URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

6. Dezember 2012 ( *1 )

„Unionsbürgerschaft — Art. 20 AEUV — Richtlinie 2003/86/EG — Recht auf Familienzusammenführung — Minderjährige Unionsbürger, die sich mit ihren Müttern, die Drittstaatsangehörige sind, in dem Mitgliedstaat aufhalten, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen — Daueraufenthaltsrecht der Mütter, denen das ausschließliche Sorgerecht für die Unionsbürger übertragen wurde, in diesem Mitgliedstaat — Neue Zusammensetzung der Familien nach einer erneuten Eheschließung der Mütter mit Drittstaatsangehörigen und der Geburt von Kindern, die aus diesen Ehen hervorgegangen und ebenfalls Drittstaatsangehörige sind — Antrag auf Familienzusammenführung im Herkunftsmitgliedstaat der Unionsbürger — Verweigerung des Aufenthaltsrechts der neuen Ehegatten mangels ausreichender Einkünfte — Recht auf Achtung des Familienlebens — Berücksichtigung des Kindeswohls“

In den verbundenen Rechtssachen C-356/11 und C-357/11

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidungen vom 5. Juli 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juli 2011, in den Verfahren

O.,

S.

gegen

Maahanmuuttovirasto (C-356/11)

und

Maahanmuuttovirasto

gegen

L. (C-357/11)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Rosas in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin der Zweiten Kammer sowie der Richter U. Lõhmus, A. Ó Caoimh (Berichterstatter), A. Arabadjiev und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Frau L., vertreten durch J. Streng, asianajaja,

der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,

der dänischen Regierung, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen und C. Vang als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und A. Wiedmann als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,

der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Maidani und E. Paasivirta als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. September 2012

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 20 AEUV.

2

Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zum einen zwischen Herrn O. und Frau S., die beide Drittstaatsangehörige sind, und der Maahanmuuttovirasto (Einwanderungsbehörde) (Rechtssache C-356/11) und zum anderen zwischen der Maahanmuuttovirasto und Frau L., die ebenfalls Drittstaatsangehörige ist (Rechtssache C-357/11), über die Ablehnung der Anträge der Betroffenen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln auf der Grundlage der Familienzusammenführung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2003/86/EG

3

In den Erwägungsgründen 2, 4, 6 und 9 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251, S. 12) heißt es:

„(2)

Maßnahmen zur Familienzusammenführung sollten in Übereinstimmung mit der Verpflichtung zum Schutz der Familie und zur Achtung des Familienlebens getroffen werden, die in zahlreichen Instrumenten des Völkerrechts verankert ist. Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und berücksichtigt die Grundsätze, die insbesondere in Artikel 8 der [am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten] Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [im Folgenden: Charta] anerkannt wurden.

(4)

Die Familienzusammenführung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Familienleben möglich ist. Sie trägt zur Schaffung soziokultureller Stabilität bei, die die Integration Drittstaatsangehöriger in dem Mitgliedstaat erleichtert; dadurch wird auch der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt gefördert, der als grundlegendes Ziel der [Europäischen] Gemeinschaft im [EG-]Vertrag aufgeführt wird.

(6)

Zum Schutz der Familie und zur Wahrung oder Herstellung des Familienlebens sollten die materiellen Voraussetzungen für die Wahrnehmung des Rechts auf Familienzusammenführung nach gemeinsamen Kriterien bestimmt werden.

(9)

Die Familienzusammenführung sollte auf jeden Fall für die Mitglieder der Kernfamilie, d. h. den Ehegatten und die minderjährigen Kinder gelten.“

4

Wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, ist Ziel dieser Richtlinie „die Festlegung der Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung durch Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Gebiet der Mitgliedstaaten aufhalten“.

5

In Art. 2 der Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

‚Drittstaatsangehöriger‘ jede Person, die nicht Unionsbürger im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags ist;

c)

‚Zusammenführender‘ den sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Drittstaatsangehörigen, der oder dessen Familienangehörige einen Antrag auf Familienzusammenführung mit ihm stellt bzw. stellen;

d)

‚Familienzusammenführung‘ die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen eines sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Drittstaatsangehörigen in diesem Mitgliedstaat, mit dem Ziel, die Familiengemeinschaft aufrechtzuerhalten, unabhängig davon, ob die familiären Bindungen vor oder nach der Einreise des Zusammenführenden entstanden sind.“

6

Art. 3 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2003/86 sieht vor:

„(1)   Diese Richtlinie findet Anwendung, wenn der Zusammenführende im Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels mit mindestens einjähriger Gültigkeit ist, begründete Aussicht darauf hat, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen, und seine Familienangehörigen Drittstaatsangehörige sind, wobei ihre Rechtsstellung unerheblich ist.

(3)   Diese Richtlinie findet auf die Familienangehörigen eines Unionsbürgers keine Anwendung.“

7

Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Vorbehaltlich der in Kapitel IV sowie in Artikel 16 genannten Bedingungen gestatten die Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie folgenden Familienangehörigen die Einreise und den Aufenthalt:

a)

dem Ehegatten des Zusammenführenden;

b)

den minderjährigen Kindern des Zusammenführenden und seines Ehegatten …

c)

den minderjährigen Kindern … des Zusammenführenden, wenn der Zusammenführende das Sorgerecht besitzt und für den Unterhalt der Kinder aufkommt. …

d)

den minderjährigen Kindern … des Ehegatten, wenn der Ehegatte das Sorgerecht besitzt und für den Unterhalt der Kinder aufkommt.“

8

Bei der Prüfung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt müssen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie dafür Sorge tragen, dass das Wohl minderjähriger Kinder gebührend berücksichtigt wird.

9

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86 sieht vor:

„Bei Einreichung des Antrags auf Familienzusammenführung kann der betreffende Mitgliedstaat vom Antragsteller den Nachweis verlangen, dass der Zusammenführende über Folgendes verfügt:

c)

feste und regelmäßige Einkünfte, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreich[en]. Die Mitgliedstaaten beurteilen diese Einkünfte anhand ihrer Art und Regelmäßigkeit und können die Höhe der Mindestlöhne und -renten sowie die Anzahl der Familienangehörigen berücksichtigen.“

10

Art. 17 dieser Richtlinie lautet:

„Im Fall der Ablehnung eines Antrags, dem Entzug oder der Nichtverlängerung des Aufenthaltstitels sowie der Rückführung des Zusammenführenden oder seiner Familienangehörigen berücksichtigen die Mitgliedstaaten in gebührender Weise die Art und die Stärke der familiären Bindungen der betreffenden Person und die Dauer ihres Aufenthalts in dem Mitgliedstaat sowie das Vorliegen familiärer, kultureller oder sozialer Bindungen zu ihrem Herkunftsland.“

Richtlinie 2004/38/EG

11

In Art. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, berichtigt in ABl. L 229, S. 35) heißt es:

„Diese Richtlinie regelt

a)

die Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten genießen;

b)

das Recht auf Daueraufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten;

…“

12

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Unionsbürger‘ jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;

2.

‚Familienangehöriger‘

a)

den Ehegatten,

c)

die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten …, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

d)

die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten …, denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

3.

‚Aufnahmemitgliedstaat‘ den Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben.“

13

Art. 3 („Berechtigte“) dieser Richtlinie sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.“

Finnisches Recht

14

§ 37 Abs. 1 des Ausländergesetzes (Ulkomaalaislaki) bestimmt:

„Im Sinne dieses Gesetzes gelten als Familienangehöriger der Ehegatte einer in Finnland ansässigen Person und ein unverheiratetes Kind, das noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat und für das die in Finnland ansässige Person oder deren Ehegatte sorgeberechtigt ist. Ist die in Finnland ansässige Person ein minderjähriges Kind, ist sein Sorgeberechtigter Familienangehöriger …“

15

In § 39 Abs. 1 dieses Gesetzes heißt es:

„Die Ausstellung eines Aufenthaltstitels setzt voraus, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist, wenn nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Im Einzelfall kann von der Voraussetzung des gesicherten Lebensunterhalts abgesehen werden, wenn hierfür ein außerordentlich schwerwiegender Grund besteht oder das Wohl des Kindes dies erfordert …“

16

In § 47 Abs. 3 dieses Gesetzes heißt es:

„Ist einem Ausländer ein Aufenthaltstitel für einen ununterbrochenen Aufenthalt oder ein unbefristeter Aufenthaltstitel ausgestellt worden, wird seinen Familienangehörigen ein Aufenthaltstitel für einen ununterbrochenen Aufenthalt ausgestellt.“

17

§ 66a des Ausländergesetzes sieht vor:

„Wird ein Aufenthaltstitel aufgrund familiärer Bindungen beantragt, sind bei der Prüfung, ob der Antrag abzulehnen ist, die Art und die Stärke der familiären Bindungen der betreffenden Person und die Dauer ihres Aufenthalts im Inland sowie das Vorliegen familiärer, kultureller oder sozialer Bindungen zu ihrem Herkunftsland zu berücksichtigen …“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C-356/11

18

Frau S., eine ghanaische Staatsangehörige, die sich aufgrund eines unbefristeten Aufenthaltstitels in Finnland aufhält, heiratete am 4. Juli 2001 einen finnischen Staatsangehörigen, mit dem sie ein am 11. Juli 2003 geborenes Kind hat. Das Kind besitzt die finnische Staatsangehörigkeit und hat sich immer in Finnland aufgehalten. Frau S. erhielt ab 2. Juni 2005 das alleinige Sorgerecht für das Kind. Die Ehegatten wurden am 19. Oktober 2005 geschieden. Der Vater des Kindes lebt in Finnland.

19

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Frau S. während ihres Aufenthalts in Finnland Bildungseinrichtungen besucht, Mutterschaftsurlaub genommen, einen Beruf erlernt und eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

20

Am 26. Juni 2008 heiratete Frau S. Herrn O., einen ivorischen Staatsangehörigen. Am 3. Juli 2008 beantragte dieser bei der Maahanmuuttovirasto auf der Grundlage dieser Ehe einen Aufenthaltstitel. Aus der Ehe ist ein am 21. November 2009 in Finnland geborenes Kind hervorgegangen, das die ghanaische Staatsangehörigkeit besitzt und für das die Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausüben. Herr O. lebt mit Frau S. und ihren beiden Kindern zusammen.

21

Der Vorlageentscheidung zufolge unterschrieb Herr O. am 1. Januar 2010 einen Arbeitsvertrag für ein Jahr, der eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden und ein Arbeitsentgelt von 7,50 Euro in der Stunde vorsah. Er hat jedoch keine Nachweise dafür vorgelegt, dass er tatsächlich auf der Grundlage dieses Arbeitsvertrags gearbeitet hat.

22

Mit Entscheidung vom 21. Januar 2009 lehnte die Maahanmuuttovirasto den bei ihr gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ab, da Herr O. nicht über ausreichende Einkünfte verfüge. Außerdem sah sie im vorliegenden Fall keinen Grund, von der Voraussetzung des gesicherten Lebensunterhalts abzusehen, wie es § 39 Abs. 1 des Ausländergesetzes erlaubt, wenn ein außerordentlich schwerwiegender Grund besteht oder das Wohl des Kindes es erfordert.

23

Mit Urteil vom 27. August 2009 wies das Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki) die von Herrn O. eingereichte Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung ab.

24

Herr O. und Frau S. legten gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel beim Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) ein.

Rechtssache C-357/11

25

Frau L., eine algerische Staatsangehörige, hält sich seit 2003 rechtmäßig in Finnland auf. Sie erhielt dort infolge ihrer Ehe mit einem finnischen Staatsangehörigen einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Aus dieser Ehe ist 2004 ein Kind hervorgegangen, das die finnische und die algerische Staatsangehörigkeit besitzt und sich immer in Finnland aufgehalten hat. Die Ehegatten wurden am 10. Dezember 2004 geschieden, und Frau L. erhielt das alleinige Sorgerecht für das Kind. Der Vater des Kindes lebt in Finnland.

26

Am 19. Oktober 2006 heiratete Frau L. Herrn M., einen algerischen Staatsangehörigen, der im März 2006 rechtmäßig nach Finnland eingereist war, wo er politisches Asyl beantragt und nach eigenen Angaben seit April 2006 mit Frau L. zusammengelebt hatte. Im Oktober 2006 wurde er in sein Herkunftsland abgeschoben.

27

Am 29. November 2006 beantragte Frau L. bei der Maahanmuuttovirasto, ihrem Ehegatten auf der Grundlage ihrer Ehe einen Aufenthaltstitel für Finnland zu erteilen.

28

Am 14. Januar 2007 ging aus dieser Ehe ein in Finnland geborenes Kind hervor, das die algerische Staatsangehörigkeit besitzt und für das die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind. Es ist nicht bekannt, ob Herr M. sein Kind getroffen hat.

29

Der Vorlageentscheidung zufolge hat Frau L. während ihres Aufenthalts in Finnland keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt mit Sozialhilfe und anderen Leistungen. Es ist nicht bekannt, dass ihr Ehegatte in Finnland eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte, auch wenn er erklärt hat, er sei überzeugt, aufgrund seiner Sprachkenntnisse in Finnland arbeiten zu können.

30

Mit Entscheidung vom 15. August 2008 lehnte die Maahanmuuttovirasto den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für Herrn M. mit der Begründung ab, dass sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei.

31

Das Helsingin hallinto-oikeus gab der Klage von Frau L. auf Aufhebung dieser Entscheidung mit Urteil vom 21. April 2009 statt. Daraufhin legte die Maahanmuuttovirasto beim vorlegenden Gericht ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein.

32

In seinen Vorabentscheidungsersuchen führt das Korkein hallinto-oikeus aus, dass, da Herrn O. und Herrn M. die Erteilung von Aufenthaltstiteln verweigert worden sei, ihre Ehefrauen und die Kinder, für die diese das Sorgerecht ausübten, also auch diejenigen, die die Unionsbürgerschaft besäßen, möglicherweise gezwungen seien, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, um als Familie zusammenleben zu können. In diesem Zusammenhang stellt sich das Korkein hallinto-oikeus die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze, die der Gerichtshof im Urteil vom 8. März 2011, Ruiz Zambrano (C-34/09, Slg. 2011, I-1177), aufgestellt hat.

33

Daher hat das Korkein hallinto-oikeus das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Rechtssache C-356/11

1.

Verstößt es gegen Art. 20 AEUV, einem Drittstaatsangehörigen einen Aufenthaltstitel mangels gesicherten Lebensunterhalts zu verweigern, wenn sich die Familienverhältnisse so darstellen, dass sein Ehegatte das Sorgerecht für ein Kind hat, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und der Drittstaatsangehörige weder der leibliche Vater noch Sorgeberechtigter dieses Kindes ist?

2.

Wenn die erste Frage zu verneinen ist: Ist die Wirkung von Art. 20 AEUV anders zu beurteilen, wenn der Drittstaatsangehörige, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, sein Ehegatte und das Kind, für das der Ehegatte das Sorgerecht hat und das die Unionsbürgerschaft besitzt, zusammenleben?

Rechtssache C-357/11

1.

Verstößt es gegen Art. 20 AEUV, einem Drittstaatsangehörigen einen Aufenthaltstitel mangels gesicherten Lebensunterhalts zu verweigern, wenn sich die Familienverhältnisse so darstellen, dass sein Ehegatte das Sorgerecht für ein Kind hat, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und der Drittstaatsangehörige weder der leibliche Vater noch Sorgeberechtigter dieses Kindes ist und auch nicht mit seinem Ehegatten oder dem betreffenden Kind zusammenlebt?

2.

Wenn die erste Frage zu verneinen ist: Ist die Wirkung von Art. 20 AEUV anders zu beurteilen, wenn der Drittstaatsangehörige, der keinen Aufenthaltstitel besitzt und nicht in Finnland lebt, und sein Ehegatte ein gemeinsames Kind haben, für das sie gemeinsam das Sorgerecht ausüben, das in Finnland lebt und das Drittstaatsangehöriger ist?

34

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 8. September 2011 sind die Vorabentscheidungsersuchen in den Rechtssachen C-356/11 und C-357/11 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden. Dem Antrag des vorlegenden Gerichts, diese beiden Rechtssachen dem beschleunigten Verfahren nach Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 104a Abs. 1 seiner Verfahrensordnung in ihrer zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung zu unterwerfen, ist nicht stattgegeben worden.

Zu den Vorlagefragen

35

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Vorschriften des Unionsrechts über die Unionsbürgerschaft dahin auszulegen sind, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, einem Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines auf der Grundlage der Familienzusammenführung beantragten Aufenthaltstitels zu verweigern, wenn dieser Drittstaatsangehörige beabsichtigt, mit seiner Ehegattin, die ebenfalls Drittstaatsangehörige ist, sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhält und Mutter eines Kindes aus einer ersten Ehe ist, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und dem aus der Ehe des Drittstaatsangehörigen und seiner Ehegattin hervorgegangenen Kind, das ebenfalls Drittstaatsangehöriger ist, zusammenzuleben.

36

In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich der Umstand, dass derjenige, der den Aufenthaltstitel beantragt, mit seiner Ehegattin in einem gemeinsamen Haushalt lebt, nicht der leibliche Vater des Kindes ist, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und nicht das Sorgerecht für dieses Kind hat, darauf auswirken kann, wie die Vorschriften über die Unionsbürgerschaft auszulegen sind.

37

Die finnische, die dänische, die deutsche, die italienische, die niederländische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission sind der Ansicht, dass Art. 20 AEUV es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen, der sich in einer Situation wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden befindet, das Aufenthaltsrecht zu verweigern.

38

Sie machen im Wesentlichen geltend, dass sich die Grundsätze, die der Gerichtshof im Urteil Ruiz Zambrano aufgestellt habe, auf ganz außergewöhnliche Fallkonstellationen bezögen, in denen die Anwendung einer innerstaatlichen Maßnahme zur Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte führen würde. Die Sachverhalte in den vorliegenden Ausgangsverfahren unterschieden sich jedoch erheblich von dem Sachverhalt in der Rechtssache Ruiz Zambrano. Herr O. und Herr M. seien nämlich nicht die leiblichen Väter der minderjährigen Kinder, die die Unionsbürgerschaft besäßen und von denen sie ihren Anspruch auf einen Aufenthaltstitel abzuleiten versuchten. Sie übten nicht das Sorgerecht für diese Kinder aus. Da außerdem die Mütter dieser Kinder selbst über ein Daueraufenthaltsrecht in Finnland verfügten, seien ihre Kinder, die die Unionsbürgerschaft besäßen, anders als die Kinder in der Rechtssache, in der das Urteil Ruiz Zambrano ergangen sei, nicht gezwungen, das Gebiet der Union zu verlassen. Sollten sich die Mütter dieser Unionsbürger dafür entscheiden, das Gebiet der Union zu verlassen, um die Familiengemeinschaft zu erhalten, wäre dies keine unausweichliche Folge der Weigerung, ihren Ehegatten ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.

39

Die deutsche und die italienische Regierung weisen u. a. darauf hin, dass Herr O. und Herr M. nicht zur Kernfamilie der betroffenen Unionsbürger gehörten, da sie weder die leiblichen Väter dieser Kinder seien noch für deren Unterhalt aufkämen.

40

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass – unabhängig davon, wer nach Maßgabe der Bestimmungen des nationalen Rechts in den Ausgangsverfahren Antragsteller ist – aus den Akten, die dem Gerichtshof vorliegen, klar hervorgeht, dass in den Herrn O. und Herrn M. betreffenden, auf der Grundlage der Familienzusammenführung gestellten Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln Frau S. und Frau L., die sich rechtmäßig in Finnland aufhalten, als Zusammenführende bezeichnet sind, d. h. als Personen, in Bezug auf die die Zusammenführung beantragt wurde.

Zu den Vorschriften des Unionsrechts über die Unionsbürgerschaft

41

Was zunächst die Richtlinie 2004/38 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dieser nicht für alle Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, das Recht ergibt, in einen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten, sondern nur für diejenigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, der sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat, indem er sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, niedergelassen hat (Urteile vom 25. Juli 2008, Metock u. a., C-127/08, Slg. 2008, I-6241, Randnr. 73, und vom 15. November 2011, Dereci u. a., C-256/11, Slg. 2011, I-11315, Randnr. 56).

42

Da im vorliegenden Fall die betreffenden Unionsbürger, die beide minderjährige Kinder sind, nie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten haben, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, fallen sie nicht unter den Begriff „Berechtigter“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38, so dass diese weder auf sie noch auf ihre Familienangehörigen anwendbar ist (Urteil Dereci u. a., Randnr. 57).

43

Was ferner Art. 20 AEUV anbelangt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Lage eines Unionsbürgers, der – wie im Ausgangsverfahren die Kinder, die die finnische Staatsangehörigkeit besitzen – vom Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat, nicht allein aus diesem Grund einer rein internen Situation gleichgestellt werden kann, d. h. einer Situation, die keine Anknüpfungspunkte an eine der vom Unionsrecht erfassten Situationen aufweist (vgl. Urteile Ruiz Zambrano, vom 5. Mai 2011, McCarthy, C-434/09, Slg. 2011, I-3375, Randnr. 46, und Dereci u. a., Randnr. 61).

44

Da der Unionsbürgerstatus dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, genießen die Kinder von Frau S. und Frau L. aus erster Ehe als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats nämlich den Unionsbürgerstatus gemäß Art. 20 Abs. 1 AEUV und können sich daher auch gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, auf die mit diesem Status verbundenen Rechte berufen (vgl. Urteile McCarthy, Randnr. 48, und Dereci u. a., Randnr. 63).

45

Auf dieser Grundlage hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 20 AEUV nationalen Maßnahmen, d. h. auch Entscheidungen, mit denen Familienangehörigen eines Unionsbürgers der Aufenthalt verweigert wird, entgegensteht, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. Urteil Ruiz Zambrano, Randnr. 42).

46

Was schließlich das Aufenthaltsrecht eines Drittstaatsangehörigen in dem Mitgliedstaat betrifft, in dem sich seine minderjährigen Kinder aufhalten, die diesem Mitgliedstaat angehören, denen er Unterhalt gewährt und für die er gemeinsam mit seiner Ehefrau das Sorgerecht ausübt, hätte die Aufenthaltsverweigerung nach Auffassung des Gerichtshofs zur Folge, dass sich diese Kinder, die Unionsbürger sind, gezwungen sähen, das Gebiet der Union zu verlassen, um ihre Eltern zu begleiten, und dass es diesen Unionsbürgern de facto unmöglich wäre, den Kernbestand der Rechte, die ihnen ihr Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen (vgl. Urteil Ruiz Zambrano, Randnrn. 43 und 44).

47

Das Kriterium der Verwehrung des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, bezog sich in den Rechtssachen, in denen die Urteile Ruiz Zambrano und Dereci u. a. ergangen sind, auf Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet waren, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sah, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehörte, sondern das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen.

48

Diesem Kriterium kommt somit insofern ein ganz besonderer Charakter zu, als es Sachverhalte betrifft, in denen einem Drittstaatsangehörigen, der Familienangehöriger eines Staatsbürgers eines Mitgliedstaats ist, ein Aufenthaltsrecht ausnahmsweise nicht verweigert werden darf, da sonst die Unionsbürgerschaft der letztgenannten Person ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde (Urteil Dereci u. a., Randnr. 67).

49

Im vorliegenden Fall ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob den betroffenen Unionsbürgern unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren durch die Ablehnung der auf der Grundlage der Familienzusammenführung gestellten Aufenthaltsanträge der Kernbestand der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird.

50

Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Mütter der Unionsbürger über unbefristete Aufenthaltstitel in dem betreffenden Mitgliedstaat verfügen, so dass weder für sie noch für die Unionsbürger, denen sie Unterhalt gewähren, eine rechtliche Verpflichtung besteht, das Gebiet dieses Mitgliedstaats und das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen.

51

Für die Prüfung, ob es den betroffenen Unionsbürgern de facto unmöglich wäre, den Kernbestand der Rechte, die ihnen ihr Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen, sind auch die Frage nach dem Sorgerecht für die Kinder der Zusammenführenden und der Umstand, dass diese Kinder Patchworkfamilien angehören, von Bedeutung. Da Frau S. und Frau L. das alleinige Sorgerecht für die betroffenen minderjährigen Unionsbürger ausüben, hätte einerseits eine von ihnen getroffene Entscheidung, mit dem Ziel, die Familiengemeinschaft aufrechtzuerhalten, das Gebiet des Mitgliedstaats zu verlassen, dem diese Kinder angehören, zur Folge, dass diesen Unionsbürgern jeglicher Kontakt zu ihren leiblichen Vätern – falls ein solcher Kontakt bisher bestanden hat – genommen würde. Andererseits würde eine Entscheidung, in diesem Mitgliedstaat zu bleiben, um die etwaige Beziehung der minderjährigen Unionsbürger zu ihren leiblichen Vätern zu erhalten, dazu führen, die Beziehung zwischen den anderen Kindern, die Drittstaatsangehörige sind, und deren leiblichen Vätern zu beeinträchtigen.

52

Insoweit rechtfertigt jedoch die bloße Tatsache, dass es aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Angehörige einer Familie, die aus Drittstaatsangehörigen und einem minderjährigen Unionsbürger besteht, zusammen mit diesem im Gebiet der Union in dem Mitgliedstaat, dem der Unionsbürger angehört, aufhalten können, für sich genommen nicht die Annahme, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Union zu verlassen, wenn ein solches Aufenthaltsrecht nicht gewährt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Dereci u. a., Randnr. 68).

53

Im Rahmen der in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils genannten Beurteilung, die das vorlegende Gericht vorzunehmen hat, hat dieses nämlich alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen, um festzustellen, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen, mit denen die Erteilung von Aufenthaltstiteln abgelehnt wurde, tatsächlich dazu führen können, die Unionsbürgerschaft der betroffenen Unionsbürger ihrer praktischen Wirksamkeit zu berauben.

54

Ob die Person, für die auf der Grundlage der Familienzusammenführung ein Aufenthaltsrecht beantragt wird, mit dem Zusammenführenden und den übrigen Familienangehörigen in einem Haushalt zusammenlebt, ist für diese Beurteilung nicht entscheidend, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bestimmte Familienangehörige, für die die Zusammenführung beantragt wird, unabhängig vom Rest der Familie in den betreffenden Mitgliedstaat einreisen.

55

Entgegen dem Vorbringen der deutschen und der italienischen Regierung ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die im Urteil Ruiz Zambrano aufgestellten Grundsätze zwar nur unter außergewöhnlichen Umständen anwendbar sind, sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch nicht ergibt, dass ihre Anwendung auf Sachverhalte beschränkt wäre, in denen zwischen dem Drittstaatsangehörigen, für den ein Aufenthaltsrecht beantragt wird, und dem Unionsbürger, der ein minderjähriges Kind ist, eine biologische Beziehung besteht, aus der sich möglicherweise das Aufenthaltsrecht des Antragstellers ergäbe.

56

Dagegen sind sowohl das Daueraufenthaltsrecht der Mütter der betroffenen minderjährigen Unionsbürger als auch der Umstand, dass die Drittstaatsangehörigen, für die ein Aufenthaltsrecht beantragt wird, nicht die rechtliche, finanzielle oder affektive Sorge für diese Unionsbürger ausüben, bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob die Verweigerung des Aufenthalts es diesen Unionsbürgern unmöglich macht, den Kernbestand der Rechte, die ihnen ihr Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen. Wie der Generalanwalt in Nr. 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem minderjährigen Unionsbürger und dem Drittstaatsangehörigen, dem ein Aufenthaltsrecht verweigert wird, das die praktische Wirksamkeit der Unionsbürgerschaft beeinträchtigen kann, da diese Abhängigkeit dazu führen würde, dass der Unionsbürger sich als Folge einer solchen Verweigerung de facto gezwungen sähe, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats zu verlassen, dessen Staatsangehöriger er ist, sondern auch das Gebiet der Union als Ganzes (vgl. Urteile Ruiz Zambrano, Randnrn. 43 und 45, und Dereci u. a., Randnrn. 65 bis 67).

57

Vorbehaltlich der Überprüfung, die das vorlegende Gericht vorzunehmen hat, scheint sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen zu ergeben, dass es in den Ausgangsverfahren an einer solchen Abhängigkeit fehlen könnte.

58

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines auf der Grundlage der Familienzusammenführung beantragten Aufenthaltstitels zu verweigern, wenn dieser Drittstaatsangehörige beabsichtigt, mit seiner Ehegattin, die ebenfalls Drittstaatsangehörige ist, sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhält und Mutter eines Kindes aus einer ersten Ehe ist, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und dem aus der Ehe des Drittstaatsangehörigen und seiner Ehegattin hervorgegangenen Kind, das ebenfalls Drittstaatsangehöriger ist, zusammenzuleben, sofern eine solche Verweigerung nicht dazu führt, dass dem betroffenen Unionsbürger verwehrt wird, den Kernbestand der Rechte, die ihm sein Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

59

Sollte das vorlegende Gericht zu der Ansicht gelangen, dass sich unter den in den bei ihm anhängigen Ausgangsverfahren gegebenen Umständen eine solche Verwehrung nicht aus den Entscheidungen ergibt, mit denen die Erteilung der dort in Rede stehenden Aufenthaltstitel abgelehnt wurden, bleibt noch offen, ob Herrn O. und Herrn M. auf anderen Grundlagen, insbesondere aufgrund des Rechts auf Schutz des Familienlebens, ein Aufenthaltsrecht nicht verweigert werden darf. Auf diese Frage ist im Rahmen der Bestimmungen über den Schutz der Grundrechte und nach Maßgabe ihrer jeweiligen Anwendbarkeit einzugehen (vgl. Urteil Dereci u. a., Randnr. 69).

60

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich der Gerichtshof nach seiner Rechtsprechung veranlasst sehen kann, Vorschriften des Unionsrechts zu berücksichtigen, auf die das vorlegende Gericht bei der Darlegung seiner Frage nicht Bezug genommen hat und die bei der Entscheidung des bei diesem anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können (vgl. u. a. Urteil vom 26. April 2007, Alevizos, C-392/05, Slg. 2007, I-3505, Randnr. 64).

Zur Richtlinie 2003/86

61

Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht in seinen Vorabentscheidungsersuchen auf die Richtlinie 2003/86 Bezug genommen, ohne jedoch eine Frage zu dieser Richtlinie zu stellen.

62

Ebenso haben die finnische, zum Teil die italienische, die niederländische und die polnische Regierung sowie die Kommission geltend gemacht, dass das Aufenthaltsrecht von Herrn O. und Herrn M. und die Situation ihrer Familien im Licht der Bestimmungen der Richtlinie 2003/86 geprüft worden seien bzw. geprüft werden müssten.

63

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Ziel dieser Richtlinie gemäß ihrem Art. 1 die Festlegung der Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung durch Drittstaatsangehörige ist, die sich rechtmäßig im Gebiet der Mitgliedstaaten aufhalten.

64

Die in Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie enthaltene Definition der Familienangehörigen erfasst den Ehegatten des Zusammenführenden, die gemeinsamen Kinder des Zusammenführenden und seines Ehegatten sowie die minderjährigen Kinder des Zusammenführenden und die seines Ehegatten, wenn der Zusammenführende bzw. sein Ehegatte das Sorgerecht für seine Kinder besitzt und für deren Unterhalt aufkommt.

65

Daraus folgt, dass der Unionsgesetzgeber den Kreis der Kernfamilie, auf die im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/86 Bezug genommen wird, weit gezogen hat.

66

Nach ihrem Art. 3 Abs. 3 findet diese Richtlinie jedoch auf die Familienangehörigen eines Unionsbürgers keine Anwendung.

67

In Randnr. 48 des Urteils Dereci u. a. hat der Gerichtshof entschieden, dass, da es im Rahmen der Ausgangsrechtsstreitigkeiten die Unionsbürger waren, die sich in einem Mitgliedstaat aufhielten, während ihre Familienangehörigen, die Drittstaatsangehörige waren, beabsichtigten, in diesen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten, um die Familiengemeinschaft mit den Unionsbürgern aufrechtzuerhalten, die Richtlinie 2003/86 auf diese Drittstaatsangehörigen nicht anwendbar war.

68

Im Unterschied zu den Sachverhalten in den Rechtssachen, in denen das Urteil Dereci u. a. ergangen ist, sind Frau S. und Frau L. jedoch Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten und die die Familienzusammenführung in Anspruch nehmen wollen. Sie sind daher als „Zusammenführende“ im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2003/86 anzusehen. Im Übrigen sind die gemeinsamen Kinder der Zusammenführenden und ihrer Ehegatten selbst Drittstaatsangehörige und genießen daher nicht den durch Art. 20 AEUV verliehenen Unionsbürgerstatus.

69

Unter Berücksichtigung des mit der Richtlinie 2003/86 verfolgten Ziels der Begünstigung der Familienzusammenführung (Urteil vom 4. März 2010, Chakroun, C-578/08, Slg. 2010, I-1839, Randnr. 43) und des Schutzes, der Drittstaatsangehörigen, insbesondere Minderjährigen, durch sie gewährt werden soll, kann ihre Anwendung nicht allein deshalb ausgeschlossen werden, weil ein Elternteil eines Minderjährigen, der Drittstaatsangehöriger ist, auch Elternteil eines aus einer ersten Ehe hervorgegangenen Unionsbürgers ist.

70

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86 gibt den Mitgliedstaaten präzise positive Verpflichtungen auf, denen klar definierte subjektive Rechte entsprechen. Er schreibt ihnen in den in dieser Richtlinie festgelegten Fällen vor, den Nachzug bestimmter Mitglieder der Familie des Zusammenführenden zu genehmigen, ohne dass sie dabei von ihrem Wertungsspielraum Gebrauch machen könnten (vgl. Urteil vom 27. Juni 2006, Parlament/Rat, C-540/03, Slg. 2006, I-5769, Randnr. 60).

71

Diese Bestimmung steht jedoch unter dem Vorbehalt der Einhaltung der u. a. in Kapitel IV der Richtlinie 2003/86 genannten Bedingungen. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie ist Teil dieser Bedingungen und gestattet den Mitgliedstaaten, den Nachweis zu verlangen, dass der Zusammenführende über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen. In dieser Vorschrift heißt es weiter, dass die Mitgliedstaaten diese Einkünfte anhand ihrer Art und Regelmäßigkeit beurteilen und die Höhe der Mindestlöhne und -renten sowie die Anzahl der Familienangehörigen berücksichtigen können (Urteil Chakroun, Randnr. 42).

72

In Bezug auf Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86 ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Gegenstand der nach dieser Richtlinie geforderten Einzelfallprüfung der Anträge auf Familienzusammenführung grundsätzlich die Einkünfte des Zusammenführenden sind und nicht die Einkünfte des Drittstaatsangehörigen, für den auf der Grundlage der Familienzusammenführung ein Aufenthaltsrecht beantragt wird (vgl. Urteil Chakroun, Randnrn. 46 und 47).

73

Was diese Einkünfte anbelangt, erlaubt es die Wendung „Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen“ in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86 einem Mitgliedstaat außerdem nicht, einem Zusammenführenden die Familienzusammenführung zu verweigern, der nachweist, dass er über ausreichende feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familienangehörigen zu bestreiten, jedoch wegen der Höhe seiner Einkünfte eine besondere Sozialhilfe zur Bestreitung besonderer, individuell bestimmter notwendiger Kosten des Lebensunterhalts oder einkommensunterstützende Maßnahmen in Anspruch nehmen kann (vgl. Urteil Chakroun, Randnr. 52).

74

Da die Genehmigung der Familienzusammenführung die Grundregel darstellt, hat der Gerichtshof ferner entschieden, dass die durch Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86 verliehene Befugnis eng auszulegen ist. Der den Mitgliedstaaten eröffnete Handlungsspielraum darf daher von ihnen nicht in einer Weise genutzt werden, die das Ziel der Richtlinie und deren praktische Wirksamkeit beeinträchtigen würde (Urteil Chakroun, Randnr. 43).

75

Schließlich steht die Richtlinie 2003/86, wie sich aus ihrem zweiten Erwägungsgrund ergibt, im Einklang mit den Grundrechten und berücksichtigt die in der Charta niedergelegten Grundsätze.

76

In Art. 7 der Charta, der Rechte enthält, die den in Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, wird das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens anerkannt. Diese Vorschrift der Charta ist zudem in Verbindung mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls nach Art. 24 Abs. 2 der Charta und unter Beachtung des in deren Art. 24 Abs. 3 niedergelegten Erfordernisses zu lesen, dass das Kind regelmäßig persönliche Beziehungen zu beiden Eltern unterhält (vgl. Urteile Parlament/Rat, Randnr. 58, und vom 23. Dezember 2009, Detiček, C-403/09 PPU, Slg. 2009, I-12193, Randnr. 54).

77

Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86 darf nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass damit gegen die in den genannten Bestimmungen der Charta niedergelegten Grundrechte verstoßen wird.

78

Die Mitgliedstaaten haben nämlich nicht nur ihr nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen, die mit den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten kollidiert (vgl. Urteile Parlament/Rat, Randnr. 105, und Detiček, Randnr. 34).

79

Zwar lassen sich die Art. 7 und 24 der Charta, die die Bedeutung des Familienlebens für Kinder unterstreichen, nicht dahin auslegen, dass den Mitgliedstaaten der Ermessensspielraum genommen würde, über den sie bei der Prüfung von Anträgen auf Familienzusammenführung verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Parlament/Rat, Randnr. 59).

80

Jedoch müssen bei einer solchen Prüfung und bei der Feststellung, ob u. a. die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86 aufgestellten Bedingungen erfüllt sind, die Bestimmungen dieser Richtlinie im Licht der Art. 7 und 24 Abs. 2 und 3 der Charta ausgelegt und angewandt werden, wie sich im Übrigen aus dem Wortlaut des zweiten Erwägungsgrundes und des Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie ergibt, wonach die Mitgliedstaaten die fraglichen Anträge auf Familienzusammenführung unter Berücksichtigung des Wohls der betroffenen Kinder und in dem Bestreben, das Familienleben zu fördern, prüfen müssen.

81

Die zuständigen nationalen Behörden müssen bei der Umsetzung der Richtlinie 2003/86 und bei der Prüfung von Anträgen auf Familienzusammenführung alle zu berücksichtigenden Interessen, insbesondere die der betroffenen Kinder, ausgewogen und sachgerecht bewerten.

82

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen wie folgt zu antworten:

Art. 20 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines auf der Grundlage der Familienzusammenführung beantragten Aufenthaltstitels zu verweigern, wenn dieser Drittstaatsangehörige beabsichtigt, mit seiner Ehegattin, die ebenfalls Drittstaatsangehörige ist, sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhält und Mutter eines Kindes aus einer ersten Ehe ist, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und dem aus der Ehe des Drittstaatsangehörigen und seiner Ehegattin hervorgegangenen Kind, das ebenfalls Drittstaatsangehöriger ist, zusammenzuleben, sofern eine solche Verweigerung nicht dazu führt, dass dem betroffenen Unionsbürger verwehrt wird, den Kernbestand der Rechte, die ihm der Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

Auf der Grundlage der Familienzusammenführung gestellte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fallen unter die Richtlinie 2003/86. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten zwar befugt sind, den Nachweis zu verlangen, dass der Zusammenführende über ausreichende feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familienangehörigen zu bestreiten, diese Befugnis aber im Licht der Art. 7 und 24 Abs. 2 und 3 der Charta ausgeübt werden muss, wonach die Mitgliedstaaten die Anträge auf Familienzusammenführung unter Berücksichtigung des Wohls der betroffenen Kinder und in dem Bestreben, auch das Familienleben zu fördern, prüfen müssen und das Ziel dieser Richtlinie und deren praktische Wirksamkeit nicht beeinträchtigen dürfen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen, mit denen die Erteilung von Aufenthaltstiteln abgelehnt wurde, unter Beachtung dieser Anforderungen erlassen wurden.

Kosten

83

Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 20 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines auf der Grundlage der Familienzusammenführung beantragten Aufenthaltstitels zu verweigern, wenn dieser Drittstaatsangehörige beabsichtigt, mit seiner Ehegattin, die ebenfalls Drittstaatsangehörige ist, sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhält und Mutter eines Kindes aus einer ersten Ehe ist, das die Unionsbürgerschaft besitzt, und dem aus der Ehe des Drittstaatsangehörigen und seiner Ehegattin hervorgegangenen Kind, das ebenfalls Drittstaatsangehöriger ist, zusammenzuleben, sofern eine solche Verweigerung nicht dazu führt, dass dem betroffenen Unionsbürger verwehrt wird, den Kernbestand der Rechte, die ihm der Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

Auf der Grundlage der Familienzusammenführung gestellte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fallen unter die Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten zwar befugt sind, den Nachweis zu verlangen, dass der Zusammenführende über ausreichende feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familienangehörigen zu bestreiten, diese Befugnis aber im Licht der Art. 7 und 24 Abs. 2 und 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgeübt werden muss, wonach die Mitgliedstaaten die Anträge auf Familienzusammenführung unter Berücksichtigung des Wohls der betroffenen Kinder und in dem Bestreben, auch das Familienleben zu fördern, prüfen müssen und das Ziel dieser Richtlinie und deren praktische Wirksamkeit nicht beeinträchtigen dürfen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen, mit denen die Erteilung von Aufenthaltstiteln abgelehnt wurde, unter Beachtung dieser Anforderungen erlassen wurden.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Finnisch.