1.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 324/1


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen — Der überarbeitete mehrjährige Finanzrahmen und der Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa

(2020/C 324/01)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Der überarbeitete mehrjährige Finanzrahmen und das Aufbauinstrument

1.

begrüßt den Vorschlag der Kommission für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) mit einem Umfang von 1 100 Mrd. EUR und das mit 750 Mrd. EUR ausgestattete Aufbauinstrument („Next Generation EU“) als Wegbereiter für eine stärkere, nachhaltigere und widerstandsfähigere Union mit einem größeren Zusammenhalt. Dieser bietet eine erste Antwort zur Bewältigung der bevorstehenden Folgen der COVID-19-Krise und zur Verwirklichung der langfristigen Ziele der Union;

2.

würdigt die Bemühungen der Kommission, den Anliegen der von der Krise am schwersten getroffenen Mitgliedstaaten und derjenigen mit strukturschwachen Regionen Rechnung zu tragen und gleichzeitig zu versuchen, ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit von Finanzhilfen und der Hebelwirkung von Finanzierungsinstrumenten herzustellen;

3.

ist allerdings besorgt darüber, dass der überarbeitete Vorschlag für den MFR mit seinem Umfang von 1 100 Mrd. EUR um 34,6 Mrd. EUR hinter dem Vorschlag der Kommission von 2018 und noch weiter hinter den vom AdR und vom Europäischen Parlament vertretenen Standpunkten zurückbleibt. Dies schränkt die Fähigkeit der EU ein, die langfristigen Ziele der EU zu verwirklichen; AdR und Europäisches Parlament müssen gerade hier in angemessener Weise ernsthafter beteiligt werden;

4.

stellt fest, dass die Vergrößerung des Headrooms des EU-Haushalt durch eine vorübergehende Anhebung der Eigenmittelobergrenze um 0,6 % des EU-BNE einen angemesseneren Haushalt für die EU darstellt, der die Erholung der EU unterstützen kann und den Zielen der strategischen Agenda der EU gerecht wird;

5.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission Vorschläge zu potenziellen neuen Eigenmitteln angekündigt hat‚ die an die Ziele des Aufbauplans geknüpft sind. Allerdings hat die Kommission zwei Jahre nach ihrem ersten Vorschlag für einen MFR für die Zeit nach 2020 immer noch keine Legislativvorschläge für echte Eigenmittel vorgelegt. Diesbezüglich wiederholt er seine Aufforderung an die Kommission, hierfür umgehend konkrete Legislativvorschläge vorzulegen, wie zum Beispiel zur Plastiksteuer und zum Emissionshandel;

6.

bekräftigt, dass sowohl der MFR als auch der Aufbauplan auf den Zusammenhalt als wesentlichen Wert der Europäischen Union ausgerichtet werden müssen, wenn es gelingen soll, wichtige Herausforderungen wie die Erholung nach der COVID-19-Krise, den europäischen Grünen Deal, die Nachhaltigkeitsziele, die europäische Säule sozialer Rechte, die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und die Überwindung von Ungleichheiten sowie den digitalen Wandel zu meistern, um sicherzustellen, dass niemand, auch keine Region, zurückgelassen wird;

7.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein Drittel der öffentlichen Ausgaben und zwei Drittel der öffentlichen Investitionen verwalten; sie sind für die Umsetzung von 70 % des EU-Rechts, 70 % der Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und 90 % der Maßnahmen zur Anpassung an seine Auswirkungen zuständig. Daher muss eine Grundsatzentscheidung über die Notwendigkeit getroffen werden, alle lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Planung, Konsultation, Umsetzung und Management von Fonds einzubeziehen. Ebenso muss es verbindlich vorgeschrieben werden, dass die Mitgliedstaaten es allen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gestatten, Investitionsfonds wie Integrierte territoriale Investitionen zu nutzen und davon zu profitieren;

Der Zusammenhalt als Dreh- und Angelpunkt des Aufbaus

8.

weist darauf hin, dass die asymmetrischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der EU und ihrer Regionen eine angemessene politische Antwort erforderlich machen;

9.

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit dem die Bedeutung der Kohäsionspolitik als starke und langfristige Investitionsstrategie der EU gefestigt werden soll, sowie die zusätzlichen Investitionen im Rahmen von REACT-EU, und begrüßt den Ansatz, mit dem ein angemessenes Verhältnis zwischen der Unterstützung und den Auswirkungen der Krise sichergestellt werden soll. In dieser Hinsicht benötigen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unbedingt Kontinuität, wenn sie sich an den Wiederaufbau machen und die Menschen und Gebiete, die dies am dringendsten benötigen, unterstützen. Insgesamt ermöglichen diese Vorschläge eine unverzügliche und wirksame Reaktion auf die COVID-19-Pandemie mit ihren sozialen und wirtschaftlichen Folgen; unterstreicht jedoch, dass die Flexibilitätsmechanismen in diesem neuen Plan nicht zentral verwaltet, sondern stattdessen nach dem Grundsatz der geteilten Mittelverwaltung unter Wahrung der Rechte der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umgesetzt werden sollten;

10.

ersucht um nähere Erläuterungen, wie die verschiedenen neuen Mechanismen wie REACT-EU, der Fonds für einen gerechten Übergang und die Aufbau- und Resilienzfazilität ineinandergreifen, um zusätzliche Komplexität zu vermeiden und zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten strengere nationale Beschränkungen einführen;

11.

nimmt zur Kenntnis, dass die Verlängerung der aktuellen operationellen Programme eine rasche Realisierung wichtiger Investitionen ermöglichen wird; ruft dazu auf, die Vorschläge rasch zu billigen, die darauf abzielen, die Flexibilität zu erhöhen und die Bereiche zu erweitern, die unterstützt werden sollen, u. a. um das Gesundheitswesen, den Tourismus, Landwirtschaft, Bildung, die Kulturbranche und KMU. So könnten die Städte und Regionen im Einklang mit den Grundsätzen der Kohäsionspolitik dort investieren, wo das Geld am nötigsten gebraucht wird;

12.

hegt gewisse Bedenken, weil einige der Aufstockungen befristet sind, insbesondere in Bezug auf die Kohäsionspolitik und die Entwicklung des ländlichen Raums. Dies entspricht weder dem langfristigen Entwicklungsbedarf noch den ursprünglichen Kürzungen der Kommission in den Vorschlägen von 2018; begrüßt daher den Vorschlag der Kommission, die nationalen Zuweisungen für die Kohäsionspolitik 2024 zu überprüfen und die Mittel für die Kohäsionspolitik eventuell um weitere 10 Mrd. EUR aufzustocken, ohne dass ein Mitgliedstaat einen Teil seiner Zuweisungen verliert;

13.

bedauert, dass die Kommission ihren Beschluss, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) aus der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen herauszunehmen, nicht rückgängig gemacht hat, was die (dringend erforderliche) integrierte Entwicklung städtischer und ländlicher Gebiete behindern könnte;

14.

hält es für bedauerlich, dass ein so großer Anteil der Finanzmittel für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten und nicht auf lokaler und regionaler Ebene bestimmt ist‚ während viele der Zuständigkeiten für die Gesundheitsversorgung, soziale Maßnahmen und Resilienz auf der lokalen und/oder regionalen Ebene angesiedelt sind; weist daher nachdrücklich darauf hin, dass die Grundsätze der Partnerschaft, der Dezentralisierung und der Multi-Level-Governance zu achten sind;

15.

weist darauf hin, wie wichtig die Europäische territoriale Zusammenarbeit ist, wenn es darum geht, Menschen, Gemeinschaften und Unternehmen bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zu unterstützen, um die Auswirkungen der Krise zu überwinden und die wirtschaftliche Erholung zu beschleunigen. Kooperation ist dabei unverzichtbar, und in diesem Zusammenhang wird das neue Instrument für interregionale Innovationsinvestitionen entscheidend dazu beitragen, die Entwicklung europäischer Wertschöpfungsketten in der Industrie und für Innovationen im Einklang mit den Strategien für intelligente Spezialisierung zu unterstützen;

16.

begrüßt, dass in der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen eine angemessene territoriale Folgenabschätzung der asymmetrischen Auswirkungen auf regionaler Ebene durchgeführt wurde;

17.

begrüßt ferner, dass die enge Verknüpfung mit den strategischen Zielen der EU (Grüner Deal, Digitalisierung) beibehalten wird und dass die Kommission sie zu den Instrumenten für den Aufbau Europas zählt; bedauert jedoch, dass die europäische Säule sozialer Rechte nicht in den Kern der Strategie zur Konjunkturbelebung aufgenommen wurde;

18.

hält es für wichtig, dass bei einem Aufbau im Einklang mit einer starken Kohäsionspolitik die Grundsätze der aktiven Subsidiarität berücksichtigt werden;

Der Aufbauplan und das Europäische Semester

19.

begrüßt den Kommissionsvorschlag zur Schaffung einer Aufbau- und Resilienzfazilität, die umfangreiche finanzielle Unterstützung für erforderliche Investitionen und Reformen bieten wird; erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für mehr als die Hälfte der öffentlichen Investitionen verantwortlich sind. Sie müssen deshalb eine angemessene Unterstützung aus dieser Initiative erhalten können; betont diesbezüglich, dass die Bereitstellung der Aufbau- und Resilienzfazilität im Rahmen nationaler Programme die Gefahr birgt, dass es keine geeignete Information und Kommunikation über den Einsatz der EU für ihre Bürger gibt;

20.

ruft die Europäische Kommission auf, die Kohärenz der Konjunkturprogramme sicherzustellen und doppelte Investitionen und übermäßige Bürokratie bzw. Verwaltungslasten zu vermeiden, um effizient zu sein und das gemeinsame Ziel der Überwindung der Klima-, Wirtschafts- und Sozialkrise so bald wie möglich zu verwirklichen;

21.

betont, dass die enge Verknüpfung zwischen der Aufbau- und Resilienzfazilität und dem Europäischen Semester die Dringlichkeit einer tiefgreifenden Reform des Europäischen Semesters und der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU im Sinne eines transparenten, inklusiven und demokratischen Prozesses erhöht. Wird das Europäische Semester nicht reformiert, besteht die Gefahr, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität zu weiterer Zentralisierung und zu einem Top-down-Ansatz der Konjunkturprogramme sowie zu einer Rückkehr zu Maßnahmen führt, die dem wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zwischen und in den Mitgliedstaaten nicht Rechnung tragen und die dringend benötigten öffentlichen Investitionen für die nachhaltige Erholung Europas bedrohen;

22.

ist daher der Auffassung, dass das Europäische Semester die Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance sowie eine territoriale Dimension umfassen sollte, wenn es ein legitimer und effizienter Umsetzungsmechanismus werden soll. Die Umsetzung des AdR-Vorschlags für einen Verhaltenskodex zur Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf nationaler Ebene und des Europäischen Ausschusses der Regionen auf europäischer Ebene in das Semester ist deshalb dringender denn je;

23.

unterstützt die Absicht der Kommission, die Erholung der EU sowie ihre Widerstandsfähigkeit und strategische Autonomie durch eine Aufwertung von „InvestEU“ und die Schaffung einer Fazilität für strategische Investitionen zu stärken;

24.

begrüßt den Vorschlag zur Schaffung eines neuen Solvenzhilfeinstruments, das die EU-Wirtschaft mithilfe von Anreizen für private Investitionen ankurbeln und Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen auf eine CO2-neutrale und digital-orientierte Zukunft vorbereiten wird. Es muss rasch auf den Weg gebracht werden. Leitlinien, die Investitionen eindeutig auf die EU-Prioritäten abstimmen, wären willkommen, damit das Ziel, den ansonsten bestandsfähigen Unternehmen bei der Bewältigung der jetzigen Krise zu helfen, erreicht werden kann; betont, dass diese Unterstützung nach transparenten Kriterien gewährt werden muss, wobei nicht nur die spezifischen Auswirkungen auf den Sektor und die Region, sondern auch die aus sonstigen Quellen erhaltene öffentliche finanzielle Unterstützung zu berücksichtigen sind;

Eine widerstandsfähigere und grünere Union

25.

begrüßt, dass im Rahmen des Fonds für einen gerechten Übergang, dessen Gesamtmittelausstattung nunmehr 40 Mrd. EUR beträgt, die Mittel für Regionen, die bei der Energiewende vor erheblichen Herausforderungen stehen, beträchtlich aufgestockt wurden; fordert gleichwohl, dass auch die Regionen berücksichtigt werden sollten, die im Vorgriff auf wirksame Regulierungsmaßnahmen für den Klimaschutz sehr früh und in großem Umfang in erneuerbare Energien und diesbezügliche Technologien investiert haben und dies auch weiterhin tun werden; macht auf die besondere Situation von Regionen aufmerksam, die von fossilen Brennstoffen abhängig und deren Energiesysteme isoliert sind, wie dies bei Inseln und Gebieten in äußerster Randlage der Fall ist; weist jedoch mit größter Besorgnis darauf hin, dass für die Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft erheblich mehr Finanzmittel benötigt werden, als von der Europäischen Kommission vorgeschlagen;

26.

begrüßt das eigenständige EU4Health-Programm mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 7,7 Mrd. EUR. Die Gesamtmittelausstattung in Höhe von 9,4 Mrd. EUR als Teil der dritten Säule des Aufbauplans für Europa entspricht nunmehr den jüngsten politischen Forderungen des AdR; betont nachdrücklich, dass das Instrument ein konstanter Bestandteil des EU-Haushalts im Gesundheitsbereich werden muss und nicht nur ein befristetes Instrument im MFR 2021–2027 sein darf;

27.

spricht sich für eine weitere Stärkung der regionalen und lokalen Aspekte bei gesundheitsbezogenen Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und die Gebiete in äußerster Randlage, aus und stellt fest, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission angesichts des in einigen Fällen bestehenden dezentralen Charakters der Gesundheitssysteme die regionalen Regierungen in die gesundheitlichen Notversorgungsmaßnahmen enger einbeziehen und ihren Empfehlungen bei der Zuweisung der Mittel folgen müssen;

28.

begrüßt die Aufstockung der Mittel für das Programm „rescEU“ um 2 Mrd. EUR, um dauerhafte Kapazitäten zur Bewältigung aller Arten von Notsituationen aufzubauen, insbesondere durch den Aufbau von Notfallinfrastruktur, Transportkapazitäten und Soforthilfeteams; betont, dass ein befristetes einmaliges Instrument nicht ausreicht und dass langfristige Maßnahmen zusammen mit einer Aufstockung der Haushaltsmittel erforderlich sind; begrüßt, dass die Kommission aus der derzeitigen Pandemie Lehren ziehen und Programme wie rescEU, Horizont Europa u. a. stärken will, um in Zukunft besser vorbereitet zu sein;

29.

teilt die Auffassung, dass die Notfall- und Katastrophenschutzkapazitäten der EU weiter gestärkt werden müssen, und unterstützt den Kommissionsvorschlag, ihre Notfallinstrumente wie den Solidaritätsfonds der Europäischen Union und die Solidaritäts- und Soforthilfereserve zu stärken und flexibler zu gestalten; betont jedoch, dass die vorgeschlagenen Instrumente und Maßnahmen auch den Bedürfnissen und Gegebenheiten auf lokaler und regionaler Ebene, insbesondere in besonders anfälligen Gebieten wie den Gebieten in äußerster Randlage, gerecht werden müssen;

30.

erinnert an den Mehrwert der ländlichen Gebiete beim Erfolg des Projekts Europa und insbesondere bei der Bewältigung von Notlagen. Die Regionen und die lokalen Gebietskörperschaften entwickeln innovative Lösungen und decken grundlegende europäische Bedürfnisse in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit ab, auch für den Rest der europäischen Bevölkerung. Die derzeitige Notsituation erfordert einen sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Paradigmenwechsel, um die Lücke zu schließen und eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den städtischen und ländlichen Gebieten zu fördern;

31.

bedauert den Vorschlag der Kommission, die Mittel für den ELER gegenüber dem vorherigen Programmplanungszeitraum zu kürzen. Dies läuft dem EU-Ziel des territorialen Zusammenhalts zuwider; begrüßt die für die Entwicklung des ländlichen Raums vorgesehene zusätzliche Unterstützung in Höhe von 15 Mrd. EUR; betont jedoch, dass diese geringfügige Aufstockung die von der Kommission 2018 für den ELER vorgeschlagene Kürzung der Haushaltsmittel um 28 % nicht ausgleicht; bedauert zudem, dass die Europäische Kommission in dem überarbeiteten MFR-Vorschlag die Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik im Vergleich zum MFR 2014-2020 um 9 % gekürzt hat;

32.

fordert, die für POSEI bereitgestellten Haushaltsmittel, mit denen spezifische Maßnahmen für die Landwirtschaft der EU-Gebiete in äußerster Randlage gefördert werden, aufzustocken und nicht etwa wie von der Kommission vorgeschlagen für den Zeitraum 2021-2027 zu kürzen;

33.

unterstreicht, dass die Mittel für den ELER den Bedürfnissen und Zielen der kürzlich veröffentlichten Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie Rechnung tragen und Landwirte und ländliche Gebiete dabei unterstützen müssen, die notwendigen strukturellen Veränderungen für einen Übergang zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen vorzunehmen; die Biodiversitätsstrategie benötigt jedoch konkrete Instrumente, solide Finanzmittel und muss gemeinsam mit den Regionen und Städten entwickelt werden, die sie auch umsetzen müssen;

34.

bekräftigt seine entschiedene Ablehnung der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Lösungen, durch die sich die Lage der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Bezug auf die Frist für die Verwendung der jährlichen Mittelzuweisungen aus den EU-Programmen und die Höhe der Vorfinanzierung und insbesondere der Kofinanzierung von Projekten im Vergleich zur bisherigen Situation weiter verschärft;

35.

begrüßt die Aufstockung der Mittel für das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) um 10,5 Mrd. EUR gegenüber dem letzten MFR-Vorschlag, was in Bezug auf dieses Instrument einer Gesamtmittelausstattung in Höhe von 86 Mrd. EUR entspricht, von denen 1 Mrd. EUR bereits im Jahr 2020 bereitgestellt werden;

36.

unterstützt die Absicht, das Wachstum nach der Pandemie mit Investitionen in kritische Verkehrsinfrastruktur und in grenzüberschreitende Verbindungen anzukurbeln und den grünen Übergang zu emissionsfreier Mobilität insbesondere durch den Bau von einer Million Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu fördern; stellt fest, dass die Verfügbarkeit sauberer Kraftstoffe für den territorialen und sozialen Zusammenhalt wichtig ist, und dass die geringere Nachfrage in ländlichen Gebieten und Inselgebieten durch Sonderregelungen in Anlehnung an das Programm WIFI4EU für ländliche Gebiete ausgeglichen werden sollte;

37.

bedauert, dass die allgemeine Grundlage des neuen Programms „Rechte und Werte“, das ursprünglich Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte und -werte der EU finanzieren und die aktive Unionsbürgerschaft fördern sollte, nicht aufgestockt wurde, um den diesbezüglichen enormen Herausforderungen in einigen Mitgliedstaaten gerecht zu werden;

38.

weist darauf hin, dass der Grüne Deal als Transformationsstrategie konzipiert wurde, um die Umwelt — und damit unsere Lebensgrundlage — zu schützen; betont, dass erneuerbare Energien, saubere Technologien, die Kreislaufwirtschaft und der digitale Wandel für Wirtschaft und Industrie große Möglichkeiten bieten, um Wachstum und Arbeitsplätze sowie ein neues Wohlstandsmodell zu schaffen;

39.

weist darauf hin, dass der AdR die Umsetzung des Grünen Deals und die Entwicklung des Klimapakts durch koordinierte und übergreifende Maßnahmen und Initiativen uneingeschränkt unterstützt, mit denen sichergestellt wird, dass die Multi-Level-Governance, die territoriale Vielfalt und der Grundsatz, dass kein Mensch und keine Region zurückgelassen wird, gebührend berücksichtigt werden; ist der Ansicht, dass die Regionen und Städte gut aufgestellt sind, um diesen Prozess durch eine Vielzahl von Aktivitäten zu beschleunigen, darunter öffentliche Auftragsvergabe, Gebäuderenovierung, sauberer Verkehr, bessere Abfallbewirtschaftung, digitale Modernisierung und die Umstellung auf einen nachhaltigen Tourismus;

40.

fordert in diesem Zusammenhang zusätzliche Instrumente, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen des neuen MFR direkten Zugang zu EU-Mitteln für ihre nachhaltigen Maßnahmen gewähren, beispielsweise zur „European City Facility“ im Rahmen des Programms Horizont 2020;

41.

fordert eine flexiblere Nutzung der Mittel des neuen MFR, um die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Entwicklung und einem grünen Konjunkturprogramm zu bewerten und anzupassen‚ und spricht sich für kooperative, von den Städten und Regionen vorangetriebene öffentlich-private Innovationsinitiativen aus;

42.

spricht sich dafür aus, den Einsatz von EU-Mitteln immer einer Prüfung bezüglich der Klimawirkung und Nachhaltigkeit zu unterziehen. Direkte und indirekte umweltschädliche Subventionen, Beihilfen und Förderprogramme sollten auf ihre Kohärenz mit den Klima- und Nachhaltigkeitszielen überprüft werden;

43.

ist besorgt über die Investitionslücke im Bereich des grünen Wandels‚ die unlängst auf 470 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt wurde; betont, dass dringend ein detaillierter Plan für die Finanzierung dieser massiven Lücke benötigt wird;

44.

begrüßt die vorgeschlagene „Sanierungswelle“ und fordert eine angemessene Finanzierung und die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette, um den Aufschwung voranzutreiben. Angesichts der extremen Unterschiede zwischen den Gebieten, Regionen und Städten sollte ihnen Autonomie bei der Planung und insbesondere bei der Umsetzung ihrer Pläne eingeräumt und ein direkter Zugang zu den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds gewährt werden. Schulungsprogramme und der Austausch von Wissen sollten ebenfalls Teil des europäischen Rahmens sein, um Synergien zu fördern, durch die die Effizienz bei der Verwendung der Mittel erhöht werden kann;

Eine zukunftsorientierte Union

45.

begrüßt die Aufstockung des Programms „Horizont Europa“ um 7,8 Mrd. EUR, des Programms „Digitales Europa“ um 1,5 Mrd. EUR und der Fazilität „Connecting Europe“ um 1,5 Mrd. EUR. Die zusätzlichen Forschungsgelder, insbesondere für den Gesundheitsbereich, die grüne Wirtschaft und den Europäischen Innovationsrat, haben eindeutig lokale Auswirkungen; betont in diesem Zusammenhang, dass viele regionale Gebietskörperschaften für Hochschulen und Forschungseinrichtungen Verantwortung tragen und von diesen Programmen so indirekt profitieren können; unterstreicht, dass die wettbewerbliche Vergabe der Forschungsmittel notwendig ist, um im weltweiten Wettbewerb um Forschung und Innovation bestehen zu können und europäische Forschungsverbünde zu stärken;

46.

ist jedoch besorgt über die anhaltenden Kürzungen in den Bereichen Energie und Digitales der Fazilität „Connecting Europe“;

47.

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission für den Europäischen Sozialfonds Plus‚ mit denen Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Kinderarmut stärker unterstützt werden sollen, sowie den zusätzlichen Schwerpunkt auf die Unterstützung der Arbeitskräfte für den ökologischen und digitalen Wandel und die Verdoppelung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF);

48.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Investitionen in junge Menschen und die Kultur- und Kreativbranche zumindest in geringem Maße zu verstärken, indem das Programm ERASMUS um 3,4 Mrd. EUR und das Programm Kreatives Europa um 150 Mio. EUR aufgestockt werden; ist jedoch besorgt darüber, dass diese Aufstockungen nach wie vor hinter den Vorschlägen der Kommission vom Mai 2018 zurückbleiben, und hält an seiner Forderung fest, die Zahl der Teilnehmer am Programm ERASMUS zu verdreifachen (1) und 2 Mrd. EUR für das Programm Kreatives Europa bereitzustellen (2);

49.

begrüßt die besondere Aufmerksamkeit, die der Kultur, dem Kulturerbe, dem audiovisuellen und dem kreativen Sektor geschenkt wird, die zusammen mit dem Tourismus besonders stark von der Krise getroffen wurden, und befürwortet den Gedanken, dass sie von der Initiative REACT-EU profitieren könnten;

50.

fordert, Regionen, die eine geringe wirtschaftliche Diversifizierung aufweisen und auf Sektoren spezialisiert sind, die besonders stark von den Auswirkungen der COVID-19-Krise betroffen sind, im Rahmen des Aufbauplans für die wirtschaftliche Erholung der EU kurz-, mittel- und langfristig angemessen zu flankieren;

51.

betont, dass die Bildungspolitik der Europäischen Union überarbeitet und der Aktionsplan für digitale Bildung, der für die Zeit nach der COVID-19-Krise benötigt wird, aktualisiert werden muss, um die Regionen und weniger entwickelten Regionen dabei zu unterstützen, sich gut auf die digitale Bildung vorzubereiten und dafür auszustatten, wodurch die Gebiete unterstützt würden, die in dieser Hinsicht von der digitalen Kluft betroffen sind;

Der Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa (3)

52.

ist der Ansicht, dass die COVID-19-Krise nicht dazu führen darf, dass die Bemühungen Europas, die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung umzusetzen und bis 2050 klimaneutral zu werden, untergraben werden. Diese Ziele können nur dann erreicht werden, wenn sie von angemessenen finanziellen Mitteln und einem angemessenen fiskalischen und regulatorischen Rahmen flankiert werden;

53.

begrüßt das Bestreben der Europäischen Kommission, in den nächsten zehn Jahren 1 Billion EUR an nachhaltigen privaten und öffentlichen Investitionen zu mobilisieren, ist jedoch besorgt darüber, dass (a) dies nur einen relativ geringen Anteil des gesamten Investitionsbedarfs ausmachen würde, den die Europäische Kommission selbst bis 2030 auf 260 Mrd. EUR jährlich schätzt; (b) sich diese Schätzung auf klima- und energiebezogene Investitionen beschränkt, was bedeutet, dass die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele im weiteren Sinne, einschließlich der Investitionen in Sozial- und Humankapital, noch größere Summen erfordern würde; (c) die Gesamtsumme von 1 Billion EUR in erster Linie nicht auf „zusätzlichen“ neuen Fonds oder Initiativen beruht, sondern auf laufenden oder bereits geplanten politischen Maßnahmen und Instrumenten der EU;

54.

bedauert, dass die im Plan genannte Gesamtsumme überschätzt wird, während der Plan selbst offenbar unterfinanziert und in seinem Umfang begrenzt ist und die entscheidenden sozioökonomischen Aspekte vernachlässigt werden;

55.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften — von der Energie über den Verkehr bis hin zum Wohnungsbau — entscheidende Akteure sind, wenn es darum geht, die für den Übergang zur Nachhaltigkeit erforderlichen Investitionen zu tätigen; ist daher der Ansicht, dass die Ziele des Plans nicht ohne die wirksame Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erreicht werden können, und bedauert, dass dies von der Kommission offenbar nicht anerkannt wird;

56.

ist der Ansicht, dass Investitionen in den Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell ein Finanz- und Steuersystem erfordern, das Anreize für Investoren schafft, nachhaltige Investitionen zu tätigen; begrüßt in diesem Zusammenhang die kontinuierlichen Bemühungen der Kommission um eine nachhaltige Finanzierung, weist jedoch erneut darauf hin, dass der Regelungsrahmen rasch erweitert und auf soziale Nachhaltigkeitsziele ausgedehnt werden sollte (4);

57.

ist der festen Überzeugung, dass die Besteuerung mittels angemessener Preissignale zu einem nachhaltigen Verhalten von Herstellern, Nutzern und Verbrauchern führen kann und fordert daher den Rat auf, rasch den Legislativvorschlag zur Mehrwertsteuer zu verabschieden, damit die Mitgliedstaaten Mehrwertsteuersätze gezielt auf ehrgeizigere Umweltziele ausrichten können;

58.

mahnt zur Vorsicht bezüglich der Pläne der Kommission, neue Rechtsvorschriften für ein umweltgerechtes öffentliches Beschaffungswesen einzuführen. Obwohl es in dieser Hinsicht ein nützliches Instrument sein kann, arbeiten viele Behörden nach der Reform von 2014 noch an der Anpassung an den derzeitigen Rahmen, so dass weitere rechtliche Anforderungen einfach, aber wirksam gestaltet werden sollten (5); begrüßt die Hinweise der Kommission, dass die künftigen überarbeiteten Leitlinien für staatliche Beihilfen den Behörden mehr Flexibilität einräumen werden, um den Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell zu fördern und zu begleiten;

59.

ist der festen Überzeugung, dass die Haushaltsvorschriften der EU unter Berücksichtigung der Lehren aus ihrer Aussetzung als Reaktion auf die COVID-19-Krise den langfristigen Nachhaltigkeitszielen der EU besser Rechnung tragen sollten;

60.

fordert gezielte Anstrengungen, um den Bürgern sowie den eine Million lokalen und regionalen Mandatsträgern in der EU im Rahmen konzertierter Bemühungen aller EU-Institutionen die Möglichkeiten, die der neue MFR bietet, in leicht zugänglicher Weise zu vermitteln.

Brüssel, den 2. Juli 2020

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Erasmus — Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport“ (ABl. C 168 vom 16.5.2019, S. 49).

(2)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kreatives Europa und „Eine neue europäische Agenda für Kultur“ (ABl. C 168 vom 16.5.2019, S. 37).

(3)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa — Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal (COM(2020) 21 final).

(4)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zu dem „Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ (ABl. C 86 vom 7.3.2019, S. 24).

(5)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Bericht zur Umsetzung der Vergaberichtlinien (ABl. C 39 vom 5.2.2020, S. 43).