Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache C‑411/06

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 2. Oktober 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch G. Valero Jordana, M. Huttunen und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament , vertreten durch I. Anagnostopoulou und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Moore und K. Michoel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik , vertreten durch G. de Bergues, A. Adam und G. Le Bras als Bevollmächtigte,

Republik Österreich , vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch E. Jenkinson, E. O’Neil und S. Behzadi-Spencer als Bevollmächtigte im Beistand von A. Dashwood, Barrister,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), A. Rosas, K. Lenaerts, A. Ó Caoimh und J.‑C. Bonichot, der Richter E. Juhász, G. Arestis, A. Borg Barthet, U. Lõhmus und L. Bay Larsen sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2009,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. März 2009

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrer Klageschrift die Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung) insofern, als sie nicht auf Art. 175 Abs. 1 EG und Art. 133 EG, sondern lediglich auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt ist.

Rechtlicher Rahmen

Basler Übereinkommen

2. In den Erwägungsgründen 8 bis 10 der Präambel des Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, das am 22. März 1989 in Basel unterzeichnet und mit Beschluss 93/98/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 (ABl. L 39, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Basler Übereinkommen), heißt es:

„überzeugt, dass gefährliche Abfälle und andere Abfälle in dem Staat entsorgt werden sollen, in dem sie erzeugt wurden, soweit dies mit einer umweltgerechten und wirksamen Behandlung vereinbar ist,

sowie in dem Bewusstsein, dass eine grenzüberschreitende Verbringung solcher Abfälle aus dem Erzeugerstaat in einen anderen Staat nur erlaubt werden soll, wenn sie unter Bedingungen erfolgt, welche die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden und mit diesem Übereinkommen vereinbar sind,

in der Erwägung, dass eine verstärkte Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle ihrer umweltgerechten Behandlung und einer Verringerung des Umfangs der grenzüberschreitenden Verbringung förderlich sein wird“.

3. In Art. 2 Nr. 4 dieses Übereinkommens wird der Begriff „Entsorgung“ als „jedes in Anlage IV aufgeführte Verfahren“ definiert. Diese Anlage IV enthält ein Verzeichnis verschiedener Arten von Entsorgungsverfahren, darunter, in Abschnitt B dieser Anlage, die Gruppe der „Verfahren, bei denen Wiedergewinnung, Verwertung, Rückgewinnung und unmittelbare oder andere Wiederverwendung möglich ist“.

Angefochtene Verordnung

4. Die angefochtene Verordnung wurde erlassen, um die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1) zu ersetzen und zu aktualisieren. Die letztgenannte, auf Art. 130s EWG-Vertrag (später Art. 130s EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Art. 175 EG) gestützte Verordnung wurde u. a. zur Umsetzung der sich aus dem Basler Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen erlassen.

5. Nach ihrem fünften Erwägungsgrund soll mit der angefochtenen Verordnung auch der Inhalt des Beschlusses C(2001)107 endg. des Rates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Änderung des Beschlusses C(92)39 endg. über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen (im Folgenden: OECD-Beschluss) übernommen werden, um die Abfalllisten mit dem Basler Übereinkommen in Einklang zu bringen und bestimmte andere Vorschriften zu ändern. Außerdem wurde ausweislich des zweiten Erwägungsgrundes der angefochtenen Verordnung bei dieser Gelegenheit beschlossen, im Interesse der Klarheit mehrere an der Verordnung Nr. 259/93 vorgenommene Änderungen in einen einzigen Text einzubeziehen.

6. Dem ersten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung zufolge ist „[w]ichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung … der Umweltschutz; ihre Auswirkungen auf den internationalen Handel sind zweitrangig“.

7. Nach dem 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung sollten „[d]ie erforderlichen Maßnahmen … ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die innergemeinschaftliche Verbringung von Abfällen und die Einfuhr von Abfällen in die Gemeinschaft … so erfolgt, dass während der gesamten Dauer der Verbringung, einschließlich der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerstaat, die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird und keine Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen könnten. Bei nicht verbotenen Ausfuhren von Abfällen aus der Gemeinschaft sollten Bemühungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass die Abfälle während der gesamten Verbringung und der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerdrittstaat in umweltgerechter Weise behandelt werden. …“

8. Zur Vereinbarkeit der angefochtenen Verordnung mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit heißt es im 42. Erwägungsgrund dieser Verordnung: „Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Gewährleistung des Umweltschutzes bei der Verbringung von Abfällen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem … Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem … Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.“

9. Nach Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung „werden [in dieser] Verfahren und Kontrollregelungen für die Verbringung von Abfällen festgelegt, die von dem Ursprung, der Bestimmung, dem Transportweg, der Art der verbrachten Abfälle und der Behandlung der verbrachten Abfälle am Bestimmungsort abhängen“.

10. Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Verordnung lautet:

„Diese Verordnung gilt für die Verbringung von Abfällen:

a) zwischen Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft oder mit Durchfuhr durch Drittstaaten;

b) aus Drittstaaten in die Gemeinschaft;

c) aus der Gemeinschaft in Drittstaaten;

d) mit Durchfuhr durch die Gemeinschaft von und nach Drittstaaten.“

11. Art. 2 der angefochtenen Verordnung enthält u. a. folgende Begriffsbestimmungen:

„30. ‚Einfuhr‘ jede Verbringung von Abfällen in die Gemeinschaft mit Ausnahme der Durchfuhr durch die Gemeinschaft;

31. ‚Ausfuhr‘ eine Verbringung von Abfällen aus der Gemeinschaft mit Ausnahme der Durchfuhr durch die Gemeinschaft;

32. ‚Durchfuhr‘ eine Verbringung von Abfällen, die durch einen oder mehrere Staaten mit Ausnahme des Versand- oder Empfängerstaats erfolgt oder erfolgen soll;

33. ‚Transport‘ die Beförderung von Abfällen auf der Straße, der Schiene, dem Luftweg, dem Seeweg oder Binnengewässern;

34. ‚Verbringung‘ den Transport von zur Verwertung oder Beseitigung bestimmten Abfällen, der erfolgt oder erfolgen soll:

a) zwischen zwei Staaten oder

b) zwischen einem Staat und überseeischen Ländern und Gebieten oder anderen Gebieten, die unter dem Schutz dieses Staates stehen, oder

c) zwischen einem Staat und einem Landgebiet, das völkerrechtlich keinem Staat angehört, oder

d) zwischen einem Staat und der Antarktis oder

e) aus einem Staat durch eines der oben genannten Gebiete oder

f) innerhalb eines Staates durch eines der oben genannten Gebiete und der in demselben Staat beginnt und endet, oder

g) aus einem geografischen Gebiet, das nicht der Gerichtsbarkeit eines Staates unterliegt, in einen Staat“.

12. Titel II der angefochtenen Verordnung, der die Art. 3 bis 32 dieser Verordnung enthält, ist der Verbringung von Abfällen innerhalb der Gemeinschaft mit oder ohne Durchfuhr durch Drittstaaten gewidmet. Dieser Titel enthält das grundlegende System der Verordnung mit detaillierten Regelungen betreffend Notifizierungs-, Verfahrens- und Kontrollpflichten auf dem Gebiet der Verbringung von Abfällen. Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung unterliegen dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung im Sinne der Bestimmungen des Titels II dieser Verordnung die Verbringung aller zur Beseitigung bestimmten Abfälle sowie u. a. die Verbringung aller zur Verwertung bestimmten in Anhang IV der angefochtenen Verordnung („Gelbe Liste“) aufgeführten Abfälle. Dieser Anhang umfasst darüber hinaus die in den Anhängen II und VIII des Basler Übereinkommens aufgeführten Abfälle.

13. Im Rahmen des Verfahrens der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung hat der Notifizierende u. a. zum einen nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 4 und Art. 5 der angefochtenen Verordnung den Nachweis über den Abschluss eines Vertrags zwischen ihm und dem Empfänger über die Verwertung oder Beseitigung der notifizierten Abfälle und zum anderen nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 5 und Art. 6 dieser Verordnung den Nachweis über die Hinterlegung von Sicherheitsleistungen oder den Abschluss entsprechender Versicherungen, die die Transportkosten, die Kosten der Verwertung oder Beseitigung sowie die Lagerkosten der betreffenden Abfälle abdecken, vorzulegen. Bei der Notifizierung einer geplanten Verbringung von Abfällen können die zuständigen Behörden, gestützt auf im Wesentlichen umweltschutzrechtliche Gründe, die in den Art. 11 und 12 dieser Verordnung aufgeführt sind, ihre Zustimmung zu dieser Verbringung mit Auflagen verbinden oder begründete Einwände gegen eine solche Verbringung erheben.

14. Die Art. 22 bis 25 der angefochtenen Verordnung schreiben eine Verpflichtung zur Rücknahme von Abfällen vor, wenn eine Verbringung nicht wie vorgesehen abgeschlossen werden kann oder wenn eine illegale Verbringung vorliegt, und enthalten Regelungen hinsichtlich der Kosten der Rücknahme. In den Art. 31 und 32 dieser Verordnung sind besondere Regelungen für die Verbringung innerhalb der Gemeinschaft mit Durchfuhr durch Drittstaaten vorgesehen.

15. Das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung gilt nicht für die Verbringung der u. a. in Anhang III der angefochtenen Verordnung („Grüne Liste“) aufgeführten, nicht gefährlichen und zur Verwertung bestimmten Abfälle. Für eine solche Verbringung gilt nach Art. 3 Abs. 2 und Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung lediglich ein allgemeines Informationserfordernis. Gleichwohl muss gemäß Art. 18 Abs. 2 dieser Verordnung ein Vertrag über die Verwertung der Abfälle zwischen der Person, die die Verbringung dieser Abfälle veranlasst, und dem Empfänger bei Beginn der Verbringung wirksam sein und ein Nachweis über den Abschluss eines solchen Vertrags vorgelegt werden können.

16. Titel III der angefochtenen Verordnung betrifft Verbringungen von Abfällen ausschließlich innerhalb der Mitgliedstaaten. Nach Art. 33 Abs. 1 dieser Verordnung legen „[d]ie Mitgliedstaaten … eine geeignete Regelung für die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen ausschließlich innerhalb ihres Zuständigkeitsgebiets fest. Hierbei ist der erforderlichen Kohärenz zwischen dieser Regelung und der gemeinschaftlichen Regelung nach den Titeln II und VII Rechnung zu tragen.“

17. Titel IV der angefochtenen Verordnung ist der Regelung der Ausfuhr von Abfällen aus der Gemeinschaft in Drittstaaten gewidmet. Nach Art. 34 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung ist jegliche Ausfuhr von zur Beseitigung bestimmten Abfällen aus der Gemeinschaft verboten, mit Ausnahme der Ausfuhr von zur Beseitigung bestimmten Abfällen in Staaten der Europäischen Freihandelszone (EFTA), die auch Vertragsparteien des Basler Übereinkommens sind. In diesem letztgenannten Fall gelten nach Art. 35 dieser Verordnung die Bestimmungen ihres Titels II über das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung entsprechend mit Anpassungen und Ergänzungen. Ferner ist die Ausfuhr von Abfällen, die unter eine der in Art. 36 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung aufgeführten Kategorien fallen, darunter gefährliche Abfälle, die zur Verwertung bestimmt sind, aus der Gemeinschaft in Staaten, für die der OECD-Beschluss nicht gilt, verboten. In Bezug auf die Ausfuhr von nicht gefährlichen Abfällen („Grüne Liste“), die zur Verwertung bestimmt sind, in diese letztgenannten Länder sieht Art. 37 dieser Verordnung vor, dass der Kommission Auskünfte über die anwendbaren Verfahren zu erteilen sind. Bei der Ausfuhr gefährlicher und nicht gefährlicher Abfälle, die zur Verwertung bestimmt sind, in Staaten, für die der OECD-Beschluss gilt, gelten nach Art. 38 dieser Verordnung ebenfalls die Bestimmungen des Titels II dieser Verordnung entsprechend mit Anpassungen und Ergänzungen.

18. Titel V der angefochtenen Verordnung regelt die Einfuhr von Abfällen aus Drittstaaten in die Gemeinschaft. Nach Art. 41 dieser Verordnung ist die Einfuhr von zur Beseitigung bestimmten Abfällen verboten, mit Ausnahme von Einfuhren aus Staaten, die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens sind, oder anderen Staaten, mit denen die Gemeinschaft oder die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte gemäß Art. 11 dieses Übereinkommens geschlossen haben, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. In diesen Fällen gelten nach Art. 41 Abs. 3 und Art. 42 dieser Verordnung die Bestimmungen des Titels II dieser Verordnung entsprechend mit Anpassungen und Ergänzungen. Nach Art. 43 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung ist die Einfuhr von zur Verwertung bestimmten Abfällen verboten, mit Ausnahme von Einfuhren aus Staaten, für die der OECD-Beschluss gilt, anderen Staaten, die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens sind, oder anderen Staaten, mit denen die Gemeinschaft oder die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte gemäß Art. 11 des Basler Übereinkommens geschlossen haben, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. In diesen Fällen gilt nach Art. 43 Abs. 3, Art. 44 Abs. 1 und Art. 45 in Verbindung mit Art. 42 der angefochtenen Verordnung deren Titel II entsprechend mit Anpassungen und Ergänzungen.

19. Titel VI der angefochtenen Verordnung legt die Vorschriften für die Durchfuhr von Abfällen durch die Gemeinschaft aus und nach Drittstaaten fest, die sich nach den Art. 47 und 48 in Verbindung mit den Art. 42 und 44 dieser Verordnung ebenfalls an Titel II dieser Verordnung orientieren.

20. Titel VII der angefochtenen Verordnung enthält zusätzliche Bestimmungen über deren Anwendung in Bezug u. a. auf die Sanktionen, die Benennung der zuständigen Behörden und die Berichte der Mitgliedstaaten. Unter diesen Bestimmungen schreibt Art. 49 dieser Verordnung allgemeine, den Umweltschutz betreffende Verpflichtungen wie folgt vor:

„(1) Der Erzeuger, der Notifizierende und andere an der Verbringung von Abfällen und/oder ihrer Verwertung oder Beseitigung beteiligte Unternehmen treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass alle verbrachten Abfälle während der gesamten Verbringung und während ihrer Verwertung und Beseitigung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und in umweltgerechter Weise behandelt werden. …

(2) Im Falle der Ausfuhr aus der Gemeinschaft verfährt die zuständige Behörde am Versandort i n der Gemeinschaft folgendermaßen:

a) Sie schreibt vor und bemüht sich sicherzustellen, dass alle ausgeführten Abfälle während der gesamten Verbringung einschließlich der Verwertung gemäß Artikel 36 und 38 oder Beseitigung gemäß Artikel 34 im Empfängerdrittstaat in umweltgerechter Weise behandelt werden;

b) sie untersagt die Ausfuhr von Abfällen in Drittstaaten, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass die Abfälle nicht gemäß den Anforderungen des Buchstaben a behandelt werden.

(3) Im Falle der Einfuhr in die Gemeinschaft verfährt die zuständige Behörde am Bestimmungsort in der Gemeinschaft folgendermaßen:

a) Sie schreibt vor und stellt durch Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen sicher, dass alle in ihr Zuständigkeitsgebiet verbrachten Abfälle während der gesamten Verbringung einschließlich der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerstaat gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2006/12/EG und der übrigen Abfallgesetzgebung der Gemeinschaft ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und ohne Verwendung von Verfahren oder Methoden behandelt werden, die die Umwelt schädigen können;

b) sie untersagt die Einfuhr von Abfällen aus Drittstaaten, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass die Abfälle nicht gemäß den Anforderungen des Buchstaben a behandelt werden.“

Anträge der Verfahrensbeteiligten und Verfahren

21. Die Kommission beantragt,

– die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären;

– festzustellen, dass die Wirkungen der für nichtig erklärten Verordnung fortgelten, bis diese binnen eines angemessenen Zeitraums durch eine vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union auf der zutreffenden Rechtsgrundlage von Art. 175 Abs. 1 EG und Art. 133 EG erlassene und in den Erwägungsgründen entsprechend begründete Handlung ersetzt wird;

– dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

22. Das Parlament beantragt,

– die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen und

– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23. Der Rat beantragt für den Fall, dass die Klage für zulässig erklärt werden sollte,

– diese insgesamt abzuweisen und

– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

24. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Februar 2007 sind die Französische Republik, die Republik Österreich und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen worden.

25. Aufgrund eines Antrags des Parlaments und des Rates gemäß Art. 44 § 3 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die Rechtssache an die Große Kammer verwiesen worden.

Zur Klage

Zur Zulässigkeit

26. Der Rat hat eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben, die darauf gestützt ist, dass die Kommission entgegen den Vorgaben des Art. 38 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung in ihrer Klageschrift nicht klarstelle, welche Bestimmungen der angefochtenen Verordnung ihrer Meinung nach auf Art. 133 EG, welche auf Art. 175 Abs. 1 EG und welche Bestimmungen gegebenenfalls auf diese beiden Artikel gleichzeitig zu stützen seien.

27. Nach Art. 38 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss die Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und deutlich sein, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen. Folglich müssen sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (Urteile vom 26. April 2007, Kommission/Finnland, C‑195/04, Slg. 2007, I‑3351, Randnr. 22, und vom 21. Februar 2008, Kommission/Italien, C‑412/04, Slg. 2008, I‑619, Randnr. 103).

28. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission dadurch den sich aus Art. 38 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung ergebenden Anforderungen genügt hat, dass sie in ihrer Klageschrift angegeben hat, dass die angefochtene Verordnung auf Art. 133 EG und auf Art. 175 Abs. 1 EG hätte gestützt werden müssen, und die Gründe für ihre Auffassung dargelegt hat, dass die Voraussetzungen für den Rückgriff auf eine solche zweifache Rechtsgrundlage erfüllt seien. Die Klageschrift hat es den Beklagten und den Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, offensichtlich ermöglicht, in Kenntnis der Sachlage ihren Standpunkt vorzutragen. Entgegen dem Vorbringen des Rates braucht in einer Klage, mit der die Rechtsgrundlage einer Handlung der Gemeinschaft mit der Begründung in Zweifel gezogen wird, dass diese auf eine zweifache Rechtsgrundlage hätte gestützt werden müssen, nicht klargestellt zu werden, welche Teile oder Bestimmungen der angefochtenen Handlung der einen oder der anderen der geltend gemachten Rechtsgrundlagen oder beiden zuzuordnen sind.

29. Die Klage der Kommission ist daher zulässig.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

30. Die Kommission macht als einzigen Klagegrund geltend, dass sich aus der Entscheidung des Parlaments und des Rates, die angefochtene Verordnung allein auf Art. 175 Abs. 1 EG und nicht, wie von ihr vorgeschlagen, auf Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG zu stützen, eine Verletzung des EG-Vertrags ergebe. Die Wahl einer zweifachen Rechtsgrundlage sei deshalb geboten, weil diese Verordnung, sowohl was ihre Zielsetzung als auch was ihren Inhalt betreffe, zwei untrennbar miteinander verbundene Komponenten umfasse, deren eine der gemeinsamen Handelspolitik und deren andere dem Umweltschutz zuzurechnen sei und von denen keine gegenüber der jeweils anderen als nur zweitrangig oder mittelbar angesehen werden könne.

31. Der Anwendungsbereich der gemeinsamen Handelspolitik sei nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen, und eine Maßnahme zur Regelung des Handels mit Drittstaaten verliere ihren Charakter als Maßnahme der gemeinsamen Handelspolitik nicht schon deshalb, weil sie auch in andere Bereiche als den Handel fallenden Zielen wie dem Umweltschutz diene. Nach Art. 6 EG müssten die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der in Art. 3 EG genannten Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen einbezogen werden.

32. Zum Zusammenhang zwischen der angefochtenen Verordnung und der gemeinsamen Handelspolitik trägt die Kommission vor, der Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung zeige, dass diese nicht nur zur Regelung der Verbringung von Abfällen in der Gemeinschaft allein aus umweltrechtlichen Gründen bestimmt sei, sondern sich auch auf die Einfuhr von Abfällen aus Drittstaaten in die Gemeinschaft, auf Ausfuhren von Abfällen aus der Gemeinschaft in Drittstaaten und auf die Durchfuhr von Abfällen durch die Gemeinschaft von und nach Drittstaaten erstrecke. Da es sich bei den Abfällen zudem um „Waren“ im Sinne des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft handele, sei kaum zu bezweifeln, dass die insbesondere in den Titeln IV bis VI dieser Verordnung geregelte Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr dieser Waren der gemeinsamen Handelspolitik zuzurechnen seien.

33. Soweit sich der umweltrechtliche Charakter der angefochtenen Verordnung aus den mit dem Basler Übereinkommen verfolgten Zielen des Umweltschutzes ergeben sollte, bemerkt die Kommission unter Hinweis darauf, dass dieses Übereinkommen, wie sich daraus ergebe, dass es im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) Berücksichtigung gefunden habe, eine erhebliche handelspolitische Dimension aufweise, dass die Verordnung einen viel weiteren Geltungsbereich habe als das Übereinkommen. Dieses gelte nämlich nur für Transporte zur Beseitigung bestimmter gefährlicher Abfälle, während die angefochtene Verordnung sämtliche Abfälle erfasse, unabhängig davon, ob sie gefährlich und ob sie zur Beseitigung oder zur Verwertung bestimmt seien.

34. Zur Möglichkeit, eine Verordnung auf die zweifache Rechtsgrundlage von Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG zu stützen, führt die Kommission aus, der Gerichtshof habe im Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Parlament und Rat (C‑178/03, Slg. 2006, I‑107), zur Rechtsgrundlage der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien (ABl. L 63, S. 1) festgestellt, dass diese Verordnung hinsichtlich ihrer Ziele wie auch ihres Inhalts sowohl handelsrechtliche als auch umweltrechtliche Elemente enthalte, die derart untrennbar miteinander verbunden seien, dass ein Rückgriff auf diese zweifache Rechtsgrundlage geboten gewesen sei.

35. Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auf verschiedene, auf der zweifachen Rechtsgrundlage der Art. 113 EWG-Vertrag (später Art. 113 EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Art. 133 EG) und 130s EWG-Vertrag erlassene Gemeinschaftsrechtsakte, und zwar u. a. die Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. L 308, S. 1), den Beschluss 98/392/EG des Rates vom 23. März 1998 über den Abschluss des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 und des Übereinkommens vom 28. Juli 1994 zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft (ABl. L 179, S. 1) sowie die Verordnung (EG) Nr. 1420/1999 des Rates vom 29. April 1999 zur Festlegung gemeinsamer Regeln und Verfahren für die Verbringung bestimmter Arten von Abfällen in bestimmte nicht der OECD angehörende Länder (ABl. L 166, S. 6). Somit habe der Rat die Möglichkeit des Erlasses von Rechtsakten auf der fraglichen zweifachen Rechtsgrundlage bereits zugelassen. Da die angefochtene Verordnung Bestimmungen enthalte, die denjenigen der Verordnung Nr. 1420/1999 entsprächen, befände sich der Rat nach Ansicht der Kommission im Widerspruch zu dem, was er mit dem Erlass der letztgenannten Verordnung zugelassen habe, würde er nicht akzeptieren, dass die gesamte Regelung der Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen in nicht der OECD angehörende Länder auf die vorgeschlagene zweifache Rechtsgrundlage gestützt werden müsse.

36. Die Kommission sieht in Art. 176 EG kein Hindernis für die Anwendung von Art. 133 EG in Verbindung mit Art. 175 EG als Rechtsgrundlage eines Gemeinschaftsrechtsakts. Müsse nämlich in diesem Rechtsakt ein bestimmter Bereich eingehender geregelt werden, wären der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, zwangsläufig Grenzen gesetzt. Zudem gehe aus Art. 176 Satz 2 EG hervor, dass solche Maßnahmen mit den übrigen Vertragsbestimmungen einschließlich Art. 133 EG vereinbar sein müssten.

37. Die Kommission betont, dass die Frage der Rechtsgrundlage nicht als eine rein formale Frage angesehen werden könne, da die Wahl zwischen Art. 133 EG und Art. 175 EG beträchtliche Auswirkungen auf die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten habe; der erstgenannte Artikel verleihe der Gemeinschaft eine ausschließliche Zuständigkeit, während der Zweitgenannte eine geteilte Kompetenz vorsehe. Die Wahl von Art. 175 Abs. 1 EG als einzige Rechtsgrundlage der angefochtenen Verordnung würde zu einer Zuständigkeit der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Regelung der Ausfuhren und Einfuhren von Abfällen führen, was zwangsläufig eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen der Mitgliedstaaten auf den Außenmärkten und Beeinträchtigungen des Binnenmarkts der Gemeinschaft bewirken würde.

38. Nach Auffassung des Parlaments und des Rates zeigt eine Prüfung des Aufbaus und des Inhalts der angefochtenen Verordnung eindeutig, dass diese ein Hauptziel, nämlich den Umweltschutz, verfolgt. Während dieses Ziel in den Erwägungsgründen 1 und 42 dieser Verordnung ausdrücklich erwähnt werde, enthielten die übrigen Erwägungsgründe dieser Verordnung keinerlei Hinweis darauf, dass Ziele der gemeinsamen Handelspolitik verfolgt würden. Parlament und Rat betonen, dass diese Verordnung dasselbe Hauptziel verfolge und die gleiche Grundstruktur aufweise wie die nur auf Art. 130s EWG-Vertrag gestützte Verordnung Nr. 259/93. Die Ausrichtung der angefochtenen Verordnung auf den Umweltschutz ergebe sich ferner daraus, dass sie wie die Vorgängerverordnung Nr. 259/93 der Umsetzung der sich aus dem Basler Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen diene, das von der WTO als multilaterales Übereinkommen auf dem Gebiet des Umweltschutzes geführt werde und mit dem auf der Grundlage von Art. 130s EWG-Vertrag erlassenen Beschluss 93/98 im Namen der Gemeinschaft geschlossen worden sei.

39. Zum Inhalt der angefochtenen Verordnung tragen Parlament und Rat vor, dass die in Titel II dieser Verordnung vorgesehene Regelung, die die grundlegenden Bestimmungen über die Verbringung von Abfällen enthalte, entsprechend für die Titel IV bis VI dieser Verordnung gelte, in denen die Verbringung von Abfällen aus der Gemeinschaft geregelt sei. Etwaige Einwände gegen die Verbringung von Abfällen könnten nur auf umweltbezogene Gründe gestützt werden. Ferner sei die Bedeutung der in Art. 49 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen allgemeinen Verpflichtung zum Schutz der Umwelt zu betonen, die auch für Einfuhren und Ausfuhren gelte. Mit dieser Verordnung werde somit eine geschlossene Gesamtregelung zum Schutz der Umwelt eingeführt, die den Handel keineswegs erleichtere, sondern ihm vielmehr Schranken setze.

40. Der Standpunkt der Kommission, dass Art. 175 EG die für die in Titel II der angefochtenen Verordnung geregelte innergemeinschaftliche Verbringung von Abfällen zutreffende Rechtsgrundlage sei, während für die in den Titeln IV bis VI dieser Verordnung geregelte Verbringung von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten Art. 133 EG heranzuziehen sei, sei nicht mit der Entscheidung zu vereinbaren, dieselbe, in Titel II der angefochtenen Verordnung enthaltene Regelung sowohl auf die innergemeinschaftliche Verbringung von Abfällen als auch auf die Verbringung von Abfällen aus der Gemeinschaft anzuwenden. Zudem werde durch diesen Standpunkt der gemeinschaftlichen Umweltpolitik immer dann, wenn Waren betroffen sein könnten, jede außenpolitische Handlungsmöglichkeit genommen.

41. Zur Berufung der Kommission auf das erwähnte Urteil Kommission/Parlament und Rat führt das Parlament aus, die Kommission habe weder dargetan, inwieweit die angefochtene Verordnung mit der Verordnung Nr. 304/2003, dem Gegenstand jenes Urteils, vergleichbar sei, noch, dass diese Verordnungen nach Gegenstand und Inhalt übereinstimmende Merkmale aufwiesen, die dazu berechtigten, eine gleichlautende Schlussfolgerung hinsichtlich der Rechtsgrundlagen dieser Verordnungen zu ziehen.

42. Nach Ansicht des Rates impliziert dieses Urteil denknotwendig, dass die die Verbringung von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten betreffenden Teile der angefochtenen Verordnung auf die zweifache Rechtsgrundlage der Art. 133 EG und 175 EG zu stützen seien, während demgegenüber die übrigen Teile dieser Verordnung Art. 175 EG als einzige Rechtsgrundlage haben müssten. Ein solches Ergebnis sei aber kaum mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Kriterium der überwiegenden Zielsetzung zu vereinbaren, denn die Kommission scheine eingeräumt zu haben, dass diese übrigen Teile der angefochtenen Verordnung wirksam auf der Grundlage von Art. 175 EG erlassen worden seien. Selbst wenn man zugestehe, dass die die Verbringung von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten betreffenden Teile dieser Verordnung ein mit der gemeinsamen Handelspolitik verknüpftes Ziel verfolgten, erweise sich dieses Ziel im Hinblick auf Zweck und Inhalt dieser Verordnung „als Ganzes“ gegenüber dem mit ihr verfolgten Hauptziel offensichtlich nur als zweitrangig.

43. Parlament und Rat äußern ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit, als Rechtsgrundlage eines Gemeinschaftsrechtsakts Art. 133 EG mit Art. 175 EG zu verbinden, da die Gemeinschaft auf dem Gebiet der Handelspolitik über eine ausschließliche, auf dem Gebiet der Umweltpolitik jedoch über eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit verfüge. Unter diesen Umständen sei schwer zu erkennen, wie Art. 176 EG im Rahmen eines gleichzeitig auf Art. 133 EG und auf Art. 175 EG gestützten Rechtsakts Anwendung finden könnte. In diesem Fall wäre der erkennbare Wille der Urheber des Vertrags gefährdet.

44. Das Vorbringen der als Streithelfer auftretenden Mitgliedstaaten entspricht im Wesentlichen dem des Parlaments und des Rates.

Würdigung durch den Gerichtshof

45. Zunächst ist daran zu erinnern, dass sich nach ständiger Rechtsprechung die Wahl der Rechtsgrundlage eines gemeinschaftlichen Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen muss, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (vgl. Urteile Kommission/Parlament und Rat, Randnr. 41, und vom 6. November 2008, Parlament/Rat, C‑155/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 34).

46. Ergibt die Prüfung eines Gemeinschaftsrechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert (vgl. Urteile Kommission/Parlament und Rat, Randnr. 42, und Parlament/Rat, Randnr. 35).

47. Steht dagegen fest, dass der betreffende Rechtsakt gleichzeitig mehrere Zielsetzungen hat oder mehrere Komponenten umfasst, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass die eine gegenüber der anderen nur zweitrangig und mittelbar ist, so ist ein solcher Rechtsakt ausnahmsweise auf die verschiedenen einschlägigen Rechtsgrundlagen zu stützen (vgl. Urteile vom 11. September 2003, Kommission/Rat, C‑211/01, Slg. 2003, I‑8913, Randnr. 40, und Kommission/Parlament und Rat, Randnr. 43).

48. Im vorliegenden Fall verfolgt die angefochtene Verordnung unstreitig das Ziel des Schutzes der Umwelt und wurde daher zumindest teilweise wirksam auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt. Streit besteht allein darüber, ob diese Verordnung auch ein Ziel der gemeinsamen Handelspolitik verfolgt und dieser Politik zuzurechnende Komponenten enthält, die mit den den Umweltschutz betreffenden Komponenten untrennbar verbunden und von solcher Bedeutung sind, dass dieser Rechtsakt auf eine zweifache Rechtsgrundlage, nämlich auf Art. 133 EG und auf Art. 175 Abs. 1 EG, hätte g estützt werden müssen.

49. Daher ist zu prüfen, ob die Zielsetzung und die Komponenten der angefochtenen Verordnung, die den Umweltschutz betreffen, als hauptsächlich oder überwiegend anzusehen sind.

50. Dies ist der Fall.

51. Was erstens die Zielsetzung der angefochtenen Verordnung betrifft, heißt es in deren erstem Erwägungsgrund, dass „[w]ichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung … der Umweltschutz [ist]“. Diese von der Kommission bestrittene Feststellung wird im 42. Erwägungsgrund dieser Verordnung wiederholt, der im Vorschlag der Kommission für diese Verordnung enthalten war und in dem es heißt, Ziel der angefochtenen Verordnung sei die „Gewährleistung des Umweltschutzes bei der Verbringung von Abfällen“.

52. Die übrigen Erwägungsgründe der angefochtenen Verordnung bestätigen deren umweltrechtliche Bestimmung. Wie der Generalanwalt in Nr. 18 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, werden in allen Erwägungsgründen dieser Verordnung, mit Ausnahme der Erwägungsgründe 16 und 19, die sich auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts beziehen, mehr oder weniger direkt Umweltbelange zum Ausdruck gebracht.

53. Im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung heißt es beispielsweise in Bezug auf innerhalb der Gemeinschaft verbrachte Abfälle und in die Gemeinschaft eingeführte Abfälle, dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um sicherzustellen, dass die Verbringung dieser Abfälle so erfolgt, dass während der gesamten Dauer der Verbringung, einschließlich der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerstaat, „die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird und keine Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen könnten“, und dass bei Ausfuhren von Abfällen aus der Gemeinschaft „Bemühungen unternommen … werden [sollten], um sicherzustellen, dass die Abfälle während der gesamten Verbringung und der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerdrittstaat in umweltgerechter Weise behandelt werden“.

54. Demgegenüber enthält, worauf auch Parlament und Rat hingewiesen haben, die Präambel der angefochtenen Verordnung keinerlei Hinweis darauf, dass die gemeinsame Handelspolitik betreffende Ziele verfolgt würden.

55. Was zweitens den Inhalt der angefochtenen Verordnung betrifft, heißt es in deren Art. 1, dass in dieser Verordnung „Verfahren und Kontrollregelungen für die Verbringung von Abfällen festgelegt [werden], die von dem Ursprung, der Bestimmung, dem Transportweg, der Art der verbrachten Abfälle und der Behandlung der verbrachten Abfälle am Bestimmungsort abhängen“. Wie der inhaltlichen Zusammenfassung dieser Verordnung in den Randnrn. 12 bis 19 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, bildet das mit ihr eingeführte Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung, dessen Modalitäten in Titel II dieser Verordnung hinsichtlich der Verbringung von Abfällen innerhalb der Gemeinschaft im Einzelnen dargelegt sind, das Hauptinstrument dieser Verordnung. Nach Art. 3 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung gilt dieses Verfahren für die innergemeinschaftliche Verbringung aller zur Beseitigung bestimmten Abfälle sowie für die Verbringung bestimmter Kategorien von zur Verwertung bestimmten Abfällen.

56. Das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung ist durch mehrere Elemente gekennzeichnet, die sicherstellen sollen, dass bei der Verbringung von Abfällen der Umweltschutz beachtet wird. So hat im Rahmen dieses Verfahrens nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 4 sowie den Art. 5 und 22 bis 24 der angefochtenen Verordnung derjenige, der eine Verbringung von Abfällen notifiziert, den Nachweis über den Abschluss eines Vertrags zwischen ihm und dem Empfänger vorzulegen, in dem Verpflichtungen zur Verwertung oder Beseitigung der notifizierten Abfälle sowie die Verpflichtung des Notifizierenden zur Rücknahme von Abfällen, wenn eine Verbringung nicht wie vorgesehen abgeschlossen werden kann oder wenn eine illegale Verbringung vorliegt, vorgesehen sind.

57. Außerdem muss der Notifizierende nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 5 und Art. 6 der angefochtenen Verordnung eine Sicherheitsleistung hinterlegen oder eine entsprechende Versicherung abschließen, die die Transportkosten, die Kosten der Verwertung oder Beseitigung sowie die Lagerkosten der betreffenden Abfälle abdeckt.

58. In Bezug auf die Durchführung einer notifizierten Verbringung von Abfällen müssen sich die zuständigen Behörden, wenn sie von der in den Art. 9 bis 12 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, ihre Zustimmung zu einer notifizierten Verbringung mit Auflagen zu verbinden oder begründete Einwände gegen eine solche Verbringung zu erheben, im Wesentlichen auf Gründe stützen, die die Beachtung der Vorschriften zum Umweltschutz betreffen.

59. Folglich kann das in der angefochtenen Verordnung vorgesehene Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung genau wie das durch das Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit eingeführte Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung als typisches Instrument der Umweltpolitik eingestuft werden (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001, Slg. 2001, I‑9713, Randnr. 33).

60. Wie in den Randnrn. 17 und 18 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, gilt zudem das in Titel II der angefochtenen Verordnung vorgesehene und auf innergemeinschaftliche Verbringungen von Abfällen anwendbare Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung entsprechend mit den in den einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung vorgesehenen Anpassungen und Ergänzungen für die Verbringung von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten in den Fällen, in denen die Ausfuhren von Abfällen aus der Gemeinschaft oder die Einfuhren von Abfällen in die Gemeinschaft nicht nach den Bestimmungen der Titel IV und V dieser Verordnung verboten sind. Nach den Art. 35 und 42 dieser Verordnung ist dies bei der Ausfuhr von zur Beseitigung bestimmten Abfällen aus der Gemeinschaft in die EFTA-Staaten, die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens sind, sowie bei der Einfuhr solcher Abfälle aus Drittstaaten, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, in die Gemeinschaft der Fall. Das Gleiche gilt nach den Art. 38 und 44 der angefochtenen Verordnung bei Ausfuhren und Einfuhren von zur Verwertung bestimmten Abfällen zwischen der Gemeinschaft und den Staaten, für die der OECD-Beschluss gilt. Für die Verbringung von Abfällen im Wege der Durchfuhr durch die Gemeinschaft aus und nach Drittstaaten gilt nach den Art. 47 und 48 in Verbindung mit den Art. 42 und 44 in Titel VI dieser Verordnung eine entsprechende Regelung.

61. Darüber hinaus ist die Verpflichtung zu betonen, die Art. 49 der angefochtenen Verordnung dem Erzeuger, dem Notifizierenden und anderen an der Verbringung von Abfällen und/oder ihrer Verwertung oder Beseitigung beteiligten Unternehmen auferlegt, „die erforderlichen Maßnahmen [zu treffen], um sicherzustellen, dass alle verbrachten Abfälle während der gesamten Verbringung und während ihrer Verwertung und Beseitigung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und in umweltgerechter Weise behandelt werden“. Diese allgemeine Verpflichtung gilt für jede Verbringung von Abfällen, sowohl innerhalb der Gemeinschaft als auch, gemäß Art. 49 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung, entsprechend für eine solche zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten.

62. Aus dieser Prüfung der angefochtenen Verordnung ergibt sich demnach, dass diese sowohl ihrer Zielsetzung als auch ihrem Inhalt nach hauptsächlich dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den potenziell nachteiligen Auswirkungen grenzüberschreitender Verbringungen von Abfällen dient.

63. Insbesondere wäre es, da das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung eindeutig ein Ziel des Umweltschutzes auf dem Gebiet der Verbringung von Abfällen zwischen den Mitgliedstaaten verfolgt und dementsprechend zutreffend auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt worden ist, inkohärent, demselben Verfahren dann, wenn es für die Verbringung von Abfällen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten mit dem gleichen Ziel des Umweltschutzes gilt, wie der 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung bestätigt, den Charakter eines Instruments der gemeinsamen Handelspolitik beizumessen, das deshalb auf Art. 133 EG zu stützen wäre.

64. Dieses Ergebnis wird durch eine Prüfung des normativen Zusammenhangs, in den sich die angefochtene Verordnung einfügt, bestätigt.

65. Zum einen ersetzt diese Verordnung die Verordnung Nr. 259/93, die insbesondere in ihren Titeln IV bis VI eine entsprechende Regelung vorsieht wie die Titel IV bis VI der angefochtenen Verordnung für Einfuhren und Ausfuhren von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten sowie für die Durchfuhr von Abfällen durch die Gemeinschaft aus Drittstaaten und die auf der Grundlage von Art. 130s EWG-Vertrag erlassen worden war. Die Wahl dieser Rechtsgrundlage – unter Ausschluss von Art. 100a EWG-Vertrag (später Art. 100a EG, nach Änderung jetzt Art. 95 EG) – ist vom Gerichtshof im Urteil vom 28. Juni 1994, Parlament/Rat (C‑187/93, Slg. 1994, I‑2857), bestätigt worden. Der Gerichtshof hat zudem auch festgestellt, dass die mit der Verordnung Nr. 259/93 eingeführte Kontrolle und Überwachung den Umweltschutz nicht nur in der Gemeinschaft, sondern auch in Drittländern, in die Abfälle aus der Gemeinschaft ausgeführt werden, zum Ziel haben (vgl. Urteil vom 21. Juni 2007, Omni Metal Service, C‑259/05, Slg. 2007, I‑4945, Randnr. 30).

66. Wie ihre Vorläuferin, die Verordnung Nr. 259/93, dient zum anderen die angefochtene Verordnung, wie aus ihrem dritten Erwägungsgrund hervorgeht, der Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Basler Übereinkommen. Die umweltrechtliche Bestimmung dieses Übereinkommens ergibt sich aber eindeutig aus dessen Präambel, in der es heißt, dass „eine grenzüberschreitende Verbringung [gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle] aus dem Erzeugerstaat in einen anderen Staat nur erlaubt werden soll, wenn sie unter Bedingungen erfolgt, welche die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden“, und in der das Erfordernis „ihrer umweltgerechten Behandlung“ hervorgehoben wird. Im Einklang mit diesen Zielen ist dieses Übereinkommen, das, worauf Parlament und Rat hingewiesen haben, von der WTO als multilaterales Übereinkommen auf dem Gebiet des Umweltschutzes eingestuft worden ist, durch den nur auf der Grundlage von Art. 130s EWG-Vertrag erlassenen Beschluss 93/98 für die Gemeinschaft genehmigt worden.

67. Zum Vorbringen der Kommission, die angefochtene Verordnung habe einen weiteren Geltungsbereich als das Basler Übereinkommen, da sie für sämtliche zur Beseitigung und zur Verwertung bestimmten Abfälle gelte, während dieses Übereinkommen nur gefährliche Abfälle erfasse, die zur Beseitigung bestimmt seien, wobei dieser Unterschied unter die handelspolitische Dimension dieser Verordnung falle, ist festzustellen, dass, wie aus Art. 2 Nr. 4 in Verbindung mit Abschnitt B des Anhangs IV dieses Übereinkommens hervorgeht, der im Rahmen dieses Übereinkommens verwendete Begriff „Entsorgung“ „Verfahren [einschließt], bei denen Wiedergewinnung, Verwertung, Rückgewinnung und unmittelbare oder andere Wiederverwendung möglich ist“. Wie der Generalanwalt in Nr. 33 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, macht die Tatsache, dass die angefochtene Verordnung sowohl auf ungefährliche Abfälle als auch auf zur Verwertung bestimmte Abfälle anwendbar ist, sie nicht zu einer handelsrechtlichen Regelung und lässt die umweltschutzrechtlichen Belange nicht in den Hintergrund treten, da Abfälle als solche generell als umweltschädigend einstufen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. April 2002, Palin Granit und Vehmassalon kansanterveystyön kuntayhtymän hallitus, C‑9/00, Slg. 2002, I‑3533, Randnrn. 36 und 45 bis 51).

68. Dieser Analyse steht das Vorbringen der Kommission nicht entgegen, dass die Titel IV bis VI der angefochtenen Verordnung, die die Ausfuhr, die Einfuhr und die Durchfuhr von Abfällen betreffen, deshalb auf Art. 133 EG zu stützen seien, weil Abfälle Waren seien, die Gegenstand von Handelsgeschäften sein könnten, und dass der Begriff der gemeinsamen Handelspolitik weit auszulegen sei, so dass er Handelsmaßnahmen umfasse, mit denen auch Ziele in anderen Bereichen, einschließlich des Umweltschutzes, verfolgt würden. Sie kann auch nicht dadurch berührt werden, dass nach der in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung verwendeten Terminologie die Verbringung von Abfällen zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten als „Einfuhren“ und „Ausfuhren“ eingestuft werden.

69. Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung für jede Verbringung von Abfällen gilt, unabhängig vom eventuell kommerziellen Zusammenhang, in dem sie erfolgt. Der Begriff „Verbringung“ ist in Art. 2 Nr. 34 der angefochtenen Verordnung neutral als „Transport von zur Verwertung oder Beseitigung bestimmten Abfällen“ definiert. Der Begriff „Transport“ seinerseits ist in Art. 2 Nr. 33 dieser Verordnung als „die Beförderung von Abfällen auf der Straße, der Schiene, dem Luftweg, dem Seeweg oder Binnengewässern“ definiert. Auch die Begriffe „Einfuhr“ und „Ausfuhr“ sind in Art. 2 Nrn. 30 und 31 dieser Verordnung in neutralen Wendungen als „jede Verbringung von Abfällen in die Gemeinschaft“ bzw. als „eine Verbringung von Abfällen aus der Gemeinschaft“ definiert. Somit hebt die angefochtene Verordnung eher auf die Verbringung von Abfällen im Hinblick auf deren Behandlung als auf ihren Transport zu Handelszwecken ab. Selbst unterstellt, die Abfälle würden im Rahmen des Handelsverkehrs verbracht, dient das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung gleichwohl ausschließlich dazu, den sich aus solchen Verbringungen ergebenden Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt vorzubeugen, und nicht zur Förderung, Erleichterung oder Regelung des Handelsverkehrs (vgl. entsprechend Gutachten 2/00, Randnrn. 37 und 38).

70. Außerdem ist eine weite Auslegung des Begriffs der gemeinsamen Handelspolitik nicht geeignet, die Feststellung in Frage zu stellen, dass die angefochtene Verordnung ein hauptsächlich die Umweltschutzpolitik betreffendes Instrument ist. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann ein Gemeinschaftsrechtsakt selbst dann in diesen Bereich fallen, wenn die in diesem Rechtsakt vorgesehenen Maßnahmen den Handel beeinträchtigen können (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/00, Randnr. 40).

71. Ein Rechtsakt der Gemeinschaft fällt nämlich nur dann in die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik nach Art. 133 EG, wenn er speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil er im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf den Handel mit den betroffenen Erzeugnissen auswirkt (vgl. Urteil vom 12. Mai 2005, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia und ERSA, C‑347/03, Slg. 2005, I‑3785, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72. Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. Wie ihre Vorläuferin bezweckt die angefochtene Verordnung nämlich nicht die Definition der Eigenschaften, die Abfälle besitzen müssen, um im Binnenmarkt oder im Handelsverkehr mit Drittstaaten frei in Umlauf sein zu können, sondern sie soll ein harmonisiertes System von Verfahren bereitstellen, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 1994, Parlament/Rat, Randnr. 26).

73. Zum Vorbringen der Kommission, der Gerichtshof sollte auf den vorliegenden Fall die im Urteil Kommission/Parlament und Rat getroffene Entscheidung übertragen, ist festzustellen, dass die in jener Rechtssache in Rede stehende Verordnung Nr. 304/2003, die die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien betraf, der angefochtenen Verordnung nicht gleichgestellt werden kann.

74. Mit der Verordnung Nr. 304/2003 wird in erster Linie das Ziel verfolgt, das Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel umzusetzen, das mit Beschluss 2003/106/EG des Rates vom 19. Dezember 2002 (ABl. 2003, L 63, S. 27) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Rotterdamer Übereinkommen). Da aber die Bestimmungen dieses Übereinkommens und die der Verordnung, mit der dieses Übereinkommen auf Gemeinschaftsebene umgesetzt wird, eindeutig konvergieren, hielt es der Gerichtshof für geboten, den Beschluss zur Genehmigung dieses Übereinkommens und diese Verordnung auf dieselben Rechtsgrundlagen zu stützen (vgl. Urteil Kommission/Parlament und Rat, Randnrn. 45 und 47).

75. Im Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Rat (C‑94/03, Slg. 2006, I‑1, Randnr. 43), hat der Gerichtshof aufgrund einer genauen Prüfung des Rotterdamer Übereinkommens insoweit gefolgert, dass auch dieses das Ziel hat, die gemeinsame Verantwortung und die gemeinschaftlichen Bemühungen im internationalen Handel mit bestimmten gefährlichen Chemikalien zu fördern, und dass die Parteien dieses Übereinkommens anstreben, das Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gerade mit dem Erlass von Maßnahmen handelsrechtlicher Natur – zur Regelung des Handels mit bestimmten gefährlichen Chemikalien oder Pestiziden – zu erreichen. Der Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass die handelsrechtlichen Komponenten dieses Übereinkommens im Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Ziel des Umweltschutzes nicht bloß nebensächlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Rat, Randnrn. 37 und 42) und dass die beiden der gemeinsamen Handelspolitik sowie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zuzurechnenden Komponenten, die dieses Übereinkommen enthält, darin untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass die eine gegenüber der anderen als zweitrangig oder mittelbar angesehen werden könnte. Der Beschluss über die Genehmigung dieses Übereinkommens im Namen der Gemeinschaft war somit auf Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Art. 300 EG zu stützen (vgl. Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Rat, Randnr. 51). Der Gerichtshof hat gleichermaßen entschieden, dass die Verordnung Nr. 304/2003 zur Umsetzung des Rotterdamer Übereinkommens auf Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG zu stützen war (Urteil Kommission/Parlament und Rat).

76. Wie aus der in den Randnrn. 51 bis 67 des vorliegenden Urteils dargelegten Prüfung hervorgeht, enthält die angefochtene Verordnung keine solchen handelspolitischen Komponenten, die den Rückgriff auf eine zweifache Rechtsgrundlage erforderlich machten. Die Kommission kann sich daher nicht auf das Urteil Kommission/Parlament und Rat stützen, um ein gegenteiliges Ergebnis zu begründen.

77. Im Übrigen ist auch der Argumentation der Kommission, mit der durch Verweisung auf die in Randnr. 35 des vorliegenden Urteils genannten Gemeinschaftsrechtsakte dargetan werden soll, dass eine Praxis des Erlasses von Rechtsakten auf der zweifachen Rechtsgrundlage von Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG bestehe, nicht zu folgen. Die Bestimmung der Rechtsgrundlage einer Handlung hat nämlich in Ansehung des Ziels und des Inhalts dieser Handlung zu erfolgen und nicht anhand der Rechtsgrundlage, die für den Erlass anderer, gegebenenfalls ähnliche Merkmale aufweisender Handlungen der Gemeinschaft herangezogen wurde (vgl. Urteil Kommission/Parlament und Rat, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78. Nach alledem ist die Klage der Kommission zurückzuweisen.

Kosten

79. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament und der Rat die Verurteilung der Kommission zur Tragung der Kosten beantragt haben und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Nach Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die dem vorliegenden Rechtsstreit beigetretenen Streithelfer ihre eigenen Kosten.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.

3. Die Französische Republik, die Republik Österreich und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.