URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

18. Juli 2013 ( *1 )

„Gemeinsame Handelspolitik — Art. 207 AEUV — Handelsaspekte des geistigen Eigentums — Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) — Art. 27 — Patentfähiger Gegenstand — Art. 70 — Schutz bestehender Gegenstände des Schutzes“

In der Rechtssache C-414/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Polymeles Protodikeio Athinon (Griechenland) mit Entscheidung vom 21. Juli 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 8. August 2011, in dem Verfahren

Daiichi Sankyo Co. Ltd,

Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

gegen

DEMO Anonymos Viomichaniki kai Emporiki Etairia Farmakon

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, M. Ilešič (Berichterstatter), L. Bay Larsen, T. von Danwitz, A. Rosas und E. Jarašiūnas, der Richter U. Lõhmus, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Richterin A. Prechal und des Richters C. G. Fernlund,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Daiichi Sankyo Co. Ltd, vertreten durch E. Metaxakis und K. Kilimiris, dikigoroi, sowie durch L. Van den Hende, advocaat,

der DEMO Anonymos Viomichaniki kai Emporiki Etairia Farmakon, vertreten durch E. Michalopoulou und G. Kotroni, dikigoroi,

der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou, Z. Chatzipavlou, V. Kyriazopoulos und A. Zacheilas als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,

der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, S. Menez und A. Adam als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,

der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und A. P. Antunes als Bevollmächtigte,

der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch A. Robinson als Bevollmächtigten im Beistand von T. Mitcheson, Barrister,

der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes und I. Zervas als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. Januar 2013

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 27 und 70 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) in Anhang 1C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnet und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt wurde (im Folgenden: WTO-Übereinkommen).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Daiichi Sankyo Co. Ltd (im Folgenden: Daiichi Sankyo) und der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH (im Folgenden: Sanofi-Aventis) gegen die DEMO Anonymos Viomichaniki kai Emporiki Etairia Farmakon (im Folgenden: DEMO), bei dem es darum geht, dass DEMO ein Generikum mit einer Substanz als Wirkstoff vertreibt, die durch Patentrechte von Daiichi Sankyo geschützt sein soll.

Rechtlicher Rahmen

Das TRIPS-Übereinkommen

3

Nach seiner Präambel dient das TRIPS-Übereinkommen dazu, „Verzerrungen und Behinderungen des internationalen Handels zu verringern“, und erwähnt in diesem Rahmen die „Notwendigkeit, einen wirksamen und angemessenen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zu fördern“.

4

In Abschnitt 5 („Patente“) von Teil II („Normen betreffend die Verfügbarkeit, den Umfang und die Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums“) dieses Übereinkommens bestimmt Art. 27 („Patentfähige Gegenstände“):

„(1)   Vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 ist vorzusehen, dass Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erhältlich sind, sowohl für Erzeugnisse als auch für Verfahren, vorausgesetzt, dass sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind … Vorbehaltlich … des Artikels 70 Absatz 8 und des Absatzes 3 dieses Artikels sind Patente erhältlich und können Patentrechte ausgeübt werden, ohne dass hinsichtlich des Ortes der Erfindung, des Gebiets der Technik oder danach, ob die Erzeugnisse eingeführt oder im Land hergestellt werden, diskriminiert werden darf.

(2)   Die Mitglieder können Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch ihr Recht verboten ist.

(3)   Die Mitglieder können von der Patentierbarkeit auch ausschließen

a)

diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen oder Tieren;

b)

Pflanzen und Tiere, mit Ausnahme von Mikroorganismen, und im Wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen oder Tieren mit Ausnahme von nicht-biologischen und mikrobiologischen Verfahren. …“

5

In Teil VII („Institutionelle Regelungen; Schlussbemerkungen“) des TRIPS-Übereinkommens sieht Art. 70 („Schutz bestehender Gegenstände des Schutzes“) vor:

„(1)   Aus diesem Übereinkommen ergeben sich keine Verpflichtungen in Bezug auf Handlungen, die vor dem Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied stattfanden.

(2)   Sofern in diesem Übereinkommen nichts anderes vorgesehen ist, ergeben sich daraus Verpflichtungen in Bezug auf sämtliche Gegenstände des Schutzes, die zum Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied vorhanden und zu diesem Zeitpunkt in diesem Mitglied geschützt sind oder die Schutzvoraussetzungen nach Maßgabe dieses Übereinkommens erfüllen oder in der Folge erfüllen werden. …

(8)   Sieht ein Mitglied zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens keinen seinen Verpflichtungen nach Artikel 27 entsprechenden Patentschutz für pharmazeutische und agrochemische Erzeugnisse vor, so muss dieses Mitglied

a)

ungeachtet des Teils VI ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens eine Möglichkeit für das Einreichen von Anmeldungen von Patenten für solche Erfindungen vorsehen,

b)

auf diese Anmeldungen vom Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens an die in diesem festgelegten Voraussetzungen für die Patentfähigkeit so anwenden, als würden sie am Tag der Anmeldung in diesem Mitglied oder, sofern Priorität zur Verfügung steht und in Anspruch genommen wird, am Prioritätstag der Anmeldung angewendet, und

c)

Patentschutz nach Maßgabe dieses Übereinkommens ab der Erteilung des Patents und für die verbleibende Schutzdauer des Patents, gerechnet ab dem Anmeldetag im Sinne des Artikels 33, für diejenigen Anmeldungen vorsehen, die den unter Buchstabe b) genannten Schutzvoraussetzungen entsprechen.

…“

6

Teil VI des TRIPS-Übereinkommens, auf den sich Art. 70 bezieht, umfasst die Art. 65 bis 67 dieses Übereinkommens. Nach Art. 65 Abs. 1 des Übereinkommens „ist kein Mitglied verpflichtet, dieses Übereinkommen vor Ablauf einer allgemeinen Frist von einem Jahr nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens anzuwenden“.

Das Europäische Patentübereinkommen

7

Das am 5. Oktober 1973 in München unterzeichnete und am 7. Oktober 1977 in Kraft getretene Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente in seiner bei der Erteilung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Patents geltenden Fassung (im Folgenden: EPÜ) regelt einige Aspekte des Patentrechts in den europäischen Staaten, die ihm beigetreten sind. Zu seinen Zielen gehören die Standardisierung der Vorschriften über die Dauer des Patents, den Begriff der Erfindung und die Anforderungen an die Patentierbarkeit.

8

Art. 167 („Vorbehalte“) des EPÜ bestimmte:

„…

(2)   Jeder Vertragsstaat kann sich vorbehalten zu bestimmen:

a)

dass europäische Patente übereinstimmend mit den für nationale Patente geltenden Vorschriften unwirksam sind oder für nichtig erklärt werden können, soweit sie Schutz für chemische Erzeugnisse als solche oder für Nahrungs- oder Arzneimittel als solche gewähren; ein solcher Vorbehalt berührt nicht den Schutz aus dem Patent, soweit es ein Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines chemischen Erzeugnisses oder ein Verfahren zur Herstellung eines Nahrungs- oder Arzneimittels betrifft;

„(3)   Alle von einem Vertragsstaat gemachten Vorbehalte sind für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren vom Inkrafttreten dieses Übereinkommens an wirksam. Hat ein Vertragsstaat Vorbehalte nach Absatz 2 Buchstabe a oder b gemacht, so kann der Verwaltungsrat mit Wirkung für diesen Staat die Frist für alle oder einen Teil der gemachten Vorbehalte um höchstens fünf Jahre verlängern …

(5)   Ein nach Absatz 2 Buchstabe a, b oder c gemachter Vorbehalt erstreckt sich auf die europäischen Patente, die auf Grund von europäischen Patentanmeldungen erteilt worden sind, die während der Wirksamkeit des Vorbehalts eingereicht worden sind. Der Vorbehalt bleibt während der gesamten Geltungsdauer dieser Patente wirksam.

(6)   Jeder Vorbehalt wird mit Ablauf des in Absatz 3 Satz 1 erwähnten Zeitraums und, falls der Zeitraum verlängert worden ist, mit Ablauf des verlängerten Zeitraums unwirksam; Absätze 4 und 5 bleiben unberührt.“

Die Verordnung (EWG) Nr. 1768/92

9

Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1) bestimmte:

„Für jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens … ist, kann nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Modalitäten ein [ergänzendes Schutzzertifikat (im Folgenden: ESZ)] erteilt werden.“

10

In Art. 1 der Verordnung Nr. 1768/92 war der Begriff „Arzneimittel“ als „ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird“ und der Begriff „Erzeugnis“ als „der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“ definiert.

11

Art. 4 dieser Verordnung bestimmte, dass sich „[i]n den Grenzen des durch das Grundpatent gewährten Schutzes der durch das [ESZ] gewährte Schutz allein auf das Erzeugnis [erstreckt], das von der Genehmigung für das Inverkehrbringen des entsprechenden Arzneimittels erfasst wird, und zwar auf diejenigen Verwendungen des Erzeugnisses als Arzneimittel, die vor Ablauf des [ESZ] genehmigt wurden“. In Art. 5 der Verordnung hieß es weiter: „Vorbehaltlich des Artikels 4 gewährt das [ESZ] dieselben Rechte wie das Grundpatent und unterliegt denselben Beschränkungen und Verpflichtungen.“

12

Der Begriff „Grundpatent“ bezog sich nach Art. 1 der Verordnung Nr. 1768/92 auf „ein Patent, das ein Erzeugnis … als solches, ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses oder eine Verwendung eines Erzeugnisses schützt und das von seinem Inhaber für das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats bestimmt ist“.

13

Art. 13 der Verordnung Nr. 1768/92 sah vor:

„(1)   Das [ESZ] gilt ab Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und dem Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entspricht, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren.

(2)   Ungeachtet des Absatz[es] 1 beträgt die Laufzeit des [ESZ] höchstens fünf Jahre vom Zeitpunkt seines Wirksamwerdens an.“

14

Die Verordnung Nr. 1768/92 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1), die am 6. Juli 2009 in Kraft trat, aufgehoben und ersetzt. Die oben angeführten Bestimmungen der Verordnung Nr. 1768/92 wurden im Wesentlichen in die Verordnung Nr. 469/2009 übernommen.

Die griechische Patentregelung

15

Die Hellenische Republik ratifizierte das EPÜ im Jahr 1986 und brachte einen Vorbehalt gemäß Art. 167 Abs. 2 Buchst. a EPÜ in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse an. Nach Art. 167 Abs. 3 EPÜ lief dieser Vorbehalt am 7. Oktober 1992 aus.

16

Die Hellenische Republik ratifizierte das TRIPS-Übereinkommen mit Wirkung vom 9. Februar 1995.

17

Im Bereich der Patente gilt in Griechenland darüber hinaus das Gesetz 1733/1987 über Technologietransfer, Erfindungen, technologische Innovation und die Einrichtung einer Atomenergiekommission, das am 22. April 1987 in Kraft getreten ist.

18

Gemäß Art. 5 des Gesetzes 1733/1987 können Gegenstand eines Patents Erzeugnisse, Verfahren oder Industrieanwendungen sein, wobei es nach Art. 7 des Gesetzes Sache des Antragstellers ist, in Form von Ansprüchen den Gegenstand des beantragten Schutzes anzugeben.

19

Gemäß Art. 11 des Gesetzes 1733/1987 beläuft sich die Schutzdauer eines Patents auf 20 Jahre und beginnt mit dem auf die Einreichung der Patentanmeldung folgenden Tag.

20

Art. 25 Abs. 3 des Gesetzes 1733/1987 sah vor, dass, „[s]olange Griechenland seinen Vorbehalt gemäß Art. 167 Abs. 2 [Buchst. a EPÜ] aufrechterhält, vom [Organismos Viomichanikis Idioktisias (Amt für das gewerbliche Eigentum)] für pharmazeutische Erzeugnisse keine Patente erteilt [werden]“.

21

Nach diesem Gesetz in seiner Auslegung durch die griechischen Gerichte war es diesem Amt untersagt, nationale Patente für pharmazeutische Erzeugnisse zu erteilen, und nur die Erteilung von Patenten zum Schutz der Erfindung eines Herstellungsverfahrens für ein pharmazeutisches Erzeugnis war zulässig.

22

Die Unmöglichkeit, europäische und nationale Patente für pharmazeutische Erzeugnisse zu erteilen, bestand im Übrigen auch in der Zeit vom Inkrafttreten des EPÜ für die Hellenische Republik bis zum Inkrafttreten des Gesetzes 1733/1987. Gemäß dem Vorrang der internationalen Übereinkünfte vor den nationalen Gesetzen im Sinne von Art. 28 der Verfassung wurde die Tragweite des Gesetzes 2527/1920 über Patente, das dem Gesetz 1733/1987 vorausging, für diesen Zeitraum nämlich dahin ausgelegt, dass es durch den im Rahmen des EPÜ angebrachten Vorbehalt beschränkt war.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

23

Daiichi Sankyo war Inhaberin eines am 21. Oktober 1986 in Griechenland erteilten Patents, das sich auf die chemische Zusammensetzung Levofloxacin-Hemihydrat bezog. Diese Zusammensetzung wird als Wirkstoff in Antibiotikabehandlungen verwendet.

24

Mit der am 20. Juni 1986 eingereichten Patentanmeldung war der Schutz sowohl für Levofloxacin-Hemihydrat als solches wie für dessen Herstellungsverfahren beantragt worden.

25

Der Schutz durch dieses Patent, der am 20. Juni 2006 auslief, wurde nach Maßgabe der Verordnung Nr. 1768/92 durch ein ESZ verlängert. Nach Art. 13 dieser Verordnung betrug die Laufzeit dieses ESZ höchstens fünf Jahre. Der Daiichi Sankyo gewährte Patentschutz lief somit im Jahr 2011 aus.

26

Levofloxacin-Hemihydrat wird als Wirkstoff eines Originalarzneimittels mit der Bezeichnung „Tavanic“ verwendet. Dieses Arzneimittel wird in Griechenland von Sanofi-Aventis vertrieben, die dort eine von Daiichi Sanyo erteilte Lizenz für den Vertrieb pharmazeutischer Originalarzneimittel mit dem Wirkstoff Levofloxacin-Hemihydrat besitzt. Die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Tavanic wurde von der zuständigen griechischen Behörde am 17. Februar 1999 erteilt.

27

Diese Behörde erteilte DEMO am 22. September 2008 und am 22. Juli 2009 Genehmigungen für das Inverkehrbringen von generischen Arzneimittelerzeugnissen mit dem Wirkstoff Levofloxacin-Hemihydrat. DEMO schickte sich an, ein solches Erzeugnis unter der Bezeichnung „Talerin“ zu vertreiben.

28

Daiichi Sankyo und Sanofi-Aventis erhoben am 23. September 2009 beim Polymeles Protodikeio Athinon (Kollegialgericht erster Instanz Athen) eine Klage gegen DEMO, die insbesondere auf die Einstellung des Vertriebs von Talerin oder anderer Erzeugnisse mit dem Wirkstoff Levofloxacin-Hemihydrat durch DEMO, die Zahlung eines Zwangsgelds je Packung eines solchen Medikaments, die Genehmigung, jedes Erzeugnis, das das in Rede stehende Patent verletzt und sich im Besitz von DEMO oder einem Dritten befindet, beschlagnahmen und vernichten zu lassen, sowie den Zugang zu den Daten betreffend die Herstellung und den Vertrieb von Talerin oder anderer generischer Arzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff gerichtet war.

29

Dieses Gericht legt dar, dass der Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits davon abhänge, ob sich das ESZ von Daiichi Sankyo nur auf ein Herstellungsverfahren für den Wirkstoff Levofloxacin-Hemihydrat oder auch auf den Wirkstoff als solchen bezogen habe. Im Fall eines Schutzes des „Erzeugnisses“ im Sinne der Verordnung Nr. 1768/92 genüge es, wenn Daiichi Sankyo, um feststellen zu lassen, dass DEMO ihre Patentrechte verletzt habe, nachweise, dass Tavanic und Talerin denselben Wirkstoff hätten. Habe sich der durch dieses ESZ gewährte Schutz dagegen nur auf das Herstellungsverfahren erstreckt, würde der Umstand, dass Tavanic und Talerin denselben Wirkstoff hätten, lediglich die Vermutung begründen, dass das Generikum nach dem durch dieses ESZ geschützten Verfahren hergestellt worden sei. In diesem Fall könnte DEMO diese Vermutung widerlegen, indem sie nachweise, dass dieses Arzneimittel nach einem anderen Verfahren hergestellt worden sei.

30

Das vorlegende Gericht erläutert, dass das am 20. Juni 1986 beantragte und am 21. Oktober 1986 erteilte Patent von Daiichi Sankyo wegen der fehlenden Patentierbarkeit pharmazeutischer Erzeugnisse in Griechenland bis zum 7. Oktober 1992 anfänglich nicht den Wirkstoff Levofloxacin-Hemihydrat als solchen geschützt habe. Es schließt jedoch nicht aus, dass die von Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens vorgeschriebene Patentierbarkeit pharmazeutischer Erzeugnisse wegen Art. 70 dieses Übereinkommens zur Folge habe, dass sich die Patentrechte von Daiichi Sankyo seit dem Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens auf diesen Wirkstoff erstreckten. Zwischen den griechischen Gerichten bestehe Uneinigkeit über die Tragweite dieser Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens.

31

Das Polymeles Protodikeio Athinon wirft im Übrigen die Frage auf, ob es selbst oder vielmehr der Gerichtshof Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens auszulegen habe. Diese Zuständigkeitsfrage stehe im Zusammenhang mit der Frage, ob diese Bestimmung einem Bereich angehöre, für den die Mitgliedstaaten weiter hauptsächlich zuständig seien.

32

Unter diesen Umständen hat das Polymeles Protodikeio Athinon beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Fällt Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens, in dem der Rahmen des Patentschutzes bestimmt wird, in einen Bereich, für den die Mitgliedstaaten weiter hauptsächlich zuständig sind, und, wenn ja, können die Mitgliedstaaten selbst dieser Bestimmung unmittelbare Wirkung zuerkennen, und kann ein nationales Gericht diese Bestimmung unter den im nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen unmittelbar anwenden?

2.

Stellen chemische und pharmazeutische Erzeugnisse nach Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens einen patentfähigen Gegenstand dar, sofern sie die Voraussetzungen für die Patenterteilung erfüllen, und, wenn ja, welches ist ihr Schutzbereich?

3.

Genießen nach den Art. 27 und 70 des TRIPS-Übereinkommens die Patente, die unter den Vorbehalt nach Art. 167 Abs. 2 des EPÜ fallen und vor dem 7. Februar 1992, d. h. vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens, erteilt worden waren und die die Erfindung pharmazeutischer Erzeugnisse betrafen, jedoch wegen des oben genannten Vorbehalts nur für den Schutz des Verfahrens zu deren Herstellung erteilt wurden, den Schutz für alle Patente nach den Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens, und, wenn ja, welches ist die Reichweite und der Inhalt des Schutzes, d. h., werden nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens darüber hinaus auch die pharmazeutischen Erzeugnisse als solche geschützt, oder gilt der Schutz weiterhin nur für das Verfahren zu deren Herstellung, oder ist nach dem Inhalt der Patentanmeldung zu unterscheiden, d. h., wurde durch die Beschreibung der Erfindung und der entsprechenden Ansprüche von Anfang an der Schutz eines Erzeugnisses oder eines Herstellungsverfahrens oder auch beides beantragt?

33

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2012, der dem Gerichtshof nach dem Abschluss des schriftlichen und des mündlichen Verfahrens zugegangen ist, haben Sanofi-Aventis und DEMO mitgeteilt, dass Sanofi-Aventis aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs ihre Beteiligung an der gemeinsam mit Daiichi Sankyo erhobenen Klage gegen DEMO beendet habe. Im selben Schriftsatz führen sie aus, dass dieses Ausscheiden keinen Einfluss auf die weiter bestehenden gegenseitigen Rechte und Ansprüche von Daiichi Sankyo und DEMO habe.

Zu den Vorlagefragen

Zur Zulässigkeit

34

DEMO führt in ihren schriftlichen Erklärungen aus, dass das Vorabentscheidungsersuchen gegenstandslos sei, da das Grundpatent und das ESZ von Daiichi Sankyo abgelaufen seien.

35

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zurückweisung des Vorabentscheidungsersuchens eines nationalen Gerichts dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 39, vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a., C-94/04 und C-202/04, Slg. 2006, I-11421, Randnr. 25, und vom 15. November 2012, Bericap Záródástechnikai, C-180/11, Randnr. 58).

36

Im vorliegenden Fall ersucht das vorlegende Gericht mit seiner zweiten und seiner dritten Frage um eine Auslegung der Art. 27 und 70 des TRIPS-Übereinkommens, die seines Erachtens für die Prüfung des Vorbringens von Daiichi Sankyo zur angeblichen Verletzung ihrer Patentrechte durch DEMO unerlässlich ist.

37

Entgegen dem Vorbringen von DEMO ist es nicht offensichtlich, dass der Gegenstand des Ausgangsverfahrens entfallen wäre und die begehrte Auslegung daher in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens stünde.

38

Die Vorlageentscheidung, die kurz vor dem Ablauf des ESZ von Daiichi Sankyo ergangen ist, enthält nämlich keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Rechtsstreit mit diesem Ablauf gegenstandslos geworden wäre. Vielmehr zeigt sich, dass einigen der Klageanträge von Daiichi Sankyo vom vorlegenden Gericht immer noch in zweckdienlicher Weise stattgegeben werden könnte, wenn dieses zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass DEMO den durch dieses ESZ gewährten Schutz verletzt hat. Dies gilt insbesondere für den Antrag auf Zugang zu den Daten über die Herstellung und den Vertrieb von Talerin sowie den Antrag auf Beschlagnahme und Vernichtung von Packungen von Talerin, von denen einige vor Ablauf des ESZ hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sein und sich immer noch im Besitz von DEMO oder von Dritten befinden können.

39

Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher als zulässig anzusehen.

Zur ersten Frage

40

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens einem Bereich angehört, für den die Mitgliedstaaten weiter hauptsächlich zuständig sind, und bejahendenfalls, ob die nationalen Gerichte dieser Bestimmung unter den im nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zuerkennen können.

41

Das TRIPS-Übereinkommen wurde von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten aufgrund einer geteilten Zuständigkeit abgeschlossen (Urteile vom 14. Dezember 2000, Dior u. a., C-300/98 und C-392/98, Slg. 2000, I-11307, Randnr. 33, und vom 11. September 2007, Merck Genéricos – Produtos Farmacêuticos, C-431/05, Slg. 2007, I-7001, Randnr. 33). Die Parteien des Ausgangsverfahrens und die Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, machen daher geltend, dass für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage zu prüfen sei, ob die Europäische Union beim gegenwärtigen Stand des Rechts ihre Zuständigkeiten im Bereich der Patente oder, genauer, der Patentierbarkeit ausgeübt habe.

42

In diesem Zusammenhang berufen sie sich auf die Rechtsprechung zu gemischten Übereinkommen, wonach für die Abgrenzung der von der Union übernommenen Verpflichtungen von denjenigen, die den Mitgliedstaaten verbleiben, zu klären ist, ob die Union in dem von dem betreffenden Artikel des in Rede stehenden Übereinkommens erfassten Bereich ihre Zuständigkeiten ausgeübt und Vorschriften über die Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen erlassen hat (Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C-240/09, Slg. 2011, I-1255, Randnrn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Die Europäische Kommission trägt hingegen vor, dass diese Rechtsprechung für das TRIPS-Übereinkommen nicht mehr maßgeblich sei, da sie nur auf Übereinkommen Anwendung finde, die auf einer geteilten Zuständigkeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten beruhten, und nicht auf solche, für die die Union ausschließlich zuständig sei. Das gesamte TRIPS-Übereinkommen beziehe sich auf „Handelsaspekte des geistigen Eigentums“ im Sinne von Art. 207 Abs. 1 AEUV. Infolgedessen falle dieses Übereinkommen nunmehr insgesamt in den Bereich der gemeinsamen Handelspolitik.

44

Vorab ist diese These der Kommission zu prüfen, auf die sich die mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof auch spezifisch bezogen hat. In dieser Verhandlung haben die vertretenen Regierungen dazu ausgeführt, dass die meisten Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens, wie z. B. diejenigen über die Patentierbarkeit in Art. 27, den internationalen Handelsverkehr nur mittelbar berührten und somit nicht zum Bereich der gemeinsamen Handelspolitik gehörten. Das Problem der Patentierbarkeit unterliege den geteilten Zuständigkeiten im Bereich des Binnenmarkts.

Vorbemerkungen

45

Nach Art. 207 Abs. 1 AEUV wird „[d]ie gemeinsame Handelspolitik … nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für die Änderung von Zollsätzen, für den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, und für die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländischen Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik sowie die handelspolitischen Schutzmaßnahmen … Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet.“

46

Diese Bestimmung, die am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, weicht erheblich von den Bestimmungen ab, die sie im Wesentlichen ersetzt hat, nämlich Art. 133 Abs. 1, Abs. 5 Unterabs. 1, Abs. 6 Unterabs. 2 und Abs. 7 EG.

47

Sie unterscheidet sich noch stärker von der Bestimmung, die galt, als das TRIPS-Übereinkommen geschlossen wurde, nämlich Art. 113 EG-Vertrag (später nach Änderung Art. 133 EG). In Art. 113 Abs. 1 hieß es: „Die gemeinsame Handelspolitik wird … nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für die Änderung von Zollsätzen, den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik und die handelspolitischen Schutzmaßnahmen.“ Die Handelsaspekte des geistigen Eigentums waren weder in diesem noch in einem anderen Absatz von Art. 113 erwähnt.

48

Unter Berücksichtigung dieser bedeutsamen Entwicklung des Primärrechts ist die Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten der Union und derjenigen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage des derzeit geltenden Vertrags zu prüfen (vgl. entsprechend Gutachten 1/08 vom 30. November 2009, Slg. 2009, I-11129, Randnr. 116). Für die Bestimmung, inwieweit das TRIPS-Übereinkommen seit dem Inkrafttreten des AEU-Vertrags in die ausschließliche Zuständigkeit der Union für die gemeinsame Handelspolitik fällt, sind daher weder das Gutachten 1/94 vom 15. November 1994 (Slg.1994, I-5267), in dem der Gerichtshof anhand von Art. 113 EG-Vertrag festgelegt hat, welche Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens von der gemeinsamen Handelspolitik und damit der ausschließlichen Zuständigkeit der Gemeinschaft erfasst wurden, noch das Urteil Merck Genéricos – Produtos Farmacêuticos erheblich, mit dem zu einem Zeitpunkt, zu dem Art. 133 EG galt, die von der Union übernommenen Verpflichtungen aus dem TRIPS-Übereinkommen von den bei den Mitgliedstaaten verbliebenen abgegrenzt wurden.

Zum Begriff „Handelsaspekte des geistigen Eigentums“

49

Nach Art. 207 Abs. 1 AEUV umfasst die gemeinsame Handelspolitik, die gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV der ausschließlichen Zuständigkeit der Union unterliegt, insbesondere die „Handelsaspekte des geistigen Eigentums“.

50

Wie aus dieser Bestimmung und insbesondere aus ihrem Satz 2 hervorgeht, wonach die gemeinsame Handelspolitik zum „auswärtigen Handeln der Union“ gehört, betrifft diese Politik den Handelsverkehr mit Drittländern und nicht den Handelsverkehr im Binnenmarkt.

51

Auch steht fest, dass ein Rechtsakt der Union, wie ein von dieser geschlossenes Übereinkommen, nicht schon deshalb zu der Kategorie von Übereinkommen, die unter die gemeinsame Handelspolitik fallen, zu zählen ist, weil er bestimmte Auswirkungen auf den internationalen Handelsverkehr haben kann. Dagegen ist ein Rechtsakt der Union Teil der gemeinsamen Handelspolitik, wenn er speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil er im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf ihn auswirkt (Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001, Slg. 2001, I-9713, Randnr. 40; Urteile vom 12. Mai 2005, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia und ERSA, C-347/03, Slg. 2005, I-3785, Randnr. 75, und vom 8. September 2009, Kommission/Parlament und Rat, C-411/06, Slg. 2009, I-7585, Randnr. 71).

52

Somit können von den Bestimmungen, die die Union im Bereich des geistigen Eigentums erlässt, nur diejenigen unter den Begriff „Handelsaspekte des geistigen Eigentums“ im Sinne von Art. 207 Abs. 1 AEUV und damit unter die gemeinsame Handelspolitik fallen, die einen spezifischen Bezug zum internationalen Handelsverkehr haben.

53

Dies ist bei den Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens der Fall. Selbst wenn sich diese Bestimmungen nicht auf die Zoll- oder sonstigen Modalitäten der Vorgänge des internationalen Handelsverkehrs als solche beziehen, weisen sie einen spezifischen Bezug zum internationalen Handelsverkehr auf. Dieses Übereinkommen ist nämlich integrierender Bestandteil des WTO-Systems und stellt eines der wesentlichen multilateralen Übereinkommen dar, auf denen dieses System beruht.

54

Dieser spezifische Bezug zum internationalen Handelsverkehr wird insbesondere daran deutlich, dass es die Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten, die Anhang 2 des WTO-Übereinkommens bildet und auf das TRIPS-Übereinkommen Anwendung findet, in Art. 22 Abs. 3 zulässt, Zugeständnisse in übergreifender Weise zwischen diesem Übereinkommen und den anderen multilateralen Hauptübereinkommen, aus denen das WTO-Übereinkommen besteht, auszusetzen.

55

Im Übrigen konnte den Urhebern des AEU-Vertrags, als sie in Art. 207 Abs. 1 AEUV vorsahen, dass die Handelsaspekte des geistigen Eigentums nunmehr vollständig Teil der gemeinsamen Handelspolitik sind, nicht verborgen geblieben sein, dass der damit in diese Bestimmung eingefügte Text praktisch wörtlich dem Titel des TRIPS-Übereinkommens entspricht.

56

Dass ein spezifischer Bezug zwischen dem TRIPS-Übereinkommen und dem internationalen Handelsverkehr besteht, der den Schluss rechtfertigt, dass dieses Übereinkommen zur gemeinsamen Handelspolitik gehört, wird nicht durch das Vorbringen der an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Regierungen widerlegt, wonach zumindest die Bestimmungen des Teils II des TRIPS-Übereinkommens, der Normen betreffend die Verfügbarkeit, den Umfang und die Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums enthalte und zu dem Art. 27 dieses Übereinkommens gehöre, gemäß insbesondere den Art. 114 AEUV und 118 AEUV in den Bereich des Binnenmarkts fielen.

57

Diese Argumentation berücksichtigt nämlich nicht ausreichend das Ziel des TRIPS-Übereinkommens im Allgemeinen und von dessen Teil II im Besonderen.

58

Der Hauptzweck des TRIPS-Übereinkommens besteht darin, den Schutz des geistigen Eigentums weltweit zu verstärken und zu harmonisieren (Urteil vom 13. September 2001, Schieving-Nijstad u. a., C-89/99, Slg. 2001, I-5851, Randnr. 36). Wie aus seiner Präambel hervorgeht, soll das TRIPS-Übereinkommen Verzerrungen des internationalen Handels dadurch verringern, dass es im Hoheitsgebiet aller WTO-Mitglieder einen wirksamen und angemessenen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums gewährleistet. Teil II dieses Übereinkommens trägt zur Verwirklichung dieses Ziels bei, indem für jede der Hauptkategorien von Rechten des geistigen Eigentums Normen aufgestellt werden, die von jedem WTO-Mitglied anzuwenden sind.

59

Zwar steht es der Union nach dem Inkrafttreten des AEU-Vertrags weiterhin völlig frei, die Rechte des geistigen Eigentums aufgrund der Zuständigkeiten im Bereich des Binnenmarkts zu regeln. Die auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsakte, die speziell für die Union gelten sollen, müssen jedoch die im TRIPS-Übereinkommen enthaltenen Normen betreffend die Verfügbarkeit, den Umfang und die Ausübung der Rechte des geistigen Eigentums beachten, die nach wie vor dazu dienen, bestimmte einschlägige Regeln weltweit zu vereinheitlichen und damit den internationalen Handelsverkehr zu erleichtern.

60

Daher spiegelt, wie die Kommission ausgeführt hat, der Umstand, dass die in Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens enthaltenen Normen über patentfähige Gegenstände dem Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und nicht dem Bereich des Binnenmarkts zugeordnet werden, zutreffend wider, dass diese Normen im Zusammenhang mit der Liberalisierung des internationalen Handelsverkehrs und nicht mit der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Union stehen.

61

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf den ersten Teil der ersten Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens zum Bereich der gemeinsamen Handelspolitik gehört.

62

In Anbetracht der Antwort auf den ersten Teil dieser Frage ist deren zweiter Teil nicht zu prüfen.

Zur zweiten Frage

63

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Erfindung eines pharmazeutischen Erzeugnisses wie des chemischen Wirkbestandteils eines Arzneimittels ein patentfähiger Gegenstand im Sinne von Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens ist und, bejahendenfalls, welchen Umfang der durch ein Patent für ein solches Erzeugnis gewährte Schutz hat.

64

DEMO hat zu dieser Frage nicht spezifisch Stellung genommen. Daiichi Sankyo, die Regierungen, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission sind der Ansicht, es ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des TRIPS-Übereinkommens, dass die Erfindungen pharmazeutischer Erzeugnisse patentfähig seien.

65

Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Nach Art. 27 Abs. 1 des TRIPS-Übereinkommens sind nämlich alle Erfindungen sowohl für Erzeugnisse als auch für Verfahren, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, patentfähig, sofern sie nur auf einem Gebiet der Technik erfolgen.

66

Zur letztgenannten Voraussetzung ist festzustellen, dass die Pharmakologie von den Vertragsparteien des TRIPS-Übereinkommens als Gebiet der Technik im Sinne von Art. 27 Abs. 1 betrachtet wird. Dies geht, wie die italienische Regierung und die Kommission ausgeführt haben, insbesondere aus Art. 70 Abs. 8 des TRIPS-Übereinkommens hervor, der eine Übergangsbestimmung für den Fall enthält, dass „ein Mitglied zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens keinen seinen Verpflichtungen nach Artikel 27 entsprechenden Patentschutz für pharmazeutische … Erzeugnisse vor[sieht]“, und bestimmt, dass in diesem Fall das betreffende WTO-Mitglied ab diesem Zeitpunkt zumindest „eine Möglichkeit für das Einreichen von Anmeldungen von Patenten für solche Erfindungen vorsehen“ muss. Wie sich bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, umfasst Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens die Verpflichtung, die Erfindungen pharmazeutischer Produkte patentfähig zu machen.

67

Dieses Ergebnis wird im Übrigen nicht durch die Abs. 2 und 3 von Art. 27 entkräftet. Die erste dieser Bestimmungen erlaubt es den WTO-Mitgliedern, Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses notwendig ist, während die zweite sie ermächtigt, bestimmte Erzeugnisse und Verfahren von der Patentierbarkeit auszuschließen, zu denen „diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen oder Tieren“ gehören. Diese in Art. 27 Abs. 2 und 3 vorgesehenen Ausnahmen können aber nicht dahin ausgelegt werden, dass sie es erlauben, einen allgemeinen Ausschluss für die Erfindungen pharmazeutischer Erzeugnisse vorzusehen, da sonst Art. 27 Abs. 1 und Art. 70 Abs. 8 des TRIPS-Übereinkommens ihre praktische Wirksamkeit genommen würde.

68

Nach alledem ist auf den ersten Teil der zweiten Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens dahin auszulegen ist, dass die Erfindung eines pharmazeutischen Erzeugnisses wie des chemischen Wirkbestandteils eines Arzneimittels unter den in Art. 27 Abs. 1 aufgeführten Voraussetzungen Gegenstand eines Patents sein kann, wenn keine Ausnahme nach Art. 27 Abs. 2 oder 3 vorliegt.

69

Soweit sich die zweite Vorlagefrage auch auf den Umfang des durch ein Patent für ein pharmazeutisches Erzeugnis gewährten Schutzes bezieht, genügt es, im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens festzustellen, dass Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens die Patentfähigkeit und nicht den durch ein Patent gewährten Schutz betrifft. Der durch ein Patent gewährte Schutz ist insbesondere in Art. 28 („Rechte aus dem Patent“), Art. 30 („Ausnahmen von den Rechten aus dem Patent“) und Art. 33 („Schutzdauer“) des TRIPS-Übereinkommens geregelt. Da aus dem Vorabentscheidungsersuchen nicht hervorgeht, dass eine Auslegung dieser anderen Bestimmungen für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits zweckdienlich wäre, ist der zweite Teil der zweiten Vorlagefrage nicht zu beantworten.

Zur dritten Frage

70

Mit seiner dritten Frage begehrt das vorlegende Gericht Auskunft darüber, ob bei einem Patent, das aufgrund einer die Erfindung sowohl des Verfahrens zur Herstellung eines pharmazeutischen Erzeugnisses als auch dieses pharmazeutischen Erzeugnisses selbst beanspruchenden Anmeldung erlangt, aber nur in Bezug auf das Herstellungsverfahren erteilt wurde, gleichwohl aufgrund der in den Art. 27 und 70 des TRIPS-Übereinkommens aufgestellten Regeln davon auszugehen ist, dass sich das Patent ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens auch auf die Erfindung des pharmazeutischen Erzeugnisses erstreckt.

71

DEMO, die griechische und die portugiesische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission vertreten die Ansicht, diese Frage sei zu verneinen. Daiichi Sankyo und die italienische Regierung sind gegenteiliger Ansicht und stützen sich dabei auf Art. 70 Abs. 2 und 8 des TRIPS-Übereinkommens.

72

Zunächst ist festzustellen, dass die Antwort auf die dritte Frage im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens nicht auf Art. 70 Abs. 8 des TRIPS-Übereinkommens gestützt werden kann.

73

Es steht nämlich fest, dass die Hellenische Republik die Patentierbarkeit pharmazeutischer Erzeugnisse ab dem 8. Oktober 1992, also lange vor Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens, anerkannt hat. Ferner lässt sich den dem Gerichtshof vorliegenden Akten kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Vereinbarkeit der Voraussetzungen dieser Patentierbarkeit mit den in Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens aufgeführten Voraussetzungen bestritten würde. Daher ist davon auszugehen, dass die Rechtslage in der Hellenischen Republik niemals der in Art. 70 Abs. 8 beschriebenen entsprochen hat, bei der „ein Mitglied zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens keinen seinen Verpflichtungen nach Artikel 27 entsprechenden Patentschutz für pharmazeutische … Erzeugnisse vor[sieht]“.

74

Was sodann die Regelung in Art. 70 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens angeht, wonach sich aus diesem Übereinkommen „Verpflichtungen in Bezug auf sämtliche Gegenstände des Schutzes, die zum Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied vorhanden … sind“, ergeben, ist zu prüfen, ob dies unter Voraussetzungen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens Einfluss auf die Auslegung der Verordnung Nr. 1768/92 hat.

75

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Ausgangsrechtsstreit zu klären ist, ob das ESZ, über das Daiichi Sankyo von 2006 bis 2011 verfügte, also in dem Zeitraum, in dem sich DEMO anschickte, Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, die das pharmazeutische Erzeugnis Levofloxacin-Hemihydrat enthielten, die Erfindung dieses pharmazeutischen Erzeugnisses oder nur die Erfindung des Verfahrens zu seiner Herstellung schützte.

76

Nach den Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1768/92 unterlag der durch dieses ESZ gewährte Schutz den gleichen Grenzen wie der durch das Grundpatent gewährte Schutz.

77

Da dieses Grundpatent 1986 erteilt worden war, überschnitt sich der erste Teil seiner Schutzdauer mit dem letzten Teil der Geltungsdauer des von der Hellenischen Republik gemäß Art. 167 Abs. 2 EPÜ gemachten Vorbehalts. Zwar galt dieser Vorbehalt formal nicht für das Patent von Daiichi Sankyo, bei dem es sich um ein nationales und nicht um ein europäisches Patent handelt, doch ergibt sich aus den in den Randnrn. 20 und 21 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Erläuterungen des vorlegenden Gerichts, dass dieser Vorbehalt nach dem Gesetz 1733/1987 auf die nationalen Patente entsprechend angewandt wurde.

78

Obwohl es Sache des vorlegenden Gerichts ist, dies zu prüfen, scheint aus diesen Erläuterungen hervorzugehen, dass auch die Klarstellung in Art. 167 Abs. 5 EPÜ, wonach „[d]er Vorbehalt [gemäß Abs. 2] … während der gesamten Geltungsdauer [der betreffenden] Patente wirksam [bleibt]“, für die nationalen Patente entsprechend galt, mit der Folge, dass das nationale Patent von Daiichi Sankyo und das auf diesem Patent beruhende ESZ die Erfindung des pharmazeutischen Erzeugnisses nicht erfassten, und zwar trotz der Patentierbarkeit pharmazeutischer Erzeugnisse ab dem 8. Oktober 1992.

79

Wie insbesondere DEMO und die Regierung des Vereinten Königreichs geltend gemacht haben, kann – unabhängig von der genauen Tragweite, die Art. 70 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens beizumessen ist, und der Abwägung, die zwischen dieser Bestimmung und Art. 70 Abs. 1, wonach sich aus dem TRIPS-Übereinkommen „keine Verpflichtungen in Bezug auf Handlungen [ergeben], die vor dem Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied stattfanden“, vorzunehmen ist – nicht angenommen werden, dass der Schutz bestehender Gegenstände des Schutzes im Sinne von Art. 70 des TRIPS-Übereinkommens darin bestehen kann, einem Patent Wirkungen beizulegen, die es nicht hat und niemals hatte.

80

Zwar ergibt sich aus Art. 70 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 des TRIPS-Übereinkommens, dass jedes WTO-Mitglied ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Übereinkommens oder spätestens nach Ablauf eines Jahres nach diesem Zeitpunkt allen Verpflichtungen aus dem TRIPS-Übereinkommen in Bezug auf die bestehenden Gegenstände des Schutzes nachkommen muss (Urteil vom 16. November 2004, Anheuser-Busch, C-245/02, Slg. 2004, I-10989, Randnr. 49). Diese Gegenstände umfassen Erfindungen, die zu diesem Zeitpunkt im Hoheitsgebiet des betreffenden WTO-Mitglieds durch ein Patent geschützt sind (vgl. in diesem Sinne Bericht des Berufungsgremiums der WTO vom 18. September 2000, Kanada – Dauer des Patentschutzes [AB-2000-7], WT/DS170/AB/R, Randnrn. 65 und 66).

81

Um die Erfindung des pharmazeutischen Erzeugnisses Levofloxacin-Hemihydrat als zum Zeitpunkt der Anwendung des TRIPS-Übereinkommens in Bezug auf die Hellenische Republik durch das Patent von Daiichi Sankyo geschützt betrachten zu können, obwohl sie nach den bis dahin für dieses Patent geltenden Bestimmungen gerade nicht geschützt war, müsste das Übereinkommen dahin ausgelegt werden, dass es die WTO-Mitglieder dazu verpflichtete, bei seinem Inkrafttreten und nur wegen dieses Inkrafttretens beanspruchte Erfindungen in geschützte Erfindungen umzuwandeln. Eine solche Verpflichtung lässt sich aus dem TRIPS-Übereinkommen jedoch nicht ableiten und würde über den gewöhnlichen Sinn des Begriffs „bestehende Gegenstände des Schutzes“ hinausgehen.

82

Eine Gesamtbetrachtung der Art. 27 und 70 des TRIPS-Übereinkommens führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar verpflichtet, wie sich aus der Prüfung der zweiten Vorlagefrage ergibt, Art. 27 des TRIPS-Übereinkommens die WTO-Mitglieder, die Möglichkeit vorzusehen, ein Patent für Erfindungen pharmazeutischer Erzeugnisse zu erlangen. Diese Verpflichtung kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass die WTO-Mitglieder, die vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens den Schutz beanspruchter Erfindungen pharmazeutischer Erzeugnisse durch Patente, die für Erfindungen von Verfahren zur Herstellung solcher Erzeugnisse erteilt wurden, ausschlossen, ab dem Inkrafttreten als von den Patenten geschützt ansehen müssen.

83

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass bei einem Patent, das aufgrund einer die Erfindung sowohl des Verfahrens zur Herstellung eines pharmazeutischen Erzeugnisses als auch dieses pharmazeutischen Erzeugnisses selbst beanspruchenden Anmeldung erlangt, aber nur in Bezug auf das Herstellungsverfahren erteilt wurde, nicht aufgrund der in den Art. 27 und 70 des TRIPS-Übereinkommens aufgestellten Regeln davon auszugehen ist, dass sich das Patent ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens auch auf die Erfindung des pharmazeutischen Erzeugnisses erstreckt.

Kosten

84

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 27 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums in Anhang 1C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnet und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche genehmigt wurde, gehört zum Bereich der gemeinsamen Handelspolitik.

 

2.

Art. 27 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass die Erfindung eines pharmazeutischen Erzeugnisses wie des chemischen Wirkbestandteils eines Arzneimittels unter den in Art. 27 Abs. 1 aufgeführten Voraussetzungen Gegenstand eines Patents sein kann, wenn keine Ausnahme nach Art. 27 Abs. 2 oder 3 vorliegt.

 

3.

Bei einem Patent, das aufgrund einer die Erfindung sowohl des Verfahrens zur Herstellung eines pharmazeutischen Erzeugnisses als auch dieses pharmazeutischen Erzeugnisses selbst beanspruchenden Anmeldung erlangt, aber nur in Bezug auf das Herstellungsverfahren erteilt wurde, ist nicht aufgrund der in den Art. 27 und 70 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums aufgestellten Regeln davon auszugehen, dass sich das Patent ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens auch auf die Erfindung des pharmazeutischen Erzeugnisses erstreckt.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Griechisch.