Rechtssachen T-219/09 und T-326/09

Gabriele Albertini u. a. und

Brendan Donnelly

gegen

Europäisches Parlament

„Nichtigkeitsklage – Zusätzliches Altersversorgungssystem der Mitglieder des Europäischen Parlaments – Änderung des zusätzlichen Altersversorgungssystems – Handlung mit allgemeiner Geltung – Fehlende individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit“

Leitsätze des Beschlusses

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Möglichkeit, eine vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon erhobene Klage auf Art. 263 Abs. 4 AEUV zu stützen – Fehlen

(Art. 230 Abs. 4 und 5 EG; Art. 263 Abs. 4 AEUV)

2.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Entscheidung des Europäischen Parlaments über die Änderung der Regelung betreffend das zusätzliche Altersversorgungssystem der Abgeordneten – Klage eines Abgeordneten – Keine individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit

(Art. 230 Abs. 4 EG)

3.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Auslegung contra legem des Erfordernisses, individuell betroffen zu sein – Unzulässigkeit

(Art. 230 Abs. 4 EG)

1.      Die Frage der Zulässigkeit einer Klage bestimmt sich nach den zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Vorschriften, und bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage ist auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. der Einreichung der Klageschrift, abzustellen. Daher ist die Zulässigkeit einer vor dem Inkrafttreten des AEU-Vertrags am 1. Dezember 2009 erhobenen Klage anhand von Art. 230 EG und nicht anhand von Art. 263 AEUV zu prüfen.

(vgl. Randnr. 39)

2.      Eine natürliche oder juristische Person ist von einer Handlung mit allgemeiner Geltung individuell betroffen, wenn diese Handlung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt.

Dass sich die Entscheidung des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 1. April 2009 über die Änderung der Regelung betreffend das zusätzliche (freiwillige) Altersversorgungssystem in Anlage VIII der Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments auf die Ansprüche der Betroffenen auswirkt, die diese zukünftig wegen ihrer Mitgliedschaft in dem zusätzlichen Pensionsfonds geltend machen könnten, hebt die Betroffenen noch nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG aus dem Kreis aller übrigen Mitglieder des Parlaments heraus, da sie sich in einer objektiv bestimmten Lage befinden, die derjenigen aller übrigen Mitglieder des Parlaments, die Mitglied des Pensionsfonds sind, vergleichbar ist.

Zwar ist die Tatsache, dass ein Gemeinschaftsorgan aufgrund spezifischer Bestimmungen verpflichtet ist, die Folgen einer von ihm beabsichtigten Handlung für die Lage bestimmter Personen zu berücksichtigen, geeignet, diese Personen zu individualisieren. Zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Entscheidung war das Präsidium aber nach keiner gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung dazu verpflichtet, die besondere Lage der Kläger zu berücksichtigen.

(vgl. Randnrn. 45-46, 48-49)

3.      Nach dem durch den EG-Vertrag geschaffenen System der Rechtmäßigkeitskontrolle kann eine natürliche oder juristische Person nur dann Klage gegen eine Verordnung erheben, wenn sie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist. Diese Voraussetzung ist zwar im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände, die einen Kläger individualisieren könnten, auszulegen, doch würden mit einer Auslegung, die zum Wegfall der im EG-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen fraglichen Voraussetzung führen würde, die den Gemeinschaftsgerichten im EG-Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten.

Auch kann die Anwendung der Grundsätze der geordneten Rechtspflege und der Verfahrensökonomie nicht rechtfertigen, dass eine Klage, die die in Art. 230 Abs. 4 EG vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, für zulässig erklärt wird, da sonst die den Unionsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden. Diese Grundsätze können nicht als Grundlage für eine Abweichung von der im Vertrag vorgesehenen Festlegung der Zuständigkeiten dieser Gerichte dienen.

(vgl. Randnrn. 52, 54)







BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)

15. Dezember 2010(*)

„Nichtigkeitsklage – Zusätzliches Altersversorgungssystem der Mitglieder des Europäischen Parlaments – Änderung des zusätzlichen Altersversorgungssystems – Handlung mit allgemeiner Geltung – Fehlende individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit“

In den Rechtssachen T‑219/09 und T‑326/09,

Gabriele Albertini, wohnhaft in Mailand (Italien), und 62 weitere Mitglieder oder ehemalige Mitglieder des Europäischen Parlaments, die im Anhang namentlich aufgeführt sind, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi, A. Coolen, J.‑N. Louis und E. Marchal,

Kläger in der Rechtssache T‑219/09,

und

Brendan Donnelly, wohnhaft in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi, A. Coolen, J.‑N. Louis und E. Marchal,

Kläger in der Rechtssache T‑326/09,

gegen

Europäisches Parlament, zunächst vertreten durch H. Krück, A. Pospíšilová Padowska und G. Corstens, dann durch N. Lorenz, A. Pospíšilová Padowska und G. Corstens als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidungen des Europäischen Parlaments vom 9. März und 1. April 2009 über die Änderung der Regelung betreffend das zusätzliche (freiwillige) Altersversorgungssystem in Anlage VII der Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin) sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Rechtlicher Rahmen

1        Das Präsidium des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Präsidium) ist ein Organ des Europäischen Parlaments. Gemäß Nr. 2 von Art. 22 (Aufgaben des Präsidiums) der Geschäftsordnung des Parlaments in seiner auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls anwendbaren Fassung trifft das Präsidium u. a. finanzielle, organisatorische und administrative Entscheidungen in Angelegenheiten der Mitglieder des Parlaments.

2        In diesem Zusammenhang beschloss das Präsidium die Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: KV-Regelung).

3        Am 12. Juni 1990 beschloss das Präsidium die in Anlage VII der KV-Regelung enthaltene Regelung betreffend das zusätzliche (freiwillige) Altersversorgungssystem für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Regelung vom 12. Juni 1990).

4        Die Regelung vom 12. Juni 1990 sah in ihrer im März 2009 geltenden Fassung insbesondere vor:

„Artikel 1

1.      Bis zur Verabschiedung eines einheitlichen Abgeordnetenstatuts und ungeachtet der Ruhegehalts- und Versorgungsansprüche gemäß Anlagen I und II hat jedes Mitglied des Europäischen Parlaments, das mindestens zwei Jahre lang freiwillige Beiträge an das Altersversorgungssystem entrichtet hat, nach Beendigung seines Mandats ab dem 1. Tag des Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem es das 60. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf ein Ruhegehalt auf Lebenszeit.

Artikel 2

1.      Das Ruhegehalt beläuft sich für jedes vollständige Mandatsjahr auf 3,5 % von 40 % des Grundgehalts eines Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und für jeden vollen Monat auf 1/12 dieses Betrags.

2.      Der Höchstbetrag des Ruhegehalts beläuft sich auf 70 % (der Mindestbetrag auf 10,5 %) von 40 % des Grundgehalts eines Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

3.      Das Ruhegehalt wird in Euro berechnet und ausgezahlt.

Artikel 3

Ehemalige Mitglieder oder Mitglieder, die vor der Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheiden, können beantragen, dass ihr Ruhegehalt ab sofort oder ab einem beliebigen Zeitpunkt zwischen dem Ausscheiden und der Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt wird, vorausgesetzt, dass sie das 50. Lebensjahr vollendet haben. In diesem Fall ergibt sich das Ruhegehalt aus der Multiplikation des nach Artikel 2 Absatz 1 berechneten Betrags mit einem Koeffizienten, der anhand des Alters bestimmt wird, das das Mitglied bei Beginn der Auszahlung des Ruhegehalts erreicht hat, wobei die nachstehende Tabelle zugrunde gelegt wird …

Artikel 4 (Zahlung eines Teils des Ruhegehalts als Pauschalbetrag)

1.      Den Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern des freiwilligen Altersversorgungssystems wird die Möglichkeit eingeräumt, maximal 25 % des Ruhegehalts, berechnet auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 1, als Pauschalbetrag zu erhalten.

2.      Eine Anwendung dieser Regelung muss beantragt werden, bevor das Ruhegehalt zur Auszahlung gelangt, und ist unwiderruflich.

3.      Vorbehaltlich des in Absatz 1 festgelegten Höchstsatzes werden die Ruhegehaltsansprüche des überlebenden Ehegatten oder unterhaltsberechtigter Kinder durch die Pauschalzahlungen weder berührt noch verringert.

4.      Der Pauschalbetrag wird anhand des Alters berechnet, das das Mitglied erreicht hat, wenn das Ruhegehalt zur Auszahlung gelangt, wobei die folgende Tabelle zugrunde gelegt wird …

5.      Der Pauschalbetrag wird in Euro berechnet und ausgezahlt. Die Zahlung erfolgt vor der ersten Ruhegehaltszahlung.

…“

5        Der zusätzliche Pensionsfonds wurde von den Quästoren des Europäischen Parlaments durch Gründung der Vereinigung ohne Gewinnzweck „Pensionsfonds – Mitglieder des Europäischen Parlaments“ (im Folgenden: VoG) eingerichtet, die wiederum die Investmentgesellschaft mit variablem Kapital nach luxemburgischem Recht „Pensionsfonds – Mitglieder des Europäischen Parlaments, Investmentgesellschaft mit variablem Kapital“ gründete, die mit der technischen Verwaltung der Geldanlagen betraut war.

6        Mit Beschluss des Parlaments vom 28. September 2005 zur Annahme des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments (2005/684/EG, Euratom) wurde das Abgeordnetenstatut beschlossen (ABl. L 262, S. 1), das am 14. Juli 2009, dem ersten Tag der siebten Wahlperiode, in Kraft trat.

7        Mit dem Abgeordnetenstatut wurde für die europäischen Abgeordneten ein endgültiges Altersversorgungssystem eingerichtet, nach dem diese ohne Beitragspflicht mit Vollendung des 63. Lebensjahrs Anspruch auf ein Ruhegehalt haben.

8        Das Abgeordnetenstatut sieht für das zusätzliche Altersversorgungssystem Übergangsmaßnahmen vor. In Art. 27 heißt es hierzu:

„(1)      Der vom Europäischen Parlament eingerichtete freiwillige Pensionsfonds wird nach Inkrafttreten dieses Statuts für die Abgeordneten oder ehemaligen Abgeordneten, die in diesem Fonds bereits Rechte oder Anwartschaften erworben haben [oder im Begriff sind, diese zu erwerben], weitergeführt.

(2)      Die erworbenen Rechte und Anwartschaften bleiben in vollem Umfang erhalten. Das Parlament kann Voraussetzungen und Bedingungen für den Erwerb neuer Rechte oder Anwartschaften festlegen.

(3)      Abgeordnete, die die Entschädigung [nach dem Statut] erhalten, können in dem freiwilligen Pensionsfonds keine neuen Rechte oder Anwartschaften mehr erwerben.

(4)      Der Fonds steht den Abgeordneten, die nach dem Inkrafttreten dieses Statuts erstmals in das Parlament gewählt werden, nicht zur Verfügung.

…“

9        Mit Entscheidungen vom 19. Mai und 9. Juli 2008 legte das Präsidium Durchführungsbestimmungen für das Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments fest (ABl. 2009, C 159, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Gemäß deren Art. 73 sind die Durchführungsbestimmungen am Tag des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts in Kraft getreten, d. h. am 14. Juli 2009.

10      Gemäß Art. 74 der Durchführungsbestimmungen wird die KV-Regelung, vorbehaltlich der in Titel IV der Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Übergangsbestimmungen, am Tag des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts ungültig.

11      Art. 76 (Zusätzliches Ruhegehalt) der Durchführungsbestimmungen lautet:

„(1)      Die zusätzliche (freiwillige) Altersversorgung gemäß Anlage VII der [KV-Regelung] wird gemäß dieser Anlage auch weiterhin den Personen gewährt, die dieses Ruhegehalt bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Statuts erhalten haben.

(2) Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Statuts gemäß der genannten Anlage VII erworbenen Ruhegehaltsansprüche bleiben bestehen. Sie werden unter den in dieser Anlage vorgesehenen Bedingungen abgegolten.

(3)      Nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Statuts können gemäß der genannten Anlage VII weitere Ansprüche von den 2009 gewählten Abgeordneten erworben werden,

a)       die dem Parlament bereits in einer vorherigen Wahlperiode angehörten und

b)       die im Rahmen der zusätzlichen Altersversorgung bereits Ansprüche erworben haben oder im Begriff waren, diese Ansprüche zu erwerben, und

c)       für die der Mitgliedstaat, in dem sie gewählt wurden, eine abweichende Regelung gemäß Artikel 29 des Statuts beschlossen hat oder die sich gemäß Artikel 25 des Statuts selbst für das nationale System entschieden haben, und

d)      die keinen Anspruch auf ein nationales oder europäisches Ruhegehalt aufgrund ihres Mandats als Abgeordnete im Europäischen Parlament haben.

(4)      Die von den Abgeordneten zu dem zusätzlichen Pensionsfonds entrichteten Beiträge werden aus ihren privaten Mitteln bestritten.“

 Sachverhalt

12      Im Anschluss an die Feststellung der Verschlechterung der finanziellen Lage des zusätzlichen Pensionsfonds entschied das Präsidium am 9. März 2009 (im Folgenden: Entscheidung vom 9. März 2009):

–        „Es wird eine Arbeitsgruppe gebildet …, die sich mit den Vertretern des Verwaltungsrats des Pensionsfonds trifft, um die Lage einzuschätzen.

–        … Als Vorsichtsmaßnahme wird die Möglichkeit der Anwendung der Art. 3 und 4 der Anlage VII der KV-Regelung vorsorglich ausgesetzt.

–        … Die Vorsichtsmaßnahmen werden vom Präsidium in einer der nächsten Sitzungen unter Berücksichtigung der festgestellten Tatsachen sowie der Ergebnisse der Zusammenkünfte und der Feststellungen der Arbeitsgruppe erneut überprüft.“

13      Am 1. April 2009 entschied das Präsidium, die Regelung vom 12. Juni 1990 zu ändern (im Folgenden: Entscheidung vom 1. April 2009). Zu den Änderungen gehörten insbesondere folgende Maßnahmen:

–        Anhebung, mit Wirkung zum ersten Tag der siebten Wahlperiode, d. h. zum 14. Juli 2009, des Pensionsalters von 60 auf 63 Jahre (Art. 1 der Regelung vom 12. Juni 1990),

–        Abschaffung, mit sofortiger Wirkung, der Möglichkeit, dass ein Teil der Ruhegehaltsansprüche in Form einer Kapitalleistung gezahlt wird (Art. 3 der Regelung vom 12. Juni 1990),

–        Abschaffung, mit sofortiger Wirkung, der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands ab einem Alter von 50 Jahren (Art. 4 der Regelung vom 12. Juni 1990).

 Verfahren und Anträge der Parteien

14      Mit Klageschrift, die am 19. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben 65 Mitglieder des Europäischen Parlaments, die Mitglieder des Altersversorgungssystems waren, und die VoG in der Rechtssache T‑219/09 Klage erhoben.

15      Mit Klageschrift, die am 10. August 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ist in der Rechtssache T‑326/09 Klage erhoben worden.

16      Mit besonderen Schriftsätzen, die am 11. September bzw. 16. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat das Parlament gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung in beiden Verfahren jeweils eine Unzulässigkeitseinrede erhoben.

17      Die Kläger in der Rechtssache T‑219/09 haben am 30. Oktober 2009 ihre Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht. Bei dieser Gelegenheit haben die Kläger Balfe und Colom i Naval sowie die VoG beantragt, die Rücknahme ihrer Klagen festzustellen. Im Übrigen haben die Kläger in der Rechtssache T‑219/09 beantragt, diese Rechtssache mit der Rechtssache T‑326/09 und der Rechtssache T‑439/09, Purvis/Parlament, zu verbinden.

18      Das Parlament hat am 19. November 2009 seine Stellungnahme zu der Teilrücknahme in der Rechtssache T‑219/09 und zu dem Verbindungsantrag vorgelegt. Die Kläger in den Rechtssachen T‑326/09 und T‑439/09 haben zu dem Verbindungsantrag keine Erklärungen abgegeben.

19      Mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 18. Dezember 2009, Balfe u. a./Parlament (T‑219/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) sind Richard Balfe, Joan Colom i Naval und die VoG in der Liste der Kläger dieser Rechtssache gestrichen worden.

20      Der Kläger in der Rechtssache T‑326/09 hat am 7. Januar 2010 seine Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht.

21      Mit Beschlüssen vom 18. März 2010 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts die vorliegenden Verfahren nach Anhörung der Parteien bis zu einer Entscheidung über die Zulässigkeit in den Rechtssachen T‑532/08, Norilsk Nickel Harjavalta und Umicore/Kommission, und T‑539/08, Etimine und Etiproducts/Kommission, ausgesetzt.

22      Nachdem hierüber mit Beschlüssen vom 7. September 2010, Norilsk Nickel Harjavalta und Umicore/Kommission sowie Etimine und Etiproducts/Kommission (T‑532/08 und T‑539/08, Slg. 2010, II‑0000), entschieden worden ist, sind die Parteien aufgefordert worden, sich zu den Folgerungen zu äußern, die ihrer Ansicht nach hieraus für die vorliegenden Verfahren zu ziehen sind. Das Parlament und die Kläger haben ihre Stellungnahmen am 8. und 10. November 2010 eingereicht.

23      Die Kläger beantragen,

–        die Entscheidungen des Präsidiums des Parlaments vom 9. März und 1. April 2009 für nichtig zu erklären,

–        dem Parlament die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

24      In seiner Einrede der Unzulässigkeit beantragt das Parlament,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen,

–        den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

25      Die Kläger beantragen in ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit,

–        in der Rechtssache T‑219/09, festzustellen, dass Richard Balfe, Joan Colom i Naval und die VoG ihre Klagen zurückgenommen haben,

–        in beiden Verfahren, den in ihren Klageschriften enthaltenen Anträgen stattzugeben.

 Rechtliche Würdigung

26      In Bezug auf den Verbindungsantrag der Kläger in der Rechtssache T‑219/09 hält das Gericht es für sinnvoll, diese Rechtssache mit der Rechtssache T‑326/09 zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden, da beide Rechtssachen dieselben Zulässigkeitsfragen aufwerfen.

27      Nach Art. 114 § 1 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Unzulässigkeit entscheiden. Nach § 3 dieses Artikels wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall hält das Gericht den Akteninhalt für ausreichend und sieht daher keinen Anlass, die Parteien mündlich zu hören.

 Zum Gegenstand der Klagen

28      Hinsichtlich des Antrags der Kläger in der Rechtssache T‑219/09, festzustellen, dass Richard Balfe, Joan Colom i Naval und die VoG ihre Klagen zurückgenommen haben, geht das Gericht davon aus, dass dem bereits durch den Beschluss Balfe u. a./Parlament (Randnr. 19) stattgegeben wurde, so dass dieser Antrag gegenstandslos geworden ist.

29      Was den Gegenstand der Anträge auf Nichtigerklärung anbelangt, war die Entscheidung vom 9. März 2009, wie das Parlament, von den Klägern insoweit unbestritten, geltend macht, nur vorläufig, da sie die Möglichkeit der Anwendung der Art. 3 und 4 der Regelung vom 12. Juni 1990 lediglich aussetzte, ohne diese inhaltlich zu ändern. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Entscheidung vom 9. März 2009, da diese Vorschriften in der Folge mit der Entscheidung vom 1. April 2009 mit sofortiger Wirkung abgeschafft wurden, wegen Wegfalls ihres Gegenstands hinfällig geworden ist, so dass sie nicht Gegenstand eines Antrags auf Nichtigerklärung sein kann.

30      Daher sind die Klagen als unzulässig abzuweisen, soweit sie sich gegen die Entscheidung vom 9. März 2009 richten. Im Folgenden bezieht sich die Bezeichnung „angefochtene Maßnahme“ daher nur auf die Entscheidung vom 1. April 2009.

 Zur Einrede der Unzulässigkeit

31      Das Parlament hat drei Unzulässigkeitseinreden erhoben. In der Rechtssache T‑219/09 hat es geltend gemacht, dass es der VoG an einem Rechtsschutzinteresse fehle und dass die Kläger Richard Balfe und Joan Colom i Naval von den Entscheidungen vom 9. März und 1. April 2009 nicht betroffen seien. Außerdem hat es in beiden Rechtssachen geltend gemacht, dass die Klagen unzulässig seien, da es an einer individuellen Betroffenheit der Kläger fehle.

32      Da die Kläger Richard Balfe und Joan Colom i Naval sowie die VoG ihre Klagen zurückgenommen haben, ist nur die dritte Unzulässigkeitseinrede zu prüfen, die sich auf die fehlende individuelle Betroffenheit der Kläger bezieht.

 Vorbringen der Parteien

33      Das Parlament macht im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidung vom 1. April 2009 eine Handlung mit Verordnungscharakter sei und die Kläger nicht individuell betreffe.

34      Die Kläger seien nicht die Adressaten der Entscheidung vom 1. April 2009. Damit ihre Klagen für zulässig erklärt werden könnten, müssten sie nachweisen, dass diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betreffe, wobei diese Voraussetzungen kumulativ seien. Nach Ansicht des Parlaments können die Kläger somit nicht als von der Entscheidung vom 1. April 2009 individuell betroffen angesehen werden.

35      Die Kläger machen geltend, dass sie trotz des Verordnungscharakters der Entscheidungen vom 9. März und 1. April 2009 unmittelbar und individuell von diesen betroffen seien, da sie als zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidungen hinreichend bestimmbar anzusehen seien. Außerdem ergebe sich aus dem Schreiben des Generalsekretärs vom 1. April 2009 an die Mitglieder des Präsidiums, dass das Präsidium diese Entscheidungen unter Berücksichtigung ihrer speziellen Situation angenommen habe. Es habe daher bestimmte und hinsichtlich ihrer besonderen Lage in Bezug auf die erworbenen und künftigen zusätzlichen Ruhegehaltsansprüche individualisierbare Adressaten im Blick gehabt.

36      Die Kläger sind der Ansicht, sie könnten nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, künftige Maßnahmen zur Durchführung der Regelung vom 12. Juni 1990 in der Fassung der Entscheidung vom 1. April 2009, die an sie gerichtet sein würden, anzufechten.

37      Hierfür berufen sie sich erstens auf den Grundsatz des effektiven Zugangs zu den Gerichten der Gemeinschaft. Künftige Durchführungsmaßnahmen des Parlaments, mit denen Anträge auf Zahlung eines zusätzlichen Ruhegehalts abgelehnt würden, z. B., weil ein Antragsteller das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, seien als rein bestätigende Maßnahmen im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 9. März und 1. April 2009 anzusehen. Zum einen sei nach ständiger Rechtsprechung eine Nichtigkeitsklage gegen eine bestätigende Maßnahme, mit der lediglich die Regelungen einer früheren, bestandskräftig gewordenen Handlung wiedergegeben würden oder mit der, ohne die Hinzufügung neuer Elemente, nur die logische Folge einer solchen Handlung verdeutlicht werde, nicht statthaft. Für den Fall, dass die Maßnahmen zur Durchführung der Entscheidungen vom 9. März und 1. April 2009 nicht als bestätigende Maßnahmen angesehen würden, ergebe sich zum anderen aus der Rechtsprechung, dass, wenn gegen die Entscheidungen kein Klagerecht bestehe, eine gegen sie gerichtete Einrede der Rechtswidrigkeit, die im Rahmen einer gegen die Durchführungsmaßnahmen erhobenen Nichtigkeitsklage erhoben werde, ebenfalls unzulässig sei. Wenn daher der Einrede der Unzulässigkeit stattgegeben werde, bestünde die Gefahr, dass die Kläger keine konkrete und wirksame Möglichkeit hätten, ihre Rechte vor den Gerichten der Gemeinschaft geltend zu machen.

38      Die Kläger führen zweitens die Grundsätze der geordneten Rechtspflege und der Verfahrensökonomie sowie der prozessualen Redlichkeit an. Es verstoße gegen den Grundsatz der geordneten Rechtspflege und der Verfahrensökonomie, wenn alle Mitglieder des Parlaments jeweils einzeln, soweit sie betroffen seien, gegen jede Einzelentscheidung, die das Parlament in Anwendung der Entscheidungen vom 9. März und 1. April 2009 trifft, eine Nichtigkeitsklage erheben müssten. Außerdem stelle es auch einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Angemessenheit der Verfahrensdauer dar, wenn den Klägern eine solche Verpflichtung auferlegt werde. Schließlich würde es dem Grundsatz der prozessualen Redlichkeit widersprechen, wenn die vorliegenden Klagen für unzulässig erklärt würden, da das Parlament dann der Verpflichtung des Präsidiums vom 17. Juni 2009, nach der das anstehende Urteil in den vorliegenden Rechtssachen für alle Mitglieder des zusätzlichen Pensionsfonds gelten solle, nicht nachkommen müsste.

 Würdigung durch das Gericht

39      Vorab ist hinsichtlich der Frage, ob die Zulässigkeit der vorliegenden Klage anhand von Art. 230 EG oder anhand von Art. 263 AEUV zu prüfen ist, darauf hinzuweisen, dass sich die Frage der Zulässigkeit einer Klage nach den zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Vorschriften bestimmt und dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. der Einreichung der Klageschrift, abzustellen ist. Daher ist die Zulässigkeit einer vor dem Inkrafttreten des AEUV am 1. Dezember 2009 erhobenen Klage anhand von Art. 230 EG zu prüfen (Beschlüsse Norilsk Nickel Harjavalta und Umicore/Kommission sowie Etimine und Etiproducts/Kommission, Randnrn. 70 und 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Da die Klagen im vorliegenden Fall am 19. Mai bzw. 10. August 2009 erhoben worden sind, ist ihre Zulässigkeit anhand von Art. 230 EG zu prüfen.

41      Gemäß Art. 230 Abs. 4 EG kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

42      Hier ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die angefochtene Maßnahme, obwohl sie mit „Entscheidung“ überschrieben ist, allgemeine Geltung und damit Verordnungscharakter hat, da sie für alle Abgeordneten gilt, die Mitglieder des freiwilligen Pensionsfonds sind oder werden könnten. Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein Rechtsakt seinen Normcharakter nicht dadurch verliert, dass sich die Personen, auf die er in einem bestimmten Zeitraum Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt im Zusammenhang mit seiner Zielsetzung umschrieben ist (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 1994, Codorniu/Rat, C‑309/89, Slg. 1994, I‑1853, Randnr. 18). Sollten daher die Zahl und die Identität der Abgeordneten, die von der angefochtenen Maßnahme betroffen sind, zum Zeitpunkt ihres Erlasses bestimmbar gewesen sein, steht dies einer Qualifizierung dieser Entscheidung als allgemeiner Rechtsakt nicht entgegen. Denn wie das Parlament zu Recht betont, betrifft die angefochtene Maßnahme die Kläger nur deshalb, weil sie Mitglieder des zusätzlichen Pensionsfonds sind, und somit aufgrund einer objektiven Situation mit dem Ziel, die Regelung vom 12. Juni 1990 zu ändern.

43      Die allgemeine Geltung der angefochtenen Maßnahme schließt jedoch nicht aus, dass sie bestimmte natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betrifft (vgl. insbesondere Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 1991, Extramet Industrie/Rat, C‑358/89, Slg. 1992, I‑2501, Randnr. 13, Codorniu/Rat, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 19, vom 22. November 2001, Antillean Rice Mills/Rat, C‑451/98, Slg. 2001, I‑8949, Randnr. 46, und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 58, sowie Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 2001, Emesa Sugar/Rat, T‑43/98, Slg. 2001, II‑3519, Randnr. 47).

44      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kläger von der angefochtenen Maßnahme unmittelbar betroffen sind, da diese der für ihre Durchführung zuständigen Verwaltung des Parlaments kein Ermessen belässt (vgl. entsprechend Urteil Emesa Sugar/Rat, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 48).

45      Hinsichtlich der Frage, ob die Kläger von der angefochtenen Maßnahme individuell betroffen sind, ist zunächst zu beachten, dass eine natürliche oder juristische Person von einer Handlung mit allgemeiner Geltung individuell betroffen ist, wenn diese Handlung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238; Beschlüsse des Gerichts vom 30. September 1997, Federolio/Kommission, T‑122/96, Slg. 1997, II‑1559, Randnr. 59, und vom 29. April 1999, Alce/Kommission, T‑120/98, Slg. 1999, II‑1395, Randnr. 19).

46      Dass sich die angefochtene Maßnahme auf die Ansprüche der Kläger auswirkt, die diese zukünftig wegen ihrer Mitgliedschaft in dem zusätzlichen Pensionsfonds geltend machen könnten, hebt sie noch nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG aus dem Kreis aller übrigen Mitglieder des Parlaments heraus, da sie sich in einer objektiv bestimmten Lage befinden, die derjenigen aller übrigen Mitglieder des Parlaments, die Mitglied des Pensionsfonds sind, vergleichbar ist (vgl. entsprechend Beschluss Federolio/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 67, und Urteil Emesa Sugar/Rat, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 50). Unter diesen Umständen haben die Kläger nicht den Beweis erbracht, dass sie einen außergewöhnlichen Schaden erlitten haben, der sie aus dem Kreis der anderen Mitglieder des Parlaments, die dem zusätzlichen Pensionsfonds angehören, heraushebt.

47      Die Kläger sind jedoch der Ansicht, dass das Präsidium ihre besondere Lage vor Erlass der angefochtenen Maßnahme berücksichtigt habe.

48      Insoweit ist zu beachten, dass die Tatsache, dass ein Gemeinschaftsorgan aufgrund spezifischer Bestimmungen verpflichtet ist, die Folgen einer von ihm beabsichtigten Handlung für die Lage bestimmter Personen zu berücksichtigen, geeignet ist, diese Personen zu individualisieren (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, 11/82, Slg. 1985, 207, Randnrn. 28 bis 31, und vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, Slg. 1990, I‑2477, Randnrn. 11 bis 13).

49      Zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahme war das Präsidium aber nach keiner gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung dazu verpflichtet, die besondere Lage der Kläger zu berücksichtigen. Außerdem geht aus den Passagen der angefochtenen Maßnahme, auf die die Kläger ihr Vorbringen stützen, nicht klar hervor, dass das Präsidium ihre besondere Lage, und sei es auch nur in Bezug auf einen der Kläger, berücksichtigt hat. Vielmehr wird darin auf die von der Entscheidung betroffenen Abgeordneten nur ganz allgemein Bezug genommen, wie z. B. „die wenigen Abgeordneten, die weiterhin in den Fonds einzahlen könnten, um neue Ansprüche zu erwerben“, „die Mitglieder, die in den freiwilligen Pensionsfonds einbezahlt haben“ oder „die betroffenen Mitglieder“.

50      Somit ist dieses Argument der Kläger zurückzuweisen.

51      Aus alledem folgt, dass die Kläger von der angefochtenen Maßnahme nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen sind.

52      Das weitere Vorbringen der Kläger steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Was erstens den Grundsatz des effektiven Zugangs zu den Gerichten der Gemeinschaft anbelangt, genügt, wie das Parlament zu Recht ausgeführt hat, der Hinweis, dass nach dem durch den EG-Vertrag geschaffenen System der Rechtmäßigkeitskontrolle eine natürliche oder juristische Person nur dann Klage gegen eine Verordnung erheben kann, wenn sie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist. Diese Voraussetzung ist zwar im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände, die einen Kläger individualisieren könnten, auszulegen (vgl. z. B. Urteile vom 2. Februar 1988, Van der Kooy/Kommission, 67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnr. 14, Extramet Industrie/Rat, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 13, und Codorniu/Rat, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 19), doch würden mit einer Auslegung, die zum Wegfall der im EG-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen fraglichen Voraussetzung führen würde, die den Gemeinschaftsgerichten im EG-Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, C‑50/00 P, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 44).

53      Selbst wenn unterstellt wird, dass im vorliegenden Fall mögliche künftige Klagen, die von den Klägern gegen die Einzelentscheidungen erhoben werden, mit denen Anträge auf Zahlung eines zusätzlichen Ruhegehalts ab einem Alter von 60 Jahren auf der Grundlage der angefochtenen Maßnahme abgewiesen werden, als unzulässig angesehen werden müssten, so darf dies nicht dazu führen, dass die vorliegenden Klagen unter Verstoß gegen Art. 230 Abs. 4 EG für zulässig erklärt werden.

54      Zweitens kann, wie sich aus den Grundsätzen ergibt, die in der oben in Randnr. 52 erwähnten ständigen Rechtsprechung entwickelt wurden, die Anwendung der von den Klägern angeführten Grundsätze der geordneten Rechtspflege und der Verfahrensökonomie nicht rechtfertigen, dass eine Klage, die im Übrigen die in Art. 230 Abs. 4 EG vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, für zulässig erklärt wird, da sonst die den Unionsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden. Diese Grundsätze können nicht als Grundlage für eine Abweichung von der im Vertrag vorgesehenen Festlegung der Zuständigkeiten dieser Gerichte dienen.

55      Was drittens die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Angemessenheit der Verfahrensdauer anbelangt, machen die Kläger nur geltend, dass die Verpflichtung, dass sie jeweils getrennt gegen die künftigen Maßnahmen zur Durchführung der Entscheidung vom 1. April 2009 Nichtigkeitsklage erheben müssten, für sie eine Unsicherheit darstelle. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs eines Verfahrens nicht ohne Weiteres mit einer Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit gleichgesetzt werden kann. Dem Vorbringen der Kläger lässt sich auch nicht entnehmen, inwiefern der Grundsatz der Angemessenheit der Verfahrensdauer dadurch beeinträchtigt sein soll, dass sie gegen die Maßnahmen zur Durchführung der Entscheidung vom 1. April 2009 vorgehen müssten anstatt unmittelbar gegen diese selbst. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer kann selbstverständlich erst nach Beendigung des jeweiligen Verfahrens beurteilt werden.

56      Was schließlich viertens den von den Klägern vorgetragenen „Grundsatz der prozessualen Redlichkeit“ anbelangt und vorausgesetzt, wie von diesen behauptet, dass die Entscheidung des Präsidiums vom 17. Juni 2009, nach der das anstehende Urteil in der Rechtssache T‑219/09 für alle Mitglieder des zusätzlichen Pensionsfonds gelten soll, den Willen des Parlaments unterstreicht, dass im Rahmen des vorliegenden Verfahrens grundsätzliche Fragen entschieden werden sollen, so ist ein solcher Wille auf Seiten des Beklagten für das Gericht bei seiner Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Klagen nicht bindend. Die in Art. 230 EG festgelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen sind zwingendes Recht (Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnrn. 19 bis 23; Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1997, EISA/Kommission, T‑239/94, Slg. 1997, II‑1839, Randnrn. 26 und 27; Beschluss des Gerichts vom 13. April 2000, GAL Penisola Sorrentina/Kommission, T‑263/97, Slg. 2000, II‑2041, Randnr. 37), so dass sie nicht zur Disposition der Parteien stehen.

57      Die Klagen sind somit als unzulässig abzuweisen.

 Kosten

58      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag des Parlaments die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Rechtssachen T‑219/09 und T‑326/09 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

2.      Die Klagen werden als unzulässig abgewiesen.

3.      Herr Gabriele Albertini und die 62 weiteren im Anhang aufgeführten Kläger sowie Herr Brendan Donnelly tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Europäischen Parlaments.

Luxemburg, den 15. Dezember 2010

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

      I. Pelikánová

ANHANG

Javier Areitio Toledo, wohnhaft in Madrid (Spanien),

Robert Atkins, wohnhaft in Garstang (Vereinigtes Königreich),

Angelika Beer, wohnhaft in Groß Kummerfeld (Deutschland),

Georges Berthu, wohnhaft in Longré (Frankreich),

Guy Bono, wohnhaft in Saint-Martin-de-Crau (Frankreich),

Herbert Bösch, wohnhaft in Bregenz (Österreich),

David Bowe, wohnhaft in Leeds (Vereinigtes Königreich),

Marie-Arlette Carlotti, wohnhaft in Marseille (Frankreich),

Ozan Ceyhun, wohnhaft in Rüsselsheim (Deutschland),

Giles Bryan Chichester, wohnhaft in Ottery St Mary (Vereinigtes Königreich),

Brigitte Douay, wohnhaft in Paris (Frankreich),

Avril Doyle, wohnhaft in Wexford (Irland),

Michl Ebner, wohnhaft in Bozen (Italien),

Juan Manuel Fabra Vallés, wohnhaft in Madrid,

Elisa Maria Ferreira, wohnhaft in Porto (Portugal),

James Glyn Ford, wohnhaft in Newnham on Severn (Vereinigtes Königreich),

Riccardo Garosci, wohnhaft in Mailand (Italien),

Bruno Gollnisch, wohnhaft in Limonest (Frankreich),

Ana Maria Rosa Martins Gomes, wohnhaft in Colares-Sintra (Portugal),

Vasco Graça Moura, wohnhaft in Benfica do Ribatejo (Portugal),

Françoise Grossetête, wohnhaft in Saint-Étienne (Frankreich),

Catherine Guy-Quint, wohnhaft in Cournon d’Auvergne (Frankreich),

Roger Helmer, wohnhaft in Lutterworth (Vereinigtes Königreich),

William Richard Inglewood, wohnhaft in Penrith (Vereinigtes Königreich),

Caroline Jackson, wohnhaft in Abingdon (Vereinigtes Königreich),

Miloš Koterec, wohnhaft in Bratislava (Slowakei),

Urszula Krupa, wohnhaft in Lodz (Polen),

Stefan Kuc, wohnhaft in Warschau (Polen),

Zbigniew Kuźmiuk, wohnhaft in Radom (Polen),

Carl Lang, wohnhaft in Boulogne-Billancourt (Frankreich),

Henrik Lax, wohnhaft in Helsinki (Finnland),

Patrick Louis, wohnhaft in Lyon (Frankreich),

Minerva-Welpomen Malliori, wohnhaft in Athen (Griechenland),

Sergio Marques, wohnhaft in Funchal (Portugal),

Graham Christopher Spencer Mather, wohnhaft in London (Vereinigtes Königreich),

Véronique Mathieu, wohnhaft in Val d’Ajol (Frankreich),

Marianne Mikko, wohnhaft in Tallinn (Estland),

William Miller, wohnhaft in Glasgow (Vereinigtes Königreich),

Elizabeth Montfort, wohnhaft in Riom (Frankreich),

Ashley Mote, wohnhaft in Binsted (Vereinigtes Königreich),

Christine Margaret Oddy, wohnhaft in Coventry (Vereinigtes Königreich),

Reino Paasilinna, wohnhaft in Helsinki,

Bogdan Pęk, wohnhaft in Krakau (Polen),

José Javier Pomés Ruiz, wohnhaft in Pamplona (Spanien),

John Robert Purvis, wohnhaft in Fife (Vereinigtes Königreich),

Luís Queiró, wohnhaft in Lissabon (Portugal),

José Ribeiro e Castro, wohnhaft in Lissabon,

Pierre Schapira, wohnhaft in Paris,

Pál Schmitt, wohnhaft in Budapest (Ungarn),

José Albino Silva Peneda, wohnhaft in Maia (Portugal),

Grażyna Staniszewska, wohnhaft in Bielsko-Biala (Polen),

Robert Sturdy, wohnhaft in Wetherby (Vereinigtes Königreich),

Margie Sudre, wohnhaft in La Possession (Frankreich),

Robin Teverson, wohnhaft in Tregony (Vereinigtes Königreich),

Nicole Thomas-Mauro, wohnhaft in Épernay (Frankreich),

Gary Titley, wohnhaft in Bolton (Vereinigtes Königreich),

Witold Tomczak, wohnhaft in Kepno (Polen),

Maartje van Putten, wohnhaft in Amsterdam (Niederlande),

Vincenzo Viola, wohnhaft in Palermo (Italien),

Mark Watts, wohnhaft in Ashford (Vereinigtes Königreich),

Thomas Wise, wohnhaft in Linslade (Vereinigtes Königreich),

Bernard Wojciechowski, wohnhaft in Warschau.


* Verfahrenssprache: Französisch.