8.4.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CI 116/7


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Befristeter Rahmen für die Prüfung kartellrechtlicher Fragen der Zusammenarbeit von Unternehmen in durch den derzeitigen COVID-19-Ausbruch verursachten Notsituationen

(2020/C 116 I/02)

1.   Der COVID-19-Ausbruch, seine Folgen für die Wirtschaft und mögliche Auswirkungen im Kartellbereich

(1)

Durch den COVID-19-Ausbruch ist für die Bürgerinnen und Bürger und für die Gesellschaften eine gravierende gesundheitliche Notlage entstanden. Auch für die Volkswirtschaften der Welt und der Union bewirkt der COVID-19-Ausbruch einen schwerwiegenden, beispiellosen Schock.

(2)

Dieser Schock hat mehrere Dimensionen und wirkt auf verschiedene Art und Weise. Zum allgemeinen Versorgungsschock infolge der Unterbrechung von Lieferketten kommt ein asymmetrischer Nachfrageschock, der durch einen schlagartigen Rückgang der Verbrauchernachfrage nach bestimmten Waren und Dienstleistungen einerseits und einen steilen Anstieg der Nachfrage nach anderen Waren und Dienstleistungen, besonders aus dem Gesundheitsbereich (u. a. bei pharmazeutischen Unternehmen, Herstellern medizinischer Ausrüstung sowie ihren Vertriebsunternehmen), andererseits bedingt ist. Auch besteht zurzeit große Unsicherheit in Bezug auf die Dauer und die Intensität des Schocks, die ja in erster Linie von Faktoren abhängen, die sich zum Teil der Kontrolle der Unternehmen entziehen, da sie sich aus Entscheidungen der Behörden ergeben, die unter anderem aufgrund von Erwägungen der öffentlichen Gesundheit getroffen werden.

(3)

Unternehmen stehen aufgrund der Coronavirus-Krise daher außergewöhnlichen Herausforderungen gegenüber und können bei der Bewältigung der Krisenfolgen eine Schlüsselrolle spielen. Angesichts der derzeitigen außergewöhnlichen Umstände und der damit verbundenen Herausforderungen kann es für Unternehmen erforderlich werden, zur Bewältigung bzw. zumindest zur Abmilderung der Krisenfolgen und letztlich zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger zusammenzuarbeiten. Die Vielseitigkeit und der asymmetrische Charakter der Krise können die Unternehmen vor unterschiedliche Herausforderungen stellen, sodass auch unterschiedliche Arten der Zusammenarbeit erforderlich werden können.

(4)

Diese Mitteilung deckt mögliche Arten der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen ab, die dazu dienen, während des COVID-19-Ausbruchs die Versorgung mit unentbehrlichen, aber knappen Waren und Dienstleistungen sowie ihre angemessene Verteilung sicherzustellen und so Engpässen bei der Versorgung mit solchen unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen zu begegnen, die sich vor allem aus dem schnellen, exponentiellen Nachfrageanstieg (1) ergeben. Betroffen sind insbesondere Arzneimittel und medizinische Ausrüstung (2), die zum Testen und für die Behandlung von Patienten mit COVID-19 oder zur Bekämpfung bzw. möglichst zur Überwindung des Ausbruchs erforderlich sind. Zusammenarbeiten könnten Unternehmen aus der relevanten Branche, um Versorgungsengpässen zu begegnen, sowie Unternehmen aus anderen Branchen (z. B. wenn bestimmte Unternehmen ihre Produktionsanlagen teilweise auf die Herstellung knapper Waren umstellen). In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der Krise könnte die Kommission diese Mitteilung ändern oder ergänzen, um weitere Arten der Zusammenarbeit abzudecken.

(5)

In dieser Mitteilung soll Folgendes erläutert werden:

a.

die wichtigsten Kriterien, nach denen sich die Kommission richten wird, wenn sie Vorhaben der Zusammenarbeit gegen Engpässe bei der Versorgung mit unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen während des COVID-19-Ausbruchs prüft und wenn sie ihre Durchsetzungsprioritäten während dieser Krise festlegt, und

b.

ein befristetes Verfahren, das die Kommission ausnahmsweise eingerichtet hat, um Unternehmen in geeigneten Fällen für konkrete und genau definierte Vorhaben der Zusammenarbeit in diesem Zusammenhang ad hoc eine Bescheinigung (Comfort Letter) ausstellen zu können.

2.   Hauptkriterien für die kartellrechtliche Prüfung von Vorhaben von Unternehmen zur Zusammenarbeit gegen Engpässe bei der Versorgung mit unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen während des COVID-19-Ausbruchs

(6)

Seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (3) können Unternehmen ihre Vereinbarungen nicht mehr bei der Kommission anmelden, um eine Einzelfreistellung von Artikel 101 AEUV zu erhalten, sondern müssen selbst prüfen, ob ihre Vereinbarungen und Verhaltensweisen rechtmäßig sind. Dieses System der Prüfung durch die Unternehmen selbst und die von der Kommission dazu gegebenen umfassenden Orientierungshilfen (4) sind inzwischen gut eingeführt.

(7)

Der Kommission ist bewusst, dass die Zusammenarbeit von Unternehmen dazu beitragen kann, Engpässen bei der Versorgung mit unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen während des COVID-19-Ausbruchs effizienter zu begegnen und Unternehmen in diesem Zusammenhang konkrete Orientierungshilfen zu ihren Zusammenarbeitsinitiativen benötigen, um ihnen die Vereinbarkeitsprüfung zu erleichtern. Sogar ad hoc gegebenes Feedback oder ad hoc ausgestellte Bescheinigungen (Comfort Letters) in Bezug auf die Rechtmäßigkeit konkreter Zusammenarbeitsinitiativen für die Unternehmen können angemessen sein. Daher ist die Kommission bereit, solche Orientierungshilfen und Bescheinigungen für Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen zu geben bzw. auszustellen, um Initiativen, die zur Bekämpfung des COVID-19-Ausbruchs rasch umgesetzt werden müssen, zu erleichtern, besonders in Fällen, in denen eventuell noch Unklarheit darüber besteht, ob eine solche Initiative mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar ist. (5) Zu diesem Zweck hat die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission bereits eine entsprechende Website (https://ec.europa.eu/competition/antitrust/coronavirus.html) und eine Mailbox (COMP-COVID-ANTITRUST@ec.europa.eu) eingerichtet, über die informelle Orientierungshilfen zu konkreten Initiativen erhältlich sind.

(8)

Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten haben angegeben, Arzneimittel zur Behandlung von COVID-19-Patienten seien bereits knapp geworden oder Versorgungsengpässe stünden unmittelbar bevor. (6) Bei der Kommission sind in den vergangenen Wochen mehrere Anfragen von Unternehmen und Branchenverbänden eingegangen, in denen um Orientierungshilfen zu geplanten Vorhaben der Zusammenarbeit vor allem im Gesundheitsbereich angesichts der Gefahr von Engpässen bei der Versorgung mit unverzichtbaren Arzneimitteln für die Behandlung von COVID-19-Patienten in Krankenhäusern gebeten wurde.

(9)

Diese Anfragen sind ein nützliches Beispiel für die Arten der Zusammenarbeit, die erforderlich sein könnten, um Notsituationen im Zusammenhang mit dem derzeitigen COVID-19-Ausbruch zu begegnen, und für ihre Prüfung auf der Grundlage von Artikel 101 AEUV entsprechend den nachfolgend skizzierten Grundsätzen.

(10)

Verschiedene Maßnahmen können zur Schließung der Lücke zwischen Nachfrage und Angebot beitragen. So könnte eine deutliche, rasche Steigerung der Produktion von Waren, die benötigt werden, aber nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, erforderlich sein. Die Folge kann dann sein, dass die Produktion anderer Waren zurückgefahren wird. Auch die Neuverteilung von Lagerbeständen könnte erforderlich sein, was bedeuten würde, dass Unternehmen Informationen über Umsätze und Lagerbestände austauschen bzw. mitteilen müssen. Um die Produktion zu steigern, müssen Unternehmen unter Umständen ihre Fertigungslinien für einige nicht unentbehrliche/nicht knappe Arzneimittel (oder andere Waren) auf Arzneimittel (oder andere Waren) umstellen, die erforderlich sind, um dem COVID-19-Ausbruch zu begegnen. Ferner könnte die Produktionsmenge stärker und effizienter gesteigert werden, wenn in einer bestimmten Fertigungsstätte lediglich ein einziges Arzneimittel hergestellt würde (statt zwischen der Herstellung verschiedener Arzneimittel zu wechseln, was zeitaufwendiges Reinigen von Maschinen usw. erforderlich macht), wobei ein Gleichgewicht gefunden werden muss zwischen Skaleneffekten und der Notwendigkeit, nicht übermäßig auf eine bestimmte Fertigungsstätte angewiesen zu sein.

(11)

Dies zeigt, dass die Reaktion auf Notsituationen im Zusammenhang mit dem derzeitigen COVID-19-Ausbruch unterschiedliche Grade der Zusammenarbeit erfordern kann, wobei auch die möglichen kartellrechtlichen Bedenken unterschiedlich stark ausfallen können.

(12)

Auf der Grundlage der jüngsten Erfahrungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass sich die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen z. B. darauf beschränken könnte, einen Branchenverband (oder einen unabhängigen Berater, einen unabhängigen Dienstleister oder eine öffentliche Stelle) unter anderem mit folgenden Aufgaben zu betrauen:

a.

Koordinierung des gemeinsamen Transports von Ausgangsstoffen;

b.

Unterstützung bei der Ermittlung der unentbehrlichen Arzneimittel, bei denen angesichts der prognostizierten Produktionszahlen die Gefahr von Versorgungsengpässen besteht;

c.

Aggregation produktions- und kapazitätsbezogener Daten, ohne unternehmensspezifische Informationen auszutauschen;

d.

Ausarbeitung eines Modells zur Vorhersage der Nachfrage auf Ebene der Mitgliedstaaten sowie zur Ermittlung von Versorgungslücken;

e.

Austausch aggregierter Informationen über Versorgungslücken und Anfrage bei beteiligten Unternehmen – auf Einzelfallbasis und ohne diese Informationen mit Wettbewerbern zu teilen –, ob sie in der Lage sind, die Versorgungslücke zu schließen und die Nachfrage zu decken (entweder über vorhandene Lagerbestände oder durch Produktionssteigerungen).

(13)

Solche Tätigkeiten werfen keine kartellrechtlichen Bedenken auf, sofern ausreichende Vorkehrungen getroffen werden (z. B. keine Weiterleitung unternehmensspezifischer Informationen an Wettbewerber), wie in den Leitlinien der Kommission zur Anwendbarkeit von Artikel 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (7) dargelegt ist.

(14)

Die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen muss aber möglicherweise noch weiter gehen, um kritische Versorgungsengpässe zu überwinden. Es kann z. B. erforderlich sein, dass sie sich auch auf eine Koordinierung der Neuausrichtung der Produktion erstreckt, um die Produktion zu steigern und zu optimieren‚ damit sich nicht alle Unternehmen auf ein oder einige wenige Arzneimittel konzentrieren, während andere Arzneimittel nicht in ausreichender Menge produziert werden; dies wäre dann der Fall, wenn eine solche Neuausrichtung Herstellern dabei helfen würde, die Nachfrage nach dringend benötigten Arzneimitteln, auch in anderen Mitgliedstaaten, zu decken.

(15)

Maßnahmen zur Anpassung der Produktion, der Lagerverwaltung und möglicherweise der Belieferung der Industrie können unter Umständen auch den Austausch sensibler Geschäftsinformationen und eine gewisse Koordinierung in Bezug auf den Produktionsstandort für die einzelnen Arzneimittel erfordern, damit sich nicht alle Unternehmen auf ein oder einige wenige Arzneimittel konzentrieren, während andere Arzneimittel nicht in ausreichender Menge produziert werden. Ein solcher Austausch und eine solche Koordinierung zwischen Unternehmen sind unter normalen Umständen wettbewerbsrechtlich problematisch. Unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen würden solche Maßnahmen jedoch – angesichts der aktuellen Notlage und des zeitlich befristeten Charakters – keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufwerfen und für die Kommission bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts keine Priorität darstellen, sofern die Maßnahmen folgende Voraussetzungen erfüllen: i) Die Maßnahmen sind objektiv erforderlich und so konzipiert, dass sie möglichst effizient zu einer tatsächlichen Produktionssteigerung beitragen, damit ein Mangel an unentbehrlichen Waren oder Dienstleistungen, wie denen, die zur Behandlung von COVID-19-Patienten benötigt werden, behoben oder vermieden werden kann; ii) die Maßnahmen sind zeitlich befristet (d. h. sie finden nur so lange Anwendung, wie die Gefahr eines Versorgungsengpasses besteht, oder in jedem Fall bis zum Ende des COVID-19-Ausbruchs); iii) die Maßnahmen gehen nicht über das Maß hinaus, das zur Erreichung des Ziels der Behebung oder Vermeidung von Versorgungsengpässen erforderlich ist. Die Unternehmen sollten den Austausch mit anderen Unternehmen und alle zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen vollumfänglich dokumentieren und der Kommission die entsprechenden Aufzeichnungen auf Anfrage übermitteln. Wenn eine Zusammenarbeit von einer Behörde gefördert und/oder koordiniert wird (oder innerhalb eines von einer solchen Stelle festgelegten Rahmens erfolgt), so ist dies ebenfalls ein maßgeblicher Umstand, der darauf schließen lässt, dass diese Zusammenarbeit wettbewerbsrechtlich unproblematisch wäre oder für die Kommission bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts keine Priorität darstellen würde.

(16)

Eine solche Zusammenarbeit ist zulässig, wenn sie im Zusammenhang mit einem dringenden Ersuchen von Behörden an Unternehmen steht, vorübergehend zusammenzuarbeiten, um Notsituationen im Zusammenhang mit dem derzeitigen COVID-19-Ausbruch zu begegnen (z. B. um die Produktion und Lieferung zur Deckung eines dringenden Bedarfs zu organisieren, damit die Gesundheitsversorgung von COVID-19-Patienten aufrechterhalten werden kann).

3.   Ein außerordentliches Verfahren zur Bereitstellung von Ad-hoc-Orientierungshilfen für spezifische Vorhaben der Zusammenarbeit, um Engpässen bei der Versorgung mit unentbehrlichen Waren und Dienstleistungen während des COVID-19-Ausbruchs zu begegnen

(17)

Die Kommission wird über ihre Generaldirektion Wettbewerb weitere Orientierungshilfen für Unternehmen und Branchenverbände in Bezug auf spezifische Initiativen der Zusammenarbeit mit EU-Dimension bereitstellen, die rasch umgesetzt werden müssen, um dem COVID-19-Ausbruch wirksam zu begegnen, und zwar insbesondere für Fälle, in denen noch Unklarheit darüber besteht, ob eine solche Initiative mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar ist.

(18)

Um innerhalb eines Zeitrahmens, der mit der Dringlichkeit bestimmter Situationen im Zusammenhang mit dem derzeitigen COVID-19-Ausbruch vereinbar ist, die Rechtssicherheit kartellrechtlicher Orientierungshilfen zu erhöhen, ist die Kommission bereit, solche Orientierungshilfen über ihre Generaldirektion Wettbewerb ausnahmsweise und nach eigenem Ermessen ad hoc in Form von Bescheinigungen (Comfort Letters) bereitzustellen.

4.   Schlussfolgerung

(19)

Die Kommission ist sich bewusst, dass die Unternehmen aufgrund des COVID-19-Ausbruchs vor außergewöhnlichen Herausforderungen stehen und ihnen eine entscheidende Rolle bei der Überwindung der Auswirkungen der Krise zukommt. Die Kommission unterstützt eine wettbewerbsfördernde Zusammenarbeit, die darauf ausgerichtet ist, diese Herausforderungen, insbesondere im Zusammenhang mit Notsituationen aufgrund des derzeitigen COVID-19-Ausbruchs, zu bewältigen, und ist entschlossen, kartellrechtliche Orientierungshilfen und Unterstützung bereitzustellen, damit die Vorhaben der Zusammenarbeit, die erforderlich sind, um die Krise letztlich zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu überwinden, rasch und ordnungsgemäß umgesetzt werden können.

(20)

Gleichzeitig weist die Kommission darauf hin, dass es unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen wichtiger ist denn je, dass Unternehmen und Verbraucher wettbewerbsrechtlichen Schutz genießen. Die Kommission wird daher alle einschlägigen Marktentwicklungen weiterhin aufmerksam und aktiv verfolgen, um Fälle aufzudecken, in denen Unternehmen die derzeitige Situation ausnutzen, um durch wettbewerbswidrige Vereinbarungen oder den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung gegen das EU-Kartellrecht zu verstoßen. Vor allem wird die Kommission nicht dulden, dass Unternehmen die Krise in opportunistischer Weise als Deckmandel für wettbewerbswidrige Absprachen oder den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung nutzen (dies gilt auch im Falle marktbeherrschender Stellungen, die auf die besonderen Umstände der Krise zurückzuführen sind) und beispielsweise ihre Kunden und die Verbraucher ausbeuten (z. B. durch über dem normalen Wettbewerbsniveau liegende Preise) oder die Produktion zum Nachteil der Verbraucher beschränken (z. B. durch die Behinderung von Versuchen, die Produktion zur Beseitigung von Versorgungsengpässen zu erhöhen). Die Kommission fordert die Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger daher auf, sie über die ihnen üblicherweise zur Verfügung stehenden Instrumente auch weiterhin über Kartelle und andere Kartellrechtsverstöße wie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, von denen sie Kenntnis erlangt haben, zu unterrichten. (8)

(21)

Angesichts der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs und des daraus erwachsenden unmittelbaren Handlungsbedarfs wird die Kommission diese Mitteilung ab dem 8. April anwenden. Die Kommission kann die Mitteilung in Abhängigkeit von den Entwicklungen des COVID-19-Ausbruchs überprüfen. Diese Mitteilung gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission sie aufhebt (sobald sie der Auffassung ist, dass die zugrunde liegenden außergewöhnlichen Umstände nicht mehr gegeben sind).

(1)  Andere Faktoren, die die Versorgungsengpässe verstärken, sind massive Hamsterkäufe über die gesamte Vertriebskette hinweg, vorübergehende Fabrikschließungen wegen Quarantäne oder Abriegelung, Logistikprobleme aufgrund von Grenzschließungen, Ausfuhrverbote und Abriegelungsmaßnahmen in die EU beliefernden Drittstaaten.

(2)  Sofern nicht anders angegeben, gilt für die Zwecke dieser Mitteilung auch medizinische Ausrüstung als Arzneimittel.

(3)  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003 S. 1).

(4)  Die Kommission hat verschiedene Leitlinien veröffentlicht, die den Unternehmen bei der Prüfung der Vereinbarkeit ihrer geschäftlichen Vereinbarungen mit dem EU-Wettbewerbsrecht helfen können (vgl. insbesondere: Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 97), Mitteilung der Kommission – Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. C 11 vom 14.1.2011, S. 1) und Mitteilung der Kommission – Leitlinien für vertikale Beschränkungen (ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 1). Vgl. auch Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung (ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 36), Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen (ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 43), Verordnung (EU) Nr. 316/2014 der Kommission vom 21. März 2014 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. L 93 vom 28.3.2014, S. 17) und Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1).

(5)  Vgl. auch die gemeinsame Erklärung zur Anwendung der Kartellvorschriften während der Coronavirus-Krise, von der Europäischen Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und den nationalen Wettbewerbsbehörden, die zusammen das Europäische Wettbewerbsnetz (European Competition Network – ECN) bilden, gemeinsam veröffentlicht (https://ec.europa.eu/competition/ecn/202003_joint-statement_ecn_corona-crisis.pdf).

(6)  Vgl. auch die am 8. April 2020 verabschiedeten Leitlinien der Kommission für die optimale und rationalisierte Versorgung mit Arzneimitteln zur Vermeidung von Engpässen während des COVID-19-Ausbruchs.

(7)  Mitteilung der Kommission – Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. C 11 vom 14.1.2011, S. 1).

(8)  Zusätzlich zu den üblichen Kommunikationskanälen für die Kontaktaufnahme mit der Europäischen Kommission oder die Einreichung einer Kartellbeschwerde (https://ec.europa.eu/competition/contacts/electronic_documents_en.html) können Einzelpersonen anonym zur Bekämpfung von Kartellen und anderen wettbewerbswidrigen Praktiken beitragen, indem sie Informationen über das Whistleblowing-Instrument der Kommission (https://ec.europa.eu/competition/cartels/whistleblower/index.html) übermitteln. Die Kronzeugenregelung der Kommission, die es Unternehmen ermöglicht, ihre eigene Beteiligung an einem Kartell im Gegenzug für eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße zu melden, bleibt auch in diesen außergewöhnlichen Zeiten uneingeschränkt anwendbar (https://ec.europa.eu/competition/cartels/leniency/leniency.html).