SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS KARL ROEMER

VOM 29. JANUAR 1969

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Der Kläger des Verfahrens, das uns heute beschäftigt, war früher Beamter der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und ist seit dem Inkrafttreten des Fusionsvertrages Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Als Verwaltungsrat der Besoldungsgruppe B 1 gehörte er bis zum 24. Juni 1968 der Direktion „Haushalt“ an. Seit dem 25. Juni 1968 ist er aufgrund der Verwaltungsneuordnung in der Generaldirektion Finanzkontrolle tätig.

Wie in Artikel 43 des für ihn damals noch maßgeblichen Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vorgesehen, wurde über seine „Befähigung, Leistung und dienstliche Führung“ am 15. Januar 1968 eine Beurteilung abgegeben, die sich auf die Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 30. Juni 1967 bezog. Dazu machte der Kläger gemäß Artikel 43 Absatz 2 des Personalstatuts im Hinblick auf angebliche Widersprüche eine Reihe kritischer Bemerkungen und verlangte eine entsprechende Berichtigung. Da sie nicht erfolgte, legte er über seinen Dienstvorgesetzten dem Präsidenten der Kommission am 27. März 1968 gemäß Artikel 90 des Personalstatuts eine förmliche Beschwerde vor, in der er seinen Berichtigungsantrag erneuerte. Schließlich wandte er sich am 25. Juli 1968 mit einer Klage an den Gerichtshof.

In ihr beantragte er, die am 15. Januar 1968 abgegebene Beurteilung für nichtig zu erklären und ihre Berichtigung anzuordnen.

Die Kommission erwiderte darauf, tatsächlich sei aufgrund der Bemerkungen des Klägers am 22. Mai von seinen Vorgesetzten ein neuer, wesentlich geänderter Bericht angefertigt worden. Dieser Bericht sei dem Kläger von seinen Vorgesetzten vorgelegt worden; der Aufforderung zur Abgabe von Erklärungen und zur Unterzeichnung sei der Kläger jedoch nicht nachgekommen. Man habe den Bericht deshalb der Generaldirektion Verwaltung übersandt und ihr von den Vorgängen Mitteilung gemacht. Ein Abteilungsleiter dieser Generaldirektion habe den Kläger daraufhin am 31. Mai 1968 zu sich gebeten und ihm abermals Kenntnis von dem Bericht gegeben. Da der Kläger bei seiner Weigerung, den Bericht zu unterzeichnen, blieb und es darüber hinaus ablehnte, ein Dokument zu unterschreiben, in dem die Weigerung festgehalten werden sollte, verfaßte der erwähnte Abteilungsleiter am gleichen Tage eine Note über den Vorgang und ließ sie zusammen mit dem neuen Bericht in die Personalakte des Klägers aufnehmen.

Aus alledem ergibt sich nach Ansicht der Kommission, daß der Bericht vom 22. Mai 1968 wirksam an die Stelle des Berichtes vom 15. Januar 1968 getreten und die Klage auf Annullierung und Berichtigung der Beurteilung vom 15. Januar 1968 infolgedessen gegenstandslos sei. Sie stellte daher, ohne auf die Hauptsache einzugehen, gemäß Artikel 91 der Verfahrensordnung den Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Hilfsweise machte sie darüber hinaus geltend, die Klage könne in keinem Falle in vollem Umfang als zulässig angesehen werden, weil sie den Bericht vom 15. Januar 1968 in Punkten angreife, die in der Verwaltungsbeschwerde nicht erwähnt seien. Insofern müsse die Nichteinhaltung der Klagefrist festgestellt werden.

Zu diesem Streitstoff, der durch Bemerkungen des Klägers zum Schriftsatz der Kommission und durch Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergänzt wurde, gebe ich folgende Stellungnahme ab.

1. 

Die Zulässigkeit der Klage hängt zunächst davon ab, ob sie sich auf einen angreifbaren Akt bezieht, ob der Rechtsstreit — wie es in Artikel 91 des Personalstatuts heißt — eine „beschwerende Maßnahme“ zum Inhalt hat, oder ob sein Gegenstand, die Beurteilung vom 15. Januar 1968, nur als interne Maßnahme anzusehen ist.

Mit dieser Frage brauchen wir uns nicht lange aufzuhalten. Tatsächlich hat der Kläger überzeugend dargetan, daß die Berichte des Artikels 43 des Personalstatuts auf die Laufbahn eines Beamten und seine Rechtsstellung unter mancherlei Gesichtspunkten unmittelbaren Einfluß haben können. Sie sind von Bedeutung für die Beförderung, die gemäß Artikel 45 des Personalstatuts „nach Abwägung der Verdienste“ der in Betracht kommenden Beamten erfolgt (was beim Kläger jedoch, da er der Gehaltsgruppe B 1 angehört, erst nach Übergang in eine andere Kategorie aufgrund eines Auswahl-Wettbewerbs aktuell würde). Sie können sich auswirken im Zusammenhang mit der Neuordnung der Verwaltung der Kommission (bei der dem Kläger bereits mit Wirkung vom 25. Juni 1968 eine neue Planstelle zugewiesen wurde). Sie können schließlich eine Rolle spielen bei der Versetzung und Abordnung von Beamten sowie bei der Abschaffung von Dienstposten und bei der Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen. Derartige Maßnahmen abzuwarten und erst bei der Durchführung gerichtlicher Verfahren gegen sie die Fehlerhaftigkeit der Jahresberichte, also wesentlicher Entscheidungselemente, geltend zu machen, erscheint in der Tat nicht recht sinnvoll. Auch im Interesse der Verwaltung ist vielmehr eine alsbaldige Klärung der Frage vorzuziehen, ob ein nach Artikel 43 erstellter Bericht Mängel aufweist oder nicht. Im Hinblick auf die Rechtswirkungen derartiger Beurteilungen halte ich es daher für richtig, sie in den Kreis der beschwerenden Maßnahmen des Artikels 91 des Personalstatuts einzubeziehen und Klagen gegen sie zuzulassen.

Damit befinde ich mich übrigens im Einklang mit der nationalen Rechtsprechung zu analogen Fragen. Für das französische Recht verweise ich auf ein Urteil des Conseil d'État vom 23. November 1962 (zitiert im Traité élémentaire de droit administratif von André de Laubadère, 3. Auflage, Band 2, Seite 63). Für das deutsche Recht erwähne ich Anmerkung 51 zu § 42 aus der 4. Auflage des Kommentars zur Verwaltungsgerichtsordnung von Eyermann-Fröhler.

2. 

Die Zulässigkeit der Klage hängt sodann ab von der Beachtung der in Artikel 91 des Personalstatuts vorgesehenen Fristen. Danach muß gegen eine Einzelmaßnahme innerhalb von drei Monaten nach Mitteilung der Maßnahme geklagt werden.

Nun ist es allerdings nach unserer ständigen Rechtsprechung ausreichend, ja wünschenswert, daß in dieser Frist zunächst eine Verwaltungsbeschwerde gemäß Artikel 90 des Personalstatuts eingereicht wird, die Gelegenheit zur Überprüfung einer kritisierten Maßnahme im Rahmen der Verwaltung geben soll. — Auch diesem Erfordernis hat der Kläger genügt, indem er gegen die Beurteilung vom 15. Januar 1968, die ihm am 17. Januar 1968 bekanntgegeben worden war, am 27. März 1968 Verwaltungsbeschwerde einlegte.

Wäre daraufhin nichts geschehen, so hätte dem Kläger die Möglichkeit offengestanden, gemäß Artikel 91 Absatz 2 des Personalstatuts bis zum 27. Juli 1968 Klage gegen diejenige Entscheidung zu erheben, die mit dem Ablauf von zwei Monaten seit Eingang seiner Beschwerde als stillschweigend ergangen gegolten hätte. Tatsächlich ist seine Klage am 25. Juli 1968 beim Gerichtshof eingegangen, so daß sich Bedenken im Hinblick auf die Fristwahrung nicht ergeben. — Bedenklich erscheint jedoch einmal die Tatsache, daß der Klageantrag nicht gerichtet ist auf Annullierung einer stillschweigenden Ablehnungsentscheidung, sondern auf Annullierung der Beurteilung vom 15. Januar 1968. In der Tat dürfte dies nach Ansicht des Gerichtshofes entgegen meinen Schlußanträgen zu den Rechtssachen 18 und 25/65 nicht möglich sein (ich verweise dazu auf Band 12, Seite 175 der Rechtsprechungssammlung). — Bedenklich ist darüber hinaus zum anderen die Annahme des Klägers, die Kommission habe auf seine Verwaltungsbeschwerde hin nicht in rechtlich relevanter Weise reagiert, und die daraus gezogene Schlußfolgerung, der Gegenstand seiner Beschwerde, die Beurteilung vom 15. Januar 1968, gelte unverändert fort. Gegen diese Annahme richtet sich die Haupteinwendung der Kommission.

3. 

Wie ich eingangs schon ausführte, hebt die Kommission hervor, ihre Verwaltung sei tatsächlich nicht untätig geblieben. Sie habe vielmehr der Beschwerde des Klägers teilweise stattgegeben und den kritisierten Bericht durch einen zweiten Bericht vom 22. Mai 1968 ersetzt. In Ermangelung eines Rechtsschutzinteresses könne folglich eine gerichtliche Kontrolle nicht mehr in bezug auf den beseitigten ersten Bericht, sondern allenfalls mit Hilfe einer Klage gegen den zweiten Bericht verlangt werden.

Wie es sich damit verhält, wollen wir uns jetzt näher ansehen.

Unstreitig ist zunächst, daß die Vorgesetzten des Klägers, die den Bericht vom 15. Januar 1968 für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 30. Juni 1967 angefertigt hatten, eine zweite Beurteilung des Klägers, bezogen auf dieselbe Periode, unter dem Datum des 22. Mai 1968 erstellten. Dieser Bericht weicht in wesentlichen Punkten vom ersten Bericht ab. Er enthält keine Bemerkungen mehr über Krankheiten des Klägers und kurze Urlaubsperioden; außerdem sieht er eine bessere Note für die Schnelligkeit in der Arbeitsleistung vor. Der zweite Bericht stellt folglich nicht eine einfache Wiederholung des ersten Berichtes dar, sondern einen neuen, zugunsten des Klägers verbesserten Akt. — Ob dem Kläger — was er bestreitet — ausdrücklich eröffnet wurde, der zweite Bericht sei dazu bestimmt, den ersten zu ersetzen, erscheint mir nicht entscheidend. Offensichtlich können nämlich für ein und dieselbe Beurteilungsperiode nicht zwei voneinander abweichende Berichte nebeneinander existieren. Bei einer Sachlage wie der vorliegenden ist es demnach selbstverständlich, daß allein der später angefertigte und überdies für den Kläger günstigere Bericht gelten sollte. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß im Verzeichnis der Personalakte des Klägers der Vermerk über den ersten, entnommenen, Bericht nicht gestrichen wurde, denn man kann der Meinung sein, die in demselben Verzeichnis enthaltene Kennzeichnung des zweiten Berichtes („Rapport de notification rectificative“) sei zur Klarstellung der Sachlage ausreichend, ein Umstand übrigens, der die vom Kläger begehrte Feststellung überflüssig erscheinen läßt, der Bericht vom 15. Januar 1968 befinde sich nicht mehr in seiner Personalakte.

Fraglich ist allerdings, ob der zweite Bericht überhaupt rechtliche Wirksamkeit erlangte und so den ersten Bericht ersetzen konnte. Das bestreitet der Kläger mit Entschiedenheit. Er beruft sich dafür auf Artikel 43 des Personalstatuts, wonach die Beurteilung dem Beamten, für den sie bestimmt ist, bekanntgegeben wird. Er weist hin auf eine von der EWG-Kommission zu Artikel 43 erlassene Regelung, nach der die Beurteilung von dem betroffenen Beamten zu unterzeichnen ist. Schließlich bezieht er sich auf Artikel 26 des Personalstatuts, in dem sich Vorschriften über die Führung der Personalakten finden. Aus ihnen ergebe sich, daß ein Organ der Gemeinschaft einem Beamten eine Beurteilung nur dann entgegenhalten dürfe, „wenn sie ihm vor Aufnahme in die Personalakte mitgeteilt worden“ sei. Außerdem schreibe Artikel 26 Absatz 3 vor: „Die Mitteilung aller Schriftstücke wird durch die Unterschrift des Beamten nachgewiesen oder andernfalls durch Einschreibebrief bewirkt.“ — Diese Bestimmungen enthalten nach Ansicht des Klägers wesentliche Formerfordernisse, von denen nicht abgewichen werden könne. Da aber der zweite Bericht von ihm nicht unterzeichnet worden sei und auch eine Zustellung durch Einschreibebrief nicht erfolgte, müsse er als rechtlich unwirksam, ja als rechtlich nicht existierend angesehen werden. Eine Beseitigung und Ersetzung des ersten Berichtes könne er mithin nicht bewirkt haben.

Lassen Sie uns untersuchen, ob diese Deduktionen stichhaltig sind.

Dabei kann Artikel 43 des Personalstatuts außer Betracht bleiben, weil er nur von einer Bekanntgabe der Beurteilung an den Beamten spricht, ohne irgendwelche Förmlichkeiten festzulegen. Bekanntgegeben wurde der zweite Bericht dem Kläger auf jeden Fall am Tag seiner Festlegung (dem 22. Mai 1968) durch seinen Dienstvorgesetzten und am 31. Mai 1968 durch einen Beamten der Generaldirektion Verwaltung. Das hat sich mit Klarheit in der mündlichen Verhandlung ergeben, in der der Kläger davon sprach, er habe die Unterzeichnung verweigert, weil er bestimmte Aussagen des Berichtes prüfen und zu ihnen Bemerkungen machen wollte. Das aber setzt voraus, daß er vom Inhalt des Berichtes Kenntnis erlangt hat. — Desgleichen läßt sich aus der von der EWG-Kommission zu Artikel 43 des EWG-Personalstatuts erlassenen Regelung für unseren Fall wohl nichts gewinnen, weil nicht ohne weiteres angenommen werden kann, daß sie nach Inkrafttreten des neuen, gemeinsamen Personalstatuts (vom 4. 3. 1968) für die Gemeinsame Kommission und die Gesamtheit der bei ihr tätigen Beamten, einschließlich der ehemaligen EGKS-Beamten, gilt. Indessen mag diese Frage und die Frage, ob es eine analoge Anordnung der früheren Hohen Behörde gibt, letzten Endes offenbleiben, da Artikel 26 des Personalstatuts eine entsprechende, wenn nicht weitergehende Regelung enthält.

In der Tat spielt Artikel 26 des Personalstatuts für die Lösung unseres Problems die entscheidende Rolle. Sieht man sich diese Vorschrift näher an, so wird allerdings sofort zweifelhaft, ob sie die vom Kläger vertretene Deutung erlaubt.

Wichtig ist zunächst einmal, daß sie hervorhebt, ein Schriftstück dürfe einem Beamten nur dann entgegengehalten werden, wenn es ihm vor Aufnahme in die Personalakte mitgeteilt worden ist. Danach ist die Mitteilung (oder Bekanntgabe) maßgebliche Wirksamkeitsvoraussetzung in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Prinzip des Verwaltungsrechtes, nach dem ein Akt rechtliche Existenz erst mit seiner Verlautbarung erhält. Über die Formalitäten der Kundmachung sagt dieser Satz von Artikel 26 jedoch nichts. Das trifft — richtig verstanden — auch für Artikel 26 Absatz 3 zu. In ihm ist nämlich, wenigstens in seinem ersten Satzteil, nur von der Art und Weise die Rede, in der eine Mitteilung nachgewiesen wird. Jedenfalls wird nirgends in den einschlägigen Kommentaren die Meinung vertreten, ohne die Einhaltung der Förmlichkeiten des Absatzes 3 sei einem Akt des Beamtenrechts die rechtliche Existenz abzusprechen. Das ist auch nicht die Ansicht Eulers, der in Band 2, Seite 343 seines Kommentars zum Europäischen Beamtenstatut lediglich davon spricht, eine Beurteilung sei als nicht vorhanden zu betrachten, wenn sie dem Beamten nicht bekanntgegeben worden ist. In der Tat erscheint die Ansicht, ein verlautbarter Akt müsse ohne den Nachweis des Artikels 26 Absatz 3 als nicht existent angesehen werden, recht ungewöhnlich. Sie ist es, wenn man sich vor Augen hält, daß der Gerichtshof (unter Aufgabe einer früheren Rechtsprechung) in den Rechtssachen 8 - 11/66 allgemein die Feststellung getroffen hat, die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung einer Entscheidung habe auf ihre Rechtsnatur (man könnte auch sagen: auf ihre rechtliche Existenz) keinen Einfluß (Band 13, Seite 122). Auch im Lichte des nationalen Rechts erscheint die Auffassung des Klägers exorbitant. Für das deutsche Recht kann ich auf § 175 des Bundesbeamtengesetzes und die dazu erschienenen Kommentare verweisen. Danach gilt das Erfordernis einer förmlichen Zustellung nur für beamtenrechtliche Entscheidungen von großer Bedeutung. Man tritt im allgemeinen auch für eine enge Auslegung dieser Vorschrift ein und läßt bei Zustellungsmängeln zum Nachweis der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes jedes Beweismittel zu (vgl. Plog-Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Anmerkung 12 zu § 175).

Ich würde deshalb meinen, daß nach dem Text des Personalstatuts auch für das Beamtenrecht der Gemeinschaften kein Anlaß besteht, für die rechtliche Existenz eines Aktes mehr zu verlangen als seine Bekanntgabe an den Betroffenen. Desgleichen sollte man zulassen, daß der Nachweis der Bekanntgabe zuverlässig auch in anderer Form geführt werden kann, als in Artikel 26 Absatz 3 vorgesehen. Ich schließe mich insofern der Auffassung der Kommission an, nach der eine Mitteilung durch Einschreibebrief vor allem gedacht ist für Beamte, die am Dienstsitz nicht anzutreffen sind. Im übrigen dürfte die unmittelbare Bekanntgabe eines Aktes an den betroffenen

Beamten der angezeigte Weg und bei Verweigerung des Empfangsbekenntnisses dieses zu ersetzen sein durch die offizielle Feststellung eines vorgesetzten Beamten. Würde man anders verfahren und hieße man die vom Kläger befürwortete Interpretation des Artikels 26 gut, so würde die Verwaltung bei jeder Unterschriftsverweigerung mit einem umständlichen und kostspieligen Formalismus belastet, ohne daß für die Sicherung der rechtlichen Interessen der Beamten etwas gewonnen wäre.

Da nun aber in unserem Fall der Bericht vom 22. Mai 1968 dem Kläger effektiv zur Kenntnis gebracht wurde, da sich seine Weigerung, die Kenntnisnahme zu bestätigen — wie wir gehört haben — lediglich aus dem Wunsch erklärt, Bemerkungen zu dem Bericht machen zu können, und da schließlich über diesen Vorgang eine offizielle Aufzeichnung eines Beamten der Generaldirektion Verwaltung angefertigt wurde, kann unbedenklich die Ansicht vertreten werden, es sei den Erfordernissen des Artikels 26 genügt. Damit steht zugleich fest, daß der Bericht vom 22. Mai 1968 zumindest rechtliche Existenz erlangt und den ursprünglichen Bericht aufgehoben hat. Als letzte Schlußfolgerung ergibt sich daraus die Unzulässigkeit der Klage, denn irgendein Interesse an der Feststellung der Fehlerhaftigkeit des ersten Berichtes wurde uns nicht dargetan (ein Interesse, wie es etwa bestehen könnte bei Wiederholungsgefahr oder der Absicht, aus dem ursprünglichen Bericht irgendwelche Ansprüche abzuleiten).

4. 

In Anbetracht dieses — meines Erachtens eindeutigen — Ergebnisses braucht auf den Hilfseinwand der Kommission, die Klage sei zumindest teilweise unzulässig, gar nicht eingegangen zu werden. Ich will mich dazu mit der Andeutung begnügen, daß mir der Standpunkt der Kommission einleuchtend erscheint. In der Tat müssen Verwaltungsbeschwerde und Klage dieselbe Tragweite haben. Werden in einer Verwaltungsbeschwerde — wie im vorliegenden Fall — nur bestimmte, sachlich abgrenzbare Punkte einer dienstlichen Beurteilung gerügt, so gilt bei späterer Klageerhebung die Dreimonatsfrist des Artikels 91 des Personalstatuts nur insofern als gewahrt. Nach Ablauf dieser Frist ist es dagegen nicht mehr möglich, auf andere Fehler eines Berichtes einzugehen. — Mit den Problemen des Artikels 42 der Verfahrensordnung hat dies offensichtlich nichts zu tun. Für einen auf Artikel 42 gestützten Antrag sehe ich deshalb keine Basis.

5. 

Was die Kosten des Verfahrens angeht, so könnte man schließlich trotz Unzulässigkeit der Klage noch daran denken, in Anwendung von Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung wenigstens einen Teil der klägerischen Kosten der Kommission aufzuerlegen. Dies im Hinblick auf die Tatsache, daß Artikel 26 des Personalstatuts gewisse Auslegungsschwierigkeiten bietet, die Tatsache, daß im Verzeichnis der Personalakte des Klägers der Bericht vom 15. Januar 1968 nicht gestrichen war beziehungsweise ein Vermerk über seine Entfernung fehlte (wie ihn Euler a.a.O. Band 1, Seite 236 und Holtz im Handbuch des Europäischen Dienstrechtes, Seite 201 für angebracht halten), die Tatsache, daß dem Kläger auf seine Verwaltungsbeschwerde ein Antwortbescheid der Anstellungsbehörde nicht zugeleitet wurde, sowie schließlich mit Rücksicht auf den Umstand, daß er sich wegen seiner Bitte, Bemerkungen zu dem zweiten Bericht machen zu dürfen, in einem unverschuldeten Irrtum hinsichtlich der Rechtswirksamkeit dieses Berichtes befunden haben mochte. Ich halte eine solche Kostenentscheidung für vertretbar, überlasse aber die Bestimmung des Anteils der von der Kommission eventuell zu tragenden Kosten dem Ermessen des Gerichtshofes.

6. 

Nach alledem formuliere ich folgende Schlußanträge:

Die von der Kommission erhobene Einrede ist begründet. Die Klage muß als unzulässig abgewiesen werden, weil sie schon vor Eingang beim Gerichtshof gegenstandslos war und ein Interesse an der Feststellung der Fehlerhaftigkeit der ersten Beurteilung nicht dargetan ist.

Gemäß Artikel 70 der Verfahrensordnung trägt die Kommission ihre eigenen Kosten und aufgrund von Artikel 69 § 3 den Teil der klägerischen Kosten, den der Gerichtshof nach seinem Ermessen festlegen mag.