13.4.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 129/26


Veröffentlichung eines Antrags gemäß Artikel 17 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89

(2021/C 129/13)

Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 27 der Verordnung (EU) 2019/787 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) Einspruch gegen den Antrag zu erheben.

WICHTIGSTE SPEZIFIKATIONEN DER TECHNISCHEN UNTERLAGE

„BAYERISCHER BÄRWURZ“

EU-Nr.: PGI-DE-02580 — 7.6.2019

1.   Einzutragende geografische Angabe

„Bayerischer Bärwurz“

2.   Kategorie der Spirituose

Andere Spirituosen

3.   Beschreibung der Spirituose

3.1.   Physikalische, chemische und/oder sensorische Eigenschaften

„Bayerischer Bärwurz“ ist eine Spirituose, die in Bayern und hier schwerpunktmäßig im Bayerischen Wald traditionell aus den Wurzeln der Pflanze „Meum athamanticum JACQ“ oder der Pflanze „Ligusticum metellina (L.) CRANTZ“, im Folgenden zusammenfassend als „Bärwurz-Pflanzen“ bezeichnet, gewonnen wird.

Vorhandener Alkoholgehalt der trinkfertigen Ware: mindestens 40 % vol.

Klarheit: klar.

Farbe: farblos oder bei in Holzfass gereiften Produkten je nach der verwendeten Holzart gelblich, rötlich oder bräunlich.

Geruch: intensiv nach Bärwurz, entfernt vergleichbar mit dem Geruch von Sellerie oder Liebstöckel.

Geschmack: typischer erdiger Geschmack.

Verwendete Lebensmittel-Zusatzstoffe oder andere Stoffe: ggf. Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zum Vermischen mit Bärwurzdestillat und Wasser zur Herabsetzung auf Trinkstärke.

3.2.   Besondere Merkmale (im Vergleich zu anderen Spirituosen derselben Kategorie)

Im Gegensatz zu anderen Spirituosen, die aus den genannten Pflanzenarten hergestellt werden, werden beim „Bayerischen Bärwurz“ ausschließlich die Wurzeln der genannten Pflanzenarten verwendet, um die besonders hohe Qualität und das einzigartige Aroma zu erhalten. Andere Pflanzenteile kommen nicht zum Einsatz.

Auch wird „Bayerischer Bärwurz“ traditionell mit einem hohen Alkoholgehalt von mindestens 40 % vol hergestellt, der somit über dem für „Bärwurz“ vorgeschriebenen Mindestalkoholgehalt von 38 % vol liegt. Durch den höheren Alkoholgehalt erfolgt eine geringere Verdünnung des Erzeugnisses, wodurch mehr Aromen im Endprodukt enthalten bleiben. Dies verleiht dem Erzeugnis „Bayerischer Bärwurz“ seinen charakteristischen, intensiven Geschmack.

Keine Süßung.

Es werden keine Farbstoffe und andere Zusatzstoffe verwendet.

Zur Konservierung der charakteristischen organoleptischen Eigenschaften des Erzeugnisses „Bayerischer Bärwurz“ wird dieser in der Regel traditionell in schlanken, braunen Steingutflaschen vermarktet. Das besondere Wärmeäquivalent des Steinguts schützt das Erzeugnis „Bayerischer Bärwurz“ besser als Glas vor Temperaturschwankungen, wodurch einer Verflüchtigung der ätherischen Öle vorgebeugt wird. Des Weiteren schützt die charakteristische Steingutflasche die ätherischen Öle vor Lichteinwirkung, wodurch die einzigartige Qualität und Intensität des Erzeugnisses „Bayerischer Bärwurz“ besser erhalten bleibt.

4.   Geografisches Gebiet

„Bayerischer Bärwurz“ wird in verschiedenen Regionen Bayerns, schwerpunktmäßig im Bayerischen Wald erzeugt. Als abgegrenztes geografisches Gebiet wird der gesamte Freistaat Bayern festgelegt.

5.   Verfahren zur Gewinnung der Spirituose

„Bayerischer Bärwurz“ wird aus die Wurzeln der Bärwurz-Pflanzen erzeugt. Die Früchte oder die Saat der Bärwurz-Pflanzen werden für die Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ nicht verwendet, da nur durch die Verwendung der Wurzeln das besondere, einzigartige und intensive Aroma von „Bayerischer Bärwurz“ gewonnen werden kann. Andere Pflanzen mit vergleichbaren sensorischen Eigenschaften wie z. B. Sellerie oder Liebstöckel bzw. Extrakte daraus werden nicht zugesetzt.

Das Verbreitungsgebiet der Bärwurz-Pflanzen reicht in Bayern von den Gebirgen und höheren Mittelgebirgen der (sub)alpinen bis montanen Höhenstufe – wie z. B. die Alpen und der Bayerische Wald – bis in die niedrigeren Mittelgebirge der montanen bis submontanen Höhenstufe, wie beispielsweise Frankenwald und Fichtelgebirge.

Damit die Wurzeln der Bärwurz-Pflanzen genügend Rohstoff liefern, müssen diese bis zu acht Jahre wachsen, bevor sie zur Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ verwendet werden können.

Für die Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ gibt es recht unterschiedliche Verfahren. Die Bandbreite reicht von der ausschließlichen Verwendung von Bärwurz-Mazerat oder Bärwurz-Digerat über die ausschließliche Verwendung von Bärwurz-Destillat oder einer Mischung aus Bärwurz-Mazerat und Bärwurz-Destillat bis hin zur Verwendung eines Verschnitts von Bärwurz-Mazerat oder Bärwurz-Destillat mit Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs.

Zunächst werden die verwendeten Bärwurz-Wurzeln gewaschen und zerkleinert bzw. gemahlen.

Entscheidet sich der Produzent, im zweiten Arbeitsschritt ein Bärwurz-Mazerat oder ein Bärwurz-Digerat herzustellen, wird den gewaschenen und zerkleinerten Bärwurz-Wurzeln Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt, und ein Kaltauszug (sog. Mazerat) oder ein Heißauszug (sog. Digerat) hergestellt. Dieser Prozess, der einige Wochen bis Monate dauern kann, entzieht den Wurzeln auf schonende Art die ätherischen Öle sowie Farb- und Geschmacksstoffe.

Entscheidet sich der Produzent, im zweiten Arbeitsschritt ein Bärwurz-Destillat herzustellen, wird den gewaschenen und zerkleinerten Wurzeln Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt und sie werden ebenfalls zunächst mazeriert. Dieser Prozess der Extraktion der charakteristischen Aromastoffe durch Mazeration setzt auch eine angemessene Lagerzeit des Erzeugnisses voraus, bevor es destilliert wird.

Wie zuvor erwähnt, gibt es unterschiedliche Herstellungs- und Destillationsverfahren, wobei teilweise erneut Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt wird.

Im Anschluss an die Destillation des Erzeugnisses folgen in der Regel die Lagerung und/oder Reifung zur Geschmacksabrundung in geeigneten Behältnissen (z. B. Eichen- oder Stahlfässern) von bis zu zehn Jahren.

Nach der Lagerung oder Reifung schließt sich die Fertigstellung an, die folgende Schritte beinhaltet:

eventuell die Zusammenstellung („blending“) unterschiedlicher Bärwurzdestillate und Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs,

die Herabsetzung des/der hochprozentigen Bärwurzdestillate/s auf Trinkstärke mit Wasser,

die Abfüllung in geeignete Behältnisse, insbesondere in braune Steingutflaschen, und

das Etikettieren und Verpacken.

Zur Sicherstellung der besonders hohen und einzigartigen Qualität müssen alle genannten Erzeugungsschritte im geografischen Gebiet erfolgen. Nach der Herabsetzung auf Trinkstärke verflüchtigen sich die enthaltenen ätherischen Öle schnell, weshalb die Haltbarkeit des trinkfertigen „Bayerischen Bärwurz“ eingeschränkt ist. Das Erzeugnis muss kurz nach der Herabsetzung auf Trinkstärke rasch im geografischen Gebiet abgefüllt werden, da es sonst an Qualität verlieren würde. „Bayerischer Bärwurz“ genießt aufgrund seiner Qualität ein hohes Ansehen und die rückverfolgbare, zügige Abfüllung im geografischen Gebiet ist von entscheidender Bedeutung, um eine gleichbleibend hohe Qualität zu gewährleisten und die Kontrollen zu erleichtern.

6.   Zusammenhang mit den geografischen Verhältnissen oder dem geografischen Ursprung

6.1.   Angaben zu dem geografischen Gebiet oder Ursprung, die für den Zusammenhang von Bedeutung sind

Die ursprünglich aus dem Bayerischen Wald stammende und laut der ältesten bekannten Bärwurzdestille der Welt (Deggendorf) auf das Jahr 1919 zurückgehende Tradition, Wurzeln der Bärwurz-Pflanzen zu einer Spirituose zu verarbeiten, hat sich im Laufe der Zeit auch in anderen Regionen Bayerns etabliert, in denen die charakteristische Zutat (Wurzel der Bärwurz-Pflanzen) für das Erzeugnis „Bayerischer Bärwurz“ natürlicherweise vorkommt.

Diese Regionen sind hauptsächlich Mittelgebirgsräume der submontanen bis subalpinen Höhenstufe. Zusammen mit dem vorherrschenden, für die östliche Mittelgebirgsschwelle typischen, feuchten, kühlen Klima weisen diese Regionen einzigartige geografische und klimatische Voraussetzungen für die Bärwurz-Pflanzen auf.

Karl Eckert, Mediziner und Brennereibesitzer aus Deggendorf, entdeckte um 1920 neben der Wirkung der Pflanze auch den feinen Geschmack ihres Destillats. 1928 wird der „Bärwurz“ in einer Preisliste der „Brennerei zum Bären“ in Deggendorf erwähnt. In einem Dokument des Reichspatentamts zu Berlin vom 17. Dezember 1929 wird der „Bärwurz“ ebenfalls dokumentiert. Der Name „Bärwurz“ ist eine Abkürzung des früheren, für die Pflanzen üblichen Namens „Gebärmutterwurz“.

6.2.   Bestimmte Eigenschaften der Spirituose, die dem geografischen Gebiet zuzuschreiben sind

Die oben genannten spezifischen geografischen und klimatischen Bedingungen im geografischen Gebiet ermöglichen das Vorkommen der Bärwurz-Pflanzen, dem Rohstoff für das Erzeugnis „Bayerischer Bärwurz“. Durch dieses Vorkommen ergab sich eine Konzentration von traditionellen Erzeugern der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ in den Schwerpunktregionen. Durch diese Konzentration konnten die Erzeuger durch ständigen Austausch die handwerklichen Fähigkeiten und das spezielle Wissen zur Verarbeitung der Wurzel der Bärwurz-Pflanzen entwickeln, was maßgeblich zur charakteristischen Produktqualität des „Bayerischen Bärwurz“ beitrug und immer noch beiträgt.

Bei wild wachsenden Bärwurz-Pflanzen, die in Höhenlagen über 1 000 m über Normalnull — wie beispielsweise in der Schwerpunktregion Bayerischer Wald — wachsen, evoziert die stärkere Sonneneinstrahlung eine erhöhte Photosyntheseleistung und Energiespeicherung. Außerdem wächst sie zusammen mit einer Vielzahl anderer Pflanzen und kann somit von deren Stoffwechselprodukten, die in den Boden abgegeben werden, profitieren. Dies sorgt traditionell für die stärker ausgeprägten Aromen und den intensiven Geschmack, für den „Bayerischer Bärwurz“ bekannt ist.

Insbesondere im Bayerischen Wald, der Schwerpunktregion für die Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“, sind Begriffe wie „Bärwurzquelle“ oder „Bärwurzerei“ feste Bestandteile von Unternehmensnamen.

In Bayern wurden und werden Theaterstücke aufgeführt, in denen z. B. eine Flasche „Bayerischer Bärwurz“ zum Bühnenbild gehört.

Die feste Verankerung des Erzeugnisses „Bayerischer Bärwurz“ als Kulturgut in Bayern zeigt sich auch an sprachlichen Umschreibungen für das Erzeugnis „Bayerischer Bärwurz“ wie „Bayerwalddiesel“, die im Sprachgebrauch Eingang finden.

Die lokale Presse berichtet regelmäßig über die Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ durch die traditionellen Erzeuger.

Auch in literarischen Werken und Fachzeitschriften kann die traditionelle Erzeugung von „Bayerischer Bärwurz“ im geografischen Gebiet belegt werden. So ist beispielsweise im 1949 erschienenen Buch „Der Wurzelsepp“ von Karl May, das in Bayern spielt, folgendes Zitat zu finden: „Im Kronenhof gibt's den besten Bärwurz vom ganzen Bayerischen Wald.“

In Hauzenberg in der Schwerpunktregion Bayerischer Wald gibt es das erste bayerische Schnapsmuseum, welches unter anderem auf die traditionelle Erzeugung der Spirituose „Bayerischer Bärwurz“ eingeht und diese erklärt. Beispielsweise wird dort ein „Bärwurzfilm“ gezeigt, der von der historischen Entwicklung seiner Erzeugung im geografischen Gebiet handelt.

Des Weiteren gibt es in Böbrach das Schnapsmuseum „Gläserne Destille“, in dem ebenfalls ein „Bärwurzfilm“ über die Tradition der Erzeugung von „Bayerischer Bärwurz“ gezeigt wird. Darüber hinaus wird dort in einer Schau-Destille der Brennprozess zur Erzeugung von „Bayerischer Bärwurz“ vorgeführt.

„Bayerischer Bärwurz“ wird in der Datenbank für Spezialitäten des Freistaates Bayern (www.spezialitaetenland-bayern.de) als traditionelle bayerische Spezialität aufgeführt. Um in diese Datenbank bayerischer Spezialitäten aufgenommen werden zu können, muss ein Erzeugnis, Gericht oder Getränk mehrere Anforderungen erfüllen. Die Spezialität muss seit mindestens 50 Jahren in der Region erzeugt bzw. angebaut werden. Des Weiteren muss sie über eine (Entstehungs-)Geschichte verfügen, die einen engen Zusammenhang des Erzeugnisses mit der Erzeugungs- bzw. Verarbeitungsregion belegt. Nicht zuletzt muss der Verbraucher das Erzeugnis als typisch bayerisch bzw. typisch für eine Region innerhalb Bayerns wahrnehmen.

7.   EU- oder nationale/regionale Rechtsvorschriften

7.1.   Rechtsgrundlage

EU-Lebensmittelrecht (u. a. Verordnung (EU) Nr. 1169/2011)

EU-Spirituosenrecht (u. a. Verordnung (EG) Nr. 110/2008 und ab 25. Mai 2021 Verordnung (EU) 2019/787)

nationales Spirituosenrecht (Bundesrecht) Spirituosenrecht (Bundesrecht)

7.2.   Beschreibung der Anforderung(en)

Kennzeichnungsvorschriften

Produktspezifikationen

8.   Antragsteller

8.1.   Mitgliedstaat, Drittland oder juristische/natürliche Person

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Referat 414 (Wein, Bier, Getränkewirtschaft)

8.2.   Vollständige Anschrift (Straße und Hausnummer, Ort und Postleitzahl, Land)

Rochusstraße 1

53123 Bonn

DEUTSCHLAND

414@bmel.bund.de

9.   Ergänzung der geografischen Angabe

a)   Grundlegende Vorschriften zur Ergänzung der geografischen Angabe „Bayerischer Bärwurz“:

Die Bezeichnung „Bayerischer Bärwurz“ wird nach dem geltenden spirituosenspezifischen Unionsrecht nur durch

die unter Buchstabe b aufgeführten Begriffe ergänzt oder

andere als die unter Buchstabe b aufgeführten Begriffe ergänzt, sofern diese nachweislich bereits am 20. Februar 2008 gebräuchlich waren.

b)   Ergänzung um nicht-geografische Begriffe:

Für die Ergänzung der Bezeichnung „Bayerischer Bärwurz“ um Reifungs-, Alterungs- oder Lagerungsangaben müssen diese Erzeugnisse mindestens 6 Monate reifen oder lagern.

Für Altersangaben gilt Folgendes:

Erzeugnisse dürfen nach einer Reifezeit von 6 Monaten als „gereift“ bezeichnet werden.

Erzeugnisse dürfen nach einer Reifezeit von mindestens einem Jahr als „alt“ bezeichnet werden.

Wird die Bezeichnung „Bayerischer Bärwurz“ um Qualitätsangaben (z. B. „feiner“, „Edel-“, „Tafel-“) ergänzt, so müssen die Erzeugnisse sich gegenüber Standarderzeugnissen deutlich in der Qualität abheben. Beispiele hierfür wären die ausschließliche Verwendung von Bärwurzdestillat oder eine lange oder besondere Lagerung der Bärwurzdestillate.

Erzeugnisse, die vollständig in demselben Betrieb hergestellt wurden, also dort destilliert, mit Wasser auf Trinkstärke herabgesetzt und abgefüllt wurden, dürfen die Zusatzangabe „destilliert und abgefüllt in der Brennerei“ tragen.

10.   Besondere Etikettierungsvorschriften


(1)  ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 1.