Brüssel, den 28.10.2020

COM(2020) 682 final

2020/0310(COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union

{SEC(2020) 362 final} - {SWD(2020) 245 final} - {SWD(2020) 246 final}


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Um angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen zu gewährleisten und faire und widerstandsfähige Volkswirtschaften und Gesellschaften – im Einklang mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung – aufzubauen, ist es unerlässlich, dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union angemessene Löhne erhalten. Angemessene Löhne sind ein wesentlicher Bestandteil des EU-Modells der sozialen Marktwirtschaft. Die Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten in diesem Bereich trägt zur Einlösung des Versprechens von gemeinsamem Wohlstand in der Union bei.

Im November 2017 haben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission die europäische Säule sozialer Rechte (im Folgenden „Säule“) proklamiert, um Europas Versprechen von Wohlstand, Fortschritt und Konvergenz zu erfüllen und ein soziales Europa für alle zu verwirklichen. In Grundsatz 6 der Säule, „Löhne und Gehälter“, werden angemessene Mindestlöhne sowie die transparente und verlässliche Festlegung von Löhnen gemäß den nationalen Verfahren und unter Wahrung der Tarifautonomie der Sozialpartner gefordert. In der auf der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2019 vereinbarten Strategischen Agenda 2019-2024 wurde die Umsetzung der Säule auf nationaler und EU-Ebene gefordert.

In den politischen Leitlinien für die Kommission 2019-2024 wurde ein Aktionsplan für die vollständige Umsetzung der Säule, einschließlich einer Initiative für gerechte Mindestlöhne, angekündigt. In der Mitteilung der Kommission vom 14. Januar 2020 mit dem Titel „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ 1 wurde ein Fahrplan für die Ausarbeitung des Aktionsplans dargelegt und die Entschlossenheit bekräftigt, eine Initiative für Mindestlöhne als eine der wichtigsten Maßnahmen auf EU-Ebene in diesem Zusammenhang umzusetzen. Am selben Tag wurde die erste Phase der Konsultation der Sozialpartner zu der Frage eingeleitet, wie gerechte Mindestlöhne für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union gewährleistet werden können. 2

In ihrer Rede zur Lage der Union im September 2020 erklärte Präsidentin von der Leyen: „Doch zur Wahrheit gehört auch, dass sich Arbeit für zu viele Menschen nicht mehr lohnt. Dumpinglöhne nehmen der Arbeit ihre Würde, strafen auch Unternehmer, die ordentliche Löhne zahlen. Weil Dumping den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerrt. Die Kommission wird deshalb einen Gesetzesvorschlag vorlegen, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, einen Rechtsrahmen für Mindestlöhne einzuführen. Alle in Europa sollten einen Anspruch auf Mindestlohn haben, sei es im Rahmen einer Tarifvereinbarung oder dank eines gesetzlichen Mindestlohns.“ 

Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, unter anderem durch angemessene Mindestlöhne, kommen sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch Unternehmen in der Union zugute. Durch die Verringerung der Unterschiede bei der Abdeckung und Angemessenheit der Mindestlöhne wird ein Beitrag zu mehr Fairness auf dem EU-Arbeitsmarkt und der Anregung von Produktivitätssteigerungen sowie zu mehr wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt geleistet. Der Wettbewerb im Binnenmarkt sollte auf Innovationen und Produktivitätssteigerungen sowie hohen Sozialstandards beruhen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Schere zwischen niedrigen Löhnen und anderen Löhnen in vielen Mitgliedstaaten weiter geöffnet. Strukturelle Trends, die die Arbeitsmärkte umgestalten – wie die Globalisierung, die Digitalisierung und die Zunahme atypischer Beschäftigungsformen, insbesondere im Dienstleistungssektor – haben zu einer stärkeren Polarisierung der Arbeitsmärkte geführt, was wiederum einen wachsenden Anteil von Niedriglohnberufen und Berufen mit geringen Qualifikationsanforderungen mit sich gebracht hat und zur Untergrabung der traditionellen Tarifverhandlungsstrukturen beigetragen hat. Dadurch sind die Armut trotz Erwerbstätigkeit und Lohnungleichheit gestiegen.

Mindestlöhne spielen in Rezessionsphasen eine noch wichtigere Rolle. Die COVID-19-Krise hat Branchen mit hohem Anteil von Geringverdienenden, wie den Einzelhandel und den Tourismus, besonders hart getroffen. Ebenfalls stärker von der Krise betroffen sind benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Die Gewährleistung des Zugangs zu Beschäftigungsmöglichkeiten und zu angemessenen Mindestlöhnen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union ist für die Unterstützung einer nachhaltigen und inklusiven wirtschaftlichen Erholung von entscheidender Bedeutung.

Der Mindestlohnschutz kann durch Tarifverträge – wie dies in 6 Mitgliedstaaten der Fall ist – oder durch gesetzliche Mindestlöhne – wie dies in 21 Mitgliedstaaten der Fall ist – gewährt werden.

Ein angemessener Mindestlohnschutz sichert ein menschenwürdiges Leben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unterstützt die Binnennachfrage, stärkt die Anreize für Erwerbstätigkeit und verringert die Armut trotz Erwerbstätigkeit sowie die Ungleichheit am unteren Ende der Lohnskala. Der Mindestlohnschutz fördert außerdem die Gleichstellung der Geschlechter, da eher Frauen als Männer Einkommen am oder um den Mindestlohn beziehen.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU sind jedoch derzeit nicht durch angemessene Mindestlöhne geschützt.

In den meisten Mitgliedstaaten mit nationalen gesetzlichen Mindestlöhnen sind diese – im Vergleich zu anderen Löhnen oder um ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten – zu niedrig, trotz ihrer Erhöhung in den letzten Jahren. Die nationalen gesetzlichen Mindestlöhne 3 liegen in beinahe allen Mitgliedstaaten unter 60 % des Bruttomedianlohns und/oder 50 % des Bruttodurchschnittslohns. 4  In neun Mitgliedstaaten bot der gesetzliche Mindestlohn 2018 nicht ausreichend Einkommen, um als Mindestlohnempfängerin oder Mindestlohnempfänger über die Armutsgefährdungsschwelle zu kommen. Darüber hinaus sind bestimmte Arbeitnehmergruppen vom Schutz der nationalen gesetzlichen Mindestlöhne ausgenommen. In Mitgliedstaaten mit einer hohen tarifvertraglichen Abdeckung ist der Anteil der Geringverdienenden tendenziell niedrig und die Mindestlöhne hoch. Jedoch auch in Mitgliedstaaten, die sich ausschließlich auf Tarifverhandlungen stützen, haben einige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinen Zugang zum Mindestlohnschutz. Der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Zugang zum Mindestlohnschutz liegt in vier Ländern zwischen 10 % und 20 % und in einem Land bei 55 %.

Vor diesem Hintergrund soll mit der vorgeschlagenen Richtlinie sichergestellt werden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union durch angemessene Mindestlöhne geschützt werden, die ihnen am Ort ihrer Arbeit einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. Zur Verwirklichung dieses allgemeinen Ziels wird mit der vorgeschlagenen Richtlinie ein Rahmen zur Verbesserung der Angemessenheit der Mindestlöhne und des Zugangs der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Mindestlohnschutz geschaffen. Diese Ziele sind sowohl für Systeme mit gesetzlichem Mindestlohn als auch für jene auf Grundlage von Tarifverhandlungen relevant. Die vorgeschlagene Richtlinie ist darauf ausgelegt, diese Ziele unter Berücksichtigung und vollständiger Achtung der Besonderheiten der nationalen Systeme, der nationalen Zuständigkeiten, der Tarifautonomie und der Vertragsfreiheit der Sozialpartner zu erreichen. Sie ist außerdem so gestaltet, dass der Zugang zu Beschäftigung gewahrt wird und die Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit, auch von KMU, berücksichtigt werden. Sie bietet ausreichend Flexibilität, um sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen, einschließlich Produktivitäts- und Beschäftigungstrends, Rechnung zu tragen.

Zur Erreichung dieser Ziele soll die vorgeschlagene Richtlinie Tarifverhandlungen über Löhne in allen Mitgliedstaaten fördern. Tarifverhandlungen spielen eine Schlüsselrolle beim angemessenen Mindestlohnschutz. Länder mit hoher tarifvertraglicher Abdeckung weisen tendenziell einen geringeren Anteil an Geringverdienenden, höhere Mindestlöhne im Vergleich zum Medianlohn und eine geringere Lohnungleichheit sowie höhere Löhne auf als andere Länder. In den Mitgliedstaaten, in denen der Mindestlohn ausschließlich durch Tarifverträge geschützt wird, hängen dessen Angemessenheit und der Anteil der geschützten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unmittelbar von den Merkmalen und der Funktionsweise des Tarifverhandlungssystems ab. In Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen wirken sich Tarifverhandlungen auch stark auf die Angemessenheit der Mindestlöhne aus. Indem sie sich auf die allgemeinen Lohnentwicklungen auswirken, sorgen Tarifverhandlungen dafür, dass Löhne über dem gesetzlich festgelegten Mindestniveau liegen, und führen Verbesserungen auf gesetzlicher Ebene herbei. Auch die Produktivität wird dadurch gesteigert.

In den Ländern mit gesetzlichen Mindestlöhnen soll die vorgeschlagene Richtlinie sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die gesetzlichen Mindestlöhne in angemessener Höhe festgelegt werden, wobei gleichzeitig den sozioökonomischen Bedingungen sowie regionalen und sektoralen Unterschieden Rechnung getragen wird. Auf klare und stabile Weise festgelegte Kriterien, die auf die Förderung der Angemessenheit abzielen, sowie ein Governance-Rahmen, der regelmäßige und zeitnahe Aktualisierungen und eine wirksame Einbeziehung der Sozialpartner vorsieht, tragen zur Sicherstellung der Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne bei. Die vorgeschlagene Richtlinie zielt auch darauf ab, die Angemessenheit weiter zu verbessern, indem die Anwendung von Variationen der gesetzlichen Mindestlohnsätze für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder die Anwendung von Abzügen von Entgelten auf ein Minimum beschränkt werden.

Schließlich werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Mindestlöhne möglicherweise nicht angemessen geschützt, da die geltenden Tarifverträge oder nationalen Rechtsvorschriften nicht eingehalten werden. Die Gewährleistung der Einhaltung und der wirksamen Durchsetzung ist von entscheidender Bedeutung, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem wirksamen Zugang zum Mindestlohnschutz profitieren und Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden. Daher soll die vorgeschlagene Richtlinie die Einhaltung der Vorschriften fördern sowie die Durchsetzung und Überwachung in allen Mitgliedstaaten in angemessener Weise stärken, sodass kein übermäßiger und unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand für Unternehmen in der Union – einschließlich kleiner, mittlerer und Kleinstunternehmen – entsteht.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

In Leitlinie 5 des Beschlusses (EU) 2020/1512 des Rates 5 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert – auch jene mit nationalen gesetzlichen Mindestlöhnen –, eine wirksame Beteiligung der Sozialpartner an der Lohnfestsetzung sicherzustellen und so im Sinne einer Aufwärtskonvergenz für gerechte Löhne zu sorgen, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, und eine angemessene Anpassung der Löhne an Produktivitätsentwicklungen zu ermöglichen. In dieser Leitlinie werden die Mitgliedstaaten auch aufgefordert, den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung zu fördern. Weiterhin werden die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner aufgerufen, dafür zu sorgen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifverträge oder angemessene gesetzliche Mindestlöhne über angemessene und gerechte Löhne verfügen; dabei sollen sie die Auswirkungen der Löhne auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Armut trotz Erwerbstätigkeit berücksichtigen. Das allgemeine Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie besteht darin, sicherzustellen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union durch angemessene Mindestlöhne geschützt werden. Zu ihren Zielen gehören die Förderung von Tarifverhandlungen, die bessere Einbeziehung der Sozialpartner und die Schaffung klarer und solider Kriterien, die die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne unterstützen.

In der Richtlinie (EU) 2019/1152 6 wird gefordert, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die wesentlichen Aspekte ihres Arbeitsverhältnisses, einschließlich der Vergütung, zu informieren. Die vorgeschlagene Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten klare und solide Kriterien festlegen, dafür sorgen, dass die gesetzlichen Mindestlöhne regelmäßig sowie rechtzeitig aktualisiert und die Sozialpartner wirksam einbezogen werden. Dadurch wird die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns transparenter.

Die Richtlinie 2014/67/EU 7 sieht die Verbesserung des Zugangs zu Informationen für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor, insbesondere durch die Einrichtung einziger offizieller nationaler Websites zu Entsendungen. Sie verlangt ferner, dass die einschlägigen Informationen die unterschiedlichen Mindestlohnsätze und deren wesentliche Bestandteile umfassen, wenn die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in Tarifverträgen gemäß Richtlinie 96/71 festgelegt sind. Die Richtlinie 2014/67/EU sieht außerdem die Einrichtung eines Haftungsmechanismus bei Unteraufträgen vor, der zumindest den Bausektor und Mindestlohnsätze abdeckt. Der leichte Zugang zu Informationen über die gesetzlichen Mindestlohnsätze gemäß der Richtlinie 2014/67/EU unterstützt die Ziele dieser vorgeschlagenen Richtlinie – nämlich einen angemessenen Mindestlohnschutz in der EU sicherzustellen. Die vorgeschlagene Richtlinie trägt zu den Zielen der Richtlinie 2014/67/EU bei, indem sie die Durchsetzung der gesetzlichen Mindestlohnrahmen stärkt, die Entwicklung von verlässlichen Monitoring- und Datenerhebungssystems unterstützt und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Zugang zu wirksamen Streitbeilegungsmechanismen und das Recht auf Rechtsbehelfe gewährleistet.

Richtlinie 2006/54/EG 8 soll die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherstellen. Da Frauen die Mehrheit der Mindestlohnempfängerinnen und -empfänger ausmachen, unterstützt dieser Vorschlag die Gleichstellung der Geschlechter und die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles durch die Schaffung eines Rahmens für angemessene Mindestlöhne in der EU. Daher trägt die vorgeschlagene Richtlinie indirekt zur wirksamen Umsetzung der politischen Ziele der Richtlinie 2006/54/EG bei.

In der Richtlinie 2000/78/EG 9 wird unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung in der Beschäftigung, insbesondere aufgrund des Alters, in Bezug auf die Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts (Artikel 3 Buchstabe c) verboten. Ungleichbehandlungen stellen keine Diskriminierung dar, sofern sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind, wie beschäftigungspolitische Maßnahmen oder berufliche Bildung. Diesem Ansatz folgend sieht die vorgeschlagene Richtlinie vor, dass Variationen der Sätze des gesetzlichen Mindestlohns auf ein Minimum beschränkt werden und – sofern relevant, objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt – diskriminierungsfrei, verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sein müssen.

In der Empfehlung der Kommission vom 3. Oktober 2008 zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen 10 wird die Förderung hochwertiger Arbeitsplätze durch eine angemessene Einkommensstützung und eine inklusive Arbeitsmarktpolitik, einschließlich der Lohn- und Arbeitsbedingungen, in den Mittelpunkt der Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten gestellt, um Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verhindern. Die vorgeschlagene Richtlinie soll Arbeitsbedingungen verbessern und Armut trotz Erwerbstätigkeit verringern, indem sie einen Rahmen für angemessene Mindestlöhne und Zugang zum Mindestlohnschutz schafft, der durch Tarifverträge oder gesetzliche Bestimmungen gewährleistet wird.

Die vorgeschlagene Richtlinie verweist unmittelbar auf die „Sozialklausel“ der Richtlinie 2014/24/EU 11 über die öffentliche Auftragsvergabe, die auch in der einschlägigen Richtlinie 2014/23/EU 12 und der Richtlinie 2014/25/EU 13 zu finden ist. Die genannte „Sozialklausel“ verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen die geltenden arbeitsrechtlichen Verpflichtungen einhalten. Zu diesem Zweck werden die Mitgliedstaaten gemäß der vorgeschlagenen Richtlinie verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionsverträgen die in den maßgeblichen Tarifverträgen festgelegten Löhne oder gegebenenfalls die gesetzlichen Mindestlöhne einhalten. Dies kann dazu beitragen, dass die in der „Sozialklausel“ der genannten Richtlinien festgelegten Anforderungen besser durchgesetzt werden.

Der Inhalt der oben genannten Richtlinien und Empfehlungen wurde eingehend geprüft und bei der Ausarbeitung dieser vorgeschlagenen Richtlinie gebührend berücksichtigt. Der Vorschlag steht daher einerseits im Einklang mit den bestehenden Bestimmungen und führt andererseits weitergehende Bestimmungen ein, die für die Verwirklichung der Unionsziele erforderlich sind.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die vorgeschlagene Richtlinie wird zu den Zielen der Union beitragen – nämlich das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft zu entwickeln (Artikel 3 AEUV) und auf bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen hinzuwirken (Artikel 151 AEUV). Sie behandelt auch die in der Charta der Grundrechte der EU verankerten Rechte, wie das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen (Artikel 31). Die vorgeschlagene Richtlinie trägt ebenso zur Verwirklichung der folgenden Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte bei:

·Grundsatz 6 (Löhne und Gehälter): Im Einklang mit diesem Grundsatz soll der Vorschlag angemessene Mindestlöhne gewährleisten – unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Traditionen und der Tarifautonomie der Sozialpartner – sodass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union das Recht auf gerechte Entlohnung haben, die ihnen einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. Außerdem ist darin die transparente und verlässliche Festlegung von gesetzlichen Mindestlöhnen vorgesehen.

·Grundsatz 8 (Sozialer Dialog und Einbeziehung der Beschäftigten): Der Vorschlag zielt darauf ab, Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung im Hinblick auf die Stärkung des Mindestlohnschutzes, der durch Tarifverträge gewährleistet wird, und die bessere Einbeziehung der Sozialpartner bei der Festlegung, Aktualisierung und Umsetzung der gesetzlichen Mindestlöhne zu fördern.

·Grundsatz 2 (Gleichstellung der Geschlechter): Da die Mehrheit der Mindestlohnempfängerinnen und -empfänger Frauen sind, fördert der Vorschlag durch die Unterstützung angemessener Mindestlöhne die Gleichstellung der Geschlechter und trägt zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles bei.

·Grundsatz 3 (Chancengleichheit): Jede Person – unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder sexueller Orientierung – hat das Recht auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung. Der Vorschlag strebt eine Gewährleistung des Zugangs zu angemessenem Mindestlohnschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union an und trägt damit dazu bei, die Gleichbehandlung sicherzustellen und die Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zu fördern.

Die vorgeschlagene Richtlinie steht auch mit den Prioritäten des Europäischen Semesters im Einklang. Im Einklang mit der beschäftigungspolitischen Leitlinie 5 unterstützt die Initiative die Aufforderung an die Mitgliedstaaten in der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 14 , Maßnahmen zur Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen zu ergreifen. Darüber hinaus unterstützt sie auch die in der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 15 festgelegten Ziele, die die Gewährleistung eines gerechten Lohns für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Union angesichts der zunehmenden sozialen Kluft als ein wichtiges politisches Ziel festlegen. Sie steht auch mit den länderspezifischen Empfehlungen, die seit 2011 an einige Mitgliedstaaten gerichtet wurden, im Einklang. 16  

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Die vorgeschlagene Richtlinie stützt sich auf Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wonach die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Arbeitsbedingungen – innerhalb der Grenzen des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Artikel 5 Absätze 3 und 4 EUV) – unterstützt und ergänzt. Da im Vorschlag keine Maßnahmen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Höhe des Arbeitsentgelts enthalten sind, werden die Grenzen, die den Maßnahmen der Union durch Artikel 153 Absatz 5 AEUV gesetzt sind, voll und ganz gewahrt.

Artikel 153 Absatz 2 ermöglicht das Erlassen von Mindestvorschriften durch Richtlinien, wobei keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorgeschrieben werden sollen, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Der Zugang zu einem Mindestlohn, der einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht, ist ein wesentliches Element angemessener Arbeitsbedingungen. Während das Arbeitsentgelt auf nationaler Ebene eindeutig in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, sind die großen Unterschiede bei den Voraussetzungen für den Zugang zu einem angemessenen Mindestlohn Teil der Arbeitsbedingungen und führen zu erheblichen Unterschieden im Binnenmarkt, die am besten auf Unionsebene bewältigt werden können.

Im Großteil der Mitgliedstaaten sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von unzulänglicher Angemessenheit und/oder Lücken beim Mindestlohnschutz betroffen. Diese Probleme sind sowohl in Ländern mit gesetzlichen Mindestlöhnen als auch in jenen, die sich auf Tarifverhandlungen stützen, anzutreffen. Darüber hinaus dürften – aufgrund der anhaltenden Abnahme von Tarifverhandlungen und der zunehmenden Polarisierung der Arbeitsmärkte – künftig mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen sein. Mit Blick auf die Zukunft ergeben sich daraus Herausforderungen für die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt und die Gewährleistung eines auf hohen Sozialstandards, Innovation und Produktivitätssteigerungen beruhenden Wettbewerbs.

Die Mindestlohnpolitik wurde im Rahmen des Europäischen Semesters einer multilateralen Überwachung unterzogen, und die EU hat ausgewählten Mitgliedstaaten politische Leitlinien an die Hand gegeben. Zwar haben in den letzten Jahren mehrere Mitgliedstaaten Schritte zur Verbesserung ihrer Mindestlohnsysteme unternommen, doch reichen die nationalen Maßnahmen nicht aus, um das Problem der unzureichenden Angemessenheit und/oder Abdeckung des Mindestlohnschutzes anzugehen. Ohne politische Maßnahmen auf EU-Ebene sind einzelne Länder möglicherweise kaum geneigt, Verbesserungen bei den Mindestlöhnen anzustreben, da sie dies als ungünstig für ihre externe Kostenwettbewerbsfähigkeit einschätzen könnten.

Die Systeme zur Festlegung von Mindestlöhnen werden durch Maßnahmen auf EU-Ebene wirksamer gestärkt als durch nationales Vorgehen. Diese Maßnahmen werden klarere Erwartungen setzen, gewährleisten, dass die Fortschritte nicht lückenhaft oder ungleichmäßig verlaufen, und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern stärken. Dadurch wird die notwendige Dynamik geschaffen, um die Mechanismen zur Festlegung der Mindestlöhne in den Mitgliedstaaten zu reformieren. Die Maßnahmen auf EU-Ebene werden daher dazu beitragen, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten, indem sie den Abbau großer Unterschiede bei der Abdeckung und Angemessenheit von Mindestlöhnen, die nicht durch die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Bedingungen gerechtfertigt sind, unterstützen. Dies kann durch unkoordinierte Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden.

Die vorgeschlagene Richtlinie legt einen Rahmen für Mindeststandards fest und achtet die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Festlegung höherer Standards, unbeschadet der Rolle, die die Mitgliedstaaten den Sozialpartnern im Einklang mit den nationalen Traditionen und unter uneingeschränkter Achtung der Vertragsfreiheit der Sozialpartner übertragen können. Im Einklang mit Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV fördert und ergänzt die vorgeschlagene Richtlinie die Tätigkeiten der Mitgliedstaaten durch Mindestvorschriften, die schrittweise anzuwenden sind.

Verhältnismäßigkeit

Die vorgeschlagene Richtlinie sieht Mindeststandards vor, die gewährleisten, dass der Umfang der Intervention auf das für die Erreichung der Ziele des Vorschlags erforderliche Mindestmaß beschränkt wird. Mitgliedstaaten, in denen bereits Vorschriften bestehen, die günstiger als die in dieser vorgeschlagenen Richtlinie festgehaltenen sind, brauchen ihre Systeme zur Festlegung der Mindestlöhne nicht zu ändern. Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, über die Mindeststandards der vorgeschlagenen Richtlinie hinauszugehen.

Der Vorschlag steht im Einklang mit bewährten nationalen Traditionen der Festlegung von Mindestlöhnen. Er wahrt uneingeschränkt insbesondere die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner bei der Festlegung der Höhe ihrer Mindestlöhne gemäß Artikel 153 Absatz 5 AEUV. Der Mindestlohnschutz wird weiterhin entweder durch Tarifverträge oder durch Rechtsvorschriften unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten und der Vertragsfreiheit der Sozialpartner gewährt.

Darüber hinaus ermöglicht die vorgeschlagene Richtlinie den Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie, insbesondere im Hinblick auf Tarifverhandlungen und gesetzliche Mindestlöhne, ihre jeweiligen nationalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Besonderheiten ihrer Systeme zur Festlegung der Mindestlöhne zu berücksichtigen.

Daher räumt der Vorschlag Entscheidungen auf Ebene der Mitgliedstaaten den größtmöglichen Spielraum ein und stellt gleichzeitig auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Mindestlohnschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union ab. Angesichts des Umfangs und der Art der aufgezeigten Probleme bleibt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geachtet.

Wahl des Instruments

Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b AEUV sieht ausdrücklich vor, dass Richtlinien zum Erlassen von Mindestvorschriften, die schrittweise von den Mitgliedstaaten anzuwenden sind, verwendet werden können.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Gemäß Artikel 154 AEUV führte die Kommission eine zweistufige Konsultation der Sozialpartner zu möglichen EU-Maßnahmen im Bereich Mindestlöhne durch:

·In der ersten Phase zwischen dem 14. Januar und dem 25. Februar 2020 konsultierte die Kommission die Sozialpartner zur Notwendigkeit einer Initiative zu Mindestlöhnen und zu ihrer möglichen Ausrichtung. 17

·In der zweiten Phase zwischen dem 3. Juni und dem 4. September 2020, konsultierte die Kommission die Sozialpartner zum Inhalt und zum Rechtsinstrument des geplanten Vorschlags. 18

Die Arbeitnehmerorganisationen stimmten den Zielen und dem möglichen Inhalt der Initiative im Allgemeinen zu, wie aus dem Konsultationspapier zur zweiten Phase hervorgeht. Sie betonten, dass die nationalen Traditionen und die Tarifautonomie der Sozialpartner geachtet werden sollten. Die Arbeitgeberorganisationen befürworteten die meisten Ziele und die mögliche Ausrichtung einer EU-Initiative im Großen und Ganzen, wie im Konsultationspapier erwähnt. Einige Arbeitgeberorganisationen stellten jedoch den Mehrwert von regulatorischen Maßnahmen der EU zur Festlegung von Mindestlöhnen – angesichts der Vielfalt der nationalen Rahmen – in Frage und betonten, dass die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und/oder der Sozialpartner uneingeschränkt geachtet werden müsse.

Während die Gewerkschaften die Kommission dazu aufgefordert haben, einen Vorschlag für eine Richtlinie mit verbindlichen Mindestanforderungen vorzulegen, sprach sich keine Arbeitgeberorganisation für eine verbindliche Richtlinie im Bereich Mindestlöhne aus.

Die Sozialpartner konnten sich nicht auf die Aufnahme von Verhandlungen über eine Vereinbarung auf Unionebene einigen, wie dies in Artikel 155 AEUV vorgesehen ist.

Die Ansichten der Öffentlichkeit wurden auch durch die Antworten auf das Standard-Eurobarometer 92 (Herbst 2019) eingeholt, das Fragen zu den Prioritäten der Europäischen Union – einschließlich des Mindestlohns – enthielt.

Der gezielte Meinungsaustausch mit den Mitgliedstaaten erfolgte über die folgenden Ausschüsse des Rates: den Beschäftigungsausschuss, den Ausschuss für Sozialschutz und den Ausschuss für Wirtschaftspolitik 19 . Auch das Europäische Parlament 20 und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss 21 haben Stellungnahmen angenommen, die für eine EU-Initiative für angemessene Mindestlöhne von Bedeutung sind. 22

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Kommission hat Studien bei externen Sachverständigen in Auftrag gegeben, um Fakten zusammenzutragen, die zur Untermauerung der Folgenabschätzung herangezogen wurden, darunter:

·eine Studie über die „Indexation of statutory minimum wage“ (Indexierung des gesetzlichen Mindestlohns) von Diane Delaurens und Etienne Wasmer, 23

·eine Studie über die „Effects of statutory minimum wages on small and medium-sized enterprises“ (Auswirkungen gesetzlicher Mindestlöhne auf kleine und mittlere Unternehmen) von Attila Lindner, University College London, 24

·eine Studie über „Effects of collectively agreed minimum wages in the Nordic countries“ (Auswirkungen tarifvertraglich vereinbarter Mindestlöhne in den nordischen Ländern) von Per Skedinger, Research Institute of Industrial Economics (IFN). 25  

Des Weiteren nutzte die Kommission bestehende Verträge, um Fakten zusammenzutragen, die zur Untermauerung dieser Folgenabschätzung herangezogen wurden, darunter:

·eine Reihe von Sachverständigenberichten über die Mindestlohnfestlegungssysteme der EU-Mitgliedstaaten (ein Sachverständigenbericht pro Mitgliedstaat), die vom Europäischen Kompetenzzentrum (ECE) vorgelegt wurden;

·Simulationen im Rahmen eines bestehenden Vertrags mit dem Steuer-Sozialleistungs-Modell der OECD zu Angemessenheitsindikatoren und Anreizeffekten von Mindestlöhnen.

Innerhalb des bestehenden Rahmens für die Zusammenarbeit mit Eurofound hat die Kommission Folgendes beantragt und erhalten:

·drei Länderberichte über die Festsetzung und Angemessenheit von Mindestlöhnen sowie über einschlägige politische Debatten mit Schwerpunkten auf Österreich, Italien und Zypern.

Die Bewertung durch die Kommission stützte sich auch auf ihre Bestandsaufnahme der Maßnahmen in den Mitgliedstaaten sowie der Auswertung von Literaturquellen und der einschlägigen Debatten vor Ort. Darüber hinaus lieferten verschiedene Generaldirektionen der Europäischen Kommission 26 Analysebeiträge. Mithilfe des Euromod-Modells wurde eine Mikrosimulation der wirtschaftlichen, sozialen und steuerlichen Auswirkungen von Mindestlöhnen durchgeführt. Zudem wurden anhand des QUEST-Modells modellbasierte Simulationen zur Bewertung der makroökonomischen Auswirkungen von Mindestlöhnen durchgeführt. Schließlich wurde eine Analyse der Merkmale der Personen, die Mindestlohn beziehen oder Geringverdienende sind, auf der Grundlage anonymisierter Einzeldaten aus den EU-SILC- und EU-SES-Erhebungen durchgeführt.

Folgenabschätzung

Im Einklang mit der Strategie für eine bessere Rechtsetzung führte die Kommission eine Folgenabschätzung für mehrere Handlungsoptionen durch. Diese Arbeiten wurden von einer strukturierten Konsultation im Rahmen einer dienststellenübergreifenden Lenkungsgruppe in der Kommission begleitet.

Die Folgenabschätzung wurde dem Ausschuss für Regulierungskontrolle (Regulatory Scrutiny Board – RSB) vorgelegt und mit ihm erörtert. Vom RSB in dessen erster (ablehnender) Stellungnahme vom 2. Oktober 2020 gegebene Empfehlungen wurden folgendermaßen berücksichtigt: i) eine genauere Zuordnung der Probleme, der spezifischen Ziele, der vorgeschlagenen Lösungen und ihrer Auswirkungen auf die verschiedenen Arten von Systemen zur Festlegung von Mindestlöhnen; ii) eine genauere Erläuterung, wie die Unzulänglichkeit der Mindestlöhne in den Mitgliedstaaten in der Problemanalyse bewertet wird; iii) weitere Ausführungen zur Übereinstimmung der Gesetzgebungsinitiative mit der gewählten Rechtsgrundlage sowie dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und iv) eine Klärung der Gründe für die Zusammensetzung der bewerteten Maßnahmenpakete. Um die vom RSB in dessen zweiter Stellungnahme (befürwortende Stellungnahme mit Vorbehalten) vom 14. Oktober 2020 geäußerten Vorbehalte aufzugreifen, wurde in der Folgenabschätzung eine weitergehende Klärung einiger Elemente vorgenommen: die Gründe für die Zusammensetzung der Optionspakete, die wichtigsten Maßnahmen für den Erfolg der einzelnen Optionspakete, die Auswirkungen auf KMU, die Wahl des bevorzugten Pakets und seine Auswirkungen auf Länder, die sich auf Tarifverhandlungen stützen. 27

Während der Arbeiten an der Folgenabschätzung wurde eine breite Palette von Maßnahmen in allen für die Bewältigung der unzulänglichen Angemessenheit und/oder Lücken beim Mindestlohnschutz wichtigen Bereichen geprüft. In der Folgenabschätzung wurden drei Handlungspakete untersucht, die jeweils aus einer Kombination verschiedener Maßnahmen bestehen. Nach einer Prüfung der Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz aller Pakete wurde ein bevorzugtes Paket ermittelt.

Im bevorzugten Paket werden alle Mitgliedstaaten aufgefordert, Tarifverhandlungen bei der Lohnfestlegung zu unterstützen – insbesondere wenn die tarifvertragliche Abdeckung gering ist – sowie die Durchsetzung von Mindestlöhnen und die Überwachung ihrer Angemessenheit und Abdeckung zu stärken. Darüber hinaus müssen Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen klare und solide Kriterien für die Festlegung und Aktualisierung von Mindestlöhnen anwenden und die Rolle der Sozialpartner stärken. Außerdem werden Abzüge und Variationen bei den gesetzlichen Mindestlöhnen auf ein striktes Mindestmaß beschränkt.

Dieses Paket ist gemäß der Folgenabschätzung am wirksamsten, effizientesten und kohärentesten. Die quantitative Analyse auf der Grundlage eines hypothetischen Anstiegs der Mindestlöhne auf 60 % des Bruttomedianlohns zeigt, dass dies die Angemessenheit der Mindestlöhne in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten verbessern würde. Zwischen 10 und 20 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden von diesen Verbesserungen profitieren. Die Verbesserungen beim Mindestlohnschutz würden in mehreren Ländern zu einer Verringerung der Armut trotz Erwerbstätigkeit und der Lohnungleichheit um mehr als 10 % und zu einer Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles um mindestens 5 % führen. 28 Es wird außerdem erwartet, dass sie die Arbeitsanreize verbessern, die Gleichstellung der Geschlechter fördern und dazu beitragen würden, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern, da die Mehrheit der Mindestlohnempfängerinnen und -empfänger (in der EU etwa 60 %) Frauen sind.

Zu den erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen zählen ein Lohnkostenanstieg für Unternehmen, höhere Preise und in geringerem Maße niedrigere Gewinne. Die Auswirkungen auf die Unternehmen würden durch einen Anstieg des Konsums von Geringverdienenden, der die Binnennachfrage stützen würde, abgemildert. Unternehmen, insbesondere KMU, würden auch von schrittweisen und berechenbareren Mindestlohnerhöhungen profitieren, was die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern würde.

Die möglichen negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung dürften begrenzt sein. Sie würden sich in den meisten Fällen auf unter 0,5 % der Gesamtbeschäftigung belaufen; in drei Mitgliedstaaten würden sie jedoch 1 % erreichen. 29 Die Vorteile eines verbesserten Mindestlohnschutzes für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden gegenüber den möglichen negativen Auswirkungen auf ihre Beschäftigung deutlich überwiegen.

Darüber hinaus dürften die Auswirkungen auf die Gesamtwettbewerbsfähigkeit gering sein. Das bevorzugte Paket ist so flexibel, dass die Mitgliedstaaten die Geschwindigkeit der Verbesserung der Angemessenheit der Mindestlöhne unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedingungen und Risiken – vor allem für bestimmte Sektoren, Regionen und KMU – bestimmen können.

Grundrechte

Die Ziele der vorgeschlagenen Richtlinie stehen mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und insbesondere deren Artikel 31 Absatz 1 über gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen im Einklang, in dem es heißt: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.“ Der Vorschlag erleichtert ferner die Ausübung der in Artikel 23 30 der Charta der Grundrechte anerkannten Rechte, die sich speziell auf die Gleichheit von Frauen und Männern beziehen, da er die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles erleichtert.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der Vorschlag setzt keine zusätzlichen Mittel aus dem Haushalt der Europäischen Union voraus.

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Binnen zwei Jahren nach dem Erlass der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sie in nationales Recht umsetzen und der Kommission über die MNE-Datenbank die nationalen Durchführungsmaßnahmen mitteilen. Im Einklang mit Artikel 153 Absatz 3 AEUV können sie die Sozialpartner mit der Durchführung der Richtlinie betrauen.

Um die Wirksamkeit der Initiative zu bewerten, wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat jedes Jahr auf der Grundlage von Daten und Informationen, die von den Mitgliedstaaten jährlich vorzulegen sind, einen Bericht mit ihrer Bewertung der Entwicklung der Angemessenheit und Abdeckung des Mindestlohnschutzes vorlegen. Darüber hinaus sollten die Fortschritte im Rahmen der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierung auf EU-Ebene (Europäisches Semester) überwacht werden. In diesem Zusammenhang wird der Beschäftigungsausschuss jedes Jahr auf der Grundlage der Kommissionsberichte prüfen, was in den Mitgliedstaaten Stand der Dinge in Sachen Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung und Angemessenheit des Mindestlohnschutzes ist.

Die Kommission ist bereit, den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Durchführung der Richtlinie technische Unterstützung zu leisten, insbesondere durch das Instrument für technische Unterstützung 31 und den Europäischen Sozialfonds Plus 32 .

Außerdem wird die Kommission fünf Jahre nach dem Datum der Umsetzung eine Bewertung der Richtlinie vornehmen. Im Anschluss wird sie dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht zur Überprüfung der Durchführung dieser Richtlinie vorlegen.

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Kapitel I – Allgemeine Bestimmungen 

Artikel 1 – Gegenstand

Diese Bestimmung definiert den Gegenstand der Richtlinie, nämlich die Schaffung eines Rahmens auf Unionsebene, mit dem sichergestellt wird, dass Mindestlöhne auf angemessenem Niveau festgelegt werden und dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zugang zum Mindestlohnschutz haben – in Form eines gesetzlichen Mindestlohns oder in Form von tarifvertraglich festgelegten Löhnen.

In dem Artikel wird außerdem klargestellt, dass die Richtlinie nicht in die Freiheit der Mitgliedstaaten eingreift, gesetzliche Mindestlöhne festzulegen oder den Zugang zum tarifvertraglich garantierten Mindestlohnschutz im Einklang mit nationalen Traditionen und unter uneingeschränkter Achtung der Vertragsfreiheit der Sozialpartner zu fördern. Ferner wird klargestellt, dass die Richtlinie weder eine Verpflichtung zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in den Mitgliedstaaten vorsieht, in denen er nicht existiert, noch eine flächendeckende Einführung von Tarifverträgen.

Artikel 2 – Geltungsbereich

In diesem Artikel wird der Geltungsbereich der Richtlinie festgelegt, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umfasst, die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen ist.

Dieser Ansatz in Bezug auf den persönlichen Geltungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie wurde auch für die Zwecke der Richtlinien 2019/1152 und 2019/1158 verfolgt. Dadurch wird dem Risiko vorgebeugt, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen vom Geltungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie ausgeschlossen sind, wie etwa Hausangestellte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf Abruf, intermittierend, auf der Grundlage von Gutscheinen und auf Online-Plattformen beschäftigt sind, Scheinselbstständige, Praktikantinnen und Praktikanten oder Auszubildende. Die vorgeschlagene Richtlinie würde für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, sofern sie die vom Gerichtshof für die Definition des Arbeitnehmerbegriffs festgelegten Kriterien erfüllen.

Artikel 3 – Begriffsbestimmungen

In diesem Artikel werden Begriffe definiert, die für die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie erforderlich sind.

Artikel 4 – Förderung von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung

Diese Bestimmung zielt darauf ab, die Abdeckung durch Tarifverträge zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Fähigkeit der Sozialpartner zur Aufnahme von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung zu fördern und konstruktive, zielführende und fundierte Lohnverhandlungen anzuregen.

Darüber hinaus müssen Mitgliedstaaten, in denen die tarifvertragliche Abdeckung (im Sinne von Artikel 3) nicht mindestens 70 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umfasst, einen Rahmen für Tarifverhandlungen schaffen und einen Aktionsplan zur Förderung solcher Verhandlungen aufstellen.

Kapitel II – Gesetzliche Mindestlöhne

Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten nur für Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen.

Artikel 5 – Angemessenheit

Um die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne zu gewährleisten, sind die Mitgliedstaaten, in denen es gesetzliche Mindestlöhne gibt, nach dieser Bestimmung verpflichtet, Folgendes vorzusehen: solide und klare nationale Kriterien für die Festlegung und Aktualisierung des gesetzlichen Mindestlohns; regelmäßige und rechtzeitige Aktualisierungen und die Einrichtung von Beratungsgremien.

Die nationalen Kriterien sollten zumindest die Kaufkraft der Mindestlöhne, das allgemeine Niveau der Bruttolöhne und ihre Verteilung, die Wachstumsrate der Bruttolöhne und die Entwicklung der Arbeitsproduktivität umfassen. Sie sollten im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten entweder in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, in Beschlüssen der zuständigen Stellen oder in dreiseitigen Vereinbarungen festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, Richtwerte für die Bewertung der Angemessenheit gesetzlicher Mindestlöhne zu verwenden, wie sie auf internationaler Ebene üblich sind. 33  

Artikel 6 – Variationen und Abzüge

Um die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne für alle Arbeitnehmergruppen zu fördern, werden die Mitgliedstaaten mit dieser Bestimmung aufgefordert, im Benehmen mit den Sozialpartnern die Verwendung von Mindestlohnvariationen zeitlich und quantitativ zu begrenzen. 

Der Artikel sieht auch den Schutz der gesetzlichen Mindestlöhne vor ungerechtfertigten oder unverhältnismäßigen Abzügen vor. Einige Abzüge vom gesetzlichen Mindestlohn können durchaus durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sein, beispielsweise wenn sie von einer Justizbehörde angeordnet werden. Andere hingegen, z. B. Abzüge im Zusammenhang mit der für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlichen Ausrüstung oder Abzüge bei Sachleistungen, wie etwa bei der Unterkunft, können ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig sein.

Artikel 7 – Beteiligung der Sozialpartner an der Festlegung und Aktualisierung des gesetzlichen Mindestlohns

Mit dieser Bestimmung wird eine wirksame und rechtzeitige Einbeziehung der Sozialpartner in die Festlegung und Aktualisierung der gesetzlichen Mindestlöhne gefordert, auch durch die Beteiligung an den in Artikel 5 genannten Beratungsgremien. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Sozialpartner in die Festlegung der in Artikel 5 genannten Kriterien einzubeziehen, in die Aktualisierung der gesetzlichen Mindestlöhne, in die Festlegung der in Artikel 6 genannten Variationen und Abzüge sowie in die Erhebung von Daten und die Durchführung einschlägiger Studien.

Die rechtzeitige und wirksame Einbeziehung der Sozialpartner trägt nicht nur dazu bei, die Angemessenheit der Mindestlöhne zu gewährleisten und zu erhalten, sondern ist auch Bestandteil einer verantwortungsvollen Vorgehensweise und ermöglicht eine sachkundige und inklusive Beschlussfassung.

Artikel 8 – Wirksamer Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gesetzlichen Mindestlöhnen

Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um einen wirksamen Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum gesetzlichen Mindestlohnschutz zu gewährleisten. Die erforderlichen Maßnahmen würden insbesondere darin bestehen, das Kontroll- und Inspektionssystem zu stärken, Leitlinien für die Durchsetzungsbehörden bereitzustellen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angemessen über geltende gesetzliche Mindestlöhne zu informieren.

Kapitel III – Horizontale Bestimmungen

Artikel 9 – Öffentliches Auftragswesen

Diese Bestimmung schreibt vor, dass Wirtschaftsteilnehmer (einschließlich Unterauftragnehmer) bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen gegebenenfalls die geltenden tarifvertraglich vereinbarten Löhne bzw. die gesetzlichen Mindestlöhne einhalten müssen. Bei der Erfüllung solcher Aufträge und Verträge kann es durchaus vorkommen, dass gesetzliche Mindestlöhne oder tarifvertraglich vereinbarte Löhne nicht eingehalten werden, was dazu führt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weniger gezahlt wird als der geltende Mindestlohn.

Die in dieser Bestimmung festgelegte Verpflichtung entspricht den geltenden arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gemäß Artikel 18 Absatz 2 und Artikel 71 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe, Artikel 36 Absatz 2 und Artikel 88 Absatz 1 der Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und Artikel 30 Absatz 3 und Artikel 42 Absatz 1 der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe. Durch die Präzisierung und ausdrückliche Bezugnahme auf die genannten Bestimmungen soll deren Umsetzung im Bereich der Mindestlöhne unterstützt und gestärkt werden.

Artikel 10 – Monitoring und Datenerhebung

Diese Bestimmung bezieht sich auf die Einrichtung eines wirksamen Monitoring- und Datenerhebungssystems. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre zuständigen Behörden mit der Entwicklung wirksamer und zuverlässiger Datenerhebungsinstrumente zu beauftragen, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen sollten, der Kommission jährlich die einschlägigen Daten zur Abdeckung und Angemessenheit zu übermitteln.

Die Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die Informationen über Tarifverträge und über die betreffenden Lohnbestimmungen transparent und öffentlich zugänglich sind.

Im Hinblick auf das Monitoring der Durchführung dieser Richtlinie sieht diese Bestimmung weiterhin vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen einen Bericht vorlegt, in dem sie bewertet, wie sich Angemessenheit und Abdeckung der Mindestlöhne entwickeln. Darüber hinaus soll der Beschäftigungsausschuss auf der Grundlage des Kommissionsberichts die Förderung von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung und die Angemessenheit der Mindestlöhne in den Mitgliedstaaten im Rahmen der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierung auf EU-Ebene prüfen.

Artikel 11 — Anspruch auf Rechtsbehelfe und Schutz vor Benachteiligung oder negativen Konsequenzen

Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten – unbeschadet spezifischer Rechtsbehelfe und Möglichkeiten der Streitbeilegung, die gegebenenfalls in Tarifverträgen vorgesehen sind, – den Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Vertretung zu einer wirksamen und unparteiischen Streitbeilegung und den Anspruch auf Rechtsbehelfe, einschließlich einer angemessenen Entschädigung, sicherzustellen sowie einen wirksamen Schutz vor jeder Form von Benachteiligung zu gewährleisten, wenn sie von ihrem Recht auf Verteidigung ihrer Rechte in Bezug auf den festgelegten Mindestlohnschutz Gebrauch machen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Vertretung vor Benachteiligungen oder negativen Konsequenzen seitens des Arbeitgebers geschützt werden, die sie im Falle einer Verletzung ihrer Rechte davon abhalten könnten, Beschwerde einzureichen.

Artikel 12 – Sanktionen

Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für die Verletzung der nationalen Bestimmungen zum Mindestlohnschutz festzulegen.

Kapitel IV – Schlussbestimmungen

Artikel 13 – Durchführung

In dieser Bestimmung wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 153 Absatz 3 AEUV den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen können, wenn die Sozialpartner dies beantragen und wenn die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.

Artikel 14 – Verbreitung von Informationen

Diese Bestimmung zielt darauf ab, in den Mitgliedstaaten für die durch diese Richtlinie garantierten Rechte sowie für andere in demselben Bereich bereits geltende Bestimmungen zu sensibilisieren.

Artikel 15 – Bewertung und Überprüfung

Diese Bestimmung sieht vor, dass die Kommission fünf Jahre nach der Umsetzung der Richtlinie eine Bewertung vornimmt. Die Kommission wird den beiden gesetzgebenden Organen anschließend einen Bericht mit ihrer Überprüfung der Durchführung der Richtlinie vorlegen und, falls sie dies für erforderlich hält, Vorschläge zur Überarbeitung und Aktualisierung der Richtlinie unterbreiten.

Artikel 16 – Regressionsverbot und günstigere Bestimmungen

Hierbei handelt es sich um eine Standardbestimmung, wonach die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, für ein höheres als das von der vorgeschlagenen Richtlinie garantierte Schutzniveau zu sorgen, und wonach es ihnen verboten ist, das bereits in diesem Bereich gewährte Schutzniveau zu senken.

Artikel 17 – Umsetzung

Hierbei handelt es sich um Standardbestimmungen, die den zeitlichen Rahmen festlegen, der den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht und für die Übermittlung der einschlägigen Texte an die Kommission zur Verfügung steht (zwei Jahre), und die Mitgliedstaaten verpflichten, der Kommission Informationen über die Anwendung dieser Richtlinie zu übermitteln.

Artikel 18 – Inkrafttreten

Es handelt sich um eine Standardbestimmung, die besagt, dass die Richtlinie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft tritt.

Artikel 19 – Adressaten

Gemäß dieser Standardbestimmung zu den Adressaten ist diese Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet.

2020/0310 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 153 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 34 ,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 35 ,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union verfolgt die Union unter anderem die Ziele, das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern und auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft hinzuwirken.

(2)Gemäß Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 36 hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.

(3)In der Europäischen Sozialcharta ist festgelegt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen haben. Darüber hinaus wird darin das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ein gerechtes Arbeitsentgelt anerkannt, das ihnen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard sichert. In Artikel 4 der Charta wird die Rolle anerkannt, die frei geschlossene Gesamtarbeitsverträge sowie gesetzliche Verfahren der Lohnfestsetzung bei der wirksamen Ausübung dieses Rechts spielen.

(4)Kapitel II der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 in Göteborg proklamiert wurde, enthält eine Reihe von Grundsätzen, die als Richtschnur für die Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen dienen sollen. In Grundsatz 6 der europäischen Säule sozialer Rechte wird das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine gerechte Entlohnung, die ihnen einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht, bekräftigt. Weiterhin ist darin vorgesehen, dass angemessene Mindestlöhne gewährleistet werden, die vor dem Hintergrund der nationalen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien gerecht werden; dabei werden der Zugang zu Beschäftigung und die Motivation, sich Arbeit zu suchen, gewahrt. Ferner wird darauf hingewiesen, dass Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verhindern ist und alle Löhne und Gehälter unter Wahrung der Tarifautonomie auf transparente und verlässliche Weise festgelegt werden.

(5)In Leitlinie 5 des Beschlusses (EU) 2020/1512 des Rates zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden die Mitgliedstaaten 37 aufgefordert, eine wirksame Beteiligung der Sozialpartner an der Lohnfestsetzung sicherzustellen und so im Sinne einer Aufwärtskonvergenz für gerechte Löhne zu sorgen, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, und eine angemessene Anpassung der Löhne an Produktivitätsentwicklungen zu ermöglichen. In dieser Leitlinie werden die Mitgliedstaaten auch aufgefordert, den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung zu fördern. Weiterhin werden die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner aufgerufen, dafür zu sorgen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifverträge oder angemessene gesetzliche Mindestlöhne über angemessene und gerechte Löhne verfügen; dabei sollen sie die Auswirkungen der Löhne auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Armut trotz Erwerbstätigkeit berücksichtigen. In der jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 38 heißt es, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen sollten, um faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Daneben wurde in der jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 39 darauf hingewiesen, dass es vor dem Hintergrund zunehmender sozialer Gefälle wichtig ist, eine angemessene Entlohnung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Mehrere länderspezifische Empfehlungen gingen zudem auf das Thema Mindestlöhne ein. Jedoch sind einzelne Länder möglicherweise kaum geneigt, Verbesserungen bei den Mindestlöhnen anzustreben, da sie dies als ungünstig für ihre externe Kostenwettbewerbsfähigkeit einschätzen könnten.

(6)Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, auch durch angemessene Mindestlöhne, kommen sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch Unternehmen in der Union zugute und sind eine Grundvoraussetzung für inklusives und nachhaltiges Wachstum. Durch die Verringerung der Unterschiede bei der Abdeckung und Angemessenheit des Mindestlohnschutzes wird ein Beitrag zu mehr Fairness auf dem EU-Arbeitsmarkt sowie zu mehr wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt und Aufwärtskonvergenz geleistet. Der Wettbewerb im Binnenmarkt sollte auf hohen Sozialstandards, Innovationen und Produktivitätssteigerungen beruhen und unter gleichen Bedingungen stattfinden.

(7)Wie die Internationale Arbeitsorganisation in ihrem Übereinkommen Nr. 131 über die Festsetzung von Mindestlöhnen anerkannt hat, schützen Mindestlöhne – wenn sie auf einem angemessenen Niveau festgesetzt werden – das Einkommen benachteiligter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und tragen dazu bei, eine angemessene Lebensgrundlage zu sichern und den Einkommensrückgang in schlechten Zeiten zu begrenzen. Mindestlöhne tragen zur Stützung der Binnennachfrage bei, stärken die Arbeitsanreize, verringern Lohnungleichheiten und Erwerbstätigenarmut.

(8)Frauen, junge Menschen, Geringqualifizierte und Menschen mit Behinderungen verdienen mit höherer Wahrscheinlichkeit den Mindestlohn oder einen niedrigen Lohn als andere Gruppen. In Zeiten eines Konjunkturabschwungs wie im Zuge der COVID-19-Krise gewinnen Mindestlöhne für den Schutz von Personen im Niedriglohnbereich an Bedeutung; zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Unterstützung einer nachhaltigen und inklusiven wirtschaftlichen Erholung. Angemessene Mindestlöhne tragen zur Gleichstellung der Geschlechter bei, verringern das geschlechtsspezifische Lohn- und Rentengefälle und helfen Frauen aus der Armut.

(9)Die COVID-19-Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf den Dienstleistungssektor und kleine Unternehmen, die beide einen hohen Mindestlohnanteil haben. Darüber hinaus sind Mindestlöhne auch angesichts der strukturellen Entwicklungen wichtig, die die Arbeitsmärkte neu prägen und zunehmend mit einem hohen Anteil atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse einhergehen. Dies hat zu einer verstärkten Polarisierung der Arbeitsmärkte geführt, was in den meisten Mitgliedstaaten einen wachsenden Anteil von Niedriglohnberufen und Berufen mit geringen Qualifikationsanforderungen und in einigen ein stärkeres Lohngefälle mit sich gebracht hat.

(10)In allen Mitgliedstaaten gibt es einen Mindestlohnschutz; in einigen Mitgliedstaaten wird er durch Rechtsvorschriften („gesetzliche Mindestlöhne“) und Tarifverträge festgelegt, in anderen hingegen ausschließlich durch Tarifverträge.

(11)Der tarifvertraglich festgelegte Mindestlohnschutz in Niedriglohnberufen ist in den meisten Fällen angemessen; in mehreren Mitgliedstaaten sind die gesetzlichen Mindestlöhne im Vergleich zu anderen Löhnen in der Wirtschaft niedrig. Im Jahr 2018 lag der gesetzliche Mindestlohn für Alleinstehende in neun Mitgliedstaaten unter der Armutsgefährdungsschwelle. Darüber hinaus wirken sich reduzierte Mindestlohnsätze (Variationen) und Abzüge vom gesetzlichen Mindestlohn negativ auf die Angemessenheit dieser Löhne aus.

(12)Nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union sind durch Mindestlöhne geschützt. In einigen Mitgliedstaaten beziehen manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, obwohl sie unter die Mindestlohnregelung fallen, ein Entgelt unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns, da geltende Vorschriften in der Praxis nicht eingehalten werden. Insbesondere wurde festgestellt, dass solche Verstöße vor allem Frauen, junge Menschen, Menschen mit Behinderungen und landwirtschaftliche Arbeitskräfte betreffen. In Mitgliedstaaten, in denen sich der Mindestlohnschutz gänzlich auf Tarifverträge stützt, geht man davon aus, dass zwischen 2 % und 55 % aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht von diesem Schutz erfasst sind.

(13)Obgleich starke Tarifverhandlungssysteme auf sektoraler bzw. branchenübergreifender Ebene dazu beitragen, einen angemessenen Mindestlohnschutz zu gewährleisten, wurden in den letzten Jahrzehnten traditionelle Tarifverhandlungsstrukturen untergraben, was zum Teil auf strukturelle Verschiebungen in der Wirtschaft hin zu weniger gewerkschaftlich organisierten Sektoren und auf den Rückgang der Gewerkschaftsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der Zunahme atypischer und neuer Beschäftigungsformen zurückzuführen ist.

(14)Im Einklang mit Artikel 154 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat die Kommission die Sozialpartner in einem zweistufigen Verfahren zu möglichen Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit einem angemessenen Mindestlohnschutz in der Union konsultiert. Es gab keine Einigung zwischen den Sozialpartnern über die Aufnahme von Verhandlungen zu diesen Fragen. Es ist jedoch wichtig, auf Unionsebene Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union durch angemessene Mindestlöhne geschützt werden, wobei die Ergebnisse der Konsultation der Sozialpartner zu berücksichtigen sind.

(15)Mit dieser Richtlinie werden auf Unionsebene Mindestanforderungen festgelegt, um sicherzustellen, dass Mindestlöhne auf einem angemessenen Niveau festgelegt werden und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zugang zu einem Mindestlohnschutz haben – in Form eines gesetzlichen Mindestlohns oder in Form von tarifvertraglich festgelegten Löhnen im Sinne dieser Richtlinie.

(16)Unter uneingeschränkter Achtung von Artikel 153 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zielt diese Richtlinie weder darauf ab, die Höhe der Mindestlöhne in der Union zu vereinheitlichen, noch soll ein einheitlicher Mechanismus für die Festsetzung von Mindestlöhnen geschaffen werden. Die Richtlinie greift nicht in die Freiheit der Mitgliedstaaten ein, gesetzliche Mindestlöhne festzulegen oder den Zugang zum tarifvertraglich garantierten Mindestlohnschutz im Einklang mit nationalen Traditionen und Gepflogenheiten sowie unter vollständiger Achtung nationaler Zuständigkeiten und der Vertragsfreiheit der Sozialpartner zu fördern. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, in denen der Mindestlohnschutz ausschließlich tarifvertraglich geregelt ist, weder zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns noch zur flächendeckenden Einführung von Tarifverträgen. Mit der Richtlinie wird auch kein Lohnniveau festgelegt, da dies unter die Vertragsfreiheit der Sozialpartner auf nationaler Ebene und in die entsprechende Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.

(17)Diese Richtlinie sollte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen, wobei die Kriterien für die Festlegung des Arbeitnehmerbegriffs des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen sind. Falls sie die genannten Kriterien erfüllen, könnten Hausangestellte, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf Abruf, intermittierend, auf der Grundlage von Gutscheinen und auf Online-Plattformen beschäftigt sind, Scheinselbstständige sowie Praktikantinnen und Praktikanten und Auszubildende in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. Personen, die tatsächlich selbstständig sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, da sie die einschlägigen Kriterien nicht erfüllen. Der Missbrauch des Status der selbstständigen Erwerbstätigkeit, wie er im nationalen Recht definiert ist — sei es auf nationaler Ebene oder in grenzüberschreitenden Situationen —, stellt eine Form der falsch deklarierten Erwerbstätigkeit dar, die häufig mit nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in Verbindung steht. Wenn eine Person die typischen Kriterien für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses erfüllt, aber als selbstständig erwerbstätig bezeichnet wird, um bestimmte rechtliche und steuerliche Verpflichtungen zu umgehen, liegt Scheinselbstständigkeit vor. Diese Personen sollten in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. Die Ermittlung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses sollte sich an den Fakten orientieren, die sich auf die tatsächliche Arbeitsleistung beziehen, und nicht an der Beschreibung des Verhältnisses seitens der Parteien.

(18)Gut funktionierende Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung sind ein gutes Mittel, um zu gewährleisten, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch angemessene Mindestlöhne geschützt werden. In den Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen unterstützen Tarifverhandlungen die allgemeine Lohnentwicklung und tragen somit zur Verbesserung der Angemessenheit der Mindestlöhne bei. In den Mitgliedstaaten, in denen der Mindestlohnschutz gänzlich auf Tarifverträgen basiert, hängen sowohl die Höhe der Mindestlöhne als auch der Anteil der geschützten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unmittelbar vom Funktionieren des Tarifverhandlungssystems und von der tarifvertraglichen Abdeckung ab. Starke und gut funktionierende Tarifverhandlungssysteme in Verbindung mit einer hohen Abdeckung durch branchenspezifische oder branchenübergreifende Tarifverträge erhöhen die Angemessenheit und Abdeckung von Mindestlöhnen.

(19)Vor dem Hintergrund einer rückläufigen tarifvertraglichen Abdeckung ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten Tarifverhandlungen fördern, um den Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum tarifvertraglich garantierten Mindestlohnschutz zu verbessern. In Mitgliedstaaten mit einer hohen tarifvertraglichen Abdeckung ist der Anteil der Geringverdienenden tendenziell niedrig und die Mindestlöhne befinden sich in der Regel auf einem hohen Niveau. In Mitgliedstaaten mit einem niedrigen Anteil an Geringverdienenden liegt die tarifvertragliche Abdeckung bei über 70 %. Auch in den meisten Mitgliedstaaten mit hohen Mindestlöhnen im Vergleich zum Medianlohn beträgt die tarifvertragliche Abdeckung mehr als 70 %. Während alle Mitgliedstaaten dazu angehalten werden sollten, Tarifverhandlungen zu fördern, sollten diejenigen, die diesen Abdeckungsgrad nicht erreichen, auf der Grundlage einer Beratung und/oder Übereinkunft mit den Sozialpartnern einen Rahmen mit Unterstützungsmechanismen und institutionellen Regelungen einrichten oder – falls bereits vorhanden – ausbauen, der die Voraussetzungen für Tarifverhandlungen schafft. Ein solcher Rahmen sollte gesetzlich oder durch eine dreiseitige Vereinbarung festgelegt werden.

(20)Solide Regeln und Verfahren für die Festlegung und Aktualisierung gesetzlicher Mindestlöhne sind erforderlich, um angemessene Mindestlöhne zu gewährleisten und gleichzeitig Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, zu erhalten. Sie umfassen eine Reihe von Elementen, mit denen die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne gewahrt werden soll, darunter Kriterien und Indikatoren zur Bewertung der Angemessenheit, regelmäßige und rechtzeitige Aktualisierungen, die Existenz beratender Gremien und die Einbeziehung der Sozialpartner. Die rechtzeitige und wirksame Einbeziehung der Sozialpartner ist ein weiteres Element einer verantwortungsvollen Vorgehensweise und ermöglicht eine sachkundige und inklusive Beschlussfassung.

(21)Mindestlöhne gelten als angemessen, wenn sie angesichts der Lohnskala im Land gerecht sind und einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten. Die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne wird unter Berücksichtigung der nationalen sozioökonomischen Bedingungen, einschließlich des Beschäftigungswachstums und der Wettbewerbsfähigkeit, sowie regionaler und sektoraler Entwicklungen bestimmt. In die Bewertung der Angemessenheit sollten mindestens folgende Größen einfließen: Kaufkraft, Produktivitätsentwicklung und Verhältnis zu Bruttolöhnen, Lohnverteilung und -wachstum. International übliche Indikatoren, wie etwa 60 % des Bruttomedianlohns und 50 % des Bruttodurchschnittslohns, können als Richtschnur für die Bewertung der Angemessenheit des Mindestlohns im Verhältnis zum Bruttolohn dienen.

(22)Um die Angemessenheit der Mindestlöhne für alle Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu fördern, sollten Variationen und Abzüge von den gesetzlichen Mindestlöhnen auf ein Minimum beschränkt werden, wobei sicherzustellen ist, dass die Sozialpartner bei deren Festlegung gebührend konsultiert werden. In einigen Fällen können Abzüge vom gesetzlichen Mindestlohn durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sein, etwa wenn die ausbezahlten Beträge zu hoch angesetzt waren oder wenn eine Justizbehörde Abzüge anordnet. In anderen Fällen hingegen, wenn die Abzüge z. B. im Zusammenhang mit der für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlichen Ausrüstung stehen oder auf Sachleistungen, z. B. auf die Unterkunft, angewandt werden, können sie ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig sein.

(23)Ein wirksames Durchsetzungssystem, einschließlich Kontrollen und Inspektionen vor Ort, ist erforderlich, um zu gewährleisten, dass die nationalen Rahmenregelungen für den gesetzlichen Mindestlohn gut funktionieren. Um die Wirksamkeit der Durchsetzungsbehörden zu stärken, ist zudem eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erforderlich, auch um kritische Herausforderungen wie Unterauftragsvergabe, Scheinselbstständigkeit oder Nichterfassung von Überstunden anzugehen. Darüber hinaus sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leichten Zugang zu zweckdienlichen Informationen über geltende gesetzliche Mindestlöhne haben, um ein angemessenes Maß an Transparenz und Vorhersehbarkeit in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

(24)Die wirksame Umsetzung des Mindestlohnschutzes, der gesetzlich vorgeschrieben oder in Tarifverträgen vorgesehen ist, ist für die Ausführung von öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen von entscheidender Bedeutung. In der Tat kann es vorkommen, dass bei der Durchführung solcher Verträge oder im Zuge der Unterauftragsvergabe Tarifverträge, die einen Mindestlohn in einem bestimmten Sektor vorsehen, nicht eingehalten werden, was dazu führt, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weniger bezahlt wird als der in den Branchentarifverträgen vereinbarte Lohn. Um solche Situationen zu vermeiden, müssen die Wirtschaftsteilnehmer ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die in Tarifverträgen für den betreffenden Sektor und das betreffende geografische Gebiet festgelegten Löhne gewähren, um die geltenden arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gemäß Artikel 18 Absatz 2 und Artikel 71 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe 40 , Artikel 36 Absatz 2 und Artikel 88 Absatz 1 der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste 41 und Artikel 30 Absatz 3 und Artikel 42 Absatz 1 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe 42 zu erfüllen.

(25)Nur durch zuverlässiges Monitoring und eine zuverlässige Datenerhebung lassen sich Mindestlöhne wirksam schützen. Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament und dem Rat jedes Jahr auf der Grundlage von Daten und Informationen, die von den Mitgliedstaaten jährlich vorzulegen sind, einen Bericht mit ihrer Bewertung der Entwicklung der Angemessenheit und Abdeckung der Mindestlöhne vorlegen. Darüber hinaus sollten die Fortschritte im Rahmen der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierung auf Unionsebene überwacht werden. In diesem Zusammenhang sollte der Beschäftigungsausschuss jedes Jahr auf der Grundlage der von der Kommission erstellten Berichte und anderer multilateraler Überwachungsinstrumente, wie dem Benchmarking, die Lage in den Mitgliedstaaten prüfen.

(26)Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten in der Lage sein, ihr Recht auf Verteidigung auszuüben, wenn ihre Rechte in Bezug auf den festgelegten Mindestlohnschutz verletzt werden. Um zu verhindern, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihre Rechte vorenthalten werden, sollten die Mitgliedstaaten – unbeschadet spezifischer Rechtsbehelfe und Möglichkeiten der Streitbeilegung, die in Tarifverträgen vorgesehen sind, einschließlich Systeme zur Streitbeilegung auf kollektiver Ebene – die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sie Zugang zu einer wirksamen und unparteiischen Streitbeilegung und Anspruch auf Rechtsbehelfe, einschließlich einer angemessenen Entschädigung, haben sowie einen wirksamen Schutz vor jeder Form von Benachteiligung genießen, wenn sie von ihrem Recht auf Verteidigung Gebrauch machen.

(27)Die Kommission sollte eine Bewertung vornehmen, die die Grundlage für eine Überprüfung der wirksamen Umsetzung dieser Richtlinie bildet. Der Rat und das Europäische Parlament sollten über die Ergebnisse dieser Überprüfung unterrichtet werden.

(28)Die von den Mitgliedstaaten erlassenen Reformen und Maßnahmen zur Förderung eines angemessenen Mindestlohnschutzes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sie sind jedoch weder umfassend noch systematisch. Außerdem sind einzelne Länder möglicherweise kaum geneigt, Verbesserungen bei der Angemessenheit und Abdeckung der Mindestlöhne anzustreben, da sie dies als ungünstig für ihre externe Kostenwettbewerbsfähigkeit einschätzen könnten. Da die Ziele dieser Richtlinie von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(29)Mit dieser Richtlinie werden Mindestanforderungen festgelegt, sodass das Recht der Mitgliedstaaten unberührt bleibt, günstigere Bestimmungen einzuführen oder beizubehalten. Gemäß dem derzeitigen nationalen Rechtsrahmen erworbene Ansprüche sollten weiterhin gelten, es sei denn, durch diese Richtlinie werden günstigere Bestimmungen eingeführt. Die Umsetzung dieser Richtlinie darf weder zum Abbau von Rechtsvorschriften genutzt werden, die in diesem Bereich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, noch kann sie eine Rechtfertigung für die Absenkung des allgemeinen Schutzniveaus der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dem von der Richtlinie erfassten Bereich sein.

(30)Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten administrative, finanzielle oder rechtliche Auflagen vermeiden, die der Gründung und dem Ausbau von Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen. Die Mitgliedstaaten sind daher aufgefordert, die Auswirkungen ihres Umsetzungsrechtsakts auf kleine und mittlere Unternehmen zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden – wobei ein besonderes Augenmerk auf Kleinstunternehmen und auf dem Verwaltungsaufwand liegen sollte –, und das Ergebnis dieser Prüfung zu veröffentlichen. Sollte festgestellt werden, dass Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, sollten die Mitgliedstaaten die Einführung von Maßnahmen in Erwägung ziehen, um diese Unternehmen bei der Anpassung ihrer Vergütungsstrukturen an die neuen Anforderungen zu unterstützen.

(31)Das Instrument für technische Unterstützung 43 und der Europäische Sozialfonds Plus 44 stehen den Mitgliedstaaten zur Verfügung, um die technischen Aspekte der Mindestlohnrahmen weiterzuentwickeln oder zu verbessern, einschließlich in Bezug auf Bewertung der Angemessenheit, Monitoring und Datenerhebung, Ausweitung des Zugangs sowie Durchsetzung und allgemeinen Kapazitätsaufbau im Zusammenhang mit der Umsetzung solcher Rahmen –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

1.Zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Union wird mit dieser Richtlinie ein Rahmen geschaffen für

(a)die Festlegung von Mindestlöhnen auf einem angemessenen Niveau;

(b)den Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Mindestlohnschutz in Form von tarifvertraglich festgelegten Löhnen oder, sofern vorhanden, in Form eines gesetzlichen Mindestlohns.

Diese Richtlinie achtet uneingeschränkt die Autonomie der Sozialpartner sowie deren Recht, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen.

2.Diese Richtlinie berührt nicht die Entscheidung der Mitgliedstaaten, gesetzliche Mindestlöhne festzulegen oder den Zugang zum tarifvertraglich garantierten Mindestlohnschutz zu fördern.

3.Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, in denen der Mindestlohnschutz ausschließlich tarifvertraglich geregelt ist, weder zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns noch zur flächendeckenden Einführung von Tarifverträgen.

Artikel 2

Geltungsbereich

Diese Richtlinie gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Union, die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen ist.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

(1)„Mindestlohn“ das Mindestentgelt, das ein Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für die in einem bestimmten Zeitraum geleistete Arbeit zu zahlen hat, berechnet auf der Grundlage von Zeit oder Output;

(2)„gesetzlicher Mindestlohn“ einen gesetzlich oder durch andere verbindliche Rechtsvorschriften festgelegten Mindestlohn;

(3)„Tarifverhandlungen“ alle Verhandlungen zwischen einem Arbeitgeber, einer Gruppe von Arbeitgebern oder einer oder mehreren Arbeitgeberorganisationen einerseits und einer oder mehreren Arbeitnehmerorganisationen andererseits zur Festlegung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und/oder zur Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und/oder zur Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitgebern oder ihren Organisationen und einer Arbeitnehmerorganisation oder Arbeitnehmerorganisationen;

(4)„Tarifvertrag“ alle schriftlichen Vereinbarungen über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die von den Sozialpartnern als Ergebnis von Tarifverhandlungen geschlossen werden;

(5)„tarifvertragliche Abdeckung“ den Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf nationaler Ebene, für die ein Tarifvertrag gilt.

Artikel 4

Förderung von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung

1.Um die tarifvertragliche Abdeckung zu erhöhen, ergreifen die Mitgliedstaaten in Absprache mit den Sozialpartnern mindestens folgende Maßnahmen:

a)Förderung des Auf- und Ausbaus der Kapazitäten der Sozialpartner, Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung auf sektoraler oder branchenübergreifender Ebene zu führen;

b)Förderung konstruktiver, zielführender und fundierter Lohnverhandlungen zwischen den Sozialpartnern.

2.Mitgliedstaaten, in denen die tarifvertragliche Abdeckung weniger als 70 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß Artikel 2 umfasst, sehen zusätzlich einen Rahmen vor, der die Voraussetzungen für Tarifverhandlungen schafft, entweder durch Erlass eines Gesetzes nach Anhörung der Sozialpartner oder durch eine Vereinbarung mit diesen, und erstellen einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen. Der Aktionsplan wird veröffentlicht und der Europäischen Kommission mitgeteilt.

KAPITEL II

GESETZLICHE MINDESTLÖHNE

Artikel 5

Angemessenheit

1.Die Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Mindestlöhne anhand von Kriterien festgelegt und aktualisiert werden, die die Angemessenheit dieser Löhne fördern und dem Ziel angemessener Arbeits- und Lebensbedingungen, des sozialen Zusammenhalts und der Aufwärtskonvergenz entsprechen. Die Mitgliedstaaten legen diese Kriterien im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten entweder in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, in Beschlüssen der zuständigen Stellen oder in dreiseitigen Vereinbarungen fest. Die Kriterien müssen stabil und klar definiert sein.

2.Die nationalen Kriterien nach Absatz 1 umfassen mindestens die folgenden Aspekte:

(a)die Kaufkraft der gesetzlichen Mindestlöhne unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten sowie der Steuer- und Sozialabgaben;

(b)das allgemeine Niveau der Bruttolöhne und ihre Verteilung;

(c)die Wachstumsrate der Bruttolöhne;

(d)Entwicklung der Arbeitsproduktivität.

3.Die Mitgliedstaaten legen bei ihrer Bewertung der Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne im Verhältnis zum allgemeinen Niveau der Bruttolöhne Richtwerte zugrunde, wie sie auf internationaler Ebene üblich sind.

4.Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Mindestlöhne regelmäßig und rechtzeitig aktualisiert werden, damit ihre Angemessenheit gewahrt bleibt.

5.Die Mitgliedstaaten richten Beratungsgremien ein, die die zuständigen Stellen in Fragen des gesetzlichen Mindestlohns beraten.

Artikel 6

Variationen und Abzüge

1.Die Mitgliedstaaten können für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unterschiedliche Sätze des gesetzlichen Mindestlohns zulassen. Die Mitgliedstaaten beschränken diese Variationen auf ein Minimum und stellen sicher, dass sie in jedem Fall diskriminierungsfrei, verhältnismäßig, gegebenenfalls zeitlich begrenzt sowie objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind.

2.Die Mitgliedstaaten können per Gesetz Abzüge zulassen, durch die das den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gezahlte Entgelt auf ein Niveau unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns gesenkt wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Abzüge von den gesetzlichen Mindestlöhnen notwendig, objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.

Artikel 7

Beteiligung der Sozialpartner an der Festlegung und Aktualisierung des gesetzlichen Mindestlohns

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sozialpartner rechtzeitig und wirksam in die Festlegung und Aktualisierung des gesetzlichen Mindestlohns einbezogen werden, unter anderem durch die Beteiligung an den in Artikel 5 Absatz 5 genannten Beratungsgremien, insbesondere in Bezug auf

(a)die Auswahl und Anwendung der in Artikel 5 Absätze 1 bis 3 genannten Kriterien und Richtwerte für die Bestimmung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns;

(b)die Aktualisierung der Höhe des Mindestlohns gemäß Artikel 5 Absatz 4;

(c)die Festlegung von Variationen und Abzügen bei den gesetzlichen Mindestlöhnen gemäß Artikel 6;

(d)die Erhebung von Daten und die Durchführung von Studien zur Unterrichtung der für die Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns zuständigen Stellen.

Artikel 8

Wirksamer Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gesetzlichen Mindestlöhnen

Die Mitgliedstaaten ergreifen in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern folgende Maßnahmen, um den Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum gesetzlichen Mindestlohnschutz in geeigneter Weise zu verbessern:

(1)Verstärkung der Kontrollen und Inspektionen vor Ort, die von den Arbeitsaufsichtsbehörden oder den für die Durchsetzung der gesetzlichen Mindestlöhne zuständigen Stellen durchgeführt werden. Die Kontrollen und Inspektionen müssen verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein;

(2)Ausarbeitung von Leitlinien für Durchsetzungsbehörden, damit diese proaktiv gegen Unternehmen, die die Vorschriften nicht einhalten, vorgehen und sie verfolgen können;

(3)Gewährleistung öffentlich verfügbarer, klarer, umfassender und leicht zugänglicher Informationen über die gesetzlichen Mindestlöhne.

KAPITEL III

HORIZONTALE BESTIMMUNGEN

Artikel 9

Öffentliches Auftragswesen

Im Einklang mit den Richtlinien 2014/24/EU, 2014/25/EU und 2014/23/EU ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionsverträgen die für die jeweilige Branche und die jeweilige Region tarifvertraglich festgelegten Löhne bzw. gegebenenfalls die gesetzlichen Mindestlöhne einhalten.

Artikel 10

Monitoring und Datenerhebung

1.Die Mitgliedstaaten beauftragen ihre zuständigen Behörden mit der Entwicklung wirksamer Datenerhebungsinstrumente zwecks Monitoring von Abdeckung und Angemessenheit der Mindestlöhne.

2.Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich vor dem 1. Oktober folgende Daten:

(a)Für gesetzliche Mindestlöhne:

i)Höhe des gesetzlichen Mindestlohns und Anteil der davon erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;

ii)bestehende Variationen und Anteil der davon erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;

iii)bestehende Abzüge;

iv)Quote der tarifvertraglichen Abdeckung.

(b)Für den ausschließlich tarifvertraglich festgelegten Mindestlohnschutz:

i)Aufteilung der entsprechenden Löhne in Dezile, gewichtet nach dem Anteil der erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;

ii)Quote der tarifvertraglichen Abdeckung;

iii)Lohnniveau bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, für die kein tarifvertraglich festgelegter Mindestlohnschutz gilt, und Verhältnis zum Lohnniveau bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die einen solchen Mindestschutz genießen.

Die Mitgliedstaaten übermitteln die in diesem Absatz genannten Statistiken und Informationen aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Alter, Behinderung, Unternehmensgröße und Branche.

Der erste Bericht bezieht sich auf die Jahre [X, Y, Z: die drei Jahre vor dem Jahr der Umsetzung] und wird vorgelegt bis zum [1. Oktober YY: Jahr nach der Umsetzung]. Die Mitgliedstaaten können auf Statistiken und Informationen verzichten, die nicht vor dem [Datum der Umsetzung] vorliegen.

Die Kommission kann die Mitgliedstaaten auffordern, von Fall zu Fall weitere Informationen zu übermitteln, wenn sie diese Informationen für das Monitoring der wirksamen Umsetzung dieser Richtlinie für erforderlich hält.

3.Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Informationen über den Mindestlohnschutz, einschließlich zu Tarifverträgen und darin vorgesehenen Lohnbestimmungen, transparent und öffentlich zugänglich sind.

4.Die Kommission bewertet die von den Mitgliedstaaten in den Berichten nach Absatz 2 übermittelten Daten und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich Bericht.

5.Auf der Grundlage des Kommissionsberichts prüft der gemäß Artikel 150 AEUV eingesetzte Beschäftigungsausschuss jedes Jahr die Förderung von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung sowie die Förderung der Angemessenheit der Mindestlöhne in den Mitgliedstaaten.

Artikel 11

Anspruch auf Rechtsbehelfe und Schutz vor Benachteiligung oder negativen Konsequenzen

1.Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist, unbeschadet besonderer Formen von Rechtsbehelfen und Streitbeilegungsverfahren, die gegebenenfalls in Tarifverträgen vorgesehen sind, bei Verstößen gegen ihre Rechte in Bezug auf gesetzliche Mindestlöhne oder den durch Tarifverträge garantierten Mindestlohnschutz Zugang zu einer wirksamen und unparteiischen Streitbeilegung und Anspruch auf Rechtsbehelfe, einschließlich einer angemessenen Entschädigung, haben.

2.Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen, die in der Arbeitnehmervertretung tätig sind, vor Benachteiligungen durch den Arbeitgeber und vor nachteiligen Folgen zu schützen, die sich aus einer Beschwerde beim Arbeitgeber oder aus Verfahren ergeben, die eingeleitet wurden, um die Einhaltung der Rechte in Bezug auf gesetzliche Mindestlöhne oder den durch Tarifverträge garantierten Mindestlohnschutz durchzusetzen.

Artikel 12

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen Regeln für Sanktionen bei Verstößen gegen nationale Bestimmungen fest. Die vorgesehenen Sanktionen sind wirksam, verhältnismäßig und abschreckend.

KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 13

Durchführung

Die Mitgliedstaaten können die Sozialpartner mit der Durchführung dieser Richtlinie betrauen, wenn die Sozialpartner dies gemeinsam beantragen. Dabei treffen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse jederzeit gewährleistet sind.

Artikel 14

Verbreitung von Informationen

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Arbeitgeber, einschließlich KMU, von den nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie sowie von den einschlägigen Bestimmungen, die bereits in Bezug auf den in Artikel 1 genannten Gegenstand in Kraft sind, Kenntnis erhalten.

Artikel 15

Bewertung und Überprüfung

Die Kommission nimmt bis [fünf Jahre nach dem Datum der Umsetzung] eine Bewertung der Richtlinie vor. Anschließend legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Überprüfung der Umsetzung der Richtlinie vor und schlägt gegebenenfalls legislative Änderungen vor.

Artikel 16

Regressionsverbot und günstigere Bestimmungen

1.Diese Richtlinie rechtfertigt nicht eine Verringerung des den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten bereits jetzt gewährten allgemeinen Schutzniveaus.

2.Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen zu fördern oder zuzulassen.

3.Diese Richtlinie lässt andere Rechte unberührt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch andere Rechtsakte der Union erteilt worden sind.

Artikel 17

Umsetzung

1.Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie binnen [zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

2.Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 18

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 19

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

Im Namen des Europäischen Parlaments    Im Namen des Rates

Der Präsident    Der Präsident

(1)    Mitteilung der Kommission, Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang (COM(2020) 14 final).
(2)    Konsultationspapier, Erste Phase der Konsultation der Sozialpartner gemäß Artikel 154 AEUV zu einer möglichen Maßnahme zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit gerechten Mindestlöhnen (C(2020) 83 final).
(3)    Die Indikatoren und die entsprechenden Referenzwerte beziehen sich auf monatliche Mindestlöhne.
(4)    Auf internationaler Ebene übliche Indikatoren zur Bewertung der Angemessenheit, wie z. B. der Kaitz-Index, vergleichen den Mindestlohn mit dem Median- oder Durchschnittslohn. Darüber hinaus wird mit dem vom Europarat definierten angemessenen Lebensstandard der Nettomindestlohn mit dem durchschnittlichen Nettolohn verglichen.
(5)    Beschluss (EU) 2020/1512 des Rates vom 13. Oktober 2020 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten.
(6)    Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union.
(7)    Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“).
(8)    Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung).
(9)    Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.
(10)    Empfehlung der Kommission vom 3. Oktober 2008 zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen (2008/867/EG).
(11)    Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG.
(12)    Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe.
(13)    Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG.
(14)    Mitteilung der Kommission (COM(2020) 575 final).
(15)    Mitteilung der Kommission (COM(2019) 650 final).
(16)    Siehe Anhang A12.11 der Folgenabschätzung.
(17)    Konsultationspapier, Erste Phase der Konsultation der Sozialpartner gemäß Artikel 154 AEUV zu einer möglichen Maßnahme zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit gerechten Mindestlöhnen (C(2020) 83 final).
(18)    Konsultationspapier, Zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner zu einer möglichen Maßnahme zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit gerechten Mindestlöhnen, C(2020) 3570 final, mit der dazugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2020) 105 final.
(19)    Siehe Anhang A.2.3 der Folgenabschätzung.
(20)    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2019 zu der Beschäftigungs- und Sozialpolitik des Euro-Währungsgebiets, 2019/2111.
(21)    Stellungnahme des EWSA vom 18. September 2020 über Angemessene Mindestlöhne in ganz Europa, SOC/632.
(22)    Siehe Anhang A.2.4 der Folgenabschätzung.
(23)    Studie eines externen Auftragnehmers, die Mitte 2019 zur Vorbereitung der Folgenabschätzung in Auftrag gegeben wurde.
(24)    Studie eines externen Auftragnehmers, die Mitte 2019 zur Vorbereitung der Folgenabschätzung in Auftrag gegeben wurde.
(25)    Studie eines externen Auftragnehmers, die Mitte 2019 zur Vorbereitung der Folgenabschätzung in Auftrag gegeben wurde.
(26)    Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration, Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen sowie Gemeinsame Forschungsstelle.
(27)    Siehe Anhang I der Folgenabschätzung.
(28)    Durchschnittliche Ergebnisse der Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten für das Szenario mit einer Anhebung des Mindestlohns auf 60 % des Bruttomedianlohns oder 50 % des Brutto-Durchschnittslohns. Siehe Anhang A.12.2 der Folgenabschätzung.
(29)    Die Reagibilität der Beschäftigung gegenüber Lohnerhöhungen wurde auf der Grundlage des durchschnittlichen Ergebnisses von 48 internationalen Studien geschätzt; erstellt von Dube, A. (2019): “Impacts of minimum wages: review of the international evidence”. Bericht für die UK Low-Pay Commission (Niedriglohnkommission des Vereinigten Königreichs).
(30)    Artikel 23 (Gleichheit von Frauen und Männern) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union besagt: „Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen. Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.
(31)    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2020 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (COM(2020) 409 final).
(32)    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) (COM(2018) 382 final).
(33)    Auf internationaler Ebene übliche Indikatoren zur Bewertung der Angemessenheit, wie z. B. der Kaitz-Index, vergleichen den Mindestlohn mit dem Median- oder Durchschnittslohn. Darüber hinaus wird mit dem vom Europarat definierten angemessenen Lebensstandard der Nettomindestlohn mit dem durchschnittlichen Nettolohn verglichen. Auch der Mindestlohn und die Armutsgefährdungsquote werden häufig miteinander verglichen.
(34)    ABl. C vom , S. .
(35)    ABl. C vom , S. .
(36)    Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2012/C 326/02) (ABl. C 326/391 vom 26.10.2012).
(37)    Beschluss (EU) 2020/1512 des Rates vom 13. Oktober 2020 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 344 vom 19.10.2020, S. 22).
(38)    Mitteilung der Kommission COM(2020) 575 final.
(39)    Mitteilung der Kommission COM(2019) 650 final.
(40)    Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).
(41)    Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).
(42)    Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1).
(43)    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2020 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (COM(2020) 409 final).
(44)    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) (COM(2018) 382 final).