Rechtssache C‑213/07

Michaniki AE

gegen

Ethniko Symvoulio Radiotileorasis

und

Ypourgos Epikrateias

(Vorabentscheidungsersuchen des Symvoulio tis Epikrateias)

„Öffentliche Bauaufträge – Richtlinie 93/37/EWG – Art. 24 – Gründe für einen Ausschluss von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren – Nationale Maßnahmen, mit denen eine Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauarbeiten mit dem der Informationsmedien eingeführt wird“

Leitsätze des Urteils

1.        Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge – Richtlinie 93/37 – Geltungsbereich

(Richtlinie 93/37 des Rates)

2.        Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden – Fragen, die in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehen

(Art. 234 EG)

3.        Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge – Richtlinie 93/37

(Richtlinie 93/37 des Rates, Art. 24 Abs. 1)

4.        Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Prüfung der Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht

(Art. 234 EG)

5.        Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge – Richtlinie 93/37 – Geltungsbereich

(Richtlinie 93/37 des Rates)

1.        Nach der Richtlinie 93/37 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/52 geänderten Fassung ist die Geltung ihrer Bestimmungen für die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge keiner Voraussetzung in Bezug auf die Staatsangehörigkeit oder den Ort der Niederlassung der Bieter unterworfen. In dieser Richtlinie findet sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Anwendbarkeit ihrer Bestimmungen, insbesondere der gemeinsamen Teilnahmebestimmungen in ihrem Art. 24, vom Bestehen eines tatsächlichen Zusammenhangs mit dem freien Verkehr zwischen Mitgliedstaaten abhängt.

(vgl. Randnr. 29)

2.        In einem Verfahren nach Art. 234 EG hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen.

Der Gerichtshof kann die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind.

(vgl. Randnrn. 32-34)

3.        Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/52 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass darin die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Gründe erschöpfend aufgezählt sind, die den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem öffentlichen Bauauftrag rechtfertigen können. Diese Richtlinie hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, weitere Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter sowie der Grundsatz der Transparenz beachtet werden, sofern diese Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

(vgl. Randnrn. 49, Tenor 1)

4.        Es ist nicht Sache des Gerichtshofs, im Rahmen des durch Artikel 234 EG eingeführten Vorabentscheidungsverfahrens die Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen oder nationales Recht auszulegen. Der Gerichtshof ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit zu befinden

(vgl. Randnr. 51)

5.        Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Vorschrift entgegensteht, mit der in Verfolgung der legitimen Ziele der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge eine unwiderlegbare Vermutung eingeführt wird, dass die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines im Sektor der Informationsmedien tätigen Unternehmens mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, unvereinbar ist.

Die gemeinschaftliche Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge soll u. a. die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter bei einer Auftragsvergabe und zugleich die Möglichkeit ausschließen, dass ein öffentlicher Auftraggeber sich von Überlegungen leiten lässt, die mit dem in Rede stehenden Markt nichts zu tun haben. Dabei müssen die Mitgliedstaaten für den Erlass von Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu gewährleisten, die die Grundlage der Gemeinschaftsrichtlinien auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge bilden, über ein bestimmtes Ermessen verfügen. Folglich steht das Gemeinschaftsrecht dem Erlass von nationalen Maßnahmen nicht entgegen, mit denen in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge die Gefahr ausgeschlossen werden soll, dass es zu Praktiken kommt, die geeignet sind, die Transparenz zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, eine Gefahr, die sich daraus ergeben könnte, dass sich unter den Bietern ein Unternehmer befindet, der im Sektor der Informationsmedien tätig ist oder Verbindungen zu einer Person hat, die in diesem Sektor engagiert ist, und mit denen somit Betrug und Korruption verhindert bzw. unterbunden werden sollen.

Eine nationale Vorschrift, die eine allgemeine Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauarbeiten mit dem der Informationsmedien einführt, hat jedoch zur Folge, dass Unternehmer, die öffentliche Bauaufträge durchführen und außerdem im Sektor der Informationsmedien aufgrund einer Rechtsstellung als Eigentümer, Hauptaktionär, Gesellschafter oder Führungskraft engagiert sind, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, ohne dass ihnen eine Möglichkeit gegeben wird, gegenüber etwa von einem Konkurrenten gegebenen Hinweisen nachzuweisen, dass in ihrem Fall keine tatsächliche Gefahr der oben genannten Art besteht. Somit geht eine solche Vorschrift über das hinaus, was zur Erreichung der angeführten Ziele der Transparenz und der Gleichbehandlung erforderlich ist, indem sie eine ganze Kategorie von Unternehmern, die öffentliche Bauarbeiten durchführen, aufgrund der genannten unwiderlegbaren Vermutung ausschließt.

(vgl. Randnrn. 54-55, 60, 62-63, 69, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

16. Dezember 2008(*)

„Öffentliche Bauaufträge – Richtlinie 93/37/EWG – Art. 24 – Gründe für einen Ausschluss von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren – Nationale Maßnahmen, mit denen eine Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauarbeiten mit dem der Informationsmedien eingeführt wird“

In der Rechtssache C‑213/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 8. Dezember 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2007, in dem Verfahren

Michaniki AE

gegen

Ethniko Symvoulio Radiotileorasis,

Ypourgos Epikrateias,

Beteiligte:

Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE, Rechtsnachfolgerin der Pantechniki AE,

und

Syndesmos Epicheiriseon Periodikou Typou,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas und K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter A. Tizzano und J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter K. Schiemann, J. Klučka und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader und des Richters J.‑J. Kasel,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE, Rechtsnachfolgerin der Pantechniki AE, vertreten durch K. Giannakopoulos, dikigoros,

–        der Syndesmos Epicheiriseon Periodikou Typou, vertreten durch K. Drougas, dikigoros,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch A. Samoni-Rantou, E.‑M. Mamouna, A. Manitakis und I. Dionysopoulos als Bevollmächtigte,

–        des Rates der Europäischen Union, vertreten durch A. Lo Monaco, M.‑M. Joséphidès und A. Vitro als Bevollmächtigte,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia, D. Kukovec und X. Lewis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Oktober 2008

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 (ABl. L 328, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/37).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft griechischen Rechts Michaniki AE (im Folgenden: Michaniki) einerseits und dem Ethniko Symvoulio Radiotileorasis (Nationaler Rundfunkrat, im Folgenden: ESR) und dem Ypourgos Epikrateias (Minister ohne Geschäftsbereich) andererseits über die Entscheidung, mit der der ESR der Pantechniki AE (im Folgenden: Pantechniki), ebenfalls eine Gesellschaft griechischen Rechts, eine Bescheinigung über das Nichtbestehen einer Unvereinbarkeit im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags erteilt hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

3        Art. 6 der Richtlinie 93/37, der in deren Abschnitt I „Allgemeine Bestimmungen“ steht, enthält folgenden Abs. 6:

„Die öffentlichen Auftraggeber tragen dafür Sorge, dass nicht zwischen den verschiedenen Unternehmen diskriminiert wird.“

4        Im Abschnitt IV „Gemeinsame Teilnahmebestimmungen“ Kapitel 2 „Eignungskriterien“ dieser Richtlinie bestimmt Art. 24 Abs. 1:

„Von der Teilnahme am Vergabeverfahren können Unternehmer ausgeschlossen werden,

a)      die sich im Konkursverfahren, im gerichtlichen Vergleichsverfahren oder in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit eingestellt haben oder sich aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen gleichartigen Verfahrens in einer entsprechenden Lage befinden;

b)      gegen die ein Konkursverfahren oder ein gerichtliches Vergleichsverfahren oder die Liquidation eröffnet ist oder gegen die andere in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehene gleichartige Verfahren eingeleitet worden sind;

c)      die mit rechtskräftigem Urteil aus Gründen bestraft worden sind, die ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellen;

d)      die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, die von den öffentlichen Auftraggebern nachweislich festgestellt wurde;

e)      die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Sozialbeiträge nach den Recht[s]vorschriften des Landes, in dem sie ansässig sind, oder nach den Rechtsvorschriften des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;

f)      die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Steuern und Abgaben nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie ansässig sind, oder nach den Rechtsvorschriften des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;

g)      die sich bei der Erteilung von Auskünften, die gemäß diesem Kapitel eingeholt werden können, in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht haben.“

 Nationales Recht

5        Art. 14 der griechischen Verfassung wurde von der siebten verfassungsändernden Versammlung des griechischen Parlaments durch Abstimmung vom 6. April 2001 folgender Abs. 9 hinzugefügt:

„Der Eigentumsstatus, die wirtschaftliche Situation und die Finanzierungsmittel der Informationsmedien sind nach Maßgabe eines Gesetzes offenzulegen.

Ein Gesetz sieht die Maßnahmen und Beschränkungen vor, die für die vollständige Gewährleistung von Transparenz und Pluralismus in der Information notwendig sind.

Die Konzentration der Kontrolle mehrerer Informationsmedien derselben oder unterschiedlicher Form ist verboten.

Verboten ist insbesondere die Konzentration mehrerer elektronischer Informationsmedien derselben Art nach Maßgabe des Gesetzes.

Die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Medienunternehmens ist mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, unvereinbar.

Das Verbot nach dem vorstehenden Absatz erstreckt sich auch auf Mittelspersonen jeder Art wie Ehegatten, Verwandte, wirtschaftlich abhängige Personen oder Gesellschaften.

Ein Gesetz regelt die Einzelheiten, die Sanktionen – die bis zum Entzug der Lizenz einer Rundfunk‑ oder Fernsehstation und bis zum Verbot des Abschlusses oder bis zur Nichtigerklärung des betreffenden Vertrags gehen können – sowie die Einzelheiten der Kontrolle und die Garantien zur Verhinderung einer Umgehung der vorstehenden Bestimmungen.“

6        Das Gesetz Nr. 3021/2002 über Beschränkungen der Vergabe öffentlicher Aufträge an Personen, die im Sektor der Informationsmedien tätig sind oder Beteiligungen halten (FEK A’ 143), regelt die in Art. 14 Abs. 9 Unterabs. 7 der Verfassung genannten Gesichtspunkte.

7        Der Begriff „Medienunternehmen“ erfasst nach Art. 1 dieses Gesetzes Medienunternehmen, „für deren Tätigkeit der griechische Staat zuständig ist“. Dieser Artikel enthält ferner die Definitionen der Begriffe „öffentlicher Sektor im weiteren Sinne“, „öffentliche Aufträge“, „Hauptaktionär“, „Führungskräfte“, „wirtschaftlich abhängige Personen“ und „Mittelspersonen“.

8        Die Begriffe „Hauptaktionär“ und „Mittelspersonen“ sind in Art. 1 Nrn. 4 und 7 des Gesetzes Nr. 3021/2002 wie folgt definiert:

„4.      ‚Hauptaktionär‘: ein Aktionär, der aufgrund der Zahl der von ihm gehaltenen Aktien – selbständig oder im Vergleich mit der Zahl der Aktien der anderen Aktionäre der Gesellschaft berechnet –, aufgrund seiner Stimmrechte oder aufgrund anderer Sonderrechte, die ihm kraft Gesetzes, der Gesellschaftssatzung oder allgemeiner oder besonderer Vereinbarungen mit der Gesellschaft, mit anderen Aktionären oder mit von ihm wirtschaftlich abhängigen oder für seine Rechnung handelnden Dritten zustehen, die Findung der Entscheidungen, die die zuständigen Organe der Gesellschaft oder deren Führungskräfte in Bezug auf die Modalitäten der Geschäftsführung und den allgemeinen Betrieb des betroffenen Unternehmens treffen, wesentlich beeinflussen kann.

Als Hauptaktionär wird insbesondere angesehen

A.      die natürliche oder juristische Person, die, unabhängig von der Höhe des Anteils am gesamten Kapital der Gesellschaft, der in ihrem Eigentum steht,

a)      eine Zahl von Aktien hält, die die Zahl der Aktien jedes anderen Aktionärs übersteigt oder gegebenenfalls der Zahl der Aktien eines anderen Aktionärs entspricht, oder

b)      gemäß der Gesellschaftssatzung oder nach Übertragung eines entsprechenden Rechts anderer Aktionäre die Mehrheit der Stimmrechte in der Hauptversammlung besitzt oder

c)      kraft Gesetzes oder der Gesellschaftssatzung oder nach Übertragung eines entsprechenden Rechts anderer Aktionäre das Recht zur Ernennung oder Abberufung mindestens zweier Mitglieder des Verwaltungsrats hat oder eines Mitglieds, sofern dieses die Funktion des Präsidenten oder des Vizepräsidenten, Direktors oder geschäftsführenden oder stellvertretenden Verwaltungsratsmitglieds oder des generalbevollmächtigten geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieds ausübt oder

d)      einen Anteil am gesamten Kapital der Gesellschaft hält oder Stimmrechte besitzt, die mindestens der Hälfte des Kapitals der Gesellschaft entsprechen, das bei der Entscheidung der Hauptversammlung über die Wahl oder Abberufung des letzten Verwaltungsrats der Gesellschaft oder der Mehrheit seiner Mitglieder vertreten war und das Stimmrecht ausgeübt hat, oder

e)      unmittelbar oder mittelbar Verträge oder generell Vereinbarungen mit der Gesellschaft abschließt, aus denen diese Einnahmen erzielt oder andere finanzielle Ansprüche erwirbt, die mindestens einem Fünftel ihrer Bruttoeinnahmen während des Vorgeschäftsjahrs entsprechen;

B.      die natürliche oder juristische Person, die

a)      eine Zahl von Aktien hält, die mindestens 5 % des gesamten Kapitals der Gesellschaft entspricht, oder

b)      Stimmrechte besitzt, die mindestens 5 % der gesamten Stimmrechte in der Hauptversammlung der Gesellschaft entsprechen.

Insbesondere werden für die Berechnung des vorstehend in Teil A bzw. Teil B genannten Prozentsatzes vom Kapital der Gesellschaft oder von den Stimmrechten die Anteile oder Stimmrechte berücksichtigt, die im Eigentum stehen bzw. gehalten werden von

–        Personen, die als Vermittler auftreten,

–        Unternehmen, die von dem betreffenden Aktionär kontrolliert werden,

–        einem anderen Aktionär, mit dem der betreffende Aktionär eine Vereinbarung über die Durchführung einer gemeinsamen dauerhaften Politik hinsichtlich der Geschäftsführung der Gesellschaft geschlossen hat.

Ferner werden berücksichtigt die Stimmrechte, die aufgrund eines Vertrags über die Bestellung eines Pfandrechts oder eines Nießbrauchs oder infolge einer Sicherungsmaßnahme zulasten des Inhabers der entsprechenden Aktien gehalten werden, sowie die Zahl der Aktien, die von dem betreffenden Aktionär zwar nicht gehalten werden, für die er aber dividendenberechtigt ist. Die Zahl der Aktien oder Stimmrechte, die im Wege der Rechtsnachfolge erworben werden, wird nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Erwerbs berücksichtigt.

7.      ‚Mittelspersonen‘: die natürlichen oder juristischen Personen, die wirtschaftlich abhängig sind oder aufgrund einer allgemeinen oder besonderen Vereinbarung für Rechnung oder nach Weisung oder Anordnung einer anderen natürlichen oder juristischen Person tätig werden.“

9        Art. 2 des Gesetzes Nr. 3021/2002 bestimmt unter der Überschrift „Verbot der Vergabe öffentlicher Aufträge an Medienunternehmen“:

„1.      Es ist verboten, an Medienunternehmen sowie Gesellschafter, Hauptaktionäre, Mitglieder der Verwaltungsorgane und Führungskräfte dieser Unternehmen öffentliche Aufträge zu vergeben. Gleichfalls verboten ist die Vergabe öffentlicher Aufträge an Unternehmen, deren Gesellschafter oder Hauptaktionäre oder Mitglieder der Verwaltungsorgane oder Führungskräfte Medienunternehmen oder Gesellschafter oder Hauptaktionäre oder Mitglieder der Verwaltungsorgane oder Führungskräfte von Medienunternehmen sind.

2.      Das Verbot der Vergabe öffentlicher Aufträge schließt ferner ein

a)      die Ehegatten und die Verwandten in gerader Linie unbeschränkt und in der Seitenlinie bis zum vierten Grad der in Abs. 1 genannten natürlichen Personen, sofern sie nicht nachweisen können, dass sie von diesen Personen wirtschaftlich unabhängig sind;

b)      jede andere Mittelsperson;

c)      die Gesellschafter und die Hauptaktionäre der in Abs. 1 genannten Gesellschafter und Hauptaktionäre;

d)      jede natürliche oder juristische Person, die, ohne Aktionär zu sein, ein oder mehrere Medienunternehmen mittelbar oder unmittelbar kontrolliert oder die Findung der Entscheidungen, die die Verwaltungsorgane oder Führungskräfte in Bezug auf die Geschäftsführung und den allgemeinen Betrieb dieser Unternehmen treffen, mittelbar oder unmittelbar wesentlich beeinflusst.

…“

10      Art. 3 des Gesetzes Nr. 3021/2002 bestimmt in Bezug auf die „Unvereinbarkeiten“:

„1.      Die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs, eines Verwaltungsratsmitglieds oder einer Führungskraft eines Medienunternehmens ist mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs, eines Verwaltungsratsmitglieds oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das öffentliche Aufträge vergibt, deren Vergabe nach Art. 2 verboten ist, und mit der Eigenschaft eines Gesellschafters oder eines Hauptaktionärs von Gesellschaftern oder von Hauptaktionären dieses Unternehmens unvereinbar.

2.      Die in diesem Artikel vorgesehene Unvereinbarkeit gilt auch dann, wenn der Eigentümer, der Hauptaktionär, der Gesellschafter, das Verwaltungsratsmitglied oder die Führungskraft eines Unternehmens, das öffentliche Aufträge vergibt, der Ehegatte oder der Verwandte in gerader Linie unbeschränkt und in der Seitenlinie bis zum vierten Grad ist und nicht nachweisen kann, dass er von dem Eigentümer, dem Gesellschafter, dem Hauptaktionär, dem Verwaltungsratsmitglied oder der Führungskraft eines Medienunternehmens wirtschaftlich unabhängig ist, wie auch in allen sonstigen Fällen, in denen die genannten Unvereinbarkeiten eine Mittelsperson betreffen.

…“

11      Art. 4 des Gesetzes Nr. 3021/2002 sieht im Wesentlichen unter Androhung der Nichtigkeit des öffentlichen Auftrags vor, dass der betroffene öffentliche Auftraggeber vor der Zuschlagserteilung bzw. der Auftragsvergabe beim ESR die Ausstellung einer Bescheinigung beantragen muss, mit der bestätigt wird, dass die in Art. 3 dieses Gesetzes genannten Voraussetzungen einer Unvereinbarkeit nicht erfüllt sind.

 Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefragen

12      Mit Entscheidung Nr. 844 vom 13. Dezember 2001 beschloss der Verwaltungsrat der Erga OSE AE (im Folgenden: Erga OSE), einer Gesellschaft griechischen Rechts, eine Ausschreibung im offenen Verfahren für die Durchführung von Erdarbeiten und technischen Arbeiten für den Unterbau der neuen zweispurigen Hochgeschwindigkeitseisenbahnlinie zwischen Korinth und Kiatos (Griechenland) mit veranschlagtem Budget in Höhe von 51 700 000 Euro.

13      An dieser Ausschreibung nahmen u. a. Michaniki und die KI Sarantopoulos AE (im Folgenden: Sarantopoulos), ebenfalls eine Gesellschaft griechischen Rechts, teil.

14      Mit Entscheidung Nr. 959 vom 22. Mai 2002 vergab der Verwaltungsrat von Erga OSE den Auftrag für diese Erd- und Bauarbeiten an Sarantopoulos. Diese wurde danach von Pantechniki übernommen.

15      Vor dem Abschluss des Vertrags teilte Erga OSE, die damals zum „öffentlichen Sektor im weiteren Sinne“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 3021/2002 gehörte, dem ESR mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 die Identität der Hauptaktionäre und der Mitglieder des Verwaltungsrats sowie des Direktoriums von Pantechniki mit und beantragte eine Bescheinigung, dass bei diesen Personen keine der in Art. 3 dieses Gesetzes genannten Unvereinbarkeiten besteht.

16      Der ESR stellte auf der Grundlage von Art. 4 dieses Gesetzes die Bescheinigung Nr. 8117 vom 30. Oktober 2002 aus, mit der bestätigt wird, dass bei den im Schreiben von Erga OSE vom 9. Oktober 2002 genannten Personen keine Unvereinbarkeit besteht (im Folgenden: Bescheinigung).

17      Den Angaben in der Vorlageentscheidung nach war der ESR der Ansicht, dass Herr K. Sarantopoulos, Hauptaktionär und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Verwaltungsrats von Pantechniki, obwohl er mit Herrn G. Sarantopoulos, Mitglied der Verwaltungsräte von zwei im Bereich der Informationsmedien tätigen griechischen Unternehmen, verwandt ist, nicht von der durch die Art. 2 und 3 des Gesetzes Nr. 3021/2002 eingeführten Unvereinbarkeitsregelung erfasst werde. Der ESR befand nämlich, dass Herr K. Sarantopoulos von Herrn G. Sarantopoulos wirtschaftlich unabhängig sei.

18      Michaniki erhob vor dem Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) eine auf Nichtigerklärung der fraglichen Bescheinigung gerichtete Klage, die auf einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 9 der Verfassung gestützt war. Sie macht u. a. geltend, dass die Art. 2 Abs. 2 und 3 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 3021/2002, auf deren Grundlage die Bescheinigung erteilt worden sei, eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 14 Abs. 9 der Verfassung zur Folge hätten und daher nicht mit dieser Verfassungsbestimmung konform seien.

19      Als Streithelfer zur Unterstützung des ESR wurden im Ausgangsverfahren zugelassen Pantechniki, deren Rechtsnachfolgerin die Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE ist, sowie der Syndesmos Epicheiriseon Periodikou Typou (Rat der Unternehmen der periodischen Presse).

20      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts verstoßen die Art. 2 Abs. 2 und 3 Abs. 2 der Gesetzes Nr. 3021/2002, soweit sie es einem Unternehmer, der öffentliche Bauarbeiten durchführe, ermöglichten, sich der Unvereinbarkeitsregelung durch den Nachweis seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit von einem Verwandten, der Eigentümer, Hauptaktionär, Gesellschafter oder Führungskraft eines Medienunternehmens sei, zu entziehen, gegen Art. 14 Abs. 9 der Verfassung, wonach ein solcher Unternehmer, selbst wenn er von diesem Verwandten wirtschaftlich unabhängig sei, gleichwohl nachzuweisen habe, dass er selbständig, für eigene Rechnung und im eigenen Interesse gehandelt habe.

21      Auch wenn der Ausgangsrechtsstreit auf der Grundlage dieser Beurteilung bereits entschieden werden könne, sei es jedoch aus Gründen der Prozessökonomie gerechtfertigt, im Hinblick auf eine auf einen Verstoß der Art. 2 und 3 des Gesetzes Nr. 3021/2002 gegen Art. 14 Abs. 9 der Verfassung gestützte Nichtigerklärung der fraglichen Bescheinigung an dieser Stelle zu prüfen, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, dass nach dieser Verfassungsbestimmung ein Unternehmen, das öffentliche Bauarbeiten durchführe, von der Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen werden könne, wenn sein Hauptaktionär die für ihn als mit dem Eigentümer, einem Gesellschafter, einem Hauptaktionär oder einer Führungskraft eines Medienunternehmens verwandte Person geltende Vermutung nicht widerlegen könne, dass er als Mittelsperson dieses Unternehmens und nicht für eigene Rechnung gehandelt habe.

22      Hierzu weist das vorlegende Gericht erstens darauf hin, dass nach Ansicht einer Mehrheit seiner Mitglieder die Aufzählung der Ausschlussgründe in Art. 24 der Richtlinie 93/37 erschöpfend sei und infolgedessen ein Hinzufügen von Ausschlussgründen wie den sich aus Art. 14 Abs. 9 der griechischen Verfassung ergebenden ausgeschlossen sei. Dagegen sähen einige der Mitglieder des vorlegenden Gerichts in Art. 24 der Richtlinie 93/37 angesichts der durch diese bewirkten Teilharmonisierung kein Verbot für die Mitgliedstaaten, zusätzliche Ausschlussgründe vorzusehen, wenn sie insbesondere, wie vorliegend der Fall, im Allgemeininteresse liegenden Zielen im Zusammenhang mit dem Funktionieren der Demokratie und der Gewährleistung des Pluralismus in der Presse dienten.

23      Zweitens sei, für den Fall, dass Art. 24 der Richtlinie 93/37 nicht erschöpfend sein sollte, die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, zusätzliche Ausschlussgründe vorzusehen, nach der Gemeinschaftsrechtsprechung an die Voraussetzungen gebunden, dass ein mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbares Ziel verfolgt werde und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werde. Eines der Mitglieder des vorlegenden Gerichts sehe in Art. 14 Abs. 9 der Verfassung keinen Verstoß gegen diesen Grundsatz, weil die Vermutung für als Mittelsperson auftretende Personen widerlegbar sei und sich die angestrebten Ziele nicht auf andere Weise erreichen ließen.

24      Drittens hat das vorlegende Gericht für den Fall, dass Art. 24 der Richtlinie 93/37 erschöpfend sein sollte oder nicht anzunehmen sein sollte, dass Art. 14 Abs. 9 der Verfassung einem mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren Ziel diene oder mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehe, Zweifel, ob das durch die Richtlinie für die Mitgliedstaaten aufgestellte Verbot, Vorschriften wie die im Ausgangsverfahren fraglichen zu erlassen, mit denen aus Gründen des Allgemeininteresses eine Regelung der Unvereinbarkeit des Bereichs der Informationsmedien mit dem der öffentlichen Aufträge eingeführt werde, mit den Grundsätzen, die mit dem normalen Funktionieren der Demokratie in den Mitgliedstaaten und der Gewährleistung der Transparenz in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zusammenhingen, dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs und dem Grundsatz der Subsidiarität im Einklang stehe.

25      Eine Minderheit seiner Mitglieder sei jedoch gegenteiliger Ansicht und meine, dass die Richtlinie 93/37 ausreichende Garantien enthalte, um die Transparenz der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewährleisten und diese vor unzulässiger Beeinflussung oder Korruption zu schützen.

26      Unter diesen Umständen hat der Symvoulio tis Epikrateias das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist die Aufzählung der Gründe für den Ausschluss von Unternehmen von öffentlichen Bauaufträgen, die in Art. 24 der Richtlinie 93/37 enthalten ist, erschöpfend?

2.      Für den Fall, dass diese Aufzählung nicht erschöpfend ist, dient eine Vorschrift, die aus Gründen des Schutzes der Transparenz des Finanzgebarens des Staates bestimmt, dass die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Medienunternehmens unvereinbar ist mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, Zielen, die mit den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind, und ist dieses vollständige Verbot der Vergabe öffentlicher Aufträge an die betroffenen Unternehmen vereinbar mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?

3.      Für den Fall, dass Art. 24 der Richtlinie 93/37 dahin zu verstehen ist, dass die Gründe für den Ausschluss von Bauunternehmen, die in ihm enthalten sind, erschöpfend aufgezählt werden oder dass die betroffene nationale Vorschrift nicht als eine Vorschrift betrachtet werden kann, die mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbaren Zielen dient, oder – schließlich – dass das mit dieser Vorschrift festgelegte Verbot mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar ist, verstößt die oben genannte Richtlinie dadurch, dass sie es verbietet, als Grund für den Ausschluss eines Unternehmens von einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge den Fall festzulegen, in dem dieses Unternehmen, seine Direktion (d. h. der Eigentümer des Unternehmens, sein Hauptaktionär, einer seiner Gesellschafter oder eine seiner Führungskräfte) oder für diese Führungskräfte handelnde Mittelspersonen Tätigkeiten von Medienunternehmen ausüben, die durch den allgemeineren Einfluss, über den sie verfügen, das Verfahren der Vergabe öffentlicher Bauaufträge unzulässig beeinflussen können, gegen die allgemeinen Grundsätze des Schutzes des Wettbewerbs und der Transparenz sowie gegen Art. 5 Abs. 2 EG, in dem der Grundsatz der Subsidiarität niedergelegt ist?

 Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs und zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

27      Die griechische Regierung macht geltend, dass die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen unerheblich seien.

28      Erstens liege dem Ausgangsrechtsstreit ein rein interner Sachverhalt zugrunde, der ausschließlich griechische Wirtschaftsteilnehmer betreffe. Daher sei zu bezweifeln, dass das Ausgangsverfahren in den Geltungsbereich der Richtlinie 93/37 und damit in die Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofs falle.

29      Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass sich in der Richtlinie 93/37 kein Anhaltspunkt dafür findet, dass die Anwendbarkeit ihrer Bestimmungen, insbesondere der gemeinsamen Teilnahmebestimmungen in ihrem Art. 24, vom Bestehen eines tatsächlichen Zusammenhangs mit dem freien Verkehr zwischen Mitgliedstaaten abhängt. Wie der Generalanwalt in Nr. 16 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, ist nach dieser Richtlinie die Geltung ihrer Bestimmungen für die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge keiner Voraussetzung in Bezug auf die Staatsangehörigkeit oder den Ort der Niederlassung der Bieter unterworfen (vgl. entsprechend Urteil vom 25. April 1996, Kommission/Belgien, C‑87/94, Slg. 1996, I‑2043, Randnr. 33).

30      Folglich ist der Gerichtshof angesichts des Umstands, dass der Wert des im Ausgangsverfahren streitigen Auftrags über dem Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinie 93/37 liegt, in der vorliegenden Rechtssache für die Auslegung dieser Richtlinie zuständig.

31      Zweitens macht die griechische Regierung geltend, dass der vor dem vorlegenden Gericht anhängige Rechtsstreit ausschließlich die Frage der Vereinbarkeit der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 3021/2002 mit Art. 14 Abs. 9 der Verfassung betreffe. Die von diesem Gericht erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts sei daher für die Entscheidung des Rechtsstreits objektiv nicht erforderlich.

32      Hierzu ist daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen (Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 59, vom 15. Juni 2006, Acereda Herrera, C‑466/04, Slg. 2006, I‑5341, Randnr. 47, und vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7, C‑380/05, Slg. 2008, I‑349, Randnr. 52).

33      Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteile vom 25. Februar 2003, IKA, C‑326/00, Slg. 2003, I‑1703, Randnr. 27, vom 12. April 2005, Keller, C‑145/03, Slg. 2005, I‑2529, Randnr. 33, und vom 11. Juli 2006, Chacón Navas, C‑13/05, Slg. 2006, I‑6467, Randnr. 32).

34      Die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts kann nur dann abgelehnt werden, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 39, vom 19. Februar 2002, Arduino, C‑35/99, Slg. 2002, I‑1529, Randnr. 25, und Chacón Navas, Randnr. 33).

35      Dies ist hier nicht der Fall. In der vorliegenden Rechtssache wird eine Antwort des Gerichtshofs auf das Vorabentscheidungsersuchen dem vorlegenden Gericht die Auslegung geben, die es für die Beantwortung der Frage, von der die abschließende Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits abhängt, benötigt, ob die durch Art. 14 Abs. 9 der Verfassung eingeführte und mit dem Gesetz Nr. 3021/2002 durchgeführte Regelung der Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauaufträge mit dem der Informationsmedien mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht.

36      Folglich ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

37      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 genannten Gründe für den Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren für einen öffentlichen Bauauftrag erschöpfend sind oder nicht.

38      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Gemeinschaftsrichtlinien über öffentliche Aufträge eine Koordinierung der nationalen Verfahren auf diesem Gebiet bezwecken (Urteil vom 9. Februar 2006, La Cascina u. a., C‑226/04 und C‑228/04, Slg. 2006, I‑1347, Randnr. 20). Für öffentliche Bauaufträge wird dieser Zweck im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 93/37 ausdrücklich hervorgehoben.

39      Nach dem zweiten und dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 93/37 wird mit dieser Koordinierung die gleichzeitige Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge sowie die Entwicklung von echtem Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene angestrebt, indem eine möglichst weitgehende Interessenbekundung in der Gemeinschaft ansässiger Unternehmen gefördert wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. September 2000, Kommission/Frankreich, C‑225/98, Slg. 2000, I‑7445, Randnr. 34, vom 12. Juli 2001, Ordine degli Architetti u. a., C‑399/98, Slg. 2001, I‑5409, Randnr. 52, vom 27. November 2001, Lombardini und Mantovani, C‑285/99 und C‑286/99, Slg. 2001, I‑9233, Randnr. 34, sowie vom 12. Dezember 2002, Universale-Bau, C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617, Randnr. 89).

40      In diesem Kontext ist Art. 24 der Richtlinie 93/37, der im Abschnitt mit den „gemeinsamen“ Teilnahmebestimmungen steht, Teil einer eingehenden Regelung der Bedingungen für die Auswahl der zur Abgabe eines Angebots zugelassenen Unternehmen und der Zuschlagsvoraussetzungen (vgl. entsprechend Urteil vom 7. Dezember 2000, ARGE, C‑94/99, Slg. 2000, I‑11037, Randnr. 27).

41      In einem Kapitel „Eignungskriterien“ werden in Art. 24 Abs. 1 sieben Gründe für den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme angeführt, die sich auf dessen berufliche Eignung, insbesondere seine berufliche Redlichkeit, seine Zahlungsfähigkeit sowie seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beziehen (vgl. entsprechend Urteile vom 10. Februar 1982, Transporoute, 76/81, Slg. 1982, 417, Randnr. 9, und La Cascina u. a., Randnr. 21).

42      Wie der Rat der Europäischen Union ausgeführt hat, ist der Gemeinschaftsgesetzgeber so vorgegangen, dass nur auf die objektive Feststellung von in der Person des betroffenen Unternehmers liegenden Tatsachen oder Verhaltensweisen gestützte Ausschlussgründe aufgenommen wurden, die geeignet sind, dessen berufliche Ehrenhaftigkeit zu diskreditieren oder seine wirtschaftliche und finanzielle Fähigkeit in Zweifel zu ziehen, die Bauarbeiten zu Ende zu führen, die von dem öffentlichen Auftrag, für den er ein Angebot einreicht, erfasst werden.

43      Daher ist Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 so zu verstehen, dass er die Gründe erschöpfend aufzählt, mit denen der Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus Gründen gerechtfertigt werden kann, die sich, gestützt auf objektive Anhaltspunkte, auf seine berufliche Eignung beziehen. Folglich hindert diese Bestimmung die Mitgliedstaaten oder die öffentlichen Auftraggeber daran, die in ihr enthaltene Aufzählung durch weitere auf berufliche Eignungskriterien gestützte Ausschlussgründe zu ergänzen (vgl. entsprechend Urteil La Cascina u. a., Randnr. 22).

44      Die erschöpfende Aufzählung in Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 schließt jedoch nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten aus, materiell‑rechtliche Vorschriften aufrechtzuerhalten oder zu erlassen, durch die u. a. gewährleistet werden soll, dass auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge der Grundsatz der Gleichbehandlung und der daraus implizit folgende Grundsatz der Transparenz beachtet werden, die die öffentlichen Auftraggeber bei jedem Verfahren zur Vergabe eines solchen Auftrags zu beachten haben (vgl. in diesem Sinne Urteile ARGE, Randnr. 24, und vom 16. Oktober 2003, Traunfellner, C‑421/01, Slg. 2003, I‑11941, Randnr. 29).

45      Diese Grundsätze, die u. a. bedeuten, dass die Bieter sowohl zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Angebote vorbereiten, als auch zu dem Zeitpunkt, zu dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden, gleichbehandelt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725, Randnr. 34, und vom 4. Dezember 2003, EVN und Wienstrom, C‑448/01, Slg. 2003, I‑14527, Randnr. 47), bilden nämlich die Grundlage der Richtlinien über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge (vgl. in diesem Sinne Urteile Universale-Bau u. a., Randnr. 91, und vom 19. Juni 2003, GAT, C‑315/01, Slg. 2003, I‑6351, Randnr. 73), und die Pflicht, ihre Beachtung sicherzustellen, entspricht dem Wesen dieser Richtlinien (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. September 2002, Concordia Bus Finland, C‑513/99, Slg. 2002, I‑7213, Randnr. 81, und vom 3. März 2005, Fabricom, C‑21/03 und C‑34/03, Slg. 2005, I‑1559, Randnr. 26).

46      Art. 6 Abs. 6 der Richtlinie 93/37 bestimmt ferner, dass die öffentlichen Auftraggeber dafür Sorge tragen, dass nicht zwischen den verschiedenen Unternehmen diskriminiert wird.

47      Folglich ist ein Mitgliedstaat dazu berechtigt, über die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Ausschlussgründe, die in Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 erschöpfend aufgezählt sind, hinaus Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die sicherstellen sollen, dass in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter und der Grundsatz der Transparenz beachtet werden.

48      Solche Maßnahmen dürfen jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C‑210/03, Slg. 2004, I‑11893, Randnr. 47), nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Fabricom, Randnr. 34).

49      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 dahin auszulegen ist, dass darin die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Gründe erschöpfend aufgezählt sind, die den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem öffentlichen Bauauftrag rechtfertigen können. Diese Richtlinie hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, weitere Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Grundsatz der Transparenz beachtet werden, sofern diese Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

 Zur zweiten Frage

50      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine nationale Vorschrift, mit der eine Unvereinbarkeit des Sektors der Informationsmedien mit dem der öffentlichen Bauaufträge eingeführt wird, mit den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist.

51      Zunächst ist daran zu erinnern, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens die Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen oder nationales Recht auszulegen. Der Gerichtshof ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit zu befinden (vgl. u. a. Urteile vom 15. Dezember 1993, Hünermund u. a., C‑292/92, Slg. 1993, I‑6787, Randnr. 8, vom 23. März 2006, Enirisorse, C‑237/04, Slg. 2006, I‑2843, Randnr. 24, und Centro Europa 7, Randnrn. 49 und 50).

52      Somit hat der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache seine Prüfung zu beschränken und das Gemeinschaftsrecht in einer für das vorlegende Gericht sachdienlichen Weise auszulegen; diesem obliegt es, im Hinblick auf die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits die Vereinbarkeit der betreffenden nationalen Rechtsnormen mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen.

53      Wie in Randnr. 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt, besteht der Hauptzweck der Richtlinie 93/37 darin, öffentliche Bauaufträge dem Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene zugänglich zu machen. Die Richtlinie soll die Gefahr von Bevorzugungen durch die öffentliche Verwaltung ausschließen (vgl. in diesem Sinne Urteile Ordine degli Architetti u. a., Randnr. 75, und Lombardini und Mantovani, Randnr. 35).

54      Die gemeinschaftliche Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge soll somit u. a. die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter bei einer Auftragsvergabe und zugleich die Möglichkeit ausschließen, dass ein öffentlicher Auftraggeber sich von Überlegungen leiten lässt, die mit dem in Rede stehenden Markt nichts zu tun haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2000, University of Cambridge, C‑380/98, Slg. 2000, I‑8035, Randnr. 17, vom 1. Februar 2001, Kommission/Frankreich, C‑237/99, Slg. 2001, I‑939, Randnr. 42, sowie Lombardini und Mantovani, Randnr. 36).

55      Dabei müssen die Mitgliedstaaten, wie der Generalanwalt in Nr. 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, für den Erlass von Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu gewährleisten, die, wie in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Grundlage der Gemeinschaftsrichtlinien auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge bilden, über ein bestimmtes Ermessen verfügen.

56      Jeder Mitgliedstaat ist nämlich am besten in der Lage, im Licht seiner spezifischen historischen, rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Erwägungen (vgl. in diesem Sinne Urteil La Cascina u. a., Randnr. 23) zu bestimmen, durch welche Situationen Verhaltensweisen begünstigt werden, die zu Missständen bei der Beachtung dieser Grundsätze führen könnten.

57      Folglich will das Gemeinschaftsrecht nicht die Beurteilung in Zweifel ziehen, zu der ein Mitgliedstaat je nach seinem spezifischen Kontext hinsichtlich der besonderen Gefahr, dass es zu solchen Verhaltensweisen kommt, gelangt, wenn sich unter den Bietern für einen öffentlichen Bauauftrag ein Unternehmen befindet, das im Sektor der Informationsmedien tätig ist oder Verbindungen zu Personen hat, die in diesem Sektor engagiert sind, sowie hinsichtlich des Erfordernisses, Maßnahmen zum Ausschluss dieser Gefahr zu ergreifen.

58      Vorliegend ist der betreffende Mitgliedstaat zu der Auffassung gelangt, dass es nicht auszuschließen sei, dass ein Medienunternehmen bzw. ein mit einem solchen Unternehmen oder mit Personen, denen es gehört oder die es führen, verbundener Unternehmer, der öffentliche Bauarbeiten durchführt, im Rahmen seiner Teilnahme an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beabsichtigen könnte, gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber von der Einflussmöglichkeit Gebrauch zu machen, die ihm seine Stellung oder seine Verbindung im Mediensektor verschafft, um die Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags unzulässig zu steuern, indem er je nach dem Ergebnis dieser Entscheidung eine Masseninformationskampagne dafür oder dagegen in Aussicht stellt.

59      Die Absicht eines Mitgliedstaats, Gefahren einer Einwirkung der Macht der Informationsmedien auf die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorzubeugen, entspricht dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel der Aufrechterhaltung des Pluralismus und der Unabhängigkeit der Informationsmedien (vgl. hierzu Urteile vom 26. Juni 1997, Familiapress, C‑368/95, Slg. 1997, I‑3689, Randnr. 18, und vom 13. Dezember 2007, United Pan-Europe Communications Belgium u. a., C‑250/06, Slg. 2007, I‑11135, Randnrn. 41 und 42). Überdies dient sie in besonderem Maße einem anderen Ziel dieser Art, nämlich dem der Bekämpfung von Betrug und Korruption (vgl. hierzu Urteile vom 24. März 1994, Schindler, C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039, Randnrn. 57 bis 60, sowie vom 6. März 2007, Placanica u. a., C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 46).

60      Folglich steht das Gemeinschaftsrecht dem Erlass von nationalen Maßnahmen nicht entgegen, mit denen in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge die Gefahr ausgeschlossen werden soll, dass es zu Praktiken kommt, die geeignet sind, die Transparenz zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, eine Gefahr, die sich daraus ergeben könnte, dass sich unter den Bietern ein Unternehmer befindet, der im Sektor der Informationsmedien tätig ist oder Verbindungen zu einer Person hat, die in diesem Sektor engagiert ist, und mit denen somit Betrug und Korruption verhindert bzw. unterbunden werden sollen.

61      Wie in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils hervorgehoben, müssen solche Maßnahmen allerdings mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein.

62      Eine nationale Vorschrift wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die eine allgemeine Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauarbeiten mit dem der Informationsmedien einführt, hat jedoch zur Folge, dass Unternehmer, die öffentliche Bauaufträge durchführen und außerdem im Sektor der Informationsmedien aufgrund einer Rechtsstellung als Eigentümer, Hauptaktionär, Gesellschafter oder Führungskraft engagiert sind, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, ohne dass ihnen eine Möglichkeit gegeben wird, gegenüber etwa von einem Konkurrenten gegebenen Hinweisen nachzuweisen, dass in ihrem Fall keine tatsächliche Gefahr der in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils genannten Art besteht (vgl. entsprechend Urteil Fabricom, Randnrn. 33 und 35).

63      Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Rat sowie in der mündlichen Verhandlung die Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE vorgetragen haben, geht eine solche Vorschrift über das hinaus, was zur Erreichung der angeführten Ziele der Transparenz und der Gleichbehandlung erforderlich ist, indem sie eine ganze Kategorie von Unternehmern, die öffentliche Bauarbeiten durchführen, aufgrund der unwiderlegbaren Vermutung ausschließt, dass, wenn sich unter den Bietern ein Unternehmer befindet, der außerdem im Sektor der Informationsmedien engagiert ist, dies notwendig geeignet ist, zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs zulasten der anderen Bieter zu führen.

64      Die griechische Regierung weist darauf hin, dass sich aus der im Ausgangsverfahren fraglichen Verfassungsbestimmung die Möglichkeit ergebe, eine Person, die als Ehegatte, Verwandter, wirtschaftlich abhängige Person oder Gesellschaft Mittelsperson eines Medienunternehmens oder einer Führungskraft eines solchen Unternehmens sei, von der Ausschlussmaßnahme auszunehmen, wenn nachgewiesen werde, dass die Teilnahme dieser Mittelsperson an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auf einer eigenständigen Entscheidung beruhe, die ausschließlich dem eigenen Interesse dieser Mittelsperson folge.

65      Diese Möglichkeit ist jedoch nicht geeignet, die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Vorschrift mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang zu bringen.

66      Eine solche Möglichkeit ändert nämlich nichts daran, dass das Verbot automatisch und absolut für jeden Unternehmer für öffentliche Bauarbeiten gilt, der auch im Sektor der Informationsmedien tätig oder mit in diesem Sektor engagierten natürlichen oder juristischen Personen verbunden ist und der nicht unter diese Abmilderung der allgemeinen Ausschlussmaßnahme zugunsten von Mittelspersonen fällt.

67      Zudem wird ein Unternehmer für öffentliche Bauarbeiten, der als Mittelsperson eines Medienunternehmens oder einer Person auftritt, der ein solches Unternehmen gehört oder die es führt, von der Auftragsvergabe ausgeschlossen, ohne dass ihm, sofern er nachweislich für Rechnung dieses Unternehmens oder dieser Person handelt, die Möglichkeit bleibt, zu beweisen, dass dieses Handeln nicht geeignet ist, den Wettbewerb unter den Bietern zu beeinflussen.

68      Schließlich trägt der Umstand, dass die Begriffe des Hauptaktionärs und der Mittelsperson im Kontext der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Vorschrift sehr weit gefasst sind, dazu bei, die Unverhältnismäßigkeit einer solchen Vorschrift noch zu verstärken.

69      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass das Gemeinschaftsrecht dahin auszulegen ist, dass es einer nationalen Vorschrift entgegensteht, mit der in Verfolgung der legitimen Ziele der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge eine unwiderlegbare Vermutung eingeführt wird, dass die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines im Sektor der Informationsmedien tätigen Unternehmens mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, unvereinbar ist.

 Zur dritten Frage

70      Angesichts der Antwort auf die ersten beiden Vorlagefragen ist die dritte Frage nicht zu beantworten.

 Kosten

71      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass darin die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Gründe erschöpfend aufgezählt sind, die den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem öffentlichen Bauauftrag rechtfertigen können. Diese Richtlinie hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, weitere Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter sowie der Grundsatz der Transparenz beachtet werden, sofern diese Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

2.      Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Vorschrift entgegensteht, mit der in Verfolgung der legitimen Ziele der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge eine unwiderlegbare Vermutung eingeführt wird, dass die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines im Sektor der Informationsmedien tätigen Unternehmens mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, unvereinbar ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Griechisch.