Rechtssache C-388/08 PPU

Strafverfahren

gegen

Artur Leymann und Aleksei Pustovarov

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein oikeus)

„Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss 2002/584/JI – Art. 27 – Europäischer Haftbefehl und Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten – Grundsatz der Spezialität – Zustimmungsverfahren“

Leitsätze des Urteils

1.        Vorabentscheidungsverfahren – Eilvorlageverfahren – Voraussetzungen

(Satzung des Gerichtshofs, Art. 104b)

2.        Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten – Grundsatz der Spezialität

(Rahmenbeschluss 2002/584 des Rates, Art. 3, 4 und 27 Abs. 2, 3 Buchst. g und 4)

3.        Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten – Grundsatz der Spezialität

(Rahmenbeschluss 2002/584 des Rates, Art. 27 Abs. 2)

4.        Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten – Grundsatz der Spezialität

(Rahmenbeschluss 2002/584 des Rates, Art. 27 Abs. 3 Buchst. c und 4)

1.        Einem Antrag, ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung des Rahmenbeschlusses 2002/584 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten dem Eilverfahren zu unterwerfen, kann unter Zugrundelegung der Ausführungen des vorlegenden Gerichts, dass die gegen den Betroffenen verhängte Freiheitsstrafe verkürzt und er früher entlassen würde, wenn die Anklage wegen dieser Straftat fallen gelassen würde, stattgegeben werden.

(vgl. Randnrn. 38-39)

2.        Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2000/584 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten stellt den Grundsatz der Spezialität auf, nach dem eine Person, die übergeben wurde, wegen einer anderen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt, noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden darf. Das Übergabeersuchen beruht auf den Informationen, die den Stand der Ermittlungen zum Zeitpunkt der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls widerspiegeln. Es ist daher möglich, dass im Lauf des Verfahrens die zur Last gelegten Handlungen nicht mehr in jeder Hinsicht den ursprünglich beschriebenen entsprechen. Die ermittelten Tatsachen können zu einer Präzisierung oder gar einer Änderung der Tatbestandsmerkmale führen, die die Ausstellung des Europäischen Haftbefehls ursprünglich gerechtfertigt haben.

Die in Art. 27 Abs. 2 enthaltenen Wörter „verfolgt“, „verurteilt“ und „einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen“ zeigen, dass der Begriff „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, im Hinblick auf die verschiedenen Abschnitte des Verfahrens und die einzelnen Verfahrenshandlungen, die die rechtliche Würdigung der Straftat ändern können, zu beurteilen ist. Um im Hinblick auf das Erfordernis der Zustimmung in Art. 27 Abs. 3 Buchst. g dieses Rahmenbeschlusses zu prüfen, ob eine Verfahrenshandlung zu einer „anderen Handlung“ als der im Europäischen Haftbefehl beschriebenen führt, ist die Beschreibung der Straftat im Europäischen Haftbefehl mit der in dem späteren Verfahrensschriftstück enthaltenen zu vergleichen. Es würde über die Bedeutung des Grundsatzes der Spezialität hinausgehen und das verfolgte Ziel, die im Rahmenbeschluss angesprochene justizielle Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu beschleunigen und zu vereinfachen, beeinträchtigen, wollte man für jede Änderung der Beschreibung des Sachverhalts die Zustimmung des Vollstreckungsmitgliedstaats fordern.

Zur Bestimmung, ob die betrachtete Handlung im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 eine „andere Handlung“ als diejenige ist, die der Übergabe zugrunde liegt, und die Durchführung des in Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Zustimmungsverfahrens erforderlich macht, ist zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale der Straftat nach deren gesetzlicher Umschreibung im Ausstellungsmitgliedstaat diejenigen sind, derentwegen die Person übergeben wurde, und ob sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen in dem späteren Verfahrensschriftstück hinreichend entsprechen. Änderungen bei den zeitlichen und örtlichen Umständen sind zulässig, sofern sie sich aus den Tatsachen ergeben, die in dem im Ausstellungsmitgliedstaat bezüglich der im Haftbefehl beschriebenen Verhaltensweisen durchgeführten Verfahren ermittelt wurden, nicht die Art der Straftat verändern und keine Gründe für das Absehen von der Vollstreckung nach den Art. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses zur Folge haben.

(vgl. Randnrn. 43, 53-56, 59, Tenor 1)

3.        Eine Änderung der Beschreibung der Straftat, die nur die Art des in Rede stehenden Betäubungsmittels betrifft, ohne dass sich die rechtliche Würdigung der Straftat ändert, ist als solche nicht geeignet, eine im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2000/584 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, zu begründen, da es sich nach wie vor um eine Straftat handelt, die mit einer vergleichbar schweren Strafe bedroht ist und unter die Rubrik „illegaler Handel mit Drogen“ des Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses fällt.

(vgl. Randnrn. 62-63, Tenor 2)

4.        Die in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2000/584 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehene Ausnahme, wonach der in Art. 27 Abs. 2 vorgesehene Grundsatz der Spezialität keine Anwendung findet, wenn die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt, ist dahin auszulegen, dass bei einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, nach Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses um Zustimmung ersucht werden und diese Zustimmung eingegangen sein muss, wenn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßnahme zu vollstrecken ist. Die übergebene Person kann wegen einer solchen Handlung verfolgt und verurteilt werden, bevor diese Zustimmung eingegangen ist, sofern während des diese Handlung betreffenden Ermittlungs- und Strafverfahrens keine freiheitsbeschränkende Maßnahme angewandt wird. Die Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verbietet es jedoch nicht, die übergebene Person einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu unterwerfen, bevor die Zustimmung eingegangen ist, wenn diese Beschränkung durch andere Anklagepunkte im Europäischen Haftbefehl gerechtfertigt wird.

(vgl. Randnr. 76, Tenor 3)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

1. Dezember 2008(*)

„Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss 2002/584/JI – Art. 27 – Europäischer Haftbefehl und Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten – Grundsatz der Spezialität – Zustimmungsverfahren“

In der Rechtssache C‑388/08 PPU

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 35 EU, eingereicht vom Korkein oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 5. September 2008, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Strafverfahren gegen

Artur Leymann,

Aleksei Pustovarov

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues und J. Klučka, der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin) und des Richters A. Arabadjiev,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des Antrags des vorlegenden Gerichts vom 5. September 2008, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 104b der Verfahrensordnung einem Eilverfahren zu unterwerfen,

aufgrund des Beschlusses der Dritten Kammer vom 11. September 2008, diesem Antrag stattzugeben,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Leymann, vertreten durch M. Annala, asianajaja,

–        von Herrn Pustovarov, vertreten durch H. Tuominen, oikeustieteen maisteri,

–        der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch C. ten Dam als Bevollmächtigte,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch I. Koskinen, R. Troosters und S. Grünheid als Bevollmächtigte,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 27 Abs. 2 bis 4 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190, S. 1, im Folgenden: Rahmenbeschluss).

2        Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens, das in Finnland gegen Herrn Leymann und Herrn Pustovarov eingeleitet wurde, die wegen einer schweren („törkeä“) Betäubungsmittelstraftat angeklagt und den finnischen Behörden aufgrund von Europäischen Haftbefehlen übergeben wurden.

 Rechtlicher Rahmen

 Recht der Europäischen Union

3        Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses sieht vor:

„Ein Europäischer Haftbefehl kann bei Handlungen erlassen werden, die nach den Rechtsvorschriften des Ausstellungsmitgliedstaats mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht sind …“

4        Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses führt 32 Straftaten auf, darunter den illegalen Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen, bei denen, wenn sie im Ausstellungsmitgliedstaat nach der Ausgestaltung in dessen Recht mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind, eine Übergabe aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit erfolgt.

5        Nach Art. 2 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses kann bei anderen Straftaten als denen des Art. 2 Abs. 2 das Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit überprüft werden.

6        Art. 3 des Rahmenbeschlusses führt die Gründe auf, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden muss.

7        Art. 4 des Rahmenbeschlusses nennt die Gründe, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden kann.

8        In Art. 8 des Rahmenbeschlusses geht es um Inhalt und Form des Europäischen Haftbefehls. Nach seinem Abs. 1 Buchst. d und e sind folgende Angaben erforderlich:

„d)      die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, insbesondere in Bezug auf Artikel 2;

e)      die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Art der Tatbeteiligung der gesuchten Person“.

9        Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses sieht vor, dass „Personen, die übergeben wurden, wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden“ dürfen, außer in dem in Art. 27 Abs. 1 genannten Fall, in dem die Zustimmung zu einer solchen Übergabe als erteilt gilt, und in den in Art. 27 Abs. 3 angeführten Fällen.

10      Nach Art. 27 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses findet „Absatz 2 … in folgenden Fällen keine Anwendung:

a)      wenn die Person das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates, dem sie übergeben worden ist, innerhalb von 45 Tagen nach ihrer endgültigen Freilassung nicht verlassen hat, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatte, oder wenn sie nach Verlassen dieses Gebiets dorthin zurückgekehrt ist;

b)      wenn die Straftat nicht mit einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bedroht ist;

c)      wenn die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt;

d)      wenn die Person der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel der Sicherung ohne Freiheitsentzug, insbesondere einer Geldstrafe bzw. einer vermögensrechtlichen Maßnahme oder der an deren Stelle tretenden Maßnahme unterzogen wird, selbst wenn diese Strafe oder Maßnahme die persönliche Freiheit einschränken kann;

e)      wenn die Person ihre Zustimmung zur Übergabe und gegebenenfalls den Verzicht auf die Anwendung des Grundsatzes der Spezialität gemäß Artikel 13 erklärt hat;

f)      wenn die Person nach ihrer Übergabe ausdrücklich auf die Anwendung des Grundsatzes der Spezialität in Bezug auf bestimmte vor der Übergabe begangene Handlungen verzichtet hat. …

g)      wenn die vollstreckende Justizbehörde, die die Person übergeben hat, ihre Zustimmung nach Absatz 4 gibt“.

11      Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses lautet:

„Das Ersuchen um Zustimmung ist unter Beifügung der in Artikel 8 Absatz 1 erwähnten Angaben und einer Übersetzung gemäß Artikel 8 Absatz 2 an die vollstreckende Justizbehörde zu richten. Die Zustimmung wird erteilt, wenn die Straftat, derentwegen um Zustimmung ersucht wird, nach diesem Rahmenbeschluss der Verpflichtung zur Übergabe unterliegt. Die Zustimmung wird verweigert, wenn die in Artikel 3 genannten Gründe vorliegen; ansonsten kann sie nur aus den in Artikel 4 genannten Gründen verweigert werden. Die Entscheidung ist spätestens 30 Tage nach Eingang des Ersuchens zu treffen.

…“

12      Nach seinem Art. 31 Abs. 1 ersetzt der Rahmenbeschluss die entsprechenden Bestimmungen mehrerer im Bereich der Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten geltender Übereinkommen, darunter das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957, das Übereinkommen vom 10. März 1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. C 78, S. 2) und das Übereinkommen vom 27. September 1996 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. C 313, S. 12, im Folgenden: Übereinkommen von 1996).

13      Aus der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Mai 1999 veröffentlichten Information über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags von Amsterdam (ABl. L 114, S. 56) ergibt sich, dass die Republik Finnland eine Erklärung nach Art. 35 Abs. 2 EU abgegeben hat, mit der sie die Zuständigkeit des Gerichtshofs für Entscheidungen gemäß Art. 35 Abs. 3 Buchst. b EU anerkannt hat.

 Nationales Recht

14      Nach dem zum Tatzeitpunkt im Sinne der Anklage geltenden Kapitel 50 § 1 des Strafgesetzbuchs (Rikoslaki in der Fassung des Gesetzes 1304/1993) begeht eine Betäubungsmittelstraftat u. a., wer Betäubungsmittel illegal einführt oder einzuführen versucht, befördert, befördern lässt, veräußert, vermittelt, einem anderen überlässt oder auf andere Weise in Umlauf bringt oder zu bringen versucht oder in Besitz hat oder sich zu verschaffen versucht.

15      Nach Kapitel 50 § 2 des Strafgesetzbuchs liegt u. a. eine schwere Betäubungsmittelstraftat vor, wenn Gegenstand der Tat ein besonders gefährliches Betäubungsmittel ist oder es sich um eine große Menge Betäubungsmittel handelt und die Tat auch in der Gesamtwürdigung als schwer anzusehen ist. Wer eine solche Tat begeht, wird mit Freiheitsstrafe von mindestens einem und höchstens zehn Jahren bestraft.

16      Mit dem Gesetz 1286/2003 betreffend die Übergabe zwischen Finnland und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (rikoksen johdosta tapahtuvasta luovuttamisesta Suomen ja muiden Euroopan unionin jäsenvaltioiden välillä annettu laki 1286/2003) soll der Rahmenbeschluss umgesetzt werden. Nach § 14 dieses Gesetzes muss das Festnahme‑ und Übergabeersuchen Angaben zur Art und rechtlichen Würdigung der Straftat, insbesondere hinsichtlich der Taten, die keine beiderseitige Strafbarkeit voraussetzen, und eine Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatorts und der Art der Tatbeteiligung der zu übergebenden Person enthalten.

17      Nach § 58 Abs. 1 dieses Gesetzes darf eine an die Republik Finnland übergebene Person wegen einer vor der Übergabe begangenen anderen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder angeklagt noch bestraft, noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden. Nach § 58 Abs. 2 gilt das Verbot u. a. dann nicht, wenn das Strafverfahren nicht zu einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme führt oder wenn der Übergabemitgliedstaat zustimmt, dass von dem Verbot abgewichen wird.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18      Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft das Strafverfahren gegen Herrn Leymann und Herrn Pustovarov, die von den finnischen Behörden wegen einer schweren Betäubungsmittelstraftat verfolgt werden. Beide wurden verhaftet, Herr Leymann auf der Grundlage eines Abwesenheitsbeschlusses des Helsingin käräjäoikeus (Gericht erster Instanz Helsinki) vom 21. März 2006 und Herr Pustovarov auf der Grundlage eines Abwesenheitsbeschlusses desselben Gerichts vom 5. Mai 2006.

 Herrn Leymann betreffend

19      Mit Europäischem Haftbefehl vom 21. März 2006 ersuchte die Bezirksstaatsanwaltschaft Helsinki die polnische Justizbehörde um Festnahme und Übergabe von Herrn Leymann zur Strafverfolgung, der verdächtigt wurde, in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 21. März 2006 eine schwere Straftat des Betäubungsmittelhandels begangen zu haben. Diesem Haftbefehl zufolge hatte Herr Leymann gemeinsam mit seinen Mittätern eine große Menge Amphetamine, einen als sehr gefährliches Betäubungsmittel eingestuften Stoff, zum Zweck des Weiterverkaufs illegal nach Finnland eingeführt.

20      Die polnische Justizbehörde entschied am 28. Juni 2006, Herrn Leymann auf der Grundlage des mit dem Haftbefehl gestellten Übergabeersuchens an Finnland zu übergeben.

21      Die Bezirksstaatsanwaltschaft Helsinki erhob am 2. Oktober 2006 vor dem Helsingin käräjäoikeus Anklage gegen Herrn Leymann wegen der in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 begangenen schweren Straftat des Betäubungsmittelhandels. Der Anklageschrift zufolge hatte Herr Leymann zusammen mit Herrn Pustovarov und Dritten 26 kg Haschisch zum Zweck des Weiterverkaufs nach Finnland eingeführt. Herr Leymann wurde als Ausführender dargestellt, während Herr Pustovarov und ein Dritter den Handel organisiert hätten. Die Ware sei in einem Pkw über den Hafen von Hanko (Finnland) nach Kouvola (Finnland) gebracht und dann von einem Dritten abgeholt worden.

22      Die Bezirksstaatsanwaltschaft Helsinki erklärte, sie habe vor Beginn des Verfahrens vor dem Helsingin käräjäoikeus von einem Vertreter der Republik Polen beim Europäischen Organ zur Stärkung der justiziellen Zusammenarbeit (Eurojust) die Mitteilung erhalten, dass es nicht erforderlich sei, diesen Mitgliedstaat nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 des Rahmenbeschlusses um Zustimmung zu Herrn Leymanns Verfolgung wegen der schweren Straftat des Betäubungsmittelhandels in Gestalt der Einfuhr von Haschisch zu ersuchen, obwohl die Übergabe aufgrund des Verdachts des Handels mit Amphetaminen erfolgt war.

23      Am 7. November 2006 sprach das Helsingin käräjäoikeus, vor dem keine Einwände gegen die Übergabe oder die Anklageerhebung erhoben wurden, die mutmaßlichen Täter, darunter Herrn Leymann, schuldig und verurteilte diesen zu einer Freiheitsstrafe.

24      Herr Leymann legte gegen diese Verurteilung Beschwerde vor dem Helsingin hovioikeus (Rechtsmittelgericht Helsinki) mit der Begründung ein, er hätte wegen der in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 begangenen schweren Straftat des Betäubungsmittelhandels (Haschisch) nicht verfolgt werden dürfen, da er der finnischen Justizbehörde nicht wegen dieser Straftat übergeben worden sei. In seiner Entscheidung vom 16. August 2007 befand das Helsingin hovioikeus, das Helsingin käräjäoikeus habe über den Vertreter der polnischen Justizbehörde bei Eurojust deren Zustimmung zu Herrn Leymanns Verfolgung wegen dieser Tat erlangt.

25      Im Hauptverfahren verurteilte das Helsingin hovioikeus Herrn Leymann mit Urteil vom 30. November 2007 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Herr Leymann, der sich der Vorlageentscheidung zufolge seit seiner im Rahmen des Übergabeverfahrens erfolgten Festnahme in Haft befindet, ist nach den Ausführungen seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof im Februar 2008 auf Bewährung entlassen worden.

 Herrn Pustovarov betreffend

26      Mit Europäischem Haftbefehl vom 8. Mai 2006 ersuchte die Bezirksstaatsanwaltschaft Helsinki die spanische Justizbehörde um Festnahme und Übergabe von Herrn Pustovarov zur Strafverfolgung, der verdächtigt wurde, in der Zeit vom 19. bis 25. Februar 2006 eine schwere Straftat des Betäubungsmittelhandels begangen zu haben. Diesem Haftbefehl zufolge hatte Herr Pustovarov gemeinsam mit seinen Mittätern eine große Menge Amphetamine, einen als sehr gefährliches Betäubungsmittel eingestuften Stoff, zum Zweck des Weiterverkaufs illegal nach Finnland eingeführt. Herr Pustovarov wurde als derjenige dargestellt, der die Einfuhr und den Verkauf organisiert hatte. Der Haftbefehl betraf außerdem zwei weitere schwere Betäubungsmitteldelikte in Gestalt der Einfuhr großer Mengen Haschisch zum Zweck des Weiterverkaufs, die im September und Oktober 2005 bzw. im November 2005 begangen worden seien.

27      Die spanische Justizbehörde entschied am 20. Juni 2006, Herrn Pustovarov auf der Grundlage des mit dem Haftbefehl vom 8. Mai 2006 gestellten Übergabeersuchens an Finnland zu übergeben.

28      Die Bezirksstaatsanwaltschaft erhob am 2. Oktober 2006 vor dem Helsingin käräjäoikeus Anklage gegen Herrn Pustovarov, wie in Randnr. 21 des vorliegenden Urteils ausgeführt.

29      Während des Verfahrens vor dem Helsingin käräjäoikeus erließ die Bezirksstaatsanwaltschaft am 24. Oktober 2006 einen neuen Europäischen Haftbefehl, mit dem sie die spanische Justizbehörde um Zustimmung zur Verfolgung von Herrn Pustovarov wegen der in der Zeit vom 19. bis 25. Februar 2006 begangenen schweren Straftat des Betäubungsmittelhandels in Gestalt der Einfuhr zwecks Weiterverkaufs einer großen Menge Haschisch, und nicht von Amphetaminen, wie es im ursprünglichen Haftbefehl geheißen hatte, ersuchte.

30      Mit Urteil vom 7. November 2006, das erging, bevor die Zustimmung der spanischen Justizbehörde zu dem zweiten Haftbefehl eingeholt worden war, verurteilte das Helsingin käräjäoikeus Herrn Pustovarov wegen der in der Anklageschrift beschriebenen Handlungen, die als schwere Straftat des Handels mit Betäubungsmitteln in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 qualifiziert wurden, sowie wegen der beiden weiteren ihm zur Last gelegten schweren Straftaten des Betäubungsmittelhandels zu einer Freiheitsstrafe.

31      Herr Pustovarov legte gegen dieses Urteil beim Helsingin hovioikeus mit der Begründung Beschwerde ein, er hätte wegen der in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 begangenen schweren Straftat des Drogenhandels (Haschisch) nicht verfolgt werden dürfen, da er der finnischen Justizbehörde nicht wegen dieser Straftat übergeben worden sei.

32      Die spanische Justizbehörde erteilte am 11. Juli 2007 ihre Zustimmung dazu, Herrn Pustovarov auch aus den im zweiten Europäischen Haftbefehl genannten Gründen zu verfolgen.

33      Das Helsingin hovioikeus war der Auffassung, dass die Zustimmung der spanischen Justizbehörde, obwohl sie erst nach dem Urteil des Helsingin käräjäoikeus eingegangen sei, es ihm erlaube, über die in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 begangene und Herrn Pustovarov zur Last gelegte schwere Straftat des Betäubungsmittelhandels zu entscheiden.

34      Herr Pustovarov wurde mit Urteil des Helsingin hovioikeus vom 30. November 2007 wegen dieser sowie der beiden weiteren ihm zur Last gelegten Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt fünf Jahren und acht Monaten verurteilt.

 Das Rechtsmittel vor dem vorlegenden Gericht

35      Am 28. Mai 2008 wurde die Beschwerde von Herrn Leymann und Herrn Pustovarov vor dem Korkein oikeus (Oberstes Gericht) zugelassen, die die Frage betrifft, ob der Grundsatz der Spezialität, wie er in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses enthalten ist, ihrer Verfolgung wegen der in der Zeit vom 15. bis 26. Februar 2006 begangenen schweren Straftat des Handels mit Betäubungsmitteln, in diesem Fall mit Haschisch, entgegensteht.

 Die Vorlagefragen

36      Unter diesen Umständen hat der Korkein oikeus beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Wie ist der in Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses verwendete Ausdruck „ander[e] Handlung als [diejenige], die der Übergabe zugrunde liegt“ auszulegen, genauer gesagt, welche Kriterien sind für die Beurteilung maßgebend, ob die Beschreibung der Tat, die der Anklage zugrunde liegt, von derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, so sehr abweicht, dass es sich um eine „andere Handlung“ im Sinne des Art. 27 Abs. 2 handelt und eine Strafverfolgung daher die Zustimmung nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 voraussetzt?

2.      Ist Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses dahin auszulegen, dass das Zustimmungsverfahren gemäß Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 in einer Situation anzuwenden ist, in der sowohl dem Haftbefehl als auch der endgültigen Anklage eine (schwere) Betäubungsmittelstraftat zugrunde gelegen hatte, die Beschreibung des Tatgeschehens, auf der die Anklage beruhte, sich aber danach in der Weise geändert hat, dass die Anklage eine andere Art von Betäubungsmittel als die im Haftbefehl genannte zum Gegenstand hatte?

3.      Wie ist Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses, wonach Personen, die übergeben wurden, wegen einer anderen Handlung weder verfolgt noch verurteilt, noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden dürfen, insbesondere im Verhältnis zum Zustimmungsverfahren, das in Art. 27 Abs. 4 geregelt ist, und unter Berücksichtigung der Bestimmung des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c auszulegen, wonach der Grundsatz der Spezialität keine Anwendung findet, wenn die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt?

a)      Sind die genannten Bestimmungen in Fällen, die dem Zustimmungsverfahren unterliegen, dahin auszulegen, dass sie einer Anklageerhebung wegen der betreffenden Straftat, dem Gerichtsverfahren oder dem Erlass eines Urteils vor Erhalt der Zustimmung nicht entgegenstehen, sofern der Beschuldigte aufgrund des fraglichen Tatverdachts keiner freiheitsentziehenden oder ‑beschränkenden Maßnahme unterworfen wird?

b)      Wie ist der Umstand zu bewerten, dass ein Strafverfahren, mit dem eine Freiheitsbeschränkung einhergeht, mehrere Straftaten betrifft, von denen eine dem Zustimmungsverfahren unterliegt? Sind in diesem Fall die oben genannten Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie der Anklageerhebung wegen der Straftat, die ein Zustimmungsverfahren voraussetzt, dem Gerichtsverfahren oder dem Erlass des Urteils vor Erhalt der Zustimmung nicht entgegenstehen, auch wenn der Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren einer Beschränkung der persönlichen Freiheit unterworfen wurde, sofern die Freiheitsbeschränkung wegen der übrigen Anklagepunkte auf einer gesetzlichen Grundlage beruht?

 Zum Eilverfahren

37      Mit Schreiben vom 5. September 2008, das am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat der Korkein oikeus beantragt, das Vorabentscheidungsersuchen dem in Art. 104b der Verfahrensordnung vorgesehenen Eilverfahren zu unterwerfen.

38      Diesen Antrag hat das vorlegende Gericht damit begründet, dass Herr Pustovarov derzeit eine Freiheitsstrafe wegen verschiedener Straftaten, darunter derjenigen der illegalen Einfuhr von 26 kg Haschisch, in deren Zusammenhang das Vorabentscheidungsersuchen gestellt worden sei, verbüße. Herr Pustovarov sei am 18. März 2009 auf Bewährung zu entlassen. Sollte die Anklage wegen dieser Straftat fallen gelassen werden, würde die gegen Herrn Pustovarov verhängte Freiheitsstrafe verkürzt, und er würde früher entlassen.

39      Auf Bericht des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts hat die Dritte Kammer des Gerichtshofs entschieden, dem Antrag des vorlegenden Gerichts, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, stattzugeben.

 Zu den Vorlagefragen

40      Vorab ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof, wie sich aus Randnr. 13 des vorliegenden Urteils ergibt, im vorliegenden Fall nach Art. 35 EU für die Auslegung des Rahmenbeschlusses zuständig ist.

 Zur ersten Frage

41      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob die übergebene Person im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses wegen einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, verfolgt wird, so dass das Zustimmungsverfahren nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 dieses Beschlusses durchzuführen ist.

42      Aus Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie aus den Erwägungsgründen 5 bis 7 und 11 des Rahmenbeschlusses geht hervor, dass er das multilaterale System der Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten durch ein System der Übergabe zwischen Justizbehörden von verurteilten oder verdächtigen Personen zur Vollstreckung strafrechtlicher Urteile oder zur Strafverfolgung auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung ersetzen soll. Der Rahmenbeschluss ist insbesondere darauf gerichtet, die justizielle Zusammenarbeit zu erleichtern und zu beschleunigen (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnr. 28).

43      Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses stellt den Grundsatz der Spezialität auf, nach dem eine Person, die übergeben wurde, wegen einer anderen Handlung als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt, noch einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen werden darf.

44      Dieser Grundsatz steht im Zusammenhang mit der Souveränität des Vollstreckungsmitgliedstaats und gewährt der gesuchten Person das Recht, nur wegen der Handlung, die der Übergabe zugrunde liegt, verfolgt, verurteilt oder einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen zu werden.

45      Die Mitgliedstaaten können nach Art. 27 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses auf die Anwendung des Grundsatzes der Spezialität verzichten. Von diesem Grundsatz gibt es darüber hinaus mehrere Ausnahmen, die in Art. 27 Abs. 3 aufgeführt sind.

46      Bei der Prüfung der Tragweite von Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses und speziell des Begriffs „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, ist das mit dem Rahmenbeschluss verfolgte Ziel zu berücksichtigen.

47      Insoweit heißt es im fünften Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses, dass sich aus dem der Union gesetzten Ziel, sich zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu entwickeln, die Abschaffung der Auslieferung zwischen Mitgliedstaaten und deren Ersetzung durch ein System der Übergabe zwischen Justizbehörden ergibt.

48      In diesem Erwägungsgrund heißt es weiter, dass die bislang von klassischer Kooperation geprägten Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten durch ein System des freien Verkehrs strafrechtlicher justizieller Entscheidungen – und zwar sowohl in der Phase vor der Urteilsverkündung als auch in der Phase danach – zu ersetzen sind.

49      Im sechsten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses wird ausgeführt, dass der Europäische Haftbefehl im strafrechtlichen Bereich die erste konkrete Verwirklichung des vom Europäischen Rat als „Eckstein“ der justiziellen Zusammenarbeit qualifizierten Prinzips der gegenseitigen Anerkennung darstellt.

50      Dem zehnten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses zufolge erfordert die Anwendung des Mechanismus des Europäischen Haftbefehls ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten.

51      Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der der Systematik des Rahmenbeschlusses zugrunde liegt, bedeutet nach dessen Art. 1 Abs. 2 auch, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, einen Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken. Sie müssen oder können die Vollstreckung nämlich nur in den Fällen der Art. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses ablehnen.

52      Bei der Entscheidung über die Übergabe der Person, die zum Zwecke der Strafverfolgung wegen einer im nationalen Recht des Ausstellungsmitgliedstaats definierten Straftat gesucht wird, prüft die Justizbehörde des Vollstreckungsmitgliedstaats, gestützt auf Art. 2 des Rahmenbeschlusses, die mit dem Europäischen Haftbefehl vorgelegte Beschreibung der Straftat. Diese Beschreibung muss dem Formular im Anhang des Rahmenbeschlusses entsprechend die in Art. 8 genannten Informationen enthalten, nämlich insbesondere die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatorts und der Art der Tatbeteiligung der gesuchten Person, sowie den für die Tat vorgesehenen Strafrahmen.

53      Wie die Kommission in ihren Erklärungen ausgeführt hat, beruht das Übergabeersuchen auf den Informationen, die den Stand der Ermittlungen zum Zeitpunkt der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls widerspiegeln. Es ist daher möglich, dass im Lauf des Verfahrens die zur Last gelegten Handlungen nicht mehr in jeder Hinsicht den ursprünglich beschriebenen entsprechen. Die ermittelten Tatsachen können zu einer Präzisierung oder gar einer Änderung der Tatbestandsmerkmale führen, die die Ausstellung des Europäischen Haftbefehls ursprünglich gerechtfertigt haben.

54      Die in Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses enthaltenen Wörter „verfolgt“, „verurteilt“ und „einer freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen“ zeigen, dass der Begriff „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, im Hinblick auf die verschiedenen Abschnitte des Verfahrens und die einzelnen Verfahrenshandlungen, die die rechtliche Würdigung der Straftat ändern können, zu beurteilen ist.

55      Um im Hinblick auf das Erfordernis der Zustimmung zu prüfen, ob eine Verfahrenshandlung zu einer „anderen Handlung“ als der im Europäischen Haftbefehl beschriebenen führt, ist die Beschreibung der Straftat im Europäischen Haftbefehl mit der in dem späteren Verfahrensschriftstück enthaltenen zu vergleichen.

56      Es würde über die Bedeutung des Grundsatzes der Spezialität hinausgehen und das verfolgte Ziel, die im Rahmenbeschluss angesprochene justizielle Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu beschleunigen und zu vereinfachen, beeinträchtigen, wollte man für jede Änderung der Beschreibung des Sachverhalts die Zustimmung des Vollstreckungsmitgliedstaats fordern.

57      Um zu bestimmen, ob es um eine „andere Handlung“ als diejenige geht, die der Übergabe zugrunde liegt, ist zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale der Straftat nach deren gesetzlicher Umschreibung im Ausstellungsmitgliedstaat diejenigen sind, derentwegen die Person übergeben wurde, und ob sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen in dem späteren Verfahrensschriftstück hinreichend entsprechen. Änderungen bei den zeitlichen und örtlichen Umständen sind zulässig, sofern sie sich aus den Tatsachen ergeben, die in dem im Ausstellungsmitgliedstaat bezüglich der im Haftbefehl beschriebenen Verhaltenweisen durchgeführten Verfahren ermittelt wurden, nicht die Art der Straftat verändern und keine Gründe für das Absehen von der Vollstreckung nach den Art. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses zur Folge haben.

58      Es ist Sache des zuständigen nationalen Gerichts, in Anbetracht der in der vorstehenden Randnummer genannten Kriterien zu prüfen, ob die in der Anklageschrift beschriebene Handlung eine andere als die in den Haftbefehlen gegen Herrn Leymann und Herrn Pustovarov beschriebene Handlung ist.

59      Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass zur Bestimmung, ob die betrachtete Handlung im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses eine „andere Handlung“ als diejenige ist, die der Übergabe zugrunde liegt, und die Durchführung des in Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Zustimmungsverfahrens erforderlich macht, zu prüfen ist, ob die Tatbestandsmerkmale der Straftat nach deren gesetzlicher Umschreibung im Ausstellungsmitgliedstaat diejenigen sind, derentwegen die Person übergeben wurde, und ob sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen in dem späteren Verfahrensschriftstück hinreichend entsprechen. Änderungen bei den zeitlichen und örtlichen Umständen sind zulässig, sofern sie sich aus den Tatsachen ergeben, die in dem im Ausstellungsmitgliedstaat bezüglich der im Haftbefehl beschriebenen Verhaltensweisen durchgeführten Verfahren ermittelt wurden, nicht die Art der Straftat verändern und keine Gründe für das Absehen von der Vollstreckung nach den Art. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses zur Folge haben.

 Zur zweiten Frage

60      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Änderung der Beschreibung der Straftat, die nur die Art des in Rede stehenden Betäubungsmittels betrifft, ohne dass sich die rechtliche Würdigung der Straftat ändert, geeignet ist, eine im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, zu begründen und den Rückgriff auf das in Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 des Rahmenbeschlusses vorgesehene Zustimmungsverfahren erforderlich zu machen.

61      In den Ausgangsverfahren bezieht sich die Anklageschrift auf die Einfuhr von Haschisch, während der Haftbefehl die Einfuhr von Amphetaminen betrifft.

62      Es handelt sich jedoch nach wie vor um eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht ist und unter die Rubrik „illegaler Handel mit Drogen“ des Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses fällt.

63      Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass unter den Umständen des Ausgangsverfahrens eine Änderung der Beschreibung der Straftat, die die Art des in Rede stehenden Betäubungsmittels betrifft, als solche nicht geeignet ist, eine im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, zu begründen.

 Zur dritten Frage

64      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses enthaltene Ausnahme vom Grundsatz der Spezialität unter Berücksichtigung des in Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Zustimmungsverfahrens auszulegen ist. Es fragt insbesondere, ob diese Bestimmungen es erlauben, jemanden wegen einer „anderen Handlung“, die die Zustimmung des Vollstreckungsmitgliedstaats erfordert, zu verfolgen und zu verurteilen, bevor diese Zustimmung eingegangen ist, wenn diese Person keiner freiheitsbeschränkenden Maßnahme unterworfen ist. Es fragt ferner, ob sich der Umstand, dass diese Person auch wegen anderer, ihre Inhaftierung rechtfertigender Anklagepunkte festgehalten wird, auf die Möglichkeit auswirkt, sie wegen dieser „anderen Handlung“ zu verfolgen und zu verurteilen.

65      Vorab ist festzustellen, dass sich die dritte Frage nur stellt, wenn die zuständigen Justizbehörden mit einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, befasst werden, da die Ausnahmen vom Grundsatz der Spezialität definitionsgemäß nur in diesem Fall Anwendung finden.

66      Zur Bestimmung der Tragweite von Art. 27 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses ist diese Vorschrift unter Berücksichtigung von Gegenstand, Systematik und Zielsetzung des Rahmenbeschlusses auszulegen.

67      Mit den in Art. 27 Abs. 1 und 3 Buchst. a bis g des Rahmenbeschlusses aufgeführten Ausnahmen werden die in den früheren Auslieferungsübereinkommen enthaltenen Ausnahmen übernommen, insbesondere die des Übereinkommens von 1996. Die Ausnahmen des Art. 27 Abs. 3 Buchst. b bis d des Rahmenbeschlusses entsprechen denen des Art. 10 Abs. 1 Buchst. a bis c dieses Übereinkommens.

68      Diese Ausnahmen entspringen unterschiedlichen Gründen. Die Ausnahmen des Art. 27 Abs. 1 und 3 Buchst. e bis g des Rahmenbeschlusses beruhen auf der Zustimmung der betroffenen Mitgliedstaaten, der Justizbehörden des Vollstreckungsmitgliedstaats oder der vom Europäischen Haftbefehl betroffenen Person. Die Ausnahmen des Art. 27 Abs. 3 Buchst. b und d des Rahmenbeschlusses betreffen die anwendbaren Strafen oder Maßnahmen. Die Ausnahme in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses bezieht sich auf das Strafverfahren.

69      Die auf der Zustimmung beruhenden Ausnahmen gelten unabhängig vom anzuwendenden Verfahren und der Art der Strafe.

70      Die Ausnahmen des Art. 27 Abs. 3 Buchst. b bis d des Rahmenbeschlusses enthalten auch unterschiedliche Regelungen. So geht es bei der Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. b um den Fall, dass die Straftat nicht mit einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bedroht ist. Die Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c betrifft den Fall, dass die Strafverfolgung nach dem Gesetz oder der Beurteilung der Justizbehörde nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit der Person beschränkenden Maßnahme führt. Art. 27 Abs. 3 Buchst. d bezieht sich auf den Fall, dass die Person der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel der Sicherung ohne Freiheitsentzug unterzogen wird, selbst wenn diese Strafe oder Maßnahme die persönliche Freiheit einschränken kann. Dabei geht es um Fälle, in denen finanzielle Sanktionen, insbesondere Geldbußen, oder Maßregeln, wie z. B. gemeinnützige Arbeit, oder auch Anordnungen, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen, wie z. B. das Verbot, sich an bestimmten Orten aufzuhalten, oder die Verpflichtung, den betreffenden Mitgliedstaat nicht zu verlassen, ausgesprochen werden können.

71      Ist im Verfahren festgestellt worden, dass eine „andere Handlung“ als diejenige vorliegt, die der Übergabe zugrunde liegt, kann diese Handlung nur verfolgt werden, wenn die Zustimmung eingeholt worden ist, sofern nicht die Ausnahmen des Art. 27 Abs. 3 Buchst. a bis f des Rahmenbeschlusses Anwendung finden.

72      Die Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c betrifft den Fall, dass die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit der Person beschränkenden Maßnahme führt.

73      Bei dieser Ausnahme kann eine Person daher wegen einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, verfolgt und zu einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßnahme verurteilt werden, ohne dass das Zustimmungsverfahren durchzuführen wäre, sofern während der Strafverfolgung keine freiheitsbeschränkende Maßnahme angewandt wird. Wird diese Person jedoch zu einer freiheitsbeschränkenden Strafe oder Maßnahme verurteilt, ist die Zustimmung erforderlich, damit die Strafe vollstreckt werden kann.

74      Diese Auslegung schließt an Art. 10 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von 1996 an, wie sich aus dem vom Rat am 26. Mai 1997 gebilligten Erläuternden Bericht zu diesem Übereinkommen ergibt (ABl. 1997, C 191, S. 13). Nach diesem Bericht kann ein ersuchender Mitgliedstaat bei Handlungen, die nicht dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegen, auch wegen einer strafbaren Handlung, die mit einer die persönliche Freiheit beschränkenden Strafe bedroht ist, die Strafverfolgung einleiten oder fortsetzen oder die betreffende Person aburteilen, sofern die persönliche Freiheit der Person weder während des Strafverfahrens noch als Folge desselben eingeschränkt ist. Bei einer Verurteilung der Person zu einer Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung mit Freiheitsentzug kann dieses Urteil dem Bericht zufolge nur vollstreckt werden, wenn der ersuchende Mitgliedstaat entweder die Zustimmung der betreffenden Person oder die Zustimmung des ersuchten Staates erlangt hat.

75      Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verbietet es jedoch nicht, die übergebene Person einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu unterwerfen, bevor die Zustimmung eingegangen ist, wenn diese Beschränkung durch andere Anklagepunkte im Europäischen Haftbefehl gerechtfertigt wird.

76      Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass die in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses vorgesehene Ausnahme dahin auszulegen ist, dass bei einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, nach Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses um Zustimmung ersucht werden und diese Zustimmung eingegangen sein muss, wenn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßnahme zu vollstrecken ist. Die übergebene Person kann wegen einer solchen Handlung verfolgt und verurteilt werden, bevor diese Zustimmung eingegangen ist, sofern während des diese Handlung betreffenden Ermittlungs- und Strafverfahrens keine freiheitsbeschränkende Maßnahme angewandt wird. Die Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verbietet es jedoch nicht, die übergebene Person einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu unterwerfen, bevor die Zustimmung eingegangen ist, wenn diese Beschränkung durch andere Anklagepunkte im Europäischen Haftbefehl gerechtfertigt wird.

 Kosten

77      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Zur Bestimmung, ob die betrachtete Handlung im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten eine „andere Handlung“ als diejenige ist, die der Übergabe zugrunde liegt, und die Durchführung des in Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Zustimmungsverfahrens erforderlich macht, ist zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale der Straftat nach deren gesetzlicher Umschreibung im Ausstellungsmitgliedstaat diejenigen sind, derentwegen die Person übergeben wurde, und ob sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen in dem späteren Verfahrensschriftstück hinreichend entsprechen. Änderungen bei den zeitlichen und örtlichen Umständen sind zulässig, sofern sie sich aus den Tatsachen ergeben, die in dem im Ausstellungsmitgliedstaat bezüglich der im Haftbefehl beschriebenen Verhaltensweisen durchgeführten Verfahren ermittelt wurden, nicht die Art der Straftat verändern und keine Gründe für das Absehen von der Vollstreckung nach den Art. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses zur Folge haben.

2.      Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens ist eine Änderung der Beschreibung der Straftat, die die Art des in Rede stehenden Betäubungsmittels betrifft, als solche nicht geeignet, eine im Sinne des Art. 27 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 „andere Handlung“ als diejenige, die der Übergabe zugrunde liegt, zu begründen.

3.      Die in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584 vorgesehene Ausnahme ist dahin auszulegen, dass bei einer „anderen Handlung“ als derjenigen, die der Übergabe zugrunde liegt, nach Art. 27 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses um Zustimmung ersucht werden und diese Zustimmung eingegangen sein muss, wenn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßnahme zu vollstrecken ist. Die übergebene Person kann wegen einer solchen Handlung verfolgt und verurteilt werden, bevor diese Zustimmung eingegangen ist, sofern während des diese Handlung betreffenden Ermittlungs- und Strafverfahrens keine freiheitsbeschränkende Maßnahme angewandt wird. Die Ausnahme des Art. 27 Abs. 3 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verbietet es jedoch nicht, die übergebene Person einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu unterwerfen, bevor die Zustimmung eingegangen ist, wenn diese Beschränkung durch andere Anklagepunkte im Europäischen Haftbefehl gerechtfertigt wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Finnisch.