, scheinen die Angaben in seinem Vorlagebeschluss sowie die der meisten Parteien ( 32 ) zu bestätigen, dass EFS auf der Grundlage einer Euronext von der AFM erteilten behördlichen Zulassung für den Betrieb eines geregelten Marktes operiert ( 33 ).

70.

Die Diskussion beschränkt sich daher auf die übrigen notwendigen Voraussetzungen, also die Multilateralität des Systems und seine Möglichkeit, die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf handelbarer Finanzinstrumente zusammenzuführen. Das vorlegende Gericht und die Robeco-Fonds erwähnen darüber hinaus weitere, im Wortlaut der MiFID I nicht enthaltene Elemente des Begriffs des geregelten Marktes, die ich ebenfalls prüfen werde.

2.  Voraussetzung der Multilateralität auf den geregelten Märkten

71.

Im sechsten Erwägungsgrund der MiFID I wird die Absicht des Unionsgesetzgebers herausgestellt, zwischen multilateralen und bilateralen Handelssystemen für Finanzinstrumente zu unterscheiden. Die Begriffe des geregelten Marktes und des MTF, heißt es darin, „sollten bilaterale Systeme ausschließen, bei denen eine Wertpapierfirma jedes Geschäft für eigene Rechnung tätigt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht“.

72.

Da die MiFID I keine Definition der multilateralen Systeme enthält, könnte es meiner Meinung nach hilfreich sein, auf die MiFID II zurückzugreifen, nach deren Art. 4 Abs. 1 Nr. 19 „‚multilaterales System‘ ein System oder Mechanismus [ist], der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt“.

73.

Unter Berücksichtigung beider Rechtstexte bin ich der Meinung, dass ein Handelssystem für Finanzinstrumente multilateral ist, wenn es eine Vielzahl von Anlegern zum Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten zusammenführt und eine risikolose Gegenpartei (der Plattformbetreiber) zwischen den Anlegern steht, um eine bessere Funktionsweise des Systems zu gewährleisten.

74.

Die MiFID I enthält auch keine Legaldefinition der bilateralen Handelssysteme, doch besagt ihr sechster Erwägungsgrund, dass bei ihnen „eine Wertpapierfirma jedes Geschäft für eigene Rechnung tätigt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht“. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 der MiFID I ist „Handel für eigene Rechnung“ der „Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals, der zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten führt“. Folglich zeichnen sich die bilateralen Handelssysteme dadurch aus ( 34 ), dass die Anleger bei ihnen unmittelbar mit der Wertpapierfirma, die für eigene Rechnung tätig wird und ohne Zwischenschaltung eines Dritten ihr Kapital riskiert, Finanzinstrumente handeln.

75.

Die Merkmale, die es ermöglichen, die Multilateralität einer Handelsplattform für Finanzinstrumente festzustellen, können mithin zusammengefasst werden als a) Beteiligung einer Vielzahl von Anlegern, die Finanzinstrumente kaufen und verkaufen, und b) Existenz einer risikolosen Gegenpartei (des Betreibers), die zwischen den verschiedenen Anlegern steht, um ihre angemessene Funktionsweise zu gewährleisten.

76.

Unter den in den Nrn. 55 bis 67 gemachten Vorbehalten ist nun zu prüfen, ob eine Einrichtung wie EFS diese Merkmale aufweist.

77.

In ihren Erklärungen führen die Robeco-Fonds aus, das EFS-System habe bilateralen Charakter. Es handele sich um einen Vertriebsweg für Anteile an offenen Investmentfonds. Die Anleger könnten entweder unmittelbar zu diesen Fonds Kontakt aufnehmen oder dies über das EFS-System tun. Im letztgenannten Fall nähmen die Broker oder Zwischenhändler die Aufträge zum An- und Verkauf ihrer Kunden entgegen und übermittelten sie den im Rahmen des EFS tätigen Fund Agents. Der Vorteil der Verwendung von EFS bestehe für die Anleger darin, dass dieses System den Zugang zu einer großen Zahl von Investmentfonds ermögliche und die Übermittlung von Aufträgen effizienter sei. Nach den Angaben von Robeco in der mündlichen Verhandlung ist EFS der von Kleinanlegern am häufigsten benutzte Kanal für den Erwerb von Anteilen an offenen Investmentfonds, während Großanleger direkt verhandelten.

78.

EFS sei mithin ein bilaterales System zur Übermittlung von An- und Verkaufsaufträgen für Anteile an offenen Investmentfonds, in dessen Rahmen die Broker nicht untereinander handelten und nur mit Fund Agents Kontakt hätten. Jeder Fund Agent arbeite auf Rechnung seines eigenen Fonds und führe keine An- und Verkaufsaufträge für Anteile zusammen, sondern verrechne sie. Es würden nur Aufträge platziert, die zu Geschäften auf einem Primärmarkt führten.

79.

Ich glaube aber nicht, dass diese Argumente ausreichen, um die Multilateralität des EFS-Systems auszuschließen.

80.

Wie AFM und die Kommission hervorheben, gibt es im EFS-System einen Betreiber (Euronext Amsterdam NV), der die von den Brokern angezeigten An- und Verkaufsaufträge der Anleger übermittelt. Bei den Geschäften zwischen den einen (Brokern) und den anderen (Fund Agents) handelt Euronext als Betreiber von EFS als Dritter. Sie betreibt diese Handelsplattform nichtdiskretionär und richtet sich dabei nach dem Euronext Fund Service Trading Manual.

81.

Die Broker und die Fund Agents können ihre Geschäfte zweifelsohne bilateral abwickeln, was aber nicht daran hindert, EFS als multilaterales System anzusehen, sobald ein Dritter (Euronext) als Marktbetreiber mitwirkt, der für Sicherheit beim Handel, Transparenz und einen besseren Anlegerschutz sorgt. Dieser Umstand erklärt, dass das EFS-System hauptsächlich von Kleinanlegern, die in offene Investmentfonds investieren, genutzt wird. Die Großanleger verfügen über die notwendigen Kenntnisse, um sich selbst zu schützen.

82.

Die Mitwirkung von Euronext erlaubt es den Fonds, leichter Anleger anzuwerben, als wenn sie nur vom bilateralen Handel Gebrauch machen würden. Gerade bei der Errichtung von EFS im Jahr 2007 ( 35 ) arbeitete Euronext Amsterdam eng mit der AFN und dem repräsentativen Verband der niederländischen Investmentfonds zusammen. Euronext erklärte, dass der wesentliche Vorteil des neuen EFS-Modells für die Anleger darin bestehe, auf einem „clearly regulated market“ ( 36 ) tätig zu sein.

83.

Würden die Anleger oder ihre Broker Anteile außerhalb von EFS unmittelbar über die Fund Agents eines offenen Investmentfonds an- oder verkaufen, würde es sich um ein bilaterales Handelssystem in Form eines SI (wenn es organisiert, häufig und systematisch stattfindet) oder eines nicht der MiFID I unterliegenden OTC (wenn es nur gelegentlich stattfindet) handeln. Dies scheint vorliegend nicht der Fall zu sein.

84.

Der multilaterale Charakter von EFS wird zudem daran deutlich, dass Euronext an dem System als Betreiber mitwirkt, der weder für eigene Rechnung handelt noch sein Eigenkapital einem Risiko aussetzt. Vielmehr ist es Euronext untersagt, Fondsanteile zu kaufen, zu verkaufen oder zusammenzuführen, damit die Eigenschaften der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erhalten bleiben, die es ihr ermöglichen, der AFM vor und nach dem Handel die Informationen über die im EFS-System durchgeführten Geschäfte nach Maßgabe der MiFID I zu übermitteln.

3.  Erfordernis der Zusammenführung der Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf auf geregelten Märkten

85.

Das andere Merkmal der Definition des geregelten Marktes, das dem vorlegenden Gericht Schwierigkeiten bereitet, ist das Erfordernis der Zusammenführung der Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf.

86.

Die Robeco-Fonds bringen vor, im Rahmen von EFS gebe es nur bilaterale Beziehungen zwischen einem Broker und einem Fund Agent, auf deren Grundlage Anteile ge- oder verkauft würden. Es gebe also keinen Handel zwischen den Fund Agents untereinander oder den Brokern untereinander.

87.

Auch dieses Argument überzeugt mich nicht. Wie die britische Regierung ausführt, treffen im EFS-System die Agenten verschiedener Fonds auf eine Vielzahl von Brokern, die die Anleger vertreten. Die Broker können wählen, welche Geschäfte sie mit den Agenten der jeweiligen Fonds abschließen, und diese Agenten können wiederum mit den Brokern einer Vielzahl von Anlegern handeln. Folglich werden die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf zusammengeführt. Dabei handelt es sich um das für einen geregelten Markt oder eine multilaterale Handelsplattform für Finanzinstrumente typische Merkmal.

88.

EFS ist kein bloßer elektronischer Kanal zur Übermittlung von Aufträgen. Es ist ein System, in dem Finanzinstrumente (Anteile an offenen Investmentfonds) gehandelt werden und dessen Tätigkeit in Übereinstimmung mit den vom Systembetreiber Euronext in einem Trading Manual niedergelegten Regeln erfolgt ( 37 ).

89.

Dieser Handel ist in bilateralen Handelssystemen (wie den SI) nicht zulässig. Daher heißt es im 17. Erwägungsgrund der MiFID II, die trotz fehlender Geltung als Auslegungsinstrument herangezogen werden kann: „Während Handelsplätze Einrichtungen sind, in denen die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf innerhalb des Systems zusammengeführt werden, sollte es einem systematischen Internalisierer nicht gestattet sein, in funktional gleicher Weise wie die Handelsplätze Kauf- und Verkaufsinteressen Dritter zusammenzuführen.“

90.

Es muss berücksichtigt werden, dass ein offener Investmentfonds ein OGAW ist, dessen Ziel, wie bereits ausgeführt, in der öffentlichen Beschaffung von Mitteln zu ihrer gemeinsamen Anlage und Verwaltung besteht, um die mit dieser Anlage verbundenen Risiken und Ergebnisse unter ihren Teilhabern zu verteilen, die auf diese Weise Erträge aus ihren Anlagen ziehen können und geringeren Risiken ausgesetzt sind.

91.

Für einen offenen Investmentfonds ist die Beschaffung von Anlegerkapital entscheidend, und genau das bezweckten die niederländischen Fonds mit der Schaffung eines organisierten Handelssystems wie EFS. Mit ihm soll die Zusammenführung der Kauf- und Verkaufsinteressen der durch ihre Agenten vertretenen Fonds und der am Kauf oder Verkauf von Anteilen an diesen Fonds interessierten, im Rahmen von EFS durch ihre Broker vertretenen Anleger gefördert werden. Im Gegensatz zu den OTC‑Handelssystemen oder den SI bringt EFS einen unzweifelhaften Vorteil bei der Förderung der Zusammenführung der Interessen am Kauf und Verkauf von Anteilen an offenen Investmentfonds mit sich.

92.

Wenn die Robeco-Fonds, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ihre Anteile weiterhin über den bilateralen Handel vermarkten, ist für mich nicht nachvollziehbar, wie ein Handelssystem, an dem Euronext mitwirkt, ebenfalls als bilateral eingestuft werden könnte. Am Tätigwerden eines Dritten als unabhängiger Betreiber im Gegensatz zum bilateralen Handel wird meiner Meinung nach deutlich, dass EFS ein multilaterales System ist, mit dem die Zusammenführung der Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Anteilen an offenen Investmentfonds begünstigt werden sollte.

4.  Weitere mögliche Merkmale des Begriffs des geregelten Marktes

93.

Das vorlegende Gericht und die Robeco-Fonds haben weitere Merkmale angesprochen, die ihrer Ansicht nach für die geregelten Märkte charakteristisch sind, und zwar a) der im Handelssystem angewandte Preisbildungsmechanismus, b) der Primärcharakter des Systems und c) das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Risikos marktmissbräuchlicher Verhaltensweisen. Sie sind der Meinung, dass die Anwendung dieser Merkmale auf EFS bestätige, dass es ein bilaterales System und keine multilaterale Handelsplattform für Finanzinstrumente sei.

94.

Vorauszuschicken ist, dass alle diese Merkmale nicht in der Definition des geregelten Marktes in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I enthalten sind und von ihr meines Erachtens auch nicht impliziert werden, so dass sie bei der Feststellung, ob eine Plattform wie EFS ein geregelter Markt ist, nicht berücksichtigt werden sollten.

95.

Zum ersten Faktor führt das vorlegende Gericht aus, im EFS erfolgten die Geschäfte anhand des Forward Pricing, also auf der Grundlage des anhand nach der cut-off time liegender Kurse berechneten Nettoinventarwerts ( 38 ). Die Robeco-Fonds führen aus, diese Form der Preisbildung der Geschäfte im Rahmen von EFS richte sich nicht nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage bei den auf der Plattform gehandelten Finanzinstrumenten, das auf einem geregelten Markt immer gelten sollte.

96.

In die MiFID I wurde aber keine der verschiedenen Preisbildungsmodalitäten als Unterscheidungsmerkmal der geregelten Märkte aufgenommen. Daher kommt diesem Faktor bei der Feststellung, ob EFS ein geregelter Markt im Sinne dieser Richtlinie ist, keine Bedeutung zu.

97.

Dies bestätigen die Art. 29 Abs. 2 und 44 Abs. 2 der MiFID I, die durch Art. 18 der Verordnung Nr. 1287/2006 konkretisiert werden, der die Möglichkeit vorsieht, Ausnahmen von den Vorhandels-Transparenzvorschriften für MTF und die geregelten Märkte zu schaffen, deren Preise durch andere Faktoren als das Angebot und die Nachfrage bei den auf der Plattform gehandelten Finanzinstrumenten bestimmt werden. Diese Ausnahme wird logischerweise zugelassen, weil es geregelte Märkte mit Preisbildungsmechanismen unterschiedlicher Natur geben kann.

98.

Zudem spielen nach den Angaben der AFM in der mündlichen Verhandlung bei der Preisbildung im Rahmen von EFS das Angebot von und die Nachfrage nach Anteilen durchaus eine gewisse Rolle. Wenn die Nachfrage nach und das Angebot von Anteilen an einem Fonds übereinstimmen, werden sie von seinem Agenten ausgeglichen, aber wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, zahlen die Anleger einen zusätzlichen Prozentsatz für die Anteile; im umgekehrten Fall wird ihnen ein Nachlass gewährt. Das größere Angebot von bzw. die größere Nachfrage nach Anteilen an einem Investmentfonds hängt von den Ergebnissen seiner Investitionen auf den Märkten für Finanzinstrumente ab.

99.

Der zweite Faktor, den das vorlegende Gericht und die Robeco-Fonds anführen, betrifft den Primärcharakter des Marktes, auf dem Anteile an offenen Investmentfonds angeboten und gezeichnet werden, während es keinen Sekundärhandel mit diesen Finanzinstrumenten gibt.

100.

Die Definition des geregelten Marktes in der MiFID I enthält aber keine Bezugnahme auf dieses Merkmal (ebenso wenig wie die der MTF). Wie die Kommission ausführt, sind auf einem geregelten Markt zudem sowohl die anfängliche (primäre) Platzierung von Finanzinstrumenten als auch ihr späterer Sekundärhandel möglich ( 39 ). Daher steht der Umstand, dass die Emissionen und die Zeichnung von Anteilen an Investmentfonds nicht Gegenstand eines nachfolgenden Handels sind, der Einstufung von EFS als geregelter Markt nicht entgegen.

101.

Wie die britische Regierung vorträgt, regelt zudem die Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 ( 40 ) die Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten, die einen Primärhandel mit einem Finanzinstrument darstellt. Ihr Art. 35 Abs. 1 sieht vor, dass „Versteigerungen … nur auf einer Auktionsplattform, die von der zuständigen einzelstaatlichen Behörde gemäß Absatz 4 Unterabsatz 2 als geregelter Markt gemäß Absatz 5 zugelassen wurde, durchgeführt werden [dürfen]“. Diese Vorschrift lässt es mithin ausdrücklich zu, dass auf einem nach den Bedingungen der MiFID I geregelten Markt Geschäfte durchgeführt werden, die charakteristisch für Primärmärkte sind.

102.

Die Robeco-Fonds machen schließlich geltend – und das vorlegende Gericht schließt sich ihrem Vorbringen an –, dass im EFS-System fast kein Risiko marktmissbräuchlicher Verhaltensweisen bestehe und daher seine Einstufung als geregelter Markt (mit der sich daraus ergebenden Pflicht zur Übermittlung von Informationen über die Aktivitäten der Fondsmanager) nichts zum Anlegerschutz beitrage.

103.

Ich halte jedoch auch dieses Argument nicht für stichhaltig. Zum einen ist die mehr oder weniger große Möglichkeit, dass es zu Marktmanipulationen kommt, nicht in der Definition des geregelten Marktes der MiFID I enthalten. Zum anderen hat die AFM (meiner Ansicht nach zu Recht) die These von Robeco zurückgewiesen und die Möglichkeit von Marktmissbräuchen oder Insiderhandel in Systemen wie EFS bestätigt.

104.

Konkret hat die AFM Beispiele angeführt, in denen diese unzulässigen Verhaltensweisen im Rahmen des Handels mit Anteilen an Investmentfonds zutage traten. In Fällen wie dem Ausscheiden eines wichtigen Investmentfondsmanagers kann es Insiderinformationen geben und zu marktmissbräuchlichen Verhaltensweisen kommen, die Auswirkungen auf den Wert der Anteile haben ( 41 ). Sie können auch bei Entscheidungen wie der Umwandlung eines offenen Investmentfonds in einen geschlossenen OGAW vorkommen.

105.

Art. 9 der Richtlinie 2003/6, der auf das Ausgangsverfahren in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist, regelte nur die Pflicht zur Übermittlung von Informationen über die Manager von Gesellschaften mit zum Handel auf geregelten Märkten zugelassenen Instrumenten, denn dies war die einzige Art von organisiertem Handelssystem, das zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie bestand. Später wurden, wie bereits ausgeführt, durch die MiFID I die MTF geschaffen, und die MiFID II sieht die Einführung der OTF als neue multilaterale Systeme des organsierten Handels vor. Eine systematische Auslegung dieser Vorschriften lässt den Schluss zu, dass die Verpflichtungen, den Aufsichtsbehörden Informationen zur Vermeidung von unzulässigem Insiderhandel zu übermitteln (Art. 6 der Richtlinie 2003/6), auch für die Verantwortlichen der neuen organisierten Handelssysteme für Finanzinstrumente gelten mussten, die in den nach 2003 ergangenen unionsrechtlichen Bestimmungen enthalten sind. Diese Auslegung ist durch die neue Verordnung (EU) Nr. 596/2014 in vollem Umfang bestätigt worden ( 42 ).

106.

Die von mir vorgeschlagene Auslegung, dass ein Handelssystem mit den Merkmalen von EFS nach der MiFID I als geregelter Markt zu betrachten ist, steht im Einklang mit dem mit der Richtlinie verfolgten Zweck.

107.

Das Ziel des MiFID‑I-Regelwerks, das später durch die MiFID II bestätigt wurde, bestand in der Regulierung und Kontrolle der verschiedenen nach und nach entstandenen Handelssysteme, von denen lediglich der bilaterale und gelegentliche Handel mit Finanzinstrumenten ausgenommen wurde ( 43 ). Jeder organisierte Handel muss sich daher in eines dieser multilateralen oder bilateralen Systeme einfügen, die in den MiFID‑I-Regeln und, ab dem 3. Januar 2018, den MiFID‑II-Regeln vorgesehen sind ( 44 ). Dadurch wird ein besserer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelssystemen gefördert, ohne dass die Gefahr besteht, dass Betreiber, die sich den Kontrollen der Aufsichtsbehörden entziehen wollen, OTC‑Handelssysteme entwickeln. Würde der Begriff des geregelten Marktes in der MiFID I dahin ausgelegt, dass er Handelsplattformen wie EFS ausschließt, auf denen Anleger mit offenen Investmentfonds zusammengeführt werden, wäre dies den vom Unionsgesetzgeber in diesem Sektor verfolgten Zielen abträglich.

IV. Ergebnis

108.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Frage des College van beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) wie folgt zu beantworten:

Ein organisiertes System für den multilateralen Handel mit Finanzinstrumenten, in dem die Interessen der Anleger am Kauf und Verkauf über Broker und offene Investmentfonds, die von ihren Agenten vertreten werden, unter der Kontrolle eines unabhängigen Betreibers zusammengeführt werden, ist als geregelter Markt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates einzustufen.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( 2 ) Euronext Amsterdam NV wirbt für sich als Nachfolgerin der historischen Amsterdamer Börse und ist ein geregelter Markt.

( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1).

( 4 ) Richtlinie der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. 2006, L 241, S. 26).

( 5 ) Verordnung der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufzeichnungspflichten für Wertpapierfirmen, die Meldung von Geschäften, die Markttransparenz, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel und bestimmte Begriffe im Sinne dieser Richtlinie (ABl. 2006, L 241, S. 1).

( 6 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (ABl. 2003, L 96, S. 16).

( 7 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. 2014, L 173, S. 349).

( 8 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2014, L 173, S. 84).

( 9 ) MTF wird in der Richtlinie 2004/39 als Abkürzung für „multilaterales Handelssystem“ verwendet.

( 10 ) Diese Handelssysteme „are multilateral systems or networks, which provide trading, clearing, settlement, and reporting services in relation to securities and derivative transactions. They support financial markets by providing essential services, connecting counterparties, reducing transaction costs through economies of scale, managing systemic and counterparty risks, and fostering transparency“ (Ferrarini, G., und Saguato, P., „Regulating Financial Market Infrastructures“, ECGI Working Paper Nr. 259/2014, Juni 2014, S. 7).

( 11 ) Nach einer von der Kommission finanzierten Studie besteht im Ergebnis ein stärkerer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelsplätzen für Finanzinstrumente, und die Anleger können unter einem breiteren Spektrum von Dienstleistungsanbietern und Finanzinstrumenten wählen. Befördert worden sei diese Entwicklung durch den technologischen Fortschritt. Allgemein seien nach der Studie von Oxera, Monitoring Prices, Costs and Volumes of Trading and Post-trading Services, 2011, die Transaktionskosten zurückgegangen, und die Integration habe sich verstärkt. Vgl. auch das Dokument KOM(2011) 652 endgültig, S. 2.

( 12 ) Die multilateralen Systeme können auch als „Handelsplatz“ bezeichnet werden; dabei handelt es sich nach Art. 2 Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC‑Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. 2012, L 201, S. 1) um „ein System, das von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 13 der Richtlinie 2004/39/EG, ausgenommen systematische Internalisierer im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 7 der genannten Richtlinie, betrieben wird, in dem die Interessen am Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten so zusammengeführt werden, dass sie in Geschäfte gemäß Titel II oder III jener Richtlinie münden“.

( 13 ) Vgl. die Angaben unter https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_mifid_rma.

( 14 ) Vgl. die Angaben unter https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_mifid_mtf.

( 15 ) Vgl. die Angaben unter https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_mifid_sys.

( 16 ) Vgl. die Kommentare von Gomber, P., Pierron, A., „MiFID: Spirit and Reality of a European Financial Market Directive“, Celent Paper, November 2010, S. 12.

( 17 ) Vgl. die detaillierte Untersuchung von Onofrei, A., La négotiation des instruments financiers au regard de la directive MIF, Larcier, Brüssel 2012, S. 360 bis 363.

( 18 ) Der vierte Erwägungsgrund der MiFID II rechtfertigt dies mit folgenden Worten: „Die Finanzkrise hat Schwächen in der Funktionsweise und bei der Transparenz der Finanzmärkte zutage treten lassen. Die Entwicklung der Finanzmärkte hat gezeigt, dass der Rahmen für die Regulierung der Märkte für Finanzinstrumente – auch in Bezug auf den außerbörslichen Handel (OTC) – gestärkt werden muss, um die Transparenz zu erhöhen, Anleger besser zu schützen, das Vertrauen wiederherzustellen, sich mit nichtregulierten Bereichen zu befassen und sicherzustellen, dass Aufsichtsstellen angemessene Befugnisse zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten.“

( 19 ) In Art. 4 Abs. 1 Nr. 23 der MiFID II wird das organisierte Handelssystem (OTF) definiert als „multilaterales System, bei dem es sich nicht um einen geregelten Markt oder ein MTF handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß Titel II dieser Richtlinie führt …“.

( 20 ) In diesem Sinne bestimmt Art. 1 Abs. 7 der MiFID II: „Alle multilateralen Systeme für Finanzinstrumente sind entweder im Einklang mit den Bestimmungen des Titels II für MTF bzw. OTF oder gemäß den Bestimmungen des Titels III für geregelte Märkte zu betreiben.

Jede Wertpapierfirma, die in organisierter und systematischer Weise häufig Handel für eigene Rechnung treibt, wenn sie Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes, eines MTF oder eines OTF ausführt, ist gemäß Titel III der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zu betreiben.

Unbeschadet der Artikel 23 und 28 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 haben alle in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die nicht über multilaterale Systeme oder systematische Internalisierer abgeschlossen werden, den einschlägigen Bestimmungen des Titels III der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zu genügen.“

( 21 ) Moloney schreibt: „MiFID II/MiFIR is designed to repatriate trading on to organized trading venues and away from OTC markets“ (Moloney, N., EU Securities and Financial Markets Regulation, 3. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2014, S. 434). Vgl. auch Clausen, N. J., und Sørensen, K. E., „Reforming the Regulation of Trading Venues in the EU under the Proposed MiFID II. Levelling the Playing Field and Overcoming Market Fragmentation?“, European Company and Financial Review, 2012, S. 285.

( 22 ) Diesen Standpunkt hat der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 3. Dezember 2015, Banif Plus Bank (C‑312/14, EU:C:2015:794, Rn. 51), und vom 30. Mai 2013, Genil 48 und Comercial Hostelera de Grandes Vinos (C‑604/11, EU:C:2013:344, Rn. 43), eingenommen.

( 23 ) Art. 47 („Verzeichnis geregelter Märkte“) der MiFID I bestimmt: „Jeder Mitgliedstaat erstellt ein Verzeichnis der geregelten Märkte, für die er der Herkunftsmitgliedstaat ist, und übermittelt dieses Verzeichnis den übrigen Mitgliedstaaten und der Kommission. Die gleiche Mitteilung erfolgt bei jeder Änderung dieses Verzeichnisses. Die Kommission veröffentlicht ein Verzeichnis aller geregelten Märkte im Amtsblatt der Europäischen Union und aktualisiert es mindestens einmal jährlich. Die Kommission veröffentlicht dieses Verzeichnis ferner auf ihrer Website und aktualisiert es dort nach jeder von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Änderung.“

( 24 ) Wie der ETFplus market (the open-ended collective investment undertaking [CIUs] segment) der Borsa italiana. Vgl. hierzu http://www.borsaitaliana.it/fondi/formazione/formazione.htm. Dieser Markt widmet sich dem Handel mit Finanzinstrumenten offener Investmentfonds. Er ist im ESMA-Verzeichnis geregelter Märkte in Italien erfasst und wurde explizit als solcher ausgestaltet und publik gemacht. In der Datenbank der ESMA ist er als ELECTRONIC OPEN-END FUNDS AND ETC MARKET unter dem Link https://registers.esma.europa.eu/publication/details?core=esma_registers_mifid_rma&docId=mifid731rma abrufbar.

( 25 ) Urteil vom 22. März 2012 (C‑248/11, EU:C:2012:166, Rn. 54).

( 26 ) Die Aufnahme in das von dem Mitgliedstaat erstellte Verzeichnis, die die Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID I nicht vorsieht, war hingegen ein Bestandteil des Begriffs „geregelter Markt“ in Art. 1 Nr. 13 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. 1993, L 141, S. 27), die durch die MiFID I mit Wirkung vom 1. November 2007 aufgehoben wurde.

( 27 ) Urteil vom 22. März 2012, Nilaş u. a. (C‑248/11, EU:C:2012:166, Rn. 44 bis 46).

( 28 ) Ebd. (Rn. 42 und 43).

( 29 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32).

( 30 ) Tapia Hermida, A. J., Manual de derecho del mercado financiero, Iustel, Madrid, 2015, S. 352.

( 31 ) Gemäß Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 1 der MiFID I können nur Handelssysteme, die den Bestimmungen des Titels III dieser Richtlinie genügen, als geregelter Markt zugelassen werden. Für den Gerichtshof „reicht der bloße Umstand, dass der fragliche Markt in diesem Verzeichnis nicht aufgeführt wird, nicht aus, um auszuschließen, dass es sich um einen geregelten Markt handelt“ (Urteil vom 22. März 2012, Nilaş u. a., C‑248/11, EU:C:2012:166, Rn. 53).

( 32 ) Die AFM teilt mit, Euronext Amsterdam NV habe ein Schreiben an das vorlegende Gericht geschickt, in dem sie die Eigenschaft von EFS als geregelter Markt bestätigt und darauf hingewiesen habe, dass alle Aufsichtsbehörden in den Staaten, in denen Euronext geregelte Märkte betreibe (neben den Niederlanden in Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Belgien und Portugal), dieselbe Auffassung verträten.

( 33 ) Die Robeco-Fonds haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass dieser Umstand erst 2012 eingetreten sei, als die AFM damit begonnen habe, EFS als geregelten Markt einzuordnen und dort die streitigen Abgaben zu erheben.

( 34 ) Der Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Wertpapierwesen (CESR) hat darauf hingewiesen, dass mit dem Ausdruck „multilaterale Systeme“ die bilateralen Systeme ausgeschlossen werden sollten und dass Letztere „Systeme sind, bei denen eine eigenständige Firma jedes im System getätigte Geschäft für eigene Rechnung tätigt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht. Hingegen ist ein System, in dem eine Vielzahl Beteiligter (z. B. Market-maker) als Gegenpartei der in das System eingegebenen Aufträge tätig werden, als multilaterales System anzusehen“ (Nr. 13 des CESR-Dokuments Standards for Alternative Trading Systems, CESR/02-086b, Juli 2002, http://www.esma.europa.eu/system/files/l-02_086b.pdf).

( 35 ) Euronext möchte ihr EFS-System auf Frankreich ausweiten und eine multilaterale Plattform für die an der Pariser Wertpapierbörse tätigen offenen Investmentfonds entwickeln, die ebenfalls als Euronext Fund Services bezeichnet und von Euronext Paris betrieben werden soll. Vgl. die Angaben in Euronext, Expansion of Euronext Fund Services to include open-end funds on Euronext Paris, Info-Flash, 24. Juli 2015.

( 36 ) CESR, Call for Evidence on UCITS Distribution, Reply from Euronext, CESR/07-205, Juni 2007, S. 2.

( 37 ) Das oben angeführte Euronext Investment Fund Services Trading Manual, das später durch das Trading Manual for the NAV Trading Facility ersetzt wurde.

( 38 ) Vgl. die detailliertere Darstellung des Mechanismus in Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge.

( 39 ) Der Begriff geregelter Markt ist nach Moloney „therefore ‚opting in‘ in design and captures the distinct primary market capital-rising and secondary market trading functionalities“ (Moloney, N., EU Securities and Financial Markets Regulation, 3. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2014, S. 463).

( 40 ) Verordnung der Kommission vom 12. November 2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf sowie sonstige Aspekte der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (ABl. 2010, L 302, S. 1).

( 41 ) Das Ausscheiden des Fondsmanagers von Pimco im September 2014 führte zum Abfluss von 3700 Mio. Euro (https://www.ft.com/content/56aa4284-4fc1-11e4-a0a4-00144feab7de). Auch der Wechsel des Fondsmanagers von Ignis Asset Management zu Old Mutual Global Investors Ende 2014 und das Ausscheiden des Fondsmanagers von Bestinver Asset Management (http://www.expansion.com/2014/09/23/mercados/fondos/1411459605.html) hatten erhebliche Auswirkungen.

( 42 ) Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. 2014, L 173, S. 1). Ihr achter Erwägungsgrund hat folgenden Wortlaut: „Der Geltungsbereich der Richtlinie 2003/6/EG konzentrierte sich auf Finanzinstrumente, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind oder für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel auf einem solchen Markt gestellt wurde. In den letzten Jahren werden Finanzinstrumente jedoch zunehmend auf multilateralen Handelssystemen gehandelt. Daneben gibt es weitere Finanzinstrumente, die ausschließlich auf anderen Arten von organisierten Handelssystemen oder nur außerbörslich gehandelt werden. Deshalb sollte der Anwendungsbereich dieser Verordnung alle auf einem geregelten Markt, einem multilateralen oder organisierten Handelssystem gehandelten Finanzinstrumente ebenso einschließen wie jede andere Handlung oder Maßnahme, unabhängig davon, ob sie auf einem Handelsplatz durchgeführt wird, die sich auf ein solches Finanzinstrument auswirken kann. … Dies dürfte den Anlegerschutz verbessern, die Integrität der Märkte wahren und gewährleisten, dass die Manipulation der Märkte für solche Instrumente klar verboten ist.“

( 43 ) In diesem Sinne bestimmt Art. 1 Abs. 7 der MiFID II: „Alle multilateralen Systeme für Finanzinstrumente sind entweder im Einklang mit den Bestimmungen des Titels II für MTF bzw. OTF oder gemäß den Bestimmungen des Titels III für geregelte Märkte zu betreiben. Jede Wertpapierfirma, die in organisierter und systematischer Weise häufig Handel für eigene Rechnung treibt, wenn sie Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Markts, eines MTF oder eines OTF ausführt, ist gemäß Titel III der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zu betreiben. Unbeschadet der Artikel 23 und 28 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 haben alle in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die nicht über multilaterale Systeme oder systematische Internalisierer abgeschlossen werden, den einschlägigen Bestimmungen des Titels III der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zu genügen.“

( 44 ) Clausen, N. J., und Sørensen, K. E., „Reforming the Regulation of Trading Venues in the EU under the Proposed MiFID II. Levelling the Playing Field and Overcoming Market Fragmentation?“, European Company and Financial Review, 2012, S. 285.