URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

24. Juni 2014 ( *1 )

„Nichtigkeitsklage — Beschluss 2011/640/GASP — Rechtsgrundlage — Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) — Art. 37 EUV — Internationale Übereinkunft, die ausschließlich die GASP betrifft — Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV — Verpflichtung, das Parlament unverzüglich und umfassend zu unterrichten — Art. 218 Abs. 10 AEUV — Aufrechterhaltung der Wirkungen“

In der Rechtssache C‑658/11

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingegangen am 21. Dezember 2011,

Europäisches Parlament, vertreten durch R. Passos, A. Caiola und M. Allik als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis, R. Troosters und L. Gussetti als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch F. Naert, G. Étienne, M. Bishop und G. Marhic als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, E. Ruffer und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, N. Rouam und E. Belliard als Bevollmächtigte,

Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch L. Christie und A. Robinson als Bevollmächtigte im Beistand von D. Beard, QC, und G. Facenna, Barrister,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), M. Ilešič, T. von Danwitz und M. Safjan, der Richter J. Malenovský, E. Levits, A. Ó Caoimh, J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und D. Šváby, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Januar 2014

folgendes

Urteil

1

Mit seiner Klage beantragt das Parlament zum einen, den Beschluss 2011/640/GASP des Rates vom 12. Juli 2011 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Mauritius über die Bedingungen für die Überstellung mutmaßlicher Seeräuber sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden beschlagnahmten Gütern durch die EU-geführte Seestreitkraft an die Republik Mauritius und über die Behandlung mutmaßlicher Seeräuber nach der Überstellung (ABl. L 254, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss bzw. EU/Mauritius-Abkommen) für nichtig zu erklären, und zum anderen, die Wirkungen dieses Beschlusses aufrechtzuerhalten.

Rechtlicher Rahmen

2

Titel V des EU-Vertrags enthält in Kapitel 2 („Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“) Art. 36 EUV, der bestimmt:

„Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik hört das Europäische Parlament regelmäßig zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und unterrichtet es über die Entwicklung der Politik in diesen Bereichen. Er achtet darauf, dass die Auffassungen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden. Die Sonderbeauftragten können zur Unterrichtung des Europäischen Parlaments mit herangezogen werden.

Das Europäische Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den Hohen Vertreter richten. Zweimal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“

3

Art. 37 EUV, der ebenfalls in diesem Kapitel enthalten ist, ist wie folgt gefasst:

„Die Union kann in den unter dieses Kapitel fallenden Bereichen Übereinkünfte mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen schließen.“

4

Art. 218 AEUV hat folgenden Wortlaut:

„(1)   Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Artikels 207 werden Übereinkünfte zwischen der Union und Drittländern oder internationalen Organisationen nach dem im Folgenden beschriebenen Verfahren ausgehandelt und geschlossen.

(2)   Der Rat erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte.

(3)   Die Kommission oder, wenn sich die geplante Übereinkunft ausschließlich oder hauptsächlich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik [im Folgenden: GASP] bezieht, der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik legt dem Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung, je nach dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft, des Verhandlungsführers oder des Leiters des Verhandlungsteams der Union.

(5)   Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss, mit dem die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt werden.

(6)   Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft.

Mit Ausnahme der Übereinkünfte, die ausschließlich die [GASP] betreffen, erlässt der Rat den Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft

a)

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments in folgenden Fällen:

v)

Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das besondere Gesetzgebungsverfahren gilt.

b)

nach Anhörung des Europäischen Parlaments in den übrigen Fällen. …

(10)   Das Europäische Parlament wird in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet.

…“

5

Die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP des Rates vom 10. November 2008 über die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (ABl. L 301, S. 33) in der durch den Beschluss 2010/766/GASP des Rates vom 7. Dezember 2010 (ABl. L 327, S. 49) geänderten Fassung (im Folgenden: Gemeinsame Aktion 2008/851) ist auf die Art. 14, 25 Abs. 3 und 28 Abs. 3 EUV gestützt.

6

Art. 1 („Mission“) der Gemeinsamen Aktion bestimmt in seinem Abs. 1:

„Die Europäische Union … führt eine Militäroperation zur Unterstützung der Resolutionen 1814 (2008), 1816 (2008) und 1838 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN-Sicherheitsrat) im Einklang mit der genehmigten Aktion im Fall von seeräuberischen Handlungen in Anwendung der Artikel 100 ff. des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, unterzeichnet am 10. Dezember 1982 in Montego Bay (nachstehend ‚VN-Seerechtsübereinkommen‘ genannt) und im Rahmen insbesondere von mit Drittstaaten eingegangenen Verpflichtungen, nachstehend ‚Atalanta‘ genannt, durch, um einen Beitrag zu leisten

zum Schutz von Schiffen des [Welternährungsprogramms], die Lebensmittelhilfe für die vertriebene Bevölkerung Somalias befördern, im Einklang mit dem Mandat der Resolution 1814 (2008) des VN-Sicherheitsrates;

zum Schutz von Schiffen, die vor der Küste Somalias fahren, sowie zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias im Einklang mit dem in der Resolution 1816 (2008) des VN-Sicherheitsrates festgelegten Mandat.“

7

In Art. 2 („Auftrag“) der Gemeinsamen Aktion heißt es:

„Atalanta führt unter den durch das einschlägige Völkerrecht, insbesondere durch die VN-Seerechtskonvention sowie die Resolutionen 1814 (2008), 1816 (2008) und 1838 (2008) des VN-Sicherheitsrates festgelegten Bedingungen und im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten folgende Aufgaben aus:

e)

Aufgriff, Ingewahrsamnahme und Überstellung von Personen, die im Sinne der Artikel 101 und 103 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen im Verdacht stehen, seeräuberische Handlungen oder bewaffnete Raubüberfälle begehen zu wollen, diese zu begehen oder begangen zu haben, in den Gebieten, in denen sie präsent ist, und Beschlagnahme der Schiffe der Seeräuber oder bewaffneten Räuber oder der nach einem seeräuberischen Akt oder einem bewaffneten Raubüberfall gekaperten Schiffe, sofern diese sich in den Händen der Seeräuber oder bewaffneter Räuber befinden, sowie der an Bord befindlichen Güter;

…“

8

Art. 10 („Beteiligung von Drittstaaten“) der Gemeinsamen Aktion sieht vor:

„(1)   Unbeschadet der Beschlussfassungsautonomie der [Union] und des einheitlichen institutionellen Rahmens und im Einklang mit den vom Europäischen Rat festgelegten einschlägigen Leitlinien können Drittstaaten eingeladen werden, sich an der Operation zu beteiligen.

(3)   Die Einzelheiten der Beteiligung von Drittstaaten werden in Übereinkünften geregelt, die im Einklang mit dem Verfahren nach Artikel 37 [EUV] zu schließen sind. Haben die [Union] und ein Drittstaat ein Rahmenabkommen über die Beteiligung dieses Drittstaates an Krisenbewältigungsoperationen der [Union] geschlossen, so gelten die Bestimmungen eines solchen Abkommens im Rahmen dieser Operation.

(6)   Die Bedingungen der Überstellung von aufgegriffenen und im Hinblick auf die Strafverfolgung durch die zuständigen Staaten festgenommenen Personen an einen Drittstaat werden anlässlich des Abschlusses oder der Umsetzung der Beteiligungsübereinkünfte nach Absatz 3 festgelegt.“

9

Art. 12 („Überstellung der aufgegriffenen und festgenommenen Personen zwecks Wahrnehmung der gerichtlichen Zuständigkeiten“) der Gemeinsamen Aktion lautet:

„(1)   Personen, die im Sinne der Artikel 101 und 103 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen im Verdacht stehen, seeräuberische Handlungen oder bewaffnete Raubüberfälle in den Hoheitsgewässern Somalias oder auf Hoher See begehen zu wollen, diese zu begehen oder begangen zu haben und die aufgegriffen und im Hinblick auf die Strafverfolgung durch die zuständigen Staaten in Gewahrsam genommen wurden, sowie die Güter, die zur Ausführung dieser Taten dienten, werden auf Grundlage der Zustimmung von Somalia zur Ausübung von gerichtlicher Zuständigkeit durch Mitgliedstaaten oder durch Drittstaaten einerseits und auf der Grundlage von Artikel 105 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen andererseits an die

zuständigen Behörden des an der Operation teilnehmenden Mitgliedstaats oder Drittstaats übergeben, unter dessen Flagge das Schiff fährt, durch das die Ingewahrsamnahme erfolgte, oder

sofern dieser Staat seine gerichtliche Zuständigkeit nicht wahrnehmen kann oder will, an einen Mitgliedstaat oder an jeden Drittstaat, der seine gerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf diese Personen und Güter wahrnehmen möchte, übergeben.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Personen können nur dann an einen Drittstaat übergeben werden, wenn mit dem betreffenden Drittstaat die Bedingungen für diese Übergabe im Einklang mit dem einschlägigen Völkerrecht, insbesondere den internationalen Menschenrechtsnormen, festgelegt wurden, um insbesondere sicherzustellen, dass für niemanden das Risiko der Todesstrafe, Folter oder jeglicher anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.“

10

In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) des EU/Mauritius-Abkommens heißt es:

„Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck

a)

EU-geführte Seestreitkraft (EUNAVFOR)‘ die militärischen Hauptquartiere der EU und die zu der EU-Operation ‚Atalanta‘ beitragenden nationalen Kontingente, ihre Schiffe, ihre Flugzeuge und ihre Mittel;

…“

11

Art. 1 („Ziel“) des Abkommens bestimmt:

„Mit diesem Abkommen werden die Bedingungen und Modalitäten festgelegt für

a)

die Überstellung von Personen, die im Verdacht stehen, zu versuchen, seeräuberische Handlungen innerhalb des Einsatzgebiets der EUNAVFOR … zu begehen, die im Verdacht stehen, solche Handlungen zu begehen oder begangen zu haben, und die von der EUNAVFOR festgesetzt werden;

b)

die Übergabe von damit in Verbindung stehenden Gütern, die von der EUNAVFOR beschlagnahmt wurden, durch die EUNAVFOR an Mauritius, und

c)

die Behandlung der überstellten Personen.“

12

Im Übrigen führt das EU/Mauritius-Abkommen in seinem Art. 3 die allgemeinen Grundsätze auf, die für die Modalitäten und Bedingungen für die Überstellung von von der EUNAVFOR festgesetzten mutmaßlichen Seeräubern sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden, von der EUNAVFOR beschlagnahmten Gütern an die Republik Mauritius gelten. Das Abkommen regelt außerdem in seinem Art. 4 die Behandlung, die Strafverfolgung und die Aburteilung von überstellten Personen, enthält dabei jedoch in Art. 5 das Verbot der Todesstrafe für diese Personen. In seinem Art. 6 sieht das Abkommen Maßnahmen hinsichtlich der Dokumente im Zusammenhang mit den Überstellungen dieser Personen vor, insbesondere über Aufzeichnungen und Mitteilungen. In seinem Art. 7 Abs. 1 und 2 bestimmt es, dass die EUNAVFOR im Rahmen ihrer Mittel und Fähigkeiten der Republik Mauritius jede Unterstützung im Hinblick auf die Ermittlungen gegen überstellte Personen und ihre strafrechtliche Verfolgung gewährt. Insoweit sieht Art. 7 Abs. 3 des EU/Mauritius-Abkommens für die Vertragsparteien die Möglichkeit vor, Durchführungsbestimmungen für die finanzielle, technische und sonstige Hilfe im Hinblick auf Überstellung, Festsetzung, Ermittlung, Strafverfolgung und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit überstellten Personen zu erarbeiten. Schließlich legt das Abkommen in seinen Art. 10 und 11 Bestimmungen zu seiner Durchführung und seinem Inkrafttreten fest.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

13

Am 22. März 2010 ermächtigte der Rat den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Verhandlungen aufzunehmen, um Überstellungsabkommen der Union mit mehreren Drittstaaten, u. a. der Republik Mauritius, zu schließen.

14

Mit Schreiben vom gleichen Tag unterrichtete der Rat das Parlament über diesen Beschluss.

15

Auf diese Verhandlungen hin erließ der Rat am 12. Juli 2011 gestützt auf die Art. 37 EUV und 218 Abs. 5 und 6 AEUV den angefochtenen Beschluss, mit dem er die Unterzeichnung des EU/Mauritius-Abkommens genehmigte. Der Beschluss wurde am 30. September 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

16

Das EU/Mauritius-Abkommen wurde am 14. Juli 2011 unterzeichnet und ist seitdem vorläufig angewandt worden.

17

Der Rat hat das Parlament mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 über den Erlass des angefochtenen Beschlusses unterrichtet.

Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

18

Das Parlament beantragt, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, die Wirkungen des Beschlusses bis zu dessen Ersetzung aufrechtzuerhalten und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

19

Der Rat beantragt in erster Linie, die Klage für teilweise unzulässig zu erklären, sie im Übrigen als unbegründet abzuweisen und dem Parlament die Kosten aufzuerlegen. Hilfsweise beantragt der Rat, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, sollte er für nichtig erklärt werden, bis zu seiner Ersetzung aufrechtzuerhalten.

20

Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. Juni 2012 sind die Tschechische Republik, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

21

Durch Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. November 2012 ist die Kommission im mündlichen Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments zugelassen worden.

Zur Klage

22

Zur Begründung seiner Klage macht das Parlament zwei Klagegründe geltend, mit denen die Verletzung von Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV bzw. von Art. 218 Abs. 10 AEUV gerügt wird.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV

Vorbringen der Parteien

23

Mit seinem ersten Klagegrund macht das Parlament geltend, der Rat sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der angefochtene Beschluss eine Übereinkunft, die „ausschließlich“ die GASP betreffe, im Sinne von Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 erster Halbsatz AEUV sei und daher ohne Beteiligung des Parlaments erlassen werden könne.

24

Das Parlament, hierin unterstützt durch die Kommission, weist zunächst darauf hin, dass Art. 218 Abs. 6 AEUV eine allgemeine Regel aufstelle, wonach vor dem Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch den Rat das Parlament je nach dem konkreten Fall zugestimmt haben oder angehört worden sein müsse. Nur ausnahmsweise, im Fall der „Übereinkünfte, die ausschließlich die [GASP] betreffen“, gestatte der erste Halbsatz von Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV es dem Rat, eine solche Übereinkunft ohne die Beteiligung des Parlaments abzuschließen. Da diese Bestimmung somit Ausnahmecharakter habe, sei sie eng auszulegen, so dass, wenn eine Übereinkunft nicht nur die GASP, sondern auch andere Unionspolitiken betreffe, das Parlament an dem Verfahren zum Abschluss dieser Übereinkunft zu beteiligten sei.

25

Im vorliegenden Fall betreffe das EU/Mauritius-Abkommen unter Berücksichtigung seines Ziels und seines Inhalts nicht nur die GASP, sondern auch die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, die polizeiliche Zusammenarbeit sowie die Entwicklungszusammenarbeit.

26

Zu, erstens, der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen enthalte dieses Abkommen nämlich zum einen mehrere Bestimmungen, u. a. die Art. 3 bis 7, mit denen die Zusammenarbeit zwischen der Union und den Behörden der Republik Mauritius im Hinblick sowohl auf Strafverfahren, einschließlich der Zulässigkeit von Beweismitteln, der Rechte der Einzelnen und bestimmter spezifischer Elemente dieser Verfahren, als auch auf den Vollzug und die Vollstreckung von Entscheidungen im Sinne von Art. 82 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2 Buchst. a und b AEUV erleichtert werden solle. Zum anderen betreffe das Abkommen auch, insbesondere in seinem Art. 7 Abs. 3, die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten im Sinne von Art. 82 Abs. 1 Buchst. c AEUV. Im Übrigen schließe der Umstand, dass nach Art. 11 Abs. 5 des EU/Mauritius-Abkommens die von EUNAVFOR nach diesem Abkommen durchgeführten Aufgaben im Wesentlichen von Verwaltungsbehörden ausgeführt werden könnten, die militärische Natur dieser Aufgaben aus. Die Kommission fügt insoweit hinzu, das Ziel und der Inhalt des EU/Mauritius-Abkommens hätten es gerechtfertigt, Art. 82 AEUV als Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses auszuwählen.

27

Was, zweitens, die polizeiliche Zusammenarbeit anbelange, beträfen die Tätigkeiten nach den Art. 6 und 7 des EU/Mauritius-Abkommens insbesondere das „Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen [von] Informationen“ im Sinne von Art. 87 Abs. 2 Buchst. a AEUV und gehörten zu den Tätigkeiten, die im Allgemeinen von den Polizeikräften im Sinne von Art. 87 Abs. 1 AEUV ausgeführt würden.

28

Das Abkommen betreffe, drittens, die Entwicklungszusammenarbeit, soweit seine Art. 7 und 10 Abs. 2 Buchst. f die Bereitstellung von Unterstützung für die Republik Mauritius vorsähen, die ein Entwicklungsland im Sinne von Art. 208 AEUV sei. Diese Unterstützung ziele auf die Bereiche „Überarbeitung der Rechtsvorschriften, Ausbildung von Ermittlungs- und Strafverfolgungsbeamten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren und insbesondere Vorkehrungen für die Lagerung und Übergabe von Beweismitteln sowie Berufungsverfahren“ ab.

29

Das Parlament und die Kommission gelangen zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Beschluss, da für diese Tätigkeitsbereiche der Union das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gelte, auf Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 Buchst. a Ziff. v AEUV hätte gestützt werden müssen und daher erst nach Zustimmung des Parlaments hätte erlassen werden dürfen.

30

Der Rat, unterstützt durch sämtliche als Streithelfer beigetretene Mitgliedstaaten, antwortet im Wesentlichen, dass der angefochtene Beschluss zu Recht auf Art. 37 EUV und Art. 218 Abs. 5 und 6 AEUV gestützt sei, da das EU/Mauritius-Abkommen nach seinem Ziel und seinem Inhalt ausschließlich die GASP betreffe.

31

Zum einen setze das Abkommen nämlich die Gemeinsame Aktion 2008/851 und insbesondere deren Art. 12 um, deren Zielsetzung es sei, die internationale Sicherheit im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union zu stärken, was im Übrigen durch Art. 2 der Gemeinsamen Aktion bestätigt werde, der die Aufgaben von Atalanta definiere. Diese Politik sei aber nach Art. 42 Abs. 1 EUV integraler Bestandteil der GASP.

32

Zum anderen könne aus dem Inhalt des Abkommens und konkret dem Umstand, dass mutmaßliche Seeräuber von Atalanta zu Strafverfolgungszwecken an die Behörden der Republik Mauritius überstellt würden, nicht abgeleitet werden, dass die von Atalanta ausgeführten Aufgaben eine polizeiliche oder justizielle Zusammenarbeit im Sinne des Dritten Teils, Titel V des EU-Vertrags darstellten. Bestimmte Aufgaben von Atalanta könnten zwar Merkmale aufweisen, die sie in die Nähe polizeilicher Aufgaben rückten, die eingesetzten Kräfte hätten jedoch nach ihrem jeweiligen nationalen Recht im Allgemeinen keine polizeilichen oder justiziellen Befugnisse.

33

Der Rat fügt hinzu, dass das EU/Mauritius-Abkommen insbesondere in seinen Art. 4 bis 6 und 8 Maßnahmen enthalte, die die Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte durch die Republik Mauritius fördern sollten. Nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. b EUV sei die Förderung der Menschenrechte in Drittstaaten aber ein Ziel, das unter die GASP falle.

34

Klarzustellen sei auch, dass weder die Zielsetzung noch der Inhalt des Abkommens den Rückschluss zuließen, dass es den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts oder die Entwicklungszusammenarbeit betreffe.

35

Zum einen ergebe sich nämlich u. a. aus den Art. 82 AEUV und 87 AEUV, dass jede Maßnahme, die den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betreffe, unabhängig von ihrer möglichen Außendimension zu dem Zweck zu treffen sei, die Freiheit, die Sicherheit und das Recht innerhalb der Union weiterzuentwickeln. Im vorliegenden Fall betreffe das EU/Mauritius-Abkommen aber im Wesentlichen Maßnahmen, die zu dem Zweck erlassen würden, die internationale Sicherheit vor der Küste Somalias, also außerhalb der Union, zu verstärken.

36

Zum anderen habe der Gerichtshof bereits anerkannt, dass eine Maßnahme nicht unter die Entwicklungszusammenarbeit falle, sofern der Hauptzweck einer solchen Maßnahme, selbst wenn sie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern beitrage, in der Umsetzung der GASP bestehe (Urteil Kommission/Rat, C‑91/05, EU:C:2008:288, Rn. 72). Im vorliegenden Fall betreffe die der Republik Mauritius geleistete Unterstützung Überstellungsoperationen im Sinne des EU/Mauritius-Abkommens und die Kapazität der Republik Mauritius, das Abkommen im Einklang mit dem Völkerrecht im Bereich der Menschenrechte anzuwenden. Eine solche Unterstützung habe nicht die Entwicklung der Republik Mauritius zum Ziel und stellte daher keine Entwicklungsmaßnahme dar.

37

Das Parlament erwidert erstens, dass Art. 218 Abs. 3 AEUV eine Unterscheidung zwischen Übereinkünften, die sich „ausschließlich“ auf die GASP bezögen, und solchen, die sich „hauptsächlich“ auf die GASP bezögen, vornehme. Art. 218 Abs. 6 AEUV gestatte dem Rat daher den Abschluss von Übereinkünften ohne Beteiligung des Parlaments nur dann, wenn diese „ausschließlich“ die GASP beträfen. Bezögen sich dagegen solche Abkommen nur „hauptsächlich“ auf die GASP und umfassten akzessorische Maßnahmen in Bezug auch auf andere Politiken, könne der Rat sie nicht ohne vorherige Beteiligung des Parlaments abschließen.

38

Zweitens macht das Parlament geltend, der Umstand, dass der angefochtene Beschluss die Gemeinsame Aktion 2008/851 umsetze und dass diese unter die GASP falle, reiche nicht für die Schlussfolgerung aus, dass der angefochtene Beschluss ebenfalls zu dieser Politik gehöre. Die Gemeinsame Aktion 2008/851 und der angefochtene Beschluss hätten nämlich einen unterschiedlichen Anwendungsbereich und unterschiedliche Ziele, da Atalanta eine Operation mit militärischem Charakter im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Ergreifung mutmaßlicher Seeräuber sei, wohingegen die Aufgaben, die den Vertretern der Union und von EUNAVFOR aufgrund des EU/Mauritius-Abkommens übertragen seien, soweit sie u. a. die etwaige spätere Überstellung Verdächtiger und die Einleitung von Verfolgungsmaßnahmen gegen diese vorsähen, keinen militärischen Charakter hätten und über das Ziel von Atalanta hinausgingen.

39

Der Rat und die als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten erwidern im Wesentlichen, dass die Frage, ob eine Übereinkunft „ausschließlich“ die GASP im Sinne von Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV betreffe, allein anhand der materiellen Rechtsgrundlage des fraglichen Abkommens zu beantworten sei. Ein Abkommen wie das im vorliegenden Fall in Rede stehende, das allein auf Art. 37 EUV gestützt sei, betreffe „ausschließlich“ die GASP.

40

Nach Ansicht des Rates kann dieser Ansatz nicht durch die Unterscheidung zwischen den Begriffen „hauptsächlich“ und „ausschließlich“ in Art. 218 Abs. 3 und 6 AEUV in Frage gestellt werden. Abs. 3 dieses Artikels bezwecke mit der Bezugnahme auf die Übereinkünfte, die sich „ausschließlich oder hauptsächlich“ auf die GASP bezögen, die Klarstellung, wer berechtigt sei, dem Rat im Rahmen des Verfahrens der Aushandlung dieser Übereinkünfte Empfehlungen vorzulegen, während sich Abs. 6 dieses Artikels mit der Erwähnung der Übereinkünfte, die „ausschließlich“ die GASP beträfen, auf den Abschluss solcher Übereinkünfte beziehe.

41

Die Tschechische Republik fügt hinzu, dass Art. 218 Abs. 6 AEUV auf einem Parallelismus der Befugnisse des Parlaments nach innen und seiner Befugnisse nach außen beruhe. Diese Bestimmung solle somit garantieren, dass das Parlament die gleiche Rolle sowohl für den Erlass eines Beschlusses über den Abschluss einer Übereinkunft als auch für den Erlass einer internen Handlung innehabe. In diesem Zusammenhang erinnert die Tschechische Republik daran, dass die fragliche Bestimmung nur verfahrensrechtlicher Art sei, und weist darauf hin, dass nicht die Verfahren die Rechtsgrundlage eines Aktes festlegten, sondern die Rechtsgrundlage eines Aktes die Verfahren festlege, die für den Erlass dieses Aktes einzuhalten seien.

42

Das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich führen aus, dass die vom Parlament vertretene Auslegung von Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 AEUV zum einen das institutionelle Gleichgewicht beeinträchtige, das durch die Verträge eingeführt worden sei, nach denen das Parlament bei der Umsetzung der GASP, wie u. a. aus Art. 36 EUV hervorgehe, eine streng begrenzte Rolle habe. Zum anderen sei eine solche Auslegung, die den Anwendungsbereich der Verfahren auf dem Gebiet der GASP zugunsten der im AEU-Vertrag vorgesehenen Verfahren einschränke, nicht mit Art. 40 EUV vereinbar. Dieser garantiere nämlich, dass die Zuständigkeiten aus dem AEU-Vertrag nicht in die für die GASP vorgesehenen eingriffen. Im Übrigen räume diese Auslegung dem Parlament entgegen der von den Urhebern des Vertrags von Lissabon getroffenen Entscheidung, dem Parlament in Bezug auf das Handeln der Union im Rahmen der GASP eine begrenztere Rolle zu geben, ein Vetorecht auf dem Gebiet der GASP ein.

Würdigung durch den Gerichtshof

43

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts auf objektiven und gerichtlich nachprüfbaren Umständen, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören, beruhen muss. Ergibt die Prüfung einer Maßnahme, dass sie zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Akt auf nur eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf diejenige, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert. Verfolgt eine Maßnahme dagegen mehrere Zielsetzungen zugleich oder umfasst mehrere Komponenten, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass die eine gegenüber der anderen nebensächlich ist, so dass verschiedene Vertragsbestimmungen anwendbar sind, muss eine solche Maßnahme ausnahmsweise auf die entsprechenden verschiedenen Rechtsgrundlagen gestützt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat, C‑130/10, EU:C:2012:472, Rn. 42 bis 44).

44

Zur Bestimmung des Umfangs des ersten Klagegrundes ist darauf hinzuweisen, dass das Parlament, wie es dies im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, mit diesem Klagegrund nicht geltend macht, dass der angefochtene Beschluss auf eine andere materielle Rechtsgrundlage als Art. 37 EUV hätte gestützt werden müssen, denn das Parlament erkennt ausdrücklich an, dass dieser Beschluss sowie das EU/Mauritius-Abkommen eine Zielsetzung verfolgen, die unter die GASP fällt.

45

Das Parlament erkennt darüber hinaus an, dass, obwohl der Beschluss und das Abkommen auch Zielsetzungen enthalten, die zu anderen Unionspolitiken als der GASP gehören, diese Zielsetzungen gegenüber derjenigen, die unter diesen Politikbereich fällt, nebensächlich sind und dass der angefochtene Beschluss, da diese letztere Zielsetzung somit als die für die Bestimmung seiner Rechtsgrundlage hauptsächliche angesehen werden kann, unter Ausschluss jeder anderen materiellen Rechtsgrundlage rechtsgültig allein auf Art. 37 EUV gestützt werden konnte.

46

Allerdings macht das Parlament geltend, der Umstand, dass der angefochtene Beschluss und das EU/Mauritius-Abkommen, sei es auch nur nebensächlich, andere Zielsetzungen als die unter die GASP fallenden verfolgten, sei ausreichend, um es auszuschließen, dass der Beschluss im Sinne von Art. 218 Abs. 6 AEUV ausschließlich diese Politik betreffe.

47

Einer solchen Auslegung dieser Bestimmung kann nicht gefolgt werden.

48

Zwar erlässt der Rat nach dem Wortlaut von Art. 218 Abs. 6 AEUV den Beschluss über den Abschluss einer internationalen Übereinkunft nach Zustimmung oder Anhörung des Parlaments „[m]it Ausnahme der Übereinkünfte, die ausschließlich die [GASP] betreffen“.

49

Jedoch lässt sich mit dieser Formulierung allein nicht zu einer eindeutigen Auslegung dieser Bestimmung gelangen.

50

Vor allem erlaubt diese Formulierung hinsichtlich eines Beschlusses über den Abschluss einer Übereinkunft, die eine unter die GASP fallende hauptsächliche Zielsetzung verfolgt, nicht die Feststellung, dass, wie der Rat behauptet, ein solcher Beschluss allein deshalb als „ausschließlich die [GASP] betreffen[d]“ angesehen werden kann, weil er unter Ausschluss jeder anderen materiellen Rechtsgrundlage auf eine materielle Rechtsgrundlage gestützt ist, die zu dieser Politik gehört. Sie erlaubt auch nicht die Feststellung, dass, wie das Parlament geltend macht, davon auszugehen ist, dass der Beschluss wegen seiner nebensächlichen anderen Zielsetzungen als der unter die GASP fallenden hauptsächlichen Zielsetzung auch andere Bereiche des Unionsrechts betrifft.

51

Unter diesen Umständen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung für die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihre Ziele und ihr Zusammenhang zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Klarenberg, C‑466/07, EU:C:2009:85, Rn. 37, und Koushkaki, C‑84/12, EU:C:2013:862, Rn. 34).

52

In Bezug auf die Ziele von Art. 218 AEUV ist darauf hinzuweisen, dass dieser Artikel nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nunmehr, um Erfordernissen der Klarheit, der Kohärenz und der Rationalisierung zu genügen, ein einheitliches Verfahren von allgemeiner Geltung für die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte vorsieht, für deren Abschluss die Union in ihren Tätigkeitsbereichen, einschließlich der GASP, zuständig ist, es sei denn, die Verträge sehen besondere Verfahren vor.

53

Dieses Verfahren muss aber gerade aufgrund seines allgemeinen Charakters die in den Verträgen für jeden Tätigkeitsbereich der Union vorgesehenen Besonderheiten, insbesondere in Bezug auf die Befugnisse der Organe, berücksichtigen.

54

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 218 Abs. 6 AEUV, um diese Besonderheiten zu berücksichtigen, drei Arten des Verfahrens zum Abschluss einer internationalen Übereinkunft umfasst, die jeweils eine unterschiedliche Rolle für das Parlament vorsehen. So kann dieses Organ aufgerufen sein, dem Abschluss einer Übereinkunft zuzustimmen, es kann zu dem Abschluss nur angehört werden, oder es kann von dem Prozess des Abschlusses der Übereinkunft ausgeschlossen sein. Davon unberührt bleibt jedoch sein Recht nach Art. 218 Abs. 10 AEUV, in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet zu werden.

55

Wie insbesondere aus Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 Buchst. a Ziff. v AEUV abgeleitet werden kann, soll diese Unterscheidung nach außen die nach innen geltende Aufteilung der Befugnisse zwischen den Organen widerspiegeln. Der Vertrag von Lissabon hat nämlich zum einen die Zustimmung des Parlaments zum Abschluss einer internationalen Übereinkunft gerade für die Übereinkünfte verlangt, die Bereiche erfassen, in denen nach innen das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV oder das besondere Gesetzgebungsverfahren – aber nur, wenn dieses die Zustimmung des Parlaments erfordert – Anwendung findet. Zum anderen ist die Beteiligung dieses Organs am Abschluss einer solchen Übereinkunft nur ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich die GASP betrifft, in deren Rahmen der Vertrag von Lissabon dem Parlament eine begrenzte Rolle eingeräumt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat, EU:C:2012:472, Rn. 82).

56

Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in den Nrn. 30 bis 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt Art. 218 Abs. 6 AEUV eine Symmetrie zwischen dem Verfahren zum Erlass von Unionsmaßnahmen im Inneren und dem Verfahren zum Erlass internationaler Übereinkünfte her, um zu gewährleisten, dass das Parlament und der Rat im Zusammenhang mit einem bestimmten Bereich unter Wahrung des durch die Verträge vorgesehenen institutionellen Gleichgewichts die gleichen Befugnisse haben.

57

Gerade, um dafür Sorge zu tragen, dass diese Symmetrie tatsächlich beachtet wird, gilt die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeitete Regel, wonach die materielle Rechtsgrundlage für die beim Erlass des Rechtsakts zu befolgenden Verfahren maßgebend ist (vgl. Urteil Parlament/Rat, EU:C:2012:472, Rn. 80), nicht nur für die beim Erlass eines internen Rechtsakts vorgesehenen Verfahren, sondern auch für diejenigen, die auf den Abschluss internationaler Übereinkünfte anwendbar sind.

58

Folglich ist im Rahmen des Verfahrens zum Abschluss einer internationalen Übereinkunft nach Art. 218 AEUV davon auszugehen, dass die materielle Rechtsgrundlage des Beschlusses über den Abschluss dieser Übereinkunft die Art des Verfahrens bestimmt, das nach Abs. 6 dieser Vorschrift Anwendung findet.

59

Insbesondere findet dann, wenn der Beschluss über den Abschluss der fraglichen Übereinkunft rechtsgültig ausschließlich auf eine unter die GASP fallende materielle Rechtsgrundlage gestützt ist, die in Art. 218 Abs. 6 Unterabs. 2 erster Halbsatz AEUV vorgesehene Art des Verfahrens Anwendung.

60

Eine solche Auslegung hat umso mehr ihren Grund, wenn man die Anforderungen an die Rechtssicherheit in Betracht zieht. Indem nämlich die verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage an der materiellen Rechtsgrundlage eines Rechtsakts festgemacht wird, ermöglicht diese Auslegung entsprechend den Ausführungen in Rn. 43 des vorliegenden Urteils die Bestimmung des anwendbaren Verfahrens auf der Grundlage objektiver Kriterien, die einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sind. Im Übrigen stellt dies die Kohärenz bei der Wahl der Rechtsgrundlagen eines Rechtsakts sicher. Dagegen hätte die vom Parlament vertretene Auslegung zur Folge, dass in gewissem Maße Unsicherheit und Inkohärenz in diese Wahl einfließen würden, da sich mit ihr die Anwendung unterschiedlicher Verfahren auf unionsrechtliche Akte mit ein und derselben materiellen Rechtsgrundlage feststellen ließe.

61

Auch mit dem Kontext, in dem die fragliche Bestimmung steht, kann keine andere Auslegung gerechtfertigt werden. Vor allem unter Berücksichtigung der Ziele von Art. 218 AEUV kann der vom Parlament geltend gemachte Umstand, dass Art. 218 Abs. 3 AEUV Übereinkünfte betreffe, die sich „ausschließlich oder hauptsächlich“ auf die GASP bezögen, während Art. 218 Abs. 6 AEUV nur die Übereinkünfte erwähne, die „ausschließlich“ die GASP beträfen, die vom Parlament vorgetragene Auslegung der letztgenannten Bestimmung nicht stützen. Ferner nehmen diese beiden Absätze unterschiedliche Situationen in den Blick. Während Art. 218 Abs. 3 AEUV klarstellen soll, wer berechtigt ist, dem Rat im Rahmen des Verfahrens der Aushandlung der betreffenden Übereinkünfte Empfehlungen vorzulegen, und somit in einer Phase seinen Platz hat, die dem Abschluss einer internationalen Übereinkunft vorausgeht, betrifft Art. 218 Abs. 6 AEUV den Beschluss des Rates über den Abschluss solcher Übereinkünfte.

62

Unter diesen Umständen konnte der angefochtene Beschluss sowohl ohne Zustimmung als auch ohne Anhörung des Parlaments erlassen werden.

63

Folglich ist der erste Klagegrund unbegründet.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 218 Abs. 10 AEUV

Vorbringen der Parteien

64

Mit seinem zweiten Klagegrund macht das Parlament geltend, der Rat habe, indem er es nicht in allen Phasen der Aushandlung und des Abschlusses des EU/Mauritius-Abkommens unverzüglich und umfassend unterrichtet habe, gegen Art. 218 Abs. 10 AEUV verstoßen, der auf alle von der Union geschlossenen Übereinkünfte, einschließlich der unter die GASP fallenden, anwendbar sei.

65

Insbesondere sei das Parlament nicht unverzüglich unterrichtet worden, da der Rat ihm die Texte des angefochtenen Beschlusses und des EU/Mauritius-Abkommens erst am 17. Oktober 2011 übermittelt habe, also mehr als drei Monate nach dem Erlass des Beschlusses und der Unterzeichnung des Abkommens am 12. bzw. am 14. Juli 2011 und 17 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.

66

Der Rat, dessen Vortrag im Wesentlichen von der Tschechischen Republik, der Französischen Republik, dem Königreich Schweden und dem Vereinigten Königreich unterstützt wird, wendet in erster Linie die Unzulässigkeit des zweiten Klagegrundes ein. Da der angefochtene Beschluss ausschließlich die GASP betreffe, sei der Gerichtshof nämlich nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 AEUV nicht zuständig, um über dessen Rechtmäßigkeit zu entscheiden.

67

Hilfsweise macht der Rat geltend, dieser Klagegrund greife in der Sache nicht durch, da das Parlament in Wirklichkeit ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Insbesondere sei die Zeitspanne, innerhalb deren das Parlament über den angefochtenen Beschluss unterrichtet worden sei, auch wenn sie etwas länger gewesen sei als in der Praxis üblich, noch angemessen, wenn dabei auch berücksichtigt werde, dass sie die Sommerpause umfasst habe.

68

Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs erwidert das Parlament, dass Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV diese Zuständigkeit nur für die besonderen Bestimmungen über die GASP in Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags ausschließe, nicht aber für Art. 218 Abs. 10 AEUV, dessen Verletzung mit dem zweiten Klagegrund gerügt werde.

Würdigung durch den Gerichtshof

69

Was zunächst die Frage der Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über den zweiten Klagegrund betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich, wie der Rat geltend macht, aus Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV ergibt, dass der Gerichtshof in Bezug auf die Bestimmungen über die GASP und die auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsakte grundsätzlich nicht zuständig ist.

70

Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV führen jedoch eine Abweichung von der Regel der allgemeinen Zuständigkeit ein, die Art. 19 EUV dem Gerichtshof zur Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge einräumt, und sind folglich einschränkend auszulegen.

71

Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass, obgleich der angefochtene Beschluss gestützt auf eine einzige, unter die GASP fallende materielle Rechtsgrundlage, nämlich Art. 37 EUV, ergangen ist, aus den Erwägungsgründen dieses Beschlusses hervorgeht, dass seine verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage Art. 218 Abs. 5 und 6 AEUV ist, der das Verfahren der Unterzeichnung und des Abschlusses internationaler Übereinkünfte regelt.

72

Wie in Rn. 52 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat das Verfahren nach Art. 218 AEUV allgemeine Geltung und findet daher grundsätzlich auf alle von der Union ausgehandelten und abgeschlossenen internationalen Übereinkünfte in allen Tätigkeitsbereichen der Union, einschließlich der im Gegensatz zu anderen Bereichen keinem besonderen Verfahren unterliegenden GASP, Anwendung.

73

Daher kann nicht geltend gemacht werden, die ausnahmsweise Beschränkung der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 AEUV reiche ihrem Umfang nach so weit, die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung und Anwendung einer Vorschrift wie Art. 218 AEUV auszuschließen, die, obwohl sie das Verfahren vorsieht, auf dessen Grundlage ein unter die GASP fallender Rechtsakt erlassen worden ist, nicht unter die GASP fällt.

74

Der Gerichtshof ist demnach für die Entscheidung über den zweiten Klagegrund zuständig.

75

Zur Begründetheit des zweiten Klagegrundes ist sodann darauf hinzuweisen, dass Art. 218 Abs. 10 AEUV vorsieht, dass das Parlament „in allen Phasen des [in diesem Artikel vorgesehenen] Verfahrens [der Aushandlung und des Abschlusses von internationalen Übereinkünften] unverzüglich und umfassend unterrichtet [wird]“.

76

Es ist aber festzustellen, dass das Parlament im vorliegenden Fall nicht in allen Phasen des Verfahrens der Aushandlung und des Abschlusses des EU/Mauritius-Abkommens unverzüglich unterrichtet wurde.

77

Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich nämlich, dass der Rat das Parlament, nachdem er ihm die Aufnahme von Verhandlungen mitgeteilt hatte, über den Erlass des angefochtenen Beschlusses und die Unterzeichnung des Abkommens erst drei Monate später und 17 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union unterrichtete.

78

Folglich hat der Rat gegen Art. 218 Abs. 10 AEUV verstoßen.

79

Dieses Ergebnis kann nicht durch das Argument des Rates in Frage gestellt werden, wonach der angefochtene Beschluss jedenfalls im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sei, so dass das Parlament davon habe Kenntnis nehmen können. Diese Veröffentlichung ist nämlich in Art. 297 AEUV vorgesehen und entspricht den Publizitätsanforderungen, denen ein unionsrechtlicher Akt für sein Inkrafttreten unterliegt, während das Erfordernis der Unterrichtung gemäß Art. 218 Abs. 10 AEUV vorgesehen ist, um sicherzustellen, dass das Parlament gerade infolge der Wahl der Rechtsgrundlage für einen Beschluss über den Abschluss einer Übereinkunft in die Lage versetzt wird, eine demokratische Kontrolle über das Außenhandeln der Union auszuüben und – spezifischer – zu überprüfen, dass seine Befugnisse gewahrt worden sind.

80

Was schließlich die Folgen des Verstoßes gegen Art. 218 Abs. 10 AEUV für die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses angeht, ist festzustellen, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Verfahrensregel eine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV darstellt, deren Verletzung zur Nichtigkeit des damit behafteten Rechtsakts führt.

81

Diese Regel ist nämlich Ausdruck der demokratischen Grundsätze, auf denen die Union beruht. Der Gerichtshof hat insbesondere bereits klargestellt, dass die Beteiligung des Parlaments am Entscheidungsprozess auf Unionsebene ein grundlegendes demokratisches Prinzip widerspiegelt, wonach die Völker durch eine Versammlung ihrer Vertreter an der Ausübung hoheitlicher Gewalt teilhaben (vgl. in diesem Sinne Urteile Roquette Frères/Rat, 138/79, EU:C:1980:249, Rn. 33, und Parlament/Rat, EU:C:2012:472, Rn. 81).

82

Unter diesem Blickwinkel hat der Vertrag von Lissabon die Bedeutung dieser Regel auf der Systemebene sogar aufgewertet, indem er sie in eine eigenständige Bestimmung aufgenommen hat, die auf alle Verfahrensarten anwendbar ist, die in Art. 218 AEUV vorgesehen sind.

83

Wie in Rn. 55 des vorliegenden Urteils ausgeführt, bleibt die Rolle, die der Vertrag von Lissabon dem Parlament im Bereich der GASP übertragen hat, zwar begrenzt.

84

Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass dem Parlament, auch wenn es von dem Verfahren der Aushandlung und des Abschlusses einer Übereinkunft, die ausschließlich die GASP betrifft, ausgeschlossen ist, jedes Informationsrecht in Bezug auf diese Politik der Union verwehrt ist.

85

Vielmehr gilt gerade zu diesem Zweck das Erfordernis der Unterrichtung nach Art. 218 Abs. 10 AEUV für jedes Verfahren zum Abschluss einer internationalen Übereinkunft, einschließlich der Übereinkünfte, die ausschließlich die GASP betreffen.

86

Soweit aber das Parlament nicht gemäß Art. 218 Abs. 10 AEUV in allen Phasen des Verfahrens, einschließlich derjenigen, die dem Abschluss der Übereinkunft vorausgeht, unverzüglich und umfassend unterrichtet wird, ist es nicht in der Lage, das ihm durch die Verträge im Bereich der GASP eingeräumte Informationsrecht auszuüben und gegebenenfalls seinen Standpunkt in Bezug insbesondere auf die richtige Rechtsgrundlage geltend zu machen, auf die der in Rede stehende Rechtsakt zu stützen ist. Der Verstoß gegen dieses Erfordernis der Unterrichtung beeinträchtigt daher die Bedingungen, unter denen das Parlament seine Funktionen auf dem Gebiet der GASP ausübt, und stellt folglich einen Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift dar.

87

Unter diesen Umständen greift der zweite Klagegrund in der Sache durch, und der angefochtene Beschluss ist demnach für nichtig zu erklären.

Zur Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

88

Sowohl das Parlament als auch der Rat und die meisten der als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten beantragen für den Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, dessen Wirkungen aufrechtzuerhalten, bis er ersetzt worden ist.

89

Nach Art. 264 Abs. 2 AEUV kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, diejenigen der Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

90

Es ist anzuerkennen, dass die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ohne Aufrechterhaltung seiner Wirkungen den Ablauf der auf der Grundlage des EU/Mauritius-Abkommens durchgeführten Operationen und insbesondere die volle Wirksamkeit der strafrechtlichen Verfolgung und Aburteilung mutmaßlicher Seeräuber, die von EUNAVFOR aufgegriffen wurden, behindern könnte.

91

Folglich ist es angebracht, von der dem Gerichtshof nach Art. 264 Abs. 2 AEUV eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, der mit dem vorliegenden Urteil für nichtig erklärt wird, aufrechtzuerhalten.

Kosten

92

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jedoch jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

93

Da das Parlament und der Rat im vorliegenden Fall mit ihrem Vorbringen jeweils teilweise unterlegen sind, haben sie ihre eigenen Kosten zu tragen.

94

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss 2011/640/GASP des Rates vom 12. Juli 2011 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Mauritius über die Bedingungen für die Überstellung mutmaßlicher Seeräuber sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden beschlagnahmten Gütern durch die EU-geführte Seestreitkraft an die Republik Mauritius und über die Behandlung mutmaßlicher Seeräuber nach der Überstellung wird für nichtig erklärt.

 

2.

Die Wirkungen des Beschlusses 2011/640 werden aufrechterhalten.

 

3.

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

 

4.

Die Tschechische Republik, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Königreich Schweden, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.