Urteil des Gerichtshofes vom 19. Februar 1998. - Northern Ireland Fish Producers' Organisation Ltd (NIFPO) und Northern Ireland Fishermen's Federation gegen Department of Agriculture for Northern Ireland. - Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice in Northern Ireland, Queen's Bench Division - Vereinigtes Königreich. - Fischerei - Haager Präferenzen - TAC - Kabeljau und Wittling - Ermessen des Gemeinschaftsgesetzgebers - Relative Stabilität - Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung. - Rechtssache C-4/96.
Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-00681
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
1 Fischerei - Erhaltung der Meeresschätze - Fangquotenregelung - Aufteilung des Fanganteils zwischen den Mitgliedstaaten - Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa (Irische See) durch die Verordnung Nr. 3362/94 - Rechtsgrundlage - Verordnung Nr. 3760/92 - Beurteilung der Gültigkeit der Verordnung Nr. 3362/94 - Anhang VII der Haager Entschließung - Unbeachtlich
(EG-Vertrag, Artikel 43; Verordnungen Nrn. 3760/92 und 3362/94 des Rates; Entschließung des Rates vom 3. November 1976, Anhang VII)
2 Fischerei - Erhaltung der Meeresschätze - Fangquotenregelung - Aufteilung des Fanganteils zwischen den Mitgliedstaaten - Gerichtliche Nachprüfung - Grenzen - Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa (Irische See) durch die Verordnung Nr. 3362/94 - Kein offensichtlicher Ermessensfehler oder Überschreitung der Grenzen des Ermessens - Diskriminierungsverbot und Grundsatz der Verhältnismässigkeit - Kein Verstoß
(EG-Vertrag, Artikel 39 und 40 Absatz 3; Verordnungen des Rates Nr. 3760/92, Artikel 8 Absatz 4, und Nr. 3362/94; Entschließung des Rates vom 3. November 1976, Anhang VII )
3 Gemäß Anhang VII der Haager Entschließung vom 3. November 1976 hat der Rat angesichts der für die Fischereitätigkeit in Irland kennzeichnenden wirtschaftlichen Gegebenheiten seine Absicht zum Ausdruck gebracht, die Vorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik so anzuwenden, daß eine kontinuierliche, progressive Entwicklung der irischen Fischwirtschaft sichergestellt wird, und ist ferner übereingekommen, die Existenzbedürfnisse der örtlichen Bevölkerung in anderen Gebieten zu berücksichtigen.
Dieser Anhang, der im Kern den politischen Willen des Rates zum Ausdruck bringt, bei der Anwendung der künftigen gemeinsamen Fischereipolitik besondere Bedürfnisse der Regionen zu berücksichtigen, deren Bevölkerung besonders vom Fischfang und den damit verbundenen Tätigkeiten abhängig ist, kann jedoch keine Rechtswirkungen entfalten, die geeignet sind, die gesetzgeberische Zuständigkeit des Rates zu begrenzen. Die Verordnung Nr. 3362/94, die die zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder -bestandsgruppen für 1995 festsetzt und Irland sowie dem Vereinigten Königreich Quoten für Kabeljau und Wittling in der Zone VIIa (Irische See) zuteilt, die entsprechend den Präferenzen in dem erwähnten Anhang berechnet wurden, wurde nicht in Durchführung bindender Verpflichtungen erlassen, die sich aus diesem Anhang ergeben, sondern auf der Grundlage des Artikels 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Fischerei und die Aquakultur, die aufgrund von Artikel 43 des Vertrages ordnungsgemäß erlassen wurde.
Somit ist es für die Gültigkeit der Verordnung Nr. 3362/94 unerheblich, ob der Anhang ordnungsgemäß angenommen worden ist oder nicht, so daß die Gültigkeit der Zuteilung der Quoten nicht von der Rechtmässigkeit der Annahme des Anhangs abhängt.
4 Das Ermessen, über das der Rat verfügt, wenn er bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt beurteilen muß, bezieht sich nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung von Grunddaten insbesondere in dem Sinn, daß es dem Rat freisteht, sich gegebenenfalls auf globale Feststellungen zu stützen. Dies ist genau dann der Fall, wenn der Rat, gestützt auf Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Fischerei und die Aquakultur, die zulässigen Gesamtfangmengen festlegt und die Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten aufteilt. Der Richter muß sich bei der Kontrolle einer solchen Ermessensausübung darauf beschränken, zu prüfen, ob diese nicht mit einem offensichtlichen Fehler oder einem Ermessensmißbrauch behaftet ist oder ob die fragliche Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat.
Bei der Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa (Irische See) an Irland und das Vereinigte Königreich durch die Verordnung Nr. 3362/94 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder -bestandsgruppen für 1995 wollte der Rat den Grundsatz der relativen Stabilität der Fischereitätigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten bei jedem der betreffenden Bestände gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 dadurch umsetzen, daß er zwischen den Interessen, die die einzelnen Mitgliedstaaten insbesondere in bezug auf ihre herkömmlichen Fischereitätigkeiten und gegebenenfalls ihre Bevölkerung sowie auf ihre örtlichen von der Fischerei abhängigen Gewerbezweige vertreten, durch Anwendung der Aufteilungsschlüssel der Verordnung Nr. 172/83 und Durchführung der Präferenzen aus Anhang VII der Haager Entschließung vom 3. November 1976 vermittelte, die den besonderen Bedürfnissen Irlands und der nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs Rechnung tragen sollten. Selbst wenn im Rahmen der Zuteilung der Fangquoten an das Vereinigte Königreich diese Interessenabwägung zu einem Verlust an Fangmöglichkeiten für die Fischer Nordirlands führt, kann insoweit nicht davon ausgegangen werden, daß dem Rat ein offensichtlicher Ermessensfehler unterlaufen wäre oder daß er die Grenzen offensichtlich überschritten hätte, die seinem Ermessen durch das Erfordernis der relativen Stabilität gezogen sind.
Die in Rede stehende Quotenzuteilung verstösst auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages oder den Verhältnismässigkeitsgrundsatz. Denn der Rat hat mit seiner Entscheidung, wegen der besonderen Bedürfnisse der betroffenen Gebiete Irland höhere Fischfangquoten zuzuteilen als dem Vereinigten Königreich, eine in seinem Ermessen stehende Wahl auf dem Gebiet der Agrarpolitik getroffen, die den in Artikel 39 des Vertrages definierten Zielen dieser gemeinsamen Politik entspricht, und diese unterschiedliche Behandlung ist weder willkürlich noch dem Zweck, den besonderen Bedürfnissen der von der Fischerei abhängigen Kreise in Irland und in den nördlichen Teilen des Vereinigten Königreichs Rechnung zu tragen, offensichtlich unangemessen.
1 Der High Court of Justice in Northern Ireland, Queen's Bench Division, hat mit Beschluß vom 13. Oktober 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Januar 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag fünf Fragen nach der Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 3362/94 des Rates vom 20. Dezember 1994 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder -bestandsgruppen für 1995 (ABl. L 363, S. 1) einerseits und des Anhangs VII der vom Rat in Den Haag angenommenen Entschließung vom 3. November 1976 andererseits (im folgenden: Haager Entschließung) sowie über die Auslegung des Grundsatzes der Haftung des Staates für Schäden, die Privatpersonen durch Verletzungen des Gemeinschaftsrechts entstanden sind, zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Rechtlicher Rahmen
2 Diese Fragen stellen sich in einem beim High Court of Justice von der Northern Ireland Fish Producers' Organisation Ltd (NIFPO) und der Northern Ireland Fishermen's Federation (im folgenden: Antragstellerinnen) betriebenen "judicial-review"-Verfahren (gerichtliches Überprüfungsverfahren) gegen den Bescheid des Department of Agriculture for Northern Ireland (im folgenden: Department) vom 5. Mai 1995, mit dem der NIFPO die Fangquoten für Kabeljau und Wittling in der Irischen See für 1995 zugeteilt wurden.
3 Die im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik anwendbaren Grundsätze wurden festgelegt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2141/70 des Rates vom 20. Oktober 1970 über die Einführung einer gemeinsamen Strukturpolitik für die Fischwirtschaft (ABl. L 236, S. 1) und nach der Erweiterung der Gemeinschaft durch die Verordnung (EWG) Nr. 101/76 des Rates vom 19. Januar 1976 (ABl. L 20, S. 19).
4 Mit der Haager Entschließung, die im Rahmen der Ausweitung der ausschließlichen Fischereizonen von Drittländern auf 200 Meilen angenommen wurde, definierte der Rat im November 1976 eine Reihe grundsätzlicher Leitlinien für die zukünftige Entwicklung der gemeinsamen Fischereipolitik. Anhang VII dieser Entschließung mit dem Titel "Entwurf einer Entschließung des Rates über bestimmte Aspekte der innergemeinschaftlichen Fischereiregelung" lautet wie folgt:
"Der Rat vertritt die Auffassung, daß die Wiederherstellung und der Schutz der Fischbestände im Hinblick auf einen optimalen Ertrag der potentiellen Fischbestände der Gemeinschaft eine strenge Kontrolle und Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene zur Erreichung dieses Ziels erfordert.
Der Rat erkennt an, daß der Schutz und die Kontrolle der Fischereizone vor Irland nicht dazu führen dürfen, daß für Irland aufgrund der Ausmasse dieser Zone Belastungen entstehen, die in keinem Verhältnis zum Umfang der Fischbestände der Gemeinschaft stehen, die in dieser Zone von den irischen Fischern genutzt werden können. Er kommt überein, daß die Anwendung der Mittel, die für die Überwachung verfügbar oder vorzusehen sind, mit Maßnahmen einhergehen muß, durch die eine gerechte Aufteilung der damit im Zusammenhang stehenden Lasten gewährleistet wird.
Der Rat bringt angesichts der wirtschaftlichen Gegebenenheiten, die für die Fischereitätigkeit in Irland kennzeichnend sind, seine Absicht zum Ausdruck, die Vorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik in der durch die Beitrittsakte ergänzten und zur Berücksichtigung der Ausdehnung der Gewässer auf 200 Meilen angepassten Fassung anzuwenden, um eine kontinuierliche, progressive Entwicklung der irischen Fischwirtschaft auf der Grundlage des Fischerei-Entwicklungsprogramms der irischen Regierung für die Entwicklung der Küstenfischerei sicherzustellen.
Der Rat erkennt ferner an, daß es andere Gebiete in der Gemeinschaft gibt, u. a. die, die in dem Vorschlag der Kommission an den Rat genannt werden(1), in denen die örtliche Bevölkerung besonders auf den Fischfang und die damit verbundenen Industriezweige angewiesen ist. Der Rat kommt daher überein, daß bei der Anwendung der gemeinsamen Fischereipolitik auch die Existenzbedürfnisse dieser von der Fischerei lebenden Bevölkerung zu berücksichtigen sind.
Die Beschlüsse und Leitlinien, die in den vorhergehenden Absätzen enthalten sind, sowie die für die Verhandlungen mit Drittländern angenommenen Direktiven präjudizieren in keiner Weise besondere Bestimmungen, die unverzueglich für die Lösung der Probleme der Küstenfischerei, insbesondere in den wirtschaftlich benachteiligten Gebieten, und zur Regelung der Fischereitätigkeit in den Küstenstreifen zu erlassen sind."
5 Von den acht Anhängen wurde nur Anhang I im Amtsblatt unter der Bezeichnung "Entschließung des Rates vom 3. November 1976 über bestimmte externe Aspekte der Schaffung einer 200-Meilen-Fischereizone in der Gemeinschaft ab 1. Januar 1977" veröffentlicht (ABl. 1981, C 105, S. 1).
6 Der Rat gab in seiner Erklärung vom 30. Mai 1980 betreffend die gemeinsame Fischereipolitik (ABl. 1980, C 158, S. 2) an, daß sich die gemeinsame Fischereipolitik unter Wahrung der Verträge und im Einklang mit der Haager Entschließung insbesondere auf eine "gerechte Verteilung der Fänge unter ganz besonderer Berücksichtigung der traditionellen Fischereitätigkeiten, der besonderen Bedürfnisse der Gebiete, deren örtliche Bevölkerung von der Fischerei und damit zusammenhängenden Gewerbebereichen in besonderem Masse abhängig ist, und des Verlustes an Fangpotential in den Gewässern von Drittländern" stützen müsse.
7 In Durchführung des Artikels VII der Haager Entschließung, und insbesondere der Anerkennung der besonderen Bedürfnisse der Gebiete, deren örtliche Bevölkerung von der Fischerei und damit zusammenhängenden Gewerbebereichen in besonderem Masse abhängig ist, schlug die Kommission dem Rat in einer Mitteilung vom 12. Juni 1980 vor, Irland bei jeder Fischpopulation eine Verdoppelung der 1975 getätigten Fänge und dem Vereinigten Königreich Fänge in einem Umfang, der den 1975 in der nördlichen Region durch Schiffe mit einer Länge von weniger als 24 m angelandeten Mengen entspricht, zu gewähren (im folgenden: Haager Präferenzen). In Tonnen ausgedrückt betragen diese Parameter nach den Angaben der Kommission für Irland 6 954 t Kabeljau und 7 196 t Wittling sowie für das Vereinigte Königreich 1 223 t Kabeljau und 2 334 t Wittling.
8 Zur Ergänzung der in der Verordnung Nr. 101/76 vorgesehenen Bestimmungen erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1). Diese Verordnung sah gemäß Artikel 3 insbesondere die jährliche Festlegung sowohl der zulässigen Gesamtfangmengen (im folgenden: TAC) je Bestand oder Bestandsgruppe als auch des Anteils der Gemeinschaft hieran vor. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 170/83 wurde der Fanganteil der Gemeinschaft zwischen den Mitgliedstaaten so aufgeteilt, daß für jeden Mitgliedstaat eine relative Stabilität der Fischereitätigkeit bei jedem der in Betracht gezogenen Bestände gewährleistet wird. Nach Artikel 11 dieser Verordnung oblag die jährliche Festlegung der TAC und die Aufteilung der Fanganteile der Gemeinschaft dem Rat durch Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission.
9 In der fünften, sechsten und siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 170/83 wurde der Begriff der relativen Stabilität wie folgt definiert:
"Die Erhaltung und die Bewirtschaftung der Bestände müssen zu einer vermehrten Stabilität der Fischereitätigkeiten beitragen. Diese Stabilität muß auf der Grundlage einer Referenzaufteilung beurteilt werden, die die vom Rat festgelegten Leitlinien widerspiegelt.
Ferner muß diese Stabilität - so wie es der Rat in seiner Entschließung vom 3. November 1976, insbesondere in Anhang VII, beschlossen hat - unter Berücksichtigung der derzeitigen biologischen Situation der Bestände auf die besonderen Bedürfnisse der Gebiete achten, deren Bevölkerung in besonderem Masse von der Fischerei und den mit ihr verbundenen Gewerbezweigen abhängt.
Der Begriff des relativen Charakters der angestrebten Stabilität ist deshalb in diesem Sinne zu verstehen."
10 Mit der Verordnung (EWG) Nr. 172/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmenge und des für die Gemeinschaft verfügbaren Anteils, der Aufteilung dieses Anteils auf die Mitgliedstaaten sowie der Fangbedingungen bei der Ausübung der Fischerei hinsichtlich der zulässigen Gesamtfangmengen für bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen in der Fischereizone der Gemeinschaft für 1982 (ABl. L 24, S. 30) setzte der Rat die TAC für die in den Fischereizonen der Mitgliedstaaten vorhandenen Bestände oder Bestandsgruppen, einschließlich Kabeljau und Wittling, und den für die Gemeinschaft verfügbaren Anteil für das Jahr 1982 fest. Mit dieser Verordnung nahm der Rat auch erstmals die Aufteilung dieses Anteils auf die Mitgliedstaaten vor.
11 Laut der vierten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 172/83 ergab sich diese Aufteilung aus der Berücksichtigung der herkömmlichen Fischereitätigkeiten (bemessen nach den durchschnittlichen Fängen, die jeder einzelne Mitgliedstaat in der Zeit von 1973 bis 1978 getätigt hatte), der spezifischen Erfordernisse der Regionen, in denen die örtliche Bevölkerung speziell von der Fischereiindustrie und den damit verbundenen Gewerbezweigen abhängt (ermittelt auf der Grundlage der Haager Präferenzen, wie sie die Kommission in ihrer Mitteilung von 1980 beziffert hatte), und des Verlustes von Fangmöglichkeiten in Drittlandsgewässern (berechnet für den Referenzzeitraum 1973 bis 1976). Speziell für die Fischereizone VIIa (Irische See) betrugen die Aufteilungsschlüssel für Irland 46,67 % bei Kabeljau und 39,625 % bei Wittling sowie für das Vereinigte Königreich 42,67 % bei Kabeljau und 52,83 % bei Wittling (im folgenden: Aufteilungsschlüssel von 1983).
12 Zwar schwankten die TAC, die der Rat mit seinen späteren jährlichen Verordnungen festsetzte, von Jahr zu Jahr, doch blieben die durch die Verordnung Nr. 172/83 eingeführten Aufteilungsschlüssel unverändert.
13 Die durch die Verordnung Nr. 170/83 eingeführte gemeinschaftliche Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen wurde mit einigen für die Zwecke des Ausgangsverfahrens unerheblichen Änderungen durch die Verordnung (EWG) Nr. 3760/92 des Rates vom 20. Dezember 1992 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Fischerei und die Aquakultur (ABl. L 389, S. 1) übernommen.
14 Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 1 dieser Verordnung lautet:
"In bezug auf die Nutzungstätigkeiten besteht das allgemeine Ziel der Gemeinsamen Fischereipolitik darin, die verfügbaren und zugänglichen lebenden Meeresressourcen zu schützen und zu erhalten und dafür zu sorgen, daß sie unter wirtschaftlichen und sozial angemessenen Bedingungen rationell, verantwortungsvoll, dauerhaft und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf das Ökosystem des Meeres bewirtschaftet werden und dabei insbesondere den Bedürfnissen sowohl der Erzeuger als auch der Verbraucher Rechnung getragen wird."
15 Gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 legt der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die TAC für jede Fischerei oder Fischereigruppe von Fall zu Fall fest und teilt die Fangmöglichkeiten unter den Mitgliedstaaten so auf, daß für jeden Mitgliedstaat die relative Stabilität der Fischereitätigkeit bei jedem der betreffenden Bestände gewährleistet ist. Zum Begriff der relativen Stabilität geben die zwölfte, dreizehnte und vierzehnte Begründungserwägung dieser Verordnung den Wortlaut der fünften, sechsten und siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 170/83 wieder.
16 Gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3760/92 können die Mitgliedstaaten nach Mitteilung an die Kommission die ihnen zugeteilten Fangrechte ganz oder teilweise austauschen.
17 Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß der Rat für die Zeit bis 1989 die TAC für Kabeljau und für Wittling in der Irischen See so hoch festsetzte, daß Irland und dem Vereinigten Königreich gemäß den Aufteilungsschlüsseln von 1983 Quoten gewährleistet waren, die nicht niedriger lagen, als den Haager Präferenzen entsprach.
18 1990 (bei Wittling) und 1991 (bei Kabeljau) fielen die TAC jedoch unter diese Schwelle, so daß sich Irland und das Vereinigte Königreich jedes Jahr auf den Mechanismus zur Durchführung der Haager Präferenzen beriefen. Nach diesem Mechanismus werden Irland und dem Vereinigten Königreich Jahresquoten zugeteilt, die auf der Grundlage des Durchschnitts der theoretischen Quoten aufgrund der Anwendung allein der Aufteilungsschlüssel von 1983 und der fiktiven Quoten berechnet werden, die denjenigen der Haager Präferenzen entsprechen.
19 Der Rat setzte in den Artikeln 2 und 3 der Verordnung Nr. 3362/94 die TAC der in den Fischereizonen der Mitgliedstaaten vorhandenen Bestände oder Bestandsgruppen und den für die Gemeinschaft verfügbaren Anteil daran für 1995 fest und teilte diesen Anteil unter den Mitgliedstaaten auf. So wurde der für die Gemeinschaft verfügbare Anteil (= 100 %) der TAC in der Zone VIIa für Kabeljau auf 5 800 t und für Wittling auf 8 000 t festgesetzt. Da dieser Anteil jedoch nicht ausreichte, um Irland und dem Vereinigten Königreich gemäß den Aufteilungsschlüsseln von 1983 Quoten zu gewährleisten, die nicht niedriger lagen, als den Haager Präferenzen entsprach, teilte die Verordnung Nr. 3362/94 in Anwendung der vorstehend beschriebenen Berechnungsmethode Irland Quoten von 3 820 t Kabeljau und 4 605 t Wittling sowie dem Vereinigten Königreich Quoten von 1 670 t Kabeljau und 3 095 t Wittling zu.
Der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens
20 Nach dem Erlaß der Verordnung Nr. 3362/94 teilte das Department die Quoten des Vereinigten Königreichs unter der nationalen Fischfangflotte auf und richtete an die NIFPO die erwähnte Entscheidung vom 5. Mai 1995, mit der es für 1995 die Mengen Kabeljau und Wittling der NIFPO in der Zone VIIa festsetzte.
21 Vor dem vorlegenden Gericht machten die Antragstellerinnen geltend, daß die Zuteilung der Quoten, die das Department vorgenommen habe, nicht rechtmässig sei, da die Zuteilung dieser Quoten durch den Rat an das Vereinigte Königreich in der Verordnung Nr. 3362/94 gegen das Gemeinschaftsrecht verstosse. Anhang VII der Haager Entschließung, auf der die Haager Präferenzen beruhten, sei vom Rat niemals förmlich angenommen worden. Im übrigen verstosse die Anwendung dieser Präferenzen gegen die Ziele der Entschließung, die gemeinsame Fischereipolitik und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.
22 In diesem Zusammenhang führte das nationale Gericht zunächst aus, daß die Berufung Irlands auf die Haager Präferenzen für Kabeljau und für Wittling in der Irischen See zu einer Kürzung der Quoten der anderen Mitgliedstaaten einschließlich des Vereinigten Königreichs geführt habe. Obwohl das Vereinigte Königreich die Auswirkungen auf seine Quoten dadurch verringern könne, daß es sich abwehrend ebenfalls auf die Haager Präferenzen berufe, lägen die Quoten, die es schließlich erhalten habe, noch unter denjenigen, die es erhalten könnte, wenn sich Irland nicht auf diese Präferenzen berufen hätte.
23 Das vorlegende Gericht fügte hinzu, daß die Einbussen, die das Vereinigte Königreich durch die Anwendung der Haager Präferenzen auf die betreffenden Bestände erlitten habe, jedoch ganz oder teilweise gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 3760/92 durch den Austausch von Quoten zwischen dem Vereinigten Königreich und anderen Mitgliedstaaten ausgeglichen worden seien.
24 Schließlich hob das nationale Gericht hervor, daß die irische Fischfangflotte, die in der Irischen See Kabeljau und Wittling fische, im Durchschnitt ungefähr 30 % der Quoten gefangen habe, über die Irland in der Zone VIIa verfüge, während die Flotte des Vereinigten Königreichs seit 1990 praktisch 100 % ihrer Quoten für Kabeljau und Wittling in dieser Zone ausgenutzt habe. Irland habe einen Teil seiner Quotenüberschüsse bei Kabeljau und Wittling in der Zone VIIa für den Quotenaustausch mit anderen Mitgliedstaaten benutzt.
25 Der High Court of Justice hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden fünf Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Hängt die Gültigkeit der Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling im Gebiet VIIa gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 3362/94 des Rates an das Vereinigte Königreich davon ab, ob Anlage VII zur Entschließung des Rates vom 3. November 1976 ordnungsgemäß angenommen worden ist?
2. Falls die erste Frage bejaht wird: Ist Anlage VII ordnungsgemäß angenommen worden?
3. Werden die Antworten auf die erste oder die zweite Frage dadurch beeinflusst, daß die Anlage VII ein als geheim eingestuftes Dokument ist, das nicht veröffentlicht oder den Parteien in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist?
4. War die Festsetzung der genannten Quoten durch den Rat in Anbetracht aller übrigen Umstände vereinbar mit
i) der gemeinsamen Fischereipolitik und insbesondere der Verordnung (EWG) Nr. 3760/92 des Rates und
ii) dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz?
5. Wenn die Festsetzung der genannten Quoten durch die Verordnung (EG) Nr. 3362/94 ungültig ist, haben die Antragsteller dann einen Schadensersatzanspruch gegen den Antragsgegner, und falls ja, welches sind die Voraussetzungen der Haftung?
Zur ersten Frage und zum ersten Teil der dritten Frage
26 Mit diesen Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, begehrt das nationale Gericht im Kern Auskunft darüber, ob die Gültigkeit der durch die Verordnung Nr. 3362/94 vorgenommenen Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa an das Vereinigte Königreich von der Rechtmässigkeit der Annahme des Anhangs VII der Haager Entschließung abhängt, insbesondere wenn sich zeigt, daß dieser Anhang weder veröffentlicht noch den Rechtsbürgern in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.
27 Nach Ansicht der Antragstellerinnen beeinträchtigt die Rechtswidrigkeit der Annahme des Anhangs VII der Haager Entschließung die Gültigkeit sowohl der Verordnung Nr. 3362/94 als auch der erwähnten Entscheidung des Departments vom 5. Mai 1995. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes könne eine Entschließung des Rates maßgebend für die Beurteilung der Gültigkeit einer auf ihrer Grundlage erlassenen nationalen Entscheidung sein. Auf alle Fälle müsse die Verordnung Nr. 3362/94 im Einklang mit den Grundverordnungen stehen, die die Grundlage der gemeinsamen Fischereipolitik bildeten (insbesondere mit der Verordnung Nr. 170/83, die durch die Verordnung Nr. 3760/92 ersetzt worden sei). Die durch diese Verordnungen aufgestellten Grundsätze der gemeinsamen Fischereipolitik müssten gelten, sofern nicht Änderungen dieser Grundsätze nach den Haager Präferenzen gerechtfertigt sein könnten, wenn diese ordnungsgemäß angenommen worden seien.
28 Nach Ansicht der irischen Regierung ist die Haager Entschließung verbindlich, da sie der Konkretisierung der Mitwirkungspflichten diene, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 EG-Vertrag durch ihren Beitritt zur Gemeinschaft übernommen hätten. Der Gerichtshof habe im übrigen in ständiger Rechtsprechung festgestellt, daß die Bestimmungen des Anhangs VI die Mitgliedstaaten bänden, so daß für Anhang VII das gleiche gelten müsse. Da sich der Rat durch die Haager Entschließung habe binden wollen und stets entsprechend gehandelt habe, hinderten ihn die Grundsätze des Vertrauensschutzes und des gemeinschaftlichen Besitzstandes, davon ohne die Zustimmung Irlands abzuweichen.
29 Hingegen vertritt die Regierung des Vereinigten Königreichs, unterstützt durch die dänische Regierung, den Rat und die Kommission, die Ansicht, daß die Entschließungen nur den politischen Willen des Rates widerspiegelten und keine verbindlichen Maßnahmen darstellten, die Rechtswirkungen entfalteten, die die gesetzgeberische Zuständigkeit des Rates selbständig begrenzen könnten. Nichts hindere den Rat jedoch daran, beim Erlaß einer verbindlichen Maßnahme wie z. B. einer Verordnung die in Anhang VII der Haager Entschließung aufgeführten Grundsätze zu berücksichtigen.
30 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Rat gemäß Anhang VII der Haager Entschließung angesichts der wirtschaftlichen Gegebenheiten, die für die Fischereitätigkeit in Irland kennzeichnend seien, seine Absicht zum Ausdruck gebracht hat, die Vorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik so anzuwenden, daß eine kontinuierliche, progressive Entwicklung der irischen Fischwirtschaft sichergestellt wird. Im übrigen kam der Rat in diesem Anhang überein, die Existenzbedürfnisse der örtlichen Bevölkerung in anderen Gebieten zu berücksichtigen.
31 Dieser Anhang, der im Kern den politischen Willen des Rates zum Ausdruck bringt, bei der Anwendung der künftigen gemeinsamen Fischereipolitik besondere Bedürfnisse der Regionen zu berücksichtigen, deren Bevölkerung besonders vom Fischfang und den damit verbundenen Tätigkeiten abhängig ist, kann keine Rechtswirkungen entfalten, die geeignet sind, die gesetzgeberische Zuständigkeit des Rates zu begrenzen.
32 Im übrigen weicht die Natur des Anhangs VII von derjenigen des Anhangs VI der Haager Entschließung ab, der auf dem besonderen Gebiet, für das die Entschließung gilt, die Mitwirkungspflichten konkretisiert, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 des Vertrages durch ihren Beitritt zur Gemeinschaft übernommen haben (Urteil vom 4. Oktober 1979 in der Rechtssache 141/78, Frankreich/Vereinigtes Königreich, Slg. 1979, 2923, Randnr. 8). Anhang VI behandelt die Einführung von Erhaltungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten und das dabei zu beschreitende Verfahren und stellt in diesem Kontext die Verpflichtungen klar, die sich für die Mitgliedstaaten aus Artikel 5 des Vertrages ergeben.
33 Entsprechend seiner auf politischer Ebene übernommenen Verpflichtung erließ der Rat später die Verordnungen Nrn. 170/83 und 3760/92, die verbindliche Rechtshandlungen sind, in die die in Anhang VII der Haager Entschließung enthaltenen Leitlinien aufgenommen wurden. So legt Artikel 4 der Verordnung Nr. 170/83 und dann Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 den Grundsatz der relativen Stabilität der ausgeuebten Tätigkeiten als Kriterium für die Aufteilung der für die Gemeinschaft verfügbaren Fanganteile auf die Mitgliedstaaten fest, wobei der Begriff der relativen Stabilität dahin verstanden wird, daß er insbesondere den Schutz der besonderen Bedürfnisse der Regionen bedeutet, in denen die örtliche Bevölkerung speziell von der Fischereiindustrie und den damit verbundenen Gewerbezweigen abhängt.
34 Die Verordnung Nr. 3362/94 wurde nicht in Durchführung bindender Verpflichtungen erlassen, die sich angeblich aus Anhang VII der Haager Entschließung ergeben, sondern auf der Grundlage des Artikels 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92, von der im übrigen nicht bestritten ist, daß der Rat sie aufgrund von Artikel 43 EG-Vertrag ordnungsgemäß erlassen hat.
35 Somit ist es für die Gültigkeit der Verordnung Nr. 3362/94 unerheblich, ob Anhang VII der Haager Entschließung ordnungsgemäß angenommen worden ist oder nicht.
36 Diese Feststellung wird nicht dadurch entkräftet, daß der genannte Anhang nicht veröffentlicht oder den Parteien zugänglich gemacht worden ist.
37 Daher ist auf die erste Frage und auf den ersten Teil der dritten Frage zu antworten, daß die Gültigkeit der durch die Verordnung Nr. 3362/94 vorgenommenen Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa nicht von der Rechtmässigkeit der Annahme des Anhangs VII der Haager Entschließung abhängt.
Zur zweiten Frage und zum zweiten Teil der dritten Frage
38 Angesichts der Antwort, die auf die erste Frage gegeben worden ist, braucht über die zweite Frage und über den zweiten Teil der dritten Frage nicht entschieden zu werden.
Zur vierten Frage
39 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob die Verordnung Nr. 3362/94, soweit sie dem Vereinigten Königreich Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa zuteilt, nicht gegen die Bestimmungen der gemeinsamen Fischereipolitik, insbesondere die Verordnung Nr. 3760/92, verstösst, und zum anderen, ob die Verordnung Nr. 3362/94 mit dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz vereinbar ist. Um eine Antwort geben zu können, die dem nationalen Gericht bei der Entscheidung der Frage der Vereinbarkeit der Verordnung Nr. 3362/94 mit dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz sachdienlich ist, ist ferner zu prüfen, ob die Festsetzung der erwähnten Quoten durch die Verordnung Nr. 3362/94 nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 EG-Vertrag verstösst.
Zur gemeinsamen Fischereipolitik
40 Die Antragstellerinnen bestreiten die Gültigkeit der Zuteilung der streitigen Quoten gemäß der Verordnung Nr. 3362/94 mit der Begründung, daß die Wirkungen der Haager Präferenzen, die als Grundlage für die Festsetzung dieser Quoten dienten, gegen die Bestimmungen der gemeinsamen Fischereipolitik verstießen.
41 In diesem Zusammenhang ist vorab darauf hinzuweisen, daß der Rat einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt zu beurteilen hat, wenn er, gestützt auf Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92, die TAC festlegt und die Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten aufteilt.
42 Das Ermessen, über das der Rat verfügt, wenn er bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt beurteilen muß, bezieht sich nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung von Grunddaten insbesondere in dem Sinn, daß es dem Rat freisteht, sich gegebenenfalls auf globale Feststellungen zu stützen. Der Richter muß sich bei der Kontrolle einer solchen Ermessensausübung darauf beschränken, zu prüfen, ob diese nicht mit einem offensichtlichen Fehler oder einem Ermessensmißbrauch behaftet ist oder ob die fragliche Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat (vgl. Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-122/94, Kommission/Rat, Slg. 1996, I-881, Randnr. 18).
43 Zur Begründung ihrer Ansicht machen die Antragstellerinnen zunächst geltend, daß die Zuteilung von Mindestquoten, die nach den Haager Präferenzen gewährleistet würden, ohne Berücksichtigung der wissenschaftlichen Daten über den Umfang der betroffenen Fischbestände das in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3760/92 ausgesprochene Ziel des Schutzes und der rationellen Bewirtschaftung der Meeresressourcen gefährde.
44 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Anwendung der Haager Präferenzen durch die Verordnung Nr. 3362/94 nur die Aufteilung des für die Gemeinschaft verfügbaren Anteils der TAC auf die Mitgliedstaaten berührt, aber auf der vorhergehenden Stufe, bei der Festlegung der Höhe dieser TAC und dieses Teils der TAC durch den Rat nach Maßgabe der Erfordernisse der Erhaltung und einer rationellen Bewirtschaftung der Meeresressourcen, keine Rolle spielt.
45 Die Antragstellerinnen machen ferner geltend, daß die Durchführung der Haager Präferenzen den Fangmöglichkeiten der Fischfangflotte Nordirlands in der Zone VIIa schade und daher nicht gemäß Artikel 8 Absatz 4 Ziffer ii der Verordnung Nr. 3760/92 die relative Stabilität ihrer Fischereitätigkeit in dieser Zone gewährleisten könne.
46 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3760/92 der Rat die Fangmöglichkeiten unter den Mitgliedstaaten so aufteilt, daß für jeden Mitgliedstaat die relative Stabilität der Fischereitätigkeit bei jedem der betreffenden Bestände gewährleistet ist. Nach der dreizehnten Begründungserwägung der Verordnung muß diese Stabilität ferner auf die besonderen Bedürfnisse der Gebiete achten, deren Bevölkerung in besonderem Masse von der Fischerei und den mit ihr verbundenen Gewerbezweigen abhängt, wie der Rat in der Haager Entschließung, insbesondere in Anhang VII, entschieden hat. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß eine gerechte Verteilung der Fänge, wie der Rat in seiner oben erwähnten Erklärung vom 30. Mai 1980 ausgeführt hat, unter ganz besonderer Berücksichtigung der traditionellen Fischereitätigkeiten, der besonderen Bedürfnisse der Gebiete, deren örtliche Bevölkerung von der Fischerei und damit zusammenhängenden Gewerbebereichen in besonderem Masse abhängig ist, und des Verlustes an Fangpotential in den Gewässern von Drittländern vorzunehmen ist.
47 Daraus folgt, daß die Quoten jedem Mitgliedstaat einen Anteil an der TAC der Gemeinschaft gewährleisten sollen, der sich im wesentlichen nach den Fangmengen bemisst, die vor Einführung des Quotensystems im Rahmen der herkömmlichen Fischereitätigkeiten anfielen und die der von der Fischerei abhängigen ortsansässigen Bevölkerung sowie den mit der Fischerei verbundenen Gewerbezweigen in diesem Mitgliedstaat zugute kamen (vgl. in bezug auf die Verordnung Nr. 170/83 Urteile vom 14. Dezember 1989 in der Rechtssache C-3/87, Agegate, Slg. 1989, 4459, Randnr. 24, und in der Rechtssache C-216/87, Jaderow, Slg. 1989, 4509, Randnr. 23).
48 Daher obliegt es dem Rat, bei der Aufteilung der Fangmöglichkeiten unter den Mitgliedstaaten bei jedem der betreffenden Bestände die Interessen abzustimmen, die die einzelnen Mitgliedstaaten insbesondere in bezug auf ihre herkömmlichen Fischereitätigkeiten und gegebenenfalls ihre Bevölkerung sowie auf ihre örtlichen von der Fischerei abhängigen Gewerbezweige vertreten.
49 Im vorliegenden Fall wollte der Rat laut den Akten bei der Aufteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling für 1995 durch die Verordnung Nr. 3362/94 den Grundsatz der relativen Stabilität dadurch umsetzen, daß er zwischen den erwähnten Interessen durch Anwendung der Aufteilungsschlüssel von 1983 und Durchführung der Haager Präferenzen vermittelte, die wiederum den besonderen Bedürfnissen Irlands und der nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs Rechnung tragen sollten.
50 Selbst wenn diese Interessenabwägung zu einem Verlust an Fangmöglichkeiten für die Fischer Nordirlands führt, kann insoweit nicht davon ausgegangen werden, daß dem Rat ein offensichtlicher Ermessensfehler unterlaufen wäre oder daß er die Grenzen offensichtlich überschritten hätte, die seinem Ermessen durch das Erfordernis der relativen Stabilität gezogen sind.
51 Weiter tragen die Antragstellerinnen vor, wie sich aus der dreizehnten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3760/92 ergebe, hätten die Haager Präferenzen, die von den üblichen Aufteilungsregeln abwichen, nur wegen der seinerzeitigen Situation der Bestände umgesetzt werden können. Im Laufe der Jahre seien diese Präferenzen jedoch zu ständigen Maßnahmen geworden.
52 Dieses Argument beruht auf einer unrichtigen Auslegung der dreizehnten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3760/92. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zu Recht ausgeführt hat, soll der Hinweis auf die seinerzeitige biologische Situation der Bestände nur die Schwankungen der Fischbestände und die sich daraus ergebenden Kürzungen der Quoten verdeutlichen, vor denen das System der Haager Präferenzen die Fischer Irlands und des Vereinigten Königreichs schützen soll. Hingegen enthält der Wortlaut der Verordnung Nr. 3760/92 nichts, was die Annahme rechtfertigt, daß die Politik, durch die die Haager Präferenzen umgesetzt werden, zeitlich begrenzt werden muß.
53 Schließlich machen die Antragstellerinnen geltend, daß die Haager Präferenzen bereits bei der Festsetzung der Aufteilungsschlüssel von 1983 berücksichtigt worden seien, so daß die Umsetzung dieser Präferenzen beim Erlaß der Verordnung Nr. 3362/94 auf eine doppelte Berücksichtigung hinauslaufe.
54 Hierzu genügt die Feststellung, daß der Rat, selbst wenn die besonderen Bedürfnisse der Fischerei in Irland und in den nördlichen Regionen des Vereinigten Königreichs bei der Anwendung der Aufteilungsschlüssel von 1983 berücksichtigt wurden, deswegen nicht daran gehindert ist, die Haager Präferenzen erneut bei einer Kürzung der TAC zu berücksichtigen, die die Existenzbedürfnisse dieser Fischerei beeinträchtigt. Diese Art und Weise der Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse im Rahmen der Abwägung der Interessen, die der Rat bei der Aufteilung der Quoten unter den Mitgliedstaaten vornehmen muß, kann nicht als offensichtlicher Fehler oder offensichtliche Ermessensüberschreitung dieses Organs angesehen werden.
Zu den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und der Nichtdiskriminierung
55 Die Antragstellerinnen vertreten die Ansicht, daß die Haager Präferenzen gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstießen. Erstens hätten diese Präferenzen zu einer Kürzung der Quoten der Fischer Nordirlands für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa in weit grösserem Umfang als die verschiedenen TAC für diese Bestände geführt und auf diese Weise entgegen den eigenen Zielen eine bedeutende Einbusse an Fangmöglichkeiten in dieser Zone für die Fischer Nordirlands verursacht. Zweitens nutzten die irischen Fischer im Gegensatz zu denjenigen des Vereinigten Königreichs die Quoten, die Irland aufgrund der Haager Präferenzen für die Zone VIIa erhalten und anschließend im Rahmen des Austausches mit anderen Mitgliedstaaten verwendet habe, nur teilweise und begünstigten auf diese Weise von den Haager Präferenzen nicht betroffene Wirtschaftsteilnehmer.
56 Im übrigen verstießen die Haager Präferenzen, die als Grundlage der Aufteilung der Quoten nach der Verordnung Nr. 3362/94 dienten, gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages, da die Flotten der nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs einschließlich der Flotte Nordirlands nur Anspruch auf ihre Fänge von 1975 hätten, soweit sie von Booten mit einer Länge von bis zu 24 m getätigt würden, während der irischen Flotte das Doppelte der von ihr 1975 erzielten Fänge zugeteilt werde.
57 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (insbes. Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-256/90, Mignini, Slg. 1992, I-2651, Randnr. 16) kommt es für die Frage, ob eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht, darauf an, ob die in ihr gewählten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen. Ausserdem kann zwar die Rechtmässigkeit einer Maßnahme dadurch beeinträchtigt werden, daß diese für das vom zuständigen Organ verfolgte Ziel offensichtlich ungeeignet ist; jedoch ist den Gemeinschaftsorganen mit Rücksicht auf die ihnen im Vertrag zugewiesenen Aufgaben auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik ein weites Ermessen zuzugestehen.
58 Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung verlangt das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages, daß gleiche Sachverhalte nicht ungleich behandelt werden, es sei denn, daß eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. insbesondere Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnr. 67).
59 Die Notwendigkeit, gegebenenfalls verschiedene Gruppen der landwirtschaftlichen Bevölkerung unterschiedlich zu behandeln, ist in Artikel 39 Absatz 2 EG-Vertrag anerkannt. Danach ist "bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik ... folgendes zu berücksichtigen: a) die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt" (Urteil vom 13. Juni 1978 in der Rechtssache 139/77, Denkavit Futtermittel GmbH, Slg. 1978, 1317, Randnr. 15).
60 Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Rat durch die Einbeziehung der Haager Präferenzen bei der Ausarbeitung der gemeinsamen Fischereipolitik besonderen Bedürfnissen der Gebiete, deren Bevölkerung in besonderem Maß von der Fischerei und den mit ihr verbundenen Gewerbezweigen abhängt, Rechnung tragen wollte. Der Rat hat insbesondere in Anhang VII der Haager Entschließung seine Absicht zum Ausdruck gebracht, zum einen die Vorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik so anzuwenden, daß eine kontinuierliche, progressive Entwicklung der irischen Fischwirtschaft sichergestellt ist, und zum anderen auch die Existenzbedürfnisse der Bevölkerung anderer Gebiete, wie der nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs, zu berücksichtigen.
61 Daher hat der Rat mit seiner Entscheidung, wegen der besonderen Bedürfnisse der betroffenen Gebiete Irland höhere Fischfangquoten zuzuteilen als dem Vereinigten Königreich, eine in seinem Ermessen stehende Wahl auf dem Gebiet der Agrarpolitik getroffen, die den in Artikel 39 des Vertrages definierten Zielen dieser gemeinsamen Politik entspricht.
62 Die Antragstellerinnen haben nicht dargetan, daß diese unterschiedliche Behandlung willkürlich oder dem Zweck, den besonderen Bedürfnissen der von der Fischerei abhängigen Kreise in Irland und in den nördlichen Teilen des Vereinigten Königreichs Rechnung zu tragen, offensichtlich unangemessen wäre.
63 In diesem Zusammenhang hat die Regierung des Vereinigten Königreichs von den Antragstellerinnen unwidersprochen ausgeführt, daß die Quoten des Vereinigten Königreichs für Kabeljau und für Wittling für 1995 zwar unter den Fängen gelegen hätten, auf die dieser Staat nach den Aufteilungsschlüsseln von 1983 Anspruch gehabt hätte, jedoch vor dem Quotenaustausch gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 3760/92 deutlich über den Mengen nach den Haager Präferenzen gelegen hätten. Im übrigen konnte das Vereinigte Königreich, wie seine Regierung zu Recht ausführt, durch Berufung auf seine eigenen Haager Präferenzen und durch Quotenaustausch seinen Anteil an den TAC in der Zone VIIa trotz einer erheblichen Kürzung dieser TAC seit 1990 bei Kabeljau erhöhen und bei Wittling nahezu beibehalten.
64 Zu dem Parameter im Zusammenhang mit der Grösse der Schiffe, deren Länge 24 m nicht überschreiten darf, geht aus den Akten hervor, daß die Anlandungen durch diese Schiffe für die nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs als Norm für die Befriedigung der Existenzbedürfnisse dieser Gebiete gilt.
65 Zum Vorbringen der Antragstellerinnen, daß wegen des Quotenaustauschs, den Irland mit anderen Mitgliedstaaten durchgeführt habe, die Vergünstigungen aufgrund der Haager Präferenzen ungerechtfertigt auf andere als die ursprünglich geschützten Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern ausgedehnt worden seien, ist zu bemerken, daß dieser Austausch, wie der Generalanwalt in Nummer 76 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, den irischen Fischern zugute kommt, denen Fangmöglichkeiten für andere Bestände als Wittling und Kabeljau verschafft werden, während die anderen Mitgliedstaaten, die am Quotenaustausch mit Irland beteiligt sind, ganz oder teilweise auf die entsprechenden Quoten für diese Bestände verzichten müssen.
66 Somit wird der Zweck der Haager Präferenzen, der Schutz der besonderen Bedürfnisse der Bevölkerung von der Fischerei abhängiger Gebiete, im Fall dieses Quotenaustauschs verwirklicht.
67 Daher verstösst die Zuteilung der Quoten an das Vereinigte Königreich durch die Verordnung Nr. 3362/94 weder gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 40 Absatz 3 des Vertrages.
68 Nach allem ist auf die vierte Frage zu antworten, daß die Prüfung der Verordnung Nr. 3362/94 nichts ergeben hat, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte.
Zur fünften Frage
69 Angesichts der Antwort auf die vierte Frage, braucht über die fünfte Frage nicht entschieden zu werden.
Kosten
70 Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs, der dänischen und der irischen Regierung sowie des Rates der Europäischen Union und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom High Court of Justice in Northern Ireland, Queen's Bench Division, mit Beschluß vom 13. Oktober 1995 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Die Gültigkeit der Zuteilung der Quoten für Kabeljau und für Wittling in der Zone VIIa durch die Verordnung (EG) Nr. 3362/94 des Rates vom 20. Dezember 1994 zur Festlegung der zulässigen Gesamtfangmengen und entsprechender Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder -bestandsgruppen für 1995 hängt nicht von der Ordnungsmässigkeit der Annahme des Anhangs VII der durch den Rat in Den Haag angenommenen Entschließung vom 3. November 1976 ab.
2. Die Prüfung der Verordnung Nr. 3362/94 hat nichts ergeben, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte.
(1) - Bei den genannten Gebieten handelt es sich um Grönland, die nördlichen Teile des Vereinigten Königreichs und Irland.