SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

L. A. GEELHOED

vom 27. April 20061(1)

Rechtssache C‑1/05

Yunying Jia

gegen

Migrationsverk

(Vorabentscheidungsersuchen des Utlänningsnämnd [Schweden])

„Auslegung von Artikel 43 EG und Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 – Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft und Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d und 6 Buchstabe b der Richtlinie 73/148/EWG – Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs – Aufenthaltsrecht eines drittstaatsangehörigen Elternteils des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhält und dem Elternteil Unterhalt gewährt – Erfordernis, dass sich der Elternteil rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, wenn er bei seinen Familienangehörigen Wohnung nimmt – Erforderliche Nachweise für den Unterhaltsbezug des Elternteils“





I –    Einleitung

1.     Die vorliegende Rechtssache betrifft einmal mehr die heikle Frage nach den Voraussetzungen, unter denen Familienangehörige von Gemeinschaftsbürgern aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Staaten das Aufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union geltend machen können. Insbesondere geht es hier um die Frage, ob sich diese Personen bereits rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten müssen, um die ihnen nach dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht zustehenden Rechte geltend machen zu können, wie dies der Gerichtshof im Kontext der Rechtssache Akrich(2) entschieden hat. Oder reicht es vielmehr aus, wenn sie ihr Verwandtschaftsverhältnis zu einem Bürger der Europäischen Union nachweisen, wie dies der Gerichtshof im Urteil MRAX(3) festgestellt hat?

2.     In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Akrich habe ich auf das grundlegende Dilemma hingewiesen, das hinsichtlich der Rechtsstellung und der Rechte solcher Personen besteht. Einerseits leiten Drittstaatsangehörige, die mit Gemeinschaftsbürgern verwandt sind, Rechte aus den Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft her. Andererseits behalten die Mitgliedstaaten mangels einer bisher noch nicht vollständig erfolgten Harmonisierung auf dem Gebiet der Einwanderung die Befugnis, Vorschriften über die erstmalige Zulassung der Einreise von Drittstaatsangehörigen in ihr Hoheitsgebiet und damit in das Gebiet der Europäischen Union zu erlassen.

3.     Das gleiche Dilemma zeigt sich in der vorliegenden Rechtssache, wenngleich bei einem völlig anders gelagerten Sachverhalt als dem, der der Rechtssache Akrich zugrunde lag. Es bestehen Unterschiede bezüglich der Art und Weise, in der Herr Akrich und Frau Yunying Jia in das Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaats eingereist sind, Unterschiede bezüglich des jeweiligen Verwandtschaftsverhältnisses, Unterschiede im persönlichen Verhalten des Drittstaatsangehörigen, der ein Aufenthaltsrecht geltend macht, und Unterschiede bezüglich der einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.

II – Einschlägiges Gemeinschaftsrecht

4.     Im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache stehen die Rechte, die die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von Gemeinschaftsbürgern, die von ihrem Niederlassungsrecht gemäß Artikel 43 EG Gebrauch gemacht haben, aus der Richtlinie 73/148/EWG(4) herleiten. Folgende Bestimmungen der Richtlinie sind in diesem Zusammenhang relevant:

Artikel 1 Absatz 1

„Die Mitgliedstaaten heben nach Maßgabe dieser Richtlinie die Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen auf:

a)      für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben oder niederlassen wollen, um eine selbständige Tätigkeit auszuüben, oder die dort eine Dienstleistung erbringen wollen;

d)       ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit für Verwandte in aufsteigender und absteigender Linie dieser Staatsangehörigen und ihrer Ehegatten, denen diese Unterhalt gewähren.“

Artikel 3

„(1) Die Mitgliedstaaten gestatten den in Artikel 1 genannten Personen bei einfacher Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses die Einreise in ihr Hoheitsgebiet.

(2) Es darf weder ein Einreisesichtvermerk verlangt noch ein gleichwertiges Erfordernis aufgestellt werden, außer für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen. Die Mitgliedstaaten gewähren den genannten Personen zur Erlangung der geforderten Sichtvermerke alle Erleichterungen.“

Artikel 4 Absatz 3

„Einem Familienmitglied, das nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, wird ein Aufenthaltsdokument mit der gleichen Gültigkeit ausgestellt wie dem Staatsangehörigen, von dem es seine Rechte herleitet.“

Artikel 6

„Für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsberechtigung darf der Mitgliedstaat vom Antragsteller nur Folgendes verlangen:

a)       Vorlage des Ausweises, mit dem er in sein Hoheitsgebiet eingereist ist;

b)       Nachweis, dass er zu einer der in den Artikeln 1 und 4 genannten Personengruppen gehört.“

Artikel 8

„Die Mitgliedstaaten können nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen.“

III – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

5.     Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die 1940 geborene und jetzt im Ruhestand lebende Frau Jia, ist chinesische Staatsbürgerin. Ihr Sohn, Shenzhi Li, der ebenfalls chinesischer Staatsangehöriger ist, ist mit der deutschen Staatsangehörigen Svanja Schallehn verheiratet. Frau Schallehn betreibt als selbständige Unternehmerin ein Reisebüro in Schweden. Das Ehepaar hält sich seit 1995 rechtmäßig in Schweden auf, und beide besitzen eine bis zum 3. Juli 2006 gültige Aufenthaltserlaubnis.

6.     Am 2. Mai 2003 stellte die schwedische Botschaft in Peking Frau Jia ein bis zum 21. August 2003 befristetes Besuchervisum für eine Einreise in die Staaten des Schengener Übereinkommens für einen Besuch mit einer Höchstdauer von 90 Tagen aus. Am 13. Mai 2003 reiste Frau Jia mit ihrem eigenen gültigen nationalen Reisepass und ihrem Besuchervisum über den Flughafen Stockholm/Arlanda in das vom Schengener Übereinkommen erfasste Gebiet ein. Kurz vor Ablauf ihres Visums beantragte Frau Jia am 7. August 2003 beim Migrationsverk (der schwedischen Einwanderungsbehörde) eine Aufenthaltserlaubnis und gab dabei an, sie sei Familienangehörige einer Unionsbürgerin, die ihr Unterhalt gewähre.

7.     Zur Begründung ihrer Klage verwies Frau Jia auf ihre finanzielle Lage in China. Sie und ihr Ehemann bezögen aus China Renten in Höhe von monatlich 1 000 SEK bis 1 100 SEK (ungefähr 110 Euro bis 120 Euro), was zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht ausreiche. Da sie von den chinesischen Behörden keine weitere finanzielle Unterstützung erhalten könnten, könnten sie ohne die finanziellen Zuwendungen ihres Sohnes und dessen Ehefrau nicht auskommen. Frau Jia legte eine vom Notariat Peking ausgestellte Bescheinigung über ihr Verwandtschaftsverhältnis zu ihrem Sohn sowie eine Bescheinigung des China Forestry Publishing House vor, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter ihr finanziellen Unterhalt gewährten.

8.     Mit Bescheid vom 7. April 2004 lehnte das Migrationsverk Frau Jias Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und ordnete ihre Rückführung in ihr Heimatland oder, falls sie nachweisen könne, dass ein anderes Land sie aufnehmen würde, in dieses andere Land an. Das Migrationsverk führte an, zum Nachweis, dass ihr finanzieller Unterhalt gewährt werde, müsse ein von der zuständigen Behörde des Heimatlandes ausgestelltes Dokument vorgelegt werden, aus dem hervorgehe, dass die Antragstellerin auf Unterstützung ihres in Schweden lebenden Verwandten angewiesen sei. Die von Frau Jia vorgelegte Bescheinigung sei nicht von einer zuständigen Behörde ausgestellt worden. Allein aufgrund der Tatsache, dass ihr Sohn ihr Geld schicke und ihr auch auf andere Weise helfe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihr Sohn ihr in dem gesetzlich verlangten Umfang Unterhalt gewähre. Auch aus dem Umstand, dass Frau Jias Lebensstandard in Schweden höher wäre, könne nicht gefolgert werden, dass ihr finanzieller Unterhalt gewährt werde.

9.     Am 14. Mai 2004 legte Frau Jia gegen die Entscheidung des Migrationsverk Rechtsmittel beim Utlänningsnämnd (Ausschuss für Ausländerangelegenheiten) ein.

10.   Am 3. September 2003 stellte das Migrationsverk Frau Jias Ehemann, Yupu Li, ein Visum für eine Einreise nach Schweden für eine Höchstbesuchsdauer von 180 Tagen aus. Am 10. März 2004 beantragte er mit der gleichen Begründung wie seine Ehefrau eine Aufenthaltserlaubnis. Sein Antrag wurde am 17. September 2004 vom Migrationsverk abgelehnt. Gegen diese Entscheidung legte Yupu Li Rechtsmittel beim Utlänningsnämnd ein.

11.   Nachdem das Migrationsverk Frau Jias Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt hatte, trug sie ihren Fall der Europäischen Kommission vor. Mit Schreiben vom 7. Mai 2004 an die Ständige Vertretung Schwedens bei der Europäischen Union teilte die Kommission mit, dass die Entscheidung des Migrationsverk nicht mit den Artikeln 1 Absatz 1 Buchstabe d und 4 Absatz 3 der Richtlinie 73/148, Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere dem Urteil MRAX(5), in Einklang zu stehen scheine. Frau Jia sei daher berechtigt, eine Aufenthaltserlaubnis mit der gleichen Gültigkeit wie diejenigen zu beantragen, die bereits ihrer deutschen Schwiegertochter und ihrem chinesischen Sohn erteilt worden seien.

12.   Unter Bezugnahme auf das Schreiben der Kommission erklärte das Migrationsverk, der Begriff „auf Unterstützung angewiesen“ setze voraus, dass ein echter Bedarf an Geld oder anderer Unterstützung vorliege, der regelmäßig durch die Familienangehörigen im Mitgliedstaat befriedigt werde, und entscheidend müsse der Unterhaltsbedarf im Heimatland sein, nicht der Unterhaltsbedarf bei einem möglichen Umzug in einen Mitgliedstaat. Außerdem müsse die Unterhaltsgewährung durch eine Bescheinigung oder andere Dokumente nachgewiesen werden, vorzugsweise durch eine von den Behörden des Heimatlandes ausgestellte Bescheinigung über den Unterhaltsbezug. Die bloße Verpflichtungserklärung des Unionsbürgers oder dessen Ehegatten, seinen Eltern Unterhalt zu gewähren, rechtfertige nicht die Annahme, dass Unterhalt in dem Sinne gewährt werde, wie es für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlich sei. Diese Ansicht wurde der Kommission mit Schreiben der schwedischen Regierung vom 21. Juni 2004 mitgeteilt.

13.   In seiner Vorlageentscheidung wirft das Utlänningsnämnd die Frage auf, ob die Feststellung des Gerichtshofes im Urteil Akrich(6), dass die Rechte aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 einem Drittstaatsangehörigen nur dann zustünden, wenn er sich rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhalte, auch bei einem anderen Sachverhalt als dem in der genannten Rechtssache gilt. Mit anderen Worten: Stellt dieses Urteil einen allgemeingültigen Grundsatz auf, wonach die sich aus dem EG-Vertrag und dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht ergebenden Rechte des einem Drittstaat angehörenden Verwandten eines Unionsbürgers auf Einreise und Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erst in Betracht kommen, wenn sich dieser Staatsangehörige eines Drittstaats gemäß den nationalen Rechtsvorschriften rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält und dann mit oder zu einem Unionsbürger reist, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht, und zwar nicht als Arbeitnehmer, sondern um eine selbständige Berufstätigkeit auszuüben? Darüber hinaus werde durch das Urteil Akrich die grundlegende Frage aufgeworfen, welche Bedeutung dem Begriff „sich rechtmäßig aufhalten“ zukomme. Das Utlänningsnämnd stellt die weitere Frage, was unter tatsächlicher Unterhaltsgewährung zu verstehen sei und ob nach Artikel 6 der Richtlinie 73/148 neben einer Bescheinigung über das Verwandtschaftsverhältnis auch ein Nachweis für die Unterhaltsgewährung verlangt werden könne.

14.   Vor diesem Hintergrund beschloss das Utlänningsnämnd, dem Gerichtshof folgende Fragen gemäß Artikel 234 EG zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. a) Ist Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 im Licht des Urteils in der Rechtssache C‑109/01 dahin auszulegen, dass sich ein Drittstaatsangehöriger, der Familienangehöriger eines Arbeitnehmers im Sinne der Verordnung ist, in der Gemeinschaft rechtmäßig aufhalten muss, um bei dem Arbeitnehmer Wohnung nehmen zu können – und ist dann Artikel 1 der Richtlinie 73/148/EWG dementsprechend so auszulegen, dass das Recht des einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines Unionsbürgers auf ständigen Aufenthalt voraussetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält?

1. b) Bedeutet, falls die Richtlinie 73/148 dahin auszulegen ist, dass sich ein einem Drittstaat angehörender Familienangehöriger eines Unionsbürgers auf ein Recht auf ständigen Aufenthalt nach der Richtlinie nur berufen kann, wenn er sich rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält, dass der Familienangehörige einen gültigen Aufenthaltstitel besitzen muss, der ihm den ständigen Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten erlaubt oder zu einer solchen Erlaubnis führen kann? Reicht, wenn eine Erlaubnis zum ständigen Aufenthalt nicht vorliegt, eine aus einem anderen Anlass erteilte Aufenthaltserlaubnis für einen kürzeren oder längeren Aufenthalt aus, oder ist es wie in dem beim Utlänningsnämnd anhängigen Fall ausreichend, dass der Familienangehörige, der eine Aufenthaltserlaubnis beantragt, über ein gültiges Visum verfügt?

1. c) Schränkt es, falls sich der einem Drittstaat angehörende Familienangehörige eines Unionsbürgers deshalb nicht auf ein Recht auf ständigen Aufenthalt nach der Richtlinie 73/148 berufen kann, weil er sich nicht rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält, das Niederlassungsrecht des Unionsbürgers nach Artikel 43 EG ein, wenn dem Familienangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des ständigen Aufenthalts verweigert wird?

1. d) Schränkt es, falls sich der einem Drittstaat angehörende Familienangehörige eines Unionsbürgers deshalb nicht auf ein Recht auf ständigen Aufenthalt nach der Richtlinie 73/148 berufen kann, weil er sich nicht rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält, das Niederlassungsrecht des Unionsbürgers nach Artikel 43 EG ein, wenn der Familienangehörige des Unionsbürgers ausgewiesen wird, weil einem Antrag auf eine nationale Aufenthaltserlaubnis in Schweden nach der Einreise nicht mehr stattgegeben werden darf?

2. a) Ist Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 73/148 dahin auszulegen, dass mit „Unterhalt gewähren“ gemeint ist, dass dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers von dem Unionsbürger finanzieller Unterhalt gewährt wird, damit er in seinem Heimatland oder dem Land, in dem er ständig wohnt, einen annehmbaren Mindestlebensstandard erreichen kann?

2. b) Ist Artikel 6 Buchstabe b der Richtlinie 73/148 dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten verlangen dürfen, dass der Familienangehörige eines Unionsbürgers, der sich darauf beruft, dass ihm von dem Unionsbürger oder dessen Ehegatten Unterhalt gewährt wird, neben der Verpflichtungserklärung des Unionsbürgers Dokumente vorlegt, die beweisen, dass tatsächlich Unterhalt gewährt wird?

15.   Schriftliche Erklärungen haben Frau Jia, die belgische, die slowakische, die schwedische und die niederländische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission eingereicht. In der Sitzung vom 21. Februar 2006 haben diese Beteiligten mit Ausnahme der belgischen und der slowakischen Regierung weitere mündliche Ausführungen gemacht.

IV – Vorbringen der Parteien und sonstigen Verfahrensbeteiligten

A –    Zur Stellung des Utlänningsnämnd gemäß Artikel 234 EG

16.   Vor Erörterung der vom Utlänningsnämnd vorgelegten Fragen legt die schwedische Regierung die Gründe dar, warum ihrer Meinung nach diese Einrichtung als „Gericht“ im Sinne von Artikel 234 EG zu betrachten ist und daher befugt ist, nach dieser Vorschrift Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Sie weist darauf hin, dass es sich bei dem Utlänningsnämnd um eine Verwaltungseinrichtung mit quasigerichtlichen Befugnissen handele, die über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Migrationsverk verhandele. Die Einrichtung sei durch Gesetz errichtet, habe ständigen Charakter, und ihr Präsident und ihre Vizepräsidenten müssten Juristen mit Richtererfahrung sein. Die vom Utlänningsnämnd angewandten verfahrens- und materiell-rechtlichen Vorschriften seien gesetzlich niedergelegt. Seine Entscheidungen seien bindend und könnten nicht mit Rechtsmittel angegriffen werden. Die Verfahren würden streitig geführt. Das Utlänningsnämnd habe den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz zu achten und müsse Gewähr für Unparteilichkeit und Objektivität bieten. Es treffe seine Entscheidungen in aller Unabhängigkeit, wenngleich es die Möglichkeit habe, bestimmte Fälle der Regierung vorzulegen, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien.

B –    Zum Erfordernis des rechtmäßigen Aufenthalts (Fragen 1a bis 1d)

17.   Zur Unterscheidung ihres Falles vom Sachverhalt in der Rechtssache Akrich weist Frau Jia darauf hin, dass sie sich bei Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis im Besitz eines gültigen Visums befunden habe und dass sie zuvor noch nie aus Schweden ausgewiesen worden sei. Nach schwedischem Recht sei sie berechtigt, während der Prüfung ihres Antrags im schwedischen Hoheitsgebiet zu verbleiben. Abgesehen davon sei in den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften kein Aufenthaltserfordernis normiert. Artikel 6 der Richtlinie 73/148 schreibe nicht vor, dass sich der Antragsteller im Besitz eines Visums befinden müsse, um eine Aufenthaltserlaubnis beantragen zu können. Eine solche Erlaubnis könne sogar nach Einreise in das Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaats beantragt werden. Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in einem Fall wie dem ihren stelle eine Verletzung von Artikel 43 EG dar.

18.   Die schwedische und die slowakische Regierung sowie die Kommission schließen sich dieser Auffassung im Wesentlichen an. Ihrer Meinung nach ist ein vorheriger rechtmäßiger Aufenthalt keine Voraussetzung dafür, dass sich Unterhalt beziehende Familienangehörige von Gemeinschaftsbürgern, die von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, auf das Aufenthaltsrecht berufen könnten. Eine derartige Voraussetzung sei in Richtlinie 73/148 nicht niedergelegt. Die Entscheidung des Gerichtshofes in der Rechtssache Akrich müsse restriktiv ausgelegt werden und sei durch die besonderen Umstände des Einzelfalles zu erklären. Als Vorbedingung festzulegen, dass die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen, die direkt aus einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat einreisten, im Herkunftsmitgliedstaat eines Gemeinschaftsbürgers eine Aufenthaltserlaubnis erlangen müssten, würde eine ungerechtfertigte Einschränkung des dem Gemeinschaftsbürger zustehenden Rechts auf Freizügigkeit bedeuten sowie der Zielsetzung von Artikel 43 EG und der Richtlinie 73/148 zuwiderlaufen. Wie der Gerichtshof im Urteil MRAX ausgeführt habe, ergebe sich das Recht dieser Familienangehörigen, bei dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats Wohnung zu nehmen, allein aus der familiären Beziehung. Infolgedessen schlagen diese Verfahrensbeteiligten vor, die erste Frage zu verneinen.

19.   Die niederländische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten die entgegengesetzte Ansicht. Die niederländische Regierung unterscheidet zwischen der Zuwanderung eines Drittstaatsangehörigen in das Gebiet der Gemeinschaft und der „Durchwanderung“ („doormigratie“) in einen anderen Mitgliedstaat innerhalb der Gemeinschaft. Während Letztere fast ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft falle, bestehe für Erstere weiterhin eine einzelstaatliche Zuständigkeit. Nach dieser Auffassung sind die Mitgliedstaaten für die erstmalige Zulassung der Einreise von Drittstaatsangehörigen in das Gebiet der Gemeinschaft auf Grundlage einer individuellen Beurteilung verantwortlich. In diesem Zusammenhang müssten sie ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 EMRK beachten. Gemeinschaftsrecht dürfe nicht in der Weise ausgelegt werden, dass sich Drittstaatsangehörige, die keine gültige Aufenthaltserlaubnis besäßen, der Anwendung der nationalen zuwanderungsrechtlichen Vorschriften entziehen könnten. Beide Regierungen vertreten den Standpunkt, dass der im Urteil Akrich aufgestellte Grundsatz, dass sich Drittstaatsangehörige auf die Rechte aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 nur unter der Voraussetzung rechtmäßigen Aufenthalts berufen könnten, auch im Rahmen der Richtlinie 73/148 gelte. Diese Richtlinie regele nicht die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von außerhalb der Gemeinschaft. Soweit die Richtlinie die Erleichterung des Personenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft bezwecke, habe sich im vorliegenden Fall die Schwiegertochter durch die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis für Frau Jia nicht davon abhalten lassen, ihre Rechte aus Artikel 43 EG wahrzunehmen.

20.   Hinsichtlich der Frage, was als „rechtmäßiger Aufenthalt“ zu verstehen ist, vertritt die niederländische Regierung die Auffassung, dass sich dieser Begriff jedenfalls auf Fallgestaltungen beziehe, in denen sich der Drittstaatsangehörige im Besitz einer Erlaubnis zur Familienzusammenführung mit einem Gemeinschaftsbürger befinde, langfristig aufenthaltsberechtigt sei oder einen vergleichbaren Status besitze. Andererseits gehörten Personen, die lediglich über ein Visum verfügten oder denen erlaubt sei, sich bis zur Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten, nicht zum Kreis der Berechtigten. Wollte man Personen in derartigen Fällen Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft zuerkennen, so hätte das zur Folge, dass ein Mitgliedstaat einen Drittstaatsangehörigen aufnehmen müsste, ohne dass dieser einer individuellen Beurteilung unterzogen würde. Dies könne nicht die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers gewesen sein. Die Regierung des Vereinigten Königreichs vertritt eine engere Auffassung und trägt vor, dass für den Begriff „rechtmäßiger Aufenthalt“ das nationale Recht maßgebend sei. Die Richtlinie 73/148 könne einem Drittstaatsangehörigen kein weitergehendes Recht verleihen, als ihm in einem anderen Mitgliedstaat zugestanden worden sei.

C –    Zum Erfordernis der Unterhaltsgewährung (Fragen 2a und 2b)

21.   Nach Frau Jias Meinung gehören die Begriffe „Unterhalt gewähren“ und „einen annehmbaren Mindestlebensstandard erreichen“ zusammen. „Unterhalt gewähren“ bedeute, dass der Aufenthaltsberechtigte tatsächlich Verantwortung für die Unterstützung eines Familienangehörigen übernehme. Frau Jia vertritt die Ansicht, sie habe hinreichend nachgewiesen, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter ihr tatsächlich Unterhalt gewährten.

22.   Die schwedische Regierung trägt vor, die Unterhaltsgewährung sei in Bezug auf die Situation im Heimatland zu betrachten, und es müsse ein echter Bedarf an regelmäßiger finanzieller Unterstützung bestehen. Andernfalls wäre dieser in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 73/148 niedergelegten Voraussetzung ihre praktische Wirkung genommen, da sie ja dazu diene, den Kreis der Familienangehörigen zu begrenzen, die berechtigt seien, Wohnung bei dem migrierenden Gemeinschaftsbürger zu nehmen. Diese Voraussetzung sei auch in der Richtlinie 2004/38/EG(7) ausdrücklich beibehalten worden. Ob eine Situation der Unterhaltsgewährung vorliege, sei nach den Umständen des Einzelfalls anhand konkreter und objektiver Tatsachen zu beurteilen. Die Mitgliedstaaten seien berechtigt, Nachweise dafür zu verlangen, dass Unterhalt gewährt werde, insbesondere – analog zu Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e der Richtlinie 68/360/EWG(8) – durch Vorlage eines von der zuständigen Behörde des Heimatlandes ausgestellten Dokuments. Eine einfache Erklärung des Gemeinschaftsbürgers, der dem Familienangehörigen Unterhalt gewähre, reiche nicht aus. Dieser Standpunkt wird von der belgischen und der slowakischen Regierung sowie von der Regierung des Vereinigten Königreichs unterstützt.

23.   Auf der anderen Seite macht die Kommission geltend, die Situation der Unterhaltsgewährung müsse in dem Mitgliedstaat beurteilt werden, in dem sich der Gemeinschaftsbürger aufhalte. Nähme man nämlich das Heimatland des einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen als Bezugspunkt, so würde dies den Kreis der zu einer Familienzusammenführung mit Gemeinschaftsbürgern Berechtigten erheblich begrenzen und deren Recht, innerhalb der Gemeinschaft zu reisen, beschränken. Ob die Unterstützung dazu ausreiche, einen anständigen Lebensstandard in dem Mitgliedstaat zu garantieren, sei irrelevant, da als einziges Kriterium auf die Gewährung von finanziellem Unterhalt abzustellen sei. Was die beizubringenden Nachweise anbetreffe, so müssen nach Meinung der Kommission die Mitgliedstaaten jede Art von Beweis zulassen, mit dem sich belegen lasse, dass tatsächlich finanzieller Unterhalt gewährt werde. Da die Vorlage eines derartigen Nachweises zum Zeitpunkt der Beantragung des Aufenthaltstitels unter Umständen schwierig sei, sei der einzige Beweis, der zu diesem Zeitpunkt akzeptiert werden könne, eine Zusage des Gemeinschaftsbürgers oder dessen Ehegatten, den betreffenden Familienangehörigen zu unterstützen. Nach Ansicht der Kommission muss im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass Frau Jia von ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter Unterhalt beziehe.

V –    Zulässigkeit

24.   Dadurch, dass die schwedische Regierung den Status des Utlänningsnämnd mit Blick auf Artikel 234 EG anspricht, wirft sie implizit die Frage der Zulässigkeit der von dieser Einrichtung vorgelegten Fragen auf.

25.   Die Kriterien, auf die der Gerichtshof zur Beurteilung der Frage abstellt, ob die vorlegende Einrichtung ein Gericht im Sinne von Artikel 234 EG ist, stehen durchaus fest. Hierzu gehören Gesichtspunkte wie die, ob die Einrichtung durch Gesetz errichtet wurde, ob sie ständigen Charakter hat, ob ihre Gerichtsbarkeit verbindlich ist, ob ihr Verfahren streitig ist, ob sie Rechtsnormen anwendet und ob sie unabhängig ist(9). Auf Grundlage der von der schwedischen Regierung gelieferten Informationen habe ich keinen Zweifel, dass das Utlänningsnämnd diese Kriterien erfüllt. Es scheint seiner Verfassung und Organisationsform nach auch mit der Einrichtung vergleichbar zu sein, die in der Rechtssache Abrahamsson(10) ein Vorabentscheidungsersuchen gestellt hatte; der Gerichtshof hat entschieden, dass es sich bei ihr um ein Gericht im Sinne von Artikel 234 EG handele. Die Fragen sind daher zulässig.

VI – Die Problemstellung in einem weiteren Kontext

A –    Einleitung

26.   Ebenso wie in der Rechtssache Akrich tritt auch im Fall von Frau Jia das grundsätzliche Spannungsverhältnis zutage, das in Bezug auf die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind, besteht. Dieses Spannungsverhältnis resultiert aus den Befugnissen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Einwanderung auf der einen Seite und auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit in der Gemeinschaft auf der anderen Seite. Aus der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Einwanderung folgt, dass die erstmalige Zulassung der Einreise eines Drittstaatsangehörigen in ihr Hoheitsgebiet und in das Gebiet der Europäischen Union von einer vorherigen individuellen Beurteilung des Betroffenen abhängig gemacht werden kann. Im Gegensatz dazu verleiht das geltende Gemeinschaftsrecht über die Freizügigkeit den Ehegatten und bestimmten anderen Familienangehörigen von Unionsbürgern, die ihr Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft ausüben, ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Familienangehörigen Einreise- und Aufenthaltsrechte.

27.   Im Urteil Akrich schien der Gerichtshof dieses Problem insoweit gelöst zu haben, als er ausgeführt hat, dass die Verordnung Nr. 1612/68 nur die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft betreffe, aber nichts sage über das Bestehen von Rechten von mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf den Zugang zum Gemeinschaftsgebiet. Als Nächstes hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich der Betroffene, um in den Genuss der solchen Drittstaatsangehörigen zustehenden Rechte kommen zu können, rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten müsse, wenn er sich in einen anderen Mitgliedstaat begebe, in den der Unionsbürger abwandere oder abgewandert sei(11). Nachdem der Gerichtshof jedoch die nationale und die gemeinschaftliche Zuständigkeit in dieser Weise abgegrenzt hatte, hat er anschließend die Voraussetzungen qualifiziert, unter denen die nationale Zuständigkeit wahrgenommen werden müsse, indem er auf das in Artikel 8 EMRK verankerte Recht auf Schutz des Familienlebens hingewiesen hat.

28.   Dieses Urteil steht im Gegensatz zu anderen Urteilen, die aus der Zeit sowohl vor als auch nach seiner Verkündung stammen und in denen der Gerichtshof unmissverständlich ausgeführt hat, dass sich die Rechte der mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats auf Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats und auf dortigen Aufenthalt allein aus der familiären Beziehung ergäben(12).

29.   Ein gewisses Maß an Verwirrung hinsichtlich des Umfangs der Kompetenz der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind, die ihrerseits ihre Freizügigkeitsrechte wahrgenommen haben oder wahrnehmen wollen, bleibt daher bestehen. Insbesondere ist unklar, ob die Lösung des Gerichtshofes im Urteil Akrich durch die speziellen Umstände dieser Rechtssache zu erklären ist oder ob der in diesem Urteil aufgestellte Grundsatz allgemein Anwendung findet. Die Situation wird noch weiter kompliziert durch die Frage, ob die Mitgliedstaaten aufgrund des Gemeinschaftsrechts zur Achtung des Rechts auf Familienleben gemäß Artikel 8 EMRK verpflichtet sind. Meiner Meinung nach ist es daher erforderlich, das Problem, das der Rechtssache von Frau Jia zugrunde liegt, in einen weiteren Zusammenhang zu stellen und eine Lösung zu finden, mit der die nationalen Behörden und Gerichte arbeiten können und die mit der Teilung von Befugnissen auf dem Gebiet der Zuwanderung vereinbar ist. Um eine solche Lösung zu finden, werde ich die verschiedenen rechtlichen Parameter näher untersuchen, die für dieses Problem relevant sind. In diesem Zusammenhang werde ich auch auf gemeinschaftliche Rechtsakte aus jüngerer Zeit zu sprechen kommen, die mit Blick auf die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen in das Gebiet der Union erlassen worden sind.

B –    Abgrenzung der Zuständigkeiten

30.   Der erste dieser rechtlichen Parameter betrifft die Verteilung von Zuständigkeiten für die Zuwanderung in die Union sowie für Reisen und Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen innerhalb der Union, einschließlich der Familienmitglieder von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch gemacht haben. Artikel 3 EG, in dem die Tätigkeiten der Gemeinschaft zur Erreichung der in Artikel 2 EG genannten Ziele aufgeführt sind, trifft eine klare Unterscheidung zwischen der internen und der externen Komponente der Freizügigkeit. Während Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c EG die Schaffung eines Binnenmarktes nennt, der durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet ist, sieht Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d EG Maßnahmen hinsichtlich der Einreise und des Personenverkehrs nach Titel IV vor, der Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr zum Gegenstand hat.

31.   Der interne Aspekt ist vollständig durch das Gemeinschaftsrecht geregelt. Der freie Verkehr von Unionsbürgern, d. h. Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ist auf Vertragsebene garantiert durch das Zusammenwirken der Artikel 18, 39, 43 und 49 EG, die alle unmittelbare Wirkung haben, in Verbindung mit dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht, das erlassen wurde, um diesen Vorschriften Geltung zu verschaffen, insbesondere die Verordnung Nr. 1612/68, die Richtlinie 68/360, die Richtlinie 73/148 sowie die Richtlinien 90/364, 90/365 und 93/96(13). Als Nebenrechte zu den Rechten von Gemeinschaftsbürgern, die wirtschaftlichen Tätigkeiten in anderen Mitgliedstaaten nachgehen, sehen diese Gemeinschaftsregelungen auch Rechte der Familienangehörigen unabhängig von deren Staatsangehörigkeit vor, mit demjenigen, dem das Recht aus den Gemeinschaftsnormen in erster Linie zusteht, mitzuziehen und bei diesem zu wohnen.

32.   Im Gegensatz dazu verleiht die externe Komponente dieses Politikbereichs, die erst durch den (am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen) Vertrag von Amsterdam in den EG-Vertrag aufgenommen wurde, keine unmittelbar wirksamen Rechte, sondern bildet die Rechtsgrundlage für ein legislatives Programm zur Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften u. a. zur Regelung der Einwanderung und der Kontrollen an den Außengrenzen der Union. Insbesondere in Artikel 61 Buchstabe a EG kommt die enge Beziehung zwischen der internen und der externen Komponente des freien Personenverkehrs zum Ausdruck, insoweit nämlich der Rat danach gehalten ist, „Maßnahmen zur Gewährleistung des freien Personenverkehrs nach Artikel 14 [EG] in Verbindung mit unmittelbar damit zusammenhängenden flankierenden Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, Asyl und Einwanderung …“ zu erlassen. Zwar sind verschiedene Schritte zur Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 und des anschließenden Haager Programms vom November 2004(14) unternommen worden, jedoch ist die Harmonisierung auf diesem Gebiet bei weitem noch nicht abgeschlossen. Nach dem gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts ist klar, dass den Mitgliedstaaten die Zuständigkeit hinsichtlich der meisten Aspekte der Einwanderungsgesetzgebung weiterhin zusteht.

33.   Genauer gesagt heißt das, dass die Mitgliedstaaten über die erstmalige Zulassung der Einreise von Personen aus Drittstaaten in ihr Hoheitsgebiet anhand der in ihren nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Kriterien zu entscheiden haben. Daraus folgt, dass sie berechtigt sind, einem Drittstaatsangehörigen die Einreise erst nach einer Beurteilung des einzelnen Betroffenen zu gestatten, was in der Tat in den meisten Mitgliedstaaten gängige Praxis ist. Nach Gestattung der Einreise in das Gebiet der an der Schengener Regelung beteiligten Mitgliedstaaten hat jeder Einzelne dann das Recht, sich über die Binnengrenzen zwischen diesen Mitgliedstaaten hinweg zu bewegen. Für das Recht, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, ist jedoch je nach Staatsangehörigkeit und Rechtsstellung des Betroffenen entweder das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht maßgebend.

34.   Unter bestimmten Umständen kann die Ausübung der Rechte, die die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines migrierenden Gemeinschaftsbürgers unmittelbar aus den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften herleiten, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Einwanderung eingreifen. Dies ist – wie auch in der vorliegenden Rechtssache – der Fall, wenn das einem Drittstaat angehörende Familienmitglied in einen Mitgliedstaat einreist und ein auf dem Gemeinschaftsrecht beruhendes Aufenthaltsrecht geltend macht, obwohl der Betreffende möglicherweise nicht ordnungsgemäß zur Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zum Zwecke eines langfristigen Aufenthalts zugelassen worden ist. Angesichts dieser Tatsache besteht eindeutig die Notwendigkeit, den Umfang der beiden Zuständigkeitsbereiche abzugrenzen.

35.   Dieses Problem lässt sich nicht einfach durch Anwendung des Prinzips des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor kollidierendem nationalem Recht lösen. Das Problem ist vielmehr in den Kontext nebeneinander bestehender, sich jedoch überschneidender Zuständigkeitskreise zu stellen. Wie in Artikel 61 Buchstabe a EG anerkannt wird, besteht eine offensichtliche funktionale Beziehung zwischen der Ermöglichung des freien Personenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft in einem Raum ohne Binnengrenzen, wie dies durch Artikel 14 EG vorgeschrieben wird, und dem Vorhandensein zuverlässiger und sicherer Kontrollen an den Außengrenzen dieses Raumes. Insofern kann man eine Parallele zu dem Verhältnis ziehen, das zwischen dem freien Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft und dem gemeinsamen Zolltarif und der gemeinsamen Handelspolitik für in die Gemeinschaft eingeführte Waren besteht. Auch wenn das nationale Einwanderungsrecht noch nicht (vollständig) harmonisiert worden ist und Unterschiede und Unvereinbarkeiten bestehen mögen, so ist doch deutlich, dass bis zur Erreichung eines ausreichenden Maßes an Harmonisierung der freie Verkehr aller Personen innerhalb des Binnenmarktes ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit von dem Vertrauen abhängt, das die Mitgliedstaaten gegenseitig in ihre Politiken und Praktiken bei der Zulassung der Einreise von Drittstaatsangehörigen in ihr Hoheitsgebiet setzen.

C –    Geltende Gemeinschaftsvorschriften in der Auslegung durch den Gerichtshof

36.   Der zweite zu erörternde Punkt betrifft den genauen Umfang der Rechte, die den einem Drittstaat angehörenden Familienmitgliedern von Gemeinschaftsbürgern durch die verschiedenen Gemeinschaftsregelungen über die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, selbständig Erwerbstätigen und Dienstleistungserbringern gewährt werden. Insbesondere ist fraglich, ob die Rechte, in einen Mitgliedstaat einzureisen, und das Recht, sich dort aufzuhalten, dem Familienangehörigen nicht nur ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit zustehen, sondern auch ohne Rücksicht darauf, ob er aus einem anderen Mitgliedstaat oder (unmittelbar) aus einem Drittstaat in den Aufnahmemitgliedstaat einreist.

37.   Der Wortlaut der Bestimmungen, durch die den einem Drittstaat angehörenden Familienmitgliedern Einreise- und Aufenthaltsrechte gewährt werden, ist insoweit nicht aufschlussreich. Sowohl Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als auch Artikel 1 der Richtlinie 73/148 über die Freizügigkeit der selbständig Tätigen gestatten u. a. – und zwar jeweils ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit – den Ehegatten von Arbeitnehmern beziehungsweise selbständig Tätigen und den Verwandten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird, entweder bei dem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist, Wohnung zu nehmen oder mit dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat oder niederlassen will, um dort eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, zu reisen und sich bei diesem aufzuhalten(15).

38.   Wie oben angedeutet, ist die Rechtsprechung des Gerichtshofes auf diesem Gebiet nicht ganz eindeutig. Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen die Rechte geltend gemacht werden können, die den einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von Gemeinschaftsbürgern nach dem abgeleiteten Gemeinschaftsrecht zustehen, hat der Gerichtshof sowohl einen großzügigen als auch einen restriktiven Ansatz verfolgt.

39.   Der großzügige Ansatz hat sich im Urteil MRAX gezeigt, in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, dass sich das Recht des mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats auf Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nach dem Gemeinschaftsrecht allein aus der familiären Beziehung ergibt. Der Gerichtshof hat zwar darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten die Ausübung dieses Rechts nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 68/360 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 73/148 vom Besitz eines Visums abhängig machen können (wobei „Visum“ definiert ist als eine von einem Mitgliedstaat ausgestellte Genehmigung oder eine von einem Mitgliedstaat getroffene Entscheidung, die für die Einreise in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erforderlich ist(16)), jedoch hat er bemerkt, dass die Mitgliedstaaten aufgrund der gleichen Bestimmungen verpflichtet seien, den genannten Personen zur Erlangung der erforderlichen Sichtvermerke alle Erleichterungen zu gewähren. Eine Politik eines Mitgliedstaats, den mit einem Gemeinschaftsangehörigen eines Mitgliedstaats verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats, der versuche, in sein Hoheitsgebiet einzureisen, ohne über einen gültigen Personalausweis, Reisepass oder ein Visum zu verfügen, an der Grenze zurückzuweisen, wenn der Betroffene seine Identität und die Ehe nachweisen könne und es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstelle, verletze u. a. Artikel 3 der Richtlinie 68/360 und Artikel 3 der Richtlinie 73/148, die im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszulegen seien(17). Als Nächstes hat der Gerichtshof ausgeführt, dass Artikel 4 der Richtlinie 68/360 und Artikel 6 der Richtlinie 73/148 dahin auszulegen seien, dass sie es einem Mitgliedstaat nicht gestatteten, dem Staatsangehörigen eines Drittstaats, der seine Identität und die Tatsache, dass er mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats verheiratet sei, nachweisen könne, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu verweigern und ihm gegenüber eine Maßnahme zur Entfernung aus dem Hoheitsgebiet zu ergreifen, nur weil er illegal in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats eingereist sei(18).

40.   Diese Entscheidung steht in scharfem Gegensatz zum Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Akrich, in der er einen restriktiveren Ansatz verfolgt hat. Diese Rechtssache betraf einen marokkanischen Staatsangehörigen, der sich unrechtmäßig im Vereinigten Königreich aufgehalten hatte, während seines Aufenthalts eine Reihe von Straftaten begangen hatte und infolgedessen abgeschoben worden war. Akrich kehrte illegal in das Vereinigte Königreich zurück und heiratete dort eine Britin. Nach einer sechsmonatigen Beschäftigung in Irland versuchte das Ehepaar, in das Vereinigte Königreich zurückzukehren, und berief sich dabei auf die Rechte der Ehegatten von Arbeitnehmern in der Gemeinschaft aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 in der Auslegung durch den Gerichtshof im Urteil Singh(19). Hier hat der Gerichtshof betont, dass die Verordnung Nr. 1612/68 nur die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft betreffe und dass sie nichts sage über das Bestehen von Rechten eines mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf den Zugang zum Gemeinschaftsgebiet. Um in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens in den Genuss der Rechte aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 kommen zu können, müsse sich der mit einem Unionsbürger verheiratete Drittstaatsangehörige rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, wenn er sich in einen anderen Mitgliedstaat begebe, in den der Unionsbürger abwandere oder abgewandert sei(20).

41.   Im Urteil Kommission/Spanien(21), das über ein Jahr nach dem Urteil Akrich erging, hat der Gerichtshof jedoch bei der Prüfung der spanischen Formalitäten, die die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von migrierenden Gemeinschaftsbürgern vor Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllen müssen, wieder den im Urteil MRAX gewählten Ansatz verfolgt. Der Gerichtshof hat wiederholt, dass sich das Recht des mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats verheirateten Drittstaatsangehörigen auf Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats allein aus dem Verwandtschaftsverhältnis ergebe. Daraus hat er gefolgert, dass das Erfordernis eines Aufenthaltsvisums, das nach spanischem Recht als Vorbedingung für die Erlangung der Aufenthaltserlaubnis vorgesehen sei, und die Weigerung, diese Erlaubnis einem Drittstaatsangehörigen, der Familienangehöriger eines Gemeinschaftsbürgers sei, zu erteilen, weil er zuvor ein Aufenthaltsvisum beim spanischen Konsulat seines letzten Wohnsitzes hätte beantragen müssen, eine mit den Bestimmungen der Richtlinien 68/360, 73/148 und 90/365 unvereinbare Maßnahme darstelle(22). Auf das Urteil Akrich hat der Gerichtshof in dieser Entscheidung nicht Bezug genommen.

42.   Es besteht daher anscheinend ein Widerspruch in der Rechtsprechung, der aus den voneinander abweichenden Ansätzen in den Urteilen MRAX und Kommission/Spanien einerseits und im Urteil Akrich andererseits resultiert. In der Tat war es dieser Unterschied im Ansatz, der das Utlänningsnämnd veranlasst hat, die Sache dem Gerichtshof vorzulegen.

43.   Die durch das Urteil Akrich aufgeworfene grundlegende Frage geht dahin, ob der in diesem Urteil aufgestellte Grundsatz nur dann Anwendung findet, wenn die nationalen Behörden festgestellt haben, dass sich der betroffene Drittstaatsangehörige unrechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhält. Daraus könnte geschlossen werden, dass der Grundsatz nicht nur dann gilt, wenn eine Person aufenthaltsberechtigt ist, sondern sogar schon dann, wenn die Person im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einfach nur nicht unrechtmäßig anwesend ist. In diesem Fall wäre dem Ansatz im Urteil MRAX zufolge die familiäre Beziehung zu einem migrierenden EU-Bürger ausreichend, um das Einreise- und Aufenthaltsrecht in einem Mitgliedstaat zu begründen.

44.   Diese enge Auslegung des Urteils Akrich ließe sich auf Randnummer 50 des Urteils stützen, in der der Gerichtshof die Anwendung des Grundsatzes ausdrücklich in den Kontext einer „Situation wie der des Ausgangsverfahrens“ stellt. Die Ausführungen in der vorangegangenen Randnummer des Urteils, worin der Gerichtshof eindeutig erklärt, dass die einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen nur die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft beträfen und nichts sagten im Hinblick auf den Zugang zum Gemeinschaftsgebiet, weisen indessen in die entgegengesetzte Richtung.

45.   Im Licht dieser Betrachtungen kann man mit Recht zu dem Ergebnis gelangen, dass die gegenwärtige Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen sich die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen migrierender EU-Bürger auf ihre Rechte aus der Verordnung Nr. 1612/68 und der Richtlinie 73/148 berufen können, nicht völlig einheitlich erscheint.

D –    Familienleben und Freizügigkeit

46.   Bei der Prüfung der Rechte der einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von Unionsbürgern auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung dem Schutz des Familienlebens, wie es durch Artikel 8 EMRK garantiert wird, erhebliche Bedeutung zugemessen.

47.   In der Rechtssache Carpenter(23) wurde der Gerichtshof befragt, inwieweit eine Entscheidung der Behörden des Vereinigten Königreichs über die Ausweisung einer philippinischen Staatsangehörigen, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Touristenvisums im Vereinigten Königreich geblieben war und später einen britischen Staatsangehörigen geheiratet hatte, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Da Letztgenannter bestimmte Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten erbrachte, dies aber von seinem Heimatland aus getan hatte, konnte sich Frau Carpenter nicht auf die Rechte berufen, die den mit einem Gemeinschaftsbürger verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats aus der Richtlinie 73/148 zustehen. Der Gerichtshof hat daher weiter untersucht, ob ein Aufenthaltsrecht zugunsten des Ehegatten aus den Grundsätzen oder anderen Normen des Gemeinschaftsrechts hergeleitet werden könne.

48.   Nach der Feststellung, dass die Berufstätigkeit von Herrn Carpenter in den Anwendungsbereich des Artikels 49 EG falle, hat der Gerichtshof daran erinnert, dass „der Gemeinschaftsgesetzgeber erkannt hat, welche Bedeutung es hat, den Schutz des Familienlebens der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, um die Hindernisse für die Ausübung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu beseitigen; dies geht insbesondere aus den Bestimmungen der Verordnungen und Richtlinien des Rates über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen innerhalb der Gemeinschaft hervor“(24). Sodann hat er festgestellt, dass „die Trennung der Eheleute Carpenter sich nachteilig auf ihr Familienleben und damit auf die Bedingungen auswirken würde, unter denen Herr Carpenter eine Grundfreiheit wahrnimmt. Diese Freiheit könnte nämlich ihre volle Wirkung nicht entfalten, wenn Herr Carpenter von ihrer Wahrnehmung durch Hindernisse abgehalten würde, die in seinem Herkunftsland für die Einreise und den Aufenthalt seines Ehegatten bestünden.“(25)

49.   Bezüglich der Frage, ob diese Beschränkung der Herrn Carpenter zustehenden Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt sein könne, befand der Gerichtshof, dass die Entscheidung über die Ausweisung von Frau Carpenter ein Eingriff in die Verwirklichung des Rechts von Herrn Carpenter auf Achtung seines Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK sei und kein angemessenes Verhältnis zwischen den betroffenen Interessen wahre. Demnach stellte die Entscheidung über die Ausweisung von Frau Carpenter einen Eingriff dar, der in keinem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehe(26).

50.   Im Urteil Akrich hat der Gerichtshof zunächst ausgeführt, dass sich ein Drittstaatsangehöriger, der mit einer Unionsbürgerin verheiratet sei, die ihr Freizügigkeitsrecht ausgeübt habe, der sich aber im Herkunftsland seiner Ehefrau nicht rechtmäßig aufhalte, nicht auf Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 berufen könne, um ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedstaat geltend zu machen. Gleichwohl qualifizierte der Gerichtshof dieses Urteil durch den Hinweis, dass – vorausgesetzt, die Ehe sei keine Scheinehe – bei der Entscheidung, ob dem betroffenen Drittstaatsangehörigen trotz seines nach dem nationalen Zuwanderungsrecht rechtswidrigen Status die Einreise gestattet werden solle, die Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK zu berücksichtigen sei. „Auch wenn die EMRK kein Recht eines Ausländers, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten, als solches gewährleistet, kann es einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens, wie es in Artikel 8 Absatz 1 EMRK geschützt ist, darstellen, wenn einer Person die Einreise in ein Land, in dem ihre nahen Verwandten leben, oder der Aufenthalt dort verweigert wird. Ein solcher Eingriff verstößt gegen die EMRK, wenn er nicht den Anforderungen ihres Artikels 8 Absatz 2 genügt …“(27). Hier hat der Gerichtshof einen zurückhaltenderen Ansatz verfolgt als im Urteil Carpenter, indem er es dem nationalen Gericht überlassen hat, diesen Maßstab anzuwenden.

51.   Schließlich möchte ich auf die Urteile MRAX und Kommission/Spanien verweisen, in denen der Gerichtshof seine Ausführungen aus dem Urteil Carpenter wiederholt hat, dass, wie insbesondere aus den Verordnungen und Richtlinien des Rates über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen innerhalb der Gemeinschaft hervorgehe, der Gemeinschaftsgesetzgeber anerkannt habe, welche Bedeutung der Gewährleistung des Schutzes des Familienlebens der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten für die Beseitigung der Hindernisse bei der Ausübung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten zukomme(28).

52.   Nach der Schlussfolgerung am Ende des vorigen Abschnitts, dass nämlich die Rechtsprechung über das Recht, das auf die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen migrierender Gemeinschaftsbürger anzuwenden ist, in gewissem Grade uneinheitlich ist, legen die vorstehenden Erwägungen darüber hinaus nahe, dass der Ausgang dieser Rechtsstreitigkeiten größtenteils von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängt. In einem Bereich wie dem der Zuwanderung, in dem Entscheidungen der zuständigen Behörden das Leben einzelner Personen ganz fundamental berühren, besteht jedoch ein großes Bedürfnis nach Klarheit über den Umfang der Rechte und Vorhersehbarkeit in Bezug auf die Art und Weise der Rechtsanwendung. Zur Schaffung größerer Transparenz und zur Förderung der Rechtssicherheit ist ein systematischerer und strukturierterer Ansatz für die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen erforderlich.

E –    Neue Gemeinschaftsnormen

53.   Auch wenn sie für die Lösung der vorliegenden Rechtssache nicht unmittelbar relevant sind, weil sie aus intertemporalen Gründen vorliegend nicht anwendbar sind, ist es gleichwohl nützlich, auf die neueren Entwicklungen in der Gemeinschaftsrechtssetzung über die Aufenthaltsrechte von Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten hinzuweisen. Die entsprechenden Richtlinien betreffen sowohl die interne als auch die externe Komponente der Freizügigkeit.

54.   Am 29. April 2004 erließen das Europäische Parlament und der Rat gestützt auf die Artikel 12, 18, 40, 44 und 52 EG eine neue Richtlinie über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, die alle in diesem Bereich bestehenden Richtlinien ersetzt(29). Diese Richtlinie kodifiziert und überarbeitet die bestehenden Gemeinschaftsinstrumente unter Berücksichtigung der Auslegung, die diese Rechtsakte in der Rechtsprechung des Gerichtshofes erfahren haben. In ähnlicher Weise wie Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 und Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 73/148 gewährt Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2004/38 den Familienangehörigen von Unionsbürgern, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, das Recht auf Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, vorausgesetzt, sie führen einen gültigen Reisepass oder gemäß der Verordnung Nr. 539/2001 oder gegebenenfalls den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ein Einreisevisum mit sich. Nach Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 2004/38 haben die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von über drei Monaten, sofern der Unionsbürger die verschiedenen Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie erfüllt(30).

55.   Gestützt auf Artikel 63 EG wurden zwei weitere Richtlinien über die Rechte von Drittstaatsangehörigen erlassen, nämlich die Richtlinie 2003/86 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung(31) und die Richtlinie 2003/109 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen(32).

56.   Unter diesen Richtlinien ist aus materiell-rechtlicher Sicht lediglich die Erstgenannte – wenngleich indirekt – für die vorliegende Rechtssache von Belang, da sie nur für die Zusammenführung eines sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Drittstaatsangehörigen („Zusammenführender“) mit seinen Familienangehörigen gilt und auf die Familienangehörigen eines Unionsbürgers ausdrücklich keine Anwendung findet (Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie). Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2003/86 sind vorbehaltlich bestimmter Bedingungen betreffend die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Gesundheit sowie – kurz gesagt – die Fähigkeit des Zusammenführenden, für die betreffenden Familienangehörigen zu sorgen, die Mitgliedstaaten verpflichtet, minderjährigen Kindern des Zusammenführenden die Einreise und den Aufenthalt zu gestatten. Im Gegensatz dazu können die Mitgliedstaaten – ohne dazu verpflichtet zu sein – anderen Familienangehörigen die Einreise gestatten, u. a. Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades des Zusammenführenden oder seines Ehegatten, wenn diese für den Unterhalt der Verwandten aufkommen und diese in ihrem Herkunftsland keine sonstigen familiären Bindungen mehr haben (Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a). Artikel 5 der Richtlinie sieht außerdem die Festlegung des Verfahrens für die Stellung und detaillierte Prüfung der Anträge auf Aufnahme als Familienangehörige des Zusammenführenden vor. In der Regel sind die Anträge zu stellen und zu prüfen, wenn sich die Familienangehörigen noch außerhalb des Hoheitsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats aufhalten, wobei jedoch der Mitgliedstaat gegebenenfalls hiervon abweichen kann (Artikel 5 Absatz 3). Diese Richtlinie war bis zum 3. Oktober 2005 in nationales Recht umzusetzen.

57.   Im Licht der bestehenden und neuen Gemeinschaftsinstrumente lassen sich drei Fallvarianten unterscheiden, die aus Sicht des Drittstaatsangehörigen zwar nicht von Bedeutung sein mögen, die aber für das Recht maßgebend sind, das auf seine Situation und daher auf seine Möglichkeiten, aus einem Drittstaat Zugang zu dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu erlangen und anschließend das Aufenthaltsrecht zu erwerben, anzuwenden ist. Erstens, der Drittstaatsangehörige kann ein Verwandter des Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats sein, der von seiner Freiheit, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen, keinen Gebrauch gemacht hat. Zweitens, der Drittstaatsangehörige kann ein Verwandter des Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats sein, der sein Recht, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen, ausgeübt hat. Drittens, der Drittstaatsangehörige kann ein Verwandter eines anderen Drittstaatsangehörigen sein, der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat der Union aufhält.

58.   Will der Drittstaatsangehörige in der ersten Variante von außerhalb der Gemeinschaft in einen Mitgliedstaat einreisen, so gilt eindeutig das nationale Zuwanderungsrecht, weil es keinen Anknüpfungspunkt für die Anwendung von Gemeinschaftsrecht gibt. Das bedeutet, dass sich der Betroffene gegebenenfalls einer vorherigen individuellen Beurteilung unterziehen muss.

59.   In der dritten Variante bestimmen sich ab dem 3. Oktober 2005 die Rechte des Drittstaatsangehörigen nach der Richtlinie 2003/86. Vor diesem Zeitpunkt war das nationale Zuwanderungsrecht anwendbar. Wie oben erwähnt, und angesichts der familiären Beziehung in der vorliegenden Rechtssache, verfügen die Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie über ein Ermessen, ob sie die Einreise und den Aufenthalt von Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades, denen Unterhalt gewährt wird, gestatten wollen. Die Richtlinie schreibt auch eine Untersuchung der individuellen Verhältnisse des antragstellenden Drittstaatsangehörigen vor.

60.   Die zweite Variante ist die Fallgestaltung, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, und insoweit sind – wie oben in den Nrn. 38 bis 40 ausgeführt – zwei Ansätze möglich. Kann der Drittstaatsangehörige ein unmittelbares Aufenthaltsrecht aus der Richtlinie 73/148 herleiten, unterliegt er keiner individuellen Beurteilung durch die nationalen Einwanderungsbehörden. Insoweit würde entsprechend dem Urteil MRAX die familiäre Beziehung das Aufenthaltsrecht begründen. Geht man jedoch in Einklang mit dem Urteil Akrich davon aus, dass sich der Drittstaatsangehörige bereits rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten muss, ehe er sich auf die Rechte aus der Richtlinie 73/148 berufen kann, so bedeutete dies, dass auf die Situation der Drittstaatangehörigen wieder das nationale Zuwanderungsrecht anzuwenden ist.

61.   Aus dieser kleinen Bestandsaufnahme geht hervor, dass die großzügige Auslegung der Richtlinie 73/148 in der zweiten Variante zur Schaffung einer privilegierten Gruppe von Drittstaatsangehörigen führt. Soweit diese Personen mit einem Unionsbürger verwandt sind, der von seinem Recht, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen, Gebrauch gemacht hat, sind sie vor der Anwendung der durch das nationale Zuwanderungsrecht aufgestellten Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen geschützt. In den anderen Fällen sind sie es hingegen nicht. Wenn man davon ausgeht, dass aus der Sicht des Drittstaatsangehörigen die familiären Beziehungen in den drei Fallvarianten an sich vergleichbar sind und dass der einzige Unterschied zwischen den Varianten darin besteht, dass der Verwandte, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, in einen anderen Mitgliedstaat gezogen ist, bedarf die unterschiedliche Behandlung, die aus der von mir als großzügig bezeichneten Auslegung der Richtlinie 73/148 resultiert, der Rechtfertigung.

F –    Einreise und Aufenthalt der einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von Gemeinschaftsbürgern: Weg zu einem systematischeren Ansatz

62.   In Nummer 52 oben habe ich darauf hingewiesen, dass ein Bedürfnis nach einem systematischeren Ansatz bei der Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften über die Zulassung der Einreise der einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von außerhalb der Gemeinschaft in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie über ihre Rechte, bei Gemeinschaftsbürgern Wohnung zu nehmen, besteht. Die Uneinheitlichkeit in der Rechtsprechung führt zu Rechtsunsicherheit für die betroffenen Drittstaatsangehörigen und zu Unklarheit bei den einzelstaatlichen Behörden, die für die Anwendung dieser Vorschriften zuständig sind. Die Rechtsprechung führt nämlich nach ihrem gegenwärtigen Stand sogar zu einer Ungleichheit zwischen verschiedenen Gruppen von Drittstaatsangehörigen, für die es keine Rechtfertigung zu geben scheint. Darüber hinaus berührt die Rechtsprechung die nationalen Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Einwanderungspolitik, insoweit sie nämlich bestimmten Kategorien von Drittstaatsangehörigen die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erlaubt, ohne dass diese einer vorherigen individuellen Beurteilung unterzogen wurden.

63.   Bei der Auslegung der einschlägigen Vorschriften des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts ist meiner Meinung nach von dem Grundprinzip auszugehen, die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zu beachten, wie sie im EG-Vertrag festgelegt ist. Es muss als Teil der in Artikel 220 EG beschriebenen Aufgabe des Gerichtshofes angesehen werden, nicht nur die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, sondern auch die den Mitgliedstaaten durch den Vertrag zuerkannten Befugnisse zu achten und über sie zu wachen. Dies gilt nicht nur in negativem Sinne durch Abgrenzung der Befugnisse der Gemeinschaft gegenüber denen der Mitgliedstaaten, sondern auch in dem eher positiven Sinne durch die Gewährleistung, dass diese nationalen Befugnisse auch wirksam ausgeübt werden können.

64.   Nach dem heutigen Stand der Dinge steht fest, dass für den freien Personenverkehr innerhalb der Gemeinschaft als einer der Eckpfeiler des Binnenmarktes vollständig eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht. Ebenso steht fest, dass die Regelung der Einwanderung an den Außengrenzen der Union, soweit die Harmonisierung gemäß Titel IV des EG-Vertrags noch nicht erreicht ist, im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten verbleibt. Ich verweise auf die Nummern 30 ff. oben.

65.   Die Feststellung des Gerichtshofes im Urteil Akrich, dass die Verordnung Nr. 1612/68 „nur die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft [betrifft]“ und „nichts über das Bestehen von Rechten von mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf den Zugang zum Gemeinschaftsgebiet [sagt]“(33), steht mit dieser Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten vollkommen in Einklang. Da mit der Richtlinie 73/148 die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit der Verordnung Nr. 1612/68, nur eben für einen anderen Personenkreis, muss das Gleiche auch für diese Richtlinie gelten. Die Tatsache, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie in ähnlicher Weise beschränkt ist, hat der Gerichtshof, wenn auch nur implizit, im Urteil Carpenter anerkannt, in dem er ausgeführt hat: „Folglich ergibt sich sowohl aus den mit ihr verfolgten Zielen als auch aus ihrem Inhalt, dass die Richtlinie die Bedingungen regelt, unter denen ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sowie die anderen in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c und d genannten Personen den Herkunftsmitgliedstaat dieses Staatsangehörigen verlassen und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu einem der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Zwecke einreisen und sich dort aufhalten können, und zwar für eine in Artikel 4 Absätze 1 oder 2 festgelegte Dauer.“(34)

66.   Dass die Verordnung Nr. 1612/68 und die Richtlinie 73/148 über die erstmalige Zulassung der Einreise eines Drittstaatsangehörigen in das Gemeinschaftsgebiet „nichts sagen“, bedeutet nicht, dass diese Rechtsakte in dieser Hinsicht neutral sind. Aus dieser Feststellung des Gerichtshofes folgt nicht, dass ein Vakuum besteht, das durch eine großzügige Auslegung dieser Rechtsakte stillschweigend ausgefüllt werden kann. Es kann nur bedeuten, dass entsprechend der im EG-Vertrag getroffenen Zuständigkeitsverteilung die erstmalige Zulassung der Einreise dieser Personen eine Angelegenheit ist, über die die Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer Zuwanderungsvorschriften zu entscheiden haben. Daraus ergibt sich notwendigerweise, dass – wie der Gerichtshof, frei zitiert, im Urteil Akrich entschieden hat – der einem Drittstaat angehörende Familienangehörige, um in den Genuss der Rechte aus diesen Gemeinschaftsnormen kommen zu können, sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten muss, wenn er sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, in den der Unionsbürger abwandert oder abgewandert ist(35).

67.   Zu akzeptieren, dass Drittstaatsangehörige, die sich nicht bereits rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten und zu einem Unionsbürger ziehen wollen, der von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat, allein aufgrund der familiären Beziehung ein automatisches Einreise- und Aufenthaltsrecht in dem Aufnahmemitgliedstaat ohne jedes Tätigwerden dieses Mitgliedstaats genießen, würde ihnen die Umgehung nationaler Zuwanderungsvorschriften ermöglichen. Ein derartiger Ansatz höhlt daher die Befugnisse der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kontrolle der Einwanderung an ihrer Außengrenze aus.

68.   Ferner lässt sich aus der Funktionsweise der Gemeinschaftsinstrumente über die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft ableiten, dass die Rechte, die durch diese Instrumente den einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen verliehen werden, nicht uneingeschränkt gelten.

69.   Die Verordnung Nr. 1612/68 und die Richtlinie 73/148 sind ausdrücklich erlassen worden, um Artikel 39 EG bzw. Artikel 43 EG Geltung zu verschaffen. Beide Instrumente bezwecken die Beseitigung von Hindernissen, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten entgegenstehen, wenn sie von den ihnen gemäß diesen Vertragsbestimmungen zustehenden Rechten Gebrauch machen, indem sie sich als Arbeitnehmer, selbständig Tätige oder Dienstleistungserbringer in andere Mitgliedstaaten begeben. Zu solchen Hindernissen gehören die potenziellen Auswirkungen der Anwendung der nationalen Zuwanderungsvorschriften auf die Familienangehörigen des Hauptberechtigten, insbesondere, wenn diese Familienangehörigen nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen. Könnten diese Familienangehörige ihrer Einreise und Aufnahme in einem anderen Mitgliedstaat nicht sicher sein, so würde dies den der Gemeinschaft angehörenden Arbeitnehmer oder Selbständigen von der Wahrnehmung seiner Rechte aus dem EG-Vertrag abhalten. Als Nebenrecht zu dem Recht des der Gemeinschaft angehörenden Arbeitnehmers oder Selbständigen steht ihnen daher ebenfalls das Einreise- und Aufenthaltsrecht in dem Mitgliedstaat zu, in dem die wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt werden sollen.

70.   Angesichts des Primärziels dieser Gemeinschaftsinstrumente, jede Art von Hindernis zu beseitigen, das sich aus nationalen Einreise- und Aufenthaltserfordernissen ergibt und das Staatsangehörige eines Mitgliedstaats davon abhalten könnte, sich aus wirtschaftlichen Gründen in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, sollte wohl gerade die Familiensituation berücksichtigt werden, und zwar so, wie sie zu dem Zeitpunkt besteht, zu dem der Gemeinschaftsbürger sich zum Umzug in einen anderen Mitgliedstaat entschließt. Ist der Gemeinschaftsbürger erst einmal in einen anderen Mitgliedstaat umgezogen und hat sich dort niedergelassen, entsteht eine neue Situation, in der seine Rechtsstellung derjenigen der Angehörigen des Aufnahmemitgliedstaats vergleichbar sein sollte, die von ihrem Freizügigkeitsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. Hat eine Person aus dem letztgenannten Personenkreis den Wunsch, den einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen von außerhalb der Gemeinschaft nachkommen zu lassen, muss diesem Familienangehörigen unter den durch das nationale Zuwanderungsrecht festgelegten Voraussetzungen die Einreise gestattet werden. Das Gleiche muss für einen Staatsangehörigen gelten, der von seinem Freizügigkeitsrecht bereits Gebrauch gemacht hat und von der Ausübung dieses Rechts offenbar nicht aus Gründen abgehalten worden ist, die mit der Nichtzulassung des einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen zusammenhängen. Mit anderen Worten, es lässt sich nicht behaupten, dass es nach dem Gemeinschaftsrecht ein fortbestehendes Recht der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten gibt, ihre Verwandten jederzeit von außerhalb der Gemeinschaft nachkommen zu lassen. Insoweit halte ich Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 und Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 73/148 nicht für Bestimmungen, die für eine Familienzusammenführung ex post facto zwischen Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten und ihren von außerhalb der Gemeinschaft stammenden Verwandten gelten.

71.   Die Kommission vertritt die Auffassung, dass es in Fällen, in denen ein einem Drittstaat angehörender Familienangehöriger auf direktem Wege von außerhalb der Gemeinschaft zu dem Gemeinschaftsbürger im Aufnahmemitgliedstaat ziehen will, eine Beschränkung des Rechts des Gemeinschaftsbürgers bedeuten würde, sich innerhalb der Gemeinschaft frei zu bewegen, wenn man von dem Familienangehörigen verlange, eine Aufenthaltserlaubnis im Herkunftsland des Gemeinschaftsbürgers zu erlangen. Abgesehen davon, dass in einer Situation wie der im Hauptverfahren das Erfordernis des rechtmäßigen Aufenthalts zur Folge hat, dass der Familienangehörige die Erlaubnis zum Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat nach dessen nationalem Zuwanderungsrecht beantragen müsste, kann nicht akzeptiert werden, dass die von der Kommission genannte Voraussetzung zwangsläufig eine Beschränkung des Rechts des Gemeinschaftsbürgers auf Umzug in einen anderen Mitgliedstaat mit sich bringt. Eine solche Beschränkung bestünde, wenn die Voraussetzung zu einem Rechtsverlust führen würde. Wo jedoch zu dem Zeitpunkt, zu dem von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht wurde, kein derartiges Recht – d. h. einen Familienangehörigen nachkommen zu lassen – bestanden hat, kann logischerweise von einem Rechtsverlust, der einer Beschränkung der Freizügigkeit gleichkommt, nicht die Rede sein.

72.   Hinzufügen möchte ich, dass Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 und Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 73/148 zwar eindeutig in ihrer Wirkung zum Schutz des Familienlebens führen, dass sich meiner Meinung nach aber nicht sagen lässt, dass dies ein Ziel dieser Vorschriften sei. Soweit der Gerichtshof zuerst im Urteil Carpenter und später im Urteil MRAX ausgeführt hat, dass durch den Erlass der Verordnungen und Richtlinien „der Gemeinschaftsgesetzgeber erkannt hat, welche Bedeutung es hat, den Schutz des Familienlebens der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, um die Hindernisse für die Ausübung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu beseitigen“(36), so war dies – unter Berücksichtigung der Zeit, zu der diese Rechtsakte erlassen wurden – lediglich eine implizite und bestenfalls sekundäre Erwägung. Artikel 8 EMRK findet weder in den Präambeln der Verordnung Nr. 1612/68 bzw. der Richtlinie 73/148 noch bezeichnenderweise in deren Nachfolgerechtsakt, der Richtlinie 2004/38, Erwähnung. In Letzterer wird lediglich in allgemeinem Sinne auf die Beachtung der EMRK hingewiesen(37). Im Gegensatz dazu nimmt die Familienzusammenführungsrichtlinie, angesichts ihres Primärziels aus offensichtlichen Gründen, ausdrücklich auf Artikel 8 EMRK Bezug(38). Ich bin daher der Auffassung, dass der Schutz des Familienlebens nicht als Richtschnur für die Auslegung des Anwendungsbereichs und des Inhalts der einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 1612/68 und der Richtlinie 73/148 herangezogen werden kann.

73.   Gleichwohl ist es wichtig, die Funktion des Artikels 8 EMRK in diesem Zusammenhang zu bestimmen. Gemäß Artikel 6 Absatz 2 EU achtet die Union die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Diese Norm ist an die Union als solche adressiert und gilt für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts und der Gemeinschaftsrechtsakte, wie in Artikel II‑111 Absatz 1 des Vertrages über eine Verfassung für Europa bestätigt wird(39). Soweit die Mitgliedstaaten außerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts handeln, wie dies bei Entscheidungen über die Gewährung von Zugang für Drittstaatsangehörige zu ihrem Hoheitsgebiet der Fall ist, müssen sie dabei auch ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 EMRK beachten, allerdings nicht aufgrund des Gemeinschaftsrechts, sondern als Unterzeichnerstaaten der EMRK. Insoweit halte ich das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Carpenter für fraglich, soweit es letztlich Artikel 8 EMRK auf den Sachverhalt angewandt hat.

74.   Erlaubt man schließlich Drittstaatsangehörigen, denen der Zugang zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats noch nicht gestattet wurde, die aber in einer familiären Beziehung zu dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats stehen, allein auf dieser Grundlage die Einreise und den Aufenthalt in dem Aufnahmemitgliedstaat des migrierenden Gemeinschaftsbürgers, so schafft dies, wie ich bereits in Nummer 61 ausgeführt habe, eine Ungleichheit gegenüber Drittstaatsangehörigen, die zu einem Familienangehörigen ziehen wollen, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, aber nicht innerhalb der Gemeinschaft verzogen ist, oder gegenüber einem Familienangehörigen, der die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzt und sich bereits rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält. In den letzten beiden Fällen werden die Drittstaatsangehörigen vor der Aufnahme individuell beurteilt, der Familienangehörige in der erstgenannten Situation jedoch nicht. Für diese unterschiedliche Behandlung gibt es keine Rechtfertigung.

75.   Selbst wenn eine vollständige Harmonisierung der Vorschriften über die Zulassung von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Gemeinschaft bestünde, würde es eine Aushöhlung der Wirksamkeit dieser gemeinsamen Vorschriften und eine Einladung zum Missbrauch darstellen, wie er der Rechtssache Akrich zugrunde lag, wenn man bestimmten Personenkreisen erlauben würde, aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses zu einem Gemeinschaftsbürger, der zufällig von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, Zugang zu dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu erlangen und sich dort aufzuhalten. Ein Aufenthaltsrecht lediglich auf den zufälligen Umstand zu gründen, dass sich der Angehörige eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaaten begeben hat, ist sowohl willkürlich als auch ungerecht, da dies eine Ungleichheit in Bezug auf Gemeinschaftsbürger schafft, die dieses Recht nicht ausgeübt haben, und in Bezug auf Drittstaatsangehörige, die nicht das Privileg besitzen, mit einem migrierenden Gemeinschaftsbürger verwandt zu sein.

76.   Bei diesem Ansatz ist als Nächstes zu prüfen, was einen „rechtmäßigen Aufenthalt“ in einem Mitgliedstaat darstellt. Bisher sind die Kriterien, anhand deren dies beurteilt werden kann, noch nicht Gegenstand einer Harmonisierung gewesen. Es bleibt immer noch den Mitgliedstaaten überlassen, festzulegen, wann sich ein Drittstaatsangehöriger in ihrem Hoheitsgebiet „rechtmäßig aufhält“. Auch wenn dieser Begriff als solcher kein Gemeinschaftsbegriff ist, so besteht doch ein Bedürfnis, bestimmte Kernmerkmale des Begriffes „rechtmäßiger Aufenthalt“ herauszuarbeiten.

77.   Sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats „rechtmäßig aufzuhalten“, setzt voraus, dass (1) auf Antrag eines Drittstaatsangehörigen (2) eine ausdrückliche Entscheidung seitens der nationalen Behörden eines Mitgliedstaats zu erfolgen hat, (3) die auf einer individuellen Beurteilung beruht und (4) durch die dem Antragsteller die Einreise und der Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet werden, (5) und zwar für einen längeren Zeitraum. Bei der vorliegenden Beurteilung kommt ein „rechtmäßiger Aufenthalt“ nicht in Frage, wenn die Entscheidung ausdrücklich und offensichtlich nur einen Aufenthalt für einen kurzen Zeitraum gestattet oder dieser auf einen bestimmten Zweck beschränkt ist. Es widerspräche der eigentlichen Funktion derartiger Erlaubnisse, wenn sie als ausreichende Grundlage für einen langfristigen oder dauerhaften Aufenthalt angesehen würden.

78.   Auf der Suche nach weiteren Anhaltspunkten für die Bedeutung des Begriffes „rechtmäßiger Aufenthalt“ findet sich ein Mindestmaß an Inhalt in Artikel 3 der Richtlinie 2003/86, wonach der Zusammenführende, den Artikel 2 Buchstabe c als „den sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Drittstaatsangehörigen“ bezeichnet, die Zusammenführung mit bestimmten Familienangehörigen beantragen kann, wenn er im Besitz eines Aufenthaltstitels mit mindestens einjähriger Gültigkeit ist und begründete Aussicht darauf hat, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen.

79.   Aus dieser Sicht begründet ein Visum für einen dreimonatigen Aufenthalt oder die Zulassung des Aufenthalts bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keinen „rechtmäßigen Aufenthalt“, der ausreicht, um sich auf die Rechte berufen zu können, die den einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen aus der Verordnung Nr. 1612/68 und der Richtlinie 73/148 zustehen.

80.   Die vorstehenden Ausführungen führen zu der Schlussfolgerung, dass – ausgehend von der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Freizügigkeit – die Rechte aus der Verordnung Nr. 1612/68 und der Richtlinie 73/148, die den einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines Gemeinschaftsangehörigen zustehen, der von seinem Recht Gebrauch machen will oder Gebrauch gemacht hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, von diesen Personen nur dann geltend gemacht werden können, wenn ihnen die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats nach Maßgabe seiner Zuwanderungsvorschriften gestattet worden ist. Bei ihren Entscheidungen in diesem Zusammenhang müssen die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 EMRK beachten, allerdings nicht aufgrund einer auf dem Gemeinschaftsrecht beruhenden Verpflichtung, sondern als Unterzeichnerstaaten der EMRK.

81.   Nur bei Beachtung dieser klaren Trennlinie zwischen gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Zuständigkeiten kann der Umfang der Rechte der einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen migrierender Gemeinschaftsbürger aus der Verordnung Nr. 1612/68 und der Richtlinie 73/148 klar definiert werden und kann Verwirrung bei der Ausübung von Befugnissen nach dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Einwanderungsrecht vermieden und die Gleichbehandlung der einem Drittstaat angehörenden und von außerhalb der Gemeinschaft eintreffenden Familienangehörigen von Gemeinschaftsbürgern garantiert werden.

VII – Antworten auf die Vorlagefragen

A –    Fragen 1a bis 1d

82.   Die erste Frage des Utlänningsnämnd bezieht sich zwar sowohl auf Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 als auch auf die Richtlinie 73/148, doch geht aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt hervor, dass nur Letztere in dieser Rechtssache einschlägig ist.

83.   Die erste Frage schneidet drei grundsätzliche Problemkreise an, die alle bereits im vorstehenden Abschnitt dieser Schlussanträge allgemein behandelt wurden. Das bedeutet, dass die Beantwortung der ersten Frage kurz ausfallen kann.

84.   Man wird sich erinnern, dass es bei dem ersten dieser Problemkreise (Absatz a der ersten Frage) darum geht, ob im Licht der Entscheidung des Gerichtshofes in der Rechtssache Akrich ein Drittstaatsangehöriger, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der als Selbständiger in einem Mitgliedstaat tätig ist, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, ein Recht auf ständigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat nur geltend machen kann, wenn er sich rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält.

85.   Es dürfte deutlich geworden sein, dass Artikel 1 der Richtlinie 73/148 aus den in den Nummern 62 ff. dargelegten Gründen meiner Meinung nach dahin auszulegen ist, dass das Recht des einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines Unionsbürgers auf ständigen Aufenthalt in der Tat voraussetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält. Daraus folgt, dass ich den im Urteil Akrich aufgestellten Grundsatz für allgemein anwendbar halte.

86.   Der zweite, in Absatz b der ersten Vorlagefrage angesprochene Problemkreis betrifft die Frage, ob das Erfordernis eines „rechtmäßigen Aufenthalts“ bedeutet, dass der einem Drittstaat angehörende Familienangehörige eines Gemeinschaftsbürgers einen gültigen Aufenthaltstitel besitzen muss, der ihm den ständigen Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten erlaubt oder zu einer solchen Erlaubnis führen kann. Falls nicht, wird gefragt, ob eine aus einem anderen Anlass erteilte Aufenthaltserlaubnis für einen kürzeren oder längeren Aufenthalt ausreicht oder ob sogar ein gültiges Visum ausreichen kann.

87.   Wie in den Nummern 76 bis 79 ausgeführt, bedeutet das Erfordernis eines rechtmäßigen Aufenthalts, dass dem betreffenden Drittstaatsangehörigen der Zugang zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats für einen längeren Zeitraum gestattet wurde, so dass er Aussicht darauf hat, einen dauerhafteren Aufenthaltsstatus zu erlangen. Dem Artikel 3 der Richtlinie 2003/86 lässt sich entnehmen, dass ein Zeitraum von einem Jahr in dieser Hinsicht ausreichen würde. Wurde die Erlaubnis zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auf einen kurzfristigen Aufenthalt oder auf einen bestimmten Zweck beschränkt, wie dies bei einem Touristenvisum der Fall ist, so kann dies keinen rechtmäßigen Aufenthalt begründen.

88.   Der dritte Problemkreis wird in den Absätzen c und d der ersten vom Utlänningsnämnd vorgelegten Frage angeschnitten: Schränkt es das Niederlassungsrecht des Unionsbürgers nach Artikel 43 EG ein, wenn dem einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines Unionsbürgers die Berechtigung zum ständigen Aufenthalt in dem Mitgliedstaat, in dem der Unionsbürger niedergelassen ist, verweigert wird oder wenn er aus diesem Mitgliedstaat ausgewiesen wird?

89.   Artikel 43 EG schreibt die Aufhebung der Beschränkungen der freien Niederlassung vor. Nach gefestigter Rechtsprechung sind als solche Beschränkungen alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen(40). Die Richtlinie 73/148 regelt die Voraussetzungen, die für die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten und – ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit – ihrer Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft gelten. Soweit nationale Maßnahmen hinsichtlich des Aufenthalts dieser Personen als Beschränkungen im Sinne des Artikels 43 EG betrachtet werden können, sind sie vor allem im Rahmen der Richtlinie 73/148 zu prüfen.

90.   Wie in den Nummern 69 f. dargelegt, ist das Hauptziel dieser Richtlinie die Beseitigung der Hindernisse, die sich aus nationalen Einreise- und Aufenthaltserfordernissen ergeben und die sich für den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der sich zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat begeben will, als abschreckend erweisen könnten. Wurde von der durch Artikel 43 geschützten Freiheit erst einmal Gebrauch gemacht, so können Entscheidungen über den Aufenthaltsstatus der einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen, wenn diese Entscheidungen zum Zeitpunkt der Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat noch nicht vorhersehbar waren, per definitionem nicht in dieser Weise abschreckend wirken und deshalb auch nicht als Beschränkung im Sinne von Artikel 43 EG betrachtet werden.

91.   Beim Erlass solcher Entscheidungen müssen die nationalen Behörden selbstverständlich ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 EMRK beachten. Hierüber haben jedoch die nationalen Gerichte zu urteilen.

B –    Fragen 2a und 2b

92.   Mit dem ersten Teil der zweiten Frage soll festgestellt werden, ob sich der Begriff „Unterhalt gewähren“ in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 73/148 darauf bezieht, dass dem einem Drittstaat angehörenden Verwandten des Unionsbürgers finanzieller Unterhalt gewährt wird, damit er in seinem Heimatland oder dem Land, in dem er ständig wohnt, einen annehmbaren Mindestlebensstandard erreichen kann. Der zweite Teil dieser Frage betrifft den Aspekt der Nachweise, die gemäß Artikel 6 Buchstabe b der Richtlinie 73/148 verlangt werden können. Darf der Aufnahmemitgliedstaat neben einer Verpflichtungserklärung des Unionsbürgers, dass er seinen Familienangehörigen unterstützen wird, die Vorlage von Dokumenten verlangen, die beweisen, dass tatsächlich Unterhalt gewährt wird?

93.   Was den ersten Fragenkomplex anbetrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof zur Auslegung des gleichen Begriffes „Unterhalt gewährt wird“ in Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 im Urteil Lebon(41) ausgeführt hat, dass sich die Eigenschaft des Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt wird, aus einer tatsächlichen Situation ergebe, nämlich der Leistung von Unterstützung durch den Arbeitnehmer, ohne dass es erforderlich wäre, die Gründe für die Inanspruchnahme dieser Unterstützung zu ermitteln oder sich zu fragen, ob der Betroffene in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt durch Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit zu bestreiten(42). Diese Definition ist mit einer ähnlichen Formulierung im Urteil Zhu und Chen(43) in Bezug auf die Richtlinie 90/364(44) wiederholt worden, in dem der Gerichtshof erneut ausgeführt hat, dass sich die Eigenschaft des Familienangehörigen, dem der Aufenthaltsberechtigte Unterhalt gewähre, aus einer tatsächlichen Situation ergebe, die dadurch gekennzeichnet sei, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt werde(45).

94.   In keinem dieser Urteile hat der Gerichtshof irgendein Niveau des Lebensstandards zur Feststellung des Bedarfs an finanzieller Unterstützung durch den Gemeinschaftsbürger erwähnt. Im Gegenteil, im Urteil Lebon hat er entschieden, dass es nicht erforderlich sei, die Gründe für die Leistung dieser Unterstützung oder die Fähigkeit des Unterhalt in Anspruch nehmenden Verwandten, für sich selbst zu sorgen, zu ermitteln.

95.   Gleichwohl scheint es in einem Fall wie dem des Hauptverfahrens, in dem die Gewährung von Unterhalt ein Kriterium für die Begründung des Rechts eines Drittstaatsangehörigen auf Wohnungnahme bei einem Gemeinschaftsbürger in einem Mitgliedstaat ist, wohl doch erforderlich zu sein, dass als erwiesen feststeht, dass tatsächlich ein realer Bedarf an finanzieller Unterstützung besteht und dass dies durch ausreichende schriftliche Nachweise belegt ist.

96.   Die Frage, ob die Voraussetzung der Unterhaltsgewährung erfüllt ist, ist objektiv unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse und des persönlichen Bedarfs des Unterstützungsbedürftigen zu beurteilen. Insoweit scheint mir die geeignete Prüfung in erster Linie darin zu bestehen, ob bei Berücksichtigung dieser persönlichen Verhältnisse die finanziellen Mittel desjenigen, dem Unterhalt gewährt wird, es diesem gestatten, im Land seines ständigen Wohnsitzes – wobei ich davon ausgehe, dass dies nicht der Mitgliedstaat ist, in dem sich aufzuhalten er bestrebt ist – vom Existenzminimum zu leben. Darüber hinaus sollte als erwiesen feststehen, dass es sich nicht um eine vorübergehende Situation handelt, sondern dass diese strukturbedingt ist.

97.   Gemäß Artikel 6 Buchstabe b der Richtlinie 73/148 muss der Antragsteller für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis den Nachweis erbringen, dass er zu einer der in den Artikeln 1 und 4 der Richtlinie genannten Personengruppen gehört. Dies schließt die Voraussetzung ein, dass er ein Familienangehöriger des betreffenden Gemeinschaftsbürgers ist und ihm von diesem Unterhalt gewährt wird. Zu diesem Zweck schreibt die Parallelvorschrift in der Richtlinie 68/360, nämlich Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e, die Vorlage einer von der zuständigen Behörde des Herkunftsstaats ausgestellten Bescheinigung vor, in der bestätigt wird, dass ihm der Arbeitnehmer Unterhalt gewährt oder dass er in diesem Land bei dem Arbeitnehmer lebt. Das gleiche Erfordernis wurde für die einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen aller Unionsbürger in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e der Richtlinie 2004/38 beibehalten.

98.   Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die zuständigen nationalen Behörden davon überzeugt sind, dass tatsächlich Unterhalt gewährt wird. In dieser Hinsicht ist ein von den nationalen Behörden des Herkunftsstaats ausgestelltes Dokument sicherlich eine wertvolle Beweisquelle, wenngleich es nicht immer eine abschließende Beurteilung ermöglichen mag. In Fällen, in denen den nationalen Behörden eine derartige amtliche Erklärung nicht ausreicht, sollte es daher nicht ausgeschlossen sein, dass sie zusätzliche Nachweise verlangen dürfen. Es sollte auch nicht ausgeschlossen sein, dass bei Fehlen einer solchen amtlichen Erklärung dem antragstellenden Drittstaatsangehörigen erlaubt wird, die Tatsache, dass ihm Unterhalt gewährt wird, mit anderen Mitteln nachzuweisen. Eine einfache Erklärung des Gemeinschaftsbürgers, mit der er bestätigt, dass er seinen Verwandten in der Vergangenheit unterstützt hat, und mit der er sich zur künftigen Fortsetzung dieser Unterstützung verpflichtet, ist für sich allein genommen nicht hinreichend objektiv, um die „Unterhaltsgewährung“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 73/148 zu belegen.

VIII – Ergebnis

99.   Aus den vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorabentscheidungsfragen des Utlänningsnämnd (Schweden) wie folgt zu beantworten:

–       Artikel 1 der Richtlinie 73/148/EWG ist so auszulegen, dass das Recht des einem Drittstaat angehörenden Familienangehörigen eines Unionsbürgers auf ständigen Aufenthalt voraussetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält.

–       Ein rechtmäßiger Aufenthalt innerhalb der Gemeinschaft setzt voraus, dass dem betreffenden Drittstaatsangehörigen der Zugang zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats für einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr gestattet wurde, so dass er Aussicht hat, einen dauerhafteren Aufenthaltsstatus zu erlangen. Wurde die Erlaubnis zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auf einen kurzfristigen Aufenthalt oder auf einen bestimmten Zweck beschränkt, wie dies bei einem Touristenvisum der Fall ist, so kann dies keinen rechtmäßigen Aufenthalt begründen.

–       Falls sich der einem Drittstaat angehörende Familienangehörige eines Unionsbürgers deshalb nicht auf ein Recht auf ständigen Aufenthalt nach der Richtlinie 73/148 berufen kann, weil er sich nicht rechtmäßig in der Gemeinschaft aufhält, so schränkt es das Recht des Unionsbürgers auf Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 EG nicht ein, wenn dem Familienangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des ständigen Aufenthalts verweigert oder dessen Ausweisung verfügt wird.

–       Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 73/148 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Unterhalt gewähren“ eine Situation bezeichnet, in der dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers von dem Unionsbürger finanzieller Unterhalt gewährt wird, damit er in dem Land seines ständigen Wohnsitzes, das nicht der Mitgliedstaat ist, in dem sich aufzuhalten er bestrebt ist, das Existenzminimum erreichen kann, und dass es sich dabei um eine strukturbedingte Situation handelt.

–       Artikel 6 Buchstabe b der Richtlinie 73/148 ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten verlangen dürfen, dass der Familienangehörige eines Unionsbürgers, der sich darauf beruft, dass ihm von dem Unionsbürger oder dessen Ehegatten Unterhalt gewährt wird, neben der Verpflichtungserklärung des Unionsbürgers Dokumente vorlegt, die beweisen, dass ihm tatsächlich Unterhalt gewährt wird.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Urteil vom 23. September 2003 in der Rechtssache C‑109/01 (Akrich, Slg. 2003, I‑9607).


3 – Urteil vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C‑459/99 (MRAX, Slg. 2002, I‑6591).


4 – Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs (ABl. L 172, S. 14).


5 – Zitiert in Fußnote 3.


6 – Zitiert in Fußnote 2.


7 – Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77).


8 – Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 13).


9 – Vgl. u. a. Urteil vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 61/65 (Vaassen-Göbbels, Slg. 1966, 584), Urteil vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C‑111/94 (Job Centre, Slg. 1995, I‑3361, Randnr. 9), Urteil vom 17. September 1997 in der Rechtssache C‑54/96 (Dorsch Consult, Slg. 1997, I‑4961, Randnr. 23) und Urteil vom 30. November 2000 in der Rechtssache C‑195/98 (Österreichischer Gewerkschaftsbund, Slg. 2000, I‑10497, Randnr. 24).


10 – Urteil vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache C‑407/98 (Abrahamsson, Slg. 2000, I‑5539, vgl. Randnrn. 28 bis 38).


11 – Vgl. Urteil Akrich (zitiert in Fußnote 2, Randnr. 49 f.).


12 – Urteil MRAX (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 59) und Urteil vom 14. April 2005 in der Rechtssache C‑157/03 (Kommission/Spanien, Slg. 2005, I‑2911, Randnr. 28).


13 – Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2); Richtlinie 68/360 (zitiert in Fußnote 8); Richtlinie 73/148 (zitiert in Fußnote 4); Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26); Richtlinie 90/365/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht der aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätigen (ABl. L 180, S. 28); Richtlinie 93/96/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten (ABl. L 317, S. 59).


14 – Beides abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/justice_home/index_de.htm.


15 – Das Gleiche gilt für Familienangehörige von Dienstleistungserbringern, die ich aber nicht erwähnen will, um den Haupttext nicht zu überfrachten.


16 – Diese Definition entstammt Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 2317/95 des Rates vom 25. September 1995 zur Bestimmung der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen (ABl. L 234, S. 1).


17 – Vgl. Urteil MRAX (zitiert in Fußnote 3, Randnrn. 59 bis 62).


18 – Vgl. Urteil MRAX (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 80).


19 – Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C‑370/90 (Singh, Slg. 1992, I‑4265).


20 – Vgl. Urteil Akrich (zitiert in Fußnote 2, Randnr. 49 f.).


21 – Zitiert in Fußnote 12.


22 – Vgl. Randnr. 38 des Urteils.


23 – Urteil vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C‑60/00 (Carpenter, Slg. 2002, I‑6279).


24 – Randnr. 38 des Urteils.


25 – Randnr. 39 des Urteils.


26 – Vgl. Randnrn. 41, 43 und 45 des Urteils.


27 – Urteil Akrich (zitiert in Fußnote 2, Randnr. 59).


28 – Vgl. Urteile MRAX (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 53) und Kommission/Spanien (zitiert in Fußnote 12, Randnr. 26).


29 – Zitiert in Fußnote 7.


30 – Diese Voraussetzungen bestehen darin, dass der Unionsbürger a) Arbeitnehmer oder Selbständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder c) bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung … zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist. Darüber hinaus muss der Unionsbürger über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung … glaubhaft machen, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen.


31 – Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251, S. 12).


32 – Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 16, S. 44).


33 – Urteil Akrich (zitiert in Fußnote 2, Randnr. 49).


34 – Urteil Carpenter (zitiert in Fußnote 23, Randnr. 35).


35 – Vgl. Urteil Akrich (zitiert in Fußnote 2, Randnr. 50).


36 – Urteile Carpenter (zitiert in Fußnote 23, Randnr. 38) und MRAX (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 53).


37 – Vgl. 31. Begründungserwägung.


38 – Vgl. zweite Begründungserwägung.


39 – ABl. 2004, C 310.


40 – Vgl. u. a. Urteile vom 30. November 1995 in der Rechtssache C‑55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I‑4165, Randnr. 37) und vom 5. Oktober 2004 in der Rechtssache C‑442/02 (Caixa‑Bank France, Slg. 2004, I‑8961, Randnr. 11).


41 – Urteil vom 18. Juni 1987 in der Rechtssache 316/85 (Lebon, Slg. 1987, 2811).


42 – Vgl. Randnr. 22 des Urteils.


43 – Urteil vom 19. Oktober 2004 in der Rechtssache C‑200/02 (Zhu und Chen, Slg. 2004, I‑9925).


44 – Zitiert in Fußnote 13.


45 – Vgl. Randnr. 43 des Urteils.