61995C0167

Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly vom 28. November 1996. - Maatschap M.J.M. Linthorst, K.G.P. Pouwels en J. Scheren c.s. gegen Inspecteur der Belastingdienst/Ondernemingen Roermond. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Gerechtshof 's-Hertogenbosch - Niederlande. - Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 9 - Dienstleistungen der Tierärzte. - Rechtssache C-167/95.

Sammlung der Rechtsprechung 1997 Seite I-01195


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Der Gerichtshof wird in diesem Vorabentscheidungsverfahren um die Auslegung des Anwendungsbereichs einiger Bestimmungen des Artikels 9 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(1) ersucht. Er soll aufgrund der vorgelegten Frage entscheiden, an welchem Ort tierärztliche Leistungen, die Viehmastbetrieben in einem Mitgliedstaat (Belgien) von einer Sozietät von Tierärzten erbracht werden, die den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und ihre feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (Niederlande) hat, im Sinne der Mehrwertsteuer als bewirkt anzusehen sind.

I - Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt

2 Die einschlägigen Bestimmungen des Artikels 9 der Sechsten Richtlinie lauten:

"(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(2) Es gilt jedoch

...

c) als Ort der folgenden Dienstleistungen der Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden:

- Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände,

- Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen;

...

e) als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an ausserhalb der Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch ausserhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort;

- Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen,

..."

Artikel 9 Absatz 3 ist ebenfalls einschlägig. Er bestimmt:

"Um Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten bei den in [Artikel 9] Absatz 2 Buchstabe e) bezeichneten Dienstleistungen ...

a) den Ort einer Dienstleistung, der nach diesem Artikel im Inland liegt, so behandeln, als läge er ausserhalb der Gemeinschaft, wenn dort die tatsächliche Nutzung oder Auswertung erfolgt;

b) den Ort einer Dienstleistung, der nach diesem Artikel ausserhalb der Gemeinschaft liegt, so behandeln, als läge er im Inland, wenn dort die tatsächliche Nutzung oder Auswertung erfolgt."

3 Nach den Angaben des Gerechtshof 's-Hertogenbosch wurde die niederländische Wet op de Omzetbelasting 1968 (Mehrwertsteuergesetz 1968, nachstehend: Gesetz) später geändert, um der Sechsten Richtlinie Rechnung zu tragen(2). Der Gerichtshof kann nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts davon ausgehen, daß der niederländische Gesetzgeber in Artikel 6 des Gesetzes die gleiche Regelung über den Ort, an dem die Dienstleistungen als erbracht gelten, treffen wollte, wie sie in Artikel 9 der Sechsten Richtlinie enthalten ist.

4 Die Sozietät Linthorst, Pouwels und Scheres, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, hat ihren Sitz in Ell in den Niederlanden(3). Sie betreibt eine allgemeine Tierarztpraxis, in der die Teilhaber, die sämtlich Tierärzte sind, tätig sind. Mehrwertsteuerrechtlich gilt sie als ein Unternehmen (ondernemer) im Sinne des Artikels 7 des Gesetzes. Im Februar 1994 (nachstehend: maßgeblicher Besteuerungszeitraum) stellte sie in Belgien ansässigen Viehmästern, die keine feste Niederlassung ausserhalb Belgiens hatten, insgesamt 5 110 HFL für tierärztliche Leistungen in Rechnung. Die Leistungen (nachstehend: die belgischen Leistungen), die keine Lieferung von Medikamenten umfassten, betrafen Tiere in Belgien und wurden von der Sozietät in Belgien erbracht. Für den maßgeblichen Besteuerungszeitraum hatte die Sozietät in ihrer Erklärung über die von ihr insgesamt in Höhe von 32 037 HFL zu entrichtende Mehrwertsteuer einen Betrag von 894 HFL aufgenommen, der 17,5 % Mehrwertsteuer auf den für die belgischen Leistungen in Rechnung gestellten Betrag von 5 110 HFL entsprach. Nach erfolglosem Einspruch im Verwaltungsverfahren wegen Erstattung des Betrages von 894 HFL erhob die Sozietät Klage beim vorlegenden Gericht

5 Linthorst machte vor dem nationalen Gericht geltend, daß der Ort, an dem die belgischen Dienstleistungen erbracht worden seien, nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c dritter und vierter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie als der Ort anzusehen sei, an dem die Leistungen tatsächlich bewirkt worden seien, d. h. also in Belgien. Hilfsweise trug sie vor, daß nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e als Ort der Dienstleistung der Ort gelten müsse, an dem die Empfänger ihren Geschäftssitz hätten, der ebenfalls in Belgien liege. Nach Ansicht der Steuerbehörden ist die Hauptregel des Artikels 9 Absatz 1 anwendbar, und die Mehrwertsteuer für die belgischen Leistungen sei von der Sozietät zutreffend am Ort ihrer Niederlassung in den Niederlanden erhoben worden.

6 Das nationale Gericht weist darauf hin, daß der Ort, an dem eine Dienstleistung nach Artikel 9 der Sechsten Richtlinie als bewirkt gelte, die Grenzen für die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Besteuerung dieser Dienstleistung festlege und daher eine gemeinschaftsrechtliche Auslegung dieser Bestimmung erforderlich sei, um Situationen der Doppel- oder Nichtbesteuerung zu vermeiden, die durch unterschiedliche nationale Auslegungen entstehen könnten. Obwohl das vorlegende Gericht nicht davon überzeugt ist, daß eine der von der Sozietät angeführten Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 2 im vorliegenden Fall anwendbar ist, hat es in Anbetracht der von den belgischen Behörden vertretenen Ansicht, daß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c vierter Gedankenstrich auf tierärztliche Leistungen anwendbar sei, beschlossen, dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Artikel 9 der Sechsten Richtlinie so auszulegen, daß als Ort, an dem ein Tierarzt seine Dienstleistungen erbringt, der Ort gilt, an dem er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus diese Dienstleistungen erbracht werden, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort, oder ist dieser Artikel so auszulegen, daß der Ort, an dem ein Tierarzt seine Dienstleistungen erbringt, ein anderer ist, nämlich der, an dem die Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden, oder der, an dem der Empfänger der Dienstleistungen den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für die die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort?

II - Erklärungen

7 Schriftliche Erklärungen haben Linthorst, das Königreich der Niederlande, die Bundesrepublik Deutschland, die Italienische Republik und die Kommission eingereicht, die bis auf Linthorst und Deutschland auch mündliche Erklärungen abgegeben haben.

III - Prüfung der Frage

8 Artikel 9 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie stellt als Regel auf, daß die Mehrwertsteuer für die Erbringung von Dienstleistungen normalerweise an dem Ort erhoben wird, an dem der Dienstleistende seinen Sitz hat. Artikel 9 Absatz 2 legt jedoch für eine Vielzahl verschiedenartiger Dienstleistungen andere Regeln fest. Zu der Auslegung dieses Artikels, insbesondere zu dem Verhältnis zwischen dessen Absätzen 1 und 2, nahm der Gerichtshof bereits Stellung.

9 Obwohl in Artikel 9 Absatz 1 "insoweit eine allgemeine Regel niedergelegt ist"(4), folgt daraus nicht, daß der Anwendungsbereich des Artikels 9 Absatz 2 als Ausnahme von der allgemeinen Regel eng auszulegen ist(5). Der Gerichtshof stellte vielmehr im Urteil Dudda fest: Durch "diese Bestimmungen sollen, wie sich aus Artikel 9 Absatz 3 - wenn auch nur für Sonderfälle - ergibt, Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, sowie die Nichtbesteuerung von Einnahmen verhindert werden"(6). Der Gerichtshof führte weiter aus(7):

" Daraus folgt, daß eine Auslegung des Artikels 9 keinen Vorrang des Absatzes 1 gegenüber Absatz 2 ergibt. In jedem Einzelfall stellt sich vielmehr die Frage, ob eine der Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 2 einschlägig ist; andernfalls gilt Absatz 1."

Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, daß der Anwendungsbereich des Artikels 9 Absatz 2 unter Berücksichtigung seines Zweckes zu bestimmen sei, der sich aus der siebten Begründungserwägung der Sechsten Richtlinie ergebe(8): Die Vorschrift als ganze "will ... eine Sonderregelung für Dienstleistungen einführen, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen"(9).

10 Im vorliegenden Fall wurde der Preis der Dienstleistungen der Sozietät wahrscheinlich unmittelbar in den Preis der von den Viehhaltern gelieferten Erzeugnisse eingerechnet (nämlich in den Wiederverkaufswert der Tiere oder, wenn diese vor dem Verkauf geschlachtet worden waren, der Tierkörper oder in den Preis der Milcherzeugnisse im Fall der Milchwirtschaft). Allgemeiner wird jedoch, wie das vorlegende Gericht festgestellt hat, ein nicht unerheblicher Teil der tierärztlichen Leistungen gegenüber Privatpersonen erbracht, so daß keine Dienstleistungen zwischen steuerpflichtigen Personen erbracht werden, auch wenn, wie ich später noch erörtern werde, tierärztliche Leistungen unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich fallen. So verhält es sich jedoch in unserem Fall offensichtlich nicht, in dem Dienstleistungen gegenüber Viehmästern erbracht wurden.

i) Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c dritter Gedankenstrich - Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände

11 Die Klägerin trägt als erstes Argument vor, die belgischen Leistungen könnten als "Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände" eingeordnet werden. Sie stützt sich dabei in erster Linie auf die niederländische Fassung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, insbesondere auf die Wendung "in verband met", die sich im Englischen mit "in connection with" oder im Französischen mit "en rapport avec" wiedergeben lässt. Tatsächlich wird in der englischen Fassung der Ausdruck "relating to" und in der französischen der Ausdruck "ayant pour objet" verwendet. In beiden Begriffen kommt eine finale Verbindung zwischen den Dienstleistungen und der Begutachtung der Gegenstände zum Ausdruck. Ich stimme der Subsumierung von Tieren unter "bewegliche körperliche Gegenstände" zu, da im Zivilrecht der meisten Rechtssysteme das Eigentum an Tieren dem Eigentum an Sachen gleichgestellt ist. Ich gebe jedoch dem vorlegenden Gericht Recht, daß der Verfasser der Richtlinie mit den Dienstleistungen die Tätigkeit von Sachverständigen zur Wertermittlung, etwa die von Schadensregulierern, und nicht die von Sachverständigen im Bereich der Tierheilkunde meinte.

12 Gelegentlich kann es zwar vorkommen, daß ein Tierarzt für einen Landwirt ein Gutachten über den Schaden erstellt, den dieser z. B. nach dem Ausbruch einer Rinderkrankheit erlitten hat, oder, wie der Bevollmächtigte der Niederlande in der Sitzung ausgeführt hat, für den Eigentümer eines Pferdes den Wert des Tieres ermittelt. Hierbei handelt es sich meiner Meinung nach aber um beiläufige oder gelegentliche Tätigkeiten. Die Hauptaufgabe eines Tierarztes ist die tierärztliche Behandlung von Tieren zu therapeutischen oder präventiven Zwecken. Im Kern ist diese Behandlung - abgesehen von einigen offenkundigen Ausnahmen - sowohl nach ihrem wesentlichen Ziel als auch nach den eingesetzten Mitteln und Medikamenten der eines Allgemeinarztes vergleichbar. Nach meiner Meinung können die gewöhnlich von einem Tierarzt erbrachten Dienstleistungen nicht den "Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände" gleichgesetzt werden.

ii) Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c vierter Gedankenstrich - Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen

13 Linthorst macht weiter geltend, daß die Dienstleistungen der Tierärzte als Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c vierter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie eingeordnet werden könnten. Das vorlegende Gericht weist in diesem Zusammenhang ergänzend zu der Tatsache, daß in der niederländischen Fassung der Gedankenstrich mit der Wendung "in verband met" eingeleitet wird, darauf hin, daß weder der Wortlaut der englischen noch der der deutschen Fassung (nämlich "work on movable tangible property" oder "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen") einen so weiten Sinn habe wie die niederländische Wendung "werkzaamheden die betrekking hebben op rörende lichamelijke zaken", die in einer wörtlicheren Übersetzung ins Englische mit "activities which relate to movable corporeal things" [Tätigkeiten, die sich auf bewegliche körperliche Gegenstände beziehen] wiedergegeben werden könnte. Im Niederländischen habe das Wort "werkzaamheden" offensichtlich eine weitere Bedeutung als das Wort "work" im Englischen. Die Kommission meint jedoch, daß im Gegensatz zu dem ihrer Ansicht nach neutraleren niederländischen Wort "werkzaamheden" das in der französischen Fassung verwendete Wort "travaux" eher an Reparatur- oder Wartungsarbeiten als an die kombinierte Funktion von Beratung und tierärztlicher Behandlung denken lasse(10). Das vorlegende Gericht möchte den vierten Gedankenstrich auf Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen an sich beschränken und lehnt, unterstützt von Deutschland, eine zu weite Auslegung der Bestimmung ab, da in diesem Falle der dritte Gedankenstrich überfluessig würde.

14 Der Gerichtshof bemüht sich im Falle der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift um eine einheitliche Auslegung des Textes, die dem tatsächlichen Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers entspricht und nicht unbedingt durch die Besonderheiten einer der verschiedenen, gleichermassen verbindlichen Sprachfassungen beeinflusst ist(11). Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts stützen die deutsche und die englische Fassung nicht das weite Verständnis der niederländischen Fassung, während die Kommission meint, daß der französische Text für eine engere und konkretere Auslegung spreche. Dem möchte ich hinzufügen, daß keine der anderen Fassungen des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie, die in dem maßgeblichen Besteuerungszeitraum verbindlich waren, die von der Sozietät befürwortete weite Auslegung der Vorschrift stützt(12). Zwar hat der Gerichtshof gelegentlich eine Bestimmung der Sechsten Richtlinie unter besonderer Hervorhebung einer der verbindlichen Fassungen ausgelegt, wenn dies nicht im Widerspruch zu den anderen Fassungen stand(13), aber er verfolgte dabei trotzdem stets das Ziel einer einheitlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts.

15 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts umfassen die Dienstleistungen von Tierärzten sowohl nach allgemeinem Sprachgebrauch als auch wegen der präventiven und Beratungsleistungen, die gewöhnlich erbracht werden, mehr als Arbeiten an Tieren und könnten besser als Tätigkeiten, die die Behandlung von Tieren betreffen, angesehen werden(14). Das Gericht sieht seine Ansicht auch durch andere Rechtsvorschriften bestätigt(15). Die Kommission stimmt der Auffassung des vorlegenden Gerichts zu, daß gesellschaftliche Anschauungen, wie sie im gewöhnlichen Sprachgebrauch zum Ausdruck kämen, wichtiger als der genaue Wortlaut einer Bestimmung sei(16). Die Dienstleistungen der Tierärzte werden nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht als Arbeit an Tieren bezeichnet.

16 Ich stimme der Ansicht zu, daß die Wendung "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen" nicht weit auszulegen ist. Der Verfasser der Richtlinie wollte nach meiner Meinung mit diesem Gedankenstrich nur Dienstleistungen, die physische Arbeiten an beweglichen Gegenständen erfordern oder zumindest eng mit solchen Arbeiten zusammenhängen, aber nicht Arbeiten hauptsächlich intellektueller Natur erfassen.

17 Die Tätigkeit eines Tierarztes umfasst nach allgemeinem gesellschaftlichen Verständnis sehr viel mehr als nur die physische Behandlung von Tieren. Wie in Fußnote 14 bereits erwähnt, hatte der Gemeinschaftsgesetzgeber den Mitgliedstaaten ursprünglich die Möglichkeit eingeräumt, die "Behandlung von Tieren durch Tierärzte" (Hervorhebung von mir) von der Besteuerung auszunehmen. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c "die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden", ohne zeitliche Begrenzung von der Steuer befreien. Meines Erachtens zeigen diese ausdrücklichen Verweisungen auf "Behandlung" und "Heilbehandlung", daß die Verfasser der Sechsten Richtlinie im Bereich der Mehrwertsteuer nicht von dem abweichen wollten, was gemeinhin unter der Tätigkeit eines Tierarztes verstanden wird. Der Gerichtshof hat sich bei seiner Entscheidung, daß Italien gegen seine Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie verstossen habe, indem es die von Tierärzten erbrachten Leistungen von der Mehrwertsteuer befreit habe, damit einverstanden gezeigt, daß die Tätigkeit eines Tierarztes als "Behandlung von Tieren" umschrieben werden sollte(17).

18 Ich bin der festen Auffassung, daß die Tätigkeit eines Tierarztes allgemein zu sehen ist, wobei von dem allgemeinen Verständnis der Art und des Zweckes dieser Tätigkeit und nicht von dem weniger wichtigen Umstand auszugehen ist, daß die Tätigkeit in der Tat Arbeiten an Tieren umfasst. Die Tatsache allein, daß einige Leistungen der Sozietät in ganz wörtlichem Sinne Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen umfassten, spricht nicht gegen diese Auslegung. Die physische Seite der von Tierärzten an Tieren durchgeführten Untersuchungen und Operationen als Teil der ihren Kunden zu erbringenden Dienstleistung definiert die Art dieser Dienstleistung nicht erschöpfend, da sie intellektuelle Fähigkeiten, Erfahrung und Urteilsvermögen des betreffenden praktischen Tierarztes voraussetzt. Nach meiner Überzeugung kann die Dienstleistung daher nicht unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c vierter Gedankenstrich subsumiert werden.

iii) Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich - Ähnlichkeit mit Beratungsleistungen

19 Schließlich macht Linthorst geltend, tierärztliche Leistungen könnten als "ähnliche Leistungen" unter "Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen" in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie subsumiert werden. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts können die Dienstleistungen von Tierärzten wegen der unterschiedlichen Natur der Gesamtheit tierärztlicher Dienstleistungen und der Dienstleistungen von "Beratern" oder "sonstiger ähnlicher Leistungen" nicht unter diese Bestimmung fallen. Die Sozietät trägt vor, daß ihre Leistungen sowohl angesichts der weiten Bedeutung des Begriffes der Beratung als auch der teilweise beratenden Natur tierärztlicher Leistungen als Leistungen angesehen werden könnten, die denen von Beratern zumindest ähnlich seien. Nach Ansicht der Bundesregierung ergibt sich, auch wenn in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich nur Tätigkeiten aufgeführt würden, die selbständig ausgeuebt würden, daraus nicht, daß solche Tätigkeiten stets als in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallend anzusehen seien; hätte der Gesetzgeber die normalerweise von Tierärzten erbrachten Dienstleistungen einbeziehen wollen, hätte er dies ausdrücklich getan.

20 Auf den ersten Blick gibt es keine klare Antwort auf dieses Dilemma. Diese Dienstleistungen sind von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c zumindest zum Teil deshalb ausgeschlossen, weil sie eine beratende Tätigkeit mit umfassen. Im Urteil Dudda legte der Gerichtshof eine Parallelbestimmung in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich aus, die den Ort folgender Dienstleistungen betrifft:

"Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten."

Von Bedeutung ist, daß die tontechnischen und Beschallungsleistungen, um die es in diesem Fall ging, als mit den Haupttätigkeiten künstlerischer oder unterhaltender Art zusammenhängende Tätigkeiten angesehen wurden. In seinem Urteil Dudda verwies der Gerichtshof daher kurz nur auf die Wendung "ähnliche Tätigkeiten" und stellte fest, daß "unter diese Bestimmung nicht nur Leistungen [fallen], die sich auf Tätigkeiten auf dem Gebiet insbesondere der Kunst oder der Unterhaltung beziehen, sondern auch solche, die sich auf nur ähnliche Tätigkeiten beziehen"(18).

21 Die Auslegung des Ausdrucks "nur ähnliche Tätigkeiten"(19) ist meines Erachtens nicht einfach. Wahrscheinlich will der Gerichtshof sagen, daß es ausreicht, wenn Tätigkeiten künstlerischen oder unterhaltenden Tätigkeiten "ähnlich" sind, um sie unter den ersten Gedankenstrich zu subsumieren. Der Gerichtshof hat sich auf der anderen Seite nicht darum bemüht, aufgrund der Begriffe des ersten Gedankenstrichs eine Klasse oder eine Gattung von Tätigkeiten festzulegen, so daß der Auslegungsgrundsatz der Gattungsgleichheit (ejusdem generis principle of construction) anzuwenden wäre(20). Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt voraus, daß sich ausgehend von den in dem zu untersuchenden Gesetzestext aufgeführten Gegenständen eine Gattung festlegen lässt, die dem allgemeinen Ausdruck vorgeht(21). Im wesentlichen geht es um die Suche nach einem hinlänglich gemeinsamen Merkmal, anhand dessen sich eine wiedererkennbare Klasse festlegen lässt. Die in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich aufgeführten Tätigkeiten sind nach meiner Meinung zu verschiedenartig und weisen keine gemeinsamen Merkmale auf. Es wurde vorgetragen, daß die aufgeführten Tätigkeiten insoweit weitgehend eine Gattung bildeten, als sie als zu den freien Berufen gehörend angesehen werden könnten. Ich bin jedoch nicht der Ansicht, daß der Gesetzgeber bei diesem Gedankenstrich ein Verzeichnis oder eine Gattung oder Klasse von Tätigkeiten festlegen wollte, die dem herkömmlichen Begriff der freien Berufe entsprechen. Eine Auslegung, die versucht, die unzähligen Formen moderner Beratungstätigkeit mit dem gesellschaftlichen und intellektuellen Prestige der herkömmlichen Berufe - das sich im allgemeinen auf ein hohes Ausbildungsniveau und strenge ethische und berufliche Verhaltensregeln gründet - zu vergleichen, würde dem Sprachgebrauch in diesem Gedankenstrich in erheblichem Masse Gewalt antun. Die Auslassung der medizinischen Dienstleistungen ist selbstverständlich eine natürliche Folge der Freistellung dieser Leistungen durch Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c. Sie würden, wenn sie einbezogen worden wären, zweifellos den tierärztlichen Leistungen "ähnlich" sein. Im Ergebnis lässt sich der Aufzählung keine Klasse von Tätigkeiten entnehmen, die den normalen Tätigkeiten eines Tierarztes "ähnlich" wäre, und es gibt nach meiner Meinung ausser dem unbefriedigenden Begriff der freien Berufe keinen anderen gemeinsamen Nenner für diese Tätigkeiten.

22 In der Tat ist - wie ich bereits zu Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe c vierter Gedankenstrich ausgeführt habe(22) - angesichts der in Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b und Anhang F der Sechsten Richtlinie für die Behandlung von Tieren durch Tierärzte ausdrücklich vorgesehenen vorübergehenden Steuerbefreiung davon auszugehen, daß der Gesetzgeber, wenn er tierärztliche Leistungen in den Gedankenstrich hätte einbeziehen wollen, wie er dies mit den Dienstleistungen der Rechtsanwälte eindeutig getan hat, dies ausdrücklich getan hätte. Tierärzte, die herkömmliche tierärztliche Dienstleistungen erbringen, üben einen besonderen Beruf aus, dessen Rolle ohne weiteres allgemein klar ist. Da, wie in der vorstehenden Nummer aufgezeigt, dem Gedankenstrich keine Gattung zu entnehmen ist, ist zu prüfen, ob diese tierärztlichen Tätigkeiten einer der dort aufgeführten Tätigkeiten ähnlich sind. Der Hinweis auf "andere ähnliche Dienstleistungen" kann nicht so verstanden werden, daß er sich auf die berufliche Stellung des Erbringers einiger der aufgeführten Dienstleistungen wie z. B. der Rechtsanwälte bezieht - da sowohl Tierärzte als auch Rechtsanwälte im grossen und ganzen als Angehörige der freien Berufe eingeordnet werden können -, sondern muß im Gegenteil so ausgelegt werden, daß er nur solche Dienstleistungen umfasst, die - im Hinblick auf die konkreten Aspekte der tatsächlich erbrachten Dienstleistung - einer der vorher ausdrücklich aufgeführten Dienstleistungen ähnlich sind. Die Ähnlichkeit, soweit sie besteht, zwischen der Art der Dienstleistungen von Tierärzten und der von Beratern oder insbesondere von "Studienbüros", die sich aus der mit einem Teil der tierärztlichen Tätigkeit verbundenen Beratung ergibt, ist nach meiner Meinung nicht ausreichend, um die tierärztlichen Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gedankenstrichs fallen zu lassen.

23 Im übrigen bietet die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die teils als "sehr turbulent"(23) und teils als "ziemlich wirr"(24) beschrieben worden ist, keinen Anhaltspunkt für die Auslegung des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich in dem Sinne, daß er tierärztliche Leistungen umfasst(25). Ihr lässt sich z. B. kein Hinweis darauf entnehmen, daß der Richtlinienverfasser alle gewerblichen oder in anderer Weise selbständig innerhalb der Gemeinschaft zwischen Steuerpflichtigen erbrachten Dienstleistungen nach dem Wortlaut des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe e an dem Ort besteuern wollte, "an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat". Darüber hinaus bietet die siebte Begründungserwägung der Sechsten Richtlinie(26) ebenfalls keine Stütze, da nach dieser Erwägung, wie der Gerichtshof in Urteil Dudda bestätigt hat, Ziel der in Artikel 9 Absatz 2 aufgeführten Ausnahmen ist, "eine Sonderregelung für Dienstleistungen ein[zu]führen, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen"(27). Die blosse Tatsache, daß die belgischen Leistungen von den Empfängern wahrscheinlich in den Preis der "Waren", die sie später an Dritte lieferten, eingerechnet wurden, reicht allein nicht aus, um als Ort, an dem diese Leistungen erbracht worden sind, Belgien anzusehen.

24 Ich bin fest davon überzeugt, daß der Begriff der Tätigkeiten, die denen von "Beratern" und "consultancy bureaux" ähnlich sind, so unbestimmt dessen Tragweite auch sein mag, vernünftigerweise nicht so verstanden werden kann, daß er sich auf die Tätigkeit von Tierärzten erstreckt. Die Heilbehandlung von Tieren umfasst sehr viel mehr als eine bloß beratende Tätigkeit, die sich auf Tiere bezieht. Es mag sich anders verhalten, wenn eine Gruppe von Tierärzten ein Unternehmen gründet, das sich auf eine tierbezogene Betriebsberatung der Viehzuechter, der an der Gründung eines Zuchtbetriebs interessierten Personen oder sogar von Behörden konzentriert haben, aber dann sind ihre Dienstleistungen keine tierärztlichen Leistungen im gewöhnlichen Sinne. Ebenso kann ein Tierarzt Dienstleistungen erbringen, die eine echte Beratungstätigkeit darstellen; z. B. kann er Personen, Unternehmen oder Organisationen regelmässig in Fragen der Tierhaltung beraten. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht nicht festgestellt, daß dieser Fall auf Linthorst zutrifft, deren beratende Tätigkeit gegenüber der normalen Tierarzttätigkeit nur von untergeordneter Bedeutung zu sein scheint.

25 Berücksichtigt man erstens die Ziele des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems und insbesondere Artikel 9 der Sechsten Richtlinie und zweitens den allgemeinen Charakter tierärztlicher Leistungen, wie sie im allgemeinen Sprachgebrauch verstanden werden, dann können nach meiner Meinung die Leistungen eines Tierarztes, der als solcher und nicht als ein Beratungsspezialist tätig ist, nicht als unter Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dritter Gedankenstrich fallend angesehen werden.

iv) Artikel 9 Absatz 1 - Ort der Dienstleistung

26 Da keine der Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie anwendbar ist, bestimmt sich der Ort der von der Sozietät erbrachten Dienstleistungen nach Artikel 9 Absatz 1. Im Urteil Berkholz stellte der Gerichtshof fest: "Nach Artikel 9 Absatz 1 ist der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, in dieser Hinsicht ein vorrangiger Anknüpfungspunkt. Die Berücksichtigung einer anderen Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, ist nur dann von Interesse, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat."(28) Diesen Anknüpfungspunkt stellen im vorliegenden Fall die Niederlande dar. Die Wahl des Ortes der Niederlassung als Ort der tierärztlichen Dienstleistungen löst alle Konflikte, die sich aus unterschiedlichen nationalen Auffassungen ergeben können, wie sie im vorliegenden Fall zwischen den Niederlanden und Deutschland auf der einen Seite und Belgien auf der anderen Seite bestehen.

27 Zudem ist nicht geltend gemacht worden, daß die Sozietät im vorliegenden Fall eine feste Niederlassung ausserhalb der Niederlande, sei es in Belgien oder anderswo, hat. Infolgedessen ist der Ort ihrer Dienstleistungen der Ort, an dem sie den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit hat, d. h., wie das vorlegende Gericht bereits festgestellt hat, in den Niederlanden.

IV - Ergebnis

28 Ich möchte daher vorschlagen, die vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Artikel 9 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, ist dahin auszulegen, daß der Ort, an dem die Dienstleistungen eines Tierarztes, der seine Leistungen in mehr als einem Mitgliedstaat erbringt, als bewirkt gelten, der Ort ist, an dem er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, es sei denn, daß er eine feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat und die entsprechenden Dienstleistungen von dort aus erbringt.

(1) - Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) (im folgenden: Sechste Richtlinie).

(2) - Das vorlegende Gericht bezieht sich auf das Gesetz vom 28. Dezember 1978, Staatsblad, S. 677.

(3) - Ich werde sie im folgenden mit "Linthorst" oder mit "Sozietät" bezeichnen.

(4) - Urteil vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-327/94 (Dudda, Slg. 1996, I-0000, Randnr. 20).

(5) - Insofern haben Italien und die Niederlande also zu Unrecht diese Auslegung in den Vordergrund gestellt.

(6) - Urteil Dudda, Randnr. 20.

(7) - Ebenda, Randnr. 21.

(8) - Die siebte Begründungserwägung lautet: "Die Bestimmung des Ortes des steuerbaren Umsatzes hat insbesondere hinsichtlich der Lieferung eines Gegenstandes mit Montage und der Dienstleistungen zu Kompetenzkonflikten zwischen den Mitgliedstaaten geführt. Wenn auch als Ort der Dienstleistung grundsätzlich der Ort gelten muß, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner beruflichen Tätigkeit hat, so sollte doch insbesondere für bestimmte, zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen, deren Kosten in den Preis der Waren eingehen, als Ort der Dienstleistung das Land des Dienstleistungsempfängers gelten."

(9) - Urteil Dudda, Randnr. 23. Aus Randnr. 24 dieses Urteils ergibt sich klar, daß dieselben Erwägungen für Dienstleistungen gelten, deren Preis vom Empfänger "in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung" einbezogen werden.

(10) - In Le Nouveau Petit Robert, Ausgabe 1993, werden "un travail" oder "le travail de quelqu'un" als "[l']ensemble des activités exercées pour parvenir à un résultat (öuvre, production)" definiert, was an physische Arbeit denken lässt, die zu einem materiellen, nachprüfbaren Ergebnis führt.

(11) - Vgl. z. B. Urteil vom 12. November 1969 in der Rechtssache 29/69 (Stauder, Slg. 1969, 419, Randnr. 3).

(12) - Folgende Begriffe werden verwendet: im Dänischen "arbejde"; im Griechischen "aañãáóssaaò"; im Italienischen "lavori"; im Portugiesischen "trabalhos" und im Spanischen "trabajos". Alle diese Begriffe weisen eine enge Verbindung zur Idee der Arbeit auf.

(13) - Vgl. z. B. Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-468/93 (Gemeente Emmen, Slg. 1996, I-1721, Randnr. 24), wo auf den niederländischen Text abgestellt wurde, für den auch die Interpunktion in drei anderen Fassungen sprach.

(14) - Das Gericht verweist dabei auf Nr. 9 des Anhangs F der Sechsten Richtlinie, die die "Behandlung von Tieren durch Tierärzte" betrifft. Nach Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b konnten die Mitgliedstaaten eine Zeitlang bestehende nationale Vorschriften über die Befreiung dieser Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer aufrechterhalten. Diese Genehmigung wurde jedoch durch Artikel 1 der Achtzehnten Richtlinie 89/465/EWG des Rates vom 18. Juli 1989 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Aufhebung bestimmter in Artikel 28 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vorgesehener Ausnahmeregelungen (ABl. L 266 S. 21) ausser Kraft gesetzt.

(15) - So verweist es u. a. auf die Vorschriften über die Mehrwertsteuerbefreiungen der vorübergehenden Einfuhr von Gegenständen in die Gemeinschaft. Der Geltungsbereich der Steuerbefreiung gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie sei in der Siebzehnten Richtlinie 85/362/EWG des Rates vom 16. Juli 1985 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Mehrwertsteuerbefreiung der vorübergehenden Einfuhr anderer Gegenstände als Beförderungsmittel (ABl. L 192, S. 20) festgelegt worden. Kapitel 11 des Titels III enthalte den Artikel 23, der Tiere betreffe. Nach dieser Bestimmung werde die Befreiung gewährt für "a) lebende Tiere aller Art, die ... zur tierärztlichen Behandlung eingeführt werden". Solche speziellen Hinweise auf tierärztliche Leistungen zeigen nach Ansicht des vorlegenden Gerichts, daß der Gesetzgeber, hätte er diese Leistungen in den Geltungsbereich des vierten Gedankenstrichs einbeziehen wollen, dies ausdrücklich getan hätte.

(16) - Die Kommission verweist als Beleg hierfür auf die Randnrn. 19 und 20 des Urteils vom 14. Mai 1985 in der Rechtssache 139/84 (Van Dijk's Bökhuis, Slg. 1985, 1405).

(17) - Urteil vom 24. Mai 1988 in der Rechtssache C-122/87 (Kommission/Italien, Slg. 1988, 2685, Randnr. 9).

(18) - Randnr. 25 (Hervorhebung von mir).

(19) - In der französische Fassung des Urteils heisst es z. B.: "des activités simplement similaires".

(20) - Vgl. z. B. Bennion, Statutory Interpretation (Butterworths, 2. Auflage 1992, S. 860 ff).

(21) - Vgl. z. B. NALGO/Bolton Corporation, 1943, AC 166, S. 176. Dieser Grundsatz gilt auch im irischen Recht; vgl. z. B. CW Shipping Ltd/Limerick Harbour Commissioners, 1989, ILRM 416. Dieser Grundsatz wurde auch von Generalanwalt Sir Gordon Slynn in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache 218/86 (SAR Schotte/Parfums Rothschild, Slg. 1987, 4905, 4911) als Auslegungshilfe herangezogen.

(22) - Fußnote 15, oben.

(23) - Terra und Kajus, A Guide to the Sixth VAT Directive, IBFD, 1991, S. 356.

(24) - Vgl. Farmer und Lyal, EC Tax Law, Oxford 1994, S. 155.

(25) - Nachdem zunächst nach Artikel 10 des ursprünglichen Vorschlags (ABl. 1973, C 80, S. 1) die meisten Dienstleistungen als an dem Ort der Niederlassung des Dienstleistenden erbracht angesehen wurden, wurde in der Endfassung der Sechsten Richtlinie, wie wir gesehen haben, in Absatz 1 eine allgemeine Regel und in Absatz 2 als Ausnahme davon ein ausführliches Verzeichnis der Dienstleistungen aufgestellt, bei denen sich der Ort der Dienstleistung im wesentlichen nach dem Ort ihrer Ausführung richtet. Während das ursprüngliche Verzeichnis (Artikel 16 Absatz 10 Buchstabe e des Vorschlags), das dem jetzigen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e vergleichbar ist, nur "Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros und ähnliche Leistungen" enthielt - was in dem überarbeiteten Kommissionsvorschlag nicht geändert wurde; siehe Bulletin der EG, Beilage 11/73 -, gehen die zusätzlich in den jetzigen Text aufgenommenen Tätigkeiten offensichtlich auf den Rat zurück. Es ist kein allgemeiner Grund ersichtlich, der den Rat veranlasst hätte, die "consultancy bureaux" [betrifft nur die englische Fassung], "Anwälte" und "Buchprüfer" aufzunehmen und die "planning offices" [betrifft nur die englische Fassung] dagegen auszuschließen. Obwohl der in der französischen und in der deutschen Fassung des Vorschlags für "planning offices" verwendete Ausdruck ("bureaux d'études" und "Studienbüros") in diesen Sprachen in der endgültigen Fassung unverändert blieb, wurde der in der englischen und in der niederländischen Fassung des Vorschlags verwendete Ausdruck im endgültigen Text geändert. So wurde im Englischen "planning offices" durch "consultancy bureaux" ersetzt, während im Niederländischen an die Stelle des Ausdrucks "studiebureaus" der Ausdruck "adviesbureaus" trat.

(26) - Wiedergegeben in Fußnote 8, oben.

(27) - Randnr. 23.

(28) - Urteil vom 4. Juli 1985 in der Rechtssache 168/84 (Slg. 1985, I-2251, Randnr. 17).