SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 30. Januar 2014 ( 1 )

Rechtssache C‑438/12

Irmengard Weber

gegen

Mechthilde Weber

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts München [Deutschland])

„Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen — Verordnung (EG) Nr. 44/2001 — Art. 22 Nr. 1 — Ausschließliche Zuständigkeit — Rechtsstreitigkeiten, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben — Einbeziehung des Vorkaufsrechts an einer Immobilie — Art. 27 Abs. 1 — Rechtshängigkeit — Begriff der Klagen, die ‚zwischen denselben Parteien anhängig gemacht‘ werden — Begriff der Klagen ‚wegen desselben Anspruchs‘ — Ahndung eines Missbrauchs der Klagebefugnis — Verbindung von Art. 22 Nr. 1 und Art. 27 Abs. 1 — Art. 28 Abs. 1 — Im Zusammenhang stehende Verfahren — Beurteilungskriterien für die Aussetzung des Verfahrens — Verbindung der Art. 27 und 28 — Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz“

I – Einleitung

1.

Das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts München (Deutschland) betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ( 2 ), insbesondere ihrer Art. 22 Nr. 1 ( 3 ), 27 Abs. 1 ( 4 ) und 28 Abs. 1 ( 5 ). Der Gerichtshof muss somit über die Auslegung der für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen geltenden Regel der ausschließlichen Zuständigkeit und der bei Rechtshängigkeit oder im Zusammenhang stehenden Verfahren geltenden Regeln dieser Verordnung entscheiden.

2.

Ich weise vorab darauf hin, dass es meines Erachtens zweckdienlich ist, eine Umstellung dahin gehend vorzunehmen, dass die zahlreichen dem Gerichtshof vorgelegten Fragen nicht in der vom vorlegenden Gericht gewählten, sondern in einer mehr an der Logik und Systematik der Verordnung Nr. 44/2001 orientierten Reihenfolge geprüft werden.

3.

Zunächst muss der Gerichtshof entscheiden, ob Art. 22 Nr. 1 dieser Verordnung – der eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats vorsieht, in dessen Hoheitsgebiet die unbewegliche Sache, auf die sich die streitigen dinglichen Rechte beziehen, belegen ist – bei einer Klage anwendbar ist, mit der die Feststellung begehrt wird, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts an einer unbeweglichen Sache unwirksam ist ( 6 ).

4.

Im Zusammenhang damit ist eine weitere Frage ( 7 ) darauf gerichtet, ob im Fall der Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 das später angerufene Gericht, um das Verfahren nicht aussetzen zu müssen, berücksichtigen darf, dass seines Erachtens das zuerst angerufene Gericht nicht das nach Art. 22 Nr. 1 dieser Verordnung ausschließlich zuständige Gericht ist und dass folglich die Entscheidung, die es treffen könnte, in den anderen Mitgliedstaaten nach Art. 35 Abs. 1 der Verordnung nicht anerkannt würde ( 8 ).

5.

Das vorlegende Gericht möchte zudem wissen, ob die Rechtshängigkeitsregel in Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 auch für den Fall zweier bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängiger Verfahren gilt, wenn zwei Personen im einen Verfahren Mitbeklagte einer dritten Person sind und im anderen Kläger und Beklagter und wenn die Verfahren auf unterschiedliche Gründe gestützte Klagen betreffen, wobei aber in beiden Fällen dieselbe Vorfrage geklärt werden muss ( 9 ).

6.

Außerdem wird der Gerichtshof um Klärung der Frage ersucht, ob das später angerufene Gericht im Rahmen der von ihm nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung zu treffenden Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nicht nur den Vorwurf einer Partei prüfen muss, wonach die Klageerhebung der anderen Partei vor dem zuerst angerufenen Gericht rechtsmissbräuchlich gewesen sei, sondern auch das Recht des zweiten Klägers auf gerichtlichen Rechtsschutz schützen muss, und, wenn ja, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind ( 10 ).

7.

Außerdem soll er sich dazu äußern, ob das später angerufene Gericht, bevor es Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 – der Verfahren betrifft, die im Zusammenhang stehen und bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig sind – anwenden kann, zu dem Schluss gekommen sein muss, dass der die Rechtshängigkeit betreffende Art. 27 Abs. 1 dieser Verordnung im konkreten Fall nicht anwendbar ist ( 11 ).

8.

Schließlich fragt das vorlegende Gericht, welche Kriterien es im Rahmen der Ausübung des durch Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 eingeräumten Ermessens berücksichtigen kann, demzufolge die Aussetzung des Verfahrens bei Klagen, die im Zusammenhang stehen, fakultativ ist ( 12 ).

II – Ausgangsverfahren, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

9.

Im Ausgangsverfahren stehen sich Frau I. Weber und Frau M. Weber, zwei betagte Schwestern, gegenüber, die zu sechs Zehnteln und vier Zehnteln Miteigentümerinnen eines Grundstücks in München (Deutschland) sind. Aufgrund eines notariellen Vertrags vom 20. Dezember 1971 wurde zugunsten von Frau I. Weber ein Vorkaufsrecht an diesem Grundstück gemäß § 1094 Abs. 1 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs ( 13 ) (BGB) im Grundbuch eingetragen.

10.

Mit notariellem Vertrag vom 28. Oktober 2009 verkaufte Frau M. Weber ihren Anteil von vier Zehnteln an die Gesellschaft deutschen Rechts Z. GbR, zu deren Geschäftsführern ihr Sohn, Herr Calmetta, ein in Mailand (Italien) niedergelassener Rechtsanwalt, gehört. Dieser Vertrag enthielt eine Klausel, mit der Frau Weber sich ein Rücktrittsrecht vorbehielt, das bis zum 28. März 2010 befristet war und bestimmten Bedingungen unterlag.

11.

Nachdem Frau I. Weber von dem Notar, der den genannten Vertrag in München beurkundet hatte, informiert worden war, übte sie mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 ihr Vorkaufsrecht an diesem Anteil gemäß den §§ 463 und 464 BGB aus ( 14 ).

12.

Mit einem am 25. Februar 2010 vor demselben Notar geschlossenen Vertrag erkannten Frau I. und Frau M. Weber die wirksame Ausübung dieses Vorkaufsrechts ausdrücklich an und trafen eine Einigung hinsichtlich des Eigentumsübergangs auf Frau I. Weber zu dem Preis, der in dem von Frau M. Weber mit der Z. GbR geschlossenen Kaufvertrag vereinbart worden war. Sie verständigten sich wohl darauf, dass der Notar die Eintragung ins Grundbuch gemäß § 873 Abs. 1 BGB ( 15 ) und § 19 Grundbuchordnung ( 16 ) erst dann veranlasst, wenn Frau M. Weber auf die Ausübung ihres Rücktrittsrechts aus dem Vertrag vom 28. Oktober 2009 verzichtet hat. Am 2. März 2010 zahlte Frau I. Weber den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 4 Mio. Euro. Mit Schreiben vom 15. März 2010 erklärte Frau M. Weber, dass sie ihr Rücktrittsrecht ausübe.

13.

Mit Klageschrift vom 29. März 2010, die Frau I. Weber am 11. Mai 2010 zugestellt wurde, erhob die Z. GbR beim Tribunale ordinario di Milano (Zivilgericht Mailand) Klage gegen Frau I. und Frau M. Weber auf Feststellung der Ungültigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts durch Frau I. Weber und der Gültigkeit des zwischen Frau M. Weber und dieser Gesellschaft geschlossenen Vertrags.

14.

Am 15. Juli 2010 erhob Frau I. Weber beim Landgericht München I Klage mit dem Antrag, Frau M. Weber zu verurteilen, die Eintragung des Eigentumsübergangs an ihrem Anteil von vier Zehnteln an der Immobilie zu bewilligen ( 17 ). Frau M. Weber trat diesem Antrag entgegen und berief sich a limine auf das Vorliegen von Rechtshängigkeit wegen des bei dem italienischen Gericht anhängigen Rechtsstreits.

15.

Mit Beschlüssen vom 1. April 2011 und vom 23. August 2011 setzte das Landgericht München I das bei ihm geführte Verfahren im Hinblick auf das beim Tribunale ordinario di Milano, dem zuerst angerufenen Gericht, anhängige Verfahren aus und begründete dies mit Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und, hilfsweise, mit Art. 28 Abs. 1 und 3 dieser Verordnung.

16.

Frau I. Weber legte Berufung beim Oberlandesgericht München ein. Mit Beschluss vom 16. Februar 2012, eingegangen am 2. Oktober 2012, hat dieses Gericht das Verfahren ausgesetzt und unter Hinweis darauf, dass es den Standpunkt des Landgerichts München I für zutreffend halte, dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

1.

Erstreckt sich der Anwendungsbereich von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 auch auf Fallkonstellationen, bei denen zwei Parteien in dem einen Rechtsstreit jeweils die Parteirolle als Beklagte innehaben, weil beide Parteien von einem Dritten mit einer Klage überzogen wurden, und in dem anderen Rechtsstreit die Parteirollen als Kläger und Beklagter einnehmen? Handelt es sich bei einer solchen Fallkonstellation um einen Rechtsstreit „zwischen denselben Parteien“, oder sind die verschiedenen in dem einen Verfahren vom Kläger gegen die beiden Beklagten geltend gemachten Anträge getrennt zu prüfen mit der Folge, dass nicht von einem Rechtsstreit „zwischen denselben Parteien“ auszugehen ist?

2.

Liegt eine Klage wegen „desselben Anspruchs“ im Sinne von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 vor, wenn die Klageanträge und die Klagebegründungen in beiden Verfahren zwar unterschiedlich sind, aber

a)

für die Entscheidung beider Verfahren jeweils dieselbe Vorfrage gelöst werden muss oder

b)

in einem Verfahren im Rahmen eines Hilfsantrags Feststellung zu einem Rechtsverhältnis begehrt wird, das in dem anderen Verfahren als Vorfrage eine Rolle spielt?

3.

Handelt es sich um eine Klage, welche im Sinne von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache zum Gegenstand hat, wenn die Feststellung beantragt wird, der Beklagte habe sein unstreitig nach deutschem Recht bestehendes dingliches Vorkaufsrecht an einem in Deutschland belegenen Grundstück nicht wirksam ausgeübt?

4.

Ist das später angerufene Gericht im Rahmen seiner Entscheidung nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und damit noch vor einer Entscheidung der Zuständigkeitsfrage durch das zuerst angerufene Gericht gehalten zu prüfen, ob das zuerst angerufene Gericht wegen Art. 22 Nr. 1 unzuständig ist, weil eine derartige Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts nach Art. 35 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dazu führen würde, dass eine etwaige Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts nicht anerkannt wird? Ist Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 für das später angerufene Gericht unanwendbar, wenn das später angerufene Gericht zu der Meinung gelangt, dass das zuerst angerufene Gericht wegen Art. 22 Nr. 1 unzuständig ist?

5.

Ist das später angerufene Gericht im Rahmen seiner Entscheidung nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und damit noch vor einer Entscheidung der Zuständigkeitsfrage durch das zuerst angerufene Gericht gehalten, den Vorwurf einer Partei zu prüfen, die andere habe durch Anrufung des zuerst angerufenen Gerichts rechtsmissbräuchlich gehandelt? Ist Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 für das später angerufene Gericht unanwendbar, wenn das später angerufene Gericht zu der Meinung gelangt, dass die Anrufung des zuerst angerufenen Gerichts rechtsmissbräuchlich erfolgt ist?

6.

Setzt die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 voraus, dass das später angerufene Gericht zuvor entschieden hat, dass im konkreten Fall Art. 27 Abs. 1 der Verordnung keine Anwendung findet?

7.

Darf im Rahmen der Ausübung des Ermessens, das durch Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 eingeräumt wird, berücksichtigt werden,

a)

dass das zuerst angerufene Gericht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem Verfahren statistisch gesehen erheblich länger dauern als in dem Mitgliedstaat, in dem das später angerufene Gericht ansässig ist,

b)

dass nach Einschätzung des später angerufenen Gerichts das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem das später angerufene Gericht ansässig ist,

c)

das Alter einer Partei,

d)

die Erfolgsaussichten der Klage vor dem zuerst angerufenen Gericht?

8.

Ist bei Auslegung und Anwendung der Art. 27 und 28 der Verordnung Nr. 44/2001 außer dem Zweck, unvereinbare bzw. widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, auch der Justizgewährungsanspruch des Zweitklägers zu berücksichtigen?

17.

Aus später zu den Akten eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass sich das Tribunale ordinario di Milano mit Urteil vom 23. Mai 2013 in Bezug auf die Klagen der Z. GbR gegen Frau I. und Frau M. Weber zugunsten der deutschen Gerichte für unzuständig erklärt hat.

18.

Beim Gerichtshof haben Frau I. Weber, Frau M. Weber, die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die Schweizer Regierung sowie die Europäische Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben. An der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2013 haben nur die Vertreter von Frau I. Weber, von Frau M. Weber sowie der Kommission teilgenommen.

III – Würdigung

19.

Vorab weise ich darauf hin, dass die Verordnung Nr. 44/2001 das Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ( 18 ) ersetzt, so dass die Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof auch für die Bestimmungen der Verordnung gilt, soweit sie als gleichwertig angesehen werden können ( 19 ). Im vorliegenden Fall ist meines Erachtens eine solche Gleichwertigkeit bei allen Bestimmungen, die Gegenstand der Vorlagefragen sind, gegeben, da die Art. 22 Nr. 1, 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 der Verordnung die gleiche Systematik aufweisen wie die entsprechenden Vorschriften des Brüsseler Übereinkommens ( 20 ) und überdies einen fast identischen Wortlaut haben ( 21 ).

20.

Außerdem halte ich es für notwendig, die Vorlagefragen umzustellen und sie in einer anderen als der vom vorlegenden Gericht gewählten Reihenfolge zu prüfen. Insbesondere werde ich die Würdigung mit der dritten Frage beginnen, die die in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit betrifft, und mich dann der vierten Frage zuwenden, mit der die Auswirkungen dieser Vorschrift auf die Rechtshängigkeitsregel in Art. 27 der Verordnung geklärt werden sollen. Diese Reihenfolge erscheint mir logisch, denn wenn ein nationales Gericht nach der Verordnung über eine solche ausschließliche Zuständigkeit verfügt, kann es nicht zu der Prüfung verpflichtet sein, ob die materiellen Kriterien der Rechtshängigkeit, auf die sich die ersten beiden Vorlagefragen beziehen ( 22 ), hinsichtlich des Rechtsstreits, mit dem es als zweites Gericht befasst wurde, erfüllt sind. In einem solchen Fall kann es nämlich meines Erachtens keine konkurrierende Zuständigkeit eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats geben.

A – Zur Auslegung von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und von dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 27 der Verordnung

1. Zur Einbeziehung des dinglichen Vorkaufsrechts in den Anwendungsbereich der in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Regel ausschließlicher Zuständigkeit (dritte Frage)

21.

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob seine Annahme zutrifft, dass eine Klage auf Feststellung, dass der Beklagte sein nach dem materiellen Recht eines Mitgliedstaats bestehendes dingliches Vorkaufsrecht an einem in diesem Staat belegenen Grundstück nicht wirksam ausgeübt hat, eine Klage wegen eines dinglichen Rechts an einer unbeweglichen Sache im Sinne von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist. Würde dies bejaht, fiele die Klage unter die in dieser Bestimmung vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit der „Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist“.

22.

Konkret möchte es wissen, ob eine Klage, die wie die von der Z. GbR beim italienischen Gericht erhobene Klage darauf abzielt, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts an einem in Deutschland belegenen Grundstück für ungültig erklärt wird, in den Anwendungsbereich dieses Artikels fällt, was zur Folge hätte, dass die deutschen Gerichte in diesem Fall ausschließlich zuständig wären.

23.

Frau M. Weber macht geltend, diese Vorlagefrage sei unzulässig, zum einen deshalb, weil der bei den deutschen Gerichten gestellte Antrag auf zwangsweise Eintragung in das Grundbuch keine dinglichen Rechte an unbeweglichen Sachen im Sinne von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand habe, und zum anderen, weil sie für die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens, die das vorlegende Gericht nach den Art. 27 und 28 dieser Verordnung treffen könne, nicht erheblich sei ( 23 ).

24.

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts vom Gerichtshof jedoch nur dann zurückgewiesen werden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 24 ).

25.

Dies ist aber in der vorliegenden Rechtssache nach den Angaben des Oberlandesgerichts München nicht der Fall. Aus ihnen ergibt sich, dass die Klage, die parallel vor einem italienischen Gericht erhoben wurde, die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts an einer Immobilie durch Frau I. Weber betrifft ( 25 ), während die in Deutschland anhängige Klage eine Prüfung dieses Punktes als Vorfrage voraussetzt. Da dieses Gericht die Gründe, aus denen es seine Vorlagefrage gestellt hat, gebührend dargelegt hat und da es eine Antwort benötigt, um über den Rechtsstreit, mit dem es befasst ist, entscheiden zu können, ist das Vorabentscheidungsersuchen als zulässig anzusehen.

26.

Nach der Rechtsprechung zu Art. 16 Nr. 1 Buchst. a des Brüsseler Übereinkommens ( 26 ) ist das in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellte Kriterium für die ausschließliche Zuständigkeit – ein Verfahren, das „dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen … zum Gegenstand [hat]“ – als autonomer, dem Unionsrecht eigener Begriff zu verstehen. Daraus folgt, dass bei der Auslegung dieses Begriffs zum einen die Zielsetzung und die Systematik dieser Verordnung und zum anderen die allgemeinen Grundsätze, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben, berücksichtigt werden müssen ( 27 ). In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass der Grundsatz des forum rei sitae eine für grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowohl in nationalen als auch in internationalen Normen weithin anerkannte Zuständigkeitsregel ist.

27.

Teleologisch betrachtet ist der Hauptzweck der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die betreffende unbewegliche Sache ( 28 ) belegen ist, das Interesse an einer geordneten Rechtspflege, weil diese Gerichte wegen ihrer geografischen Nähe am besten in der Lage sind, über Streitigkeiten betreffend die Rechte an dieser unbeweglichen Sache zu entscheiden ( 29 ), wie der Gerichtshof wiederholt zum Brüsseler Übereinkommen ausgeführt hat ( 30 ).

28.

Systematisch betrachtet steht ebenfalls fest, dass die Tragweite der in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Regel ausschließlicher Zuständigkeit nicht extensiv verstanden und weiter ausgelegt werden darf, als es ihre Ziele erfordern ( 31 ). Dies folgt daraus, dass diese Vorschrift nicht nur eine Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsregel in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung aufstellt – wodurch dem Beklagten untersagt wird, sich vor den Gerichten in der Nähe seines Wohnsitzes auf das Verfahren einzulassen, wenn die betreffende unbewegliche Sache nicht in demselben Mitgliedstaat belegen ist –, sondern auch von den in der Verordnung enthaltenen Regeln über besondere Zuständigkeiten, was den Parteien die dort vorgesehenen Möglichkeiten der Wahl des Gerichtsstands nimmt ( 32 ).

29.

In diesem Kontext hat der Gerichtshof in Übertragung der Rechtsprechung zu Art. 16 Nr. 1 Buchst. a des Brüsseler Übereinkommens den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 bereits eng ausgelegt. Die darin vorgesehene Regel der ausschließlichen Zuständigkeit für Klagen, die „dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen … zum Gegenstand haben“, ist dabei so definiert worden, dass sie „nicht alle Klagen umfasst, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, sondern nur solche, die in den Anwendungsbereich dieses Übereinkommens [bzw. der genannten Verordnung] fallen und darauf gerichtet sind, zum einen den Umfang oder den Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und zum anderen den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern“ ( 33 ).

30.

Überdies ergibt sich aus der Rechtsprechung ( 34 ), dass es für die Anwendbarkeit von Art. 16 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens nicht ausreicht, dass ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache von der Klage berührt wird oder dass die Klage in einem irgendwie gearteten Zusammenhang mit einer unbeweglichen Sache steht. Die Klage muss sich vielmehr auf ein dingliches Recht und nicht auf ein persönliches Recht stützen ( 35 ). Der Unterschied zwischen einem dinglichen Recht und einem persönlichen Recht besteht darin, dass Ersteres an einer Sache besteht und gegenüber jedermann wirkt, während Letzteres nur gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden kann. Dies gilt auch für Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001.

31.

Im vorliegenden Fall bin ich der Ansicht, dass eine Klage, mit der – wie mit der ersten, von der Z. GbR beim italienischen Gericht erhobenen Klage – die Feststellung begehrt wird, dass ein an einem Grundstück bestehendes und im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt wurde, in den Anwendungsbereich der letztgenannten Vorschrift fällt. Grundlage einer solchen Klage ist nämlich das Bestehen einer Art von Vorzugsrecht an einer unbeweglichen Sache ( 36 ), und ihr Gegenstand ist die Ermittlung der Wirkungen gegenüber jedermann, die sich aus der Ausübung dieses Rechts zugunsten seines Inhabers hinsichtlich der Übertragung des Eigentums und vor allem gegenüber einem dritten Erwerber ergeben können. Es handelt sich somit in der Tat um eine Streitigkeit über ein Recht, das sowohl dinglich, und nicht persönlich, ist als auch eine unbewegliche Sache betrifft. Diese Auslegung wird meines Erachtens durch die oben angeführten Erwägungen zur geordneten Rechtspflege, die Art. 22 Nr. 1 zugrunde liegen, untermauert.

32.

Ich schlage daher vor, auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass eine die Wirksamkeit der Ausübung eines Vorkaufsrechts an einer unbeweglichen Sache betreffende Klage, wie sie bei dem in der vorliegenden Rechtssache vor dem vorlegenden Gericht angerufenen italienischen Gericht erhoben wurde, unter den Begriff der Klagen fällt, die im Sinne von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 „dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen … zum Gegenstand haben“.

2. Zu den Folgen einer ausschließlichen Zuständigkeit des später angerufenen Gerichts nach Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 für eine etwaige Aussetzung des Verfahrens wegen Rechtshängigkeit (vierte Frage)

33.

Die vierte Vorlagefrage betrifft das Verhältnis zwischen Art. 22 Nr. 1 und Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 und speziell die Frage, ob Ersterer es erlaubt, von Letzterem abzuweichen. Der Gerichtshof soll nämlich darüber entscheiden, ob, wenn vor Gerichten in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten Parallelverfahren anhängig sind, das später angerufene Gericht berücksichtigen muss, dass seines Erachtens eine etwaige Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts in den anderen Mitgliedstaaten gemäß Art. 35 Abs. 1 dieser Verordnung wegen Verletzung der in Art. 22 Nr. 1 vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeit für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, nicht anerkannt würde.

34.

Ich bin der Meinung, dass diese Frage zu bejahen ist. Dies ergibt sich meines Erachtens zwingend zunächst aus dem Wortlaut von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001, der dem Wortlaut von Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens nachgebildet ist. Die Formulierung der letztgenannten Vorschrift hat eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen, die zu berücksichtigen ist. In seiner Fassung vor der Änderung im Jahr 1989 ( 37 ) hatte das später angerufene Gericht nur dann, wenn die Zuständigkeit des anderen Gerichts bestritten wurde, die Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen, statt sich für unzuständig zu erklären.

35.

Nunmehr ist es umgekehrt: Das später angerufene Gericht hat das Verfahren auszusetzen, „bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht“. Diese Zuständigkeit kann aber zwangsläufig niemals festgestellt werden, wenn allein das später angerufene Gericht aufgrund des Streitgegenstands eine ausschließliche Zuständigkeit – etwa nach Art. 22 Nr. 1 der Verordnung – besitzt, die zwangsläufig Vorrang haben muss ( 38 ).

36.

Meines Erachtens steht die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens dem nicht entgegen. Das Urteil Overseas Union Insurance u. a. ( 39 ) enthält ein obiter dictum, das im Umkehrschluss so verstanden werden kann, dass das später angerufene Gericht, falls es über eine in diesem Übereinkommen, insbesondere in seinem Art. 16 (der Art. 22 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht), vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit verfügt hätte, die Möglichkeit gehabt hätte, die fehlende Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts zu berücksichtigen. Genauer gesagt prüft in einem solchen Fall das später angerufene Gericht nur seine eigene Zuständigkeit, die dann ausschließlich ist, wie Generalanwalt Van Gerven in dieser Rechtssache ausgeführt hatte ( 40 ).

37.

Dieser für die ursprüngliche Fassung von Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens herangezogene Ansatz sollte meines Erachtens erst recht bei Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 Anwendung finden, dessen Wortlaut noch deutlicher die Notwendigkeit zum Ausdruck bringt, dass die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts förmlich festgestellt wird, bevor alle Konsequenzen aus einer Rechtshängigkeit gezogen werden können.

38.

Die spätere Rechtsprechung ist meines Erachtens mit einer solchen Würdigung vereinbar. Im Urteil Gasser ( 41 ), das die geänderte Fassung von Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens betraf, hat der Gerichtshof entschieden, dass die darin enthaltene Verfahrensregel „sich klar und ausschließlich auf die zeitliche Abfolge stützt, in der die Gerichte angerufen worden sind“. Er hat daraus den Schluss gezogen, dass das später angerufene Gericht, dessen Zuständigkeit aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung angenommen wurde, gleichwohl das Verfahren aussetzen muss, bis sich das zuerst angerufene Gericht für unzuständig erklärt hat, und zwar insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit ( 42 ).

39.

In dieser Rechtssache handelte es sich jedoch um den Sonderfall einer ausschließlichen Zuständigkeit, die auf eine Gerichtsstandsvereinbarung gestützt wurde, von der die Parteien Abstand nehmen können oder über deren Gültigkeit gestritten werden könnte ( 43 ), und nicht um eine Zuständigkeit, die unmittelbar mit dem Streitgegenstand zusammenhängt, wie es bei Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, nach Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 der Fall ist.

40.

Ist aber auf der Grundlage der letztgenannten Vorschrift allein das später angerufene Gericht ausschließlich zuständig ( 44 ), wäre es meines Erachtens nicht zweckdienlich, das bei ihm anhängige Verfahren nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung auszusetzen und die Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts abzuwarten, da dieses sich nicht für zuständig erklären und im Parallelverfahren eine Sachentscheidung treffen darf. Eine andere Vorgehensweise würde „torpedierende“ Klagen begünstigen, die in einem Mitgliedstaat in missbräuchlicher Weise zuerst und zu dem einzigen Zweck erhoben werden könnten, die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats, in dem die von dem Rechtsstreit betroffene unbewegliche Sache belegen ist, zu umgehen.

41.

Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist Teil eines Systems, das die von mir befürwortete Auslegung bestätigt. Nach Art. 25 dieser Verordnung sind nämlich alle Gerichte der Mitgliedstaaten mit Ausnahme derjenigen, in deren Zuständigkeitsbereich die unbewegliche Sache belegen ist, auf die sich der Rechtsstreit über die dinglichen Rechte bezieht, verpflichtet, sich für unzuständig zu erklären ( 45 ). Außerdem steht aufgrund der Art. 35 Abs. 1 und 45 Abs. 1 der Verordnung außer Frage, dass eine vom zuerst angerufenen Gericht unter Verletzung der Zuständigkeitsregel in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung getroffene Entscheidung in den anderen Mitgliedstaaten weder anerkannt noch vollstreckt würde. Unter solchen Umständen würde eine Aussetzung des Verfahrens durch das später angerufene Gericht, das ausschließlich zuständig ist, nur einen Zeitverlust bedeuten und entspräche somit nicht dem Gebot einer geordneten Rechtspflege.

42.

Jedoch müsste, um den in Art. 27 Abs. 1 vorgesehenen Mechanismus nicht seiner praktischen Wirksamkeit zu berauben, eine solche Bejahung der eigenen ausschließlichen Zuständigkeit des später angerufenen Gerichts zulasten des Vorrangs, der dem zuerst angerufenen Gericht grundsätzlich zukommt, auf Fälle beschränkt werden, in denen eine zuverlässige Vorhersage hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung ohne die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen möglich ist. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Schweizer Regierung bin ich der Ansicht, dass eine solche Vorhersage möglich ist, wenn es sich um Rechtsstreitigkeiten im Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 handelt. In diesem speziellen Kontext wird der Zweck der Verordnung Nr. 44/2001 und insbesondere ihres Art. 27, nämlich Parallelverfahren vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten und daraus möglicherweise resultierende miteinander unvereinbare Entscheidungen zu vermeiden ( 46 ), nicht beeinträchtigt, da die Wahrscheinlichkeit solcher Entscheidungen dann besonders gering ist.

43.

Ich schlage daher vor, die vierte Vorlagefrage zu bejahen, denn bei einem Fall wie dem der vorliegenden Rechtssache gibt es keine gleichermaßen zuständigen Gerichte, und somit muss kein positiver Zuständigkeitskonflikt durch Anwendung der Vorschriften der Verordnung Nr. 44/2001 über die Rechtshängigkeit entschieden werden.

B – Zur Auslegung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001

44.

Die vier übrigen Vorlagefragen, die Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 betreffen ( 47 ), werden so umgestellt, dass zunächst die Voraussetzungen, die für das Vorliegen von Rechtshängigkeit im Sinne der genannten Vorschrift erfüllt sein müssen (1), und dann die Folgen ihres etwaigen Vorliegens (2) behandelt werden.

45.

Meines Erachtens sind diese Fragen nicht zu beantworten, sofern der Gerichtshof, wie von mir vorgeschlagen, zu dem Ergebnis kommt, dass eine Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 in der vorliegenden Rechtssache aufgrund des Vorrangs der in Art. 22 Nr. 1 der Verordnung vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeit des forum rei sitae ausgeschlossen ist. Deshalb äußere ich mich nachfolgend zu ihnen nur hilfsweise.

1. Zu den Voraussetzungen des Vorliegens einer Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001

46.

Die ersten beiden Vorlagefragen betreffen die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 vorliegt. Insbesondere muss der Gerichtshof klären, was unter den Begriffen „Klagen … zwischen denselben Parteien“ (a) und „Klagen wegen desselben Anspruchs“ (b) zu verstehen ist, die in dieser Vorschrift nicht definiert werden.

47.

Einleitend weise ich darauf hin, dass diese beiden Begriffe autonom definiert werden müssen, also unabhängig davon, wie sie im einen oder anderen Mitgliedstaat verstanden werden ( 48 ).

48.

Meines Erachtens ist im Rahmen der Auslegung der die Rechtshängigkeit betreffenden Vorschriften der Verordnung Nr. 44/2001 mittelbar der vom Gerichtshof im Urteil Tatry verfolgte Ansatz zur Auslegung des parallelen Begriffs des Zusammenhangs zu beachten; dieser erfasst „alle Fälle …, in denen die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, selbst wenn die Entscheidungen getrennt vollstreckt werden können und sich ihre Rechtsfolgen nicht gegenseitig ausschließen“ ( 49 ). Ich ziehe daraus den Schluss, dass die Rechtshängigkeit Fälle betrifft, in denen die zu treffenden Entscheidungen nicht getrennt vollstreckt werden könnten und sich ihre Rechtsfolgen gegenseitig ausschließen. Darin besteht meines Erachtens der Grund für die Pflicht des später angerufenen Gerichts, das Verfahren auszusetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht ( 50 ).

49.

Im Rahmen dieser Auslegung sind auch angemessene Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass der sowohl objektive als auch subjektive Umfang der Rechtskraft (oder res iudicata) einer zivilrechtlichen Entscheidung durch das Unionsrecht nicht harmonisiert wird. Folglich ist die Anwendung der Vorschriften über die Rechtshängigkeit nicht frei von Schwierigkeiten, da die Rechtshängigkeit meines Erachtens in Wirklichkeit eine vorweggenommene Form der Rechtskraft der Entscheidung ist, die das zuerst angerufene Gericht zu treffen hat. Außerdem kann für die Umsetzung der Pflicht nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, das Verfahren auszusetzen, nicht gefordert werden, dass das später angerufene Gericht die Besonderheiten der zivilrechtlichen oder zivilprozessrechtlichen Vorschriften kennt, die im Mitgliedstaat des zuerst angerufenen Gerichts gelten. Ich bin der Ansicht, dass es diesem Gericht möglich sein muss, seine Entscheidung nach einer eher technischen Prüfung der Maßnahmen, mit denen das parallel anhängige Verfahren eingeleitet wurde, zu treffen.

a) Zur Auslegung des Begriffs „zwischen denselben Parteien“ im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 (erste Frage)

50.

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob zwei Parallelverfahren, bei denen die doppelt betroffenen Personen im Rahmen des ersten Verfahrens beide Beklagte sind, während sie im zweiten Verfahren Kläger und Beklagter sind, als Verfahren „zwischen denselben Parteien“ angesehen werden können, das eines der Kriterien für die Anwendung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 darstellt.

51.

Der Gerichtshof hatte schon im Rahmen der Auslegung des Brüsseler Übereinkommens diesen Begriff zu definieren und hat dazu entschieden, dass „die Identität der Parteien unabhängig von ihrer jeweiligen Stellung in den beiden Verfahren zu verstehen ist, so dass der Kläger des ersten Verfahrens Beklagter des zweiten Verfahrens sein kann“ ( 51 ) und umgekehrt. Eine Umkehrung der Verfahrensrollen der Parteien in den Parallelverfahren ist somit möglich.

52.

Es ist auch bereits anerkannt worden, dass bei einer nicht vollständigen, sondern nur teilweisen Identität der Betroffenen Rechtshängigkeit vorliegt, sofern „mindestens einer der Kläger und mindestens einer der Beklagten des ersten Verfahrens auch zu den Klägern und Beklagten des zweiten Verfahrens gehört oder umgekehrt“ ( 52 ).

53.

Der Gerichtshof hat, gestützt auf ein besonders weites Verständnis dieses Kriteriums, im Urteil Drouot assurances darauf hingewiesen, dass die Anwendung der Vorschriften über die Rechtshängigkeit bisweilen auch ohne förmliche Identität der Parteien beider Verfahren erforderlich sein kann, sofern die Interessen der Betroffenen so weit übereinstimmen und untrennbar verbunden sind, dass sie als ein und dieselbe Partei anzusehen sind, weil „ein Urteil, das gegen den einen ergeht, Rechtskraft gegenüber dem anderen entfalten würde“ ( 53 ).

54.

Jedoch muss meines Erachtens die Tragweite dieses Urteils auf die Fälle der litis consortium necessarium oder auf ähnliche Situationen beschränkt werden, in denen in rechtlicher Hinsicht kein Zweifel an der Identität und Untrennbarkeit der Parteiinteressen besteht. Im Allgemeinen kann das später angerufene Gericht nicht verpflichtet sein, zu prüfen, ob diese Kriterien erfüllt sind, denn dies könnte die Anhörung aller Parteien des vor dem zuerst angerufenen Gericht anhängigen Rechtsstreits oder die Vorlage der insoweit sachdienlichen Beweise erforderlich machen.

55.

Ohne eine solche Grenze bestünde die Gefahr, dass die Anwendung dieser Rechtsprechung zu einer Rechtsverweigerung führen würde, denn ein Rechtsstreit, der in einem ersten Mitgliedstaat gegen eine Partei anhängig ist, könnte verhindern, dass ein Verfahren gegen eine andere Person in einem zweiten Mitgliedstaat eingeleitet und zu Ende geführt wird, auch wenn das in der ersten Rechtssache ergangene Urteil gegenüber dem Beklagten der zweiten Rechtssache im letztgenannten Mitgliedstaat nicht vollstreckbar sein sollte ( 54 ). In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass die in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ( 55 ) und in Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 56 ) verankerten Rechte Individualrechte sind, die unabhängig davon bestehen, ob die betroffene natürliche oder juristische Person und eine andere Person untrennbare oder identische Interessen haben. Da sie, auch wenn sie gemeinsame Interessen haben, verschiedene Rechtssubjekte sind, ist es nicht statthaft, einem Beteiligten die Möglichkeit einer unverzüglichen Prüfung seiner Klage zu entziehen, weil ein anderer Beteiligter Beklagter eines Rechtsstreits ist, der vor einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats geführt wird.

56.

Speziell in Bezug auf den Fall, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, ergibt sich meines Erachtens klar aus dem Wortlaut von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, dass die Identität der Parteien im Sinne dieser Vorschrift erfordert, dass sie sich in den beiden parallel anhängigen Verfahren gegenüberstehen ( 57 ). Ein solches Erfordernis spiegelt auch die klassische Vorgehensweise bei einem Zivilprozess wider, die auf verfahrensrechtlichen Beziehungen binärer Natur beruht, in denen sich ein Kläger und ein Beklagter gegenüberstehen, die gegen den anderen gerichtete Anträge stellen.

57.

Zwar können nach der oben angeführten Rechtsprechung bei einer potenziellen Rechtshängigkeit die Parteistellungen in den Parallelverfahren umgekehrt sein, doch enthält der Wortlaut dieser Vorschrift keinen Hinweis darauf, dass sie auf Sachverhalte anzuwenden wäre, in denen, wie in der vorliegenden Rechtssache, im ersten Verfahren beide Parteien Kläger oder Beklagte sind, aber im zweiten Verfahren die eine Klägerin und die andere Beklagte.

58.

Meines Erachtens kann die Anwendung der Regel über die Aussetzung des Verfahrens in Art. 27 Abs. 1 in einer solchen Situation einen effektiven Rechtsschutz der Parteien, insbesondere die Verteidigungsrechte einer Partei, die Beklagte im ersten Rechtsstreit ist, gefährden. Sie kann nämlich ihre Interessen vor dem zuerst angerufenen Gericht gegenüber einer Partei, die in diesem Rechtsstreit ebenfalls die Stellung einer Beklagten und nicht die der Gegenpartei einnimmt, nicht effektiv verteidigen.

59.

Überdies würde dies meines Erachtens zu einem fragwürdigen Ergebnis im Hinblick auf die Rechtskraft und die Zwangsvollstreckung der Entscheidung des ersten Gerichts zugunsten eines der Beklagten und zulasten seines Mitbeklagten führen. Im Fall der Kombination einer Dreieckssituation (A gegen B und C) und einer binären Situation (B gegen C) ist für mich nicht ersichtlich, warum parallel ergangene Entscheidungen nicht getrennt vollstreckt werden könnten und inwiefern sich ihre Rechtswirkungen gegenseitig ausschließen könnten, berücksichtigt man, dass die Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen keine subjektive Geltung erga omnes, d. h. über die zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehende Rechtsbeziehung hinaus, haben können.

60.

Die von mir vorgeschlagene Auslegung ist mit dem Hauptzweck von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar, der darin besteht, die Gefahr widersprüchlicher und deshalb in einem anderen Mitgliedstaat nicht vollstreckbarer Entscheidungen zu verhindern ( 58 ), da eine solche Gefahr unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache nicht besteht. Eine Entscheidung eines deutschen Gerichts gegen Frau M. Weber hätte nämlich keine Rechtskraft und damit keine Verbindlichkeitsfunktion gegenüber der Z. GbR in Italien und umgekehrt in Deutschland bei einer Entscheidung des zuerst angerufenen italienischen Gerichts. Darüber hinaus sind die Interessen von Frau M. Weber als Schuldnerin des Vorkaufsrechts nicht identisch mit denen dieser Gesellschaft, der Käuferin der unbeweglichen Sache, auf die sich dieses Recht bezieht.

61.

Aus all diesen Gründen teile ich entgegen dem Vorschlag des vorlegenden Gerichts die Meinung aller Beteiligten, mit Ausnahme von Frau M. Weber ( 59 ), dass Klagen wie die, mit denen das italienische und das deutsche Gericht im vorliegenden Fall befasst wurden, nicht als Klagen „zwischen denselben Parteien“ im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 angesehen werden können. Sollte der Gerichtshof über die erste Frage entscheiden, schlage ich deshalb vor, sie zu verneinen.

b) Zur Auslegung des Begriffs „derselbe Anspruch“ im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 (zweite Frage)

62.

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zwei Verfahren „denselben Anspruch“ im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand haben, wenn sie Klagen betreffen, deren Anträge und Gründe verschieden sind, bei denen aber dieselbe Vorfrage geklärt werden muss, um diese beiden Parallelverfahren zu entscheiden, oder wenn in einem von ihnen hilfsweise beantragt wird, ein Rechtsverhältnis festzustellen, das im anderen eine Vorfrage darstellt.

63.

Ich stelle klar, dass sich das Problem im vorliegenden Fall nur hinsichtlich der Kombination zwischen dem ersten Antrag der beim zuerst angerufenen italienischen Gericht erhobenen Klage und der vor dem später angerufenen deutschen Gericht erhobenen Klage stellt.

64.

Diese Frage wäre nicht zu beantworten, insbesondere wenn, wie ich empfehle, die Antwort auf die erste Frage negativ ist, denn die in Art. 27 aufgeführten Kriterien sind ausdrücklich kumulativ, so dass das Fehlen eines von ihnen genügt, damit die darin vorgesehene Regel der Rechtshängigkeit unter den fraglichen Umständen nicht anwendbar ist. Meines Erachtens kann das Vorliegen einer Identität des Anspruchs nicht unabhängig von der Frage beurteilt werden, ob eine Identität der Parteien vorliegt. Der Anspruch betrifft die objektive Tragweite sowohl der Klagen als auch der Rechtskraft der zu treffenden Entscheidung. Diese objektive Tragweite kann in Rechtsstreitigkeiten, die in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fallen, nicht über die subjektive Tragweite eines Verfahrens hinausgehen ( 60 ).

65.

Nur der Vollständigkeit halber hebe ich deshalb zunächst hervor, dass der Gerichtshof im Urteil Gubisch Maschinenfabrik ( 61 ) entschieden hat, dass die deutsche Fassung von Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens, dem Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht, zwar „nicht ausdrücklich zwischen den Begriffen ‚Gegenstand‘ und ‚Grundlage‘ des Anspruchs unterscheidet, … doch im gleichen Sinn zu verstehen [ist] wie die Fassungen in den anderen Sprachen, die alle diese Unterscheidung treffen“ ( 62 ). Folglich bin ich trotz des Wortlauts der zweiten hier gestellten Frage der Ansicht, dass es notwendig wäre, die darauf zu gebende Antwort nicht auf den Begriff des Gegenstands zu begrenzen, sondern auch den Begriff der Grundlage mit einzubeziehen.

66.

Nach der Rechtsprechung umfasst der Begriff „Grundlage“ des Anspruchs „den Sachverhalt und die Rechtsvorschrift, auf die die Klage gestützt wird“, während der Begriff „Gegenstand“„in dem Zweck der Klage besteht“ ( 63 ), d. h. im angestrebten Ausgang des Verfahrens. Diesem zweckgerichteten Ansatz folgend hat der Gerichtshof außerdem bereits entschieden, dass die Identität des Gegenstands nicht auf Fälle beschränkt ist, in denen die in den beiden Parallelverfahren eingereichten Klagen den gleichen Wortlaut haben ( 64 ). Er hat auch betont, dass für die Frage, ob zwei Klagen denselben Gegenstand haben, nur die Ansprüche des jeweiligen Klägers und nicht auch die vom Beklagten erhobenen Einwendungen zu berücksichtigen sind ( 65 ).

67.

Zur besonderen Problematik in der vorliegenden Rechtssache weise ich vorab darauf hin, dass der Umstand, dass sich in zwei Parallelverfahren dieselbe Vorfrage stellt, meines Erachtens nicht entscheidend dafür ist, ob die Rechtsstreitigkeiten dieselbe Grundlage und denselben Gegenstand haben ( 66 ). Die Identität der Grundlage und des Gegenstands muss vor allem im Licht potenzieller Auswirkungen der vom zuerst angerufenen Gericht zu treffenden Entscheidung geprüft werden. Somit muss man sich fragen, ob der im ersten Verfahren Beklagte im zweiten Verfahren noch etwas gewinnen könnte, nachdem er im ersten Verfahren obsiegt hat oder unterlegen war. Mit anderen Worten ist zu berücksichtigen, welche Rechtsfolge angestrebt wird und auf welcher Grundlage die im Rahmen des ersten Rechtsstreits ergangene Entscheidung objektive Rechtskraft vor dem später angerufenen Gericht erlangen würde.

68.

Hierzu genügt die Feststellung, dass grundsätzlich die Einstufung einer Frage als „Vorfrage“ das betreffende Rechtsverhältnis vom Anwendungsbereich des Begriffs des Klagegegenstands im Sinne von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 ausschließen sollte, denn das Ziel eines Verfahrens kann nicht darin bestehen, nur eine Antwort auf eine Frage zu erhalten, über die das Gericht vorab entscheiden muss, um das vom Kläger beantragte Ergebnis entweder zurückweisen oder bestätigen zu können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vorfrage in dem anderen Verfahren ebenfalls einen vorab zu behandelnden Antrag darstellt oder einen Hilfsantrag.

69.

Insoweit erinnere ich daran, dass im vorliegenden Fall die beim italienischen Gericht eingereichte Klage hauptsächlich die Ungültigkeit und die Unwirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts durch Frau I. Weber betrifft, weil sie weder die Bedingungen des Vertrags zwischen der Z. GbR und Frau M. Weber zur Gänze noch insbesondere das Rücktrittsrecht Letzterer akzeptiert hatte. Außerdem beantragte die Z. GbR hilfsweise die Feststellung, dass Frau I. Weber an die Bedingungen des zwischen der Z. GbR und Frau M. Weber geschlossenen Vertrags einschließlich des Rücktrittsrechts gebunden sei. Dagegen soll mit der beim deutschen Gericht anhängigen Klage die Bewilligung der Eintragung von Frau I. Weber als Eigentümerin des Frau M. Weber gehörenden Miteigentumsanteils von vier Zehnteln in das Grundbuch erzwungen werden.

70.

Rein formal besteht somit keine Identität der Gegenstände dieser beiden Verfahren, und es besteht keine Gefahr unvereinbarer Entscheidungen. Gleichwohl gibt es eine Überschneidung zwischen dem Hilfsantrag der in Italien erhobenen Klage und der Begründung der in Deutschland erhobenen Klage hinsichtlich der Frage, ob Frau I. Weber die Vertragsbestimmung über das Rücktrittsrecht von Frau M. Weber entgegengehalten werden kann. Insoweit bin ich wie die Kommission der Ansicht, dass eine Identität der Gegenstände dieser beiden Klagen vorliegt, die im Hinblick auf die Kriterien, die in der oben erwähnten Rechtsprechung aufgestellt worden sind, ausreichend sein kann. Nach dieser Rechtsprechung ist es möglich, auf die Problematik abzustellen, die den „Kernpunkt“ der beiden Parallelverfahren bildet ( 67 ), hier die Wirksamkeit der Ausübung des in Rede stehenden Vorkaufsrechts.

71.

In Bezug auf die Grundlage beruhen die beiden Klagen dagegen zwar auf demselben Sachverhalt, leiten sich aber, wie die deutsche Regierung erläutert, aus verschiedenen Rechtsgeschäften ab. Der Klage der Z. GbR vor dem italienischen Gericht liegt nämlich ihr Vertrag mit Frau M. Weber vom 28. Oktober 2009 zugrunde, während sich die Klage von Frau I. Weber vor den deutschen Gerichten auf die Vereinbarung stützt, die sie mit Frau M. Weber nach der Ausübung ihres Vorkaufsrechts traf. Zwar wird im Vorlagebeschluss nicht präzisiert, auf welche Rechtsvorschriften die Klageanträge der Z. GbR vor dem italienischen Gericht gestützt sind ( 68 ), doch beruhen sie nach ihrer Formulierung offenbar auf vertraglichen Beziehungen. Dagegen stützt sich der in dem in Deutschland anhängigen Verfahren erhobene Einwand auf § 464 BGB ( 69 ) und ist von einem dinglichen Vorkaufsrecht abgeleitet. Unter Berücksichtigung der Definition des Begriffs „Grundlage“ durch den Gerichtshof ( 70 ), die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtsvorschrift, auf die sich der Antrag stützt, einschließt, scheint mir keine Identität der Grundlagen in den beiden Verfahren vorzuliegen, da der im zweiten Verfahren in Rede stehende Rechtsakt von dem im ersten Verfahren angeführten Vertrag unabhängig ist und da in den beiden Verfahren wohl verschiedene Rechtsvorschriften herangezogen werden.

72.

Schließlich möchte ich betonen, dass eine zu weite Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 dazu führen könnte, dass es schwierig wird, die Grenze zwischen ihm und Art. 28 dieser Verordnung zu ziehen, und sogar einen Verlust der praktischen Wirksamkeit der letztgenannten Vorschrift, die Art. 27 in den Fällen ergänzen soll, in denen eine geringere unmittelbare Parallelität der Verfahren besteht, zur Folge haben könnte ( 71 ). Ich werde im Rahmen der Beantwortung der sechsten Frage des vorlegenden Gerichts auf den Zusammenhang zwischen diesen beiden Vorschriften zurückkommen.

73.

Infolgedessen schlage ich hilfsweise vor, die zweite Vorlagefrage zu verneinen.

2. Zu den Angaben, die vom später angerufenen Gericht im Rahmen der Anwendung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu prüfen sind

74.

Die fünfte Frage und der erste Teil der achten Frage haben gemeinsam, dass sie die Konsequenzen betreffen, die aus einer erwiesenen Rechtshängigkeit zu ziehen sind, und insbesondere die Punkte, die ein später angerufenes Gericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu berücksichtigen hat. Sie gehen dahin, ob das später angerufene Gericht, bevor es nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 das Verfahren aussetzt, zum einen den Vorwurf einer Partei zu prüfen hat, die andere Partei habe, indem sie zuvor ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats angerufen habe, rechtsmissbräuchlich gehandelt, und, falls dies bejaht wird, welche Folgen sich daraus ergeben (a), und zum anderen den Justizgewährungsanspruch des Klägers, der die spätere Klage erhoben hat, berücksichtigen muss (b).

75.

Zur Klarstellung weise ich darauf hin, dass diese beiden Fragen nicht zu beantworten sind, sofern der Gerichtshof bei der Beantwortung der zuvor gestellten Fragen des vorlegenden Gerichts zu dem von mir befürworteten Ergebnis kommt, dass Art. 27 unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar ist.

a) Missbrauch der Klagebefugnis durch vorherige Anrufung eines anderen Gerichts (fünfte Frage)

76.

Einleitend betone ich, dass die fünfte Frage meines Erachtens hypothetischer Natur ist. Sie betrifft nämlich den Fall, dass der Kläger, der die Klage beim später angerufenen Gericht erhoben hat, dort vorträgt, dass die frühere Anrufung eines anderen Gerichts durch die gegnerische Partei („die andere“ Partei nach dem Wortlaut dieser Frage) rechtsmissbräuchlich gewesen sei, und zwar bevor Letzteres über seine eigene Zuständigkeit entschieden hat.

77.

Das Parallelverfahren in Italien wurde jedoch, wie Frau M. Weber entgegnet, nicht von ihr eingeleitet, sondern von der Z. GbR, die nicht Partei des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens ist, in dem sich Frau I. Weber und Frau M. Weber gegenüberstehen. Im Einklang mit einer ständigen Rechtsprechung ( 72 ) halte ich die fünfte Frage für unzulässig, da die Antwort, die der Gerichtshof auf sie geben könnte, für die Entscheidung im Ausgangsverfahren offensichtlich unerheblich ( 73 ) und insoweit nicht geeignet ist, dem vorlegenden Gericht die Entscheidung über eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 zu ermöglichen.

78.

Ich nehme gleichwohl für den Fall, dass der Gerichtshof eine Entscheidung über diese Frage für erforderlich halten sollte, hilfsweise Stellung.

79.

Für eine bejahende Antwort ( 74 ) spricht, dass ein allein auf einem chronologischen Kriterium beruhender Vorrang der Zuständigkeit, wie er sich aus Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 ergibt, die Partei begünstigt, die am schnellsten ein Gericht eines Mitgliedstaats anruft. Es ist aber bekannt, dass die Gefahr „torpedierender“ Klagen besteht, mit denen unredliche Parteien ihre Klagebefugnis so schnell wie möglich mit dem einzigen Ziel ausüben, die normalen Zuständigkeitsregeln, insbesondere diejenigen der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten, zu umgehen, oder nur eine Verzögerungstaktik verfolgen ( 75 ). Nach Ansicht von Frau I. Weber ist dies in der vorliegenden Rechtssache der Fall ( 76 ).

80.

Ich pflichte jedoch der Kommission bei, dass ein eventueller Missbrauch der Klagebefugnis durch den Kläger, der als Erster das Gericht eines anderen Mitgliedstaats angerufen hat, keinen Umstand darstellt, den das später angerufene Gericht berücksichtigen kann oder sogar muss, wenn eine Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 vorliegt.

81.

Der Gerichtshof hat nämlich insbesondere hinsichtlich der Behauptung, der erste Kläger habe Verzögerungsmanöver angewandt, bereits entschieden, dass es offenkundig im Widerspruch zur Systematik und zum Zweck des Brüsseler Übereinkommens stünde, wenn dessen Art. 21 (der Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht) dahin ausgelegt würde, dass er außer Anwendung bliebe, wenn das zuerst angerufene Gericht einem Vertragsstaat (oder einem Mitgliedstaat) angehört, vor dessen Gerichten Verfahren im Allgemeinen übermäßig lange dauern ( 77 ).

82.

Diese enge Auslegung könnte meines Erachtens in der Weise verallgemeinert werden, dass sie einen Vorwurf wie den des Missbrauchs des Rechts, als Erster Klage zu erheben, unter Berücksichtigung des Wortlauts von Art. 27 ( 78 ) einschließt, der keine anderen Anforderungen enthält als die Kontrolle der Identität des Anspruchs und der Parteien, und im Hinblick auf den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Gleichwertigkeit der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten, das Grundlage u. a. dieser Vorschrift ist ( 79 ). Die genannte Kontrolle hat den Vorteil, dass sie objektiv ist und keiner kasuistischen Beurteilung unterliegt.

83.

Ich bin daher hilfsweise der Ansicht, dass auf die fünfte Frage gegebenenfalls geantwortet werden sollte, dass im Rahmen der Anwendung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 das später angerufene Gericht nicht verpflichtet sein kann, den Vorwurf des Klägers zu berücksichtigen, die gegnerische Partei habe missbräuchlich gehandelt, indem sie zuerst ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats angerufen habe.

b) Zum Recht des Zweitklägers auf gerichtlichen Rechtsschutz (erster Teil der achten Frage)

84.

Der erste Teil der achten Frage ist im Wesentlichen darauf gerichtet, ob Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass das später angerufene Gericht, wenn es diesen Artikel anzuwenden hat, nicht nur berücksichtigen muss, dass unvereinbare oder widersprüchliche Entscheidungen verhindert werden sollen ( 80 ), sondern auch das „Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz“ oder den „Justizgewährungsanspruch“ ( 81 ) des Zweitklägers.

85.

Meines Erachtens ist die Antwort auf die Auslegung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu beschränken, auch wenn dies in der Frage nicht klargestellt wird. Die vorliegende Rechtssache betrifft den Fall einer Aussetzung des Verfahrens durch das später angerufene Gericht, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht ( 82 ), während Art. 27 Abs. 2 den Fall einer Unzuständigerklärung betrifft, wenn diese Zuständigkeit bereits feststeht.

86.

Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass der Schutz des Justizgewährungsanspruchs keine Abweichung von der im Fall der Rechtshängigkeit geltenden Vorschrift ermöglichen könne. Es macht geltend, dass dies gegen das der Verordnung Nr. 44/2001 zugrunde liegende Prinzip verstoßen würde ( 83 ), nach dem ein gleichwertiger Rechtsschutz in allen Mitgliedstaaten gewährleistet sei ( 84 ), sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorlägen ( 85 ), was hier nicht der Fall sei.

87.

Meiner Meinung nach wäre der Umstand, dass einem Gericht eines Mitgliedstaats erlaubt wird, das Recht eines Klägers auf Zugang zu den Gerichten konkret zu berücksichtigen, für sich genommen mit dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ( 86 ), das durch die Art. 6 und 13 der EMRK sowie durch Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta ( 87 ) gewährleistet wird, vereinbar. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Grundrechte „auf einen wirksamen Rechtsbehelf“ und „auf ein unparteiisches Gericht“ im Sinne dieses Artikels der Charta auch im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001 geschützt werden müssen ( 88 ).

88.

Gleichwohl darf eine Auslegung von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, selbst im Licht der Charta, nicht dazu führen, die Tragweite dieses Artikels zu ändern. Er stellt nämlich eine rein technische Vorschrift dar ( 89 ), deren Anwendung meines Erachtens kein Problem hinsichtlich Art. 47 der Charta bereiten dürfte, da hinsichtlich der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten angenommen wird, dass vor dem zuerst angerufenen Gericht den Parteien des Rechtsstreits vor dem später angerufenen Gericht das Recht auf Zugang zu einem Gericht und auf ein faires Verfahren gewährt wird.

89.

Wie die Kommission betont, muss das später angerufene Gericht, wenn die engen Voraussetzungen von Art. 27 gegeben sind, das Verfahren – auch von Amts wegen – aussetzen, wobei es keine weiteren Umstände wie die Effektivität des Zugangs eines Klägers zu einem Gericht berücksichtigen kann. Es besitzt insoweit, anders als bei der ihm in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung eingeräumten Befugnis, kein Ermessen.

90.

Somit schlage ich hilfsweise vor, den ersten Teil der achten Frage zu verneinen.

C – Zur Auslegung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001

91.

Die drei Vorlagefragen, die Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 betreffen ( 90 ), werden so umgestellt, dass zuerst die Frage geprüft wird, ob diese Vorschrift nur anwendbar ist, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 27 Abs. 1 dieser Verordnung nicht erfüllt sind (1), und dann, welche Umstände vom später angerufenen Gericht bei der Ausübung seines Ermessens hinsichtlich der ihm für den Fall eines Zusammenhangs durch Art. 28 verschafften Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen, berücksichtigt werden können (2).

1. Zum Zusammenspiel der Art. 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 (sechste Frage)

92.

Im Wesentlichen soll mit der sechsten Frage geklärt werden, ob sich das später angerufene Gericht vor der Anwendung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 – betreffend die Aussetzung im Fall eines Zusammenhangs – vergewissern muss, dass Art. 27 Abs. 1 dieser Verordnung – betreffend die Aussetzung im Fall der Rechtshängigkeit –in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit nicht anzuwenden ist, oder ob es sich direkt für die Anwendung von Art. 28 entscheiden kann, ohne eine eventuelle Anwendbarkeit von Art. 27 zu prüfen ( 91 ).

93.

Die sechste Frage ist nur dann zu beantworten, wenn der Gerichtshof entgegen meinen Vorschlägen auf die ersten vier Vorlagefragen antworten sollte, dass die Bestimmungen von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgrund einer Identität sowohl des Gegenstands als auch der Grundlage und der Parteien und ungeachtet einer etwaigen ausschließlichen Zuständigkeit des später angerufenen Gerichts in der vorliegenden Rechtssache Anwendung finden können und dass diese Bestimmungen deshalb mit Art. 28 der Verordnung in Konkurrenz treten können.

94.

Meines Erachtens bedarf es eines logischen, ja sogar hierarchischen Verhältnisses zwischen diesen Vorschriften, so dass angesichts der Unterschiede, die zwischen ihnen bestehen, Art. 27 eine vorrangige Anwendung gegenüber Art. 28 zuerkannt wird ( 92 ).

95.

Erstens sind diese Artikel auf Ziele gerichtet, die sich in gewissem Maß unterscheiden. Zwar enthalten beide Bestimmungen Regeln, die möglichst verhindern sollen, dass in Bezug auf denselben Rechtsstreit in verschiedenen Mitgliedstaaten unvereinbare Entscheidungen getroffen werden ( 93 ). Gleichwohl ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass bei Art. 28 der Verordnung Nr. 44/2001 ( 94 ) die Unvereinbarkeit flexibler gehandhabt wird als bei Art. 27 der Verordnung, da Art. 28 schlicht dazu dient, eine bessere Koordinierung der gerichtlichen Tätigkeit der verschiedenen Mitgliedstaaten zu fördern ( 95 ).

96.

Zweitens unterscheiden sich die Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmungen. Während die Anwendung von Art. 27 insbesondere das kumulative Vorliegen der dort genannten Identitätsfaktoren voraussetzt, sind die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 28 weniger streng. Somit können mangels einer Überprüfung der Voraussetzungen, die für die Annahme von Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 27 erforderlich sind, zwei Verfahren, die gleichwohl hinreichend miteinander verbunden sind, in den Anwendungsbereich der Vorschriften über den Zusammenhang fallen, wenn die Kriterien von Art. 28 Abs. 3 ( 96 ) im Übrigen erfüllt sind.

97.

Drittens sind die Wirkungen der Art. 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 sehr verschieden, obwohl beide die Aussetzung des Verfahrens betreffen ( 97 ). Das später angerufene Gericht verfügt nämlich im Fall eines Zusammenhangs über ein Ermessen ( 98 ); es steht ihm dann frei, nicht von Amts wegen tätig zu werden und das Verfahren nicht auszusetzen. Dagegen ist im Fall der Rechtshängigkeit das Verfahren zwingend auszusetzen, auch wenn sich keine Partei auf diese Einrede berufen hat.

98.

Überdies hat der Gerichtshof im Urteil Tatry bestätigt, dass die ihm gestellte Frage, die den Anwendungsbereich von Art. 22 des Brüsseler Übereinkommens (der Art. 28 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht) betraf, „sich offensichtlich nur dann [stellt], wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 21 des Übereinkommens [der Art. 27 der Verordnung entspricht] nicht erfüllt sind“ ( 99 ). Ich schließe daraus, dass ein Unterordnungsverhältnis zwischen diesen Vorschriften besteht, wobei Art. 28 nur zur Anwendung kommt, wenn Art. 27 keine Anwendung findet ( 100 ).

99.

Somit schlage ich vor, auf die sechste Frage zu antworten, dass die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 in der Tat voraussetzt, dass das später angerufene Gericht zuvor die Kriterien für die Anwendung von Art. 27 Abs. 1 dieser Verordnung im Rahmen des bei ihm anhängigen Verfahrens geprüft hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sie nicht erfüllt sind.

100.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts dieser Frage ( 101 ) füge ich jedoch hinzu, dass sich das später angerufene Gericht meines Erachtens zur Nichtanwendung von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 in der betreffenden Rechtssache nicht förmlich, mit einer ausdrücklichen Entscheidung, zu äußern braucht. Es genügt, dass dieses Gericht systematisch die eventuelle Anwendbarkeit von Art. 27 vorab prüft, wenn es beabsichtigt, das Verfahren nach Art. 28 der Verordnung auszusetzen.

2. Zu den Angaben, die das später angerufene Gericht im Rahmen der Anwendung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu prüfen hat

101.

Im Wesentlichen wird der Gerichtshof in der siebten Frage und im zweiten Teil der achten Frage nach den Kriterien gefragt, die ein Gericht, das später mit einem Rechtsstreit befasst wird, berücksichtigen könnte, wenn es von der ihm durch Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 eingeräumten Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen, in einem Fall Gebrauch macht, in dem ein anderes Gericht bereits mit einem zusammenhängenden Rechtsstreit befasst ist. Während eine der genannten Fragen eine Reihe konjunktiver Elemente aufführt (a), betrifft die andere das Recht des Zweitklägers auf gerichtlichen Rechtsschutz (b).

a) Zur Prüfung den anhängigen Rechtsstreitigkeiten eigener Umstände bei einer Aussetzung des Verfahrens wegen eines Zusammenhangs (siebte Frage)

102.

In der siebten Frage zählt das vorlegende Gericht vier Faktoren auf, in Bezug auf die es wissen möchte, ob das später angerufene Gericht sie beim Vorliegen eines Zusammenhangs im Rahmen der Beurteilung der Möglichkeit zur Aussetzung oder der Entscheidung gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 berücksichtigen kann und nicht muss ( 102 ).

103.

Aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 ergibt sich kein Hinweis auf eine Antwort. Die Kommission bestätigt, dass der Gesetzgeber keine solche Liste aufstellen wollte. Meines Erachtens wird dem Gericht dadurch ein Ermessen eingeräumt, allerdings unter dem Vorbehalt, dass es stets den Zweck von Art. 28 der Verordnung beachtet, der darin besteht, im Interesse einer geordneten Rechtspflege in der Union Parallelverfahren vor Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten und die sich daraus möglicherweise ergebenden Widersprüche in Entscheidungen zu verhindern ( 103 ).

104.

Meines Erachtens müsste das später angerufene Gericht die Möglichkeit haben, alle konkreten Umstände zu berücksichtigen, anhand deren es zu klären vermag, ob eine Aussetzung des Verfahrens in dem konkreten Fall, der ihm vorliegt, angemessen wäre ( 104 ). Es kann hier nicht darum gehen, dieses oder jenes Beurteilungskriterium ohne jeden greifbaren Kontext für absolut gültig zu erklären, da ein Umstand, der in einer Rechtssache erheblich sein kann, dies nicht zwangsläufig auch in einer anderen sein wird.

105.

Das vorlegende Gericht macht keine näheren Angaben dazu, ob seines Erachtens jedes der Kriterien, zu denen es den Gerichtshof befragt, in dem Sinne isoliert betrachtet werden kann, dass es für sich allein ausreichend wäre. Meines Erachtens kann jedoch keines von ihnen allein entscheidend sein. Das später angerufene Gericht hat vielmehr eine Abwägung durchzuführen, bei der es alle Umstände, die in dem konkreten Fall für oder gegen eine Aussetzung des Verfahrens sprechen, berücksichtigt.

106.

Unabhängig davon, welchen Standpunkt der Gerichtshof zu den vier in der siebten Frage genannten Kriterien einnimmt, kann die vom vorlegenden Gericht aufgestellte Liste nicht als erschöpfend angesehen werden. Eine ganze Reihe anderer Beurteilungsfaktoren kann es verdienen, nach Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 berücksichtigt zu werden. Zum Beispiel könnten Angaben berücksichtigt werden wie diejenigen, die von der deutschen Lehre vorgeschlagen und insoweit von Frau I. Weber angeführt werden ( 105 ), oder die Hinweise, die Generalanwalt Lenz in nicht abschließender Weise gegeben hat ( 106 ).

107.

Das erste der in der Vorlageentscheidung aufgezählten Kriterien betrifft die Tatsache, dass das zuerst angerufene Gericht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Verfahren statistisch wesentlich länger dauern als in dem Mitgliedstaat, in dem das später angerufene Gericht ansässig ist. Meines Erachtens ist es nicht zulässig, aufgrund einer solchen allgemeinen Bewertung des Rechtssystems eines anderen Mitgliedstaats von der Anwendung des Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 abzuweichen ( 107 ), wenn man den Grundsatz der Gleichwertigkeit der Systeme der Mitgliedstaaten, auf den er gestützt ist, berücksichtigt.

108.

Nimmt man dagegen an, das später angerufene Gericht stellt konkret fest, dass das zuerst in einem anderen Mitgliedstaat eingeleitete Verfahren offensichtlich übermäßig lange dauert, wäre dieses Gericht berechtigt, daraus zu folgern, dass es nicht zweckmäßig ist, in diesem konkreten Fall aufgrund des Zusammenhangs das Verfahren auszusetzen. In dieser Hinsicht ist im Wege der Analogie festzustellen, dass der Gerichtshof zur Verordnung Nr. 2201/2003 bereits anerkannt hat, dass das später angerufene Gericht die Prüfung des ihm vorliegenden Antrags nach Ablauf einer angemessenen Wartefrist auf die Antworten auf seine Fragen fortsetzen kann ( 108 ).

109.

Das zweite in Betracht gezogene Kriterium betrifft den Fall, in dem das später angerufene Gericht der Ansicht ist, dass auf den Rechtsstreit das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem es ansässig ist. Dem später angerufenen Gericht kann es meines Erachtens weder erlaubt sein, über die Festlegung des Rechts zu entscheiden, das in der Sache auf den beim zuerst angerufenen Gericht anhängigen Rechtsstreit anwendbar ist, noch über dessen Fähigkeit, die betreffenden Vorschriften des materiellen Rechts anzuwenden ( 109 ).

110.

Das dritte angegebene Kriterium ist, offensichtlich veranlasst durch das hohe Alter der beiden Parteien des Ausgangsverfahrens, das Alter einer der Parteien. Meines Erachtens ist es offensichtlich, dass dieser individuelle Umstand nicht berücksichtigt werden kann, da die Rechte und Pflichten im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fast ausschließlich nicht persönlicher Natur sind ( 110 ).

111.

Das vierte und letzte Kriterium, das in der siebten Frage genannt wird, bezieht sich auf die Erfolgsaussichten der Klage vor dem zuerst angerufenen Gericht. Meines Erachtens kann dem später angerufenen Gericht nicht erlaubt werden, im Voraus über den Ausgang des vor einem anderen Gericht anhängigen Verfahrens zu entscheiden. Da dieses Gericht weder alle Parteien zu ihren Begehren im Rahmen des ersten Verfahrens gehört hätte, noch ihm die Beweise, auf die sie sich stützen, übermittelt worden wären, würde ein solches Vorgehen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Rechtspflege und das Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzen.

b) Zur Prüfung einer eventuellen Verletzung des Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz einer Partei bei einer Aussetzung des Verfahrens wegen Zusammenhangs (zweiter Teil der achten Frage)

112.

Mit dem zweiten Teil der achten Frage wird der Gerichtshof aufgefordert, zu entscheiden, ob das später angerufene Gericht den Schutz des Rechts des Zweitklägers auf Zugang zu Gerichten im Rahmen der Anwendung von Art. 28 der Verordnung Nr. 44/2001 berücksichtigen kann oder muss, also wenn ein Zusammenhang zwischen dem vor diesem Gericht anhängigen und einem vor einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats anhängigen Verfahren besteht.

113.

Ebenso wie hinsichtlich des ersten Teils dieser Frage bin ich der Ansicht, dass, auch wenn das vorlegende Gericht den Gegenstand seines Ersuchens nicht präzisiert hat, die Antwort in Anbetracht der Umstände der vorliegenden Rechtssache auf die Auslegung von Art. 28 Abs. 1 zu begrenzen ist. Folglich wird hier nur der Fall geprüft, in dem das später angerufene Gericht beabsichtigt, das Verfahren auszusetzen, und sich nicht für unzuständig erklären will ( 111 ).

114.

Meines Erachtens kann der Schutz des geltend gemachten Grundrechts bei der Anwendung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung eine wichtige Rolle spielen. Anders als bei Art. 27 Abs. 1 der Verordnung verfügt das später angerufene Gericht in diesem Rahmen über ein Ermessen, so dass es sicherzustellen vermag, dass das Recht des Zweitklägers gemäß Art. 47 der Charta auf Zugang zu einem Gericht nicht erheblich beeinträchtigt wird, falls es beschließt, das Verfahren auszusetzen ( 112 ). Deshalb ist meines Erachtens der zweite Teil der achten Frage zu bejahen.

IV – Ergebnis

115.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Oberlandesgericht München vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

1.

In erster Linie:

Beantwortung der dritten Frage: Art. 22 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Klage auf Feststellung, dass die Beklagte ihr dingliches Vorkaufsrecht an einer unbeweglichen Sache nicht wirksam ausgeübt hat, unter die ausschließliche Zuständigkeit fällt, die diese Vorschrift „für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen … zum Gegenstand haben“, vorsieht.

Beantwortung der vierten Frage: Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass das später angerufene Gericht zu prüfen hat, ob es selbst gemäß Art. 22 Nr. 1 dieser Verordnung ausschließlich zuständig ist, mit der Folge, dass das zuerst angerufene Gericht unzuständig wäre und eine eventuelle Entscheidung dieses Gerichts nach Art. 35 Abs. 1 der Verordnung nicht anerkannt würde.

Beantwortung der siebten Frage: Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass das später angerufene Gericht im Rahmen der Ausübung des Ermessens, das ihm in dieser Vorschrift eingeräumt wird, Erwägungen wie die folgenden nicht berücksichtigen darf: den Umstand, dass das zuerst angerufene Gericht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Verfahrensdauer statistisch, nicht in concreto, erheblich länger ist als in dem Mitgliedstaat, in dem es selbst ansässig ist, den Umstand, dass nach Ansicht des später angerufenen Gerichts das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden wäre, in dem es selbst ansässig ist, das Alter einer der Parteien oder die Erfolgsaussichten der Klage vor dem zuerst angerufenen Gericht.

Beantwortung des zweiten Teils der achten Frage: Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass das später angerufene Gericht im Rahmen seiner Entscheidung, das Verfahren nach dieser Vorschrift auszusetzen, verpflichtet ist, das Recht des Zweitklägers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu berücksichtigen.

Die übrigen Fragen sind nicht zu beantworten.

2.

Hilfsweise:

Beantwortung der ersten und der zweiten Frage: Der Begriff „Klagen … zwischen denselben Parteien“ im Sinne von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass er nicht die Fälle erfasst, in denen zwei Parteien im Rahmen eines ersten Rechtsstreits Beklagte und im Rahmen eines zweiten Rechtsstreits Kläger und Beklagter sind. Der Begriff „Klagen wegen desselben Anspruchs“ im Sinne dieses Artikels ist dahin auszulegen, dass er nicht den Fall erfasst, in dem zwei Rechtsstreitigkeiten zu unterschiedlichen Anträgen und Begründungen führen, selbst wenn sie dieselbe Vorfrage gemeinsam haben.

Beantwortung der fünften Frage: Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass das später angerufene Gericht im Rahmen seiner Entscheidung aufgrund dieser Vorschrift nicht verpflichtet ist, den Vorwurf einer der Parteien zu prüfen, die andere Partei habe durch die Klageerhebung vor dem zuerst angerufenen Gericht rechtsmissbräuchlich gehandelt.

Beantwortung der sechsten Frage: Die Art. 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 sind dahin auszulegen, dass die Anwendung der letztgenannten Vorschrift voraussetzt, dass das später angerufene Gericht zuvor festgestellt hat, dass die erstgenannte Vorschrift in der bei ihm anhängigen Rechtssache keine Anwendung findet.

Beantwortung des ersten Teils der achten Frage: Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass das später angerufene Gericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens aufgrund dieser Vorschrift nicht verpflichtet ist, das Recht des Zweitklägers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu berücksichtigen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2001, L 12, S. 1.

( 3 ) In dieser Bestimmung heißt es: „Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig: … für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen … zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist.“

( 4 ) Art. 27 Abs. 1 lautet: „Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.“ Bei den hier hervorgehobenen Worten handelt es sich um die beiden Begriffe, um deren Auslegung im Rahmen der vorliegenden Rechtssache konkret ersucht wird.

( 5 ) Art. 28 Abs. 1 bestimmt: „Sind bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen, die im Zusammenhang stehen, anhängig, so kann jedes später angerufene Gericht das Verfahren aussetzen.“ In Art. 28 Abs. 3 wird hinzugefügt: „Klagen stehen im Sinne dieses Artikels im Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.“

( 6 ) Vgl. dritte Vorlagefrage.

( 7 ) Vgl. vierte Vorlagefrage.

( 8 ) Kapitel III Abschnitt 1 der Verordnung Nr. 44/2001 behandelt die Anerkennung der in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat. In diesem Abschnitt sieht Art. 34 Nr. 3 vor, dass eine Entscheidung u. a. dann nicht anerkannt wird, wenn sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist. Nach Art. 35 Abs. 1 wird eine Entscheidung ferner nicht anerkannt, „wenn die Vorschriften der Abschnitte 3, 4 und 6 des Kapitels II verletzt worden sind …“, was die ausschließliche Zuständigkeit für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen einschließt.

( 9 ) Vgl. die erste und die zweite Vorlagefrage.

( 10 ) Vgl. die fünfte Vorlagefrage und den ersten Teil der achten Vorlagefrage.

( 11 ) Vgl. die sechste Vorlagefrage.

( 12 ) Vgl. die siebte Vorlagefrage und den zweiten Teil der achten Vorlagefrage.

( 13 ) Diese Vorschrift lautet: „Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigentümer gegenüber zum Vorkauf berechtigt ist.“

( 14 ) § 463 BGB bestimmt: „Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkauf berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.“ § 464 BGB lautet: „(1) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form. (2) Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.“

( 15 ) Darin heißt es: „Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück … ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.“

( 16 ) Er sieht vor, dass „[e]ine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird“.

( 17 ) Zur Stützung dieses Antrags machte Frau I. Weber geltend, dass das zwischen der Z. GbR und Frau M. Weber vereinbarte Rücktrittsrecht ihr gegenüber unwirksam sei und nicht zu den aufgrund der Ausübung ihres Vorkaufsrechts auch für sie geltenden Vertragsklauseln gehöre.

( 18 ) ABl. 1972, L 299, S. 32, in der durch die nachfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen).

( 19 ) Vgl. u. a. Urteil vom 14. November 2013, Maletic (C‑478/12, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 20 ) Nämlich die Art. 16 Abs. 1 Buchst. a, 21 Abs. 1 und 22 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens.

( 21 ) Vgl. Urteile vom 25. Oktober 2012, Folien Fischer und Fofitec (C‑133/11, Rn. 31 und 32), sowie vom 3. Oktober 2013, Schneider (C‑386/12, Rn. 21), die Art. 27 bzw. Art. 22 der Verordnung Nr. 44/2001 betrafen.

( 22 ) D. h. eine Identität von Parteien und Anspruch.

( 23 ) Zur Stützung ihres Vorbringens macht sie geltend, dass das in Italien eingeleitete Verfahren nicht auf ein dingliches Recht gestützt sei, sondern auf Verpflichtungen, die zwischen der Z. GbR und ihr selbst aufgrund des Vertrags vom 28. Oktober 2009 bestünden. Sie fügt hinzu, die in diesem Verfahren gestellte Vorfrage, ob Frau I. Weber ihr Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt habe, falle nicht in den Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 1, da der Bestand dieses Rechts und die sich daraus ergebenden Vorrechte nicht bestritten würden.

( 24 ) Vgl. u. a. Urteil vom 21. Februar 2013, ProRail (C‑332/11, Rn. 31).

( 25 ) Im Vorlagebeschluss heißt es: „Mit ihrem ersten Hauptantrag beantragte die Z. GbR vor dem Zivilgericht in Mailand, ‚die ungültige und unwirksame Ausübung des Vorkaufsrechts seitens der Frau I. [Weber] festzustellen und zu erklären, zumal diese die zwischen [der] Z. GbR und Frau M. [Weber] vereinbarten Vertragsbedingungen des Erstvertrages … zur Gänze – und, im Einzelnen, das Rücktrittsrecht des Verkäufers – nie angenommen hat‘.“

( 26 ) Vgl. den Beschluss vom 5. April 2001, Gaillard (C-518/99, Slg. 2001, I-2771, Rn. 13), in dem klargestellt wird, dass diese autonome Definition die Gewährleistung einer möglichst weitgehenden Gleichheit und Einheitlichkeit der sich aus dem Brüsseler Übereinkommen ergebenden Rechte und Pflichten für die Vertragsstaaten und die Betroffenen erlaubt, sowie Urteil vom 18. Mai 2006, ČEZ (C-343/04, Slg. 2006, I-4557, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 27 ) Vgl. entsprechend, zum Begriff „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne der Verordnung Nr. 44/2001, Urteil Schneider (Rn. 18).

( 28 ) Dabei ist nicht nur das Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die unbewegliche Sache befindet, nach Art. 22 der Verordnung Nr. 44/2001 ausschließlich zuständig, sondern alle Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats.

( 29 ) P. Jenard führt in seinem Bericht über das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1979, C 59, S. 1, insbesondere S. 35) aus: „Diese Art von Rechtsstreitigkeiten macht häufig Nachprüfungen, Untersuchungen und Sachverständigengutachten an Ort und Stelle erforderlich. Auch ist zur Regelung dieser Fälle nicht selten auf Gebräuche zurückzugreifen, mit denen im Allgemeinen nur die Gerichte des Ortes, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, und auch noch die Gerichte des betreffenden Vertragsstaats vertraut sind.“ In mehreren Mitgliedstaaten müssen dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen, damit sie Dritten entgegengehalten werden können, im Grundbuch oder einem anderen öffentlichen Register eingetragen sein, für das eine Vermutung der Zuverlässigkeit besteht, mit dessen Führung bisweilen die Gerichte des Ortes, an dem die unbewegliche Sache belegen ist, betraut sind, und auf jeden Fall müssen die von ihnen getroffenen Entscheidungen, die eingetragene Rechte berühren, von Amts wegen zum Zweck der Eintragung mitgeteilt werden.

( 30 ) Vgl. u. a. Urteil ČEZ (Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 31 ) Vgl. Beschluss Gaillard (Rn. 14) sowie Urteile vom 13. Oktober 2005, Klein (C-73/04, Slg. 2005, I-8667, Rn. 15), und ČEZ (Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 32 ) In Art. 23 Abs. 5 der Verordnung heißt es u. a.: „Gerichtsstandsvereinbarungen … haben keine rechtliche Wirkung, … wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig sind.“

( 33 ) Urteil Schneider (Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung zum Brüsseler Übereinkommen).

( 34 ) Vgl. u. a. Urteil vom 17. Mai 1994, Webb (C-294/92, Slg. 1994, I-1717, Rn. 14), und Beschluss Gaillard (Rn. 16 und 17 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 35 ) Abgesehen von der in Art. 22 Nr. 1 vorgesehenen Ausnahme für Klagen, die die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben.

( 36 ) P. Schlosser zählt in seinem Bericht zu dem Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof (ABl. 1979, C 59, S. 71) zu den in den Gründungsmitgliedstaaten, u. a. in Deutschland, bestehenden dinglichen Rechten die „Haftungsvorzugsrechte“ (vgl. Nr. 166).

( 37 ) Durch das Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1).

( 38 ) Vgl. in diesem Sinne Gaudemet-Tallon, H., Compétence et exécution des jugements en Europe, LGDJ, Paris, 4. Aufl. 2010, Nr. 338‑1; Magnus, U., und Mankowski, P. (Hrsg.), European Commentaries on Private International Law, Brussels I Regulation, Sellier, München, 2. Aufl. 2012, S. 478 f., Nrn. 5 und 10, sowie S. 496, Nr. 55.

( 39 ) Urteil vom 27. Juni 1991 (C-351/89, Slg. 1991, I-3317), nach dessen Rn. 26 „das später angerufene Gericht … vorbehaltlich seiner ausschließlichen Zuständigkeit nach dem Übereinkommen, insbesondere nach Artikel 16, lediglich befugt ist, seine Entscheidung auszusetzen“ (Hervorhebung nur hier). Auch wenn dort im Ausgangsverfahren keine ausschließliche Zuständigkeit des später angerufenen Gerichts geltend gemacht worden war (vgl. Rn. 21 des Urteils), hat der Gerichtshof diesen Aspekt dennoch erwähnt, ebenso wie Generalanwalt Van Gerven (vgl. Nr. 9 seiner Schlussanträge in dieser Rechtssache).

( 40 ) Ebd., Rn. 21, 25 und 26 des Urteils sowie Nr. 13 der Schlussanträge.

( 41 ) Urteil vom 9. Dezember 2003 (C-116/02, Slg. 2003, I-14693, Rn. 47).

( 42 ) Vgl. Rn. 41 bis 54 dieses Urteils, wobei sich Generalanwalt Léger im gegenteiligen Sinn geäußert hatte (vgl. Nrn. 57 ff. seiner Schlussanträge in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist).

( 43 ) Rn. 49 bis 51 des genannten Urteils.

( 44 ) Dagegen lautet Art. 29 der Verordnung Nr. 44/2001, der sowohl bei Rechtshängigkeit als auch im Fall zusammenhängender Klagen gilt: „Ist für die Klagen die ausschließliche Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so hat sich das zuletzt angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären“ (Hervorhebung nur hier).

( 45 ) Art. 25 lautet: „Das Gericht eines Mitgliedstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es wegen einer Streitigkeit angerufen wird, für die das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig ist.“

( 46 ) Dieser Zweck ist im 15. Erwägungsgrund der genannten Verordnung aufgeführt.

( 47 ) Nämlich die erste, die zweite, die fünfte und die achte Vorlagefrage.

( 48 ) So die Rechtsprechung zur Auslegung von Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens, dem Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht; vgl. u. a. Urteile vom 8. Dezember 1987, Gubisch Maschinenfabrik (144/86, Slg. 1987, 4861, Rn. 11), und vom 19. Mai 1998, Drouot assurances (C-351/96, Slg. 1998, I-3075, Rn. 16).

( 49 ) Urteil vom 6. Dezember 1994 (C-406/92, Slg. 1994, I-5439, Rn. 53).

( 50 ) Ich bin nämlich wie die Schweizer Regierung der Ansicht, dass die Vorschriften über die Rechtshängigkeit verhindern sollen, dass „formell widersprüchliche Entscheidungen“ getroffen werden, die dann im Stadium der Vollstreckung völlig unvereinbar miteinander sind.

( 51 ) Urteil Tatry (Rn. 31) sowie Schlussanträge von Generalanwalt Tesauro in dieser Rechtssache (Nrn. 14 und 20).

( 52 ) Urteil Tatry (Rn. 29 und 34). In diesem Fall muss sich das später angerufene Gericht nur dann für unzuständig erklären, wenn die Parteien des bei ihm anhängigen Rechtsstreits auch Parteien des früher eingeleiteten Verfahrens sind und sein Verfahren zwischen den anderen Parteien fortgesetzt werden kann.

( 53 ) Urteil Drouot assurances (Rn. 19 und 23).

( 54 ) Zum Beispiel können die Interessen einer Gesellschaft und ihrer Zweigniederlassung, deren gesamtes Kapital von dieser Gesellschaft gehalten wird, in bestimmten Fällen untrennbar und identisch sein, doch führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass eine Entscheidung, die gegen die Gesellschaft in einem Mitgliedstaat ergangen ist, gegenüber ihrer Zweigniederlassung in dem Mitgliedstaat, in dem diese ansässig ist, vollstreckbar ist.

( 55 ) lm Folgenden: EMRK. Zu dem in Art. 6 vorgesehenen „Recht auf ein faires Verfahren“ gehören der Zugang zu einem Gericht, insbesondere innerhalb einer angemessenen Frist, ein faires Verfahren, insbesondere hinsichtlich der Beweise, und das Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren (Abs. 1) sowie die Unschuldsvermutung (Abs. 2) und die Verteidigungsrechte (Abs. 3). Art. 13 schützt das „Recht auf eine wirksame Beschwerde“.

( 56 ) Im Folgenden: Charta. Die genannten Absätze betreffen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und das Recht auf ein unparteiisches Gericht, während Art. 47 Abs. 3 die Prozesskostenhilfe betrifft. Vgl. zu Ursprung und Inhalt dieser Vorschrift die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17) und u. a. die Urteile vom 13. März 2007, Unibet (C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Rn. 37), und vom 18. März 2010, Alassini u. a. (C-317/08 bis C-320/08, Slg. 2010, I-2213, Rn. 61).

( 57 ) Dies gilt für die französische Fassung dieser Vorschrift („entre les mêmes parties“), aber auch, wie die deutsche Regierung hervorhebt, für andere Sprachfassungen, u. a. die deutsche („zwischen denselben Parteien“), die spanische („entre las mismas partes“), die englische („between the same parties“), die italienische („tra le stesse parti“), die niederländische („tussen dezelfde partijen“), die portugiesische („entre as mesmas partes“) und die finnische Fassung („samojen asianosaisten välillä“) (Hervorhebung nur hier).

( 58 ) Vgl. u. a. die Erwägungsgründe 10 und 15 dieser Verordnung sowie das Urteil Drouot assurances (Rn. 17).

( 59 ) Hinzuzufügen ist, dass nach dem Vorbringen von Frau M. Weber die erste Vorlagefrage für die Anwendung von Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 im konkreten Fall irrelevant ist.

( 60 ) Es wäre mit anderen Worten unangebracht, sich zu fragen, ob die Klage eines Klägers A gegen einen Beklagten B für die Anwendung von Art. 27 der Verordnung denselben Anspruch zum Gegenstand hat wie die Klage eines Klägers C gegen einen Beklagten D.

( 61 ) Vgl. Rn. 14 des genannten Urteils.

( 62 ) Anders als insbesondere die französische Fassung, die ausdrücklich zwischen der Grundlage und dem Gegenstand der Klagen unterscheidet, lautet die deutsche Fassung: „Klagen wegen desselben Anspruchs“. Sie steht damit nicht allein, denn auch die englische Fassung trifft keine Unterscheidung („proceedings involving the same cause of action“). Vgl. dazu Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 502 f.

( 63 ) Urteile Tatry (Rn. 39 und 41), und vom 14. Oktober 2004, Mærsk Olie & Gas (C-39/02, Slg. 2004, I-9657, Rn. 35 und 38).

( 64 ) Urteil Gubisch Maschinenfabrik (Rn. 15 ff.). Da die in einem Mitgliedstaat erhobene Klage auf Vertragserfüllung den Zweck verfolgte, diesen Vertrag wirksam werden zu lassen, während die in einem anderen Mitgliedstaat erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit und Auflösung desselben Vertrags ihm gerade jede Wirksamkeit nehmen sollte, sah der Gerichtshof in der Wirksamkeit dieses Vertrags den „Kernpunkt“ beider Parallelverfahren, wobei in der später eingereichten Klage sogar ein bloßes Verteidigungsmittel gegen die erste Klage gesehen werden konnte.

( 65 ) Urteil vom 8. Mai 2003, Gantner Electronic (C-111/01, Slg. 2003, I-4207, Rn. 32).

( 66 ) Beispielsweise könnte sich dieselbe Vorfrage zur Vertretungsbefugnis eines Bevollmächtigten in Rechtsstreitigkeiten stellen, die verschiedene Kaufverträge betreffen.

( 67 ) Siehe Fn. 64 der vorliegenden Schlussanträge.

( 68 ) Auch das Urteil des Tribunale ordinario di Milano vom 23. Mai 2013, das der vorliegenden Akte beigefügt wurde, enthält keine näheren Angaben zur Rechtsgrundlage der Klagen, mit denen es befasst wurde.

( 69 ) Angeführt in Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge.

( 70 ) Urteil Tatry (Rn. 39). Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil Gubisch Maschinenfabrik anerkannt, dass die beiden parallelen Rechtsstreitigkeiten auf derselben Grundlage beruhen, weil sie auf „demselben Vertragsverhältnis“ basierten (vgl. Rn. 15).

( 71 ) Vgl. bereits, zum Verhältnis zwischen den Art. 21 und 22 des Brüsseler Übereinkommens, Boularbah, H., „La notion de ‚mêmes parties‘, condition de la litispendance communautaire“, Journal des tribunaux, 1998, Nr. 37, S. 774 ff. speziell S. 776.

( 72 ) Vgl. u. a. Urteil vom 24. April 2012, Kamberaj (C‑571/10, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 73 ) Die Schweizer Regierung hat auch ausgeführt, dass dem Vorlagebeschluss nicht entnommen werden könne, ob und in welchem Umfang in der vorliegenden Rechtssache ein Rechtsmissbrauch vorliege.

( 74 ) Zur Stützung dieser Auffassung, nach der es möglich wäre, von der Regel der Aussetzung des Verfahrens in Art. 27 abzuweichen, wenn sich aus dem Sachverhalt ergibt, dass sich eine Partei rechtsmissbräuchlich darauf beruft, trägt die Schweizer Regierung vor, das Schweizer Bundesgericht habe zur entsprechenden Vorschrift des am 16. September 1988 in Lugano unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 319, S. 9) bereits in diesem Sinne entschieden (Urteil vom 6. Juli 2007, 4A_143/2007, E).

( 75 ) Zum Risiko solcher Verfahrenstaktiken vgl. Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 483 ff. Rn. 17 und 18.

( 76 ) Sie macht geltend, die Z. GbR habe die Klage wegen der langen Verfahrensdauer in Italien erhoben, um ihren zulässigen Erwerb des Anteils von Frau M. Weber an der in Deutschland belegenen Immobilie zu vereiteln und um sie insbesondere im Hinblick auf ihr hohes Alter davon abzubringen, sich zu verteidigen. Kurz vor Erhebung dieser Klage in Italien, sei Frau M. Weber, die neben ihr Beklagte im italienischen Verfahren sei, nach Mailand umgezogen, wo sich die Rechtsanwaltskanzlei ihres Sohnes befinde, der Mitglied der Geschäftsleitung der Z. GbR sei.

( 77 ) Urteil Gasser (Rn. 70 und 73).

( 78 ) Ebd. (Rn. 71).

( 79 ) Ebd. (Rn. 72).

( 80 ) Dabei handelt es sich um den Hauptzweck dieses Artikels (vgl. Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge).

( 81 ) Der letztgenannte Begriff findet sich in der Begründung des Vorlagebeschlusses zu dieser Frage.

( 82 ) Vgl. Nr. 15 der vorliegenden Schlussanträge.

( 83 ) Vgl. u. a. den 16. Erwägungsgrund dieser Verordnung.

( 84 ) Es fügt hinzu, dass diesem Prinzip Genüge getan sei, auch wenn es in der Realität Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten gebe, was bei Erlass der Verordnung Nr. 44/2001 bekannt gewesen und auch heute noch so sei.

( 85 ) Es führt extreme Situationen an, wie den Stillstand der Rechtspflege beim zuerst angerufenen Gericht, z. B. durch kriegerische Konflikte oder Naturkatastrophen, deren Folgen lange andauern und den Fortgang der Rechtspflege verhindern.

( 86 ) Vgl. zu diesem Begriff u. a. Prechal, S., und Widdershoven, R., „Redefining the Relationship between ‚Rewe-effectiveness‘ and Effective Judicial Protection“, Review of European Administrative Law, 2011, vol. 4, Nr. 2, S. 31.

( 87 ) Vgl. Nr. 55 der vorliegenden Schlussanträge. Zwei Aspekte dieses Rechts sind meines Erachtens hier besonders betroffen: Zum einen könnte die Rechtshängigkeit ein Hindernis für den Zugang des Zweitklägers zu den Gerichten bilden, und zum anderen könnte eine lange Dauer des ersten Verfahrens zu einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren führen.

( 88 ) Vgl. hinsichtlich der Wahrung der Verteidigungsrechte Urteil vom 15. März 2012, G (C‑292/10, Rn. 47 f.). Vgl. auch entsprechend Urteil vom 22. Dezember 2010, Aguirre Zarraga (C-491/10 PPU, Slg. 2010, I-14247, Rn 59 f.), zur Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338, S. 1); darin hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass die durch diese Verordnung geschaffenen Systeme der Anerkennung und Vollstreckung der in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug darauf beruhen, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf der Ebene der Europäischen Union und insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundrechte zu bieten.

( 89 ) Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 regelt nämlich nur die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gerichten, die in identischen Rechtsstreitigkeiten parallel angerufen wurden. Vgl. entsprechend das Urteil Gasser, in dem der Gerichtshof, der den (Art. 27 entsprechenden) Art. 21 des Brüsseler Übereinkommens insbesondere unter Beachtung von Art. 6 EMRK auszulegen hatte (Rn. 59 f.), bei seiner Antwort auf die Systematik und den Zweck dieses Übereinkommens und auf das Vertrauen, das die Vertragsstaaten gegenseitig ihren Rechtssystemen und Rechtspflegeorganen entgegenbringen, abgehoben hat (Rn. 70 ff.). Vgl. auch Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 487 ff.

( 90 ) Nämlich die sechste, die siebte und die achte Vorlagefrage.

( 91 ) Frau I. Weber weist darauf hin, dass sich diese Frage stelle, weil das Landgericht München I zweimal entschieden habe, das Verfahren auszusetzen, zunächst basierend auf Art. 27 Abs. 1 und dann auf Art. 28 Abs. 1 und 3, wobei diese Berichtigung vom Oberlandesgericht München vorgenommen worden sei.

( 92 ) In diesem Sinne verweisen Frau I. Weber und die Schweizer Regierung auf die Analyse von Art. 28 durch die deutsche Rechtslehre (Rauscher, T., und Leible, S., Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, Kommentar, Brüssel I‑VO, LugÜbk 2007, Sellier, München, 2011; Hüßtege, R., in Thomas, H., und Putzo, H. [Hrsg.], Zivilprozessordnung, Kommentar, München, 32. Aufl. 2011) und von der Schweizer Lehre (Bucher, A., Loi sur le droit international privé/Convention de Lugano, Helbing Lichtenhahn, Basel, 2011; Mabillard, R., in Oetiker, C., und Weibel, T. [Hrsg.], Lugano Übereinkommen, Helbing Lichtenhahn, Basel, 2011).

( 93 ) Vgl. S. 13 des in Fn. 29 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Jenard-Berichts hinsichtlich der Vorschriften, die dem Brüsseler Übereinkommen entsprechen, sowie den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001.

( 94 ) Im Urteil Tatry (Rn. 53) hat der Gerichtshof zu Art. 22 des Brüsseler Übereinkommens entschieden, dass „[die] Auslegung [des Ausdrucks ‚Zusammenhang‘] weit sein und alle Fälle erfassen [muss], in denen die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, selbst wenn die Entscheidungen getrennt vollstreckt werden können und sich ihre Rechtsfolgen nicht gegenseitig ausschließen“. Vgl. auch Urteil vom 13. Juli 2006, Roche Nederland u. a. (C-539/03, Slg. 2006, I-6535, Rn. 22).

( 95 ) Urteil Tatry (Rn. 55) und Schlussanträge von Generalanwalt Tesauro in dieser Rechtssache (Nr. 28).

( 96 ) In Fn. 5 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegebene Vorschrift.

( 97 ) Ich erinnere daran, dass sich die in Rede stehende Vorlagefrage nicht auf den die Unzuständigerklärung des später angerufenen Gerichts betreffenden Abs. 2 dieser Artikel erstreckt.

( 98 ) Vgl. dazu die nachstehende Antwort auf die siebte Vorlagefrage.

( 99 ) Rn. 49 und 50 (Hervorhebung nur hier).

( 100 ) Nach Cadiet, L., Jeuland, E., und Amrani-Mekki, S. (Hrsg.), Droit processuel civil de l’Union européenne, LexisNexis, Paris, 2011, Rn. 129, ist der Zusammenhang „eine Art unvollständige Rechtshängigkeit“, da „die Voraussetzungen für die Feststellung eines Zusammenhangs weniger streng sind als diejenigen der Rechtshängigkeit. Somit sind es die sich daraus ergebenden Folgen auch.“

( 101 ) Das vorlegende Gericht nennt das Erfordernis, dass das später angerufene Gericht „entschieden hat“.

( 102 ) Man muss zwischen diesem Ermessen und der Feststellung unterscheiden, ob nach den Kriterien der Nähe der Parallelverfahren, die in Abs. 3 dieses Artikels definiert sind, im Zusammenhang stehende Verfahren vorliegen.

( 103 ) Vgl. Urteile Tatry (Rn. 55) und Overseas Union Insurance u. a. (Rn. 16) betreffend den Zweck von Art. 22 des Brüsseler Übereinkommens, der Art. 28 der Verordnung Nr. 44/2001 entspricht, sowie den 15. Erwägungsgrund dieser Verordnung.

( 104 ) Vgl. Nr. 75 der Schlussanträge von Generalanwalt Lenz in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Januar 1994, Owens Bank (C-129/92, Slg. 1994, I-117), ergangen ist, zu Art. 22 des Brüsseler Übereinkommens.

( 105 ) Sie nennt die Interessen, das Verhalten und die Beweggründe der Parteien, die Stärke des Zusammenhangs, Stand und Dauer des Verfahrens in diesem Fall, die Erfolgsaussichten der Klage, den Grundsatz der Organisation des Verfahrens hinsichtlich der Anstrengungen, der Kosten und der Nähe der Beweise, die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts sowie die Möglichkeit der Anerkennung.

( 106 ) Nämlich „[d]as Ausmaß des Zusammenhangs und der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, der Stand der jeweiligen Verfahren und die Sachnähe der Gerichte“ (vgl. Nr. 76 der Schlussanträge von Generalanwalt Lenz in der Rechtssache Owens Bank). Diese Kriterien entsprechen denen, die vom Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung der Verordnung Nr. 44/2001 anerkannt wurden, allerdings nur hinsichtlich Parallelverfahren, die in einem Mitgliedstaat und in einem Drittstaat anhängig sind. Vgl. die Erwägungsgründe 23 und 24 sowie die Art. 33 (zur Rechtshängigkeit) und 34 (zum Zusammenhang) der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351, S. 1), die im Wesentlichen ab dem 10. Januar 2015 gilt.

( 107 ) Im Urteil Gasser (Rn. 70 ff.) hat der Gerichtshof in diesem Sinne entschieden, allerdings zu der Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 entsprechenden Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens, also bei Rechtshängigkeit und nicht bei einem Zusammenhang.

( 108 ) Urteil vom 9. November 2010, Purrucker (C-296/10, Slg. 2010, I-11163, Rn. 82 und 83).

( 109 ) Vgl. entsprechend, zur Weigerung, die Theorie des „forum non conveniens“ im Fall der Rechtshängigkeit nach dem Brüsseler Übereinkommen anzuwenden, Rn. 78 und 181 des in Fn. 36 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Berichts von Herrn Schlosser.

( 110 ) Vorbehaltlich u. a. der Fälle von Klagen, die immaterielle Rechte eines Autors an seinem Werk betreffen.

( 111 ) Abs. 2 dieses Artikels betrifft nämlich die Möglichkeit, sich für unzuständig zu erklären, wenn eine der Parteien dies beantragt, sofern bereits feststeht, dass das zuerst angerufene Gericht zuständig ist, über die zusammenhängenden Klagen zu entscheiden, und nach seinen Rechtsvorschriften ihre Verbindung zulässig ist.

( 112 ) Vgl. auch Nr. 87 der vorliegenden Schlussanträge.