62000C0253

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 13. Dezember 2001. - Antonio Muñoz y Cia SA und Superior Fruiticola SA gegen Frumar Ltd und Redbridge Produce Marketing Ltd. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) - Vereinigtes Königreich. - Landwirtschaft - Verordnung (EG) Nr. 2200/96 - Qualitätsnormen für Tafeltraubensorten - Rechtliche Verpflichtungen der Wirtschaftsteilnehmer, die Tafeltrauben innerhalb der Gemeinschaft vermarkten - Befugnis eines Wirtschaftsteilnehmers, die Beachtung dieser Verpflichtungen in einem Zivilprozess einzuklagen. - Rechtssache C-253/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-07289


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einleitung

1. In dieser Sache hat der Court of Appeal (England und Wales) (Civil Division) eine Frage nach der Auslegung einer Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28. Oktober 1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse vorgelegt.

2. Die vorgelegte Frage ist im Wesentlichen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art; sie geht über den Rahmen der Marktorganisation für Obst und Gemüse hinaus. Im Kern geht es darum, festzustellen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Einzelner berechtigt ist, vor Zivilgerichten die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts durch einen anderen zu erzwingen, wenn eine öffentlich-rechtliche Kontrollstelle eingerichtet ist, die gegen die Verletzung des Gemeinschaftsrechts nicht einschreitet. Dabei geht es des Näheren um die Verletzung einer in einer Verordnung der Gemeinschaft enthaltenen Bestimmung.

3. Die Frage des vorlegenden Gerichts betrifft im Wesentlichen die Wirkungsweise des Gemeinschaftsrechts im nationalen Recht in Bereichen, die überwiegend der Rechtssphäre der Mitgliedstaaten angehören, wie etwa die Durchsetzung von Verordnungen oder Rechtswegfragen. Der Gerichtshof, dem die Auslegung des Gemeinschaftsrechts vorbehalten ist, wird ersucht, die Anforderungen zu präzisieren, die das Gemeinschaftsrecht diesbezüglich an das nationale Recht stellt. Unter anderem ist die Frage zu beantworten, inwieweit das nationale Verfahrensrecht Klagen Einzelner, die einen Schaden durch eine von einer anderen Privatperson begangene Verletzung des Gemeinschaftsrechts erlitten haben, zulassen muss.

II - Rechtlicher Rahmen

Das Gemeinschaftsrecht

4. In der vorliegenden Rechtssache geht es im Wesentlichen um Verordnungen, die auf der Grundlage der Artikel 36 und 37 EG erlassen wurden. Die Verordnungen betreffen die gemeinsame Marktorganisation für Agrarprodukte, insbesondere im Sektor Obst und Gemüse, und sind auf zwei unterschiedlichen Ebenen angesiedelt. Die Grundverordnung wurde vom Rat erlassen; die Kommission erlässt aufgrund der ihr in der Ratsverordnung eingeräumten Befugnisse Ausführungsverordnungen mit detaillierten Qualitätsnormen für einzelne Obst- und Gemüsesorten. Die Qualitätsnormen regeln u. a. die Bezeichnungen einzelner Sorten.

5. Nach Artikel 2 Absätze 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse können für Erzeugnisse, die in frischem Zustand an den Verbraucher abgegeben werden sollen, darunter Tafeltrauben, gemeinsame Normen, im Folgenden Qualitätsnormen", festgesetzt werden.

6. Diese Verordnung wurde zum 1. Januar 1997 durch die Verordnung Nr. 2200/96 aufgehoben. Nicht aufgehoben wurde hingegen die Rechtsgrundlage der in der Verordnung Nr. 1730/87 der Kommission festgelegten Qualitätsnormen für Tafeltrauben (siehe sogleich).

7. Das System der Qualitätsnormen dient gemäß der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2200/96 dazu, einerseits, lauteren Handel und Markttransparenz sicherzustellen, und andererseits, von diesem Markt Erzeugnisse fern zu halten, deren Qualität unzureichend ist". Die Einhaltung dieser Normen leistet mithin einen Beitrag zur Steigerung der Rentabilität der Erzeugung.

8. Die Qualitätsnormen für Tafeltrauben sind in der Verordnung (EWG) Nr. 1730/87 der Kommission vom 22. Juni 1987 zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Tafeltrauben niedergelegt. Diese Normen enthalten Qualitätsvorschriften für Tafeltrauben hinsichtlich Aussehen und Verpackung. Sie enthalten darüber hinaus Bestimmungen über Güteeigenschaften, Größe, Güte- und Größentoleranzen, die Verpackung und Bezeichnungen. Im Einzelnen wird in Ziffer VI des Anhangs, Buchstabe b, bestimmt, dass jedes Packstück zusammenhängend auf einer Seite in lesbaren, unverwischbaren und von außen sichtbaren Buchstaben den Namen der Sorte aufweisen muss. Der Anhang enthält auch eine Sortenliste. Durch die Verordnung (EWG) Nr. 93/91 der Kommission vom 15. Januar 1991 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1730/87 zur Festsetzung der Qualitätsnormen für Tafeltrauben hinsichtlich der Sortenliste wurde die Bezeichnung Superior Seedless" der Sortenliste hinzugefügt.

9. Später erfolgten weitere für die vorliegende Rechtssache relevante Änderungen der Verordnung Nr. 1730/87. Durch die Verordnung (EWG) Nr. 291/92 der Kommission vom 6. Februar 1992 wurde die Sortenliste dahin gehend geändert, dass sie fortan nicht mehr als erschöpfend angesehen wurde. Diese Änderung verfolgte gemäß der ersten Begründungserwägung den Zweck, dass klar sein [muss], dass diese Normen für alle in der Gemeinschaft zum Verbrauch als Frischeerzeugnis bestimmten Tafeltraubensorten gelten". Es sollten bis dahin bestehende Zweifel, ob aufgrund der Tatsache, dass die Liste als erschöpfend galt, die Qualitätsnormen auch für Traubensorten galten, die sich nicht auf der Liste befanden, beseitigt werden. Durch die Verordnung (EG) Nr. 888/97 der Kommission vom 16. Mai 1997 wurde eine Vielzahl von Bestimmungen der für Obst und Gemüse bestehenden Normen geändert, insbesondere die zur Identifizierung des Packers und/oder Absenders oder die zur Bestimmung des Ursprungs des Erzeugnisses.

10. Artikel 5 und 6 der Verordnung Nr. 2200/96 lauten wie folgt:

Artikel 5

1. Die in den Normen vorgesehenen Kennzeichnungsangaben müssen auf einer Seite der Verpackung deutlich sichtbar und lesbar entweder unverwischbar aufgedruckt oder mit Hilfe eines Etiketts angebracht sein, das Bestandteil des Packstücks ist oder haltbar am Packstück befestigt ist.

...

Artikel 6

Werden die Erzeugnisse im Einzelhandel in der Verpackung angeboten, so müssen die Kennzeichnungsangaben deutlich sichtbar und leserlich angebracht sein.

...

Die Erzeugnisse können ohne Verpackung angeboten werden, sofern der Einzelhändler die zum Verkauf angebotene Ware mit einem Schild auszeichnet, das deutlich sichtbar und lesbar folgende in den Normen vorgesehene Angaben enthält:

- Sorte,

- Ursprung des Erzeugnisses,

- Güteklasse."

11. Das System der Qualitätsnormen findet auf allen Absatzstufen Anwendung; der jeweilige Besitzer ist für die Einhaltung der Normen verantwortlich. In Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 ist die Verpflichtung niedergelegt, deren Durchsetzung die Klägerinnen im Ausgangsrechtsstreit begehren:

Der Besitzer der Erzeugnisse, für die Normen gelten, darf diese Erzeugnisse in der Gemeinschaft nur dann feilhalten, anbieten, verkaufen, liefern oder anderweitig in den Verkehr bringen, wenn sie diesen Normen entsprechen. Er ist dafür verantwortlich, dass diese Normen erfuellt werden.

..."

Das nationale Recht

12. Als Kontrollstelle im Sinne von Artikel 8 der Verordnung Nr. 1035/72 sowie Artikel 7 der Verordnung Nr. 2200/96 fungiert im Vereinigten Königreich eine Behörde des Landwirtschaftsministeriums, das Horticultural Marketing Inspectorate. Der Horticultural and Agricultural Act 1964 sieht in seiner geltenden Fassung strafrechtliche Sanktionen für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen vor, die nicht im Einklang mit gemeinschaftlichen Qualitätsnormen stehen.

III - Sachverhalt und Verfahren

Sachverhalt

13. Die in Spanien ansässigen Klägerinnen im Ausgangsverfahren, die Firmen Muñoz y Cia SA und Superior Fruiticola SA (im Folgenden: Klägerinnen) bauen Trauben an und vertreiben sie auf Großhandelsebene. Seit 1987 vertreiben sie ihre Erzeugnisse auch im Vereinigten Königreich.

14. Beklagte im Ausgangsverfahren sind die Firma Frumar Limited und ihre Muttergesellschaft, die Firma Redbridge Produce Marketing Limited (im Folgenden: Beklagte). Die Beklagten importieren Obst und Gemüse in das Vereinigte Königreich und beliefern unter anderem große Einzelhandelsunternehmen wie Tesco, Asda und Sainsbury.

15. Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens sind Tafeltrauben der Sorte Superior Seedless", eine der teuersten weißen kernlosen Traubensorten, die im Vereinigten Königreich vertrieben werden. Der Handelswert der Traubensorte wird zusätzlich dadurch erhöht, dass sie früh in der Verkaufssaison angeboten wird; sie kommt zu einem Zeitpunkt auf den Markt, in dem noch keine anderen erstklassigen kernlosen Trauben erhältlich sind. Die Sorte wird von den Klägerinnen angebaut und vertrieben.

16. Die Beklagten verkaufen auf dem britischen Markt frühreife, weiße und kernlose Traubensorten unter dem Namen White Seedless" und Sult", die sie von anderen spanischen Händlern als den Klägerinnen beziehen. In einem Sachverständigengutachten im Auftrag der Klägerinnen wurde festgestellt, dass die genannten Sorten identisch mit der Sorte Superior Seedless" sind. Die Beklagten haben das Ergebnis des Gutachtens - ausschließlich im Rahmen des Ausgangsverfahrens - anerkannt.

17. Die Klägerinnen legten wiederholt beim Horticultural Marketing Inspectorate Beschwerde gegen die von den Beklagten verwendete Falschbezeichnung ein. Die Behörde blieb indessen untätig.

Ausgangsverfahren

18. Die Klägerinnen erhoben 1998 vor dem High Court of Justice (England und Wales) Klage gegen die Beklagten wegen Verletzung der Verordnungen Nrn. 1035/72 und 2200/96.

19. Mit Entscheidung vom 26. März 1999 wies der High Court of Justice (England und Wales) die Klage ab. Das Gericht war der Auffassung, dass die betreffenden EG-Verordnungen die Klägerinnen nicht berechtigen, den Verstoß der Beklagten gegen die Verordnungen vor Zivilgerichten zu verfolgen.

20. Im Berufungsverfahren vor dem Court of Appeal (England und Wales) rügen die Klägerinnen die Unrichtigkeit dieser Rechtsauffassung.

Die Vorabentscheidungsfrage

21. Mit Beschluss vom 14. Juni 2000, eingegangen bei der Kanzlei des Gerichtshofes am 26. Juni 2000, hat der Court of Appeal (England und Wales) dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Erwächst aus der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates (und erwuchs aus der Verordnung [EWG] Nr. 1035/72 des Rates, solange sie in Kraft war) Personen, die innerhalb der Gemeinschaft im Obst- oder Gemüsehandel tätig sind, eine Rechtspflicht, den in einer Qualitätsnorm für das betreffende Obst oder Gemüse niedergelegten Vorschriften über den Sortennamen nachzukommen, die ein nationales Gericht in einem zivilrechtlichen Verfahren durchzusetzen hat, das durch die Klage einer Person eingeleitet wurde, die innerhalb der Gemeinschaft das betreffende Obst oder Gemüse in großem Umfang anbaut?

IV - Erörterung

Vorbemerkung

22. Wie eingangs erwähnt, geht die gestellte Frage über den Rahmen der Marktorganisation für Obst und Gemüse hinaus und betrifft die Durchführung von Gemeinschaftsrecht in Bereichen, die nach wie vor überwiegend der nationalen Rechtssphäre angehören. Sie zerfällt in drei Teilfragen:

- Verleiht eine Verordnung der Gemeinschaft Einzelnen das Recht, die Einhaltung einer ihrer Bestimmungen durch einen anderen zu verlangen?

- Falls diese Frage bejaht wird: Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass der Einzelne dieses Recht durchsetzen kann?

- Falls beide Fragen bejaht werden: Inwieweit verlangt das Gemeinschaftsrecht von den nationalen Rechtsordnungen die Eröffnung eines Rechtswegs?

23. Die erste Teilfrage steht der Lehre von der unmittelbaren Wirkung von Verordnungen nahe. Verordnungen sind gemäß Artikel 249 EG in all ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Verordnungen begründen daher unmittelbare öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der Einzelnen gegenüber der öffentlichen Hand und gewähren umgekehrt unmittelbar Rechte gegen diese. Vorliegend stellt sich die Frage, inwieweit diese Verpflichtungen auch für Private untereinander gelten. Inwieweit gilt die Verpflichtung gegenüber der öffentlichen Hand auch gegenüber Dritten, und inwieweit können sich umgekehrt Einzelne auf die Verordnung berufen, um Verstöße durch andere zu unterbinden?

24. Die zweite Teilfrage betrifft die Durchsetzung der Verordnungen. Die Mitgliedstaaten haben in Erfuellung ihrer Verpflichtungen Kontrollstellen eingerichtet und sind auch darüber hinaus verpflichtet, für die Einhaltung der Verordnungen zu sorgen. Innerhalb der Grenzen des Gemeinschaftsrechts können sie frei über Sanktionen für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entscheiden oder gegebenenfalls von Sanktionen absehen. Inwieweit kann eine zivilrechtliche Durchsetzung der Verordnung durch Einzelne im Wege der zivilprozessualen Klage als mögliche oder sogar notwendige Ergänzung der öffentlich-rechtlichen Durchsetzung angesehen werden?

25. Die dritte Teilfrage betrifft die Rechtsschutzgarantie. Diese richtet sich in erster Linie nach dem nationalen Verfahrensrecht. Dem Gerichtshof stellt sich die Frage, welche Anforderungen das Gemeinschaftsrecht hierbei an das nationale Verfahrensrecht stellt. Des Näheren geht es darum, unter welchen Umständen ein Drittbetroffener muss Klage erheben können, um die Einhaltung einer öffentlich-rechtlichen Gemeinschaftsbestimmung durchzusetzen. In diesem Zusammenhang ist auf die Frage einzugehen, ob der Dritte ein tatsächliches Interesse darlegen muss, aber auch darauf, inwieweit der Dritte verpflichtet ist, zuvor andere Rechtsbehelfe zu nutzen. In erster Linie ist hier an eine Beschwerde an die Kontrollstelle des Mitgliedstaats zu denken.

26. All dies bedeutet nicht, dass Ziel und Inhalt der Verordnung Nr. 2200/96 und die darauf basierenden Qualitätsnormen für die Beantwortung der Vorlagefrage keine Rolle spielen. Vielmehr ist vorliegend insbesondere festzustellen, inwieweit die Qualitätsnormen für Obst und Gemüse den Schutz von Konkurrenzunternehmen bezwecken und wie weit dieser Schutz gegebenenfalls tatsächlich reicht. Ziel und Inhalt der Verordnung bilden also den Rahmen für die Beantwortung der Vorlagefrage.

Der Rahmen: Ziel und Inhalt der Verordnung Nr. 2200/96

27. Durch die Verordnung Nr. 2200/96 wird unter anderem ein System gemeinschaftlicher Qualitätsnormen für Obst und Gemüse eingeführt. Diese Normen gelten für alle Tafeltrauben, die zum unmittelbaren Verbrauch an Verbraucher abgegeben werden. Zu den Merkmalen des Systems gehört unter anderem, dass Obst und Gemüse - vorliegend Tafeltrauben - unter einer jeweils eigenen Sortenbezeichnung gehandelt werden. Aus der Verordnung Nr. 1730/87 geht hervor, dass Trauben, die im Anhang der Verordnung genannt werden, unter dem dort angegebenen Sortennamen oder dem dort angegebenen Synonym gehandelt werden müssen. Wie die Kommission in ihrer schriftlichen Stellungnahme zu Recht bemerkt, gilt diese Verpflichtung vom Zeitpunkt des Abtransports aus der Erzeugerregion an für alle Absatzstufen. Wie aus Artikel 6 der Verordnung Nr. 2200/96 hervorgeht, gilt die Verpflichtung zur Angabe der Sortenbezeichnung selbst dann, wenn die Trauben von einem Einzelhändler unverpackt angeboten werden. Wie in der fünften Begründungserwägung der Verordnung dargelegt, ist der Besitzer der Erzeugnisse - im Ausgangsverfahren die Beklagten - für die Einhaltung der Normen verantwortlich.

28. Der Verstoß gegen Kennzeichnungs- und andere Vorschriften der Verordnung, etwa die über Qualitätsklassen, kann die Interessen der Verbraucher und die von Konkurrenzunternehmen gleichermaßen verletzen. Im Ausgangsverfahren geht es um letzteren Fall. In ihren schriftlichen Erklärungen verdeutlichen die Klägerinnen ihr konkretes Interesse an der Einhaltung der Qualitätsnormen durch ihre Konkurrenten, im Ausgangsverfahren also die Beklagten. Deren Verhalten führe dazu, dass dieselbe Traubensorte unter mehreren Namen im Handel sei, so dass der Markt für Tafeltrauben weniger transparent und das Funktionieren der Vertriebswege behindert werde. Es ist möglich, dass die Klägerinnen hierdurch einen Schaden erleiden, wovon allerdings der High Court of Appeal (England und Wales) noch nicht überzeugt zu sein scheint. Dieser ist der Meinung, dass der Verkauf derselben Traubensorte unter mehreren Namen aufgrund der Tatsache, dass Traubennamen in der Öffentlichkeit nicht über einen großen Bekanntheitsgrad verfügen, nicht zu einer Beeinflussung der Kaufentscheidung führe. Wie dem auch sei, meine ich, dass die Vertriebswege wahrscheinlich behindert werden und dies zu einem Schaden für die Klägerinnen führen kann.

29. Fraglich ist, ob dieser Schaden durch die Verletzung eines Interesses verursacht ist, dessen Schutz die Verordnung bezweckt. Zur Beantwortung dieser Frage werde ich zunächst die Zwecke der Verordnung und sodann Ziele und Inhalte der gemeinsamen Agrarpolitik sowie der gemeinsamen Marktorganisationen, die ein wesentlicher Bestandteil dieser Politik sind, untersuchen.

30. In der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2200/96 werden die Ziele der gemeinsamen Qualitätsnormen dargestellt. In ihren schriftlichen Erklärungen leiten die Klägerinnen hieraus ab, dass das System der Qualitätsnormen für Obst und Gemüse ebenso dem Schutz der Anbieter von Obst und Gemüse wie dem der Verbraucher dient. Ich stimme dem zu: Von den drei genannten Zwecken dient die Lauterkeit des Handels in erster Linie den Interessen der Anbieter, das Fernhalten von Erzeugnissen unzureichender Qualität den Interessen der Verbraucher und die Markttransparenz beiden Gruppen gleichermaßen.

31. Die Kommission bezieht sich darüber hinaus auf die zwanzigste Begründungserwägung, in der es heißt: Die Regeln der gemeinsamen Marktorganisation sind von allen Wirtschaftsteilnehmern, für die sie gelten, zu erfuellen, wenn nicht die Wirkung der genannten Regeln ... verfälscht werden soll." Wie die Kommission zu Recht bemerkt, ist das System der Qualitätsnormen nur dann wirksam, wenn es für alle Absatzstufen gilt.

32. Die Zwecke der Verordnung sind selbstverständlich im Licht der Zwecke der gemeinsamen Agrarpolitik, wie sie in Artikel 33 EG niedergelegt sind, zu betrachten. Die dortige Aufzählung spezifischer, disparater sozialer und wirtschaftlicher Ziele gibt indessen wenig Anhaltspunkte für die Beantwortung der Vorlagefrage. Immerhin leite ich aus der Aufzählung ab, dass der Schutz von Verbraucherinteressen - der in Artikel 33 EG nicht erwähnt ist - nicht das einzige Hauptziel der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse sein kann.

33. Zur Umsetzung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik sind in einer Reihe von Sektoren Marktorganisationen errichtet worden. Sie schaffen in erster Linie Rechtsbeziehungen zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und Händlern einerseits sowie der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten andererseits. Darüber hinaus betreffen die Marktorganisationen aber auch das Verhältnis der Erzeuger und Händler untereinander. Den deutlichsten Ausdruck dieser horizontalen Wirkung" bilden die Quoten, die ein Bestandteil der Marktorganisationen sind. So bestimmt die Marktorganisation für Zucker, dass die Mitgliedstaaten Zuckerquoten von Unternehmen auf andere übertragen können. Es liegt auf der Hand, dass die Übertragung einer Quote von einem Unternehmen auf ein anderes die Rechtsbeziehung beider Unternehmen unmittelbar berührt. Dasselbe gilt für die Übertragung einer Milchquote bei Übergang eines Molkereibetriebs. Die auf den betreffenden Betrieb entfallende Quote wird nach den vom Mitgliedstaat festgelegten Regeln zusammen mit dem Betrieb auf den Erzeuger, der den Betrieb übernimmt, übertragen. Meiner Auffassung nach berührt auch das System der Qualitätsnormen das Verhältnis von Unternehmen untereinander, weil es unmittelbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in diesem Sektor hat, indem es Bedingungen für das Marktverhalten der Unternehmen festlegt.

34. Ein anderes Merkmal der Marktorganisationen, das für den vorliegenden Fall wichtig ist, ist, dass diese detaillierte Regelungen enthalten, die die den Erzeugern und Händlern obliegenden Verpflichtungen genau festlegen. Diese können die Norm, die sie zu beachten haben, im Einzelnen in Erfahrung bringen. Darüber hinaus kennt das System nur wenige Ausnahmen aus der Sphäre der Erzeuger oder Händler. Häufig wird nur höhere Gewalt als Ausnahmegrund anerkannt.

35. Zusammengefasst verfolgen die Verordnung Nr. 2200/96 und die darauf basierenden Qualitätsnormen für Tafeltrauben (auch) das Ziel, die Lauterkeit des Handels sicherzustellen, wodurch auch das Verhältnis der Erzeuger und Händler untereinander geregelt wird. Darüber hinaus sind die sich aus der Verordnung ergebenden Verpflichtungen im Einzelnen bestimmt und sehen keine Ausnahme vor.

36. Damit steht fest, dass ein Händler ein durch die Verordnung gedecktes Interesse an der Einhaltung der Qualitätsnormen durch andere Händler hat. Es stellt sich dann die Frage, ob sich aus der Verordnung auch ein Anspruch für Händler wie die Klägerinnen ergibt, die Einhaltung der Verordnung durch einen Konkurrenten zu verlangen, und ob sie diesen Anspruch gerichtlich geltend machen können. Die Beantwortung dieser Frage bildet den Kern dieser Schlussanträge.

Erster Teil: die unmittelbare Wirkung von Verordnungen und das Recht, ihre Einhaltung in Fällen horizontaler Wirkung zu verlangen

37. Der Gerichtshof hat sich schon oft und unter verschiedenen Gesichtspunkten zur Frage der unmittelbaren Wirkung geäußert. Ob eine Gemeinschaftsbestimmung unmittelbare Wirkung hat oder nicht, hängt in erster Linie von ihrem Inhalt ab, wobei der Gerichtshof selbstverständlich auch auf die Bedeutung der Bestimmung abstellt. Kurz gesagt können Bestimmungen des primären oder sekundären Gemeinschaftsrechts unmittelbare Wirkung haben, wenn sie eindeutig, genau und unbedingt sind. Einzelne können sich vor den nationalen Gerichten auf derartige Bestimmungen berufen, auch wenn sie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt sind.

38. Meines Erachtens steht außer Zweifel, dass Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 seinem Inhalt nach unmittelbare Wirkung hat. Die Bestimmung ist hinreichend genau und unbedingt; für ihre Anwendbarkeit gegenüber Einzelnen sind keine nationalen Umsetzungsmaßnahmen notwendig. Darüber hinaus hat der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache Apple and Pear Development Council bereits ausdrücklich festgestellt, dass Verordnungen über die gemeinsame Marktordnung im Sektor Obst und Gemüse unmittelbare Wirkung haben.

39. Die Frage der unmittelbaren Wirkung betrifft sowohl die Rechtsbeziehungen Einzelner gegenüber der öffentlichen Hand als auch die Rechtsbeziehungen Einzelner untereinander. Die Fragen, die sich im vorliegenden Fall stellen, betreffen Rechtsbeziehungen zwischen Einzelnen und damit das, was in der Rechtslehre vielfach als horizontale Wirkung des Gemeinschaftsrechts bezeichnet wird. In der Rechtsprechung spielt die horizontale unmittelbare Wirkung in Abgrenzung zur vertikalen unmittelbaren Wirkung nur im Zusammenhang mit Richtlinien, nicht aber bei ohnehin unmittelbar wirkenden Rechtsakten (wie Verordnungen) eine Rolle.

40. Ich gehe zunächst auf die Rechtsprechung zu Richtlinien ein. Der Gerichtshof hat sich zur Frage der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien vielfach geäußert. Im Ergebnis steht fest, dass aufgrund von Richtlinien zwar Ansprüche Einzelner gegenüber der öffentlichen Hand, nicht aber gegenüber Privaten, bestehen können. Der Gerichtshof führt hierzu aus, dass eine Richtlinie nach Artikel 249 EG für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sei - und nur für diesen - verbindlich sei. Diese Rechtsprechung will verhindern, dass der Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Vorteil ziehen kann. Es wäre nämlich nicht hinnehmbar, wenn der Staat, dem der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erlass bestimmter Vorschriften vorschreibt, mit denen seine Beziehungen oder die Beziehungen staatlicher Einrichtungen zu den Bürgern geregelt und diesen bestimmte Rechte gewährt werden sollen, sich auf die Nichterfuellung seiner Verpflichtung berufen könnte, um den Bürgern diese Rechte zu versagen. Dem steht gegenüber, dass Richtlinien als solche Einzelnen keine Verpflichtungen auferlegen können und daher eine entsprechende Berufung auf sie gegenüber Einzelnen ausscheidet. Der Gerichtshof zieht dann einen Vergleich zu Verordnungen. Die Anerkennung einer horizontalen Wirkung von Richtlinien hieße, der Gemeinschaft die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Bürger Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist".

41. Hiermit stellt der Gerichtshof im Ergebnis fest, dass Verordnungen unmittelbare Wirkung zwischen Bürgern haben. Schon in seinem Urteil vom 14. Dezember 1971 hat der Gerichtshof ausgeführt: Schon nach ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Gemeinschaftsrechts erzeugt die Verordnung unmittelbare Wirkungen und ist als solche geeignet, für die Einzelnen Rechte zu begründen, zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind."

42. Diesbezüglich ist also den Klägerinnen Recht zu geben, wenn sie in ihren Erklärungen ausführen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber, wenn er eine Verordnung und nicht eine Richtlinie erlasse, beabsichtige, für Händler die unmittelbare Verpflichtung zu begründen, Verhaltensweisen zu unterlassen, die den Handel verzerren könnten. Es sei daher nicht das Hauptziel der Verordnung, die Mitgliedstaaten zu veranlassen, ein Kontrollsystem einzuführen.

43. Letzte Zweifel an der Wirksamkeit von Verordnungen im Verhältnis der Bürger untereinander werden schließlich durch die Rechtsprechung über die unmittelbare Wirkung von Bestimmungen des EG-Vertrags selbst ausgeräumt. Ich verweise diesbezüglich insbesondere auf das Urteil in der Rechtssache Angonese, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass das in Artikel 39 EG ausgesprochene Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit auch für Privatpersonen gilt. Der Gerichtshof stützt diese Feststellung namentlich auf die Tatsache, dass das Diskriminierungsverbot allgemein formuliert und nicht speziell an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage einer Diskriminierung durch Einstellungsbedingungen eines privaten Arbeitgebers. Auch die Tatsache, dass manche Bestimmungen des EG-Vertrags formell die Mitgliedstaaten ansprechen, schließt im Übrigen nicht aus, dass sie zugleich allen an der Einhaltung der entsprechenden Pflichten interessierten Privatpersonen Rechte verleihen können.

44. Das Urteil Angonese basiert auf früheren Urteilen auf dem Gebiet der Arbeitsbedingungen. Bereits in den Urteilen Walrave und Bosman hat der Gerichtshof angeführt, dass die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten teilweise durch Gesetze oder Verordnungen und teilweise durch von Privatpersonen geschlossene Verträge oder sonstige von ihnen vorgenommene Rechtsakte geregelt sind und dass eine Beschränkung des Verbots der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit auf staatliche Maßnahmen zu Ungleichheiten bei seiner Anwendung führen könnte". Auch in seinem Urteil Dansk Supermarked hat sich der Gerichtshof unzweideutig zur Frage der unmittelbaren Wirkung geäußert: Vereinbarungen zwischen Privaten [dürfen] in keinem Fall von den zwingenden Bestimmungen des Vertrages über den freien Warenverkehr abweichen." Mit dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof festgelegt, dass sich das Gemeinschaftsrecht auch außerhalb des Wettbewerbsrechts unmittelbar auf private Rechtsbeziehungen auswirkt.

45. Eine unmittelbar wirkende Vorschrift des Gemeinschaftsrechts gilt daher regelmäßig auch zwischen Privatpersonen. Damit steht fest, dass die Unterscheidung zwischen horizontaler und vertikaler Wirkung - außer im Fall von Richtlinien - ohne Belang ist. Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und fragen, ob der Begriff der unmittelbaren Wirkung im Zusammenhang mit zwingenden Vorschriften wie vorliegend Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 überhaupt von Bedeutung ist. Derartige Vorschriften sind Teil der nationalen Rechtsordnung und gelten deshalb auch für private Rechtsverhältnisse.

46. Nunmehr ist zu fragen, welche Bedeutung diese Feststellung für die Unterscheidung zwischen Verordnungsbestimmungen hat. Wie nämlich die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen zu Recht anmerkt, bedeutet die Feststellung als solche noch nicht, dass jede Bestimmung einer Verordnung Privatpersonen Rechte verleiht, auf die sie sich vor den nationalen Gerichten berufen können.

47. Ob ein Einzelner aus einer Bestimmung einer Verordnung Ansprüche herleiten kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Einzelne dieses Recht in einem Verfahren gegen die öffentliche Hand oder einen anderen Privaten geltend macht. In beiden Fällen ist zu untersuchen, ob die Bestimmung nach Inhalt und Ziel das Interesse schützt, das der Einzelne geltend macht. Es muss ein Zusammenhang zwischen dem Interesse, auf das der Einzelne sich beruft, und dem durch eine Verordnungsbestimmung bezweckten Schutz bestehen. Dabei gehe ich davon aus, dass ein solcher Zusammenhang nicht von allzu strengen inhaltlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden sollte. Denn zum einen schützt eine Verordnungsbestimmung oftmals mehrere Interessen gleichzeitig. Dies gilt zum Beispiel für Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96, der sowohl den Schutz der Lauterkeit des Handels als auch den des Verbrauchers bezweckt. Zum anderen liefe ein zu strenger Maßstab der unmittelbaren Wirkung von Verordnungen entgegen.

48. Überträgt man die vorstehenden Erwägungen auf die Klage im Ausgangsverfahren, so erscheint es unzweifelhaft, dass sich die Klägerinnen auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 berufen können. Wie bereits unter Nummer 36 dieser Schlussanträge ausgeführt, haben die Klägerinnen ein durch die Verordnung geschütztes Interesse an der Einhaltung der Verordnung durch einen Konkurrenten. Zivilrechtlich ausgedrückt: Der Verstoß der Beklagten gegen die Verordnung kann eine unerlaubte Handlung gegenüber den Klägerinnen darstellen.

49. Ich gelange daher zu folgendem Ergebnis. Die Verordnung Nr. 2200/96 hat auch die Lauterkeit des Handels zum Ziel und schützt damit auch das Interesse von Konkurrenten, keinen Schaden durch einen Verstoß gegen die Verordnung zu erleiden. Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung ist vom Inhalt her hinreichend genau und unbedingt. Die Bestimmung ist Teil der nationalen Rechtsordnung und wirkt im Verhältnis der Bürger untereinander. Damit gibt das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen das Recht, von einem anderen die Einhaltung einer Bestimmung der Verordnung zu verlangen, sofern eine Beziehung zwischen dem Interesse, das der Einzelne geltend macht, und dem durch die Verordnung bezweckten Schutz besteht.

Zweiter Teil: Durchsetzung

50. Da somit das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen einen Anspruch gewährt, stellt sich die Frage, inwieweit es ihm möglich sein muss, diesen Anspruch auch selbst geltend zu machen. Es stellt sich mit anderen Worten die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht von den Mitgliedstaaten verlangt, Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, die Einhaltung der Verordnung im Zivilrechtsweg durchzusetzen.

51. Die Durchsetzung der Verordnung Nr. 2200/96 ist Sache der Mitgliedstaaten. Das nationale Recht legt die Instrumente für die Durchsetzung unter Beachtung der Rahmenbedingungen des Gemeinschaftsrechts fest. Diese Rahmenbedingungen, die nachfolgend aufgeführt sind, leiten sich aus dem Grundsatz der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts her: Die effektive Durchsetzung in den Mitgliedstaaten ist Voraussetzung für das Funktionieren des Gemeinschaftsrechts.

52. Die Verordnung sieht in erster Linie eine öffentlich-rechtliche Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten oder unter ihrer Kontrolle vor. Hierzu weise ich insbesondere auf folgende Bestimmungen der Verordnung hin:

- Artikel 7 sieht die Einrichtung einer Kontrollstelle durch die Mitgliedstaaten vor;

- Artikel 38 verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Durchführung von Kontrollen;

- Artikel 50 der Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle geeigneten Maßnahmen zu erlassen, um Verstöße gegen die Bestimmungen der Verordnung zu ahnden und Betrugshandlungen vorzubeugen und diese zu ahnden.

Im Vereinigten Königreich ist die Durchsetzung der Verordnung dem Horticulture Marketing Inspectorate als Kontrollstelle übertragen.

53. Die Verpflichtung zur Durchsetzung von Verordnungen ergibt sich über die genannten Bestimmungen hinaus bereits aus der Struktur des Gemeinschaftsrechts. Während der Erlass von Rechtssätzen auf Gemeinschaftsebene erfolgt, obliegt die Um- und Durchsetzung den Mitgliedstaaten. Nicht nur verfügen die Dienststellen der Gemeinschaft zur Durchführung dieser Aufgaben nicht über einen ausreichend großen Verwaltungsapparat, sondern es besteht im Bereich des Verwaltungsverfahrens- und Strafrechts auch nur eine begrenzte Zuständigkeit der Europäischen Union. Aufgrund von Artikel 10 EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die Durchführung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts Sorge zu tragen.

54. Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Durchführung dieser Aufgaben über ein Ermessen. Dieses Ermessen wird einerseits durch die genannten Bestimmungen der Verordnung, andererseits durch die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts für die Durchsetzung von Verordnungen begrenzt. Letztere werden vom Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung wie folgt definiert: Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht müssen nach denselben sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht. Die Wahl der Sanktion verbleibt den Mitgliedstaaten; jedoch muss diese wirksam und abschreckend, aber auch verhältnismäßig sein. Die letztere Voraussetzung soll sicherstellen, dass die vorgesehenen Sanktionen nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen und dadurch den Markt stören. Im Übrigen müssen die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen von der Auferlegung von Sanktionen absehen können.

55. Wie auch die Kommission in ihrer schriftlichen Stellungnahme darlegt, ist aus der Verordnung nicht abzuleiten, dass ihre Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten die einzige Kontrollmethode ist. Die Verordnung verleiht also mit anderen Worten kein Durchsetzungsmonopol. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Kontext der Verordnung Nr. 2200/96, auch wenn die Verordnung selbst nur eine öffentlich-rechtliche Durchsetzung vorsieht. Es besteht kein gemeinschaftsrechtlicher Grundsatz, dass eine privatrechtliche Durchsetzung automatisch ausgeschlossen ist, wenn in einer Vorschrift nur eine öffentlich-rechtliche Durchsetzung ausdrücklich vorgesehen ist. Offenbar unterscheidet sich hier das Gemeinschaftsrecht vom englischen Recht, das, von Ausnahmen abgesehen, zivilrechtliche Klagen nicht zulässt, wenn die Verletzung einer nationalen Rechtsvorschrift strafbewehrt ist.

56. Die in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung an Privatpersonen gerichteten Verpflichtungen sind für die privatrechtliche Durchsetzung geeignet. Der Inhalt der Verpflichtungen ist genauestens und ohne Ausnahme festgelegt. Auch wenn die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, im vorliegenden Fall das Horticultural Marketing Inspectorate, aus welchen Gründen auch immer, von ihrer Durchsetzung absieht, berechtigt dies einen Erzeuger oder Händler von Obst und Gemüse noch nicht zu einem Verstoß gegen die Bestimmungen und zu der damit einhergehenden Schädigung eines Dritten. Ich stimme daher auch nicht mit der Begründung des erstinstanzlichen Urteils des High Court of Justice (England und Wales) überein, in der die Sachkunde und Neutralität des Horticultural Marketing Inspectorate betont wird. Danach gehöre es nicht zu dessen Aufgabe, einem Händler auf Kosten eines anderen Vorteile zu gewähren. Die Bestimmungen der Verordnung seien nicht zur Anwendung in einem Privatrechtsstreit bestimmt.

57. Ich komme nun zur Beantwortung der bereits genannten Frage, ob das Gemeinschaftsrecht verlangt, dass die Mitgliedstaaten Privatpersonen die Möglichkeit einräumen, die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung im Zivilgerichtsweg durchzusetzen.

58. In ihrer schriftlichen Stellungnahme stellt die Kommission einen Vergleich mit dem Wettbewerbsrecht an. Im Rahmen der Artikel 81 und 82 EG könnten Privatpersonen vor nationalen Gerichten Klage gegen andere Privatpersonen (zumeist Unternehmen) erheben. Die private Durchsetzung werde hier als eine notwendige und nützliche Ergänzung der Durchsetzungsmaßnahmen der Kommission und der Mitgliedstaaten angesehen. Nichts anderes gelte bei der Durchsetzung von Qualitätsnormen für Obst und Gemüse, wie im vorliegenden Fall. Nach Auffassung der Kommission muss sich die Durchsetzung durch eine Privatperson gegen eine diese schädigende Verletzungshandlung richten, wie es z. B. bei unlauterem Wettbewerb der Fall sei.

59. Auch ich sehe wie die Kommission eine Parallele zu den Wettbewerbsbestimmungen der Artikel 81 und 82 EG. Nationale Gerichte sind in der Tat berechtigt, Artikel 81 Absatz 1 und Artikel 82 in Wettbewerbsrechtsstreitigkeiten zwischen konkurrierenden Unternehmen anzuwenden. Die nationalen Gerichte sind sogar befugt, die in Artikel 81 Absatz 2 vorgesehene Nichtigkeitsfolge auszusprechen. Diese Befugnisse stehen damit neben den Durchsetzungsaufgaben der Kommission (und der nationalen Kartellbehörden).

60. Ich sehe nicht, warum ein Unternehmen, das behauptet, es habe durch die Verletzung von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 einen Schaden erlitten, nicht das Recht haben sollte, eine zivilrechtliche Klage gegen ein Konkurrenzunternehmen anzustrengen. Artikel 3 Absatz 1 eignet sich ohne weiteres für eine Anwendung durch nationale Gerichte. Wie ich bereits unter den Nummern 49 und 56 dargelegt habe, ist der Inhalt von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 eindeutig bestimmt; die Untätigkeit der Kontrollstelle gibt einem Erzeuger oder Händler nicht das Recht, gegen diese Bestimmung zu verstoßen. In dieser Hinsicht stellt also die zivilrechtliche Durchsetzung ebenso wie im Wettbewerbsrecht eine notwendige und nützliche Ergänzung der Durchsetzung, im vorliegenden Fall durch die nationale Kontrollstelle, dar. Denn es kann nicht sein, dass eine Privatperson bei der Verwirklichung der ihr aus einer Verordnung zustehenden Rechte allein vom guten Willen einer Kontrollstelle zur Durchsetzung dieser Rechte abhängig ist.

61. Im Übrigen besteht vorliegend schon gar kein Anlass zur Zurückhaltung, weil die Verordnung Nr. 2200/96 kein weites Ermessen der Verwaltung für Freistellungen vorsieht, wie es die Kommission im Wettbewerbsrecht hat.

62. Abschließend weise ich auf Folgendes hin.

63. Im Ergebnis folgt aus dem Gemeinschaftsrecht, dass derjenige, der infolge der Verletzung einer Verordnungsbestimmung einen Schaden erleidet, soweit er in einem Interesse verletzt ist, dessen Schutz das Gemeinschaftsrecht bezweckt, die Möglichkeit haben muss, die Durchsetzung dieser Bestimmung im Zivilrechtsweg zu erzwingen. Nur so ist die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts umfassend gewährleistet. Die zivilgerichtliche Durchsetzung stellt eine notwendige und nützliche Ergänzung der Durchsetzung durch den Mitgliedstaat dar.

Dritter Teil: Eröffnung eines Rechtswegs nach nationalem Recht

64. Inwieweit Privatpersonen berechtigt sind, vor nationalen Gerichten Klage gegen die Verletzung einer öffentlich-rechtlichen Bestimmung durch eine andere Privatperson zu erheben, ist in erster Linie eine Frage des nationalen Verfahrensrechts. Das gilt auch, wenn diese Bestimmung Teil einer gemeinschaftlichen Verordnung ist. Denn die Verordnung gilt gemäß Artikel 249 EG unmittelbar und ist Teil der nationalen Rechtsordnung.

65. Im ersten Teil habe ich die Frage des vorlegenden Gerichts unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Wirkung sowie deren Bedeutung für die Rechtsbeziehungen Einzelner untereinander untersucht. Ich habe festgestellt, dass einem Einzelnen Rechte aus einer Verordnungsbestimmung zustehen können und dass er diese Rechte auch muss geltend machen können, wenn die entsprechende Bestimmung inhaltlich hinreichend genau und unbedingt ist. Sicherlich muss ein Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Interesse und dem Schutzzweck der Bestimmung bestehen. Schon hieraus folgt, dass es aus Sicht des Gemeinschaftsrechts von Belang ist, dass die nationale Rechtsordnung einen Rechtsweg eröffnet.

66. Der zweite Teil dieser Schlussanträge betraf die Durchsetzung. Ich habe festgestellt, dass die zivilgerichtliche Durchsetzung eine notwendige und nützliche Ergänzung der Durchsetzung durch den Mitgliedstaat darstellt. Die privatrechtliche Durchsetzung gewährleistet die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts. Auch unter diesem Gesichtspunkt verlangt das Gemeinschaftsrecht demnach, dass die nationalen Rechtsordnungen entsprechende Klagen vorsehen.

67. Der Gerichtshof muss im vorliegenden Fall entscheiden, welche Voraussetzungen das Gemeinschaftsrecht hierbei an das nationale Verfahrensrecht stellt. Nach ständiger Rechtsprechung muss das nationale Verfahrensrecht alle Rechtsbehelfe bereitstellen, um die umfassende Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen. Auch hier geht es also um den Effet utile des Gemeinschaftsrechts. Eine effektive Klagemöglichkeit eines Privaten trägt zum Effet utile bei. Das gilt natürlich in erster Linie, wenn eine Privatperson vom Klageweg Gebrauch macht, um eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts abzustellen. Das Bestehen eines Klagerechts kann aber auch präventive Wirkung haben und die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts fördern.

68. Die Voraussetzungen, die das Gemeinschaftsrecht an die Eröffnung des Rechtswegs für Drittbetroffene stellt, können weitgehend aus den entsprechenden Voraussetzungen für den Zugang zu den Gerichten der Gemeinschaft abgeleitet werden. Ich gehe daher zunächst näher auf diesen Punkt ein.

69. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes befasst sich aus der Natur der Sache heraus vornehmlich mit Entscheidungen. Artikel 230 Absatz 4 EG bestimmt, dass jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben kann, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

70. Die Gemeinschaftsrechtsprechung kennt keine allgemeine Klagebefugnis für Drittbetroffene, um gegen die Verletzung von Gemeinschaftsrecht vorzugehen, und kennt weder die Popularklage noch eine class action". In seinem Urteil in der Rechtssache Greenpeace u. a./Kommission hat der Gerichtshof auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach eine Vereinigung, die zur Wahrnehmung kollektiver Interessen einer Gruppe von Bürgern gegründet [wurde], von einer Handlung, die die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berühr[t], nicht im Sinne des Artikels 173 Absatz 4 [jetzt: Artikel 230 EG] individuell betroffen sein [kann]; sie [kann] daher keine Nichtigkeitsklage erheben, wenn ihren Mitgliedern als Einzelnen die Erhebung dieser Klage verwehrt [ist]".

71. Ein Drittbetroffener ist nur dann klagebefugt, wenn die Entscheidung ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühr[t] und ihn daher in ähnlicher Weise individualisier[t] wie den Adressaten". Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass Organisationen wie Greenpeace, die sich mit allgemeinen Umweltbelangen befassen, keine Klagebefugnis besitzen. Dasselbe gilt beispielsweise auch für Gewerkschaften oder Unternehmerverbände, selbst wenn sie sich darauf berufen, dass die durch sie vertretenen Mitglieder durch eine Verfügung individuell betroffen sind.

72. Etwas anderes gilt, wenn ein Drittbetroffener ein konkretes (wirtschaftliches) Interesse geltend machen kann. In mehreren Urteilen hat der Gerichtshof die Stellung Drittbetroffener gegenüber Entscheidungen der Kommission auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen präzisiert. Entscheidungen aufgrund von Artikel 88 Absatz 2 EG betreffen, so der Gerichtshof, nicht nur das begünstigte Unternehmen, sondern auch dessen Konkurrenzunternehmen individuell, wenn sie im Rahmen dieses Verfahrens eine aktive Rolle gespielt haben und sofern ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird. Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Verbände von Wirtschaftsteilnehmern, die sich aktiv an dem Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG beteiligt hatten, als durch eine solche Entscheidung individuell betroffen anerkannt werden, soweit sie in ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartner berührt sind. Es sind also zwei Voraussetzungen, die der Gerichtshof in seinen Urteilen nennt. Erstens muss ein konkretes wirtschaftliches Interesse vorliegen und zweitens muss der Drittbetroffene im Rahmen des vorgerichtlichen Verfahrens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Unter diesen Voraussetzungen ist dann auch ein Unternehmerverband klagebefugt.

73. Auch in Bezug auf Verordnungen kann ein Einzelner klagebefugt sein. Hierzu ist das auf dem Gebiet des Antidumping ergangene Urteil in der Rechtssache Timex aufschlussreich. Die dortige Klage betraf die Anfechtung einer Verordnung über einen Antidumpingzoll gegen mechanische Armbanduhren aus der Sowjetunion. Die streitige Verordnung betraf nach Auffassung des Gerichtshofes Timex als größten Hersteller mechanischer Uhren in der Gemeinschaft sowie als letzten verbliebenen Uhrenhersteller im Vereinigten Königreich in individueller Weise. Auch spielte die Tatsache eine Rolle, dass Timex einen Antrag zur Einleitung des Verfahrens zum Erlass der Verordnung gestellt hatte.

74. Das Erfordernis eines besonderen Interesses, das einen Drittbetroffenen aus dem Kreis anderer heraushebt, wird von der Rechtsprechung sehr strikt gehandhabt. Ein gutes Beispiel hierfür ist das kürzliche Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Sociedade Agrícola dos Arinhos u. a./Kommission. Hier ging es um die Klage mehrerer portugiesischer Kampfstierzüchter gegen eine Entscheidung der Kommission, in der im Zusammenhang mit BSE ein Ausfuhrverbot für Rinder verhängt worden war. Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, weil die Kampfstierzüchter sich nicht von anderen relevanten Marktteilnehmern unterschieden. Auch die Züchter hatten vor Erlass der Entscheidung Einspruch angemeldet.

75. Aus dieser Darstellung der Rechtsprechung ergibt sich Folgendes. Die Klage eines Drittbetroffenen zu den Gerichten der Gemeinschaft ist zulässig, sofern er ein konkretes wirtschaftliches Interesse geltend machen kann, das ihn von anderen Marktteilnehmern unterscheidet. Darüber hinaus muss er zunächst von anderen Rechtsschutzmöglichkeiten, z. B. einem etwa gegebenen Beschwerderecht, Gebrauch gemacht haben.

76. Meines Erachtens muss das nationale Recht unter den soeben genannten Voraussetzungen Drittbetroffenen einen Rechtsweg für den Fall eröffnen, dass ihnen durch die Verletzung einer Verordnungsbestimmung ein Schaden entsteht. Dies setzt voraus, dass das geltend gemachte Interesse von der Verordnung geschützt werden soll. Auch ergibt sich aus dem Gemeinschaftsrecht, dass derjenige, der eine entsprechende Klage anstrengt, nicht schlechter gestellt sein darf als derjenige, der eine vergleichbare, aber allein nach nationalem Recht zu entscheidende Klage einreicht. Das nationale Verfahrensrecht kann vorschreiben, dass der Betroffene ein konkretes wirtschaftliches Interesse dartut, dessen Schutz die Verordnung bezweckt und das ihn von anderen Marktteilnehmern unterscheidet. Das nationale Prozessrecht kann auch vorschreiben, dass der Betroffene zunächst von anderen Rechtsbehelfen Gebrauch machen muss.

77. Sofern das nationale Verfahrensrecht die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfuellt, wird es durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt.

78. Unter den in diesen Schlussanträgen dargelegten Umständen des Ausgangsverfahrens bedeutet dies, dass das nationale Recht die zivilrechtliche Klage einer Partei wie der Klägerinnen gegen einen Konkurrenten wegen Verletzung der Bestimmung in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2200/96 zulassen muss.

V - Antrag

79. Aufgrund der obigen Ausführungen schlage ich vor, die Frage des Court of Appeal (England und Wales) (Civil Division) wie folgt zu beantworten:

Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28. Oktober 1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse ist Teil der nationalen Rechtsordnung und wirkt zwischen Bürgern. Eine Privatperson kann nach dieser Bestimmung von einer anderen Privatperson deren Befolgung verlangen. Hierfür muss ein Zusammenhang zwischen dem Interesse, auf das sich die Privatperson beruft, und dem Interesse bestehen, dessen Schutz die Verordnungsbestimmung bezweckt. Aus dem Gemeinschaftsrecht folgt, dass demjenigen, der durch die Verletzung einer Verordnungsbestimmung einen Schaden erleidet, die Möglichkeit eingeräumt werden muss, die Einhaltung der Bestimmung im Zivilrechtsweg durchzusetzen.

Hierzu ist der Mitgliedstaat verpflichtet, einem Drittbetroffenen einen Rechtsweg zu den nationalen Gerichten zu eröffnen. Das nationale Prozessrecht kann dabei vorsehen, dass ein konkretes wirtschaftliches Interesse dargelegt wird, dessen Schutz Zweck einer Verordnung ist und das den Drittbetroffenen von anderen Marktteilnehmern unterscheidet. Das nationale Prozessrecht kann auch verlangen, dass der Drittbetroffene zunächst von anderen Rechtsbehelfen Gebrauch macht. Der Rechtsschutz, den das nationale Prozessrecht bietet, darf nicht hinter demjenigen in einem Verfahren zurückbleiben, das allein auf der Grundlage nationalen Rechts entschieden wird.