Brüssel, den 23.9.2020

COM(2020) 611 final

2016/0224(COD)

Geänderter Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Kontext und Gründe für den Vorschlag

Im September 2019 kündigte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen ein neues Migrations- und Asylpaket an, das ein Gesamtkonzept für die Außengrenzen, die Asyl- und Rückführungssysteme, den Schengen-Raum der Freizügigkeit und die externe Dimension beinhaltet.

Die Mitteilung über ein neues Migrations- und Asylpaket, die zusammen mit einer Reihe von Legislativvorschlägen – darunter der vorliegende Vorschlag von 2016 zur Änderung des Vorschlags für eine Neufassung der Asylverfahrensverordnung – vorgelegt wurde, steht für einen Neuanfang in der Migrationspolitik. Ziel ist es, einen umfassenden Rahmen zu schaffen, der auf einem Gesamtkonzept für das Migrationsmanagement beruht und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten fördert. Auf der Grundlage der übergreifenden Grundsätze der Solidarität und einer gerechten Teilung der Verantwortung bezweckt das neue Paket eine integrierte Politik, die die politischen Strategien in den Bereichen Asyl, Migration, Rückkehr und Rückführung, Schutz der Außengrenzen und Beziehungen zu wichtigen Drittstaaten in sich vereint.

Die Herausforderungen im Bereich des Migrationsmanagements – darunter irreguläre Einreisen sowie das Thema Rückkehr/Rückführung – sollten nicht von einzelnen Mitgliedstaaten alleine bewältigt werden müssen, sondern von der gesamten EU angegangen werden. Dazu bedarf es eines europäischen Rahmens, der die Politik und die Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten eng miteinander verzahnt. Dieser Rahmen muss den sich ständig verändernden Realitäten im Bereich der Migration Rechnung tragen, die zu einer höheren Komplexität und einem stärkeren Koordinierungsbedarf geführt haben. Zwar ist bei der Zahl der irregulären Einreisen in die Union seit 2015 ein drastischer Rückgang um 92 % zu verzeichnen, doch gibt es nach wie vor eine Reihe struktureller Probleme, die die Asyl-, Aufnahme- und Rückführungssysteme der Mitgliedstaaten belasten: So wächst der Anteil der Personen, die internationalen Schutz beantragen, auch wenn sie praktisch keine Chance haben, in der EU Schutz zu erhalten. Dies führt zu einem höheren Verwaltungsaufwand, zu Verzögerungen bei der Gewährung von Schutz für tatsächlich schutzbedürftige Personen sowie zu dem dauerhaften Problem, dass Migranten innerhalb der EU weiterreisen. Zudem haben die Behörden der Mitgliedstaaten aufgrund der COVID-19-Krise die schwierige Aufgabe, die Sicherheit der Antragsteller und ihres eigenen Personals zu gewährleisten.

Zwar ist die Zahl der irregulären Einreisen seit 2015 zurückgegangen, doch ist der Anteil der Migranten, die aus Ländern mit Anerkennungsquoten von weniger als 20 % kommen, von 13 % im Jahr 2015 auf 55 % im Jahr 2018 gestiegen. Gleichzeitig gibt es immer mehr komplexe Fälle, die mit einem größeren Bearbeitungsaufwand verbunden sind, da die Neuankömmlinge – anders als in den Jahren 2015 und 2016, wo ein Zustrom von Drittstaatsangehörigen, die eindeutig internationalen Schutz benötigten, zu verzeichnen war – nun teils unterschiedlichen Gruppen angehören, deren Anerkennungsquoten sich stärker unterscheiden. Darüber hinaus ist trotz des EU-weiten Rückgangs der irregulären Einreisen die Zahl der Anträge auf internationalen Schutz weiter gestiegen und hat sich gegenüber der Zahl der Einreisen vervierfacht. Dieser Trend deutet darauf hin, dass Anträge nicht im Mitgliedstaat der ersten Einreise bzw. dass Mehrfachanträge auf internationalen Schutz in der EU gestellt werden und dass das derzeitige Dublin-System reformiert werden muss. Zudem wurde im Jahr 2019 die Hälfte aller Personen, die auf dem Seeweg irregulär in die EU kamen, nach Such- und Rettungseinsätzen ausgeschifft, wodurch bestimmte Mitgliedstaaten allein aufgrund ihrer geografischen Lage besonders unter Druck kamen.

Der gestiegene Anteil der Asylbewerber, die in der EU wahrscheinlich keinen internationalen Schutz erhalten, führt nicht nur im Hinblick auf die Bearbeitung von Asylanträgen allgemein, sondern auch in Bezug auf die Rückführung der Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, zu einer höheren Belastung. Jedes Jahr erhalten durchschnittlich 370 000 Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, einen ablehnenden Bescheid und müssen dem Rückkehrverfahren zugeführt werden; dies entspricht etwa 80 % aller Rückkehrentscheidungen, die jedes Jahr ergehen. Um die Effizienz und Kohärenz des Asyl- und Migrationssystems allgemein zu verbessern, müssen Asyl- und Rückkehrverfahren lückenlos ineinander greifen. Irreguläre Migranten, die keinen Schutz benötigen oder nicht beabsichtigen, internationalen Schutz zu beantragen, sollten rasch in das Rückkehrverfahren übergeleitet werden. Bestehende Verfahrenslücken müssen beseitigt werden, z. B. der separate Erlass von Asyl- und Rückkehrentscheidungen sowie Verzögerungen bei der Ausstellung von Rückkehrentscheidungen, separate Rechtsbehelfe, Verfahrensverzögerungen durch Antragsteller allein zu dem Zweck, ihre Rückführung zu behindern, die auf diese Weise den durch das Asylsystem gewährten Schutz missbrauchen, sowie die Möglichkeit, Antragstellern während eines zweiten oder weiteren Rechtsbehelfs den Verbleib im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu gestatten.

Gleichzeitig ist es wichtig, ein stärker europäisch ausgerichtetes Rückkehrsystem zu schaffen. Die Kommission hat 2018 einen Vorschlag zur Neufassung der Rückführungsrichtlinie vorgelegt, um das Management und die Wirksamkeit von Rückkehrmaßnahmen zu verbessern. Ziel dieses Vorschlags ist es, Flucht und unerlaubte Migrationsbewegungen zu verhindern bzw. zu verringern, Asyl- und Rückkehrverfahren stärker miteinander zu verzahnen, die Nutzung von Programmen für die unterstützte freiwillige Rückkehr zu fördern und die Überwachung und Durchführung mithilfe nationaler Fallbearbeitungssysteme zu verbessern. Neben den Verfahrensfragen, die Gegenstand dieses Vorschlags für eine Verordnung sowie des Vorschlags für eine Neufassung der Rückführungsrichtlinie sind, erfordert ein stärker europäisch ausgerichtetes Rückkehrsystem die vollständige Umsetzung der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache (mit Frontex als operativem Arm der EU im Bereich der Rückkehr), ein umfassendes operatives Instrument zur Verbesserung der Fallbearbeitung bei Rückführungen, eine nachhaltige Rückkehr- und Wiedereingliederungsstrategie, die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Rückübernahme und eine strukturierte Zusammenarbeit auf hoher Ebene unter der Leitung eines EU-Rückkehrkoordinators.

Ebenso stellt das derzeitige Migrationsmanagementsystem nach wie vor eine große Belastung für die Mitgliedstaaten der ersten Einreise und – aufgrund der unerlaubten Migrationsbewegungen – für die Asylsysteme anderer Mitgliedstaaten dar. Das gegenwärtige System reicht nicht aus, um dieser Realität Rechnung zu tragen. Insbesondere gibt es derzeit keinen wirksamen Solidaritätsmechanismus und keine klaren Regeln, um unerlaubte Migrationsbewegungen zu verhindern und dagegen vorzugehen.

Das neue Migrations- und Asylpaket baut auf den Vorschlägen der Kommission zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems von 2016 und 2018 auf und enthält zusätzlich neue Elemente, um das Gleichgewicht zu gewährleisten, das ein gemeinsamer Rahmen erfordert, der alle Aspekte der Asyl- und Migrationspolitik vereint.

Dieser Vorschlag zur Änderung des Vorschlags für eine Asylverfahrensverordnung 1 aus dem Jahr 2016 schafft – gemeinsam mit dem neuen Vorschlag für eine Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement, dem Vorschlag zur Einführung eines Screenings 2 , dem Vorschlag zur Änderung des Eurodac-Vorschlags und dem Vorschlag zur Einführung von Verfahren und Mechanismen zur Bewältigung von Krisensituationen – den Rechtsrahmen, mit dem dieses Gesamtkonzept für Migrations- und Asylmanagement in die Praxis umgesetzt wird.

Zusammen mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings gewährleistet er die nahtlose Verknüpfung aller Phasen des Migrationsverfahrens: von einer neuen Phase vor der Einreise bis hin zum Ergebnis eines Asylantrags, d. h. der Integration von Personen, deren Schutzbedürfnis anerkannt wurde, oder der Rückführung von Antragstellern ohne Bleiberecht in der Union. Die Phase vor der Einreise umfasst ein Screening mit Identitätsprüfung sowie Gesundheits- und Sicherheitskontrollen bei der Ankunft, um die betreffende Person rasch dem entsprechenden Verfahren – Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz, Rückkehrverfahren oder Einreiseverweigerung – zuzuführen.

Mit dem Vorschlag zur Änderung des Vorschlags von 2016 für eine Neufassung der Eurodac-Verordnung wird eine klare und kohärente Verbindung zwischen bestimmten Personen und den Verfahren, denen sie unterliegen, hergestellt, um die Kontrolle der irregulären Migration und die Aufdeckung unerlaubter Migrationsbewegungen besser zu unterstützen. Ferner fördert der Vorschlag die Umsetzung des mit der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement eingeführten neuen Solidaritätsmechanismus, er enthält die notwendigen Änderungen, die das Funktionieren von Eurodac innerhalb des Interoperabilitätsrahmens ermöglichen, und er unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Kontrolle der Hilfen, die für die freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung gewährt werden.

Zusammen mit diesen Vorschlägen legt die Kommission auch einen Vorschlag für eine Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen vor, in der die für den Krisenfall erforderlichen Instrumente festgelegt werden. Dieses Kriseninstrument ist für einen außergewöhnlichen Massenzustrom von irregulär in einem Mitgliedstaat eintreffenden Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gedacht, der aufgrund seines Umfangs und seiner Art bewirken würde, dass das Asyl-, Aufnahme- oder Rückführungssystem eines Mitgliedstaats nicht mehr funktionsfähig wäre. Ferner werden Situationen erfasst, bei denen die unmittelbare Gefahr eines solchen Zustroms besteht, der schwerwiegende Folgen für das Funktionieren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des Migrationsmanagementsystems der Union hätte oder bewirken würde, dass diese Systeme nicht mehr angewandt werden können. In der Verordnung werden Verfahren zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl innerhalb der EU sowie mögliche Abweichungen von den geltenden EU-Rechtvorschriften im Bereich Asyl und Rückkehr festgelegt. Darüber hinaus enthält die Verordnung spezifische Vorschriften, die für die Anwendung des in der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement vorgesehenen Solidaritätsmechanismus in Krisensituationen gelten.

Die Reform ist eine Reaktion darauf, dass die Asyl-, Aufnahme- und Rückführungssysteme der Mitgliedstaaten trotz einer deutlich verstärkten Zusammenarbeit auf EU-Ebene, unter anderem in Form von Unterstützung durch die EU-Agenturen, nach wie vor größtenteils nicht harmonisiert sind. Dies führt zu Ineffizienz und hat die unbeabsichtigte Folge, dass Asylbewerber nicht europaweit die gleiche faire Behandlung erfahren. So besteht für zahlreiche Migranten der Anreiz, innerhalb Europas an einen Ort weiterzureisen, wo die Bedingungen und Aussichten für ihren Aufenthalt vielleicht besser sind. In diesem Zusammenhang unterstützt die Kommission die bereits erzielten vorläufigen politischen Einigungen über die Anerkennungsverordnung, die Richtlinie über Aufnahmebedingungen, die EU-Neuansiedlungsverordnung und die Verordnung über die EU-Asylagentur. Diese Rechtsakte sollten so schnell wie möglich angenommen werden. Auch die Verhandlungen über die Rückführungsrichtlinie sollten – zusammen mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems – zügig abgeschlossen werden, um sicherzustellen, dass mit den EU-Vorschriften Flucht verhindert werden kann, die freiwillige Rückkehr unterstützt wird und die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gestrafft werden, um das wirksame Funktionieren der Asyl- und Migrationsmanagementsysteme zu stärken.

·Ziele des Vorschlags

Die Ziele des Vorschlags für eine Asylverfahrensverordnung aus dem Jahr 2016 sind nach wie vor relevant und müssen weiterverfolgt werden. Es muss ein gemeinsames Asylverfahren eingeführt werden, das die unterschiedlichen Verfahren in den Mitgliedstaaten ersetzt und auf alle in den Mitgliedstaaten gestellten Anträge anwendbar ist. Um einen wirksamen und fundierten Entscheidungsprozess zu gewährleisten, bedarf es ferner einfacherer, klarerer und kürzerer Verfahren sowie angemessener Verfahrensgarantien und Instrumente zur Bekämpfung von Missbrauch von Asylverfahren und zur Verhinderung unerlaubter Migrationsbewegungen. So können Ressourcen effizienter genutzt und die Rechte von Antragstellern gestärkt werden, schutzbedürftige Personen zügiger internationalen Schutz erhalten und abgelehnte Antragsteller ohne Bleiberecht in der Union schneller rückgeführt werden.

Die Verfahrensgarantien für Antragsteller sollten gewahrt werden, insbesondere das Recht der Antragsteller auf Information über ihre Rechte, Pflichten und die Konsequenzen einer Nichteinhaltung ihrer Pflichten sowie das Recht auf eine persönliche Anhörung, Verdolmetschung sowie eine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung. All diese zentralen Elemente eines fairen Asylverfahrens, die Teil des Kommissionsvorschlags von 2016 sind, bleiben gültig und müssen von den gesetzgebenden Organen beschlossen werden.

Darüber hinaus müssen die Vorschriften in Bezug auf sichere Herkunftsstaaten und sichere Drittstaaten gestrafft und harmonisiert werden. Das EASO kann die gesetzgebenden Organe mit Analysen und Informationen zur aktuellen Lage in den betreffenden Ländern unterstützen.

Vor diesem Hintergrund hält die Kommission weitreichende Änderungen an dem Vorschlag von 2016, bei dem die gesetzgebenden Organe bereits erhebliche Fortschritte erzielt haben, nicht für erforderlich. Im Rahmen der bisherigen Verhandlungen konnten sich die Mitgliedstaaten jedoch noch nicht darauf verständigen, welche Bedingungen für die Anwendung des Grenzverfahrens gelten sollten und inwieweit das Verfahren für die Mitgliedstaaten verpflichtend sein sollte. Diese Frage wurde von den meisten Mitgliedstaaten in den Konsultationen als Schlüsselelement für einen Gesamtkompromiss über das Reformpaket genannt. Darüber hinaus verwiesen viele Mitgliedstaaten auf das Problem von Folgeanträgen durch Personen, die keinen internationalen Schutz benötigen, und von ineffizienten Rechtsbehelfsverfahren – zwei Aspekte, die die Rückkehrverfahren erheblich behindern. Der vorliegende Vorschlag enthält gezielte Änderungen am Vorschlag von 2016, die diesen spezifischen Herausforderungen Rechnung tragen, den Zielen förderlich sind und zusammen mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings dafür sorgen, dass alle Phasen des Migrationsprozesses – von der Ankunft bis zur Bearbeitung der Asylanträge und gegebenenfalls bis zur Rückführung – nahtlos miteinander verknüpft werden.

Um den gestiegenen Druck aufgrund des Zustroms von Migranten mit geringen Schutzaussichten zu bewältigen, bedarf es neuer Instrumente für das Migrationsmanagement. Dazu zählen auch stärker harmonisierte Verfahren, insbesondere an der Außengrenze. Zu diesem Zweck wird eine Phase vor der Einreise eingeführt, die ein Screening sowie ein Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze umfasst. Während des Screenings werden die Migranten registriert, einer Identitätsprüfung sowie Gesundheits- und Sicherheitskontrollen unterzogen, um etwaige Risiken festzustellen. Danach werden sie dem jeweils geeigneten Verfahren – Asyl, Einreiseverweigerung oder Rückführung – zugeführt. Anschließend wird entschieden, ob ein Asylantrag im Rahmen eines Asylverfahrens an der Grenze geprüft werden sollte, ohne dass dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet wird, oder im Rahmen eines normalen Asylverfahrens. Wird im Falle eines Asylverfahrens an der Grenze festgestellt, dass die betreffende Person keinen Schutz benötigt, wird ein Rückkehrverfahren an der Grenze eingeleitet.

Zweck des kombinierten Asyl- und Rückkehrverfahrens an der Grenze ist es, missbräuchlich gestellte Asylanträge oder Asylanträge, die von Antragstellern aus Drittstaaten mit einer niedrigen Anerkennungsquote an der Außengrenze gestellt werden, rasch zu prüfen, damit Personen ohne Bleiberecht in der Union rasch rückgeführt werden können. Das kombinierte Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze ist ein wichtiges Instrument für das Migrationsmanagement, um unerlaubte Einreisen sowie unerlaubte Migrationsbewegungen zu verhindern, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Asylbewerber aus Ländern mit einer niedrigen Anerkennungsquote einen erheblichen Anteil an den Migranten insgesamt ausmachen. Damit das Verfahren seinen Zweck erfüllt, muss es einfach umzusetzen sein und den Mitgliedstaaten die nötige Flexibilität bieten, es unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte wirksam durchzuführen.

Gleichzeitig würde die Anwendung des Grenzverfahrens das Asylsystem allgemein entlasten, da ein besseres Management in Bezug auf missbräuchliche und unzulässige Asylanträge an der Grenze eine effizientere Bearbeitung berechtigter Fälle in der Union ermöglichen würde.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Dieser Vorschlag steht mit allen Gesetzgebungsinitiativen des Reformpakets voll und ganz im Einklang, insbesondere mit dem Vorschlag für eine Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement, dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings und dem geänderten Vorschlag für eine Neufassung der Eurodac-Verordnung.

Der vorliegende Vorschlag und der Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings sind eng aufeinander abgestimmt. Im Anschluss an ein solches Screening würden Drittstaatsangehörige entweder einem Asyl- oder Rückkehrverfahren oder gegebenenfalls dem Grenzverfahren zugeführt. In beiden Fällen würden die während des Screenings gesammelten Informationen bei der Prüfung des Asylantrags oder der Einleitung des Rückkehrverfahrens berücksichtigt.

Der vorliegende Vorschlag steht auch im Einklang mit dem Vorschlag für eine Neufassung der Rückführungsrichtlinie und ergänzt diesen. Der genannte Richtlinienvorschlag sieht bereits spezifische Maßnahmen zur besseren Verknüpfung von Asyl- und Rückkehrverfahren vor (Erlass einer Rückkehrentscheidung nach Beendigung eines legalen Aufenthalts, Rechtsbehelfe gegen eine Rückkehrentscheidung nach einer bestandskräftigen Entscheidung über die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz, Rückkehrverfahren an der Grenze). Die im vorliegenden Verordnungsvorschlag enthaltenen Bestimmungen würden die nahtlose Verknüpfung von Asyl- und Rückkehrverfahren fördern, bestehende Lücken schließen und die Möglichkeiten, das Asylsystem zu missbrauchen, weiter verringern. Angesichts dieser vorgeschlagenen Änderungen sollten die Verhandlungen über das Rückkehrverfahren an der Grenze im Kontext dieser Verordnung stattfinden.

Was den Vorschlag für eine Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement anbelangt, so stellt der vorliegende Vorschlag zusammen mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings sicher, dass Migranten in der Phase vor der Einreise jederzeit im Rahmen des neuen Solidaritätsmechanismus übernommen oder mittels Rückkehrpatenschaften rückgeführt oder gegebenenfalls an den Mitgliedstaat überstellt werden können, der nach objektiven rechtlichen Kriterien für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Er gewährleistet ferner, dass der Übernahmemitgliedstaat oder der zuständige Mitgliedstaat nach einer solchen Übernahme oder Überstellung das Grenzverfahren in seinem Hoheitsgebiet fortsetzen kann. Zudem sorgt der vorliegende Vorschlag für Kohärenz mit der in der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement und im geänderten Vorschlag für eine Neufassung der Eurodac-Verordnung vorgeschlagenen Sonderregelung für den Umgang mit Migranten, die nach einem Such- und Rettungseinsatz ausgeschifft wurden, insbesondere im Hinblick auf die Festlegung der Kategorien von Personen, die für eine Übernahme in Betracht kommen, und aufgrund der Tatsache, dass für diese Migranten eine neue Kategorie in Eurodac eingeführt wird.

Auch die Kohärenz mit den bereits erzielten vorläufigen politischen Einigungen über die Anerkennungsverordnung, die Richtlinie über Aufnahmebedingungen, die Verordnung über den Neuansiedlungsrahmen der EU und die Verordnung über die EU-Asylagentur ist gewährleistet.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Dieser Vorschlag steht im Einklang mit dem im neuen Migrations- und Asylpaket dargelegten langfristigen Gesamtkonzept für das Migrationsmanagement, das Folgendes vorsieht: zentrale Stellung der Migrationspolitik in den Beziehungen zu Partnerländern; wirksame legale Zugangswege in die EU; Einbeziehung des Außengrenzenmanagements in das Migrationsmanagement der EU; lückenlose, faire und effiziente Asyl- und Rückführungsverfahren; Stärkung des Schengen-Raums der Freizügigkeit, der auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten basiert, und Entwicklung gezielter Strategien zur Unterstützung der Integration von Drittstaatsangehörigen in die europäischen Gesellschaft.

Der Vorschlag dient der Umsetzung des Reformpakets und insbesondere dem Ziel, die von der Kommission 2016 vorgeschlagene Asylreform wieder in Gang zu bringen, unter anderem durch Prüfung der Möglichkeiten, wie ein lückenloses Asyl- und Rückkehrsystem geschaffen werden kann. Die Phase vor der Einreise – die das Screening und das Grenzverfahren umfasst und stattfindet, bevor der betreffenden Person die Einreise in das Hoheitsgebiet gestattet wird – bietet die Möglichkeit, auf eine Vielzahl von Herausforderungen zu reagieren, die den gesamten Migrationsprozess betreffen, vom ersten Eintreffen in der EU bis zur Überleitung in das geeignete Asyl- oder Rückkehrverfahren. Dazu zählt auch die Notwendigkeit, den Druck, der von irregulären Einreisen ausgeht, nachhaltig zu senken und die Außengrenzen zu stärken, Sekundärbewegungen zu beschränken und ein System für eine schnelle und wirksame Rückkehr, Rückführung und Rückübernahme bereitzustellen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage des Vorschlags sind Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel 79 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Darin ist der Erlass von Maßnahmen für gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus sowie von Maßnahmen im Bereich illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten, vorgesehen. Die erstgenannte Rechtsgrundlage liegt auch dem Vorschlag der Kommission von 2016 für eine Asylverfahrensverordnung zugrunde. Die letztgenannte Rechtsgrundlage muss hinzugefügt werden, da spezifische Bestimmungen für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber vorzusehen sind, insbesondere im Hinblick auf den zeitgleichen Erlass einer Rückkehrentscheidung bei der Ablehnung eines Antrags, den kombinierten Rechtsbehelf gegen solche Entscheidungen und die nahtlose Verknüpfung von Asyl- und Rückführungsverfahren an der Grenze.

·Unterschiede im Geltungsbereich

Gemäß dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokoll Nr. 21 über die Position Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts kann Irland beschließen, sich an der Annahme und Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu beteiligen.

So hat Irland mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung der Richtlinie 2005/85/EG beteiligen möchte und dass es beschlossen hat, sich nicht an der Annahme der Neufassung, d. h. der Richtlinie 2013/32/EU, zu beteiligen. Daher gelten die Bestimmungen der alten Richtlinie 2005/85/EG für Irland, während die Bestimmungen der neu gefassten Richtlinie nicht für Irland gelten. Irland hat nicht mitgeteilt, dass es sich an der Annahme der neuen Asylverfahrensverordnung beteiligen möchte. Die diesbezügliche Position Irlands steht jedoch gemäß dem Protokoll Nr. 21seiner etwaigen Beteiligung an der Anwendung der neuen Verordnung nicht entgegen.

Gemäß dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokoll Nr. 22 über die Position Dänemarks sind die Richtlinien 2005/85/EG und 2013/32/EU für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar. Dänemark beteiligt sich auch nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar ist.

·Subsidiarität

Ziel des vorliegenden Vorschlags ist es, konkrete Änderungen am Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung von 2016 vorzunehmen und zusammen mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings alle Phasen des Migrationsprozesses – von der Ankunft bis zur Bearbeitung von Asylanträgen und gegebenenfalls bis zur Rückkehr/Rückführung – nahtlos miteinander zu verknüpfen. Zu diesem Zweck sind stärker harmonisierte Verfahren erforderlich, insbesondere eine neue Phase vor der Einreise, die ein Screening und kombinierte Asyl- und Rückführungsverfahren an der Grenze umfasst.

Ziel ist es ferner, das gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes dahin gehend weiter zu harmonisieren, dass die Asyl- und die Rückkehrentscheidung als eine einzige Entscheidung ergeht oder – wenn es sich um separate Entscheidungen handelt – diese gleichzeitig und zusammen erlassen werden und für sie derselbe wirksame Rechtsbehelf zur Verfügung steht und die Möglichkeit geschaffen wird, den Antragstellern während eines zweiten oder weiteren Rechtsbehelfs den Verbleib im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu gestatten. Damit soll verhindert werden, dass Migranten Verfahren nur verzögern, um ihre Abschiebung aus der Union zu verhindern und das Asylsystem zu missbrauchen.

Für die neuen Verfahren sollten unabhängig von dem Mitgliedstaat, der sie anwendet, dieselben Regeln gelten, um eine Gleichbehandlung der betroffenen Antragsteller, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen sicherzustellen sowie Klarheit und Rechtssicherheit für den Einzelnen zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können gemeinsame Vorschriften zur Beseitigung der Anreize für Asyl-Shopping und unerlaubte Migrationsbewegungen zwischen den Mitgliedstaaten nicht individuell festlegen. Deshalb können die mit diesem Vorschlag verfolgten Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und sind wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Unionsebene zu erreichen. Die Union muss daher tätig werden und kann im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip Maßnahmen annehmen.

Verhältnismäßigkeit

Entsprechend dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung ihrer Ziele erforderliche Maß hinaus.

Was das Ziel betrifft, neue Verfahren einzuführen – insbesondere eine Phase vor der Einreise, die ein Screening und ein lückenloses Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze umfasst – sind sämtliche Elemente des Vorschlags auf das Maß beschränkt, das notwendig ist, um ein solches gemeinsames Verfahren einzurichten und zu ermöglichen, es zu straffen und zu vereinfachen, für Gleichbehandlung im Hinblick auf die Rechte und Garantien für Antragsteller zu sorgen und Diskrepanzen in den nationalen Verfahren, die unerlaubte Migrationsbewegungen fördern, zu vermeiden.

Was das Ziel anbelangt, das gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes dahin gehend weiter zu harmonisieren, dass einerseits die Asyl- und die Rückkehrentscheidung als eine einzige Entscheidung ergeht oder – wenn es sich um separate Entscheidungen handelt – diese gleichzeitig und zusammen erlassen werden und für sie derselbe wirksamer Rechtsbehelf zur Verfügung steht, und andererseits die Rechtsbehelfsmöglichkeiten für Entscheidungen, die im Rahmen des Grenzverfahrens getroffen werden, auf eine Instanz beschränkt werden, so sind diese Maßnahmen erforderlich, um die Verfahren zu straffen und wirksamer zu gestalten. Mit den genannten Änderungen soll das richtige Gleichgewicht geschaffen werden zwischen dem Recht der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und der Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass die Asylsysteme der Mitgliedstaaten nicht von Antragstellern, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen missbraucht werden, die nur ihre Abschiebung aus der Union verhindern wollen. Es sind jedoch alle erforderlichen Garantien vorhanden, die sicherstellen, dass niemand durch das Raster fällt und das Recht auf Asyl stets gewährleistet ist.

Wahl des Instruments

Der geänderte Vorschlag ändert nichts an der Wahl des Instruments, das dem Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung aus dem Jahr 2016 zugrunde liegt. Mit der Richtlinie 2013/32/EU konnten die nationalen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes nicht ausreichend harmonisiert werden, um die Unterschiede hinsichtlich der Art der angewandten Verfahren, der Verfahrensfristen sowie der Rechte und Verfahrensgarantien für die Antragsteller zu beseitigen. Nur mit einer Verordnung zur Einführung eines gemeinsamen unionsweiten Asylverfahrens, deren Bestimmungen unmittelbar anwendbar sind, kann das notwendige Maß an Einheitlichkeit und Wirksamkeit bei der Anwendung der Verfahrensvorschriften des Asylrechts der Union erreicht werden.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Sammlung von Kenntnissen über die Umsetzung und Anwendung bestehender Rechtsvorschriften

2016 hat die Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, in der untersucht werden sollte, ob die Bestimmungen der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU in der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten korrekt wiedergegeben sind. In der Studie wurde bewertet, ob die Verpflichtungen aus der Richtlinie in die nationalen Rechtsordnungen aufgenommen wurden, ob die Mitgliedstaaten ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen sind (Umsetzungskontrolle) und ob die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mit den Bestimmungen der Richtlinie vereinbar sind (Konformitätskontrolle). Zum Zwecke der Bewertung wurde die nationale Gesetzgebung jedes Mitgliedstaats umfassend berücksichtigt, d. h. alle einschlägigen nationalen Rechtsakte, die zur Durchführung der Richtlinie beitragen, nicht nur die direkten Umsetzungsmaßnahmen.

Der Studie zufolge wurde die Richtlinie im Großen und Ganzen von der Mehrheit der Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt. Dennoch gab es in fast allen Mitgliedstaaten Fälle, in denen die Richtlinie unvollständig oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde, u. a. in Bezug auf die Anforderungen an die persönliche Anhörung, Garantien für unbegleitete Minderjährige oder das Prüfungsverfahren. Die Kommission hat diese Problematik mit den betreffenden Mitgliedstaaten erörtert und auch Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

2019 veröffentlichte das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) seinen Leitfaden zum Asylverfahren: operative Normen und Indikatoren, der die Mitgliedstaaten bei der praktischen Umsetzung der wichtigsten Bestimmungen der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU unterstützen soll. Dieser Leitfaden ist ein wichtiger Beitrag zur Formulierung gemeinsamer Normen und Indikatoren, die realistisch und in allen Mitgliedstaaten umsetzbar sind; ferner enthält er eine Zusammenstellung von Beispielen für bewährte Vorgehensweisen. Der Leitfaden stützt sich auf gesicherten Informationen, die das EASO insbesondere im Zusammenhang mit Rechtsbehelfen und besonderen Asylverfahren zusammengetragen hat. Das EASO hat ferner zwei Praxisleitfäden herausgegeben: den Praxisleitfaden für die Altersbestimmung (2018) und den Praxisleitfaden zum Kindeswohl in Asylverfahren (2019). Darüber hinaus hat das EASO einen Bericht über Asylverfahren für Kinder veröffentlicht, der bewährte Verfahren aufzeigt und Empfehlungen enthält zu Themen wie dem Grundsatz des Kindeswohls, Schutzvorkehrungen und besondere Bedingungen für Kinder, Verweisungsmechanismen und Personalschulungen.

Während der fast vierjährigen Verhandlungen über den von der Kommission am 13. Juli 2016 vorgelegten Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung wurden zudem wichtige Informationen über die Asylsysteme der Mitgliedstaaten gesammelt und die Standpunkte der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments eingeholt. Das Europäische Parlament nahm am 22. Mai 2018 seinen Standpunkt zu dem Vorschlag an. Trotz erheblicher Fortschritte beim Wortlaut konnte sich der Rat – insbesondere wegen Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Grenzverfahrens – noch nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt verständigen. Außerdem konnte sich der Rat nicht auf einen Standpunkt zu der von der Kommission vorgeschlagenen europäischen Liste der sicheren Herkunftsländer einigen. Darüber hinaus wurde im Rat erörtert, ob die vorgeschlagene Verordnung auch eine europäische Liste sicherer Drittstaaten enthalten sollte, aber auch hierzu wurde kein Standpunkt festgelegt.

Hinsichtlich der Anwendung des beschleunigten Verfahrens und des Grenzverfahrens schlug die Kommission 2016 vor, dass das beschleunigte Prüfungsverfahren in bestimmten Fällen verpflichtend sein sollte, wobei die Möglichkeit, dieses Verfahren auf unbegleitete Minderjährige anzuwenden, besonderen Bestimmungen unterliegen sollte. Ferner schlug die Kommission 2016 ein fakultatives Grenzverfahren vor. Das Europäische Parlament unterstützte den Vorschlag für ein beschleunigtes Verfahren in bestimmten Fällen, allerdings in begrenzterem Umfang als im Kommissionsvorschlag vorgesehen; insbesondere sollte das Verfahren nicht für unbegleitete Minderjährige gelten. Darüber hinaus schloss das Europäische Parlament unbegleitete Minderjährige vom Grenzverfahren aus. Aus Sicht des Rates sollte das beschleunigte Verfahren in mehr Situationen – so auch im Falle unbegleiteter Minderjähriger – anwendbar sein. Hinsichtlich des Grenzverfahrens herrscht im Rat noch Uneinigkeit darüber, ob das Verfahren zumindest in gewissem Umfang verbindlich sein sollte. Die Mitgliedstaaten, die eine verpflichtende Anwendung des Grenzverfahrens unterstützen, haben darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um ein wichtiges Instrument für das Migrationsmanagement handelt, insbesondere, wenn ein Großteil der Asylbewerber aus Ländern mit einer niedrigen Anerkennungsquote kommt. Das Grenzverfahren erhöht die Aussichten, dass die Betreffenden – vor allem dank des schnelleren Rückführungsverfahrens und der engeren Verzahnung von Asyl und Rückkehr – bereits kurz nach ihrer Ankunft direkt von der Außengrenze aus effektiv rückgeführt werden, und verringert das Risiko, dass Antragsteller untertauchen oder unerlaubt weiterreisen. Die Mitgliedstaaten, die sich bei den Verhandlungen bezüglich der verpflichtenden Anwendung des Grenzverfahrens skeptisch äußerten, wiesen darauf hin, dass die systematische Anwendung solcher Verfahren Probleme mit sich bringt, u. a. die Schwierigkeit, rasch zu beurteilen, ob ein Antragsteller für eine Prüfung im Rahmen des Grenzverfahrens in Frage kommt, und die Notwendigkeit, den Antragsteller zwischenzeitlich an der Grenze festzuhalten; langwierige Rechtsbehelfsverfahren, die dazu führen, dass die Frist für den Abschluss des Grenzverfahrens abgelaufen ist, bevor über den Rechtsbehelf entschieden werden kann; umfangreicher Investitions- und Ressourcenbedarf (Infrastruktur, Personal und Ausrüstung) und die begrenzte Relevanz des Grenzverfahrens, wenn keine Aussicht auf eine Rückführung des abgelehnten Antragstellers besteht.

Im Vorschlag für eine Neufassung der Rückführungsrichtlinie aus dem Jahr 2018 schlug die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten eine Rückkehrentscheidung unmittelbar im Anschluss an eine Entscheidung über die Beendigung des legalen Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen erlassen sollten, insbesondere wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wurde. Derselbe Vorschlag sieht auch ein Rückkehrverfahren an der Grenze vor, das auf Drittstaatsangehörige Anwendung findet, deren Anträge auf internationalen Schutz im Rahmen des Asylverfahrens an der Grenze abgelehnt wurden. Zwar hat das Europäische Parlament noch keinen Standpunkt zum Vorschlag der Kommission angenommen, jedoch hat der Rat im Mai 2019 eine partielle allgemeine Ausrichtung erzielt, die alle Elemente des Vorschlags mit Ausnahme des Rückkehrverfahrens an der Grenze umfasst. Dies liegt vor allem an der Verknüpfung mit dem Asylverfahren an der Grenze im Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung aus dem Jahr 2016, über den keine Einigung erzielt werden konnte.

Was das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf betrifft, so schlug die Kommission 2016 zur Verringerung der Möglichkeiten für den Missbrauch des Asylsystems vor, dass Rechtsbehelfe in zweiter oder höherer Instanz vor einem Gericht nicht automatisch aufschiebende Wirkung haben sollten, es sei denn, ein Gericht entscheidet auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen anders. Das Europäische Parlament unterstützte dies in seinem Bericht, der Rat hingegen vertrat die Auffassung, dass das Asylverfahren im Sinne des EU-Rechts nach der gerichtlichen Entscheidung über den Rechtsbehelf in erster Instanz enden sollte. Die Kommission schlug ferner vor, einheitliche Fristen festzulegen, in denen Antragsteller Rechtsbehelfe vor Gerichten erster Instanz einlegen können, sowie Entscheidungsfristen für die Gerichte. Das Europäische Parlament konnte sich auf Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen einigen, nicht jedoch auf die Einführung von Fristen für Gerichtsentscheide. Dem Rat zufolge sollten die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen nicht EU-weit harmonisiert, sondern im nationalen Recht geregelt werden. Die Einführung von Entscheidungsfristen für die Gerichte fand im Rat keine Unterstützung, jedoch konnte er die Festlegung solcher Fristen auf nationaler Ebene akzeptieren.

Konsultation der Interessenträger

Die Kommission hat die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und Interessenträger mehrfach konsultiert, um ihre Standpunkte zum neuen Migrations- und Asylpaket einzuholen. Parallel dazu haben der rumänische, der finnische und der kroatische Ratsvorsitz sowohl einen strategischen als auch einen fachlichen Gedankenaustausch über die künftige Regelung verschiedener Aspekte der Migrationspolitik geführt, darunter Asyl, Rückkehr und Rückführung sowie Beziehungen zu Drittstaaten in Bezug auf Rückübernahme und Wiedereingliederung. Diese Konsultationen haben gezeigt, dass ein Neuanfang in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik mit dem Ziel, die Mängel des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) rasch zu beheben, die Wirksamkeit von Rückführungen zu verbessern und ein echtes europäisches Rückführungssystem zu schaffen, unsere Beziehungen zu Drittstaaten im Bereich der Rückübernahme zu stärken und die dauerhafte Wiedereingliederung rückkehrender Migranten zu gewährleisten, auf Zustimmung stößt.

Im Vorfeld des neuen Migrations- und Asylpakets hat die Kommission fortlaufend intensive Konsultationen mit dem Europäischen Parlament geführt. Ferner hat die Kommission in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit und auch in jüngerer Zeit vor der Vorlage des Pakets zwei intensive Besuchsrunden absolviert und jeden Mitgliedstaat einzeln konsultiert. Die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament unterstützten die Notwendigkeit, Fortschritte bei der Beseitigung der Schwächen des derzeitigen Systems zu erzielen, die Notwendigkeit eines neuen Systems für eine gerechte Teilung der Verantwortung, zu dem alle Mitgliedstaaten beitragen können, einen starken Grenzschutz, die Achtung der Grundrechte in allen Aspekten der Migrationspolitik der EU, die Bedeutung der externen Dimension der Migration, einschließlich legaler und sicherer Zugangswege, und eine Verbesserung von Rückkehr und Rückführung.

Während des finnischen Ratsvorsitzes fanden mehrere Workshops und Diskussionen in verschiedenen Ratsgremien statt, darunter die Konferenz Tampere 2.0 (24./25. Oktober 2019 in Helsinki) und das Salzburger Forum (6./7. November 2019 in Wien), auf denen die Mitgliedstaaten die Absicht der Europäischen Kommission begrüßten, die Dublin-Reform wieder anzustoßen, um neue Formen einer Solidarität zu finden, zu der alle Mitgliedstaaten beitragen müssen. Die Mitgliedstaaten betonten, dass Solidaritätsmaßnahmen Teil des reformierten Systems sein müssen, dass sie jedoch mit Maßnahmen einhergehen sollten, in denen die Verantwortung der Beteiligten zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus betonten sie die dringende Notwendigkeit, gegen unerlaubte Migrationsbewegungen innerhalb der EU vorzugehen und die Rückführung von Personen, die keinen internationalen Schutz benötigen, durchzusetzen. Das Europäische Parlament betonte mehrfach, dass Familien mit Kindern ausreichend geschützt werden müssen und unbegleitete Minderjährige besonderer Fürsorge bedürfen. Kommissionsmitglied Johansson hielt mehrfach gezielte Konsultationen mit internationalen Organisationen, Organisationen der Zivilgesellschaft, einschlägigen lokalen Nichtregierungsorganisationen in den Mitgliedstaaten sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern ab. Im Rahmen dieses Konsultationsprozesses wurden spezifische Empfehlungen in Bezug auf die Notwendigkeit vorgelegt, ein gemeinsames Konzept für Standards für minderjährige Migranten im Einklang mit der Mitteilung von 2017 über den Schutz minderjähriger Migranten weiterzuentwickeln 3 . Die Zivilgesellschaft wurde auch im Rahmen des vom EASO eingerichteten Konsultationsforums zu Themen wie den ersten Schritten im Asylverfahren (2019) konsultiert.

Die Kommission hat auch zahlreiche Empfehlungen nationaler und lokaler Behörden 4 , nichtstaatlicher und internationaler Organisationen wie des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) 5 , der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 6 sowie von Think-Tanks und Hochschulen bezüglich der Frage, wie ein Neuanfang geplant und die aktuellen Herausforderungen im Bereich Migration im Einklang mit den Menschenrechtsnormen bewältigt werden sollten, in ihre Überlegungen einbezogen. Nach Ansicht der genannten Akteure sollten bei einer neu lancierten Reform bestimmte Vorschriften für die Festlegung der Verantwortung überarbeitet und ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus geschaffen werden, der sich auch auf Personen erstreckt, die im Anschluss an Such- und Rettungseinsätze ausgeschifft werden. Nichtregierungsorganisationen setzen sich auch für ein gemeinsames Verständnis von Verantwortung seitens der Mitgliedstaaten ein und fordern, in die überarbeiteten Dublin-Vorschriften einen dauerhafteren Übernahmemechanismus aufzunehmen. 7  

Des Weiteren berücksichtigte die Kommission die Beiträge und Studien des Europäischen Migrationsnetzwerks 8 , die auf ihre Initiative durchgeführt wurden und in den letzten Jahren zur Erstellung mehrerer Fachstudien geführt haben, sowie Ad-hoc-Anfragen.    

Faktengestützte Politikgestaltung

Die Kommission befürwortet eine faktengestützte Politikgestaltung und verweist auf das gesonderte Dokument (XXX), in dem die relevanten Daten und Elemente aufgeführt sind, die den vorgeschlagenen Ansatz zur Bewältigung der verschiedenen Herausforderungen unterstützen, die seit 2016 im Hinblick auf den Abschluss der Reform des GEAS und der Stärkung des europäischen Rechtsrahmens im Bereich der Rückkehr/Rückführung ermittelt wurden.

Grundrechte 

Dieser Vorschlag achtet die Grundrechte und wahrt die Grundsätze, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind und sich aus völkerrechtlichen Verpflichtungen ergeben, etwa aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes.

Das Recht auf Freiheit und Freizügigkeit ist geschützt: So kann zwar im Rahmen des Grenzverfahrens auf die Haft zurückgegriffen werden, jedoch wäre die Haft gemäß der Richtlinie über Aufnahmebedingungen und der Rückführungsrichtlinie nur aus bestimmten, in diesen Richtlinien klar definierten Gründen gerechtfertigt, wenn sie sich nämlich auf der Grundlage einer gerichtlich überprüfbaren Einzelfallprüfung als notwendig und verhältnismäßig erweist und als letztes Mittel eingesetzt wird, wenn weniger einschneidende alternative Maßnahmen nicht wirksam angewandt werden können.

Der Vorschlag gewährleistet, dass das Kindeswohl stets geschützt wird, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass das Grenzverfahren bei unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Kindern unter 12 Jahren grundsätzlich nicht angewandt werden darf, es sei denn, die betreffenden Personen stellen eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung eines Mitgliedstaats dar oder die Antragsteller wurden aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen.

Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist angemessen sichergestellt, da ein Antragsteller nur in den in dieser Verordnung festgelegten hinreichend begründeten Fällen, in denen Anträge wahrscheinlich unbegründet sind, für die Zwecke des Rechtsbehelfs nicht automatisch zum Verbleib berechtigt sein sollte.

Der Grundsatz der Nichtzurückweisung ist gewahrt, da dem Vorschlag zufolge alle Wirkungen einer Rückkehrentscheidung ausgesetzt werden, solange der Antragsteller für die Zwecke eines Antrags auf internationalen Schutz ein Recht auf Verbleib hat oder ihm der Verbleib gestattet ist. Ferner sieht die Rückführungsrichtlinie vor, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung in allen Phasen des Rückkehrverfahrens beachtet werden muss und Rechtsbehelfe gegen Rückkehrentscheidungen automatisch die Vollstreckung von Entscheidungen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen könnten, aussetzen.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Dieser Vorschlag beinhaltet keine finanziellen oder administrativen Belastungen für die Union. Er hat daher keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt. Die Mitgliedstaaten können die für ihre nationalen Programme im Rahmen des bestehenden Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds sowie des neuen Asyl- und Migrationsfonds bereitgestellten Mittel nutzen, um etwaige Investitionen in die Infrastruktur, die für die Anwendung des Grenzverfahrens notwendig ist, zu tätigen. Das EASO und Frontex können die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Mandate zu demselben Zweck mit Personal unterstützen.

Überwachungs-, Evaluierungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Asylverfahrensverordnung und danach alle fünf Jahre Bericht über deren Anwendung. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission und der Asylagentur der Europäischen Union relevante Informationen für die Ausarbeitung des Berichts zukommen zu lassen. Im Rahmen des Monitoringmechanismus, den die Kommission im Zuge der Überarbeitung des Mandats der Agentur vorgeschlagen hat, wird die Agentur zudem die Einhaltung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten überwachen. 9

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Der vorliegende Vorschlag enthält gezielte Änderungen am Vorschlag der Kommission für eine Asylverfahrensordnung aus dem Jahr 2016, um zusammen mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Screenings und dem Vorschlag zur Änderung der Rückführungsrichtlinie alle Phasen des Migrationsprozesses – von der Ankunft bis zur Bearbeitung von Asylanträgen und der Gewährung von internationalem Schutz oder gegebenenfalls bis zur Rückführung nicht schutzbedürftiger Personen – nahtlos miteinander zu verknüpfen.

1.Neue Phase vor der Einreise

Um den zunehmenden Druck zu bewältigen, der sich aus gemischten Migrationsströmen mit einem hohen Anteil von Personen mit geringen Aussichten auf internationalen Schutz ergibt, bedarf es neuer und wirksamer Instrumente für das Migrationsmanagement, einschließlich stärker harmonisierter Verfahren, insbesondere an den Außengrenzen, um zu gewährleisten, dass Migranten rasch identifiziert und dem geeigneten Verfahren zugeführt werden und die Prüfung ihrer Anträge zügig erfolgt. Zu diesem Zweck wird eine neue Phase vor der Einreise eingeführt, die ein Screening [COM (2020)xxx final], ein verbessertes beschleunigtes Verfahren und ein Grenzverfahren für Asyl und Rückkehr umfasst.

Was das Grenzverfahren betrifft, so zielt dieser Vorschlag – wie weiter oben erläutert – zum einen darauf ab, das Grenzverfahren flexibler, aber für die Mitgliedstaaten in der Praxis ebenso wirksam zu gestalten, indem es auf Grundlage der praktischen Erfahrungen und tatsächlichen Migrationsbewegungen auf den Hauptmigrationsrouten angepasst wird. Diesbezüglich werden zusätzliche Gründe für die Anwendung des Verfahrens vorgesehen und die Höchstdauer des Verfahrens verlängert. Ein solches effektiveres Grenzverfahren wird es den Asyl- und Migrationsbehörden unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte ermöglichen, begründete Anträge in der Union effizienter zu bewerten, zügiger Entscheidungen zu treffen und so zu einer besseren und glaubwürdigeren Funktionsweise der Asyl- und Rückkehrpolitik beizutragen. Zum anderen muss der verbindliche Charakter des Grenzverfahrens für bestimmte Kategorien von Antragstellern im breiteren Kontext des von der Kommission im Reformpaket und in den begleitenden sowie den anhängigen Vorschlägen gesehen werden. Auch hier sind praktische Erfahrungen zu berücksichtigen. Insbesondere müssen die Kriterien für die Beurteilung, ob ein Antrag im Rahmen des Grenzverfahrens zu prüfen ist, einfach und in der Praxis schnell anzuwenden sein. Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine bestimmte Zahl abgelehnter Asylbewerber aufgrund mangelnder Kooperation bestimmter Drittstaaten zumindest kurzfristig nicht rückgeführt wird.

Das Grenzverfahren ist leichter anzuwenden, wenn von vornherein – bei der Einreise bzw. während des Screenings – auf der Grundlage eines objektiven Kriteriums festgestellt werden kann, ob die betreffende Person dieses Verfahren durchlaufen sollte.

Außerdem muss präzisiert werden, ab welchem Zeitpunkt das Asylverfahren an der Grenze Anwendung findet. Mit den Änderungen von Artikel 26 und 27 wird deshalb klargestellt, dass die Mitgliedstaaten den Asylantrag nach Abschluss des Screenings registrieren müssen. Dies berührt nicht das Recht der betreffenden Person, unmittelbar nach der Ankunft im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einen Asylantrag zu stellen, sondern bedeutet lediglich, dass der Antrag registriert wird, sobald das Screening abgeschlossen ist und die erforderlichen Informationen für die Entscheidung, ob das Grenzverfahren angewandt werden sollte, vorliegen.

2.Anwendungsbereich des Asylverfahrens an der Grenze: Festlegung, auf wen das Verfahren an der Grenze angewandt werden kann und auf wen es angewandt werden sollte

Zunächst wird im neuen Artikel 41 Absätze 1 und 2 präzisiert, dass ein Antrag nur dann im Rahmen des Grenzverfahrens geprüft werden kann, wenn dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten noch nicht gestattet wurde und er die Voraussetzungen für die Einreise gemäß dem Schengener Grenzkodex nicht erfüllt. Das Grenzverfahren erfolgt nach dem Screening gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Screening-Verordnung], wenn ein Antrag an einer Außengrenzübergangsstelle oder in einer Transitzone gestellt wurde, wenn eine Person im Zusammenhang mit einem unbefugten Überschreiten der Außengrenze aufgegriffen wurde oder wenn sie im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz ausgeschifft wurde.

Im Rahmen des Grenzverfahrens kann nur über die Zulässigkeit des Antrags entschieden werden oder – in den Fällen, in denen das beschleunigte Prüfungsverfahren zur Anwendung kommt – über die Begründetheit eines Antrags. Das Grenzverfahren kann auch in Fällen durchgeführt werden, in denen ein Mitgliedstaat einen Drittstaat als „sicheren Herkunftsstaat“ oder „sicheren Drittstaat“ für den Antragsteller ansehen kann und die Situation des Antragstellers eingehender zu prüfen ist. Daher wird ein neuer Grund für eine beschleunigte Prüfung hinzugefügt, der auf einem objektiveren und leichter anzuwendenden Kriterium beruht, wonach die Mitgliedstaaten die Prüfung von Anträgen von Antragstellern aus Drittstaaten, in Bezug auf die der Anteil positiv beschiedener Asylanträge nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten unionsweit im Jahresdurchschnitt weniger als 20 % beträgt, beschleunigen müssen. Dieser Prozentsatz ist dadurch gerechtfertigt, dass die Zahl der Anträge von Antragstellern aus Ländern mit einer niedrigen Anerkennungsquote (unter 20 %) erheblich gestiegen ist und es daher effizienter Verfahren für die Bearbeitung von Anträgen, die voraussichtlich unbegründet sind, bedarf.

Nach dem neuen Artikel 41 Absatz 7 können die Mitgliedstaaten bei der Anwendung des Asylverfahrens an der Grenze auch das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaats durchführen.

Im neuen Artikel 41 Absatz 6 wird festgelegt, dass Antragstellern, die dem Asylverfahren an der Grenze unterliegen, die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats nicht gestattet werden darf.

Pflicht der Mitgliedstaaten, das Asylverfahren an der Grenze in bestimmten Fällen anzuwenden: Nach dem neuen Artikel 41 Absatz 3 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Grenzverfahren bei Personen anzuwenden, die irregulär an der Außengrenze ankommen oder im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz ausgeschifft wurden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt: 1) der Antragsteller stellt eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung dar, 2) der Antragsteller hat die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Zurückhalten relevanter Informationen oder Dokumente in Bezug auf seine Identität oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getäuscht, 3) der Antragsteller stammt aus einem Drittstaat, in Bezug auf den der Anteil positiv beschiedener Asylanträge weniger als 20 % aller diesen Drittstaat betreffenden Asylentscheidungen ausmacht.

Ausnahmen von der Pflicht zur Durchführung des Asylverfahrens an der Grenze: Nach dem neuen Artikel 41 Absätze 3 und 5 darf das Grenzverfahren bei unbegleiteten Minderjährigen und Minderjährigen unter 12 Jahren und ihren Familienangehörigen nur angewandt werden, wenn sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellen. Gemäß dem neuen Artikel 41 Absatz 4 ist ein Mitgliedstaat ausnahmsweise nicht zur Durchführung des Asylverfahrens an der Grenze verpflichtet, wenn es von vornherein unwahrscheinlich ist, dass die Rückübernahme der betreffenden Person im Falle einer ablehnenden Entscheidung über ihren Asylantrag tatsächlich erfolgen würde. Die Ausnahme gilt für Angehörige von Drittstaaten, für die dieser Mitgliedstaat der Kommission eine Meldung gemäß Artikel 25a Absatz 3 des Visakodexes übermittelt hat. Eine solche Meldung kann erfolgen, wenn der Mitgliedstaat bei der Zusammenarbeit mit dem betreffenden Drittstaat bei der Rückübernahme irregulärer Migranten mit erheblichen und anhaltenden praktischen Problemen konfrontiert ist. In Artikel 41 Absatz 4 werden die Situationen, in denen ein Mitgliedstaat diese Ausnahme weiterhin anwenden kann, sowie die diesbezüglichen Verfahren näher ausgeführt; ferner wird dargelegt, wann diese Ausnahme nicht mehr anwendbar ist und somit das Grenzverfahren auf Staatsangehörige des betreffenden Drittlands anzuwenden ist.

Dauer des Asylverfahrens an der Grenze: Gemäß dem neuen Artikel 41 Absatz 11 darf das Grenzverfahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Registrierung des Antrags höchstens 12 Wochen dauern. Abweichend von der normalen 10-Tage-Frist für die Antragstellung ist der Antrag spätestens fünf Tage nach dieser Registrierung oder – im Fall einer Übernahme gemäß Artikel [x] der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement – fünf Tage, nachdem der Antragsteller bei den einschlägigen Behörden im zuständigen Mitgliedstaat vorstellig wird, zu stellen (neuer Artikel 41 Absatz 10). Diese Abweichung ist dadurch gerechtfertigt, dass dem Antragsteller in diesen Fällen die Einreise in das Hoheitsgebiet nicht gestattet wurde und eine verzögerte Antragstellung nicht zu einer Verzögerung des Grenzverfahrens und der entsprechenden Zwölfwochenfrist führen darf.

Garantien im Rahmen des Asylverfahrens an der Grenze: In dem neuen Artikel 41 Absätze 5 und 9 ist festgelegt, in welchen Fällen das Asylverfahren an der Grenze nicht angewandt werden darf. Bei unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Kindern unter 12 Jahren darf das Grenzverfahren nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung angewandt werden, d. h. wenn der unbegleitete Minderjährige – oder im Falle von Familien ein Familienangehöriger – eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats darstellt oder aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde. Nach dem neuen Artikel 41 Absatz 9 führen die Mitgliedstaaten das Grenzverfahren in bestimmten Fällen nicht durch oder beenden das Verfahren, u. a. wenn die Gründe für die Anwendung des Grenzverfahrens nicht oder nicht mehr gegeben sind, wenn Antragstellern mit besonderen Verfahrensbedürfnissen nicht die erforderliche Unterstützung bereitgestellt werden kann, wenn es medizinische Gründe für die Nichtanwendung des Grenzverfahrens gibt und wenn die Bedingungen für die Inhaftnahme gemäß der Richtlinie über Aufnahmebedingungen nicht erfüllt werden können und das Grenzverfahren nicht ohne Haft angewandt werden kann. Wird das Grenzverfahren nicht oder nicht mehr angewandt, so wird dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet und sein Antrag wird im Rahmen des anwendbaren Asylverfahrens (gegebenenfalls auch in einem beschleunigten Verfahren) geprüft.

Unterbringung von Antragstellern, die einem Asylverfahren an der Grenze unterliegen: Der neue Artikel 41 Absatz 13 ermöglicht die Unterbringung von Antragstellern, die dem Grenzverfahren unterliegen, nicht nur an Standorten an den Außengrenzen oder in Transitzonen, sondern auch in der Nähe solcher Orte.

Die Mitgliedstaaten müssen die erforderlichen Einrichtungen für die Anwendung des Grenzverfahrens jedoch nicht an jeder Grenzübergangsstelle oder an jedem Abschnitt der Außengrenze vorsehen, an dem Migranten aufgegriffen oder ausgeschifft werden könnten. Sie können die für diesen Zweck erforderlichen Einrichtungen an jedem beliebigen Ort an der Außengrenze oder in der Nähe der Außengrenze bereitstellen und die dem Grenzverfahren unterliegenden Antragsteller unabhängig davon, wo der Asylantrag ursprünglich gestellt wurde, dorthin überstellen. Um jedoch zu viele und zu zeitaufwendige Überstellungen von Antragstellern zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Einrichtungen möglichst dort schaffen, wo sie die meisten Anträge erwarten, die in den Anwendungsbereich des Grenzverfahrens fallen.

Reichen die operativen Kapazitäten dieser Standorte nicht für die unter das Grenzverfahren fallenden Anträge aus, können die Mitgliedstaaten die Antragsteller vorübergehend und für den kürzesten erforderlichen Zeitraum an anderen Orten in ihrem Hoheitsgebiet unterbringen. Diese Ausnahme sollte nur dann gelten, wenn die operativen Kapazitäten an diesen Standorten vorübergehend überschritten werden, da die Mitgliedstaaten bestrebt sein sollten, für das zu erwartende Antragsaufkommen an diesen Standorten ausreichende Kapazitäten bereitzustellen.

Ein neues Rückkehrverfahren an der Grenze: Mit dem neuen Artikel 41a wird ein Rückkehrverfahren an der Grenze eingeführt, das das im Vorschlag für eine Neufassung der Rückführungsrichtlinie von 2018 vorgesehene Rückkehrverfahren an der Grenze ersetzt. Das Rückkehrverfahren an der Grenze gilt für Antragsteller, Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, deren Anträge im Rahmen des Asylverfahrens an der Grenze abgelehnt wurden. Personen, die diesem Verfahren unterliegen, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats einreisen und sollten an der Außengrenze oder in der Nähe der Außengrenze oder in Transitzonen untergebracht werden; kann ein Mitgliedstaat sie nicht an diesen Orten unterbringen, so kann er auf andere Orte in seinem Hoheitsgebiet zurückgreifen. Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die dem Verfahren unterliegen, kann eine Frist von höchstens 15 Tagen für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden, unbeschadet der Möglichkeit, der Rückkehrverpflichtung durch die Ausreise aus dem Grenzgebiet oder der Transitzone jederzeit freiwillig nachzukommen. Dadurch würde das Risiko der unerlaubten Einreise und unerlaubter Migrationsbewegungen illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, die dem Rückkehrverfahren an der Grenze unterliegen, verringert, und den Betreffenden dennoch die Möglichkeit eingeräumt, freiwillig zurückzukehren und – sofern dies im nationalen Recht vorgesehen ist – logistische, finanzielle oder sonstige Unterstützung zu erhalten. Das Rückkehrverfahren an der Grenze darf 12 Wochen nicht überschreiten, beginnend ab dem Zeitpunkt, ab dem die betreffende Person kein Recht auf Verbleib mehr hat und ihr der Verbleib nicht länger gestattet ist, d. h. wenn ein Gericht den Antrag einer Person auf einen weiteren Verbleib abgelehnt hat. Dieser Zeitraum wird auf den im Rahmen des Grenzverfahrens für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz vorgesehenen Zeitraum angerechnet. Während dieses Zeitraums oder eines Teils davon können illegal aufhältige Drittstaatsangehörige im Einzelfall in Haft genommen werden, um die Rückkehr zu erleichtern und sicherzustellen; es finden die in der Rückführungsrichtlinie festgelegten Verfahrensgarantien und sonstigen Garantien Anwendung. Drittstaatsangehörige, die während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen des Asylverfahrens an der Grenze bereits (unter Anwendung aller Garantien gemäß der Richtlinie über Aufnahmebedingungen) in Haft genommen wurden, können in Haft gehalten werden, um die unerlaubte Einreise zu verhindern und die Rückführung durchzuführen. In anderen Fällen, insbesondere wenn Drittstaatsangehörige während des Asylverfahrens an der Grenze nicht in Haft genommen wurden, kann unter Einhaltung derselben Höchstdauer eine Haft angeordnet werden, wenn die in der Neufassung der Rückführungsrichtlinie genannten Gründe für die Inhaftnahme vorliegen (es besteht Fluchtgefahr, die betreffende Person verhindert oder behindert die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren, oder sie stellt eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar). Die in Artikel 15 Absätze 5 und 6 der Rückführungsrichtlinie festgelegte maximale Haftdauer (Zeitraum von höchstens sechs Monaten, der unter bestimmten Umständen um einen zusätzlichen Zeitraum von bis zu 12 Monaten verlängert werden kann) bleibt jedoch unverändert, d. h. die Haftdauer, die während des Rückkehrverfahrens an der Grenze angewandt werden kann, ist in diesem Zeitraum zu berücksichtigen.

Beendigung des Grenzverfahrens und Recht auf Einreise in das Hoheitsgebiet: Wenn das Asylverfahren am Ende der Frist für den Abschluss des Grenzverfahrens noch läuft, so wird dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet, damit das Asylverfahren abgeschlossen werden kann. Die Einreise wird nicht erlaubt, wenn der Antragsteller kein Recht auf Verbleib mehr hat und ihm der Verbleib nicht länger gestattet ist. Wurde bereits eine Rückkehrentscheidung erlassen, so unterliegt der Antragsteller stattdessen dem Rückführungsverfahren an der Grenze, das nicht länger als 12 Wochen dauern darf. Nach Ablauf dieser Frist unterliegt der illegal aufhältige Drittstaatsangehörige dem Rückkehrverfahren gemäß der Rückführungsrichtlinie.

Verlagerung des Asyl- und Rückkehrverfahrens an der Grenze: Das Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze kann in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen durchgeführt werden, in dem der Asylantrag gestellt wurde. Nach dem neuen Artikel 41 Absatz 8 kann – sofern die Voraussetzungen für die Anwendung des Grenzverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, erfüllt sind – der Mitgliedstaat, der den Antragsteller gemäß Artikel [x] der Verordnung (EU) XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] übernommen hat, das Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze anwenden. Das Asyl- und Rückführungsverfahren an der Grenze kann vom Übernahmemitgliedstaat auch dann angewandt werden, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz in diesem Mitgliedstaat erst nach einer Übernahme gestellt wird (neuer Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe d).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Asylverfahren an der Grenze auf Asylanträge angewandt werden sollte, die entweder offensichtlich missbräuchlich sind oder bei denen der Antragsteller eine Gefahr für die Sicherheit darstellt oder aufgrund der Anerkennungsquote von Personen seiner Staatsangehörigkeit wahrscheinlich keinen internationalen Schutz benötigt. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten beschließen, im Hinblick auf die Zulässigkeit oder Begründetheit des Antrags ein Asylverfahren an der Grenze durchzuführen, wenn der Antrag in einem beschleunigten Verfahren geprüft werden sollte. Schließlich können die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen es von vornherein unwahrscheinlich ist, dass der Antragsteller im Falle der Ablehnung seines Asylantrags tatsächlich rückübernommen wird, beschließen, nicht das Asylverfahren an der Grenze, sondern stattdessen das normale Asylverfahren anzuwenden. Für alle anderen Asylanträge gilt das normale Asylverfahren. Unbegleitete Kinder sowie Kinder unter zwölf Jahren mit ihren Familienangehörigen werden vom Grenzverfahren ausgenommen, es sei denn, es bestehen Sicherheitsbedenken.

3.Ein lückenloses Asyl- und Rückkehrverfahren

Eine nahtlose Verknüpfung aller Phasen des Migrationsprozesses ist auch im Hinblick auf Migranten notwendig, die das Screening umgangen haben oder denen die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet wurde, damit ihre Asylanträge im normalen Asylverfahren bearbeitet werden. Daher sind gezielte Änderungen am Vorschlag der Kommission von 2016 notwendig, um zu verhindern, dass Migranten Verfahren allein aus dem Grund verzögern, ihre Abschiebung aus der Union zu verhindern und das Asylsystem zu missbrauchen. Dies betrifft insbesondere die Wirksamkeit des Rechtsbehelfsverfahrens, insbesondere beim Grenzverfahren, und das damit verbundene Recht auf Verbleib des Antragstellers (aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs), vor allem bei Folgeanträgen – ein Problem, das von einigen Mitgliedstaaten während der Konsultationen über das Reformpaket angesprochen wurde.

Straffung der Asyl- und Rückkehrverfahren einschließlich der Rechtsbehelfsverfahren

Der neue Artikel 35a verpflichtet die Mitgliedstaaten, Asyl- und Rückkehrentscheidungen entweder in ein und derselben Entscheidung oder, wenn es sich um separate Entscheidungen handelt, gleichzeitig und zusammen zu erlassen. Mit dem neuen Artikel 53 Absatz 1 werden die Asyl- und Rückkehrverfahren in der Weise gestrafft, dass das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowohl gegen Asyl- als auch gegen Rückkehrentscheidungen vor demselben Gericht und im Rahmen desselben Gerichtsverfahrens und derselben Fristen ausgeübt wird. Diese Vorschriften stellen sicher, dass das Rückkehrverfahren nicht unnötig verzögert wird, und verringern das Risiko, dass der abgelehnte Asylbewerber flüchtet oder seine Abschiebung vereitelt. Gleichzeitig bleibt das Grundrecht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gewahrt.

·Im Vorschlag von 2016 schlug die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten bei Folgeanträgen eine Ausnahme vom Recht auf Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet vorsehen können, wenn der erste Folgeantrag von der Asylbehörde als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt oder ein zweiter Folgeantrag gestellt wurde. Nach Konsultation der Mitgliedstaaten ist die Kommission der Auffassung, dass bei Folgeanträgen weitere Ausnahmen vom Bleiberecht vorgesehen werden können, sofern diese Ausnahmen sorgfältig eingegrenzt werden. Nach Artikel 43 Absatz 1 Buchstabe a sollte einem Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, daher nicht gestattet werden, bis zur Bestandskraft der Entscheidung, mit der der Antrag für unzulässig erklärt wurde, im Land zu verbleiben, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Die Abschiebung steht unmittelbar bevor. Der Antrag wurde eindeutig nur gestellt, um die Abschiebung zu verzögern oder zu vereiteln. Für die Asylbehörde ist sofort ersichtlich, dass keine neuen Elemente vorgebracht wurden. Es besteht keine Gefahr der Zurückweisung. Der Folgeantrag wurde innerhalb eines Jahres nach der Entscheidung der Asylbehörde über den Erstantrag gestellt. Um diese Regel anwenden und entsprechend entscheiden zu können, müssen die Mitgliedstaaten die Verfahren so gestalten, dass die Asylbehörde nach Stellung des Folgeantrags so rasch wie möglich prüfen kann, ob alle diese Kriterien erfüllt sind, da andernfalls die Grundregel gilt, wonach der Antragsteller während der Prüfung des Folgeantrags zum Verbleib berechtigt ist.

·Im Interesse der Klarheit werden die Artikel 53 und 54 vollständig in diesen Vorschlag aufgenommen. Es werden keine wesentlichen Änderungen am Vorschlag von 2016 vorgeschlagen, was die Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Grundprinzip eines wirksamen Rechtsbehelfs, Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im Rechtsbehelfsverfahren und dem Verfahren zur Gewährung des Rechts auf weiteren Verbleib betrifft.

·Der neue Artikel 53 Absatz 2 behält die heute nach der Asylverfahrensrichtlinie bestehende Möglichkeit bei, einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als unbegründet abgelehnt wird, als nach nationalem Recht unzulässig zu betrachten, wenn der von dem Mitgliedstaat gewährte subsidiäre Schutzstatus dieselben Rechte und Vorteile wie die Flüchtlingseigenschaft nach Unionsrecht und nationalem Recht bietet.

·Der neue Artikel 53 Absatz 7 sieht für die Einlegung von Rechtsbehelfen in erster Instanz anders als im Vorschlag von 2016 keine präzisen Fristen, sondern Mindest- und Höchstfristen vor, um ein gewisses Maß an Harmonisierung zu gewährleisten und dem Standpunkt, den die Mitgliedstaaten in den Verhandlungen über den Vorschlag von 2016 vertreten hatten, entgegenzukommen. Zu diesem Zweck wird unterschieden zwischen Entscheidungen im beschleunigten Verfahren oder Grenzverfahren, bei denen die Fristen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs auch in Bezug auf Folgeanträge kürzer sein können, und anderen Entscheidungen.

·Nach dem neuen Artikel 53 Absatz 9 dürfen die Mitgliedstaaten Antragstellern im Grenzverfahren nicht die Möglichkeit einräumen, gegen eine erste Rechtsbehelfsentscheidung einen weiteren Rechtsbehelf einzulegen.

·Im neuen Artikel 54 Absatz 1 wird klargestellt, dass alle Rechtswirkungen einer Rückkehrentscheidung, die zusammen mit einer Entscheidung zur Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz erlassen wurde, automatisch ausgesetzt sind, solange der Antragsteller nach Maßgabe der Verordnung zum Verbleib berechtigt ist oder ihm der Verbleib gestattet wurde. Dies steht im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-181/16, Gnandi, mit dem bestätigt wurde, dass die Rechtswirkungen einer Rückkehrentscheidung ausgesetzt werden müssen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz anhängig ist und der Drittstaatsangehörige nach der Asylverfahrensverordnung ein Recht auf Verbleib hat.

·Mit dem neuen Artikel 54 Absatz 3 werden die Fälle, in denen der Antragsteller nicht automatisch ein Recht auf Verbleib zur Einlegung eines Rechtsbehelfs hat, auch auf Entscheidungen zur Ablehnung von Folgeanträgen und Entscheidungen zur Aberkennung des internationalen Schutzes in den besonderen Fällen ausgeweitet, in denen ein Ausschlussgrund vorliegt, der Begünstigte als Gefahr für die Sicherheit eines Mitgliedstaats angesehen wird oder er wegen einer besonders schweren Straftat verurteilt worden ist.

·Für die oben genannten Fälle behält der Vorschlag den allgemeinen Grundsatz bei, dass Antragsteller das Recht haben, im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verbleiben, bis die Frist für die Stellung eines Antrags bei Gericht auf den weiteren Verbleib im Hoheitsgebiet abgelaufen ist beziehungsweise, wenn der Antragsteller einen solchen Antrag gestellt hat, bis zur Entscheidung des Gerichts darüber, ob dem Antragsteller der Verbleib gestattet wird. Als Ausnahme sieht der neue Artikel 54 Absatz 7 im Falle eines Rechtsbehelfs gegen die Ablehnung eines Folgeantrags jedoch die Möglichkeit vor, unbeschadet der Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung ein solches Recht auf Verbleib nicht zu gewähren. In diesen Fällen sind die Anträge bereits mindestens dreimal in der Sache geprüft worden: Prüfung des Erstantrags durch die Asylbehörde, Prüfung des Rechtsbehelfs durch mindestens eine Rechtsbehelfsinstanz und Prüfung des Folgeantrags. Es ist daher unter diesen Umständen verhältnismäßig, die sofortige Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zuzulassen. Allerdings sollte diese Möglichkeit nur unter den gleichen Bedingungen wie in Artikel 43 (siehe oben) eingeräumt werden mit Ausnahme der Einjahresregel, da der Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über den Folgeantrag in jedem Fall innerhalb der dafür gesetzten Fristen eingelegt werden muss.

Folgeanträge: Um missbräuchlichen oder in letzter Minute gestellten Folgeanträgen entgegenzuwirken, werden strengere Vorschriften in Fällen vorgeschlagen, in denen die Mitgliedstaaten bei Folgeanträgen den weiteren Verbleib im Land gestatten können.

·Nach den oben erläuterten Vorschriften soll für Folgeanträge insgesamt Folgendes gelten:

·Ein Folgeantrag hat im Verwaltungsverfahren in der Regel automatisch aufschiebende Wirkung.

·Ausnahmsweise hat ein Folgeantrag im Verwaltungsverfahren keine aufschiebende Wirkung, wenn er in den letzten Phasen des Rückkehrverfahrens gestellt wird, um die Abschiebung zu vereiteln, und sofort ersichtlich ist, dass keine neuen Elemente vorgebracht wurden. Diese Ausnahme gilt nur innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, ab dem über den Erstantrag entschieden wurde.

·Ein Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über einen Folgeantrag hat nicht automatisch aufschiebende Wirkung. Der Antragsteller kann jedoch die aufschiebende Wirkung beantragen und hat während der Prüfung dieses Antrags durch das Gericht das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat.

·Die Mitgliedstaaten können jedoch hiervon abweichen und vorsehen, dass es im Rechtsbehelfsverfahren keine aufschiebende Wirkung gibt und dass der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag auf Verbleib während des Verfahrens nicht zum Verbleib berechtigt ist, wenn bestimmte Bedingungen – wie oben ausgeführt – erfüllt sind.

·Ein zweiter oder weiterer Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über einen Folgeantrag hat keine aufschiebende Wirkung.    

2016/0224 (COD)

Geänderter Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU (COM(2016) 467 final) wird wie folgt geändert:

1.Der erste Bezugsvermerk erhält folgende Fassung:

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel 79 Absatz 2 Buchstabe c,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

2.Erwägungsgrund 31 erhält folgende Fassung:

„(31)Um die Rechte des Antragstellers zu gewährleisten, sollte die Entscheidung über seinen Antrag in schriftlicher Form ergehen. Wird dem Antragsteller kein internationaler Schutz gewährt, so sollten ihm die sachlichen und rechtlichen Gründe für diese Entscheidung mitgeteilt werden, und er sollte über ihre Folgen sowie darüber informiert werden, wie er die Entscheidung anfechten kann.

(31a)Um die Verfahren effizienter zu gestalten und die Fluchtgefahr sowie die Wahrscheinlichkeit unerlaubter Migrationsbewegungen zu verringern, sollte es zwischen der Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz und dem Erlass einer Rückkehrentscheidung keine Verfahrenslücken geben. Gegen Antragsteller, deren Antrag abgelehnt wurde, sollte umgehend eine Rückkehrentscheidung ergehen. Die Rückkehrentscheidung sollte unbeschadet des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf entweder Teil der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz sein oder, wenn es sich um eine separate Entscheidung handelt, gleichzeitig und zusammen mit der ablehnenden Entscheidung ergehen.“

3.Nach Erwägungsgrund 39 wird folgender Erwägungsgrund eingefügt:

„(39a)Im Interesse zügiger und fairer Verfahren für alle Antragsteller sollten die Mitgliedstaaten die Prüfung der Anträge von Antragstellern beschleunigen, die Staatsangehörige eines Drittstaats sind oder – im Falle Staatenloser – ihren gewöhnlichen Aufenthalt früher in einem Drittstaat hatten, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes weniger als 20 % aller diesen Drittstaat betreffenden Entscheidungen ausmacht, und gleichzeitig dafür sorgen, dass der Aufenthalt von Antragstellern, die nicht die Voraussetzungen für internationalen Schutz in der Union erfüllen, einschließlich derjenigen, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, die nach der Verordnung (EU) 2018/1806 von der Visumpflicht befreit sind, nicht über Gebühr verlängert wird. Hat sich in dem betreffenden Drittstaat seit der Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten und unter Berücksichtigung der gemeinsamen Analyse gemäß Artikel 10 der Verordnung XX/XX über die Europäische Asylagentur eine wesentliche Änderung ergeben oder gehört der Antragsteller einer bestimmten Personengruppe an, für die die niedrige Anerkennungsquote aufgrund eines besonderen Verfolgungsgrunds nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann, sollte die Prüfung des Antrags nicht beschleunigt werden. Fälle, in denen ein Drittstaat als sicherer Herkunftsstaat oder sicherer Drittstaat für den Antragsteller im Sinne dieser Verordnung angesehen werden kann, sollten weiterhin als eigenständiger Grund für das beschleunigte Prüfungsverfahren bzw. das Verfahren der Nichtzulassung zum Asylverfahren gelten.“

4.Erwägungsgrund 40 erhält folgende Fassung:

„(40)Viele Anträge auf internationalen Schutz werden an der Außengrenze oder in Transitzonen eines Mitgliedstaats gestellt, wobei es sich häufig um Anträge von Personen handelt, die beim unbefugten Überschreiten der Außengrenze eines Mitgliedstaats aufgegriffen oder nach Such- und Rettungseinsätzen ausgeschifft wurden. Zur Feststellung der Identität und zur Durchführung von Sicherheits- und Gesundheitskontrollen an den Außengrenzen sowie zur Bestimmung des Verfahrens, dem die betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zugeführt werden sollen, bedarf es eines Screening-Verfahrens. Alle Phasen der für sämtliche irregulären Einreisen geltenden Verfahren sollten nahtlos ineinander übergehen und wirksam miteinander verknüpft sein. Je nach Ausgang des Screening-Verfahrens sollten die betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen einem geeigneten Asyl- oder Rückkehrverfahren zugeführt werden, oder es sollte ihnen die Einreise verweigert werden. Es sollte daher eine Phase vor der Einreise mit einem Screening-Verfahren und Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze eingeführt werden.“

5.Nach Erwägungsgrund 40 werden folgende Erwägungsgründe eingefügt:

„(40a)Das Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze soll dazu dienen, an den Außengrenzen schnell festzustellen, ob Anträge unbegründet oder unzulässig sind, und diejenigen, die kein Recht auf Verbleib haben, rasch rückzuführen, wobei sicherzustellen ist, dass Personen mit begründetem Antrag dem regulären Verfahren zugeführt werden und schnell Zugang zu internationalem Schutz erhalten. Die Mitgliedstaaten sollten daher von Personen, die internationalen Schutz beantragen, verlangen können, dass sie an der Außengrenze oder in einer Transitzone bleiben, wo die Zulässigkeit ihres Antrags geprüft wird. Unter genau festgelegten Umständen sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, an den Außengrenzen die Begründetheit eines Antrags zu prüfen und im Falle der Ablehnung des Antrags die Rückkehr bzw. Rückführung der betreffenden Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zu veranlassen.

(40b)Die Mitgliedstaaten sollten Anträge im Rahmen eines Grenzverfahrens prüfen, wenn die betreffenden Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen, wenn die Antragsteller die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Zurückhalten relevanter Informationen oder Dokumente in Bezug auf ihre Identität oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getäuscht haben und wenn die Anträge wahrscheinlich unbegründet sind, weil die Antragsteller Angehörige eines Drittstaats sind, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes weniger als 20 % aller diesen Drittstaat betreffenden Entscheidungen ausmacht. In anderen Fällen, beispielsweise wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat oder einem sicheren Drittstaat kommt, sollten die Mitgliedstaaten das Grenzverfahren wahlweise anwenden können.

(40c)Bei der Anwendung des Grenzverfahrens für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, um die Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie XXX/XXX/EU [Richtlinie über Aufnahmebedingungen] an oder in der Nähe der Außengrenze oder in Transitzonen unterzubringen. Die Mitgliedstaaten können die Anträge an einem anderen Ort als dem, an dem der Asylantrag gestellt wurde, bearbeiten und die Antragsteller hierzu an einen bestimmten Ort an oder in der Nähe ihrer Außengrenze überstellen, wo geeignete Einrichtungen vorhanden sind. Die Entscheidung darüber, an welchen Orten an den Außengrenzen solche Einrichtungen bereitgestellt werden, sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Die Mitgliedstaaten sollten sich jedoch bemühen, dass so wenig Antragsteller wie möglich zu diesem Zweck überstellt werden, und solche Einrichtungen mit ausreichenden Kapazitäten an Grenzübergangsstellen oder Abschnitten der Außengrenze, an denen der Großteil der Anträge auf internationalen Schutz gestellt wird, bereitzustellen, wobei auch die Länge der Außengrenze und die Zahl der Grenzübergangsstellen oder Transitzonen zu berücksichtigen sind. Sie sollten der Kommission die betreffenden Orte an der Außengrenze, in den Transitzonen oder der Nähe der Außengrenze mitteilen, an denen die Grenzverfahren durchgeführt werden.  
 
In Fällen, in denen das Grenzverfahren angewandt wird und die Kapazitäten der von einem Mitgliedstaat angegebenen Standorte an oder in der Nähe der Außengrenze vorübergehend überschritten werden, können die Mitgliedstaaten diese Anträge so rasch wie möglich an einem anderen Ort in ihrem Hoheitsgebiet bearbeiten.

(40d)Ist die Anwendung des Grenzverfahrens Pflicht, sollten die Mitgliedstaaten dieses Verfahren ausnahmsweise nicht auf die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz von Angehörigen von Drittstaaten anwenden müssen, die bei der Rückübernahme nicht ausreichend kooperieren, da eine rasche Rückführung der betreffenden Personen nach Ablehnung ihres Antrags in diesem Fall unwahrscheinlich wäre. Die Feststellung, ob ein Drittstaat bei der Rückübernahme in ausreichendem Maße kooperiert, sollte nach den Verfahren des Artikels 25a der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 erfolgen.

(40e)Die Dauer des Grenzverfahrens zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz sollte so kurz wie möglich sein, gleichzeitig aber eine vollständige und faire Prüfung der Anträge gewährleisten. Das Verfahren sollte keinesfalls länger als 12 Wochen dauern. Diese Frist sollte als eigenständige Frist für das Asylverfahren an der Grenze verstanden werden und sowohl die Entscheidung über die Prüfung des Antrags als auch gegebenenfalls die Entscheidung über den Rechtsbehelf in erster Instanz umfassen. Innerhalb dieses Zeitraums sind die Mitgliedstaaten berechtigt, im nationalen Recht die Fristen sowohl für die Verwaltungs- als auch für die Rechtsbehelfsinstanz festzusetzen, wobei diese Fristen jedoch so ausgestaltet sein sollten, dass sichergestellt ist, dass innerhalb von höchstens 12 Wochen sowohl das Prüfungsverfahren abgeschlossen wird als auch gegebenenfalls die Entscheidung über den Rechtsbehelf in erster Instanz ergeht. Hat der Mitgliedstaat die entsprechenden Entscheidungen nach Ablauf dieser Frist nicht getroffen, sollte dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats grundsätzlich gestattet werden. Die Einreise in das Hoheitsgebiet sollte jedoch nicht gestattet werden, wenn der Antragsteller kein Recht auf Verbleib hat, wenn er keinen Antrag auf Verbleib zum Zwecke eines Rechtsbehelfsverfahrens gestellt hat oder wenn ein Gericht entschieden hat, dass ihm der Verbleib bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens nicht gestattet werden sollte. Um in solchen Fällen den nahtlosen Übergang vom Asyl- zum Rückkehrverfahren sicherzustellen, sollte auch das Rückkehrverfahren im Rahmen eines Grenzverfahrens innerhalb von höchstens 12 Wochen durchgeführt werden. Diese Frist sollte ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Antragsteller, der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose kein Recht auf Verbleib mehr hat oder ihm der Verbleib nicht länger gestattet ist.

(40f)Das Grenzverfahren für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz kann zwar ohne Inhaftnahme durchgeführt werden, doch sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie (EU) XXX/XXX [Richtlinie über Aufnahmebedingungen] während des Grenzverfahrens die Gründe für eine Inhaftnahme geltend machen können, um über das Recht des Antragstellers auf Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu entscheiden. Wird während eines solchen Verfahrens auf die Haft zurückgegriffen, sollten die Bestimmungen der Richtlinie (EU) XXX/XXX [Richtlinie über Aufnahmebedingungen] Anwendung finden, einschließlich in Bezug auf die Garantien für inhaftierte Antragsteller und die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung sowie in Bezug auf eine gerichtliche Kontrolle und die Haftbedingungen.

(40g)Wird ein Antrag im Rahmen des Grenzverfahrens abgelehnt, sollte gegen den betreffenden Antragsteller, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen sofort eine Rückkehrentscheidung oder, wenn die Voraussetzungen des Artikels 14 der Verordnung (EU) Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates 10 erfüllt sind, eine Einreiseverweigerung ergehen. Um die Gleichbehandlung aller Drittstaatsangehörigen zu gewährleisten, deren Antrag im Rahmen des Grenzverfahrens abgelehnt wurde, sollten in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat beschlossen hat, gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] die Bestimmungen dieser Richtlinie nicht anzuwenden und gegen den betreffenden Drittstaatsangehörigen keine Rückkehrentscheidung zu erlassen, die Behandlung und das Schutzniveau des betreffenden Antragstellers, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen im Einklang mit Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] stehen und der Behandlung und dem Schutzniveau entsprechen, die für Personen gelten, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist.

(40h)Bei der Anwendung des Rückkehrverfahrens an der Grenze sollten bestimmte Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie [Neufassung] Anwendung finden, da diese Aspekte des Rückkehrverfahrens regeln, die in dieser Verordnung nicht geregelt sind, namentlich Begriffsbestimmungen, günstigere Regelungen, Nichtzurückweisung, Wohl des Kindes, familiäre Bindungen und Gesundheitszustand, Fluchtgefahr, Kooperationspflicht, Frist für die freiwillige Ausreise, Rückkehrentscheidung, Abschiebung, Aufschub der Abschiebung, Rückkehr und Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger, Einreiseverbote, Garantien bis zur Rückkehr, Inhaftnahme, Haftbedingungen, Inhaftnahme von Minderjährigen und Familien sowie Notlagen. Um das Risiko der unerlaubten Ein- und Weiterreise illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zu verringern, die dem Rückkehrverfahren an der Grenze unterliegen, kann diesen Personen eine Frist für die freiwillige Ausreise von höchstens 15 Tagen eingeräumt werden, unbeschadet der Möglichkeit, der Rückkehrverpflichtung jederzeit freiwillig nachzukommen.

(40i)Hat ein Antragsteller, Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der während des Grenzverfahrens zur Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz in Haft genommen wurde, kein Recht auf Verbleib mehr und wurde ihm der weitere Verbleib nicht gestattet, sollten die Mitgliedstaaten die Haft fortsetzen können, um die Einreise in das Hoheitsgebiet zu verhindern und das Rückkehrverfahren durchzuführen, wobei die in der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] festgelegten Garantien und Haftbedingungen zu beachten sind. Hat ein Antragsteller, Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der während des Grenzverfahrens zur Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz nicht in Haft genommen wurde, kein Recht auf Verbleib mehr und wurde ihm der weitere Verbleib nicht gestattet, kann er in Haft genommen werden, wenn Fluchtgefahr besteht, er die Rückkehr/Rückführung umgeht oder behindert oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellt. Die Haft sollte so kurz wie möglich sein und die Höchstdauer des Rückkehrverfahrens an der Grenze nicht überschreiten. Wenn der illegal aufhältige Drittstaatsangehörige innerhalb dieses Zeitraums nicht zurückkehrt oder nicht abgeschoben wird und das Rückkehrverfahren an der Grenze keine Anwendung mehr findet, sollten die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie [Neufassung] Anwendung finden. Die in Artikel 15 der Rückführungsrichtlinie festgelegte maximale Haftdauer sollte die Dauer der Inhaftnahme während des Rückkehrverfahrens an der Grenze einschließen.

(40j)Ein Mitgliedstaat, in den ein Antragsteller nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] überstellt wird, sollte den Antrag im Rahmen eines Grenzverfahrens prüfen können, sofern dem Antragsteller noch keine Genehmigung zur Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erteilt wurde und die Bedingungen für die Anwendung eines solchen Verfahrens in dem Mitgliedstaat, aus dem der Antragsteller überstellt wurde, erfüllt sind.“

6.Nach Erwägungsgrund 44 wird folgender Erwägungsgrund eingefügt:

„(44a)Einem Antragsteller, der in letzter Minute einen Folgeantrag lediglich zu dem Zweck stellt, seine Abschiebung zu verzögern oder zu vereiteln, sollte es nicht gestattet sein, bis zur Bestandskraft der Entscheidung, mit der der Antrag für unzulässig erklärt wurde, im Land zu verbleiben, wenn für die Asylbehörde sofort ersichtlich ist, dass keine neuen Elemente vorgebracht wurden und keine Gefahr der Zurückweisung besteht, und sofern der Antrag innerhalb eines Jahres nach der Entscheidung der Asylbehörde über den Erstantrag gestellt wurde. Die Asylbehörde erlässt eine Entscheidung nach nationalem Recht, mit der bestätigt wird, dass diese Kriterien erfüllt sind und dem Antragsteller der weitere Verbleib nicht gestattet werden sollte. “

7.Die Erwägungsgründe 65 und 66 erhalten folgende Fassung:

„(65)Damit ein Antragsteller sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Ablehnung seines Antrags auf internationalen Schutz geltend machen kann, sollten alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung automatisch ausgesetzt werden, solange der Antragsteller zum Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats berechtigt ist oder ihm der Verbleib gestattet wurde. Um die Wirksamkeit der Verfahren an den Außengrenzen zu verbessern und gleichzeitig die Achtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten, sollten Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen, die im Rahmen des Grenzverfahrens ergehen, nur vor einer einzigen gerichtlichen Instanz möglich sein.

(66)Dem Antragsteller sollte grundsätzlich gestattet sein, bis zum Ablauf der Frist für das Einlegen des Rechtsbehelfs in erster Instanz oder – wenn er sein Recht innerhalb der gesetzten Frist wahrnimmt – bis zum Ergebnis des Rechtsbehelfs im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. Nur in den in dieser Verordnung festgelegten begrenzten Fällen, in denen Anträge wahrscheinlich unbegründet sind, sollte der Antragsteller für die Zwecke des Rechtsbehelfs nicht automatisch zum Verbleib berechtigt sein.“

8.Nach Erwägungsgrund 66 werden folgende Erwägungsgründe eingefügt:

„(66a)In Fällen, in denen der Antragsteller nicht automatisch berechtigt ist, für die Zwecke des Rechtsbehelfs im Land zu verbleiben, sollte ein Gericht dem Antragsteller auf dessen Antrag oder von Amts wegen gestatten können, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. In solchen Fällen sollten Antragsteller ein Recht auf Verbleib haben, bis die Frist für die Stellung eines Antrags bei Gericht auf Gestattung des Verbleibs abgelaufen ist oder, falls der Antragsteller einen solchen Antrag fristgerecht gestellt hat, bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts. Um missbräuchlichen oder in letzter Minute gestellten Folgeanträgen entgegenzuwirken und um weitere unbegründete Folgeanträge zu unterbinden, sollten die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht vorsehen können, dass Antragsteller bei abgelehnten Folgeanträgen nicht länger zum Verbleib berechtigt sind. Im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung, ob dem Antragsteller gestattet werden sollte, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Land zu verbleiben, sollten die Verteidigungsrechte des Antragstellers durch Bereitstellung notwendiger Dolmetschleistungen und Rechtsberatung angemessen gewährleistet werden. Das zuständige Gericht sollte die Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes zudem sachlich und rechtlich nachprüfen können.

(66b)Um eine wirksame Rückführung zu gewährleisten, sollten Antragsteller im Stadium eines zweiten oder eines weiteren Rechtsbehelfs vor einem Gericht gegen eine ablehnende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz nicht das Recht haben, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben, unbeschadet der Möglichkeit eines Gerichts, dem Antragsteller den Verbleib zu gestatten. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten Antragstellern nicht die Möglichkeit einräumen, einen weiteren Rechtsbehelf gegen eine erste Rechtsbehelfsentscheidung einzulegen, die gegen eine in einem Grenzverfahren getroffene Entscheidung ergangen ist.

(66c)Um die Kohärenz der gerichtlichen Nachprüfung einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wird, und der damit verbundenen Rückkehrentscheidung durch ein Gericht sicherzustellen und um die Prüfung des Falls zu beschleunigen und die Belastung der zuständigen Justizbehörden zu verringern, sollten solche Entscheidungen Gegenstand eines gemeinsamen Verfahrens vor demselben Gericht sein.

(66d)Um Fairness und Objektivität bei der Bearbeitung von Anträgen und die Wirksamkeit des gemeinsamen Verfahrens für internationalen Schutz zu gewährleisten, sollten Fristen für das Verwaltungsverfahren festgelegt werden.“

9.[UK-Erwägungsgrund 77]

10.In Artikel 4 Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

„i) Familienangehöriger“.

11.In Artikel 26 wird folgender Absatz angefügt:

„(3)    Im Falle von Drittstaatsangehörigen, die einem Screening im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) XXX/XXX [Screening-Verordnung] unterzogen werden, gelten die Absätze 1 und 2 erst nach Abschluss des Screenings.“

12.In Artikel 27 werden folgende Absätze angefügt:

„(5)    Im Falle von Drittstaatsangehörigen, die einem Screening im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) XXX/XXX [Screening-Verordnung] unterzogen werden, gelten die Absätze 1 bis 4 erst nach Abschluss des Screenings.

(6)    Konnten während des Screenings keine biometrischen Daten nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Eurodac-Verordnung] erfasst werden oder war der Antragsteller keinem Screening unterzogen worden, so erfassen die zuständigen Behörden die biometrischen Daten spätestens bei der Registrierung des Antrags auf internationalen Schutz und übermitteln sie zusammen mit den Daten gemäß Artikel 12 Buchstaben c bis p der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Eurodac-Verordnung] an das Zentralsystem bzw. an den gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten nach Maßgabe der betreffenden Verordnung.“

13.Folgender Artikel 35a wird eingefügt:

„Artikel 35a

Ablehnung eines Antrags und Erlass einer Rückkehrentscheidung

Wird ein Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als auch den subsidiären Schutzstatus als unzulässig, unbegründet oder offensichtlich unbegründet oder als stillschweigend oder ausdrücklich zurückgenommen abgelehnt, so erlassen die Mitgliedstaaten eine Rückkehrentscheidung, die mit der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] im Einklang steht. Die Rückkehrentscheidung wird als Teil der Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz oder als separate Entscheidung erlassen. Wird die Rückkehrentscheidung als separate Entscheidung erlassen, so wird sie gleichzeitig und zusammen mit der Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz erlassen.“

14.Artikel 40 wird wie folgt geändert:

a)In Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

„i)    der Antragsteller besitzt die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats oder hatte – bei Staatenlosen – seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen der Asylbehörde, mit denen internationaler Schutz gewährt wird, nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten unionsweit im Jahresdurchschnitt 20 % oder weniger beträgt, es sei denn, in dem betreffenden Drittstaat ist seit Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine erhebliche Änderung eingetreten oder der Antragsteller gehört einer Personengruppe an, bei der der Anteil von 20 % oder weniger nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann.“

b)In Absatz 5 wird folgender Buchstabe angefügt:

„c)    der Antragsteller besitzt die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats oder hatte – bei Staatenlosen – seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat, in Bezug auf den der Anteil der Entscheidungen der Asylbehörde, mit denen internationaler Schutz gewährt wird, nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten unionsweit im Jahresdurchschnitt 20 % oder weniger beträgt, es sei denn, in dem betreffenden Drittstaat ist seit Veröffentlichung der einschlägigen Eurostat-Daten eine erhebliche Änderung eingetreten oder der Antragsteller gehört einer Personengruppe an, bei der der Anteil von 20 % oder weniger nicht als repräsentativ für ihren Schutzbedarf angesehen werden kann.“

15.Artikel 41 erhält folgende Fassung:

„Artikel 41

Verfahren für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz an der Grenze

(1)Im Anschluss an das nach der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Screening-Verordnung] durchgeführte Screening-Verfahren und sofern dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten noch nicht gestattet wurde, kann der Antrag, wenn er von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellt wurde, der die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2016/399 nicht erfüllt, von einem Mitgliedstaat im Rahmen eines Grenzverfahrens geprüft werden. Das Grenzverfahren kann durchgeführt werden:

a)nach Stellung eines Antrags an einer Außengrenzübergangsstelle oder in einer Transitzone;

b)nach einem Aufgriff im Zusammenhang mit einem unbefugten Überschreiten der Außengrenze;

c)nach einer Ausschiffung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz;

d)nach Übernahme der Person gemäß Artikel [X] der Verordnung (EU) XXX/XXX [ehemalige Dublin-Verordnung].

(2)Wird ein Grenzverfahren durchgeführt, so kann über Folgendes entschieden werden:

a)die Unzulässigkeit eines Antrags gemäß Artikel 36;

b)die Begründetheit eines Antrags im beschleunigten Prüfungsverfahren in den in Artikel 40 Absatz 1 genannten Fällen.

(3)In den in Absatz 1 genannten Fällen, in denen die in Artikel 40 Absatz 1 Buchstaben c, f oder i genannten Umstände vorliegen, prüfen die Mitgliedstaaten einen Antrag im Grenzverfahren.

(4)Ein Mitgliedstaat kann beschließen, Absatz 3 nicht auf Drittstaatsangehörige oder Staatenlose anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Drittstaaten haben, für die dieser Mitgliedstaat der Kommission eine Meldung gemäß Artikel 25a Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 übermittelt hat.

Gelangt die Kommission nach der Prüfung gemäß Artikel 25a Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 zu der Auffassung, dass der Drittstaat ausreichend kooperiert, wendet der Mitgliedstaat Absatz 3 erneut an.

Ist die Kommission der Auffassung, dass der betreffende Drittstaat nicht in ausreichendem Maße kooperiert, so kann der Mitgliedstaat weiterhin von der Anwendung des Absatzes 3 absehen

a)bis ein zuvor vom Rat gemäß Artikel 25a Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 erlassener Durchführungsrechtsakt aufgehoben oder geändert worden ist;

b)bis die Kommission, sollte sie Maßnahmen gemäß Artikel 25a der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 nicht für erforderlich halten, in ihrer gemäß Absatz 2 des genannten Artikels durchgeführten Bewertung mitteilt, dass bei der Kooperation mit dem betreffenden Drittstaat wesentliche Änderungen eingetreten sind.

(5)Das Grenzverfahren darf bei unbegleiteten Minderjährigen und Minderjährigen unter 12 Jahren und ihren Familienangehörigen nur in den in Artikel 40 Absatz 5 Buchstabe b genannten Fällen angewandt werden.

(6)Unbeschadet der Absätze 9 und 11 darf Antragstellern, die dem Grenzverfahren unterliegen, die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats nicht gestattet werden.

(7)Bei der Anwendung des Grenzverfahrens können die Mitgliedstaaten unbeschadet der in Absatz 11 festgelegten Fristen das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] durchführen.

(8)Sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Grenzverfahrens in dem Mitgliedstaat, aus dem der Antragsteller überstellt wird, erfüllt, so kann der Mitgliedstaat, in den der Antragsteller gemäß Artikel [x] der Verordnung (EU) XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] überstellt wird, auch in den in Absatz 1 Buchstabe d genannten Fällen das Grenzverfahren anwenden.

(9)Die Mitgliedstaaten führen das Grenzverfahren nicht durch oder beenden das Verfahren, wenn

(a)die Asylbehörde der Auffassung ist, dass die Gründe für die Ablehnung eines Antrags als unzulässig oder für die Anwendung des beschleunigten Prüfungsverfahrens nicht oder nicht mehr gegeben sind;

(b)Antragstellern mit besonderen Verfahrensbedürfnissen an den in Absatz 14 genannten Orten nicht die erforderliche Unterstützung bereitgestellt werden kann;

(c)es medizinische Gründe für die Nichtanwendung des Grenzverfahrens gibt;

(d)im Einzelfall Haft angewandt wird, die Garantien und Bedingungen für die Inhaftnahme gemäß den Artikeln 8 bis 11 der Richtlinie XXX/XXX/EU [Richtlinie über Aufnahmebedingungen] nicht oder nicht mehr erfüllt sind und der Antragsteller dem Grenzverfahren nicht ohne Haft unterzogen werden kann.

In diesen Fällen gestattet die zuständige Behörde dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats.

(10)Abweichend von Artikel 28 dieser Verordnung sind Anträge, die einem Verfahren an der Grenze unterliegen, spätestens fünf Tage nach der erstmaligen Registrierung oder – im Fall einer Übernahme gemäß Artikel [x] der Verordnung (EU) XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] – fünf Tage nach der Ankunft des gemäß Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe e der genannten Verordnung überstellten Antragstellers im zuständigen Mitgliedstaat zu stellen.

(11)Die Dauer des Grenzverfahrens muss so kurz wie möglich sein, gleichzeitig aber eine vollständige und faire Prüfung der Ansprüche ermöglichen. Das Grenzverfahren umfasst die Entscheidung nach den Absätzen 2 und 3 sowie gegebenenfalls jede Entscheidung über einen Rechtsbehelf und ist innerhalb von 12 Wochen nach Registrierung des Antrags abzuschließen. Nach diesem Zeitraum ist dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu gestatten, es sei denn, Artikel 41a Absatz 1 findet Anwendung.

Abweichend von den in Artikel 34, Artikel 40 Absatz 2 und Artikel 55 festgesetzten Fristen regeln die Mitgliedstaaten die Dauer des Prüfungs- und des Rechtsbehelfsverfahrens in einer Weise, die gewährleistet, dass im Falle eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag im Grenzverfahren abgelehnt wird, die Entscheidung über einen solchen Rechtsbehelf innerhalb von 12 Wochen nach Registrierung des Antrags ergeht.

(12)Abweichend von Absatz 11 wird dem Antragsteller die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats nicht gestattet, wenn

a)dem Antragsteller das Recht auf Verbleib gemäß Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a entzogen wurde;

b)der Antragsteller zum Verbleib gemäß Artikel 54 nicht berechtigt ist und er seinen weiteren Verbleib für die Zwecke eines Rechtsbehelfsverfahrens nicht fristgerecht beantragt hat;

c)der Antragsteller zum Verbleib gemäß Artikel 54 nicht berechtigt ist und ein Gericht entschieden hat, dass er bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens nicht im Land verbleiben darf.

Ist gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung nach Maßgabe der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] oder eine Einreiseverweigerung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/399 ergangen, findet Artikel 41a Anwendung.

(13)Während der Prüfung von Anträgen, die einem Grenzverfahren unterliegen, sind die Antragsteller an der Außengrenze oder in den Transitzonen oder in deren Nähe unterzubringen. Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission spätestens [zwei Monate nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung] die Standorte an den Außengrenzen, in der Nähe der Außengrenzen oder in den Transitzonen mit, an denen das Grenzverfahren durchgeführt wird, auch bei Anwendung des Absatzes 3, und stellt sicher, dass die Kapazitäten dieser Orte für die Bearbeitung der Anträge nach dem genannten Absatz ausreichen. Änderungen der Standorte, an denen das Grenzverfahren angewendet wird, werden der Kommission zwei Monate, bevor die Änderungen wirksam werden, mitgeteilt.

(14)In Fällen, in denen die Kapazitäten der von den Mitgliedstaaten gemäß Absatz 14 gemeldeten Standorte vorübergehend nicht ausreichen, um die unter Absatz 3 fallenden Anträge zu bearbeiten, können die Mitgliedstaaten andere Orte in ihrem Hoheitsgebiet benennen und nach entsprechender Mitteilung an die Kommission Antragsteller dort vorübergehend und für den kürzesten erforderlichen Zeitraum unterbringen.“

16.Folgender Artikel 41 a wird eingefügt:

„Artikel 41a

Rückkehrverfahren an der Grenze

(1)Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, deren Antrag im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 41 abgelehnt wurde, wird die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats nicht gestattet.

(2)Die in Absatz 1 genannten Personen werden für einen Zeitraum von höchstens 12 Wochen an Standorten an der Außengrenze oder in der Nähe der Außengrenze oder in Transitzonen untergebracht; kann ein Mitgliedstaat sie nicht an diesen Orten unterbringen, so kann er auf andere Orte in seinem Hoheitsgebiet zurückgreifen. Die Zwölfwochenfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, ab dem der Antragsteller, Drittstaatsangehörige oder Staatenlose kein Recht auf Verbleib mehr hat und ihm der Verbleib nicht länger gestattet ist.

(3)Für die Zwecke dieses Artikels finden Artikel 3, Artikel 4 Absatz 1, die Artikel 5 bis 7, Artikel 8 Absätze 1 bis 5, Artikel 9 Absätze 2 bis 4, die Artikel 10 bis 13, Artikel 15, Artikel 17 Absatz 1, Artikel 18 Absätze 2 bis 4 und die Artikel 19 bis 21 der Richtlinie XXX/XXX/EU [Neufassung der Rückführungsrichtlinie] Anwendung.

(4)Unbeschadet der Möglichkeit, jederzeit freiwillig zurückzukehren, kann den in Absatz 1 genannten Personen eine Frist von höchstens 15 Tagen für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden.

(5)Die in Absatz 1 genannten Personen, die während des Verfahrens nach Artikel 41 in Haft genommen wurden, nicht mehr zum Verbleib berechtigt sind und denen der weitere Verbleib nicht gestattet wurde, können weiter in Haft gehalten werden, um die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verhindern, die Rückkehr vorzubereiten oder das Abschiebungsverfahren durchzuführen.

(6)Die in Absatz 1 genannten Personen, die nicht mehr zum Verbleib berechtigt sind und denen der weitere Verbleib nicht gestattet wurde und die während des Verfahrens nach Artikel 41 nicht in Haft genommen wurden, können in Haft genommen werden, wenn Fluchtgefahr im Sinne der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] besteht, wenn sie die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern oder wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder für die nationale Sicherheit darstellen.

(7)Die Haft wird, solange die Abschiebungsvorkehrungen im Gange sind und mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden, für den kürzest möglichen Zeitraum aufrechterhalten. Die Haftdauer darf den in Absatz 2 genannten Zeitraum nicht überschreiten und ist auf die Höchstdauer der Inhaftnahme gemäß Artikel 15 Absätze 5 und 6 der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] anzurechnen.

(8)Die Mitgliedstaaten, die nach Ablehnung eines Antrags im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 41 eine Einreiseverweigerung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/399 erlassen und beschlossen haben, die Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] in diesen Fällen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der genannten Richtlinie nicht anzuwenden, stellen sicher, dass die Behandlung und das Schutzniveau der Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, denen die Einreise verweigert wird, im Einklang mit Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie XXX/XXX/EU [Rückführungsrichtlinie] stehen und der Behandlung und dem Schutzniveau gemäß den Absätzen 2, 4 und 7 gleichwertig sind.“

17.Artikel 43 wird wie folgt geändert:

„a) Buchstabe a wird gestrichen.

In Artikel 43 wird folgender Buchstabe c angefügt:

c) innerhalb eines Jahres nach der Entscheidung der Asylbehörde über den Erstantrag ein erster Folgeantrag nur zu dem Zweck gestellt worden ist, bis zur Bestandskraft der Entscheidung, mit der der Antrag für unzulässig erklärt wurde, die Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln, die zur unverzüglichen Abschiebung des Antragstellers aus dem Mitgliedstaat führen würde, und für die Asylbehörde sofort ersichtlich ist, dass keine neuen Elemente gemäß Artikel 42 Absatz 4 vorgebracht wurden.“

18.Die Artikel 53 und 54 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 53

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf

(1)Die Antragsteller haben das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen

a)eine Entscheidung, mit der ihr Antrag als unzulässig abgelehnt wird;

b)eine Entscheidung, mit der ihr Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als auch den subsidiären Schutzstatus als unbegründet abgelehnt wird;

c)eine Entscheidung, mit der ihr Antrag als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wird;

d)eine Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzes;

e)eine Rückkehrentscheidung.

Gegen Rückkehrentscheidungen ist ein Rechtsbehelf bei demselben Gericht, innerhalb desselben Gerichtsverfahrens und innerhalb derselben Fristen, die für Entscheidungen gemäß den Buchstaben a bis d gelten, einzulegen.

(2)Personen, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, haben das Recht, gegen eine Entscheidung, ihren Antrag in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft als unbegründet zu betrachten, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Bietet der von einem Mitgliedstaat gewährte subsidiäre Schutzstatus nach Unionsrecht und nationalem Recht dieselben Rechte und Vorteile wie die Flüchtlingseigenschaft, so kann der Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung in diesem Mitgliedstaat als unzulässig angesehen werden, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen ist.

(3)Ein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne des Absatzes 1 sieht eine umfassende Ex-nunc-Prüfung zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht vor, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt und bei der gegebenenfalls auch das Bedürfnis nach internationalem Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) beurteilt wird.

(4)Für eine Verhandlung vor dem zuständigen Gericht wird Antragstellern ein Dolmetscher zur Seite gestellt, wenn andernfalls keine angemessene Verständigung gewährleistet werden kann.

(5)Hält das Gericht es für erforderlich, so sorgt es für die Übersetzung der einschlägigen Schriftstücke, die noch nicht gemäß Artikel 33 Absatz 4 übersetzt worden sind. Alternativ können Übersetzungen dieser Schriftstücke von anderen Stellen zur Verfügung gestellt und im Einklang mit dem nationalen Recht aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden.

(6)Werden die Schriftstücke dem Gericht nicht so rechtzeitig vorgelegt, dass das Gericht ihre Übersetzung sicherstellen kann, so kann das Gericht die Berücksichtigung dieser Schriftstücke verweigern, wenn der Antragsteller ihnen keine Übersetzung beigefügt hat.

(7)Die Mitgliedstaaten legen für die Einreichung von Rechtsbehelfen gegen die in Absatz 1 genannten Entscheidungen in ihrem nationalen Recht folgende Fristen fest:

a)mindestens eine Woche im Falle einer Entscheidung, mit der ein Antrag als unzulässig, stillschweigend zurückgenommen oder unbegründet abgelehnt wird, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung einer der in Artikel 40 Absatz 1 oder Absatz 5 aufgeführten Umstände zutrifft;

b)mindestens zwei Wochen und höchstens zwei Monate in allen anderen Fällen.

(8)Die Fristen nach Absatz 7 beginnen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung der Asylbehörde dem Antragsteller, seinem Vertreter oder rechtlichen Beistand mitgeteilt wird. Das Mitteilungsverfahren wird im nationalen Recht festgelegt.

(9)Die Mitgliedstaaten sehen für Entscheidungen, die im Rahmen des Grenzverfahrens ergehen, nur eine Rechtsbehelfsinstanz vor.

Artikel 54

Aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs

(1)Die Wirkungen einer Rückkehrentscheidung werden automatisch ausgesetzt, solange der Antragsteller nach diesem Artikel ein Recht auf Verbleib hat oder ihm der Verbleib gestattet ist.

(2)Antragsteller haben das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem erstinstanzlichen Gericht und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.

(3)Der Antragsteller hat kein Recht auf Verbleib nach Absatz 2, wenn die zuständige Behörde eine der folgenden Entscheidungen getroffen hat:

a)eine Entscheidung, mit der ein Antrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung einer der in Artikel 40 Absatz 1 oder Absatz 5 aufgeführten Umstände [einschließlich des sicheren Herkunftsstaats] zutrifft oder in den Fällen, die dem Verfahren an der Grenze unterliegen;

b)eine Entscheidung, einen Antrag gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a [erster Asylstaat] oder Buchstabe c [Folgeantrag ohne neue Elemente] als unzulässig abzulehnen;

c)eine Entscheidung, mit der ein Antrag als stillschweigend zurückgenommen abgelehnt wird;

d)eine Entscheidung, mit der ein Folgeantrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wird;

e)eine Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzes gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstaben b, d und e und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung).

(4)In den in Absatz 3 genannten Fällen ist das Gericht befugt, auf Antrag des Antragstellers nach sowohl sachlicher als auch rechtlicher Prüfung zu entscheiden, ob dem Antragsteller gestattet wird, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verbleiben. Das zuständige Gericht kann nach nationalem Recht befugt sein, in dieser Angelegenheit von Amts wegen zu entscheiden.

(5)Für die Zwecke des Absatzes 4 gilt Folgendes:

a)Der Antragsteller verfügt ab dem Tag, an dem ihm die Entscheidung mitgeteilt wurde, über eine Frist von mindestens fünf Tagen, um einen Antrag auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu stellen.

b)Für eine Verhandlung vor dem zuständigen Gericht wird dem Antragsteller ein Dolmetscher zur Seite gestellt, wenn andernfalls keine angemessene Verständigung gewährleistet werden kann.

c)Dem Antragsteller wird auf Antrag unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 15 Absätze 4 und 5 gewährt.

d)Der Antragsteller hat ein Recht auf Verbleib,

i)bis zum Ablauf der Frist für die Stellung eines Antrags auf Verbleib bei Gericht;

ii)bis zur Entscheidung des Gerichts, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet verbleiben darf, wenn der Antragsteller fristgerecht einen Antrag auf Verbleib gestellt hat.

(6)Bei Folgeanträgen können die Mitgliedstaaten abweichend von Absatz 6 Buchstabe d im nationalen Recht vorsehen, dass der Antragsteller unbeschadet der Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nicht zum Verbleib berechtigt ist, wenn der Rechtsbehelf lediglich eingelegt wurde, um die Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung, die zur unverzüglichen Abschiebung des Antragstellers aus dem Mitgliedstaat führen würde, zu verzögern oder zu vereiteln und es für das
Gericht sofort ersichtlich ist, dass keine neuen Elemente gemäß Artikel 42 Absatz 4 vorgebracht wurden.

(7)Ein Antragsteller, der einen weiteren Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über einen ersten oder einen weiteren Rechtsbehelf einlegt, hat kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, es sei denn, das Gericht entscheidet auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen anders.“

(1)    ABl. L […] vom […], S. […].
(2)    COM (2020)xxx, XX.9.2020, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817.
(3)    Im Rahmen der Initiative für minderjährige Migranten wurde ein gemeinsames Konzept gefordert, um das Problem der vermissten (unbegleiteten und von ihren Eltern getrennten) Minderjährigen anzugehen, wirksame Mechanismen zur Bekämpfung der Gefahren des Menschenhandels zu schaffen und für minderjährige Migranten geltende Standards für Asylverfahren anzunehmen.
(4)    Beispielsweise der von 33 Organisationen und Gemeinden unterzeichnete Berliner Aktionsplan für eine neue europäische Asylpolitik vom 25. November 2019.
(5)    Empfehlungen des UNHCR zu dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Migrations- und Asylpaket, Januar 2020.
(6)    Empfehlungen der IOM zum neuen Migrations- und Asylpaket der Europäischen Union, Februar 2020.
(7)    CEPS-Projektbericht, Search and rescue, disembarkation and relocation arrangements in the Mediterranean. Sailing Away from Responsibility? (Maßnahmen für Suche und Rettung, Ausschiffung und Übernahme von Migranten im Mittelmeerraum – Abkehr von der Verantwortung?), Juni 2019.
(8)    Alle Studien und Berichte des Europäischen Migrationsnetzwerks sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/networks/european_migration_network_en.
(9)    COM(2016) 271 final.
(10)    Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1).