Brüssel, den 14.12.2021

COM(2021) 820 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Ausdehnung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) auf benachbarte Drittländer



I. Einführung – Umfang der Zusammenarbeit mit Drittländern 

Ziel der Politik des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) ist es, einen nahtlosen, nachhaltigen und effektiven Verkehr in der gesamten Union zu gewährleisten und gleichzeitig den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt zu stärken. Diese Politik wird seit 1996 umgesetzt, und der derzeitige TEN-V-Rechtsrahmen ist in der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 1 (im Folgenden „TEN-V-Verordnung“) festgelegt. Am 14. Dezember 2021 schlug die Kommission eine Überarbeitung des derzeitigen politischen Rahmens 2 vor, um insbesondere den Prioritäten des europäischen Grünen Deals 3 , der Strategie der Kommission für nachhaltige und intelligente Mobilität 4 und der Konnektivitätsstrategie „Global Gateway“ 5 Rechnung zu tragen.

Das TEN-V stellt die höchste Ebene der Infrastrukturplanung innerhalb der Union dar. Das TEN-V-Kernnetz, das bis 2030 fertiggestellt werden soll, wird hochwertige multimodale Verbindungen aller Hauptstädte und Hauptverkehrsadern der Union als Eckpfeiler des einheitlichen europäischen Verkehrsraums umfassen. Die Verkehrsströme reichen jedoch über die Grenzen der Union hinaus. Angesichts zunehmend global vernetzter Wertschöpfungs- und Lieferketten gewinnt die Bereitstellung grenzüberschreitender Konnektivität mit Drittländern seit langem für die Union immer mehr an Bedeutung.

Die TEN-V-Politik war ein zentrales Element bei der Projektion der Verkehrspolitik der Union auf Drittländer. Auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon, in dem betont wurde, dass der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit der Europäischen Nachbarschaft Vorrang einzuräumen ist (Artikel 8 EUV), wurde bei der Ausarbeitung von Artikel 8 der Verordnung, die den Rahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern vorgibt, der Schwerpunkt gezielt auf die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern gelegt, die zu dem Kreis der Drittländer gehören, die unter die Erweiterungspolitik, die Europäische Nachbarschaftspolitik, den Europäischen Wirtschaftsraum und die Europäische Freihandelsassoziation fallen.

Gemäß Artikel 8 Absatz 4 der TEN-V-Verordnung enthält Anhang III indikative Karten des auf bestimmte benachbarte Länder ausgedehnten TEN-V. Seit der Annahme der TEN-V-Verordnung hat die Union das indikative TEN-V auf folgende Gebiete ausgedehnt:

-    den Europäischen Wirtschaftsraum und die Europäische Freihandelsassoziation 6 ;

-    die Westbalkanpartner (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo*, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien) 7 ;

-    die Östliche Partnerschaft (Armenien, Aserbaidschan, Belarus 8 , Georgien, Moldau und Ukraine) 9 ;

-    Türkei: das Gesamtnetz der Türkei, das in die TEN-V-Verordnung aufgenommen wurde.

Was den Mittelmeerraum betrifft, so ist die Bestimmung eines Gesamtnetzes zur Festlegung eines transmediterranen Verkehrsnetzes (TMN-V) noch nicht abgeschlossen. Diese Maßnahme wird gemeinsam mit den Partnern im südlichen Mittelmeerraum 10 durchgeführt.

Dieses indikative Netz ermöglicht es der Union, das Engagement der EU, einschließlich der finanziellen Unterstützung, gezielter auszurichten. Das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) – Europa in der Welt und das Instrument für Heranführungshilfe (IPA) III fördern günstige Rahmenbedingungen, um nachhaltige Infrastrukturinvestitionen zu erleichtern, und ermöglichen es der EU, öffentliche und private Investitionen über internationale Finanzinstitutionen zur Unterstützung von Konnektivitätszielen zu mobilisieren. Diese Unterstützung erfolgt im Rahmen der Wirtschafts- und Investitionspläne für den Westbalkan 11 , der Östlichen Partnerschaft 12 und der Südlichen Nachbarschaft 13 . Darüber hinaus kann die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF II) 14 auch zur Kofinanzierung von Projekten genutzt werden, die hauptsächlich in den Grenzregionen der Union und in den Nachbarländern angesiedelt sind.

In dieser Mitteilung wird der Schwerpunkt der TEN-V-Politik bekräftigt und der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Vorrang eingeräumt. Zunächst wird dargelegt, wie gemeinsame Herausforderungen mit den Erweiterungsländern und den Ländern der Europäischen Nachbarschaft bewältigt werden können und wie die Union künftig mit diesen Partnern im Bereich der TEN-V-Politik zusammenarbeiten wird, insbesondere im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Interoperabilität der Netze der Erweiterungsländer und anderen Nachbarländer mit dem Netz der Union. Zweitens werden darin die Maßnahmen aufgeführt, mit denen die Ausdehnung des TEN-V in diesen Ländern abgeschlossen werden soll.

Die Mitteilung baut auf der Strategie für intelligente und nachhaltige Mobilität auf und steht in engem Zusammenhang mit der Gemeinsamen Mitteilung „Global Gateway“. Sie trägt auch zu der im europäischen Grünen Deal als Ziel festgelegten Entwicklung eines sauberen, nachhaltigen und intelligenten Verkehrsnetzes bei, mit dem die Union und die Europäische Nachbarschaft einen nachhaltigen Pfad beschreiten, wobei gleichzeitig eine sozioökonomische Erholung von der COVID-19-Krise erreicht wird. Diese Mitteilung wird zusammen mit dem Vorschlag der Kommission für eine überarbeitete TEN-V-Verordnung vorgelegt. Gegenstand dieses Vorschlags ist ein geringfügig geänderter Rechtsrahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern. Er sieht vor, die Bestimmungen über die Finanzierung von Projekten aus Artikel 8 der TEN-V-Verordnung zu streichen, um eine Überschneidung mit den Rechtsvorschriften über die finanzielle Unterstützung durch die Union zu vermeiden. Zudem sollen neue Bestimmungen eingeführt werden, die die beiden Koordinierungsinstrumente der Kommission stärken, die Kernnetzkorridore und die Europäischen Koordinatoren. So soll nach dem Vorschlag der Kommission ein Kernnetzkorridor auf den Westbalkan ausgedehnt werden.

II. Allgemeine Ziele der TEN-V-Politik für Nachbarländer

Mit der Ausweitung der TEN-V-Politik über die Grenzen der Union hinaus werden zwei übergeordnete Ziele verfolgt: i) Gewährleistung der Kohärenz und Effizienz eines interoperablen und multimodalen Netzes zwischen den Mitgliedstaaten und ihren unmittelbaren Nachbarn und Partnerländern; ii) Fokussierung des Engagements der Union (einschließlich der finanziellen Unterstützung) in diesen Regionen. Darüber hinaus ist die Ausdehnung des TEN-V im umfassenderen Kontext der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der EU-Erweiterungspolitik ein Instrument für eine engere Integration bzw. die Vorbereitung von Kandidatenländern bzw. potenziellen Kandidatenländern auf einen möglichen EU-Beitritt. Schließlich wird durch die Einbeziehung der Verkehrsnetze der Erweiterungsländer und anderen Nachbarländer in das TEN-V der Handel und die wirtschaftliche Integration erleichtert und somit auch die Angleichung an die Union beschleunigt.

Das Engagement der Union kann sowohl in Form der Entwicklung „harter“ Infrastrukturen als auch in Form von „weichen“ Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsanbindung erfolgen. Was die harte Infrastruktur betrifft, so zielt die Ausdehnung des TEN-V auf Nachbarländer darauf ab, Infrastrukturprojekte zu ermitteln und ein Netz zu konsolidieren, das mit den TEN-V-Parametern und -Zielen im Einklang steht, um so unter anderem zur Dekarbonisierung des Verkehrs beizutragen. Ein mit den Partnern vereinbartes und stabiles Netz in den Nachbarländern führt zu verlässlicheren Verbindungen mit besseren Verkehrsdiensten für Bürger und Unternehmen. Im Hinblick auf das starke politische Engagement der Union für ihre Nachbarschaft ermöglicht es der EU auch, Förder- und Finanzmittel gezielter einzusetzen und die erforderliche Sicherheit zu schaffen, um Investitionen in Infrastrukturprojekte zu mobilisieren. Darüber hinaus wird eine stabile Planung und strategische Entwicklung der Infrastruktur dazu beitragen, Unterstützung von internationalen Finanzinstitutionen zu gewinnen. Bei Investitionen in neue Infrastrukturen sollte besonders darauf geachtet werden, dass das TEN-V höchsten Standards und Anforderungen gerecht wird und der Schutz dieser hochwertigen Infrastruktur langfristig gewährleistet ist.

„Weiche“ Maßnahmen zielen auf die Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme (IVS) für alle Verkehrsträger ab, die dazu beitragen werden, Sicherheitsprobleme anzugehen und die Nachhaltigkeit des Verkehrs zu fördern. Dazu gehören auch Maßnahmen für den Austausch von Daten zum multimodalen Verkehr auf der Grundlage von EU-Standards, um effiziente Frachtströme zu unterstützen. Die 5G-Infrastruktur sollte ebenfalls gefördert werden. Darüber hinaus setzt sich die Union für eine Reform der Rechtsvorschriften und einen intensiveren Dialog auf technischer Ebene ein, wobei sie auf die einschlägigen Instrumente der Union zurückgreift und durch die aktive Beteiligung der europäischen Agenturen im Verkehrsbereich unterstützt wird. In den letzten Jahren haben die Union und eine Reihe von Partnerländern Assoziierungsabkommen geschlossen, die auf eine Angleichung an die Rechtsvorschriften der Union im Verkehrsbereich und die Übernahme der TEN-V-Anforderungen und -Standards für die Interoperabilität abzielen.

 

Zu den wichtigen Prioritäten der Union gehört auch das Ziel, den Verkehr zu dekarbonisieren und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Union und ihre Nachbarn einzudämmen. Die TEN-V-Politik wird so zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals beitragen. Vor diesem Hintergrund sollte daher das Ziel des europäischen Grünen Deals, die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen bis 2050 um 90 % zu senken, von allen Erweiterungsländern und anderen Nachbarländern angestrebt werden. Ehrgeiziges Handeln und die Bündelung ihrer Kräfte bei der Umsetzung dieser Agenda werden der Union und ihren Nachbarn einen Vorteil als Vorreiter bei der weltweiten Umstellung auf einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Verkehrssektor verschaffen.

Auch Unternehmen, die sich im Eigentum oder unter der Kontrolle einer natürlichen Person oder eines Unternehmens aus einem Nicht-EU-Land befinden, können an der Verwirklichung des TEN-V-Netzes in der EU beteiligt werden. Allerdings könnte eine solche Beteiligung an Vorhaben von gemeinsamem Interesse unter bestimmten Umständen die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in der EU gefährden. Unbeschadet des und zusätzlich zu dem Kooperationsmechanismus gemäß der Verordnung (EU) 2019/452 15 muss das Bewusstsein für eine solche Beteiligung geschärft werden, um ein Eingreifen der Behörden zu ermöglichen, wenn sich herausstellt, dass sie die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnten. Der Vorschlag der Kommission für eine Überarbeitung der TEN-V-Verordnung sieht daher vor, dass die Mitgliedstaaten der Kommission alle Vorhaben von gemeinsamem Interesse in ihrem Hoheitsgebiet, an denen eine natürliche Person oder ein Unternehmen eines Nicht-EU-Landes beteiligt ist, melden, damit die Auswirkungen auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in der EU bewertet werden können. Die Nachbarländer sollten einen ähnlichen Mechanismus für Projekte einrichten, die im indikativen TEN-V-Netz durchgeführt werden.

III. Wichtigste Ergebnisse und Perspektiven der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern

Europäischer Wirtschaftsraum und die Schweiz

Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) und die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) sind integraler Bestandteil der TEN-V-Politik für die Nachbarländer. Seit Jahrzehnten sind die EWR- und EFTA-Staaten als vollständig integrierte Handelspartner eng mit der Entwicklung des Unionsmarktes der EU verbunden. Mit 13,6 Millionen Menschen, die in ihren vier Mitgliedstaaten, Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz, leben, ist die EFTA der drittgrößte Handelspartner der Union bei Waren und der zweitgrößte im Dienstleistungssektor.

Das erweiterte indikative TEN-V-Netz in diesen Staaten ist gut entwickelt und dem Netz der Union gleichgestellt. Bei allen Verkehrsträgern ist das Netz der EWR-/EFTA-Staaten gut in das TEN-V integriert, wobei zwei EWR-/EFTA-Staaten sogar Teil eines TEN-V-Kernnetzkorridors sind: Der Kernnetzkorridor Skandinavien-Mittelmeer schließt Norwegen ein, und der Kernnetzkorridor Rhein – Alpen durchquert die Schweiz. Dementsprechend arbeiten die Europäischen Koordinatoren eng mit diesen Ländern zusammen, um das indikative TEN-V-Kernnetz bis 2030 fertigzustellen.

Der Rhein-Alpen-Korridor ist eine der am stärksten befahrenen Güterverkehrsrouten in Europa. Er verbindet die Nordseehäfen Belgiens und der Niederlande mit dem Mittelmeerhafen Genua. Der Korridor verläuft durch wichtige Wirtschaftszentren wie Brüssel und Antwerpen in Belgien, die Randstad-Region in den Niederlanden, die deutschen Regionen Rhein-Ruhr und Rhein-Neckar, die Regionen Basel und Zürich in der Schweiz sowie die Regionen Mailand und Genua in Italien. Die Streckenführung des Korridors schließt wichtige Projekte in der Schweiz ein, einschließlich des weltweit längsten Eisenbahntunnels, des Gotthard-Basistunnels. Dieser 57 km lange Tunnel unterhalb der Schweizer Alpen wurde am 1. Juni 2016 eröffnet. Gemeinsam mit den Lötschberg- und Ceneri-Basistunneln wird er zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs beitragen, was den Bürgern und Unternehmen der EU unmittelbar zugutekommt. Die EU sollte sich darum bemühen, den derzeit auf der Seite der Union bestehenden Engpass zu beseitigen und die Zugangswege zum Gotthard-Tunnel zu verbessern.

Der Korridor Skandinavien-Mittelmeer ist eine wichtige Nord-Süd-Achse für die europäische Wirtschaft. Innerhalb der EU erstreckt sich der Korridor von Finnland und Schweden im Norden bis zur Insel Malta im Süden und umfasst Dänemark, Nord-, Mittel- und Süddeutschland, Österreich, die industriellen Ballungsräume in Norditalien sowie die Häfen in Süditalien. Mit der Annahme der CEF-II-Verordnung wurde der Korridor auf Narvik in Norwegen ausgedehnt. Im Einklang mit der Mitteilung der Kommission über ein stärkeres Engagement der Europäischen Union für die Arktis 16 wurde der Korridor ausgedehnt, um eine Präsenz im Norden aufzubauen und so den Güterverkehr aus der Arktis auf dem Landweg und einer möglichen künftigen nördlichen Seeroute zu erleichtern.

Westbalkan

Der Westbalkan ist seit langem eine Schwerpunktregion für die Union 17 . Wie Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union vom 14. September 2021 dargelegt hat, „liegt die Zukunft der gesamten Region in der EU“. Mit einer Bevölkerung von fast 18 Millionen Menschen ist die Region ein wichtiger Markt für die Union und ein bedeutendes Transitgebiet für den europäischen Güterverkehr. Im Jahr 2020 erreichte der Handel zwischen der EU und dem Westbalkan ein Volumen von insgesamt 50,5 Mrd. EUR. Dieser Region kommt daher in den globalen, der EU vorgelagerten Wertschöpfungs- und Lieferketten eine Schlüsselrolle zu, die durch eine bessere Verkehrsanbindung mit der Union und innerhalb der Region weiter ausgebaut werden könnte werden.

Ein wichtiger Erfolg war die Annahme des Vertrags zur Gründung der Verkehrsgemeinschaft (VGV) im Jahr 2017 18 . Der VGV verpflichtet die Westbalkanländer den Besitzstand der EU im Bereich Verkehr in nationales Recht umzusetzen, damit sie bereits in den EU-Verkehrsmarkt integriert werden können, bevor sie gegebenenfalls der EU beitreten. Dies schließt die Bereiche technische Normen, Interoperabilität, Sicherheit, Gefahrenabwehr, Verkehrsmanagement, Sozialpolitik, Vergabe öffentlicher Aufträge und Umwelt ein und wird die Region in ihren Bemühungen unterstützen, die Lücke zu den Mitgliedstaaten zu schließen. Die Verkehrsgemeinschaft erstellt derzeit einen fortlaufenden Arbeitsplan für die Entwicklung des indikativen TEN-V-Kernnetzes und TEN-V-Gesamtnetzes, während ein ständiges Sekretariat die Westbalkanpartner bei der Umsetzung der Verkehrspolitik der Union und bei der Durchführung von TEN-V-Projekten unterstützt.

Die Partner im Westbalkan haben erhebliche Fortschritte bei der Verwirklichung des indikativen TEN-V-Kernnetzes erzielt. Allerdings ist die Entwicklung einer Reihe von Schlüsselprojekten für das indikative Kernnetz nach wie vor im Rückstand. So wurden mit dem Bau grenzüberschreitender Infrastrukturen wie der Svilaj-Brücke zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina, die im September 2021 für den Verkehr geöffnet wurde, zwar Verbesserungen erzielt, um einen nahtlosen Verkehr zwischen der Union und dem Westbalkan zu gewährleisten, bedarf es jedoch noch erheblicher Fortschritte. Dies betrifft alle Verkehrsträger, wobei insbesondere das Schienennetz dringend modernisiert werden muss.

Darüber hinaus ist der Anteil nachhaltiger Verkehrsträger nach wie vor gering. Etwa 70 % des weltweiten Handels der Partner im Westbalkan entfällt auf die Union, jedoch werden nur 5 % der gesamten Gütermenge auf der Schiene und die restlichen 95 % auf der Straße befördert. Darüber hinaus ist der Schienengüterverkehr seit 2009 um 40 % zurückgegangen, und der Anteil des Schienenpersonenverkehrs am gesamten Personenverkehr ist, mit Ausnahme des Vorortverkehrs in einigen Großstädten, nach wie vor einstellig. Das Binnenwasserstraßennetz im Westbalkan wird nach wie vor nicht ausreichend für den Güterverkehr in die und aus der Union genutzt. Die Donau und die Save, die mehrere Länder der Region durchqueren, umfassen auch Binnenwasserstraßen, die effizienter genutzt werden könnten, um den Verkehr von der Straße auf nachhaltigere Verkehrsträger zu verlagern. In der Region Adria-Ionisches Meer ist die Koordinierung zwischen den nationalen und regionalen Stellen, die an der Entwicklung des TEN-V mitarbeiten, nicht ausreichend gewährleistet.

Dadurch wird die Verkehrsanbindung innerhalb der Region und mit der Union beeinträchtigt, was sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Attraktivität der Region für Investoren auswirkt. Welche Konsequenzen dies mit sich bringt ist häufig an den Grenzen zur Union spürbar, wo die Kapazität der Infrastruktur nicht immer dem registrierten Verkehrsaufkommen entspricht, was nicht nur für den Handel zwischen der Union und dem Westbalkan erhebliche negative Folgewirkungen hat, sondern auch den Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten, der diese Region im Transit durchquert, beeinträchtigt.

Acht Jahre nach der Ausdehnung des TEN-V auf den Westbalkan und vier Jahre nach Inkrafttreten des VGV ist es an der Zeit, die Entwicklung des TEN-V zu beschleunigen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Union und die Partner im Westbalkan eine kohärentere TEN-V-Politik verfolgen. Dies würde dazu beitragen, die Konnektivitätslücke zu schließen und die Qualität des Verkehrs insgesamt zu verbessern.

Zur Umsetzung der Ziele der TEN-V-Politik können die Partner im Westbalkan mehrere EU-Finanzierungsquellen wie das Instrument für Heranführungshilfe über den Investitionsrahmen für den Westbalkan nutzen. Die Kommission hat zudem 2020 einen umfassenden Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan (EIP) 19 angenommen, durch den die langfristige wirtschaftliche Erholung der Region angekurbelt, die ökologische und die digitale Wende unterstützt und die regionale Integration und Konvergenz mit der Europäischen Union gefördert werden sollen. Der Plan umfasst Vorzeigeprojekte zu allen Aspekten der Konnektivität sowie ein Investitionspaket, über das in den nächsten sieben Jahren Finanzhilfen in Höhe von bis zu 9 Mrd. EUR mobilisiert und durch die neue Garantiefazilität für den Westbalkan weitere Investitionen in Höhe von bis zu 20 Mrd. EUR angestoßen werden. Alle wichtigen Verkehrsprojekte des Plans – in Höhe von insgesamt 1,1 Mrd. EUR, die weitere Investitionen von bis zu 4 Mrd. EUR nach sich ziehen – betreffen das erweiterte TEN-V-Netz.

Die EU unterstützt auch makroregionale Strategien in der Region wie EUSAIR und EUSDR 20 , um die Kohärenz von Investitionen im westlichen Balkan zu stärken. Durch die Koordinierung zwischen Interreg, IPA III und anderen Finanzierungsinstrumenten im Rahmen dieser makroregionalen Strategien der EU wird die Wirkung von durchgeführten Projekten verstärkt und der positive Effekt neuer Projekte sogar vervielfacht.

Die Union sollte TEN-V-Vorhaben Vorrang einräumen, die für die Region und die Union von strategischem Interesse sind, um ein vollständiges, konformes und nachhaltiges indikatives Kernnetz zu schaffen, das die Hauptstädte der Region und mit der Union verbindet. Die Union sollte bestrebt sein, den Bau neuer Verkehrsinfrastrukturen zu beschleunigen, Verbindungslücken insbesondere durch grenzüberschreitende Projekte zu schließen und gegebenenfalls die bestehende Infrastruktur zu modernisieren, damit sie den TEN-V-Standards entspricht. Es sollten digitale Technologien eingesetzt werden, ergänzt durch die Entwicklung von Telekommunikationsinfrastruktur und den Austausch multimodaler Verkehrsdaten, um die Interoperabilität der Netze und effizientere Frachtströme zu gewährleisten. Das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) sollte die vorhandenen Altsysteme ersetzen, die das Netz in einzelne Streckenabschnitte zerteilen. Ebenso sollte der Einführung von IVS-Lösungen Priorität eingeräumt werden, um die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen.

Dies wird auch eine wichtige Priorität bei der Förderung multimodaler Verkehrslösungen sowie beim schnelleren Übergang zu nachhaltigem Verkehr sein, um so die verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu verringern. Entsprechend sollten umweltfreundliche multimodale Lösungen wie Elektroladestationen und multimodale Knotenpunkte ausgebaut werden. Auch der Verkehrsfluss in und in der Umgebung von Städten sollte durch die Schaffung nachhaltiger Alternativen zum Straßenverkehr und die Vermeidung von Staus, die ebenfalls zu hohen CO2-Emissionen führen, verbessert werden.

Die TEN-V-Politik sollte außerdem durch einen inklusiveren Ansatz der geografischen Lage des Westbalkans in Europa besser Rechnung tragen. Mehrere Mitgliedstaaten – Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland – haben gemeinsame Grenzen und sind stark auf die Infrastruktur im Westbalkan angewiesen, um die Konnektivität mit den anderen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Die im Vorschlag für eine überarbeitete TEN-V-Verordnung vorgesehene Schaffung eines europäischen Verkehrskorridors, der die Region mit der Union verbindet, ist ein konkretes Beispiel dafür, was die Union der Region anbieten kann, um die Durchführung von TEN-V-Projekten zu verbessern.

Die Östliche Partnerschaft:

Die Östliche Partnerschaft hat maßgeblich dazu beigetragen, die Union und die östlichen Partner einander anzunähern. Die Union und die Region verbinden enge Wirtschaftsbeziehungen, und die östliche Nachbarschaft ist ein wichtiges Transitgebiet für den europäischen Güterverkehr nach Osten. In den letzten zehn Jahren hat sich der Handel zwischen der EU und der Östlichen Partnerschaft fast verdoppelt, so dass die Region zum zehntgrößten Handelspartner der Union geworden ist. Für Aserbaidschan, Georgien, Moldau und die Ukraine ist die Union der größte und für Armenien und Belarus der zweitgrößte Handelspartner. Der Handel der Union mit der Östlichen Partnerschaft erreichte 2020 ein Gesamtvolumen von 82,8 Mrd. EUR. Insbesondere der Handel zwischen der EU und der Ukraine macht davon fast 50 % aus. Um diese Entwicklung zu unterstützen, ist die Bereitstellung einer besseren Verkehrsanbindung mit der Union und innerhalb der Region für die Union von großer Bedeutung.

Nach der Ausdehnung des indikativen TEN-V auf die Region im Jahr 2018 ist die Ausarbeitung des indikativen TEN-V-Investitionsaktionsplans für die Östliche Partnerschaft ein wichtiges Ergebnis der TEN-V-Politik. In dem gemeinsam von der Weltbank und der Kommission ausgearbeiteten Plan werden vorrangige Vorhaben für Investitionen im Gesamtwert von 12,8 Mrd. EUR für alle Verkehrsträger im erweiterten Kernnetz aufgeführt. Die Frist für die Fertigstellung endet 2030. Der Plan soll die Entscheidungsträger bei der Priorisierung strategischer Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur unterstützen, um das indikative TEN-V-Netz zu vollenden. Die Ausarbeitung einer einzigen koordinierten Projektpipeline für die Region wird eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der TEN-V-Politik sein. Dies gilt auch für die Weiterentwicklung des Netzes, einschließlich der Binnenwasserstraßen, die bei der Ausdehnung des TEN-V im Jahr 2018 nicht berücksichtigt wurden.

Gestützt auf eine regelbasierte Politik gehören Investitionen in nachhaltige Lösungen für das indikative TEN-V-Kernnetz zu den langfristigen politischen Zielen der Politik für die Östliche Partnerschaft über 2020 hinaus, wie in der Gemeinsamen Mitteilung „Politik für die Östliche Partnerschaft nach 2020: Stärkung der Resilienz – eine Östliche Partnerschaft, die allen Vorteile bringt“ dargelegt. In dieser Agenda für die Zeit nach 2020, die auf einer Struktur mit den beiden Säulen Investitionen und Governance beruht, wird ein Wirtschafts- und Investitionsplan vorgeschlagen, um die sozioökonomische Erholung der Partnerländer mit einem „verbesserten Wiederaufbau“ mit Blick auf den ökologischen und digitalen Wandel zu unterstützen. Der Plan sieht erhebliche Investitionen im Verkehrsbereich (bis zu 4,5 Mrd. EUR) vor, einschließlich Vorhaben, die das erweiterte TEN-V betreffen.

Der Wirtschafts- und Investitionsplan und der indikative TEN-V-Investitionsaktionsplan für die Östliche Partnerschaft werden entscheidend dazu beitragen, die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen, die mit der Verwirklichung eines den TEN-V-Anforderungen entsprechenden interoperablen Netzes verbunden sind. Sowohl die Straßen- als auch die Schienenverbindungen zwischen der Union und den Ländern der Östlichen Partnerschaft sind nach wie vor unzureichend und wenig entwickelt, und an einigen Grenzübergängen fehlen Verbindungsstrecken. Qualität, Kapazität und Sicherheit der Straßeninfrastruktur sind mangelhaft. In einigen Fällen sind Qualitäts-, Kapazitäts- und Sicherheitsstandards bei Schieneninfrastruktur und Fahrzeugen veraltet. Erschwert wird die Integration des Schienennetzes der Östlichen Partnerschaft mit dem der Union außerdem dadurch, dass die Spurweite im Netz in der Östlichen Partnerschaft 1520 mm, die EU-Standardspurweite jedoch 1435 mm beträgt. Dies macht die Verwirklichung eines interoperablen grenzüberschreitenden Netzes zu einer noch komplexeren Aufgabe und erfordert die Entwicklung fortschrittlicher technischer Lösungen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, sollte die Östliche Partnerschaft weiterhin eine Pipeline von TEN-V-Projekten aufbauen und sie im Hinblick auf die Förder- und Finanzierungsvoraussetzungen zur Durchführungsreife bringen. Die Östliche Partnerschaft sollte sich auf Projekte im indikativen TEN-V-Kernnetz und insbesondere auf grenzüberschreitende Projekte mit der Union konzentrieren.

Die Union sollte bestrebt sein, den Bau neuer Verkehrsinfrastrukturen zu beschleunigen, Verbindungslücken zu schließen, insbesondere durch grenzüberschreitende Projekte und multimodale Verbindungen, die auch den Seeverkehr einschließen, und gegebenenfalls die bestehende Infrastruktur zu modernisieren, damit sie den TEN-V-Anforderungen entspricht. Die Union sollte die Entwicklung innovativer Infrastrukturlösungen für das Problem der unterschiedlichen Spurweitenstandards fördern. Digitale Lösungen sollten eingeführt werden, um die Interoperabilität der Netze und Multimodalität zu gewährleisten, Sicherheit und Nachhaltigkeit zu stärken und den Handel und Grenzübergang zu erleichtern. Das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) sollte die vorhandenen Altsysteme ersetzen, die das Netz in einzelne Streckenabschnitte zerteilen. Ebenso sollte der Einführung von IVS-Lösungen Priorität eingeräumt werden, um die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen. Priorität sollte ebenfalls multimodalen Verkehrslösungen und einem beschleunigten Übergang zu nachhaltigem Verkehr eingeräumt werden, um die verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu verringern Bei Straßeninfrastrukturprojekten sollte die Union die Entwicklung umweltfreundlicher multimodaler Lösungen (z. B. elektrische Ladestationen und multimodale Knotenpunkte) fördern. Eine weitere Priorität wird die Modernisierung des Binnenwasserstraßennetzes sein. Schließlich wird es wichtig sein, dafür zu sorgen, dass diese Länder die entsprechende Infrastruktur aufrechterhalten, insbesondere im Hinblick auf mit EU-Mitteln entwickelte Schlüsselprojekte.

Südlicher Mittelmeerraum

Der südliche Mittelmeerraum ist für die Union von besonderer politischer Bedeutung. Die Region ist zudem ein enger Handelspartner. Im Jahr 2020 belief sich der Warenhandel zwischen der Union und den Ländern der südlichen Nachbarschaft auf insgesamt 149,4 Mrd. EUR. Das Potenzial für die Weiterentwicklung des Handels sollte durch verbesserte nachhaltige Verkehrsverbindungen genutzt werden.

Auf der Grundlage des Mandats, das die Minister der Europa-Mittelmeer-Region 2013 erhalten haben, streben die Union und ihre Partner im südlichen Mittelmeerraum die Schaffung eines Transmediterranen Verkehrsnetzes (TMN-V) an. Es wird als Gesamtnetz konzipiert. Um eine bessere Verkehrsanbindung zwischen der Union und der Region zu gewährleisten, müssen insbesondere Seehäfen in das indikative TMN-V eingebunden werden.

Nach der Festlegung des TMN-V sollten die Partner im südlichen Mittelmeerraum rasch einen TMN-V-Umsetzungsplan ausarbeiten, in dem Projekte mit hoher Priorität für eine Projektpipeline festgelegt werden. Vorrang sollte Projekten in Häfen, einschließlich multimodaler Verbindungen für die letzte Meile, eingeräumt werden, um die Entwicklung des Kurzstreckenseeverkehrs zu stärken.

In der Gemeinsamen Mitteilung über eine erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft von 2021 und dem dazugehörigen Wirtschafts- und Investitionsplan für die Region wird die Bedeutung der Verkehrsanbindung für die Entwicklung des südlichen Mittelmeerraums betont. Daher wird darin der Entwicklung des Transmediterranen Verkehrsnetzes und den im Rahmen des regionalen Verkehrsaktionsplans (RTAP) 21 gemeinsam festgelegten verkehrspolitischen Reformen Vorrang eingeräumt. Die WestMed-Initiative 22 , die die nachhaltige Entwicklung der blauen Wirtschaft im westlichen Mittelmeerraum fördert, befasst sich mit dem Seeverkehr.

Im Einklang mit der erneuerten Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft und dem Wirtschafts- und Investitionsplan für die Region sollte die Union sich verstärkt um die Annahme der indikativen Karten des künftigen Transmediterranen Verkehrsnetzes (TMN-V) bemühen und Projekten in diesem Netz, die für die Union von besonderer Bedeutung sind, Vorrang einräumen. Darüber hinaus sollte sie die Umsetzung des RTAP unterstützen, in dem die vereinbarten Grundsätze für die Entwicklung eines multimodalen, nachhaltigen und integrierten Verkehrssystems, einschließlich der Förderung regulatorischer Konvergenz, festgelegt sind. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem regionalen Rahmen für Zusammenarbeit, der Union für den Mittelmeerraum (UfM), in den Bereichen nachhaltiger Verkehr und blaue Wirtschaft.

Türkei

Die Union und die Türkei sind wichtige Handelspartner, und die Türkei ist ein wichtiges Transitland für den Handel der Union mit dem Nahen und Fernen Osten. Die Union und die Türkei haben daher ein gemeinsames Interesse an der Entwicklung und Modernisierung der Infrastruktur. Fortschritte bei der Projektdurchführung sind von entscheidender Bedeutung, um das Potenzial des indikativen TEN-V in der Türkei voll auszuschöpfen. Um diesen Nutzen sowohl für die Türkei als auch für die Union zu maximieren, ist die Koordinierung des Ausbaus der Infrastruktur insbesondere für den Schienenverkehr von wesentlicher Bedeutung. Als zentrales Projekt im Rahmen des IPA wird die Türkei mit der Fertigstellung der Eisenbahnlinie zwischen Halkali und Kapikule, die aus dem IPA-Instrument mit 275 Mio. EUR gefördert und von den europäischen Finanzinstitutionen (EIB und EBWE) kofinanziert wird, einen wichtigen Zugang zum TEN-V über Bulgarien gewährleisten. Die Angleichung der Türkei an den Besitzstand im Bereich des TEN-V ist weiterhin von maßgeblicher Bedeutung 23 . Wie bei den Projekten für den Westbalkan und die Region der Östlichen Partnerschaft ist auch bei der Planung der Straßeninfrastruktur zwischen der Union und der Türkei der Bereitstellung alternativer Kraftstoffe entscheidende Bedeutung beizumessen. Schließlich könnte eine bessere Koordinierung der Umsetzung der Grenzinfrastruktur zur Schließung von Infrastrukturlücken und zur Verbesserung der Verkehrsströme zwischen der Union und der Türkei und darüber hinaus beitragen.

Vereinigtes Königreich

Das Vereinigte Königreich war bis zum Austritt aus der Union nach Ablauf des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 fester Bestandteil des TEN-V. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Vereinigte Königreich Teil des Nordsee-Mittelmeer-Kernnetzkorridors mit nahtlos integrierten Verkehrsverbindungen nach Kontinentaleuropa und Irland. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs ist das Vereinigte Königreich nicht mehr zur Anwendung des TEN-V-Besitzstands verpflichtet.

Von besonderem Interesse für die Union ist der Schutz der Anbindung Irlands an das Festland der Union. Die Union setzt sich daher dafür ein, dass sich dieser Austritt nicht gravierend auf das irische Verkehrsnetz, insbesondere die Anbindung an Kontinentaleuropa, auswirkt. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs hat die Union Sondermaßnahmen zum Schutz der Interessen Irlands und damit auch der Union eingeleitet. Mit der Annahme der CEF-II-Verordnung gehört Irland erstmals zwei TEN-V-Kernnetzkorridoren an. Das Land, das bereits Teil des Nordsee-Mittelmeer-Kernnetzkorridors ist, wurde in den Atlantikkorridor einbezogen und die drei Kernnetzhäfen Dublin, Cork und Shannon-Foynes mit den französischen Häfen Le Havre und Nantes Saint-Nazaire verbunden.

Aus dem Arbeitsplan für den Nordsee-Mittelmeer-Korridor geht hervor, dass sich die Union kontinuierlich für den Schutz der Verkehrsverbindungen Irlands mit Kontinentaleuropa einsetzt. Zu den Zielen der Entwicklung des Korridors gehören die Weiterentwicklung der Seeverkehrsverbindungen und die Verbesserung der Hinterlandanbindung an Seehäfen. So wird insbesondere auf Pläne zur Förderung einer Reihe von Projekten die u. a. die Straßenverbindung von Ringaskiddy nach Cork und das Alexandra-Becken in Dublin betreffen. In dem Plan wird die Gewährleistung der Seeverkehrsverbindung mit dem europäischen Festland verbindlich vorgesehen, und die Bedeutung der Seegrenzübergänge als wichtigste Grenzübergangsstellen Irlands anerkannt. Weitere Investitionen in die Hafenkapazität Irlands kommen als mögliches Mittel zur Verringerung der Abhängigkeit Irlands von der britischen Landbrücke in Betracht.

IV. Schlussfolgerung

Die Ausdehnung der TEN-V-Politik auf die Nachbarländer ist im Hinblick auf den Aufbau eines interoperablen und multimodalen Verkehrsnetzes für die Union von entscheidender Bedeutung. Die TEN-V-Politik ist ein wichtiges Instrument für die Integration der Erweiterungsländer, bietet eine bessere Verkehrsanbindung und dient als Wegbereiter für Handelserleichterungen, die die Konvergenz mit der Union beschleunigen. Diese Mitteilung, die zusammen mit dem Vorschlag für eine überarbeitete TEN-V-Verordnung vorgelegt wird, zielt darauf ab, die Außenbeziehungen der Union weiter zu vertiefen, wobei sowohl den Prioritäten des europäischen Grünen Deals als auch der Strategie der Kommission für nachhaltige und intelligente Mobilität Rechnung getragen wird.

Insbesondere für den Westbalkan und die Östliche Partnerschaft besteht die dringende Notwendigkeit, die Entwicklung des indikativen TEN-V zu beschleunigen, um die Verkehrsverbindungen mit der Union zu verbessern. Um in beiden Regionen von einem Flickenteppich zu einem Netz übergehen zu können, muss die Kohärenz bei der Projektdurchführung gestärkt und der Aufbau solider Projektpipelines deutlich vorangetrieben werden, wobei klare Prioritäten für die wichtigsten Projekte festzulegen sind und Vorhaben im indikativen Kernnetz Vorrang erhalten müssen.

Ferner muss die bestehende Infrastruktur dringend an die Vorschriften angepasst und die Instandhaltung der vorhandenen Anlagen gewährleistet werden. Die Weiterentwicklung des indikativen TEN-V sollte darauf abzielen, ein hochwertiges Netz zu schaffen. Darüber hinaus sollte die Entwicklung einer widerstandsfähigen Infrastruktur angestrebt werden, die den Herausforderungen des Klimawandels standhält.

Daher wird die Kommission

·die Verwirklichung eines konformen indikativen Kernnetzes abschließen, das multimodal, nachhaltig und widerstandsfähig ist;

·den Bau neuer Verkehrsinfrastrukturen, die Überbrückung fehlender Verbindungen und die Beseitigung von Engpässen, insbesondere grenzüberschreitend, beschleunigen sowie die bestehende Infrastruktur modernisieren, um die Einhaltung der TEN-V-Anforderungen zu erreichen und die Angleichung an den europäischen Grünen Deal sicherzustellen;

·die Förderung und Einführung digitaler Technologien unterstützen. um die Interoperabilität von Netzen zu gewährleisten, insbesondere ERTMS, IVS, multimodale Güterverkehrsinformationssysteme und die 5G-Infrastruktur. Der Einsatz digitaler Technologien sollte eine hohe Leistung im gesamten Netz gewährleisten und ein höheres Automatisierungsniveau erreichen;

·die Partner dazu ermutigen, die optimale Instandhaltung und den optimalen Betrieb bestehender und neuer Anlagen gebührend zu berücksichtigen und umzusetzen;

·TEN-V-Vorhaben, die für die Regionen des Westbalkans und der Östlichen Partnerschaft sowie für die Union von strategischem Interesse sind, Vorrang einräumen, um die Erweiterungs- und andere Nachbarländer besser mit der Union zu verknüpfen.

·prüfen, ob das bestehende indikative TEN-V-Netz in den Erweiterungs- und anderen Nachbarländern angepasst werden muss, und erforderlichenfalls das Verfahren zu seiner Aktualisierung einleiten.

Der Europäische Rat, das Europäische Parlament und der Rat werden ersucht, diese gemeinsame Mitteilung zu billigen, die auch dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen vorgelegt wird.

(1)

Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1).

(2)

Vorschlag der Kommission vom 14. Dezember 2021 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/1153 und der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013, COM(2021) 812

(3)

COM(2019) 640 final.

(4)

COM(2020) 789 final.

(5)

JOIN(2021) 30 final.

(6)

Delegierte Verordnung (EU) 2016/758 der Kommission vom 4. Februar 2016 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anpassung des Anhangs III (ABl. L 126 vom 14.5.2016, S. 3).

(7)

 Delegierte Verordnung (EU) 2016/758 der Kommission vom 4. Februar 2016 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anpassung des Anhangs III (ABl. L 126 vom 14.5.2016, S. 3).     
*Diese Bezugnahme berührt nicht den Status des Kosovo und steht im Einklang mit der Resolution 1244 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.

(8)

Dessen Teilnahme ist derzeit von den belarussischen Behörden ausgesetzt worden.

(9)

Delegierte Verordnung (EU) 2019/254 der Kommission vom 9. November 2018 zur Anpassung des Anhangs III der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, (ABl. L 43 vom 14.2.2019, S. 1).

(10)

Zu den Partnern der südlichen Nachbarschaft gehören Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen (Beobachterstatus in der Union für den Mittelmeerraum), Marokko, Palästina, Syrien (die Zusammenarbeit mit Syrien ist seit 2011 ausgesetzt) und Tunesien. Die Bezeichnung „Palästina“ ist nicht als Anerkennung eines Staates Palästina auszulegen und lässt die Standpunkte der einzelnen Mitgliedstaaten zu dieser Frage unberührt.

(11)

Mitteilung „Ein Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan“ (COM(2020) 641 final).

(12)

Gemeinsame Mitteilung „Stärkung der Resilienz – eine Östliche Partnerschaft, die allen zugutekommt“ (JOIN(2020) 7 final) und gemeinsame Arbeitsunterlage „Recovery, resilience and reform: post 2020 Eastern Partnership priorities“ (Aufbau, Resilienz und Reformen: die Prioritäten der Östlichen Partnerschaft für die Zeit nach 2020 (SWD(2021) 186 final).

(13)

Gemeinsame Mitteilung „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft: Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“, (JOIN(2021) 2 final), und gemeinsame Arbeitsunterlage „Renewed Partnership with the Southern Neighbourhood Economic and Investment Plan for the Southern Neighbours“ (Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft – Wirtschafts- und Investitionsplan für die südlichen Nachbarn) (SWD(2021) 23 final).

(14)

Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“ (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 129).

(15)

Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl. L 79I vom 21.3.2019, S. 1).

(16)

Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Ein stärkeres Engagement der EU für eine friedliche, nachhaltige und prosperierende Arktis“, JOIN(2021) 27 final.

(17)

Mit Montenegro wurden 2012 und mit Serbien 2014 Beitrittsverhandlungen aufgenommen. Die Aufnahme von Verhandlungen mit Albanien und der Republik Nordmazedonien, über die der Rat im März 2020 eine politische Einigung erzielte, steht noch aus.

(18)

ABl. L 278 vom 27.10.2017.

(19)

Mitteilung „Ein Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan“ (COM(2020) 641 final).

(20)

EU-Strategie für den adriatisch-ionischen Raum und EU-Strategie für den Donauraum

(21)

Regionaler Verkehrsaktionsplan für den Mittelmeerraum (2014-2020).

(22)

Die WestMED-Initiative ist ein Ergebnis des „5+ 5-Dialogs“, an dem fünf EU-Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Portugal, Spanien und Malta) und fünf südliche Partnerländer (Algerien, Libyen, Mauretanien, Marokko und Tunesien) beteiligt sind.

(23)

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Bericht 2021 über die Türkei“ SWD(2021) 290 final/2.