Brüssel, den 4.3.2021

COM(2021) 102 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN EMPTY

Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte

{SWD(2021) 46 final}


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte



Während wir dabei sind, die Pandemie zu überwinden, uns auf notwendige Reformen vorzubereiten, und den grünen und den digitalen Wandel voranzutreiben, ist es auch an der Zeit, das soziale Regelwerk anzupassen. Wir brauchen ein Regelwerk, das weiterhin die Solidarität zwischen den Generationen sicherstellt. Ein Regelwerk, das die Unternehmer belohnt, die sich um ihre Beschäftigten kümmern. Ein Regelwerk, das den Schwerpunkt auf Arbeitsplätze legt und neue Chancen eröffnet; das Qualifikationen, Innovation und sozialer Sicherheit die gleiche Wertigkeit beimisst. 

Kommissionspräsidentin von der Leyen (Rede vor dem Europäischen Parlament, 20. Januar 2021)

Der Übergang zu einer grüneren, faireren und inklusiveren Zukunft wird auf kurze Sicht Kosten verursachen und uns vor Herausforderungen stellen. Deshalb ist es von größter Bedeutung, diesen Übergang zu begleiten und den Gemeinschaften sowie den einzelnen Menschen dabei zu helfen, sich auf diese neue Welt einzustellen. Dabei muss gesellschaftlichen Fragen besondere Aufmerksamkeit zukommen. Die Europäische Säule der sozialen Rechte sollte auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten umgesetzt werden, wobei die jeweiligen Zuständigkeiten gebührend zu achten sind.

Europäischer Rat, Eine neue Strategische Agenda 2019-2024

Das Europäische Parlament [...] betont, dass Fortschritte auf dem Weg zu einem nachhaltigen, gerechten und integrativen sozialen Europa ein starkes gemeinsames Engagement sowohl für das Voranbringen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen als auch für die Umsetzung und Verwirklichung der in der europäischen Säule sozialer Rechte enthaltenen Grundsätze und Rechte erfordern.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu einem starken sozialen Europa für gerechte Übergänge (17. Dezember 2020)



1. Ein starkes soziales Europa für gerechte Übergänge und einen gerechten Aufschwung

In einem starken sozialen Europa geht es um die Menschen und ihr Wohlergehen. In Europa sind die gerechtesten Gesellschaften der Welt, die höchsten Standards bei den Arbeitsbedingungen und der breiteste Sozialschutz zu finden. Die wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit 1 steht seit jeher im Zentrum der sozialen Marktwirtschaft in Europa. Europa strebt ein nachhaltiges und inklusives Wachstumsmodell an, das die besten Ergebnisse für die Menschen und den Planeten bringt. Auf diesem einzigartigen Modell beruht die soziale und wirtschaftliche Widerstandskraft Europas. 2

Die Europäerinnen und Europäer schätzen dieses einzigartige Sozial- und Wirtschaftsmodell und erwarten, dass es Chancen für alle bringt, unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung. Das Ziel der Union ist es, das Versprechen des gemeinsamen Wohlstands einzulösen. Dies ist auch das Versprechen der europäischen Säule sozialer Rechte, die 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde.

Der Klimawandel und die Herausforderungen im Umweltbereich, die Digitalisierung, die Globalisierung und die demografische Entwicklung verändern unser tägliches Leben rasant. COVID-19 hat in Europa weitere drastische Veränderungen an unseren Arbeitsplätzen, im Bildungswesen, in der Wirtschaft, in den Wohlfahrtsystemen und im sozialen Leben mit sich gebracht. Gerade in Zeiten tiefer Umwälzungen wie diesen wird unser soziales Gefüge auf die Probe gestellt. Die Europäerinnen und Europäer halten weiterhin zu Recht an dem Versprechen einer leistungsfähigen sozialen Marktwirtschaft fest, mit Arbeitsplätzen, die ein menschenwürdiges Leben und Schutz in Zeiten der Not ermöglichen. Neun von zehn Menschen in Europa sind der Ansicht, dass ein soziales Europa für sie wichtig ist und gleiche Chancen und einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt sowie faire Arbeitsbedingungen und Sozialschutz bieten sollte. 3 Die Verbesserung und Anpassung unseres „sozialen Regelwerks“ – die Förderung einer Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet, und die Förderung des sozialen Fortschritts – stehen im Mittelpunkt der europäischen Antwort auf diese Veränderungen.

Die entschlossene politische Reaktion auf die COVID-19-Pandemie auf nationaler und auf EU-Ebene hat erfolgreich dazu beigetragen, die beschäftigungspolitischen und sozialen Folgen zu begrenzen. Mit Einheit und Koordinierung hat Europa die Mitgliedstaaten solidarisch bei der Einführung von Kurzarbeitsprogrammen und ähnlichen Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen unterstützt, um die Arbeitslosigkeit während des Gesundheitsnotstands einzudämmen. Dies hat dazu beigetragen, die Beschäftigung, die Einkommen und die Wirtschaft zu sichern.

Die gleiche Einheit, Koordinierung und Solidarität werden auch in den kommenden Jahren nötig sein, um den Sprung in ein grüneres und stärker digital ausgerichtetes Jahrzehnt zu schaffen, in dem die Europäerinnen und Europäer vorankommen können. Die anstehenden Herausforderungen sind in allen Mitgliedstaaten ähnlich – wenngleich sie in unterschiedlichem Ausmaß bestehen. Wir müssen ein neues „soziales Regelwerk“ anstreben, das die Solidarität zwischen den Generationen sicherstellt und Chancen für alle schafft; das Unternehmer belohnt, die sich um ihre Beschäftigten kümmern; das den Schwerpunkt auf Arbeitsplätze legt und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen fördert; das in hochwertige und inklusive Bildung, Ausbildung, Kompetenzen und Innovation investiert und einen angemessenen Sozialschutz für alle gewährleistet. Wir müssen die sozialen Rechte verbessern und die europäische soziale Dimension in allen Politikbereichen der Union stärken, wie es in den Verträgen verankert ist. 4 So wird dafür gesorgt, dass der Übergang zur Klimaneutralität, die Digitalisierung und der demografische Wandel sozialverträglich und gerecht erfolgen sowie der europäische Grüne Deal und die anstehende digitale Dekade 2030 für alle Europäerinnen und Europäer von Erfolg gekrönt sind.

Die 20 Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte sind der Leuchtturm, der uns den Weg zu einem starken sozialen Europa weist und die Vision für unser neues „soziales Regelwerk“ vorgibt. Sie bringen Grundsätze und Rechte zum Ausdruck, die im Europa des 21. Jahrhunderts für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unerlässlich sind. Einige Grundsätze bekräftigen Rechte, die bereits im Besitzstand der Union enthalten sind; andere setzen klare Ziele für den Weg, der vor uns liegt, wenn wir uns den Herausforderungen stellen, die sich aus den gesellschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ergeben.

Die wirksame Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte ist heute wichtiger denn je und hängt in hohem Maße von der Entschlossenheit und dem Handeln der Mitgliedstaaten ab, die in erster Linie für die Beschäftigungs-, Qualifikations- und Sozialpolitik verantwortlich sind.

Maßnahmen auf EU-Ebene können nationale Maßnahmen ergänzen, und dieser Aktionsplan ist der Beitrag der Kommission zur Umsetzung der Grundsätze der Säule sozialer Rechte im Einklang mit den Forderungen der europäischen Staats- und Regierungschefs 5 und des Europäischen Parlaments.

Der Aktionsplan stützt sich auf eine groß angelegte Konsultation, die vor etwa einem Jahr eingeleitet wurde 6 , bei der mehr als 1000 Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern, Organen und Einrichtungen der EU, Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Behörden, Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft eingegangen sind. 7 Mit dem Aktionsplan wird eine Reihe von EU-Maßnahmen festgelegt, zu denen sich die Kommission während der laufenden Amtszeit verpflichtet und die auf den zahlreichen Maßnahmen aufbauen, die seit der Proklamation der europäischen Säule sozialer Rechte in Göteborg 8 durchgeführt wurden. Mit dem Aktionsplan werden ferner drei Zielvorgaben auf EU-Ebene vorgeschlagen, die bis 2030 erreicht werden sollen und die bei der Steuerung nationaler Politiken und Reformen helfen werden.

Der Sozialgipfel in Porto im Mai 2021 wird eine Gelegenheit sein, die Kräfte zu bündeln, um auf höchster politischer Ebene die Verpflichtung zur Umsetzung der sozialen Säule zu erneuern. Dieser Aktionsplan stellt den Beitrag der Kommission zum Sozialgipfel von Porto dar. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und andere einschlägige Akteure wie regionale und lokale Behörden sowie die Zivilgesellschaft auf, sich gemeinsam darum zu bemühen, die Umsetzung der Säule in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu beschleunigen und ihre Grundsätze zügig zu verwirklichen, damit ein starkes soziales Europa weiterhin ein Vorbild für die Welt ist.

2.Drei Zielvorgaben der EU für 2030

Ein starkes soziales Europa ist die Grundlage nicht nur für den Wohlstand und das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Innovationsfreudige und qualifizierte Arbeitskräfte, die in der Lage sind, den grünen und digitalen Wandel zu gestalten und sich anzupassen, werden ein ausschlaggebender Faktor sein.

Da Europa nun in ein neues Jahrzehnt eintritt, müssen jedoch weitere Fortschritte erzielt werden, um ein hohes Niveau an Beschäftigung, Qualifikation und Beschäftigungsfähigkeit sowie solide Sozialschutzsysteme zu erreichen. Im Dezember 2020 waren 16 Millionen Menschen ohne Arbeit und die Jugendarbeitslosigkeit lag mit 17,8 % deutlich über der allgemeinen Arbeitslosenrate. Gering qualifizierte, schlecht bezahlte Arbeitnehmer und Leiharbeitnehmer waren die ersten, die aufgrund des COVID-19-Ausbruchs entlassen wurden. Auch die Beteiligung von Migranten am Arbeitsmarkt war von der Pandemie unverhältnismäßig stark betroffen. 9 Auch wenn Qualifikationen unerlässlich sind, um die Menschen für die neuen grünen und digitalen Arbeitsplätze zu rüsten und die Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit zu schützen, nehmen weniger als 40 % der Erwachsenen jedes Jahr an irgendeiner Form der beruflichen Bildung teil, und immer noch haben zu viele junge Menschen nur ein geringes Qualifikationsniveau bzw. erreichen die Sekundarstufe II nicht. 10 Frauen, die 2018 immer noch durchschnittlich 14 % weniger verdienten als Männer, schultern weiterhin den Großteil der Betreuungspflichten in ihrem Haushalt und haben Schwierigkeiten, in den Arbeitsmarkt einzutreten und dort zu bleiben, was sich auch auf ihre Renten auswirkt. Vor der Pandemie waren 91 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, und 22,2 % der Kinder lebten in armen Haushalten. Schätzungsweise 700 000 Menschen schlafen jede Nacht in Europa auf der Straße.

Da zu erwarten ist, dass Arbeitslosigkeit und Ungleichheit in Folge der Pandemie zunehmen werden, ist es von entscheidender Bedeutung, unsere politischen Bemühungen auf die Schaffung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen, die Aus- und Weiterbildung und die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung zu konzentrieren, um unsere Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Die Kommission schlägt drei EU-Kernziele vor, die in Übereinstimmung mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bis zum Ende dieses Jahrzehnts in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Sozialschutz erreicht werden sollen. 11 Zusammen mit den in den Grundsätzen der Säule verankerten Zielen und der finanziellen Unterstützung durch den Mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2021-2027 (MFR) 12 und NextGenerationEU 13 werden die Zielvorgaben unsere gemeinsamen Bemühungen um ein starkes soziales Europa und das Erreichen einer nachhaltigen Wirkung leiten. Ergänzend zu den kühnen politischen Zielen, die sich die EU für die grüne und digitale Wende gesetzt hat, werden die sozialen Ziele dazu beitragen, die politischen Bemühungen auf das Erreichen von Ergebnissen zu konzentrieren und einen wichtigen Anreiz für Reformen und Investitionen in den Mitgliedstaaten darstellen. Sie können als Richtschnur für politische Entscheidungen in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen dienen, auch im Zusammenhang mit den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität und im Einklang mit den einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen 14 sowie im Zusammenhang mit dem Programmplanungszeitraum 2021-2027 der kohäsionspolitischen Fonds. Sie ermöglichen auch die Messung und Überwachung des Fortschritts in Bezug auf die Ambitionen und die politische Verpflichtung der Säule.

Während die meisten Instrumente zur Erreichung dieser Ziele in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, spiegeln die Zielvorgaben auf EU-Ebene ein gemeinsames Ziel bis 2030 wider, zu dem dieser Aktionsplan einen wichtigen Beitrag leistet.

ØBis 2030 sollen mindestens 78 % der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig sein.

Mit einer Beschäftigungsquote in der EU von 73,1 % im Jahr 2019 wurde das Europa 2020-Ziel einer Beschäftigungsquote von 75 % fast erreicht. Trotz aller Bemühungen der EU hat die COVID-19-Krise eine sechsjährige positive Beschäftigungsentwicklung gestoppt und im dritten Quartal 2020 lag die Beschäftigungsquote bei 78,3 % (Männer) bzw. 66,6 % (Frauen). Mit der Festlegung eines neuen Kernziels für 2030 bekräftigt die EU ihr Engagement für eine inklusive hohe Beschäftigungsquote. Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, muss Europa sich bemühen:

·die geschlechtsspezifischen Beschäftigungsunterschiede im Vergleich zu 2019 mindestens zu halbieren. Dies wird entscheidend sein, um Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter zu erzielen und das Beschäftigungsziel für die gesamte Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu erreichen;

·das Angebot an formaler frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung zu erhöhen und so zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beizutragen und eine stärkere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt zu unterstützen;

·die Quote junger Menschen (15-29 Jahre), die sich weder in Beschäftigung noch in Bildung oder Ausbildung befinden (NEET), von 12,6 % (2019) auf 9 % zu verringern, insbesondere durch Verbesserung ihrer Beschäftigungsaussichten.

Wenn sichergestellt wird, dass andere unterrepräsentierte Gruppen – z. B. ältere Menschen, Geringqualifizierte, Menschen mit Behinderungen, Menschen, die in ländlichen und abgelegenen Gebieten leben, LGBTIQ-Personen, Roma und andere ethnische Minderheiten, die besonders von Ausgrenzung oder Diskriminierung bedroht sind, sowie Menschen mit Migrationshintergrund – im Ausmaß ihrer maximalen Leistungsfähigkeit am Arbeitsmarkt teilhaben, wird dies ebenfalls zu einem inklusiveren Beschäftigungswachstum beitragen. Menschen, die derzeit von der aktiven Arbeitssuche abgehalten werden, müssen ermutigt werden, sich am Arbeitsmarkt zu beteiligen, damit dieser sich schnell wieder erholen kann.

Da sich das Arbeitsleben in der gesamten EU aufgrund der Alterung und politischer Reformen verlängert, ist der derzeitige statistische Begriff der „Personen im erwerbsfähigen Alter“ von 20 bis 64 Jahren zu überprüfen. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten analytische und statistische Arbeiten durchführen, um den derzeitigen Indikator anlässlich der Überprüfung dieses Aktionsplans anzupassen.

ØMindestens 60 % aller Erwachsenen sollten jedes Jahr an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen

Im Kontext des Aufbaus und der doppelten Wende ist die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung von Erwachsenen auf 60 % von entscheidender Bedeutung, um die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, Innovationen anzukurbeln, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten und die digitale Qualifikationslücke zu schließen. Bis 2016 nahmen jedoch nur 37 % der Erwachsenen jedes Jahr an Lernangeboten teil. Bei den gering qualifizierten Erwachsenen erreichte diese Quote nur 18 %. Ein entscheidender Faktor dafür, dass Erwachsene – insbesondere Angehörige benachteiligter Gruppen – in der Lage sind, sich später im Leben weiterzubilden und umzuschulen, ist eine solide Grundlage an Grund- und Querschnittskompetenzen, die in der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung erworben wurden. Im Jahr 2019 verließen 10,2 % der jungen Menschen die allgemeine und berufliche Bildung nur mit einem Abschluss der Sekundarstufe I und nahmen nicht länger an Bildungs- und Ausbildungsangeboten teil. Diese Zahlen drohen sich durch die aktuelle Krise zu verschlechtern. Daher müssen die Anstrengungen verstärkt werden, um die Beteiligung von Erwachsenen an der Ausbildung zu erhöhen und das Leistungsniveau in der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung zu verbessern. Im Besonderen:

·sollten mindestens 80 % der 16- bis 74-Jährigen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen, eine Voraussetzung für die Eingliederung und Teilnahme am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft in einem digitaleren Europa;

·sollte der Anteil der frühen Schulabgänger weiter reduziert und die Teilnahme an der Sekundarstufe II erhöht werden.

Diese Zielvorgaben stützen sich auf die in der Europäischen Kompetenzagenda 15 , der Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung 16 und in der Entschließung des Rates zum europäischen Bildungsraum 17 festgelegten Ziele.

ØDie Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen soll bis 2030 um mindestens 15 Millionen verringert werden.

Armut und soziale Ausgrenzung sind in der EU im letzten Jahrzehnt zurückgegangen. Im Jahr 2019 waren in der EU rund 91 Millionen Menschen (davon 17,9 Millionen Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren) von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, fast 12 Millionen weniger als 2008 und rund 17 Millionen weniger als beim Höchststand im Jahr 2012. Das ehrgeizige Ziel der Strategie Europa 2020, nämlich eine Verringerung um 20 Millionen, wurde indes nicht erreicht. Es wird erwartet, dass die COVID-19-Pandemie die Situation verschlimmert und kurzfristig zu einem höheren Maß an finanzieller Unsicherheit, Armut und Einkommensungleichheit führen wird. Von den 15 Millionen Menschen, die aus der Armut oder sozialen Ausgrenzung befreit werden sollen, sollten mindestens 5 Millionen Kinder sein. Der Schwerpunkt auf Kinder wird es nicht nur ermöglichen, ihnen Zugang zu neuen Chancen zu geben, sondern auch dazu beitragen, den generationenübergreifenden Kreislauf der Armut zu durchbrechen und zu verhindern, dass sie zu Erwachsenen werden, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, und somit langfristige systemische Effekte erzeugen.

Diese drei 2030-Kernziele gelten als ambitioniert und realistisch zugleich. Obwohl der Grad der Ungewissheit im Zusammenhang mit der Pandemie und ihren Folgen für unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften keine vollständige Vorhersage der in den kommenden Jahren zu erwartenden Entwicklung zulässt, spiegeln die vorgeschlagenen Ziele die jüngsten Wirtschaftsprognosen, die Auswirkungen der COVID-19-Krise, wie sie sich aus den jüngsten verfügbaren Daten ergeben, und die Erfahrungen der Vergangenheit (insbesondere die Entwicklung nach der Finanzkrise) wider. 18

Das Streben nach Erreichung dieser Ziele ist notwendig, damit Europa seine führende Rolle bei der Förderung des Wohlergehens der Menschen beibehält. Auch wenn die Fortschritte im Zeitraum bis 2030 und in den einzelnen Mitgliedstaaten wahrscheinlich unterschiedlich ausfallen werden, rückt ihre Verwirklichung in greifbare Nähe, wenn alle Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Ausgangsposition der einzelnen Länder gemeinsame Anstrengungen unternehmen und Maßnahmen ergreifen, um diese Ziele zu erreichen und die Aufwärtskonvergenz und den Wohlstand zu fördern. Die Kommission ersucht den Europäischen Rat, diese drei Ziele zu bestätigen. Sie fordert ferner die Mitgliedstaaten auf, ihre eigenen nationalen Ziele als Beitrag zu diesem gemeinsamen Bestreben zu definieren. 

Diese neuen Ziele werden durch eine Überarbeitung des sozialpolitischen Scoreboard unterstützt. Das überarbeitete Scoreboard wird die Trends und Leistungen der Mitgliedstaaten verfolgen und es der Kommission ermöglichen, die Fortschritte bei der Umsetzung der Grundsätze der Säule sozialer Rechte als Teil des gut etablierten Prozesses der Koordinierung der Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Semesters zu überwachen.

3.Umsetzung der Grundsätze der Säule sozialer Rechte

Seit der Proklamation der Säule sozialer Rechte auf dem Gipfel von Göteborg im Jahr 2017 wurden bereits bedeutende Maßnahmen 19 auf EU-, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene mit Hilfe von EU-Mitteln, mit technischer Unterstützung und mit Anleitung im Rahmen des Prozesses des Europäischen Semesters sowie über die Empfehlungen zur Stärkung der sozialen Dimension der EU 20 , angenommen. Jetzt ist es an der Zeit, unter Einbeziehung aller Verwaltungsebenen, der Sozialpartner und anderer Akteure konzertierte Anstrengungen zu unternehmen, um die Grundsätze der Säule sozialer Rechte vollständig umzusetzen. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich auf Bereiche, denen weitere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, nicht nur im aktuellen Kontext des Wiederaufbaus, sondern auch längerfristig, um bis 2030 ein stärkeres soziales Europa zum Nutzen aller Europäerinnen und Europäer aufzubauen.

3.1Mehr und bessere Arbeitsplätze

Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten in der Realwirtschaft

Die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist heute eine Priorität in der EU. Einen hochwertigen Arbeitsplatz zu haben, ist eine wichtige Quelle für Einkommen, Sinn und Erfüllung und wesentlich für die soziale Inklusion und aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Zwischen 2014 und 2019 sind in der EU-Wirtschaft über 14,5 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden. Doch die Coronavirus-Krise brachte diesen Trend zum Stillstand, und viele Europäerinnen und Europäer sehen ihre Lebensstandards und Beschäftigungsaussichten gefährdet. 

In der unmittelbaren Reaktion auf die Krise konnten die EU und nationale Maßnahmen die negativen Auswirkungen weitgehend abfedern. Kurzarbeitsregelungen haben sich bei der Erhaltung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit der Pandemie als wirksam erwiesen und sollten erforderlichenfalls beibehalten werden. Das neue Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (Support to mitigate Unemployment Risks in an Emergency, SURE) 21 ist gemäß den politischen Leitlinien der Kommission als Instrument zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger bei externen Schocks konzipiert worden. Es ermöglicht Darlehen zur Finanzierung von Kurzarbeitsregelungen und ähnlichen Maßnahmen, insbesondere für Selbstständige. Zur Finanzierung dieser Darlehen gab die EU erstmals soziale EU-Anleihen aus und trug damit auch zur Weiterentwicklung der Sozialfinanzierung in Europa bei. Bis Ende 2020 wurden insgesamt 90,3 Mrd. EUR an finanzieller Unterstützung für 18 Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Instruments genehmigt. Bis Anfang Februar 2021 haben 15 EU-Mitgliedstaaten rund 53,5 Mrd. EUR im Rahmen von SURE erhalten – und mehr Unterstützung wird folgen. Wir werden die erfolgreichen Erfahrungen mit SURE in den kommenden Jahren sorgfältig bewerten.

Da sich Europa jedoch von der Krisenbewältigung auf den Aufschwung zubewegt, ist eine vorausschauendere Unterstützung für die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen und hochwertiger Beschäftigung notwendig, um einen nachhaltigen Weg in Richtung des für 2030 angestrebten Beschäftigungsziels von 78 % zu ebnen. Aufgrund der Pandemie werden sich viele Sektoren wahrscheinlich noch einige Zeit nicht vollständig erholen, und viele Unternehmen werden sich nach dieser Krise in einer finanziellen Notlage befinden. Die Wiederherstellung und Förderung eines voll funktionsfähigen Binnenmarktes sind unabdingbar, um den Aufschwung zu unterstützen und das Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen in allen Wirtschaftsbereichen zu maximieren. In diesem Zusammenhang ist ein strategischer Ansatz erforderlich, um schrittweise von Notfallmaßnahmen zu solchen überzugehen, die zum Wiederaufbau beitragen können. Investitionen in Menschen sind unerlässlich, um den Übergang von einem Arbeitsplatz zum anderen in den grünen und digitalen Sektoren zu erleichtern und die Umstrukturierung in den am stärksten von der Pandemie betroffenen Sektoren zu unterstützen. Neue Politiklösungen sollten ein kohärentes Paket aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen umfassen, darunter Anreize für befristete Einstellungen und für die Wende, Qualifizierungsmaßnahmen und verbesserte Arbeitsvermittlungsdienste, wobei die verfügbaren EU-Mittel in vollem Umfang genutzt werden sollten. Zu den Maßnahmen können z. B. die Förderung von Lehrstellen und Unternehmertum oder Wiedereinstellungspläne zur Unterstützung von Arbeitnehmern gehören, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Investitionen in Qualifikationen, die in Wachstumssektoren benötigt werden, sollten Vorrang haben, um Arbeitnehmern, die von Entlassung bedroht oder bereits arbeitslos sind, echte berufliche Perspektiven zu bieten. Zur Unterstützung eines arbeitsplatzintensiven Aufschwungs in den Mitgliedstaaten nach der COVID-19-Krise legt die Kommission zusammen mit diesem Aktionsplan eine Empfehlung der Kommission zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (Effective Active Support to Employment, EASE) 22 vor, die eine Orientierungshilfe für die Kombination politischer Maßnahmen und verfügbarer Finanzmittel zur Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen und des Übergangs von einem Arbeitsplatz zum anderen in expandierenden Sektoren, insbesondere in den digitalen und grünen Sektoren, bietet.

In diesem Prozess des Wandels sind die Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung und der Dialog zwischen den Sozialpartnern von entscheidender Bedeutung, um eine sozialverträgliche Restrukturierung zu fördern. 23 Sozialer Dialog, Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung von Arbeitnehmern und ihren Vertretern auf verschiedenen Ebenen (einschließlich der betrieblichen und sektoralen Ebene) spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des wirtschaftlichen Wandels und der Förderung von Innovationen am Arbeitsplatz, insbesondere im Hinblick auf die laufende grüne und digitale Wende und die Veränderungen in der Arbeitswelt. Auf EU-Ebene legt ein umfassender Rahmen von Richtlinien zur Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, sowohl auf nationaler als auch auf transnationaler Ebene 24 , Regeln zum Schutz ihrer Rechte in Umstrukturierungsprozessen fest. Nationale Behörden und Sozialpartner müssen sich an diese Regeln halten. Es könnten spezifische Verfahren zur Verbesserung der Umsetzung und Durchsetzung dieser Richtlinien ins Auge gefasst werden. Investitionen in die Modernisierung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen (ÖAV), u. a. durch förderfähige Maßnahmen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität und der kohäsionspolitischen Fonds, können deren Fähigkeit erhöhen, mit einer höheren Arbeitslosigkeit nach der Pandemie fertig zu werden und einen zunehmenden Strom von Arbeitnehmern zwischen den Sektoren zu unterstützen.

Besondere Aufmerksamkeit muss jungen Menschen und Geringqualifizierten gewidmet werden, die den Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt stärker ausgesetzt sind. Sie benötigen aus folgenden Gründen zusätzliche Unterstützung: Viele waren in den von der Pandemie am stärksten betroffenen Sektoren wie dem Tourismus beschäftigt; andere hatten nach Abschluss ihres Studiums weniger Chancen, erstmals in den Arbeitsmarkt einzutreten; wieder andere mussten ihre Ausbildung unterbrechen und konnten ihre Qualifikationen nicht wie geplant erwerben. Die verstärkte Jugendgarantie 25 bietet eine Orientierungshilfe für eine stabile Arbeitsmarktintegration mit dem Schwerpunkt auf hochwertiger Beschäftigung. Dies wird durch das Instrument NextGenerationEU und den MFR unterstützt, hauptsächlich durch den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) mit Unterstützung förderfähiger Maßnahmen durch die Aufbau- und Resilienzfazilität. Die Kommission wiederholt ihren an die Mitgliedstaaten gerichteten Aufruf, mindestens 22 Mrd. EUR für die Förderung der Jugendbeschäftigung bereitzustellen. 26 Praktika ermöglichen es, praktische Erfahrungen aus erster Hand zu sammeln. Sie erleichtern jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Praktika von guter Qualität sind und faire Arbeitsbedingungen gegeben sind.

Die Unterstützung von Beschäftigung und Arbeitnehmern kann ohne Unterstützung von Unternehmen und Unternehmern nicht von Erfolg gekrönt sein. Eine lebendige Industrie ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für den zukünftigen Wohlstand Europas und eine wichtige Quelle für neue Arbeitsplätze. In der europäischen Industrie sind rund 35 Millionen Menschen beschäftigt, und viele Millionen weitere Arbeitsplätze sind mit ihr verbunden. Mit ihrer neuen Industriestrategie 27 und dem Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft 28 , die im März 2020 auf den Weg gebracht wurden, hat die Kommission den Grundstein für eine Industriepolitik gelegt, die innovative und wettbewerbsfähige industrielle Ökosysteme anregt. Unsere Ambitionen haben sich nicht geändert, und wir müssen die Erholung beschleunigen. Die Strategie wird aktualisiert, um weiterhin den Wettbewerbsvorsprung und die Widerstandsfähigkeit Europas sicherzustellen, damit die Industrie den ökologischen und digitalen Wandel vorantreiben kann. 

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spielen ebenfalls eine Schlüsselrolle für einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung. 29 Unmittelbar vor der Pandemie ist in 50 % der KMU mit mindestens 10 Mitarbeitern in den drei vorangegangenen Jahren die Beschäftigungsquote angestiegen, und 44 % der KMU hatten Pläne, die Zahl ihrer Mitarbeiter zu erhöhen. Bei denjenigen, die in Innovation investiert hatten, war die Wahrscheinlichkeit einer Steigerung ihrer Beschäftigungsquote höher als bei diejenigen, die nicht in Innovation investiert hatten. Allein der Dienstleistungssektor, der stark von KMU dominiert wird, macht rund 70 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Beschäftigung in der EU aus und schafft den Großteil der neuen Arbeitsplätze. Ein Beispiel dafür ist der Gesundheits- und Sozialpflegesektor, dessen Wachstumspotenzial auf 8 Millionen offene Stellen in den nächsten 10 Jahren geschätzt wird. Frauen sind in diesem Sektor überrepräsentiert und leisten sowohl formelle als auch informelle (und unbezahlte) Pflege. Besonders betroffen von der Pandemie sind kleine Unternehmen und Selbstständige, die sich unter großen Schwierigkeiten über Wasser halten konnten. Eine verstärkte Unterstützung der KMU und des Unternehmertums, einschließlich des weiblichen Unternehmertums, ist daher von größter Bedeutung, um ihnen beim Wiederaufbau ihrer Tätigkeiten zu helfen und innovative Unternehmensgründungen zu fördern, damit sie während des Aufschwungs in der EU florieren können.

Neue Möglichkeiten ergeben sich auch aus der Sozialwirtschaft, die Arbeitsplätze schafft und gleichzeitig wichtige gesellschaftliche Herausforderungen in einer Vielzahl von Sektoren angeht, oft durch soziale Innovationen. Die bezahlte Beschäftigung in der Sozialwirtschaft schwankt in den einzelnen Mitgliedstaaten zwischen weniger als 1 % und 10 % der Erwerbspersonen, was ein großes ungenutztes Wirtschaftspotenzial offenbart.

Die Kommission wird

·die Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika im Jahr 2022 überprüfen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsbedingungen;

·aufbauend auf der Umsetzung der Industriestrategie von 2020 und den aus der COVID-19-Pandemie gezogenen Lehren die neue Industriestrategie für Europa im 2. Quartal 2021 aktualisieren;

·im 4. Quartal 2021 einen Aktionsplan für die Sozialwirtschaft annehmen und das Potenzial der Sozialwirtschaft erschließen, um hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und zu einem fairen, nachhaltigen und integrativen Wachstum beizutragen;

·die Erfahrung mit dem Europäischen Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) bewerten.

Die Kommission ermutigt 

·die Mitgliedstaaten, kohärente Maßnahmenpakete zur Unterstützung einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) im Anschluss an die COVID-19-Krise zu schnüren und umzusetzen und dabei die für diesen Zweck verfügbaren EU-Mittel voll auszuschöpfen;

·die Mitgliedstaaten, die verstärkte Jugendgarantie mit besonderem Fokus auf hochwertige Angebote, die eine stabile Arbeitsmarktintegration unterstützen, mit finanzieller Unterstützung der EU umzusetzen;

·die nationalen Behörden und Sozialpartner, die Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Umstrukturierungsprozessen gemäß den EU-Vorschriften sicherzustellen und die Beteiligung von Arbeitnehmern auf Unternehmensebene zu fördern, um Innovationen am Arbeitsplatz zu begünstigen;

·die nationalen, regionalen und lokalen Behörden, das Unternehmertum, einschließlich des weiblichen Unternehmertums, zu unterstützen und zur Schaffung eines günstigen Umfelds für die Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz von KMU beizutragen;

·die nationalen, regionalen und lokalen Behörden, gemeinsam mit der Industrie, einschließlich KMU, Sozialpartnern und Forschern, einen Beitrag zu den Arbeiten der Kommission zu industriellen Ökosystemen mit dem Schwerpunkt auf grenzüberschreitender und ökosystemübergreifender Zusammenarbeit, unter anderem durch das Industrieforum zu leisten. 30  

Arbeitsnormen für die Zukunft der Arbeit rüsten

Die Arbeitsbedingungen in der EU gehören zu den besten der Welt. Das EU-Recht legt Mindestanforderungen an Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie an die Gleichbehandlung von Personen unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung fest. Es garantiert auch die Gleichbehandlung von mobilen Arbeitnehmern mit Inländern in Bezug auf Zugang zu Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und alle anderen sozialen und steuerlichen Vorteile. Die Arbeitswelt befindet sich jedoch im permanenten Wandel, insbesondere durch die Digitalisierung. Neue Formen der Arbeitsorganisation und der Beschäftigungsverhältnisse entstehen und bringen neue Chancen und Herausforderungen mit sich. Zum Erreichen der Vollbeschäftigung sind nicht nur eine deutliche Erhöhung der Erwerbsbeteiligung, sondern auch angemessene Arbeitsbedingungen erforderlich, die qualitativ hochwertige Arbeitsplätze unterstützen, was eine Hauptverantwortung der Arbeitgeber ist. Die Steuerlast sollte vom Faktor Arbeit auf andere Quellen verlagert werden, die mehr auf die Förderung von Beschäftigung ausgerichtet sind, und auf Klima- und ökologische Ziele abgestimmt werden, wobei gleichzeitig die Einnahmen für einen angemessenen Sozialschutz sichergestellt werden sollten.

Erste Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, sind die Armut trotz Erwerbstätigkeit und die Ungleichheit. Auf den Arbeitsmärkten in der EU gibt es einen zunehmenden Anteil an schlecht bezahlten und gering qualifizierten Berufen, und in einigen Ländern brechen die traditionellen Tarifverhandlungsstrukturen weg. Um diese Trends zu überwachen, wird Eurofound weiterhin Daten über die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen und Löhne in der EU bereitstellen, auch zu existenzsichernden Löhnen und zur Vergütung von Selbstständigen.

Sicherzustellen, dass Arbeit angemessen entlohnt wird, ist von entscheidender Bedeutung, um angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen für Arbeitnehmer und ihre Familien zu gewährleisten sowie eine faire und widerstandsfähige Wirtschaft aufzubauen und ein integratives Wachstum zu unterstützen. Um EU-weit Mindeststandards für angemessene Mindestlöhne zu gewährleisten und gleichzeitig Tarifverhandlungen zu unterstützen, legte die Kommission im Oktober 2020 einen Vorschlag für eine Richtlinie über angemessene Mindestlöhne 31 vor, der die nationalen Traditionen und die Autonomie der Sozialpartner vollumfänglich wahrt.

Ein weiterer bedeutender neuer Trend ist die Verwischung der traditionellen Grenzen zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen und eine wachsende Heterogenität unter den Selbstständigen. Ein Beispiel dafür ist die zunehmende Verbreitung von Selbstständigen, die über Plattformen arbeiten und unter prekären Bedingungen tätig sind. Die Pandemie hat dies für die Zustellerinnen und Zusteller verdeutlicht, insbesondere im Hinblick auf ihren Zugang zu Sozialschutz sowie auf Gesundheits- und Sicherheitsrisiken. Die Kommission sammelt daher Beweise für die Arbeitsbedingungen von Menschen, insbesondere über die Beschäftigten von Plattformen. Im Einklang mit Artikel 154 AEUV hat die Kommission im Februar 2021 eine Anhörung der Sozialpartner über die mögliche Ausrichtung der EU-Maßnahmen eingeleitet. 32 Im Juni 2020 startete die Kommission außerdem eine Initiative 33 , um sicherzustellen, dass das EU-Wettbewerbsrecht einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge für Selbstständige, bei denen dieser Bedarf besteht, nicht im Wege steht.

Die beschleunigte Digitalisierung von Arbeitsplätzen rückt auch Fragen der Überwachung, der Nutzung von Daten und der Anwendung von algorithmischen Management-Tools in den Fokus. Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) werden häufig eingesetzt, um die Rekrutierung zu steuern, die Arbeitsauslastung zu überwachen, Vergütungssätze festzulegen, Laufbahnen zu verwalten, die Effizienz von Verfahren zu steigern oder auch bei Aufgaben mit hoher Belastung. Die Bewältigung der Herausforderungen der algorithmischen Entscheidungsfindung, insbesondere der Risiken in Bezug auf voreingenommene Entscheidungen, Diskriminierung und mangelnde Transparenz, kann das Vertrauen in KI-gestützte Systeme verbessern, ihre Akzeptanz fördern und die Grundrechte schützen.

Telearbeit ist durch die Pandemie für viele zur Normalität geworden und wird wohl auch auf lange Sicht üblich bleiben. Die Möglichkeit, von überall und zu jeder Zeit zu arbeiten, ist für die Geschäftskontinuität entscheidend. Telearbeit ermöglicht Synergien und Effizienzgewinne hinsichtlich der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben: Weniger Fahrten zum Arbeitsplatz, Kraft- und Zeitersparnis sowie eine flexiblere Organisation des Berufs- und Privatlebens können zu Produktivitätssteigerungen und zu positiven ökologischen Auswirkungen führen. Gleichzeitig macht es die allgemeine Verbreitung der Telearbeit nötig, zum Beispiel über die Grenzen der vertraglichen Arbeitszeit und das Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben nachzudenken.

Beide Entwicklungen – Digitalisierung und Telearbeit – rechtfertigen eine breite politische Debatte mit allen betroffenen Interessengruppen, insbesondere den Sozialpartnern. Im Juni 2020 unterzeichneten die sektorübergreifenden Sozialpartner eine autonome Rahmenvereinbarung zur Digitalisierung, die auch einen Abschnitt zu den Formen der Erreichbarkeit und Nichterreichbarkeit enthält. 34 Am 21. Januar 2021 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung auf der Grundlage des legislativen Initiativberichts über das Recht auf Nichterreichbarkeit an. 35 Darin wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für eine Richtlinie über Mindeststandards und -bedingungen vorzulegen, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer ihr Recht auf Nichterreichbarkeit wirksam wahrnehmen können. Die Entschließung hebt auch die grundlegende Rolle hervor, die die Sozialpartner bei der Bestimmung und Umsetzung von Maßnahmen in Bezug auf das Recht auf Nichterreichbarkeit und bei der Suche nach dem richtigen Gleichgewicht zwischen der Nutzung der Chancen, die die Digitalisierung für den Arbeitsplatz mit sich bringt, und der Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen haben. Zu diesem Zweck wird in der Entschließung des Parlaments als ein erster Schritt empfohlen, dass die Sozialpartner innerhalb der nächsten drei Jahre Durchführungsmaßnahmen ergreifen.

Wie in den politischen Leitlinien der Kommission erwähnt, ist die Kommission verpflichtet, auf die Initiativentschließungen des Europäischen Parlaments auf der Grundlage von Artikel 225 AEUV mit einem Rechtsakt zu reagieren, wobei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Subsidiarität und der besseren Rechtsetzung in vollem Umfang gewahrt werden. Jeder Vorschlag der Kommission für einen Rechtsakt im Zusammenhang mit dem Recht auf Nichterreichbarkeit muss gemäß Artikel 154 AEUV Gegenstand einer Anhörung der Sozialpartner in der EU sein, die beschließen können, im Wege von Vereinbarungen tätig zu werden.

Die Kommission fordert die Sozialpartner auf, gemeinsam vereinbarte Lösungen für die Herausforderungen zu finden, die durch Telearbeit, Digitalisierung und das Recht auf Nichterreichbarkeit entstehen. Die Kommission wird die bestehenden Verfahren und Regeln im Zusammenhang mit dem Recht auf Nichterreichbarkeit bewerten und die Sozialpartner proaktiv in ihren Bemühungen unterstützen, indem sie Diskussionen und die Bestimmung bewährter Verfahren erleichtert. Der zukünftige Bericht über die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 36 wird ebenfalls Gelegenheit bieten, weitere Überlegungen zu den Auswirkungen der Telearbeit auf die Arbeitszeit anzustellen.

Die Kommission wird 

·im 4. Quartal 2021 nach Anhörung der Sozialpartner einen Legislativvorschlag zu den Arbeitsbedingungen von Plattformarbeitnehmern vorlegen;

·im 4. Quartal 2021 eine Initiative vorlegen, um sicherzustellen, dass das EU-Wettbewerbsrecht Tarifverträgen für (einige) Selbstständige nicht im Wege steht;

·im 2. Quartal 2021 im Anschluss an das Weißbuch zur künstlichen Intelligenz eine EU-Verordnung über KI vorschlagen, um den vertrauenswürdigen Einsatz von KI in der EU-Wirtschaft, einschließlich am Arbeitsplatz für alle Arbeitsformen, zu fördern;

·im Jahr 2022 einen Bericht über die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorlegen;

·angemessene Folgemaßnahmen zur Entschließung des Europäischen Parlaments mit Empfehlungen an die Kommission zum Recht auf Nichterreichbarkeit sicherstellen.

 
Die Kommission ermutigt

·die Sozialpartner, ihre autonome Rahmenvereinbarung über die Digitalisierung weiterzuverfolgen, insbesondere in Bezug auf die Formen der Erreichbarkeit und Nichterreichbarkeit, und Folgendes zu prüfen: 1) Maßnahmen zur Sicherstellung fairer Telearbeitsbedingungen und 2) Maßnahmen, die sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer tatsächlich ein Recht auf Nichterreichbarkeit haben.

Normen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für eine neue Arbeitswelt

Die Verbesserung der Normen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, ist nicht nur für den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer unerlässlich, sondern wirkt sich auch positiv auf die Arbeitsproduktivität, die Beschäftigung und die Wirtschaft insgesamt aus. Arbeitsbedingte Unfälle und Krankheiten führen in der EU zu einem geschätzten jährlichen Verlust von etwa 3,3 % des BIP. Im letzten Jahrzehnt haben der europäische politische Rahmen und die Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu einer erheblichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen beigetragen. Die Inzidenzrate tödlicher Arbeitsunfälle ist um fast 30 % gesunken.

Eine Aktualisierung des strategischen Rahmens der EU für Sicherheit und Gesundheitsschutz ist aufgrund des schnellen technologischen und gesellschaftlichen Wandels erforderlich. Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass angemessene Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen unerlässlich sind. Die Beschleunigung der Digitalisierung verändert den Begriff der Arbeitsumgebung, die Art und den Inhalt der geleisteten Arbeit, die Arbeitszeitgestaltung und die Beziehungen am Arbeitsplatz. In diesem Zusammenhang können psychosoziale und organisatorische Risikofaktoren zu einem höheren Maß an arbeitsbedingtem Stress, schlechter psychischer Gesundheit sowie ergonomischen und sicherheitsrelevanten Risiken führen. Dies ist besonders für Kleinstunternehmen und KMU eine Herausforderung.

Die Gewährleistung gesunder und sicherer Arbeitsumgebungen ist daher von entscheidender Bedeutung, um Arbeitnehmer zu schützen, die Produktivität aufrechtzuerhalten und eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu ermöglichen. Der neue EU-Strategierahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wird die wichtigsten Grundsätze und Ziele für koordinierte Maßnahmen der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner und anderer Interessengruppen zur Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer festlegen.

Die Kommission wird 

·im 2. Quartal 2021 einen neuen Strategischen Rahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 2021-2027 vorlegen, um die Schutzstandards für Arbeitnehmer zu aktualisieren und traditionelle und neue arbeitsbedingte Risiken zu bekämpfen;

·vorbehaltlich des Ergebnisses der laufenden Konsultation der Sozialpartner, im Jahr 2022 Legislativvorschläge zur weiteren Reduzierung der Exposition von Arbeitnehmern gegenüber gefährlichen Chemikalien einschließlich Asbest vorlegen 37 ;

Die Kommission ermutigt

·öffentliche Behörden und Sozialpartner, die Anwendung und Durchsetzung der bestehenden Regeln zu gewährleisten.

Mobilität von Arbeitnehmern

Mobilität ist das Herzstück des europäischen Projekts. In den letzten Jahren schlug die Kommission eine ehrgeizige Agenda für faire Arbeitskräftemobilität vor. Sie umfasste die Reform von EURES 38 , die Überarbeitung der Vorschriften zur Entsendung von Arbeitnehmern 39 , die Überarbeitung der Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherheit 40 , politische Leitlinien 41 und neue Sozialvorschriften für das Fahrpersonal (einschließlich der Entsendung von Fahrern) 42 , die Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit und die Schaffung einer Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) 43 . Der Fokus liegt nun auf der vollständigen Umsetzung und Durchsetzung dieser Regeln. Die Kommission wird gemeinsam mit der ELA die nationalen Behörden und Arbeitsaufsichtsbehörden unterstützen, z. B. durch den Aufbau von Kapazitäten und die Bereitstellung von Informationen über Rechte und Pflichten bei der Arbeit im Ausland.

Die COVID-19-Pandemie hat ein Schlaglicht auf die prekären Arbeitsbedingungen vieler mobiler Arbeitskräfte, einschließlich Saisonarbeiternehmern, geworfen. Der Schutz und die Verbesserung ihrer Rechte und Arbeitsbedingungen und die gleichzeitige Gewährleistung, dass die Arbeitskräftemobilität für Unternehmen und Verwaltungen nahtlos funktioniert, sind der Schlüssel für einen gut funktionierenden Binnenmarkt. Die Kommission hat in ihrem langfristigen Aktionsplan 44 Schritte für eine bessere Um- und Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften, auch im Zusammenhang mit der Mobilität von Arbeitnehmern, festgelegt. Die Kommission hat im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch Leitlinien zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern 45 und zu Saisonarbeiternehmern 46 in der EU angenommen. Als Folgemaßnahme werden derzeit Erkenntnisse über den Einsatz von Leiharbeit gesammelt, insbesondere im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Arbeit. Auf dieser Grundlage wird die Kommission prüfen, ob legislative oder andere Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind, insbesondere eine mögliche Überarbeitung der Richtlinie über Leiharbeit 47 .

Die Kommission wird

·mit der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) bei der ordnungsgemäßen Umsetzung und Durchsetzung der EU-Vorschriften zur Mobilität von Arbeitnehmern, beim Aufbau von Kapazitäten für Informationen und Arbeitsinspektionen auf nationaler Ebene sowie beim Schutz mobiler Arbeitnehmer, einschließlich Saisonarbeitnehmern, zusammenarbeiten. Im Jahr 2024 wird die Kommission die Leistung der Behörde im Verhältnis zu ihren Zielen, ihrem Auftrag und ihren Aufgaben evaluieren und potenziell ihren Aufgabenbereich und ihr Mandat neu bewerten.

 
Die Kommission ermutigt

·das Europäische Parlament und den Rat, die Verhandlungen über die Überarbeitung der Regeln zur Koordinierung der sozialen Sicherheit abzuschließen;

·die öffentlichen Behörden und Sozialpartner, zusammenzuarbeiten, um die Rechte von mobilen Arbeitnehmern, einschließlich Saisonarbeiternehmern, zu schützen.

3.2 Kompetenzen und Gleichstellung

Investitionen in Kompetenzen und Bildung, um neue Chancen für alle zu erschließen

Qualifizierte Arbeitskräfte sind der Motor einer blühenden grünen und digitalen Wirtschaft, angetrieben von innovativen Ideen und Produkten sowie technologischen Entwicklungen. Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung spielen eine Schlüsselrolle bei der Schaffung der Grundlagen für lebenslanges Lernen, Beschäftigungsfähigkeit und Teilhabe an der Gesellschaft. Investitionen in das Lernen müssen fortgesetzt werden, da jeder Lernverlust langfristige negative Auswirkungen auf die Produktivität und das BIP-Wachstum haben wird.

Die grüne und die digitale Wende verstärken den Bedarf an kontinuierlichen Investitionen in die Bildungs- und Ausbildungssysteme. Die allgemeine und berufliche Erstausbildung, einschließlich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, bildet die Grundlage für den Aufbau grundlegender und übergreifender Kompetenzen, die in einer sich schnell verändernden Gesellschaft benötigt werden; sie bildet auch die Basis für jedes weitere Lernen und die Entwicklung von Kompetenzen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor, um Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen den Zugang zu moderner Bildung und Ausbildung zu ermöglichen, ist die Modernisierung der Schulen und Berufsbildungszentren selbst. Die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit beginnt in einem frühen Alter. Die Kommission wird eine Empfehlung des Rates 48 vorschlagen, um die Einbeziehung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme in die allgemeine und berufliche Bildung zu unterstützen. Darüber hinaus werden die Leitinitiativen des Grünen Deals im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wie „Hochfahren“, „Renovieren“ sowie „Aufladen und Betanken“ den Erwerb neuer grüner Kompetenzen und die Eröffnung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit grünen Technologien unterstützen.

Außerdem zielt der Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 49 , einschließlich der anstehenden europäischen Plattform für digitale Bildung, darauf ab, die Entwicklung eines leistungsstarken digitalen Bildungsökosystems in Europa zu unterstützen und die digitalen Fertigkeiten und Kompetenzen zu verbessern, um den digitalen Wandel für alle zu bewältigen. Diese Ziele wurden durch die COVID-19-Krise noch relevanter, da Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen mit großen Hindernissen beim Zugang zum Online-Lernen und zur Berufsbildung konfrontiert sind.

Hochschuleinrichtungen und die berufliche Aus- und Weiterbildung (VET) stellen sicher, dass unsere derzeitigen und zukünftigen Arbeitskräfte über angemessene Kompetenzen verfügen und zum Aufschwung beitragen können. Der Europäische Bildungsraum, die Agenda für Kompetenzen 2020 50 , der Aktionsplan für digitale Bildung und die Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz 51 unterstützen die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieser Herausforderungen. Der Europäische Forschungsraum ist auch ein Eckpfeiler, um Europa wettbewerbsfähig und nachhaltig zu machen und Chancen durch Innovation zu schaffen. 52  

Damit das mit Blick auf die Kompetenzen für 2030 vorgesehene Ziel zu erreichen ist, wonach jedes Jahr 60 % der Erwachsenen an Formen des Lernens teilnehmen sollen, sind nachhaltige öffentliche und private Investitionen erforderlich, um Menschen im erwerbsfähigen Alter den Zugang zur Weiterbildung zu erleichtern. Die Aufstockung der einschlägigen EU-Mittel schafft ungekannte Möglichkeiten: Der ESF+ 53 wird mit einem Budget von 88 Mrd. EUR 54 eine wichtige Finanzierungsquelle für Kompetenzen, allgemeine und berufliche Bildung bleiben; Erasmus+ 55 wird mit einer Mittelausstattung von mehr als 26 Mrd. EUR 56 zur Kompetenzentwicklung und zu Investitionen in Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung beitragen; dies schließt Initiativen wie Europäische Hochschulen und Zentren der beruflichen Exzellenz ein. Die Mitgliedstaaten werden auch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) nutzen können, um die für Bildungsmaßnahmen notwendige Infrastruktur und Ausrüstung zu unterstützen, sowie das Instrument für technische Unterstützung 57 , um inklusive Strategien für die Weiterbildung bzw. Umschulung von Erwachsenen zu entwickeln, Zertifizierungs- und Validierungssysteme zu entwerfen sowie die Kontinuität des Lernens und die Mobilität zwischen Berufsbildungsanbietern zu fördern.

Die Aufbau- und Resilienzfazilität, wie sie in der von der Kommission vorgeschlagenen Leitinitiative „Umschulen und Weiterbilden“ und in der zusammen mit diesem Aktionsplan vorgelegten Empfehlung der Kommission zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) dargestellt wird, kann ebenfalls Investitionen und Reformen in diesem Bereich erleichtern. Neue private Investitionen sowohl von großen als auch von kleinen Unternehmen müssen ebenfalls gefördert werden. Als Teil der neuen Kompetenzagenda ist der im November 2020 gestartete Kompetenzpakt 58 ein gemeinsames Modell des Engagements über Regionen, Sektoren und Wertschöpfungsketten hinweg für Unternehmen, die sich für die Qualifizierung ihrer Arbeitskräfte einsetzen. Eine Expertengruppe für Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung wird die Mitgliedstaaten bei der Gestaltung einer effizienten und wirksamen Finanzierung unterstützen.

Um die Einzelnen in die Lage zu versetzen, während ihres gesamten Lebens und ihrer gesamten beruflichen Laufbahn am Lernen teilzunehmen, ist auch ein Umdenken der Politik erforderlich. Wie in der Kompetenzagenda 2020 dargelegt, können Ansprüche in Form von individuellen Lernkonten die Europäerinnen und Europäer in die Lage versetzen, ihre berufliche Laufbahn selbst in die Hand zu nehmen, während gleichzeitig die finanziellen Mittel für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen freigesetzt werden. Zusammen mit einem gut gestalteten Qualitätsrahmen sowie einer Anleitung und Validierung von Kompetenzen können diese Lernkonten eine wichtige Rolle spielen. Innovative Instrumente wie Microcredentials können flexible Lernwege erleichtern und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder bei beruflichen Übergängen unterstützen. Eine stärkere Betonung der Ausbildung in den von den Sozialpartnern ausgehandelten Tarifverträgen kann den Zugang zu hochwertigen Ausbildungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz verbessern, wozu auch Lehrstellen zählen.

Europas Aufschwung macht es auch erforderlich, dass neue Talente gewonnen werden. Die Alterung und der Rückgang der Bevölkerung Europas üben einen strukturellen Druck auf den Arbeitsmarkt aus, wobei es in verschiedenen Regionen und Sektoren zu einem Mangel an Fachkräften kommt. Wie in ihrem neuen Migrations- und Asylpaket dargestellt 59 , wird die Kommission sicherstellen, dass der neue Rahmen für legale Einwanderung der EU der europäischen Gesellschaft und Wirtschaft zugutekommt, indem er Talente anzieht und die Aufnahme von Arbeitnehmern mit unterschiedlichen – in der EU nachgefragten – Qualifikationsniveaus sowie die Mobilität von Arbeitnehmern aus Drittstaaten, die sich bereits in der EU befinden, innerhalb der EU erleichtert. Der Aktionsplan für Integration und Inklusion fördert unter anderem Beschäftigungsmöglichkeiten und die Anerkennung von Kompetenzen von Menschen mit Migrationshintergrund. 60  

Die Kommission wird

·im 4. Quartal 2021 eine Agenda für die Umgestaltung des Hochschulwesens vorschlagen, um das volle Potenzial der Hochschulen für einen Aufschwung, der auf eine nachhaltige, inklusive, grüne und digitale Wende ausgerichtet ist, freizusetzen;

· im 4. Quartal 2021 eine Initiative zu individuellen Lernkonten vorschlagen, um die Barrieren beim Zugang zur Weiterbildung zu beseitigen und Erwachsene zu befähigen, ihren beruflichen Werdegang zu planen;

·im 4. Quartal 2021 ein europäisches Konzept für Microcredentials vorschlagen, um flexible Lernwege und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern;

·im 4. Quartal 2021 ein Paket zu Kompetenzen und Talenten vorschlagen, das eine Überarbeitung der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige (Richtlinie 2003/109/EG) vorsieht, um einen echten EU-weiten langfristigen Aufenthaltsstatus zu schaffen, sowie eine Überarbeitung der Richtlinie über eine kombinierte Erlaubnis (Richtlinie 2011/98/EU) zur Vereinfachung und Präzisierung ihres Geltungsbereichs (einschließlich der Aufnahme- und Aufenthaltsbedingungen für Arbeitskräfte mit geringer oder mittlerer Qualifikation) vorschlagen und die Optionen für die Entwicklung eines EU-Talentpools für qualifizierte Arbeitnehmer aus Drittländern darlegen.

Die Kommission ermutigt

·im Geiste des Kompetenzpakts Regionen und Unternehmen, einschließlich KMU, innerhalb industrieller Ökosysteme und Wertschöpfungsketten zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen und eine gemeinsame Erfassung von Daten über Kompetenzen und maßgeschneiderte Lösungen für die Weiterqualifizierung zu entwickeln;

·die Mitgliedstaaten, auf die Umsetzung der in der Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung dargelegten Aus- und Weiterbildungspolitik und der Ziele auf EU-Ebene hinzuarbeiten und entsprechende Maßnahmen und Investitionen einzusetzen;

·die Mitgliedstaaten, umfassende Strategien zu entwickeln, um allen Menschen den Zugang zu hochwertiger Bildung im Einklang mit den einschlägigen Empfehlungen des Rates 61 zu ermöglichen, und benachteiligte Lernende gezielt zu unterstützen, um die negativen Auswirkungen der Krise auszugleichen.

Aufbau einer Union der Gleichheit

Die Vielfalt in unserer Gesellschaft und Wirtschaft ist eine Stärke. In der EU gilt ein Diskriminierungsverbot im Hinblick auf Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Orientierung. Gleichbehandlung und gleichberechtigter Zugang erfordern einen wirksamen, ordnungsgemäß durchgesetzten und aktuellen Rechtsrahmen. Die Kommission bereitet den Gemeinsamen Bericht über die Anwendung der Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf 62 und der Antirassismusrichtlinie 63 vor, um die besten Verfahren bei der Umsetzung beider Richtlinien und die wichtigsten anstehenden Herausforderungen zu bestimmen, und wird mögliche Rechtsvorschriften vorlegen, die zur Überwindung von Mängeln erforderlich sind. Die Kommission hat auch ehrgeizige Strategien für eine Union der Gleichheit vorgelegt, mit denen Synergien geschaffen werden sollen, um allen gleiche Chancen zu geben. 64  

Die Bekämpfung von Stereotypen und von Diskriminierung in den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung, Bildung, Sozialschutz, Wohnen und Gesundheit erfordert entschlossenes Handeln auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, auch seitens der Sozialpartner, nationalen Gleichstellungsstellen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft. Sie können durch EU-Fonds wie ESF+, EFRE, Kreatives Europa und Erasmus unterstützt werden. Mit Haushaltsmitteln in Höhe von insgesamt 1,55 Mrd. EUR wird das Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ die Gleichstellung der Geschlechter, die Gleichbehandlung und gleiche Rechte aller fördern, um demokratischere, vielfältigere und offenere Gesellschaften zu unterstützen. 65  

Besonders dringlich sind die Bemühungen, geschlechtsspezifische Stereotype und Diskriminierung zu bekämpfen. Trotz der Fortschritte im letzten Jahrzehnt liegen die Beschäftigungsquote und das Lohnniveau von Frauen immer noch hinter denen der Männer zurück. Frauen sind in Entscheidungspositionen, insbesondere in höheren Führungspositionen und in Unternehmensvorständen, nach wie vor stark unterrepräsentiert. Mit der Umsetzung der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 66 wird die EU weiterhin geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen, geschlechtsspezifischen Stereotypen entgegenwirken, die Beteiligung der Frauen an der Entscheidungsfindung fördern und darauf hinarbeiten, geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt, bei den Löhnen und den Renten zu beseitigen. Die Kommission wird sich weiterhin für die Annahme des Vorschlags von 2012 für eine Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten 67 einsetzen. Parallel zu diesem Aktionsplan schlägt die Kommission eine Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen 68  vor. Die Kommission wird auch bewährte Verfahren bei der Gewährung von Rentenansprüchen für pflegebedingte Unterbrechungen der Berufstätigkeit in den Rentensystemen erfassen und den Austausch von Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern und den Akteuren der Altersversorgung fördern.

Angemessene Strategien zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erleichtern die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Insbesondere die Gewährung von bezahltem Urlaub kann sich positiv auf die Beschäftigungsquote auswirken, vor allem bei Frauen, und zur Verringerung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Beschäftigung beitragen. Auch die Höhe und Ausgestaltung des Elterngeldes sowie die Möglichkeit, den Elternurlaub zu gleichen Teilen zwischen Männern und Frauen aufzuteilen, sind in diesem Zusammenhang wichtig. Im Einklang mit der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben 69 wird die EU weiterhin die gleichberechtigte Aufteilung von Betreuungs- und Arbeitsaufgaben fördern.

Die Verfügbarkeit erschwinglicher und hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung sowie von Langzeitbetreuung von guter Qualität hat starke positive Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation der Eltern und insbesondere der Frauen und ist ein bedeutender Faktor im Zusammenhang mit dem geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälle. Im Durchschnitt hat die EU das Barcelona-Ziel von 2002 erreicht, dass 33 % der Kinder unter 3 Jahren (35,5 % auf EU-27-Ebene im Jahr 2019) sowie 90 % der Kinder ab 3 Jahren bis zum Einschulungsalter (90 % auf EU-27-Ebene im Jahr 2019) an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung teilnehmen. Es gibt jedoch weiterhin erhebliche Lücken: Viele Mitgliedstaaten haben dieses Niveau nicht erreicht, insbesondere im Hinblick auf Kinder aus einkommensschwächeren Haushalten oder Kinder in der jüngsten Altersgruppe. Eine Überarbeitung der Barcelona-Ziele wird darauf abzielen, die Aufwärtskonvergenz zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und dadurch die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verbessern.

Menschen mit Behinderungen sind mit erheblichen Barrieren in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Beschäftigung, Sozialschutz, Wohnen und Gesundheit konfrontiert. Die Bewertung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 70 zeigt, dass die EU wesentlich dazu beigetragen hat, die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen zu verbessern und ihre Rechte zu fördern. In Bereichen wie Gesundheit, Beschäftigung, Bildung und Qualifikation waren die Fortschritte jedoch begrenzter oder ungleichmäßiger. Aufbauend auf dieser Bewertung und um die Chancengleichheit in der EU weiter zu erhöhen, hat die Kommission zusammen mit diesem Aktionsplan eine neue Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen für den Zeitraum 2021-2030 71 angenomme – im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Die Kommission wird

·im 1. Quartal 2021 einen Gemeinsamen Bericht über die Anwendung der Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und der Antirassismusrichtlinie und bis 2022 etwaige Legislativvorschläge vorlegen, insbesondere um die Rolle der Gleichstellungsstelle zu stärken;

·Im Jahr 2022 eine Überarbeitung der Barcelona-Ziele zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung präsentieren;

·im 4. Quartal 2021 einen Legislativvorschlag zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen vorlegen, einschließlich Belästigung am Arbeitsplatz aufgrund des Geschlechts.

Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, die Verhandlungen im Rat über den Vorschlag der Kommission für eine horizontale Gleichbehandlungsrichtlinie 72 voranzutreiben und abzuschließen;

·die Mitgliedstaaten, den Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma 73 anzunehmen und umzusetzen.

·die Mitgliedstaaten, die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bis August 2022 umzusetzen;

·die Mitgliedstaaten, die Verhandlungen im Rat über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten voranzutreiben und abzuschließen;

·die Mitgliedstaaten, im Einklang mit der Empfehlung des Rates zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung 74 für alle Kleinkinder in ganz Europa eine zugängliche und erschwingliche Betreuung, Bildung und Erziehung bereitzustellen;

·die Unternehmen, Mechanismen einzurichten, um diskriminierende Praktiken bei der Einstellung, Auswahl und Beförderung zu bekämpfen und die Vielfalt am Arbeitsplatz zu fördern.  

3.3Sozialschutz und soziale Inklusion

Leben in Würde

Die Förderung der sozialen Inklusion und die Bekämpfung der Armut sind Kernwerte unserer europäischen Lebensweise. Während das Armutsniveau in den letzten zehn Jahren gesunken ist, ist die Ungleichheit nicht demselben Trend gefolgt. Die relative Einkommenssituation der am meisten gefährdeten Personen hat sich nicht verbessert. Die Pandemie verschärft bestehende Ungleichheiten und weist auf mögliche Lücken in der Angemessenheit und Abdeckung des Sozialschutzes hin. Um bis 2030 das Ziel zu erreichen, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um mindestens 15 Millionen zu reduzieren, ist ein integrierter Ansatz unerlässlich, der auf die Bedürfnisse in allen Lebensphasen eingeht und auf die eigentlichen Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung abzielt.

Das Durchbrechen der generationenübergreifenden Zyklen der Benachteiligung beginnt mit Investitionen in Kinder, um die Kluft zwischen bedürftigen Kindern und ihren besser gestellten Gleichaltrigen zu verringern, wenn es um den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen geht, damit die Chancengleichheit für alle Kinder in der EU gefördert und verhindert wird, dass Kinder aus armen Familien zu armutsgefährdeten Erwachsenen werden. Zu diesem Zweck sind gezielte nationale Maßnahmen und Investitionen erforderlich, um Armut, Ungleichheit und soziale Ausgrenzung bei Kindern zu bekämpfen. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei diesen Bemühungen durch politische Leitlinien, einschließlich entsprechender länderspezifischer Empfehlungen, um die Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu stärken, in soziale Dienstleistungen und soziale Infrastruktur zu investieren und die EU-Mittel optimal zu nutzen. Im Rahmen des europäischen Bildungsraums 75 wird auch die neue Initiative „Pathways to School Success“ (Wege zum schulischen Erfolg) dazu beitragen, Bildungserfolge und -leistungen vom sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Status zu entkoppeln.

Mindesteinkommensregelungen sind wichtig, um sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Obwohl es in allen Mitgliedstaaten Mindesteinkommensregelungen gibt, unterscheiden sie sich erheblich in Bezug auf ihre Angemessenheit, ihren Abdeckungsgrad, ihre Inanspruchnahme und ihre Verknüpfung mit Maßnahmen zur Aktivierung des Arbeitsmarktes und der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, einschließlich Sozialdienstleistungen. In vielen Fällen wären die Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der Leistungen modernisierungsbedürftig.

Der Zugang zu erschwinglichem Wohnraum ist in vielen Mitgliedstaaten, Regionen und Städten ein zunehmendes Problem. Die Obdachlosigkeit nimmt in den meisten Mitgliedstaaten zu. Während Maßnahmen zur Beendigung von Obdachlosigkeit nur durch einen maßgeschneiderten lokalen oder regionalen Ansatz erfolgreich sein können, haben viele Interessenvertreter 76 einen europäischen Impuls zur Beendigung der Obdachlosigkeit in der gesamten EU bis 2030 gefordert. Darüber hinaus betrifft die Energiearmut fast 34 Millionen Menschen in Europa, die es sich nicht leisten können, ihre Wohnungen warm zu halten, was auf den fehlenden Zugang zu erschwinglichem, qualitativ hochwertigem Wohnraum für viele Familien hinweist. Die Umsetzung des Grünen Deal über die Initiative „Renovierungswelle“ 77 , die Empfehlung der Kommission zu Energiearmut 78 , die künftige Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie 79 sowie die Lenkung und Leitlinien für lokale Maßnahmen durch die EU-Beobachtungsstelle für Energiearmut 80 werden dazu beitragen, die Energiearmut zu lindern und die Qualität des Wohnraums zu verbessern, insbesondere für Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen.

Ein wirksamer Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen von ausreichender Qualität, wie Wasser, sanitäre Einrichtungen, Gesundheitsversorgung, Energie, Transport, Finanzdienstleistungen und digitale Kommunikation, ist der Schlüssel zur Gewährleistung sozialer und wirtschaftlicher Inklusion. Diese Dienstleistungen können auch eine wichtige Quelle für die Schaffung von Arbeitsplätzen sein. Doch Einkommens-, Alters- und territoriale Ungleichheiten oder Mangel an Infrastruktur können den Zugang erschweren. Investitionen in grüne, digitale und soziale Infrastrukturen, auch im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik, tragen dazu bei, räumliche Segregation zu verhindern bzw. zu bekämpfen und den Zugang zu hochwertigen allgemeinen Dienstleistungen zu verbessern. Die sektorale EU-Politik und der Rechtsrahmen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die Verbraucherschutzmaßnahmen, Verfahren des öffentlichen Auftragswesens und Verpflichtungen zur Erbringung von Mindestdienstleistungen umfassen, müssen die Maßnahmen der Mitgliedstaaten weiter unterstützen und dazu beitragen, den Zugang zu und die Zugänglichkeit von wesentlichen Waren und Dienstleistungen zu verbessern. Die Kommission prüft derzeit, ob die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung 81 und der Leitfaden für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse überarbeitet werden müssen.

Die Kommission wird

·im 1. Quartal 2021 eine EU-Kinderrechtsstrategie und eine Empfehlung des Rates zur Einführung der Europäischen Kindergarantie vorschlagen, um sicherzustellen, dass Kinder, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, effektiven Zugang zu wichtigen Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung haben;

·im Jahr 2022 eine Empfehlung des Rates zum Mindesteinkommen vorschlagen, um die Politik der Mitgliedstaaten wirksam zu unterstützen und zu ergänzen;

·im 2. Quartal 2021 eine Europäische Plattform zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit einrichten, um Mitgliedstaaten, Städte und Dienstanbieter beim Austausch von bewährten Verfahren und der Identifizierung effizienter und innovativer Ansätze zu unterstützen;

·im 2. Quartal 2021 die Initiative „Bezahlbares Wohnen“ mit Pilotprojekten für 100 Sanierungsbezirke einleiten;

·im 2. Quartal 2021 Leitfäden zur Vergabe öffentlicher Aufträge für innovative Lösungen und zur sozial verantwortlichen Vergabe öffentlicher Aufträge vorlegen;

·im Jahr 2022 einen EU-Bericht zum Zugang zu essenziellen Dienstleistungen vorlegen.

Die Kommission ermutigt

·die öffentlichen Behörden, die Wirksamkeit und Abdeckung von sozialen Sicherheitsnetzen und den Zugang zu unterstützenden Dienstleistungen für Bedürftige sicherzustellen;

·die nationalen, regionalen und lokalen Behörden, die Verbreitung von sozial verantwortlichen Kriterien im öffentlichen Beschaffungswesen in Übereinstimmung mit den kommenden Leitfäden der Kommission zu erhöhen und ihre Anwendung zu fördern.

Gesundheit fördern und Pflege sicherstellen

Die Gesundheits- und Pflegesysteme standen während der Pandemie unter erheblichem Druck, der zu den bereits bestehenden Herausforderungen wie wachsenden Wartezeiten für die Gesundheitsversorgung, strukturellem Personalmangel und wachsenden gesundheitlichen Ungleichheiten hinzukam. Reformen und Investitionen in die Gesundheitssysteme sind erforderlich, um deren Widerstandsfähigkeit und Kapazität zur Bewältigung aktueller und künftiger Krisen zu erhöhen, die medizinische Grundversorgung und die psychische Gesundheit zu stärken, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle zu verbessern und soziale, territoriale und wirtschaftliche Ungleichheiten im Gesundheitsbereich zu verringern. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei diesen Bemühungen, indem sie faktengestützte Informationen bereitstellt und bewährte Verfahren zur Stärkung der Gesundheitssysteme weitergibt.

Die Mitteilung der Kommission zur Schaffung einer europäischen Gesundheitsunion 82 befasst sich mit der Resilienz, Zugänglichkeit und Wirksamkeit der Gesundheitssysteme in der EU. Die Maßnahmen werden die Fähigkeit der Mitgliedstaaten verbessern, sich auf künftige Gesundheitskrisen vorzubereiten und gemeinsam darauf zu reagieren, und sie werden sicherstellen, dass die medizinische Ausstattung verfügbar, erschwinglich und innovativ ist. Die Kommission wird außerdem Maßnahmen zur Umsetzung der Arzneimittelstrategie für Europa 83 und von Europas Plan gegen den Krebs 84 einleiten. Neue Statistik- und Überwachungsinstrumente können auch dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten besser abzubilden und die Patientenperspektive hervorzuheben, mit dem Ziel, den Zugang zur Gesundheit für die Schwächsten zu verbessern.

Auch die Resilienz der Langzeitpflege wird auf die Probe gestellt. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen in einer alternden Gesellschaft steigen wird, während der Mangel an Qualitätsstandards in der Pflege und Lücken beim Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen, auch in ländlichen Gebieten, in vielen Mitgliedstaaten ein ernstes Problem darstellen. Ein gemeinsamer Bericht der Kommission und des Ausschusses für Sozialschutz, der im Frühjahr 2021 veröffentlicht werden soll, wird aufzeigen, wie die nationalen Systeme auf diese Herausforderungen reagieren, und auf Bereiche hinweisen, in denen weitere Arbeiten erforderlich sind, um einen gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger und erschwinglicher Langzeitpflege in der gesamten Union sicherzustellen. Mit dem Grünbuch zum Thema Altern 85 wurde eine Konsultation eingeleitet, um Bereiche zu ermitteln, in denen EU-Maßnahmen den größten Mehrwert bringen können. Reformen und Investitionen in die Langzeitpflege bieten die Möglichkeit, die Solidarität zwischen den Generationen zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen, ein sichereres Arbeits- und Lebensumfeld zu schaffen und ein besseres Angebot an qualitativ hochwertigen Dienstleistungen anzubieten.

Die Kommission wird

·im Jahr 2022 eine Initiative zur Langzeitpflege vorschlagen, um einen Rahmen für politische Reformen zu schaffen, der die Entwicklung einer nachhaltigen Langzeitpflege anleitet, die einen besseren Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen für Bedürftige gewährleistet;

·neue Instrumente vorschlagen, um Barrieren und Lücken im Zugang zur Gesundheitsversorgung besser zu messen (2021-2022);

·im 4. Quartal 2021 den europäischen Raum für Gesundheitsdaten vorschlagen, um den Zugang zu Gesundheitsdaten für eine bessere Gesundheitsversorgung, Forschung und Politikgestaltung zu fördern und die Entwicklung, Einführung und Anwendung digitaler Dienste für die Gesundheitsversorgung zu unterstützen.

 
Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, in die Arbeitskräfte im Gesundheits- und Pflegebereich zu investieren und deren Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu Schulungen zu verbessern;

·die Mitgliedstaaten, die Digitalisierung ihrer Gesundheitssysteme voranzutreiben und gesundheitsbezogene Ungleichheiten zu bekämpfen.

Sozialschutz für die neue Welt fit machen

Viele Mitgliedstaaten haben den Sozialschutz während der Pandemie auf zuvor nicht erfasste Gruppen ausgeweitet. Diese außergewöhnlichen Maßnahmen können eine Inspirationsquelle für strukturelle Reformen sein, die den Schutz von Arbeitslosen, atypisch Beschäftigten und Selbstständigen verbessern und deren nachhaltige Finanzierung im Einklang mit der Empfehlung des Rates zum Zugang zu Sozialschutz von 2019 sicherstellen. 86  

Weitere Überlegungen zur Finanzierung des Sozialschutzes und insbesondere zu den Finanzierungsmodellen, die eine fortgesetzte Solidarität zwischen den und innerhalb der Generationen ermöglichen, sind erforderlich, um einen gleichberechtigten und nachhaltigen Zugang zum Sozialschutz in Bezug auf die abgedeckten Gruppen und Risiken zu gewährleisten, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Sozialbeiträge und die Steuern auf den Faktor Arbeit angesichts der schrumpfenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zurückgehen könnten.

Sozialschutz über nationale Grenzen hinweg ist eine Voraussetzung für einen gut funktionierenden Binnenmarkt. Bestehende und neue Formen der Mobilität von Arbeitnehmern, die durch die Digitalisierung erleichtert werden, von der allgemeinen grenzüberschreitenden Telearbeit bis hin zu den digitalen Nomaden, die aus der Ferne in der gesamten EU arbeiten, erfordern eine nahtlose Interaktion zwischen mobilen Arbeitnehmern und Verwaltungen, während gleichzeitig das Risiko von Fehlern und Betrug verringert wird. Innovative Lösungen, insbesondere digitale, können die physische und virtuelle Mobilität der Bürger erleichtern, die Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen und die grenzüberschreitende Überprüfung des Sozialversicherungsschutzes durch die Verwaltungen unterstützen und die Herausforderungen bei der Identifizierung von Personen zu Zwecken der Koordinierung der sozialen Sicherheit angehen.

Die Kommission wird

·eine hochrangige Expertengruppe einsetzen, die die Zukunft des Wohlfahrtsstaates, seine Finanzierung und die Zusammenhänge mit der sich verändernden Arbeitswelt untersuchen und bis Ende 2022 einen Bericht vorlegen soll;

·im Jahr 2021 ein Pilotprojekt einleiten, um bis 2023 die Einführung einer digitalen Lösung zur Erleichterung der Interaktion zwischen mobilen Bürgern und nationalen Behörden zu prüfen und die Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen über Grenzen hinweg zu verbessern (Europäischer Sozialversicherungspass), aufbauend auf der Initiative für eine vertrauenswürdige und sichere europäische e-ID (2. Quartal 2021).

 
Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, den Zugang zum Sozialschutz im Einklang mit der Empfehlung des Rates über den Zugang zum Sozialschutz weiter auszubauen und bis zum 15. Mai 2021 ihre Pläne vorlegen, in denen sie ihre nationalen Maßnahmen darlegen.

4.Mit vereinten Kräften zum Erfolg

Die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte ist eine gemeinsame politische Verpflichtung und Verantwortung der EU-Organe, der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft, die alle im Rahmen ihrer Zuständigkeiten eine Rolle zu spielen haben. Die EU wird diese Bemühungen mit allen verfügbaren Instrumenten und Maßnahmen unterstützen: durch finanzielle Unterstützung aus mehreren EU-Fonds für Investitionen in einen gerechten Aufschwung und den ökologischen und digitalen Wandel; durch die Förderung des Engagements aller Akteure; durch die Bereitstellung von Orientierungshilfen und durch die Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Sozialpolitik im Rahmen des Europäischen Semesters; durch die Durchsetzung des EU-Rechts und durch die Stärkung der eigenen Rolle als globale Vorreiterin. Die Kommission ermutigt alle einschlägigen Akteure, die verfügbaren Instrumente bestmöglich zu nutzen, um die Umsetzung der Säule sozialer Rechte zu beschleunigen.

Freisetzung sozialer Investitionen durch EU-Fonds

Die Mitgliedstaaten sollten die beispiellosen EU-Mittel, die zur Unterstützung von Reformen und Investitionen im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte zur Verfügung stehen, voll ausschöpfen. Der langfristige EU-Haushalt für 2021-2027 ist zusammen mit dem Aufbauinstrument NextGenerationEU das größte Konjunkturpaket, das jemals über den EU-Haushalt finanziert wurde. Insgesamt 1,8 Billionen EUR werden Europa helfen, sich von der COVID-19-Krise zu erholen und grüner, digitaler und sozial gerechter zu werden.

Ein neues wichtiges Finanzierungsinstrument im Rahmen von NextGenerationEU ist die Aufbau- und Resilienzfazilität mit einem Budget in Höhe von 672,5 Mrd. EUR. Nationale Aufbau- und Resilienzpläne stellen eine einzigartige Gelegenheit dar, Investitionen und Reformen zu planen und zu finanzieren, die einen Aufschwung unterstützen, der sozial ist und sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentriert, während er gleichzeitig die grüne und digitale Wende einbezieht und die entsprechenden länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters umsetzt. 87 Im Einklang mit den sechs Säulen der Aufbau- und Resilienzfazilität müssen die Mitgliedstaaten ausführlich erläutern, wie ihre nationalen Pläne das Wachstumspotenzial, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche, soziale und institutionelle Resilienz stärken, unter anderem durch die Förderung von Maßnahmen für Kinder und Jugendliche; wie ein Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Chancengleichheit für alle geleistet wird und wie die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Krise abgefedert werden und dadurch zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der Konvergenz innerhalb der Union beigetragen wird.

Der ESF+ wird mit 88 Mrd. EUR weiterhin das wichtigste Instrument der EU sein, um die Umsetzung der Säule sozialer Rechte zu unterstützen und die drei vorgeschlagenen EU-Kernziele zu erreichen. Die Umsetzung der Grundsätze der Säule sozialer Rechte und die Herausforderungen, die in den länderspezifischen Empfehlungen, die im Rahmen des Europäischen Semesters angenommen wurden, identifiziert wurden, werden die Grundlage für die Mitgliedstaaten bei der Vorbereitung ihrer operationellen Programme des ESF+ bilden. Mit diesem neuen Instrument

·sollten mindestens 25 % der ESF+-Mittel auf nationaler Ebene für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgegeben werden, wovon die am stärksten von Kinderarmut betroffenen Mitgliedstaaten mindestens 5 % in Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut investieren sollten. Alle anderen sollten ebenfalls angemessene Beträge für die Umsetzung der anstehenden Kindergarantie bereitstellen. Darüber hinaus müssen alle Mitgliedstaaten mindestens 3 % ihres ESF+-Anteils für die Bekämpfung der materiellen Deprivation aufwenden;

·müssen die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mindestens 12,5 % für junge Menschen, die sich nicht in Beschäftigung, Bildung oder Ausbildung befinden (NEET), einsetzen, wenn der relative Prozentsatz der Personen, die in diese Gruppe fallen, über dem EU-Durchschnitt liegt, während alle anderen Mitgliedstaaten einen angemessenen Betrag für die Umsetzung der verstärkten Jugendgarantie aufwenden müssen;

·müssen die Mitgliedstaaten in jedem Programm einen angemessenen Betrag für den Aufbau von Kapazitäten der Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft bereitstellen; 0,25 % der ESF+-Mittel sind dafür vorzusehen, wenn die Mitgliedstaaten in diesem Bereich eine länderspezifische Empfehlung haben.

Es stehen auch noch weitere Mittel für die Umsetzung der Säule zur Verfügung. Aus dem EFRE werden Infrastruktur und Ausrüstung für Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung und soziale Dienste finanziert. Der Fonds für einen gerechten Übergang wird Qualifizierungsmaßnahmen in Regionen unterstützen, die aufgrund der Klimawende vor größeren sozioökonomischen Herausforderungen stehen. Die Reserve für die Anpassung an den Brexit wird dazu beitragen, die negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU abzufedern. REACT-EU stellt in den Jahren 2021 und 2022 zusätzliche Mittel in Höhe von 47,5 Mrd. EUR bereit, um die Lücke zwischen der ersten Krisenreaktion auf die Pandemie und der langfristigen Erholung der Wirtschaft zu schließen. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung wird weiterhin Arbeitnehmer unterstützen, die aufgrund von Restrukturierungen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Erasmus+ wird die Bereiche allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport für eine rasche Erholung und künftiges Wachstum mobilisieren und sowohl grüne als auch digitale Kompetenzen fördern. Das Instrument für technische Unterstützung wird die Verwaltungskapazität von Regierungen und öffentlichen Verwaltungen verbessern, um Reformen im Rahmen der drei Kernziele für 2030 für Beschäftigung, Kompetenzen und soziale Inklusion durchzuführen. InvestEU wird private Investitionen, die zu sozialen Zielen beitragen, durch ein spezielles Investitionsfenster fördern. Seine Nachhaltigkeitsprüfung wird die sozialen Auswirkungen der vorgeschlagenen Investitionen sicherstellen, und das Programm wird Investitionen in Sozialwirtschaft und Innovation, soziale Infrastruktur und Kompetenzen unterstützen. Die Sichtbarkeit von Projekten der Sozialwirtschaft kann durch zusätzliche Maßnahmen, wie z. B. ein spezielles Tagging-System, weiter erhöht werden. Horizont Europa ist das größte und ehrgeizigste Forschungs- und Innovationsprogramm in der Geschichte, mit einem vereinbarten Gesamthaushalt von 94 Mrd. EUR. Das Programm zielt auf die Entwicklung neuer Technologien, innovativer wirtschaftlicher und sozialer Transformationen und Begleit- oder Umsetzungsmaßnahmen und -investitionen, auch zur Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Resilienz und Nachhaltigkeit ab. Das neue Programm EU4Health für 2021-2027 mit einem Gesamthaushalt von 5,1 Mrd. EUR wird den Aufbau belastbarer Gesundheitssysteme in der EU unterstützen, um uns besser für die Zukunft zu rüsten. Der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds wird die Integration und Inklusion von Migranten unterstützen.

Bei der Planung der Zuweisung von Finanzmitteln sollten die Mitgliedstaaten verstärkt Verteilungsfolgenabschätzungen nutzen, um die Auswirkungen von Reformen und Investitionen auf die Einkommen verschiedener Gruppen besser zu berücksichtigen und mehr Transparenz über die sozialen Auswirkungen von Haushalten und politischen Maßnahmen zu gewährleisten. Dieser Ansatz kann von den nationalen Behörden durchgängig berücksichtigt werden und die Maßnahmen der Kommission zur Verbesserung der Qualität öffentlicher Finanzen und zur Förderung transparenter und gerechterer Besteuerung sowie sozial nachhaltiger Investitionen und Finanzierungen ergänzen.

Neben den öffentlichen Ressourcen spielt die Entwicklung nachhaltiger Finanzierungen auch eine Schlüsselrolle bei der Mobilisierung der notwendigen privaten Ressourcen, um nachhaltige Ziele zu erreichen. Die EU hat private Investitionen für den Übergang zu einer klimaneutralen und ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft in der EU mobilisiert. Ein gutes Beispiel ist die erfolgreiche Emission der allerersten EU-Sozialanleihen zur Finanzierung der SURE-Darlehen. Auch private und sozial nachhaltige Investitionen werden eine Schlüsselrolle für einen fairen und gerechten Aufschwung spielen müssen. Mögliche Erweiterungen der EU-Taxonomie würden Unternehmen und Investoren eine vertrauenswürdige und gemeinsame Sprache bieten, um sozial nachhaltige Aktivitäten zu identifizieren und die Transparenz auf den Sozialfinanzmärkten zu erhöhen. Der Umfang und das Potenzial solcher Erweiterungen werden untersucht und bewertet. Eine bessere öffentliche Berichterstattung von Unternehmen über soziale Belange sollte Investitionsströme in wirtschaftliche Aktivitäten mit positiven sozialen Auswirkungen erleichtern. Eine bessere Unternehmensberichterstattung dient auch dazu, Unternehmen für soziale und andere Nachhaltigkeitsauswirkungen stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Die Kommission wird

·bis Ende 2021 einen delegierten Rechtsakt zur Festlegung einer Methodik für die Berichterstattung über Sozialausgaben im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität annehmen;

·im Jahr 2022 einen Leitfaden vorlegen, in dem die Mitgliedstaaten mit Blick auf die Haushaltsplanung und Planung von Reformen zur verstärkten Verwendung von Ex-ante-Bewertungen der Verteilungswirkungen angehalten werden;

·mögliche Maßnahmen als Teil der neuen Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen prüfen (Mitte 2021), um private soziale Investitionen anzukurbeln; bis Ende 2021 einen Bericht über eine mögliche Ausweitung der EU-Taxonomieverordnung 88 auf andere Nachhaltigkeitsziele, einschließlich sozialer Ziele, veröffentlichen;

·im 2. Quartal 2021 einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung 89 vorlegen, einschließlich strengerer Anforderungen an die Berichterstattung von Unternehmen zu sozialen Themen.

Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, die EU-Finanzierungsmöglichkeiten zu nutzen, insbesondere durch ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne und ihre operationellen Programme ESF+ und EFRE, um die nationale Umsetzung der Säule sozialer Rechte zu unterstützen;

·die Mitgliedstaaten, die beispiellose Gelegenheit zu nutzen, die die Aufbau- und Resilienzfazilität bietet, um die entsprechenden länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen;

·die nationalen und regionalen Behörden, ex-ante Verteilungsfolgenabschätzungen als Teil ihrer haushaltspolitischen und weiteren politischen Prozesse durchzuführen;

·die Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Entwicklung transparenter Märkte für soziale Investitionen zu fördern.

Sammeln der Kräfte aller Akteure

Das Engagement nationaler, regionaler und lokaler Behörden, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft ist unerlässlich, um das Engagement für die Säule sicherzustellen. In dieser Hinsicht ist eine kohärente und umfassende Koordinierung auf nationaler Ebene von entscheidender Bedeutung und kann den Unterschied ausmachen, wenn es darum geht, die Bemühungen aller relevanten nationalen Akteure zu bündeln. Die Kommission wird weiterhin Veranstaltungen auf EU-Ebene organisieren, um eine Bestandsaufnahme der erzielten Fortschritte zu machen und das Ziel für die Maßnahmen auf EU-Ebene festzulegen. Alle einschlägigen Akteure sollten Kommunikations- und Engagementaktivitäten organisieren, um das Bewusstsein für die Säule zu schärfen und die sozialen Rechte in Europa zu fördern sowie mit den Bürgerinnen und Bürgern und allen, die direkt an der Umsetzung der Grundsätze der Säule arbeiten, in Kontakt zu treten.

Wichtig ist auch, dass der soziale Dialog auf nationaler und EU-Ebene gestärkt wird. Die Sozialpartner spielen eine wichtige Rolle bei der Abmilderung der Auswirkungen der Pandemie, der Unterstützung des Aufschwungs und der Bewältigung künftiger Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Es sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um die Tarifabdeckung zu unterstützen und zu verhindern, dass die Mitgliederzahl und Organisationsdichte der Sozialpartner abnimmt. Während der Konsultation im Vorfeld dieses Aktionsplans betonten die Sozialpartner aus allen Teilen Europas die Notwendigkeit, den sozialen Dialog auf nationaler Ebene zu unterstützen, u. a. durch eine stärkere Einbindung in einschlägige Maßnahmen und eine Stärkung ihrer Kapazitäten sowie eine bessere Einbeziehung neuer Sektoren, junger Menschen und Menschen, die über Plattformen arbeiten.

Die Kommission wird

·Kommunikationsaktivitäten und den Prozess der Einbeziehung aller einschlägigen Akteuren unterstützen, um das Bewusstsein und das gemeinsame Engagement für die Säule sicherzustellen;

·nach der Konsultation der Sozialpartner im Jahr 2021 90 , 2022 eine Initiative zur Unterstützung des sozialen Dialogs auf EU- und nationaler Ebene vorlegen. Die Initiative umfasst die Einführung einer neuen Auszeichnung für innovative Verfahren des sozialen Dialogs, ein Informations- und Besuchsprogramm für junge künftige Führungskräfte der Sozialpartner, die Überprüfung des sektoralen sozialen Dialogs auf EU-Ebene und einen neuen Unterstützungsrahmen für Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf EU-Ebene.

Die Kommission ermutigt

·die nationalen Behörden, die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und andere relevante Akteure, Kommunikations- und Engagementaktivitäten zu organisieren, indem sie bewährte Verfahren in ganz Europa sammeln und diese austauschen;

·die Mitgliedstaaten, einen Koordinierungsmechanismus einzurichten, um die Einbeziehung aller relevanten Interessengruppen auf nationaler Ebene bei der Umsetzung der Säule sicherzustellen;

·die Mitgliedstaaten, die Bedingungen für eine Verbesserung der Funktionsweise und Wirksamkeit von Tarifverhandlungen und des sozialen Dialogs zu fördern und zu schaffen;

·die öffentlichen Behörden, den sozialen Dialog weiter zu verstärken und die Sozialpartner bei der Gestaltung relevanter Maßnahmen und Gesetze anzuhören;

·die europäischen Sozialpartner, durch die Aushandlung weiterer Vereinbarungen auf EU-Ebene zu einem erfolgreichen Wandel auf den europäischen Arbeitsmärkten beizutragen.

Stärken der Koordinierung und Überwachung

Die Mitgliedstaaten sollten das Europäische Semester als den entsprechenden bewährten Rahmen für die Koordinierung von Reformen und Investitionen in den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung und Soziales bestmöglich nutzen und dabei die Menschen und ihr Wohlergehen in den Mittelpunkt stellen. Seit 2018 werden die Grundsätze der Säule über den gesamten Zyklus des Europäischen Semesters hinweg durchgängig berücksichtigt. Die Mitgliedstaaten sollten über die Umsetzung der Säule in ihren nationalen Reformprogrammen berichten. Die länderspezifischen Empfehlungen, die auf den vier in der jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum festgelegten Dimensionen – ökologische Nachhaltigkeit, Produktivität, Gerechtigkeit und makroökonomische Stabilität – basieren, sollten weiterhin die Leitprinzipien für die Umsetzung der Grundsätze der Säule auf nationaler Ebene sein, auch durch die entsprechende EU-Finanzierung. Wie oben erwähnt, werden die EU-Kernziele dazu beitragen, nationale und regionale Maßnahmen und Reformen in den Bereichen Beschäftigung, Qualifikationen und Soziales zu steuern. In den kommenden Jahren wird das Europäische Semester auch eine koordinierte Überwachung der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne ermöglichen.

Als wichtiges Überwachungsinstrument im Rahmen des Europäischen Semesters schlägt die Kommission vor, das sozialpolitische Scoreboard zu überarbeiten, um die Säule umfassender abzudecken. Neben den Kernzielen werden die Integration und Aktualisierung des bestehenden Satzes von Indikatoren dazu beitragen, die Fortschritte bei der Verwirklichung der Grundsätze der Säule umfassender zu verfolgen und die Umsetzung der in diesem Aktionsplan vorgeschlagenen politischen Maßnahmen zu überwachen. Der Vorschlag für eine Aktualisierung des sozialpolitischen Scoreboards, das auch mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung verknüpft ist, wird in Anhang 2 dieses Aktionsplans vorgestellt (seine analytische Untermauerung wird in der begleitenden Arbeitsunterlage beschrieben). In den Bewerberländern wird das aktualisierte sozialpolitische Scoreboard im Rahmen des Wirtschaftsreformprogramms (ERP) verwendet, um die Fortschritte bei der Umsetzung der Säule zu überwachen, vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Daten.

Der Gemeinsame Beschäftigungsbericht wird sich auf die relevanten Grundsätze der Säule konzentrieren und deren Umsetzung auf EU- und nationaler Ebene eingehender analysieren, wobei er sich auf das überarbeitete sozialpolitische Scoreboard stützt. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, in ihren nationalen Reformprogrammen regelmäßig über die Umsetzung und die geplanten politischen Initiativen zur Schließung der Lücken Bericht zu erstatten.

Schließlich wird auch die Aktualität der Sozialstatistiken weiter verbessert werden, und zwar durch die kürzlich verabschiedete Verordnung über das Europäische System integrierter Sozialschutzstatistiken 91 sowie durch frühzeitige Schätzungen von Armut und Ungleichheit. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten weiterhin dazu anhalten, die Erhebung von nach ethnischer Herkunft aufgeschlüsselten Daten im Einklang mit dem EU-Aktionsplan gegen Rassismus zu verbessern. In Zusammenarbeit mit den anderen EU-Organen wird die Kommission auch weiterhin verlässliche und international vergleichbare Indikatoren zur Messung und Überwachung des Wohlergehens der Menschen in der Union verbessern und entwickeln, wobei der länderspezifische Kontext und die Arbeit anderer einschlägiger internationaler Akteure berücksichtigt werden.

Die Kommission wird

·die nationalen Reformen und Investitionen weiterhin durch das Europäische Semester, auch im Zusammenhang mit der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne, auf eine Weise steuern, die der Umsetzung der Grundsätze der Säule sozialer Rechte förderlich ist;

·eine überarbeitete Version des sozialpolitischen Scoreboards mit den Mitgliedstaaten im Jahr 2021 vereinbaren, um den politischen Prioritäten und Maßnahmen dieses Aktionsplans besser Rechnung zu tragen;

·den Umfang der Analyse des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts erweitern und vertiefen und spezifische Veranstaltungen zur Vorstellung der Fortschritte bei der Umsetzung der Säule organisieren.

Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung des sozialen Besitzstandes der EU

Das soziale Regelwerk der EU ist nur so gut wie seine Umsetzung. Viele der Teilnehmer der Konsultation, die zur Untermauerung dieses Aktionsplans durchgeführt wurde, betonten die Bedeutung einer besseren Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung des bestehenden EU-Arbeits- und Sozialrechts. Ein engerer und regelmäßigerer Dialog mit den Mitgliedstaaten kann die rechtzeitige Umsetzung von EU-Rechtsinstrumenten erleichtern, die Qualität ihrer Durchführung verbessern und die Notwendigkeit, später auf Vertragsverletzungsverfahren zurückzugreifen, vermeiden. Parallel dazu wird die Kommission ihre Maßnahmen verstärken, wenn die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus dem EU-Recht nicht nachkommen.

Die Kommission wird

·die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts der EU mit Schwerpunkt auf der Umsetzung und Durchführung sowie dem Austausch bewährter Verfahren verstärken.

Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, den Kapazitätsaufbau der Arbeitsaufsichtsbehörden bei ihrer Tätigkeit zur Überwachung der Umsetzung des Besitzstands der Union zu unterstützen und zu verstärken.

Die EU als verantwortungsvolle global führende Organisation

Als Leitlinie für das internationale Handeln der EU im sozialen Bereich trägt die Säule dazu bei, die Rolle der EU als verantwortungsvolle global führende Organisation zu bekräftigen. Die Kommission arbeitet daran, weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, bei denen Wettbewerbsvorteile nicht zum Nachteil der Schwächsten sind. Einerseits handelt die EU innerhalb eines multilateralen Systems, das auf internationalen Normen beruht, denen sich die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten anschließen. Andererseits ist die Säule ein Leitinstrument für unsere bilateralen Beziehungen mit externen Partnern, einschließlich der Nachbarschafts- und Erweiterungspartner, und definiert das hohe Niveau der sozialen Standards, für die die EU steht.

Zur Intensivierung des Dialogs mit dem Westbalkan, um die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte 92 zu stärken und die soziale Kluft zwischen den Mitgliedstaaten und dem Westbalkan zu überwinden, werden die Kandidatenländer und potenziellen Kandidatenländer gegebenenfalls in einschlägige Maßnahmen, Plattformen, Arbeitsgruppen und Sitzungen einbezogen. Im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) III werden mehr Mittel für die Entwicklung des Humankapitals und eine Leitinitiative zur Umsetzung von Jugendgarantieprogrammen bereitgestellt, um die hohen NEET-Raten in der Region anzugehen. 93

Die EU wird sich weiterhin weltweit für menschenwürdige Arbeit und soziale Inklusion einsetzen, indem sie mit den Partnerländern zusammenarbeitet, insbesondere im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und durch ihre Handels- und Entwicklungspolitik, nachhaltige Beschaffung und Finanzierung sowie durch Maßnahmen im Bereich Unternehmenstransparenz und der nachhaltigen Unternehmensführung. Im Einklang mit der Aufforderung in den Schlussfolgerungen des Rates zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten 94 wird sich die Kommission mit der sozialen Dimension internationaler Maßnahmen als Reaktion auf die Pandemie, den Klimawandel, neue Technologien und die Agenda der Vereinten Nationen für den Zeitraum bis 2030 95 befassen. Als Mitglied der G7- und G20-Foren fördert die EU eine nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Erholung, von der alle Menschen in allen Ländern profitieren.

Die Kommission wird

·im 2. Quartal 2021 eine Mitteilung über menschenwürdige Arbeit weltweit annehmen, die einen umfassenden Überblick über das einschlägige EU-Instrumentarium gibt und eine Blaupause für eine EU-Strategie zur Förderung der sozialen Dimension in internationalen Maßnahmen liefern soll;

·im 2. Quartal 2021 eine Initiative zur nachhaltigen Unternehmensführung annehmen.

 
Die Kommission ermutigt

·die Mitgliedstaaten, internationale Arbeitsstandards, menschenwürdige Arbeit und soziale Inklusion weltweit zu fördern und unter enger Einbeziehung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft auf die Erreichung der Agenda der Vereinten Nationen für den Zeitraum bis 2030 und die Ziele für nachhaltige Entwicklung hinzuarbeiten;

·die Beitrittsländer, sich auf ihrem Weg der Konvergenz zur EU weiter an die Sozialstandards und -politiken der EU anzugleichen, insbesondere im Rahmen der Wirtschaftsreformprogramme.

5.Weitere Schritte

In diesem Aktionsplan werden Maßnahmen auf EU-Ebene zur weiteren Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte vorgeschlagen, um ein stärkeres soziales Europa für einen gerechten Übergang und einen gerechten Aufschwung zu schaffen. Um zu erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger der EU in den vollen Genuss der Rechte und Grundsätze der Säule kommen, sind größtenteils Maßnahmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene erforderlich. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und andere einschlägige Akteure wie regionale und lokale Behörden, sowie Organisationen der Zivilgesellschaft auf, die hohen sozialen Standards, auf die sich die Säule bezieht, in den Mittelpunkt ihrer Investitionen und Reformen zu stellen, die die Erholung von der COVID-19-Pandemie vorantreiben. Unser gemeinsames Ziel ist es, in heutige und künftige Generationen von Europäerinnen und Europäern zu investieren, um sie und Europa als Ganzes in die Lage zu versetzen, durch soziale Innovation und Vielfalt zu florieren – trotz Veränderungen und Krisen.

Der Sozialgipfel in Porto am 7. und 8. Mai 2021, der von der portugiesischen Ratspräsidentschaft organisiert wird, bietet die Gelegenheit, auf höchster politischer Ebene das Engagement und den Ehrgeiz zu bekräftigen, die Menschen beim Wiederaufbau in Europa und darüber hinaus an die erste Stelle zu setzen. 

Zur Unterstützung der Umsetzung dieses Aktionsplans ruft die Kommission die europäischen Organe, die nationalen Parlamente, die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft auf, regelmäßig gemeinsame politische Debatten zu organisieren, um eine Bestandsaufnahme der Fortschritte auf dem Weg zu einem starken sozialen Europa bis 2030 zu machen.

Die Kommission wird den Aktionsplan im Jahr 2025 überprüfen. Diese Überprüfung wird eine Grundlage für weitere Maßnahmen auf EU-Ebene im Hinblick auf die Erreichung der Zielvorgaben für die EU bis 2030 bilden.

(1) Wie in der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 (COM(2020) 575 final) ausgeführt.
(2)  COM(2020) 493 final vom 9. September 2020.
(3) Spezial-Eurobarometer 509 zu sozialen Fragen, März 2021.
(4) Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 2016/2020-03-01, vgl. Artikel 3 und Artikel 9.
(5)  Europäischer Rat, 20. Juni 2019, Eine neue Strategische Agenda 2019-2024.
(6) COM(2020) 14 final vom 14. Januar 2020.
(7) Die Ergebnisse der Konsultation sind in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthalten, die dieser Mitteilung beigefügt ist (SWD(2021) 46).
(8)  In der begleitenden Arbeitsunterlage (SWD(2021) 46) und Anhang 1 zu dieser Mitteilung werden diese Maßnahmen beschrieben.
(9)   http://www.oecd.org/coronavirus/policy-responses/what-is-the-impact-of-the-covid-19-pandemic-onimmigrants-and-their-children-e7cbb7de .
(10)   besitzt jeder fünfte junge Europäer immer noch keine ausreichenden Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften.
(11) Vereinte Nationen, 21. Oktober 2015, A/RES/70/1 - Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development.
(12)   https://ec.europa.eu/info/publications/adopted-mff-legal-acts_en .  
(13)   https://ec.europa.eu/info/strategy/recovery-plan-europe_de#nextgenerationeu .
(14) Verordnung (EU) 2021/241 vom 12. Februar 2021.
(15) COM(2020) 274 final vom 1. Juli 2020.
(16)  Empfehlung des Rates (2020/C 417/01) vom 24. November 2020.
(17) Entschließung des Rates 2021/C 66/01 vom 22. Februar 2021.
(18) Siehe Arbeitsunterlage (SWD(2021) 46), die dieser Mitteilung zum Überblick beiliegt.
(19)   https://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=20980&langId=en .
(20) Siehe Arbeitsunterlage (SWD(2021) 46), die dieser Mitteilung als Überblick beiliegt, und Anhang 1 der Mitteilung.
(21) Verordnung (EU) 2020/672 des Rates vom 19. Mai 2020.
(22) C(2021) 1372 vom 4. März 2021.
(23)   https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=782&langId=de .
(24) Richtlinien 98/59/EG, 2001/23/EG, 2002/14/EG, 2009/38/EG, 2001/86/EG.
(25) Empfehlung des Rates (2020/C 372/01) vom 30. Oktober 2020.
(26) COM(2020) 276 final vom 1. Juli 2020.
(27) COM(2020) 102 final vom 10. März 2020.
(28) COM(2020) 98 final vom 11. März 2020.
(29) COM(2020) 103 final vom 10. März 2020.
(30)   https://ec.europa.eu/growth/industry/policy/dialogue-expert-advice_en
(31) COM(2020) 682 vom 28. Oktober 2020.
(32) C(2021) 1127 final vom 24. Februar 2021.
(33)   https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1237 and https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_21_23 .
(34)   https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=521&langId=de&agreementId=5665 .
(35)   https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0021_DE.pdf .  
(36) Richtlinie 2003/88/EG vom 18. November 2003
(37) Im Anschluss an die am 17. Dezember 2020 eingeleitete Konsultation der Sozialpartner (C(2020) 8944 final).
(38)   EURES-Portal .  
(39) Richtlinie (EU) 2018/957 vom 28. Juni 2018.
(40) COM(2016) 815 final vom 14. Dezember 2016.
(41) COM(2020) 789 vom 9. Dezember 2020.
(42) Verordnung (EU) 2020/1054 vom 15. Juli 2020.
(43) Verordnung (EU) 2019/1149 vom 20. Juni 2019.
(44) COM(2020) 94 final vom 3. März 2020.
(45) 2020/C 102 I/03 vom 30. März 2020.
(46) C(2020) 4813 final vom 16. Juli 2020.
(47) Richtlinie 2008/104/EG vom 19. November 2008 
(48) COM(2020) 625 final vom 30. September 2020.
(49) Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027.
(50) COM(2020) 274 final vom 1. Juli 2020.
(51) Empfehlung des Rates (2020/C 417/01) vom 24. November 2020.
(52)  COM(2020) 628 final vom 30. September 2020.
(53)   https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_21_225  
(54) Preise 2018.
(55)   https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2317  
(56) Besteht aus 24,5 Mrd. EUR zu jeweiligen Preisen und einer zusätzlichen Mittelaufstockung von 1,7 Mrd. EUR zu Preisen von 2018.
(57) Verordnung (EU) 2021/240 vom 10. Februar 2021.
(58)   https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1517&langId=de  
(59) COM(2020) 609 final vom 23. September 2020.
(60) COM(2020) 758 final vom 24. November 2020.
(61) Empfehlung des Rates (ST/9010/2018/INIT) vom 22. Mai 2018; Empfehlung des Rates (ST/9009/2018/INIT) vom 22. Mai 2018. Empfehlung des Rates (ST/9015/2019/INIT) vom 22. Mai 2019.
(62) Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000.
(63) Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000.
(64) EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025 (COM(2020) 565 final) vom 18. September 2020. Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma (2020-2030) (COM(2020) 620 final) vom 7. Oktober 2020. Aktionsplan für Integration und Inklusion (COM(2020) 758 final) vom 24. November 2020. Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen (COM(2020) 698 final) vom 12. November 2020.
(65)   https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_20_2491 .
(66) COM(2020) 152 final vom 5. März 2020.
(67) COM(2012) 614 final vom 14. November 2012.
(68) COM (2021) 93 vom 4. März 2021.
(69) Richtlinie (EU) 2019/1158 vom 20. Juni 2019.
(70) SWD(2020) 289 vom 20. November 2020.
(71) COM(2021) 101 vom 3. März 2021.
(72) COM(2008) 426 final vom 2. Juli 2008.
(73) COM(2020) 621 final vom 7. Juli 2020.
(74) Empfehlung des Rates 2019/C 189/02 vom 22. Mai 2019.
(75) COM(2020) 625 final vom 6. Mai 2020.
(76) Entschließung des Europäischen Parlaments (2020/2802(RSP)) vom 24. November 2020 zur Senkung der Obdachlosenquoten in der EU.
(77) COM(2020) 662 final vom 17. September 2020.
(78) Empfehlung (EU) 2020/1563 der Kommission vom 14. Oktober 2020. 
(79) Richtlinie 2012/27/EU vom 25. Oktober 2012.
(80)   https://www.energypoverty.eu/ .
(81) Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014.
(82)  COM(2020) 724 final vom 11. November 2020.
(83) COM(2020) 761 final vom 25. November 2020.
(84) COM(2021) 44 final vom 3. Februar 2021.
(85) COM(2021) 50 final vom 27. Januar 2021.
(86) Empfehlung des Rates 2019/C 387/01 vom 8. November 2019.
(87)   https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/recovery-coronavirus/recovery-and-resilience-facility_en#documents  
(88) Verordnung (EU) 2020/852 vom 18. Juni 2020.
(89) Richtlinie 2014/95/EU vom 22. Oktober 2014.
(90)  Siehe auch den Bericht von Andrea Nahles, Sonderberaterin des Kommissars für Beschäftigung und soziale Rechte: https://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=89&newsId=9916&furtherNews=yes&preview=cHJldkVtcGxQb3J0YWwhMjAxMjAyMTVwcmV2aWV3 .
(91) Verordnung (EU) 2019/1700 vom 10. Oktober 2019.
(92) COM(2020) 14 final vom 14. Januar 2020.
(93) COM(2020) 641 final vom 6. Oktober 2020.
(94) 13512/20 vom 1. Dezember 2020.
(95) COM(2006) 249 final vom 25. Mai 2006.

Brüssel, den 4.3.2021

COM(2021) 102 final

ANHÄNGE

der

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte

{SWD(2021) 46 final}


ANHANG 1:

WICHTIGSTE MAẞAHMEN DER KOMMISSION



ANHANG 2:

DAS ÜBERARBEITETE SOZIALPOLITISCHE SCOREBOARD

Leitindikatoren

Sekundäre Indikatoren

SDG

Chancengleichheit

Beteiligung Erwachsener am Lernen innerhalb der letzten 12 Monate**

Anteil der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger

Niveau der persönlichen digitalen Kompetenz

NEET-Quote (15-29)

Geschlechtsspezifisches Beschäftigungsgefälle

Einkommensungleichheiten gemessen als Quintilverhältnis (S80/S20)

Tertiäre Bildungsabschlüsse

Schwache schulische Leistungen (einschließlich digitaler Kompetenzen**)

Teilnahme von gering qualifizierten Erwachsenen am Lernen**

Anteil arbeitsloser Erwachsener, die eine Lernerfahrung jüngeren Datums gemacht haben**

Unterschied im Leistungsdefizit zwischen dem untersten und dem obersten Viertel des sozioökonomischen Index (PISA)**

Geschlechtsspezifisches Gefälle bei der Teilzeitbeschäftigung

Geschlechtsspezifisches Lohngefälle (unbereinigt)

Einkommensanteil der unteren 40 % der Bevölkerung (SDG)**

4. Hochwertige Bildung

5. Gleichstellung der Geschlechter

10. Abbau von Ungleichheiten

Faire Arbeitsbedingungen

Beschäftigungsquote

Arbeitslosenquote

Langzeitarbeitslosenquote

Anstieg des verfügbaren Bruttoeinkommens der Bevölkerung pro Kopf

Erwerbsquote

Jugendarbeitslosenquote

Dauer des derzeitigen Beschäftigungsverhältnisses

Quoten der Übergänge von befristeten zu unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen

Anteil der unfreiwillig befristet Beschäftigten**

Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle pro 100 000 Arbeitnehmer (SDG)**

Quote der Armutsgefährdung von Erwerbstätigen

8. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Sozialschutz und soziale Inklusion

Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte ältere Menschen (AROPE)

Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdungsquote für Kinder (0-17)**

Auswirkung sozialer Transferleistungen (abgesehen von Renten) auf die Armutsbekämpfung

Beschäftigungslücke bei Menschen mit Behinderungen**

Überbelastung durch Wohnkosten**

Kinder unter 3 Jahren in formaler Kinderbetreuung

Nach eigener Aussage ungedeckter Bedarf an ärztlicher Versorgung

Quote der von Armut bedrohten Personen (AROP) 

Quote der erheblichen materiellen und sozialen Deprivation (SMSD)

Menschen, die in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsintensität leben

Schwere wohnungsbezogene Deprivation (Eigentümer und Mieter)

Mediane Armutsgefährdungslücke**

Quote der Leistungsempfänger [Anteil der Personen im Alter von 18-59 Jahren, die Sozialleistungen (außer Altersrente) beziehen, an der armutsgefährdeten Bevölkerung]**

Gesamte Sozialausgaben nach Funktionen (% des BIP): Sozialschutz, Gesundheitswesen, Bildung, Langzeitpflege**

Quote der Anspruchsberechtigten auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit [unter den Kurzzeitarbeitslosen]**

Abdeckung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit**

Aggregatsersatzverhältnis für Renten

Anteil der Bevölkerung, der nicht in der Lage ist, die eigene Wohnung angemessen zu beheizen (SDG)**

Konnektivitätsdimension des Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft

Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum verpflichtenden Grundschulalter in formaler Kinderbetreuung**

Selbstzahlungen bei der Gesundheitsversorgung

Gesunde Lebensjahre im Alter von 65: Frauen und Männer

Standardisierte vermeidbare Sterblichkeit (SDG)**

1. Keine Armut

3. Gute Gesundheit und Wohlbefinden

** Neuer Indikator im Vergleich zur aktuellen Version des Scoreboard (in Klammern der Rahmen, in dem er derzeit verwendet wird)

Anmerkung: Zur Ergänzung der Analyse werden gegebenenfalls Untergliederungen zu den Indikatoren des sozialpolitischen Scoreboards nach Altersgruppe, Geschlecht, Geburtsland und Behindertenstatus verwendet.



ANHANG 3: DIE GRUNDSÄTZE DER SÄULE – PROKLAMIERT AUF DEM GIPFELTREFFEN IN GÖTEBORG 2017

1. Allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen

Jede Person hat das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen. 

2. Gleichstellung der Geschlechter 
a. Die Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern muss in allen Bereichen gewährleistet und gefördert werden; dies schließt die Erwerbsbeteiligung, die Beschäftigungsbedingungen und den beruflichen Aufstieg ein. 
b. Frauen und Männer haben das Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit.

3. Chancengleichheit 
Unabhängig von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung hat jede Person das Recht auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz, Bildung und den Zugang zu öffentlich verfügbaren Gütern und Dienstleistungen. Die Chancengleichheit unterrepräsentierter Gruppen wird gefördert.

4. Aktive Unterstützung für Beschäftigung 
a. Jede Person hat das Recht auf frühzeitige und bedarfsgerechte Unterstützung zur Verbesserung der Beschäftigungs- oder Selbstständigkeitsaussichten. Dazu gehört das Recht auf Unterstützung bei der Arbeitssuche, bei Fortbildung und Umschulung. Jede Person hat das Recht, Ansprüche auf sozialen Schutz und Fortbildung bei beruflichen Übergängen zu übertragen. 
b. Junge Menschen haben das Recht auf eine Weiterbildungsmaßnahme, einen Ausbildungsplatz, einen Praktikumsplatz oder ein qualitativ hochwertiges Beschäftigungsangebot von gutem Ansehen innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre Ausbildung abgeschlossen haben. 
c. Arbeitslose haben das Recht auf individuelle, fortlaufende und konsequente Unterstützung. Langzeitarbeitslose haben spätestens nach 18-monatiger Arbeitslosigkeit das Recht auf eine umfassende individuelle Bestandsaufnahme.

5. Sichere und anpassungsfähige Beschäftigung 
a. Ungeachtet der Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf faire und gleiche Behandlung im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu sozialem Schutz und Fortbildung. Der Übergang in eine unbefristete Beschäftigungsform wird gefördert. 
b. Im Einklang mit der Gesetzgebung und Kollektiv- bzw. Tarifverträgen wird die notwendige Flexibilität für Arbeitgeber gewährleistet, damit sie sich schnell an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen können. 
c. Innovative Arbeitsformen, die gute Arbeitsbedingungen sicherstellen, werden gefördert. Unternehmertum und Selbstständigkeit werden unterstützt. Die berufliche Mobilität wird erleichtert. 
d. Beschäftigungsverhältnisse, die zu prekären Arbeitsbedingungen führen, werden unterbunden, unter anderem durch das Verbot des Missbrauchs atypischer Verträge. Probezeiten sollten eine angemessene Dauer nicht überschreiten.

6. Löhne und Gehälter 
a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf eine gerechte Entlohnung, die ihnen einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. 
b. Es werden angemessene Mindestlöhne gewährleistet, die vor dem Hintergrund der nationalen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien gerecht werden; dabei werden der Zugang zu Beschäftigung und die Motivation, sich Arbeit zu suchen, gewahrt. Armut trotz Erwerbstätigkeit ist zu verhindern. 
c. Alle Löhne und Gehälter werden gemäß den nationalen Verfahren und unter Wahrung der Tarifautonomie auf transparente und verlässliche Weise festgelegt.

7. Informationen über Beschäftigungsbedingungen und Kündigungsschutz 
a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht, am Beginn ihrer Beschäftigung schriftlich über ihre Rechte und Pflichten informiert zu werden, die sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergeben, auch in der Probezeit. 
b. Bei jeder Kündigung haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht, zuvor die Gründe zu erfahren, und das Recht auf eine angemessene Kündigungsfrist. Sie haben das Recht auf Zugang zu wirkungsvoller und unparteiischer Streitbeilegung und bei einer ungerechtfertigten Kündigung Anspruch auf Rechtsbehelfe einschließlich einer angemessenen Entschädigung.

8. Sozialer Dialog und Einbeziehung der Beschäftigten 
a. Die Sozialpartner werden bei der Konzeption und Umsetzung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gemäß den nationalen Verfahren angehört. Sie werden darin bestärkt, Kollektivverträge über sie betreffende Fragen auszuhandeln und zu schließen, und zwar unter Wahrung ihrer Autonomie und des Rechts auf Kollektivmaßnahmen. Wenn angebracht, werden Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten umgesetzt. 
b. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertretungen haben das Recht auf rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in für sie relevanten Fragen, insbesondere beim Übergang, der Umstrukturierung und der Fusion von Unternehmen und bei Massenentlassungen. 
c. Die Unterstützung für bessere Fähigkeiten der Sozialpartner wird gefördert, um den sozialen Dialog voranzubringen.

9.   Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben

Eltern und Menschen mit Betreuungs- oder Pflegepflichten haben das Recht auf angemessene Freistellungs- und flexible Arbeitszeitregelungen sowie Zugang zu Betreuungs- und Pflegediensten. Frauen und Männer haben gleichermaßen Zugang zu Sonderurlaub für Betreuungs- oder Pflegepflichten und werden darin bestärkt, dies auf ausgewogene Weise zu nutzen.

10.   Gesundes, sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld und Datenschutz 
a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf ein hohes Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveau bei der Arbeit. 
b. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf ein Arbeitsumfeld, das ihren beruflichen Bedürfnissen entspricht und ihnen eine lange Teilnahme am Arbeitsmarkt ermöglicht. 
c. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf den Schutz ihrer persönlichen Daten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses.

11. Betreuung und Unterstützung von Kindern 
a. Kinder haben das Recht auf hochwertige, bezahlbare frühkindliche Bildung und Betreuung. 
b. Kinder haben das Recht auf Schutz vor Armut. Kinder aus benachteiligten Verhältnissen haben das Recht auf besondere Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit.

12.   Sozialschutz

Unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und unter vergleichbaren Bedingungen Selbstständige das Recht auf angemessenen Sozialschutz.

13.   Leistungen bei Arbeitslosigkeit 
Arbeitslose haben das Recht auf angemessene Unterstützung öffentlicher Arbeitsverwaltungen bei der (Wieder-)eingliederung in den Arbeitsmarkt durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und auf angemessene Leistungen von angemessener Dauer entsprechend ihren Beiträgen und den nationalen Bestimmungen zur Anspruchsberechtigung. Diese Leistungen sollen die Empfänger nicht davon abhalten, schnell wieder in Beschäftigung zurückzukehren.

14.   Mindesteinkommen 
Jede Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, hat in jedem Lebensabschnitt das Recht auf angemessene Mindesteinkommensleistungen, die ein würdevolles Leben ermöglichen, und einen wirksamen Zugang zu dafür erforderlichen Gütern und Dienstleistungen. Für diejenigen, die in der Lage sind zu arbeiten, sollten Mindesteinkommensleistungen mit Anreizen zur (Wieder-)eingliederung in den Arbeitsmarkt kombiniert werden.

15.   Alterseinkünfte und Ruhegehälter 
a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Selbstständige im Ruhestand haben das Recht auf ein Ruhegehalt, das ihren Beiträgen entspricht und ein angemessenes Einkommen sicherstellt. Frauen und Männer sind gleichberechtigt beim Erwerb von Ruhegehaltsansprüchen. 
b. Jeder Mensch im Alter hat das Recht auf Mittel, die ein würdevolles Leben sicherstellen.

16.   Gesundheitsversorgung 
Jede Person hat das Recht auf rechtzeitige, hochwertige und bezahlbare Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlung.

17.   Inklusion von Menschen mit Behinderungen 
Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf Einkommensbeihilfen, die ein würdevolles Leben sicherstellen, Dienstleistungen, die ihnen Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, und ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Arbeitsumfeld.

18.   Langzeitpflege 
Jede Person hat das Recht auf bezahlbare und hochwertige Langzeitpflegedienste, insbesondere häusliche Pflege und wohnortnahe Dienstleistungen.

19.   Wohnraum und Hilfe für Wohnungslose 
a. Hilfsbedürftigen wird Zugang zu hochwertigen Sozialwohnungen oder hochwertiger Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung gewährt. 
b. Sozial schwache Personen haben das Recht auf angemessene Hilfe und Schutz gegen Zwangsräumungen. 
c. Wohnungslosen werden angemessene Unterkünfte und Dienste bereitgestellt, um ihre soziale Inklusion zu fördern.

20.   Zugang zu essenziellen Dienstleistungen

Jede Person hat das Recht auf den Zugang zu essenziellen Dienstleistungen wie Wasser-, Sanitär- und Energieversorgung, Verkehr, Finanzdienste und digitale Kommunikation. Hilfsbedürftigen wird Unterstützung für den Zugang zu diesen Dienstleistungen gewährt.