EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 9.12.2020
COM(2020) 789 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen
{SWD(2020) 331 final}
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen
Unsere Vision
1.Mobilität und Verkehr sind für uns alle von Bedeutung. Vom täglichen Pendeln zur Arbeitsstätte über Besuche bei Familie und Freunden und touristische Reisen bis hin zum reibungslosen Ineinandergreifen globaler Lieferketten im Interesse gut gefüllter Geschäfte und unserer industriellen Produktion – Mobilität ist ein Motor unseres wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Der freie Personen- und Warenverkehr über die europäischen Binnengrenzen hinweg ist eine der Grundfreiheiten der Europäischen Union (EU) und ihres Binnenmarkts. Das Reisen innerhalb der EU hat zu mehr Zusammenhalt und einer gestärkten europäischen Identität geführt. Der Verkehr stellt den zweitgrößten Ausgabenbereich der privaten Haushalte in der EU dar und trägt 5 % zum europäischen BIP bei. Rund 10 Millionen Menschen sind unmittelbar im Verkehrssektor tätig.
2.Mobilität hat zwar viele Vorteile für ihre Nutzerinnen und Nutzer, ist aber nicht ohne Kosten für unsere Gesellschaft. Sie entstehen u. a. durch Treibhausgasemissionen, Luft- und Wasserverschmutzung, Lärmbelastung, aber auch Unfälle, insbesondere auf der Straße, Verkehrsverdichtung und den Verlust an biologischer Vielfalt. All dies beeinträchtigt unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Unsere bisherigen Anstrengungen und Maßnahmen hatten diese Kosten noch nicht ausreichend im Blick. Die mobilitätsbedingten Treibhausgasemissionen sind im Laufe der Zeit angestiegen, sodass heute ein Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen der EU auf sie entfällt.
3.Die weitaus größte Herausforderung für den Verkehrssektor besteht darin, eine beträchtliche Emissionsreduktion zu erreichen und nachhaltiger zu werden. Zugleich liegen darin große Chancen – zum einen für mehr Lebensqualität, zum anderen als Impuls für die europäische Industrie, auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette zu modernisieren, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen, neue Waren und Dienstleistungen zu entwickeln, wettbewerbsfähiger zu werden und eine weltweite Spitzenposition einzunehmen (andere Märkte machen derzeit rasche Fortschritte in Richtung Emissionsfreiheit). Angesichts des hohen Anteils des Verkehrssektors am gesamten europäischen Treibhausgasausstoß kann das EU-Ziel einer Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030 und der Klimaneutralität bis 2050 nur erreicht werden, wenn sofort und in Synergie mit den Anstrengungen für das Null-Schadstoff-Ziel ehrgeizigere Maßnahmen ergriffen werden, um die Abhängigkeit des Verkehrssektors von fossilen Brennstoffen zu verringern. Der Erfolg des europäischen Grünen Deals hängt davon ab, dass wir für ein Verkehrssystem sorgen, das als ganzes nachhaltig ist.
4.Die COVID-19-Pandemie hat klar gezeigt, dass ein gut funktionierender Binnenmarkt für die EU von vitaler Bedeutung ist. Sie hat deutlich gemacht, wie wichtig der Verkehr ist und welche sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Kosten anfallen, wenn der freie Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr stark oder sogar ganz eingeschränkt ist. Die Integrität der Lieferkette und ein koordiniertes europäisches Konnektivitäts- und Verkehrskonzept sind zur Bewältigung jeder Art von Krise und zur Stärkung der strategischen Autonomie und Resilienz der EU von grundlegender Bedeutung.
5.Die Gewähr, dass unser Verkehrssystem tatsächlich gegen künftige Krisen gewappnet ist, muss daher ebenfalls ein zentrales Ziel der künftigen EU-Verkehrspolitik sein. Die Vollendung des einheitlichen europäischen Verkehrsraums wie im Weißbuch von 2011 vorgesehen bleibt Eckpfeiler der europäischen Verkehrspolitik. Die Stärkung des Zusammenhalts, der Abbau regionaler Unterschiede und die Verbesserung von Konnektivität und Binnenmarktzugang für alle Regionen sind auch künftig von strategischer Bedeutung für die EU. Die COVID-19-Pandemie hatte erhebliche Auswirkungen auf den Verkehrssektor. Beim Wiederaufbau nach dieser schweren Krise sollte die öffentliche Unterstützung dabei helfen, Mobilität „neu zu erfinden“ und einen qualitativen Sprung in eine nachhaltige und intelligentere Zukunft zu vollführen.
6.Verkehrswachstum darf es künftig nur bei grüner Mobilität geben. Die Mobilität in Europa sollte auf ein effizientes und vernetztes multimodales Verkehrssystem für den Personen- und Warenverkehr gestützt sein, ergänzt durch ein erschwingliches Hochgeschwindigkeitsbahnnetz, eine dichte Lade- und Betankungsinfrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge und ein umfassendes Angebot an erneuerbaren und CO2-armen Kraftstoffen sowie eine sauberere und aktivere Mobilität in grüneren Städten, die der Gesundheit und dem Wohlergehen der urbanen Bevölkerung förderlich ist.
7.Die Digitalisierung wird zu einem unverzichtbaren Motor für die Modernisierung des Gesamtsystems werden, wodurch es nahtlos und effizienter werden wird. Europa muss sich gerade auch die Digitalisierung und Automatisierung zunutze machen, um die technische Sicherheit, die Gefahrenabwehr, die Zuverlässigkeit und den Komfort im Bereich der Mobilität zu erhöhen – und damit zugleich seine Spitzenposition bei der Herstellung von Verkehrsmitteln und bei der Erbringung von Verkehrsdienstleistungen zu festigen und seine globale Wettbewerbsfähigkeit durch effiziente und widerstandsfähige Logistikketten zu stärken.
8.Bei dieser Entwicklung darf niemand zurückgelassen werden: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Mobilität für alle verfügbar und erschwinglich ist, ländliche und abgelegene Regionen besser angebunden werden, die Zugänglichkeit für Personen mit eingeschränkter Mobilität und Menschen mit Behinderungen gewährleistet ist und der Verkehrssektor gute soziale Bedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und attraktive Arbeitsplätze bietet. Die europäische Säule sozialer Rechte ist Europas Kompass dafür, dass der ökologische und digitale Wandel sozial gerecht verläuft.
9.Grundsätzlich müssen wir uns vom bisherigen Paradigma der allmählichen Veränderungen lösen – denn wir brauchen eine fundamentale Transformation. Daher sieht die vorliegende Strategie einen Fahrplan vor, mit dem Europa sicher auf den Weg in eine nachhaltige und intelligente Zukunft der Mobilität gebracht werden soll. Um unsere Vision umzusetzen, haben wir zehn Leitinitiativen und einen Aktionsplan vorgelegt, die in den kommenden Jahren Richtschnur unseres Handels sein werden. Der Strategie liegen dieselben Szenarien zugrunde wie dem Klimazielplan für 2030: Sie zeigen, dass die dargelegten Maßnahmen zusammen – sofern sie mit dem richtigen Maß an Ehrgeiz umgesetzt werden – zu einer Verringerung der verkehrsbedingten Emissionen um 90 % bis 2050 führen können. Unter Berücksichtigung der in der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthaltenen Analyse haben wir eine Reihe von Etappenzielen für den Weg Europas zu einer nachhaltigen, intelligenten und widerstandsfähigen Mobilität aufgestellt, die zugleich deutlich machen, wie ehrgeizig wir in Zukunft sein müssen. Die Etappenziele sind die folgenden:
Bis 2030:
·Auf Europas Straßen sind mindestens 30 Millionen emissionsfreie Fahrzeuge unterwegs.
·100 europäische Städte sind klimaneutral.
·Der Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr hat sich verdoppelt.
·Der Linienverkehr auf Strecken unter 500 km innerhalb der EU ist CO2-neutral.
·Die automatisierte Mobilität wird in großem Maßstab eingeführt.
·Emissionsfreie Schiffe werden marktreif.
Bis 2035:
·Emissionsfreie Großflugzeuge werden marktreif.
Bis 2050:
·Fast alle Pkw, Lieferwagen, Busse und neue Lkw sind emissionsfrei.
·Der Schienengüterverkehr hat sich verdoppelt.
·Der Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr hat sich verdreifacht.
·Das für einen nachhaltigen und intelligenten Verkehr mit Hochgeschwindigkeitskonnektivität ausgestattete multimodale transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) ist für das Gesamtnetz betriebsbereit.
Nachhaltige Mobilität – ein unumkehrbarer Übergang zu emissionsfreier Mobilität
10.Der europäische Grüne Deal fordert uns auf, die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen um 90 % verringern, damit die EU als Wirtschaftsraum bis 2050 klimaneutral ist, und zugleich auf das Null-Schadstoff-Ziel hinzuarbeiten. Um diesen Systemwandel zu erreichen, müssen wir 1) alle Verkehrsträger nachhaltiger machen, 2) nachhaltige Alternativen in einem multimodalen Verkehrssystem allgemein verfügbar machen und 3) die richtigen Anreize schaffen, um den Wandel zu beschleunigen. Dies sind die drei Säulen unseres künftigen Handelns.
11.Das heißt zugleich, dass wir alle Hebel in Bewegung setzen müssen. Wir müssen 1) Maßnahmen ergreifen, um die derzeitige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen erheblich zu verringern (indem bestehende Flotten durch emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge ersetzt werden und die Nutzung erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe gefördert wird); 2) entschlossen handeln, um das Verkehrsaufkommen verstärkt auf nachhaltige Verkehrsträger zu verlagern (insbesondere indem die Zahl der Bahnreisenden und der Pendlerinnen und Pendler, die öffentliche Verkehrsmittel und aktive Verkehrsträger nutzen, erhöht und ein beträchtlicher Teil des Güterverkehrs auf die Schiene, die Binnenschifffahrt und den Kurzstreckenseeverkehr verlagert wird); 3) externe Kosten internalisieren (indem das Verursacherprinzip und das Benutzerprinzip angewendet werden, insbesondere durch CO2-Bepreisung und Infrastrukturgebühren).
1.1Wir müssen alle Verkehrsträger nachhaltiger machen
12.Für unsere Mobilität sind alle Verkehrsträger unverzichtbar, und daher müssen alle nachhaltiger werden. In der ersten Säule unseres Ansatzes müssen wir dafür sorgen, dass emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge sowie erneuerbare und CO2-arme Kraftstoffe im Straßen-, Schiffs-, Luft- und Schienenverkehr ab sofort stärker genutzt werden. Wir müssen Forschung und Innovation im Hinblick auf wettbewerbsfähige, nachhaltige und kreislauforientierte Produkte und Dienstleistungen fördern, sicherstellen, dass die richtigen Fahrzeuge und Kraftstoffe von der Industrie bereitgestellt werden, die erforderliche Infrastruktur aufbauen und Anreize für die Nachfrage der Endnutzerinnen und Endnutzer schaffen. Das ist entscheidend, damit wir unsere Klimaziele für 2030 und 2050 und das Null-Schadstoff-Ziel erreichen und Europas Unternehmen weltweit führend bleiben. Die Gewährleistung einer verkehrsträgerübergreifenden Technologieneutralität ist dabei ein Schlüsselfaktor, darf aber nicht dazu führen, dass Maßnahmen zur Beseitigung von auf fossile Brennstoffe gestützten Lösungen unterbleiben.
Leitinitiative 1 – Förderung der Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge und erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe sowie des Aufbaus der dafür erforderlichen Infrastruktur
13.Obwohl der Anteil emissionsarmer und emissionsfreier Fahrzeuge an der Fahrzeugflotte rasch wächst, ist er nach wie vor viel zu niedrig. Normen für CO2- und Luftschadstoffemissionen und Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe wie jene in der Richtlinie über saubere Fahrzeuge werden auch in Zukunft wichtige Treiber für den Übergang zum emissionsfreien Straßenverkehr und ein wachsendes Angebot an emissionsfreien Fahrzeugen sein, das nachhaltige Mobilität für alle erschwinglicher macht. Um die im Klimaplan für 2030 festgelegten Ziele zu erreichen und zu gewährleisten, dass die Marschroute zum emissionsfreien Verkehr ab 2025 klar definiert ist, wird die Kommission bis Juni 2021 eine Überarbeitung der CO2-Normen für Pkw und Lieferwagen vorschlagen. Die Kommission wird in dieser Hinsicht auch die CO2-Normen für Lkw überprüfen.
14.In den letzten fünf Jahren wurden erhebliche Anstrengungen zur Verringerung der Luftschadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen unternommen. Fahrzeuge, die heute verkauft werden, haben deutlich niedrigere Emissionswerte als die Fahrzeuge von 2015. Allerdings kann noch mehr getan werden. Der anstehende Vorschlag für strengere Luftschadstoffemissionsnormen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (Euro 7) wird dafür sorgen, dass nur noch zukunftstaugliche emissionsarme Fahrzeuge auf den Markt kommen.
15.Die für Horizont Europa geplanten Partnerschaften wie „Batterien“, „2ZERO“ oder „sauberer Wasserstoff“ könnten dazu beitragen, dass innovative Fahrzeugtechnologien verfügbar werden. Gleichzeitig bedarf es eines umfassenden Ansatzes, um die Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen anzukurbeln, und zwar ohne Hemmnisse im Binnenmarkt und unter uneingeschränkter Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Union. Die oben genannten Umweltnormen sollten durch Maßnahmen flankiert werden, die die Nachfrage nach diesen Fahrzeugen erhöhen, etwa CO2-Bepreisung, Steuervergünstigungen, Straßenbenutzungsgebühren sowie die Überarbeitung der Vorschriften über die Gewichte und Abmessungen von Lkw. Die Kommission wird Maßnahmen vorschlagen, um die vermehrte Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge im Fuhrpark von Unternehmen und im städtischen Verkehr zu fördern. Mit der neuen Batterieverordnung wird zudem sichergestellt, dass Batterien, die in der EU in Verkehr gebracht werden, während ihres gesamten Lebenszyklus nachhaltig und sicher sind. Die Nachhaltigkeit und die für das Ende des Lebenszyklus geltenden Anforderungen, einschließlich der CO2-Bilanz und der ethischen und nachhaltigen Beschaffung von Rohstoffen, sind für die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks von Elektrofahrzeugen von entscheidender Bedeutung.
16.Der Rechtsrahmen für die technische Überwachung sollte geändert werden, um sicherzustellen, dass die Fahrzeuge während ihrer gesamten Lebensdauer die geltenden Emissions- und Sicherheitsnormen einhalten. Ein einziges defektes Fahrzeug kann die Luft stärker verunreinigen als Tausende saubere.
17.Mit der Entwicklung von emissionsfreien Motoren für Straßenfahrzeuge sind die Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung von Reifen noch nicht gelöst, bei der weiter Lärm und Mikroplastik entsteht. Letzteres verunreinigt Binnengewässer und Meere und kann am Ende sogar in die Nahrungskette gelangen. Hochleistungsreifen sollten weiter gefördert werden, da sie den Energieverbrauch und die Emissionen (einschließlich Rollgeräusch) verringern und gleichzeitig für Fahrzeugsicherheit sorgen. Mit der anstehenden Überarbeitung der Richtlinie über Altfahrzeuge wird auch bezweckt, den ökologischen Fußabdruck der Herstellung und des Abwrackens von Fahrzeugen insgesamt zu verringern.
18.Kraftstoffhersteller und -anbieter sollten ein klares Signal erhalten, dass die im Verkehr genutzten Kraftstoffe CO2-neutral werden und nachhaltige erneuerbare und CO2-arme Kraftstoffe unverzüglich in großem Maßstab eingeführt werden müssen. Die Kommission wird im Rahmen der Überarbeitung der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zusätzliche Maßnahmen zur Förderung dieser Kraftstoffe in Betracht ziehen, möglicherweise in Form von Mindestanteilen oder Quoten.
19.Im Straßenverkehr werden bereits emissionsfreie Lösungen eingeführt. Die Hersteller investieren derzeit massiv in batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Der Marktanteil steigt bereits, insbesondere bei Pkw, leichten Nutzfahrzeugen und in Städten eingesetzten Bussen, während bei Lkw und Reisebussen erste Schritte erfolgen. Die Hersteller investieren zudem in Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen, insbesondere für Unternehmensflotten, Busse und den Schwerlastverkehr. Diese vielversprechenden Optionen werden im Rahmen der EU-Strategie zur Integration des Energiesystems und der EU-Wasserstoffstrategie sowie des strategischen Aktionsplans für Batterien unterstützt. Die Energieeffizienz wird künftig ein vorrangiges Kriterium für die Auswahl geeigneter Technologien sein, und zwar unter Berücksichtigung ihres gesamten Lebenszyklus. Übergangstechnologien sollten die CO2- und die Schadstoffnormen in vollem Umfang einhalten. Auch der Schienenverkehr muss weiter elektrifiziert werden; wo dies nicht durchführbar ist, sollten verstärkt Wasserstoffkraftstoffe eingesetzt werden.
20.Der Luftverkehr und der Schiffsverkehr stehen in den nächsten Jahrzehnten vor größeren Herausforderungen im Bereich der CO2-Emissionen, was auf den derzeitigen Mangel an marktfähigen emissionsfreien Technologien, die langen Entwicklungs- und Lebenszyklen von Flugzeugen und Schiffen, den erheblichen Bedarf an Investitionen in die Betankungsausrüstung und -infrastruktur und den internationalen Wettbewerb in den betreffenden Sektoren zurückzuführen ist. Die internationalen Emissionen der EU aus der Schiff- und Luftfahrt sind seit 1990 um mehr als 50 % gestiegen. In diesen Sektoren müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, auch während sie sich von der derzeitigen Krise erholen. Zusätzliche erneuerbare und CO2-arme flüssige und gasförmige Kraftstoffe müssen den beiden Verkehrsträgern vorrangig zugänglich gemacht werden, da kurzfristig keine geeigneten alternativen Antriebssysteme verfügbar sind. Im Rahmen der Initiativen „ReFuelEU Aviation“ und „FuelEU Maritime“ wird dieses Problem angegangen werden, indem die Herstellung und Verbreitung nachhaltiger Flug- und Schiffskraftstoffe gefördert wird. Darüber hinaus erwägt die Kommission, eine Allianz für die Wertschöpfungskette bei erneuerbaren und CO2-armen Kraftstoffen ins Leben zu rufen, in deren Rahmen Behörden, Industrie und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten können, um Angebot und Verbreitung der vielversprechendsten Kraftstoffe zu fördern; diese Allianz würde auf dem Erfolg der Europäischen Batterie-Allianz aufbauen und die Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Allianz für sauberen Wasserstoff ergänzen.
21.Um die Energieeffizienz von Flugzeugen und Schiffen zu verbessern und ihre Emissionen zu verringern, müssen ehrgeizige Standards für Bau und Betrieb gefördert werden. Im Hinblick auf Maßnahmen, mit denen wissenschaftsbasierte globale Emissionsreduktionsziele im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris erreicht werden sollen, muss die EU weiter eng mit allen internationalen Organisationen wie der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) oder der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) zusammenarbeiten. Zudem bedarf es erheblicher Anstrengungen, um revolutionäre Technologien zu entwickeln und emissionsfreie Schiffe und Flugzeuge auf den Markt zu bringen. Die EU sollte günstige Rahmenbedingungen dafür schaffen, unter anderem durch eine angemessene CO2-Bepreisung sowie Forschung und Innovation, und zwar insbesondere über Partnerschaften, die im Rahmen von Horizont Europa gebildet werden könnten (z. B. „emissionsfreie Schifffahrt“, „saubere Luftfahrt“ und „sauberer Wasserstoff“). Zudem kann ein effizienteres Verkehrsmanagement, etwa im Rahmen des einheitlichen europäischen Luftraums, erhebliche Umweltvorteile bringen. Dies sind wesentliche Elemente im „Korb der Maßnahmen“ zum CO2-Abbau im Luft- und Seeverkehr, wo globale Maßnahmen nach wie vor von entscheidender Bedeutung sind.
22.Die verstärkte Einführung und Nutzung erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe muss mit dem Aufbau eines umfassenden Netzes von Lade- und Betankungsinfrastrukturen einhergehen, damit emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge aller Verkehrsträger in großem Maßstab eingesetzt werden können. „Aufladen und Betanken“ ist eine europäische Leitinitiative im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität: Bis 2025 sollen die Hälfte der 1000 Wasserstoffstationen und eine Million der drei Millionen öffentlichen Ladestationen gebaut werden, die bis 2030 benötigt werden. Endziel ist ein flächendeckendes dichtes Netz, das allen Kunden, einschließlich Betreibern von Lkw, leicht zugänglich ist. Die Kommission wird eine Einführungsstrategie veröffentlichen und darin ergänzende Maßnahmen zur Förderung des schnellen Auf- und Ausbaus der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe darlegen, auch für Gebiete, in denen anhaltend Lücken bestehen. Dazu werden Empfehlungen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie zur Finanzierung gehören, die in Zusammenarbeit mit dem Kommissionsforum für nachhaltigen Verkehr, in dem wichtige öffentliche und private Akteure der gesamten Wertschöpfungskette vertreten sind, erarbeitet werden.
23.Europa muss zudem der anhaltenden Fragmentierung der europäischen Lade- und Betankungsdienste und ihrer mangelhaften Interoperabilität abhelfen, und zwar für alle Verkehrsträger. Im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der Richtlinie zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe wird die Kommission Optionen für verbindlichere Ziele für den Infrastrukturausbau sowie weitere Maßnahmen in Betracht ziehen, um sicherzustellen, dass die Infrastruktur und die zu ihrer Nutzung erforderlichen Dienste für alle mit alternativen Kraftstoffen betriebene Fahrzeuge vollständig interoperabel sind. Eine angemessene Verbraucherinformation, mit der dem derzeitigen Mangel an Transparenz bei der Preisgestaltung abgeholfen wird, und die Erleichterung einer nahtlosen Zahlungsabwicklung über Grenzen hinweg gehören zu den zentralen Problemen, die angegangen werden müssen. Zudem erfordert die erwartete starke Nutzung von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen und anderen Formen der Elektromobilität eine reibungslose Integration in das Stromnetz. Die Einführung einer intelligenten Ladeinfrastruktur wird dazu beitragen, die Speicherkapazitäten und die Flexibilität des Elektrizitätssystems zu erhöhen. Neben der Überarbeitung der Richtlinie zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe steht eine Überarbeitung der Verordnung über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) sowie anderer politischer Instrumente an, etwa der neu gefassten Erneuerbare-Energien-Richtlinie und ihres Anrechnungsmechanismus für Strom sowie der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden im Hinblick auf höhere Ziele für Ladestationen in Gebäuden. Die Kommission wird für eine Abstimmung mit den erforderlichen Netzinvestitionen im Zusammenhang mit ihren Initiativen im Rahmen der EU-Strategie zur Integration des Energiesystems und der EU-Wasserstoffstrategie sorgen.
Leitinitiative 2 – Emissionsfreie Flughäfen und Häfen
24.Flughäfen und Häfen sind sowohl für die internationale Anbindung und die Wirtschaft Europas als auch die jeweiligen Regionen von entscheidender Bedeutung. Damit sie zu emissionsfreien Verkehrsknotenpunkten werden, müssen die bewährten Verfahren der nachhaltigsten Flughäfen und Häfen zur neuen Normalität werden – nur so lassen sich nachhaltigere Formen der Konnektivität erreichen. Flughäfen und Häfen sollten zu multimodalen Mobilitäts- und Frachtzentren werden, die alle relevanten Verkehrsträger miteinander verbinden. Dadurch wird sich die Luftqualität vor Ort verbessern, was sich positiv auf die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner auswirken wird. Binnen- und Seehäfen haben ein großes Potenzial, neue saubere Energiezentren für integrierte Elektrizitätssysteme, Wasserstoff- und andere CO2-arme Kraftstoffe sowie Erprobungsstätten für die Wiederverwendung von Abfällen und die Kreislaufwirtschaft zu werden.
25.Die Kommission wird Maßnahmen vorschlagen, um Europas Flughäfen und Häfen umweltfreundlicher zu machen, nämlich Anreize für den Einsatz erneuerbarer und CO2-armer Kraftstoffe und die Versorgung festmachender Schiffe und abgestellter Flugzeuge mit Strom aus erneuerbaren – und nicht fossilen – Energiequellen, Anreize für die Entwicklung und Nutzung neuer, saubererer und leiserer Flugzeuge und Schiffe, die Überprüfung der Flughafengebühren, die Ökologisierung der Bodendienste von Flughäfen sowie der Hafendienste und des Hafenbetriebs, die Optimierung des Hafenaufenthalts und eine stärkere Nutzung des intelligenten Verkehrsmanagements. Die Kommission wird zudem die im Bericht der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) vorgeschlagenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der aktualisierten Analyse der Nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs auf das Klima weiterverfolgen.
26.Die öffentlichen und privaten Investitionen in die lokale Erzeugung erneuerbarer Energien, in nachhaltigere multimodale Zugänge und Flottenerneuerungen im Luft- und Schiffsverkehr müssen aufgestockt werden. Einigen dieser Investitionen käme es zugute, einschlägige Nachhaltigkeitskriterien festzulegen, die den Besonderheiten des jeweiligen Verkehrsträgers – auch während des Übergangs zu Emissionsneutralität – Rechnung tragen. Die überarbeitete Darlehenspolitik, die von der Europäischen Investitionsbank beschlossen werden soll, dürfte ebenfalls hilfreich sein.
27.Zusammen mit der Einführung alternativer Schiffskraftstoffe sollten im Rahmen des Null-Schadstoff-Ziels Anstrengungen unternommen werden, um den ökologischen Fußabdruck des Sektors insgesamt deutlich zu verringern. Zum Schutz des Meeres, der Küstengebiete und der Häfen sollten in allen EU-Gewässern vorrangig weitreiche „Emissionsüberwachungsgebiete“ eingerichtet werden, durch die die Luft- und Wasserverschmutzung durch Schiffe letztlich ganz beseitigt wird. Die Kommission hat insbesondere bei den Anstrengungen zum Schutz des Mittelmeers eine führende Rolle gespielt und will sich in ähnlicher Weise für das Schwarze Meer einsetzen. Zudem werden die EU-Rechtsvorschriften für das Recycling von Schiffen überprüft werden, um zu ermitteln, wie diese Rechtsvorschriften gestärkt, d. h. sichere und nachhaltige Schiffsrecyclingverfahren weiter gefördert werden könnten.
Etappenziele für die Verringerung der derzeitigen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen:
1)Bis 2030 werden mindestens 30 Millionen emissionsfreie Pkw und 80 000 emissionsfreie Lkw auf unseren Straßen unterwegs sein.
2)2050 werden fast alle Pkw, Lieferwagen, Busse und neue Lkw emissionsfrei sein.
3)Emissionsfreie Hochseeschiffe und Großflugzeuge werden bis 2030 bzw. 2035 auf den Markt kommen.
1.2Wir müssen nachhaltige Alternativen allgemein verfügbar machen, damit die am besten geeigneten Verkehrsträger ausgewählt werden können
28.In der zweiten Säule unseres Ansatzes müssen wir dafür sorgen, dass in einem vollständig integrierten und nahtlosen multimodalen Mobilitätssystem nachhaltige Alternativen jetzt allgemein verfügbar werden. Die EU kann sich nicht nur auf technische Lösungen verlassen: Wir müssen sofort handeln und unser Mobilitätssystem umbauen, um dem Klimawandel zu begegnen und die Umweltverschmutzung zu verringern. Im Rahmen der Multimodalität können die Stärken der verschiedenen Verkehrsträger genutzt werden, etwa Zweckdienlichkeit, Schnelligkeit, Kostengünstigkeit, Zuverlässigkeit, Vorhersehbarkeit, und ihre Kombination bietet effizientere Lösungen für den Personen- und den Güterverkehr. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig eine verstärkte Multimodalität ist, um unser Verkehrssystem krisenfester zu machen, und dass die Öffentlichkeit bereit ist, nachhaltige alternative Verkehrsträger zu nutzen.
29.Die Menschen wollen auf nachhaltigere Verkehrsträger umsteigen, insbesondere im Rahmen ihrer Alltagsmobilität; die wichtigsten Parameter sind Kosten, Verfügbarkeit und Schnelligkeit. Die EU muss dazu beitragen, geeignete Bedingungen für eine stärkere Nutzung nachhaltiger Alternativen zu schaffen, die sicher, wettbewerbsfähig und erschwinglich sind. Wenn es geeignete Alternativen gibt, die bei Preis, Fahrplandichte und Komfort keinen Vergleich zu scheuen haben, ziehen die Menschen den nachhaltigeren Verkehrsträger vor.
30.Gleichzeitig sind Mobilitätsmuster und Verbraucherverhalten im Wandel begriffen. Dieser Wandel wird durch die COVID-19-Pandemie verstärkt und durch digitale Lösungen beträchtlich erleichtert. Telearbeit, Videokonferenzen, Online-Shopping, die Nutzung gemeinsamer und kollaborativer Mobilitätsdienste, all das trägt zur Transformation der Mobilität bei, die wir gegenwärtig erleben.
Leitinitiative 3 — Nachhaltigere und gesündere Mobilität zwischen und innerhalb von Städten
31.Es bedarf entschlossener Maßnahmen, um den Verkehrssektor zu einem wirklich multimodalen System nachhaltiger und intelligenter Mobilitätsdienste zu machen. Hierzu sollte Europa ein hochwertiges Verkehrsnetz aufbauen, das auch Hochgeschwindigkeitsschienenverkehrsdienste auf Kurzstrecken und saubere Luftverkehrsdienste im Hinblick auf eine verbesserte Abdeckung der Langstrecken umfasst. Die Kommission wird darauf hinarbeiten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Verkehrsunternehmen Reisenden bis 2030 kohlenstoffneutrale Optionen für den Linienverkehr auf Entfernungen unter 500 km innerhalb der EU anbieten können. Im Zeitraum 2021-2022 wird die Kommission dieses Ziel bei der Überarbeitung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften verfolgen. Unter Einhaltung des Wettbewerbsrechts sollten Luftfahrtunternehmen mehr multimodale Flug- bzw. Fahrscheine verkaufen. Die Investitionen sollten auf die Modernisierung der erforderlichen TEN-V-Infrastruktur ausgerichtet sein, um den Übergang zu nachhaltigeren Verbindungen zu ermöglichen. Es werden Maßnahmen zum Aufbau eines Gesamtverkehrssystems ergriffen, wobei EU-Investitionen, staatliche Beihilfen, Vorschriften für die Kapazitätszuweisung und gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen darauf ausgerichtet sind, den Mobilitätsbedarf zu decken und Anreize für verschiedene multimodale Optionen zu schaffen.
32.Das Europäische Jahr der Schiene 2021 bietet den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Eisenbahnsektor eine hervorragende Gelegenheit, die europaweiten Verbindungen zu fördern. Mit der Umsetzung des vierten Eisenbahnpakets und der Öffnung der Schienenverkehrsmärkte für den Wettbewerb werden die Eisenbahnunternehmen stärker auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen und die Qualität ihrer Dienstleistungen sowie ihre Kosteneffizienz verbessern. Eine harmonisierte EU-weite Fahrzeugzulassung wird auch die Kosten für grenzüberschreitende Züge senken. Die Vollendung des TEN-V, einschließlich der Hochgeschwindigkeitsstrecken, wird bessere Verbindungen entlang der Hauptkorridore ermöglichen. Eine stärkere Sensibilisierung der Fahrgäste für ihre Rechte und die Gewährleistung einer diskriminierungsfreien Bereitstellung von Reiseinformationen, einschließlich des Angebots durchgehender Fahrscheine, werden die Eisenbahn für die Kunden noch attraktiver machen.
33.Im Jahr 2021 wird die Kommission einen Aktionsplan zur Förderung des Schienenpersonenverkehrs auf Fern- und grenzüberschreitenden Strecken vorschlagen. Dieser Plan baut auf den Bemühungen der Mitgliedstaaten auf, durch bessere Kapazitätssteuerung, koordinierte Fahrpläne, Fahrzeugpools und gezielte Infrastrukturverbesserungen zur Förderung neuer Zugverbindungen, einschließlich Nachtzügen, für schnellere Verbindungen zwischen Städten zu sorgen. Zu diesem Zweck sollten Plattformen oder andere Organisationsstrukturen allen Mitgliedstaaten offenstehen. Pilotdienste auf einigen Strecken unter Beteiligung aller interessierten Kreise sollten unterstützt werden, und durch eine Kombination aus öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und Diensten im Rahmen des freien Marktzugangs könnten verschiedene Modelle für neue Verbindungen und Dienste getestet werden. Ziel ist es, 15 Pilotdienste bis 2030 voranzutreiben.
34.Der einheitliche europäische Eisenbahnraum muss verbessert werden und die Kommission wird Maßnahmen zur Ausweitung des Schienenverkehrsmarkts in Erwägung ziehen, um dem Bedarf der Eisenbahnunternehmen an Zugang zu hochwertigen Kapazitäten im Hinblick auf die größtmögliche Nutzung der Schieneninfrastruktur gerecht zu werden. Verwendung und Erwerb grenzüberschreitender Fahrscheine sollten vereinfacht werden. Ab 2021 wird die Kommission Regulierungsmaßnahmen vorschlagen, um innovative und flexible Fahrscheine zu ermöglichen, die verschiedene Verkehrsträger kombinieren und den Fahrgästen echte Möglichkeiten für Reisen von „Tür-zu-Tür“ bieten.
35.Wie im Klimazielplan für 2030 dargelegt, werden durch die Erhöhung der Anteile der öffentlichen Verkehrsmittel, des Fußgänger- und Radverkehrs sowie der automatisierten, vernetzten und multimodalen Mobilität die verkehrsbedingte Umweltverschmutzung und Verkehrsüberlastung, insbesondere in Städten, erheblich verringert und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen verbessert. Die Städte sind führend beim Übergang zu mehr Nachhaltigkeit und sollten auch weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Kommission wird weiter mit Städten und Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass alle großen und mittleren Städte, die städtische Knotenpunkte des TEN-V-Netzes sind, bis 2030 ihre eigenen Pläne für eine nachhaltige Mobilität in der Stadt aufstellen. Die Pläne sollten neue Ziele umfassen, beispielsweise in Bezug auf Emissionsneutralität und die Senkung der Zahl der Verkehrstoten auf Null. Bei aktiven Verkehrsträgern wie dem Radfahren ist ein Wachstum zu verzeichnen, wobei Städte den Bau von mehr als 2300 km zusätzlicher Fahrradinfrastruktur angekündigt haben. In den nächsten zehn Jahren sollten die sicheren Fahrradwegstrecken auf 5000 km verdoppelt werden. Darüber hinaus erwägt die Kommission die Ausarbeitung eines Auftrags im Bereich der klimaneutralen und intelligenten Städte als strategische Priorität für gemeinsame Maßnahmen, um bis 2030 eine große Zahl europäischer Städte CO2-neutral zu machen.
36.Eine nahtlose Multimodalität, die durch digitale Lösungen ermöglicht wird, ist in Stadtgebieten und städtischen Randgebieten von entscheidender Bedeutung. Durch den zunehmenden Druck auf die Personenverkehrssysteme hat die Nachfrage nach neuen und innovativen Lösungen stark zugenommen, wobei verschiedene Verkehrsdienste in einen Bedarfsverkehr nach dem Konzept der Mobilität als Dienstleistung (Mobility as a Service – MaaS) integriert wurden. Gleichzeitig findet in vielen Städten eine Verlagerung hin zu gemeinsam genutzten und kollaborativen Mobilitätsdiensten (Car-Sharing, Leihfahrräder, Fahrgemeinschaften und andere Formen der Mikromobilität) statt, die durch die Entstehung von Vermittlungsplattformen erleichtert wird, wodurch die Zahl der Fahrzeuge im Tagesverkehr verringert werden kann.
37.Die EU und die Mitgliedstaaten müssen die Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf sauberere Luft, weniger Lärm und Verkehrsüberlastung sowie die Senkung der Zahl der Verkehrstoten im Stadtverkehr auf Null erfüllen. Durch die Überarbeitung des Pakets zur Mobilität in der Stadt, die dazu dient, diese nachhaltigen und gesunden Verkehrsträger zu fördern und zu unterstützen, wird die Kommission zur Verbesserung des derzeitigen europäischen Rahmens für städtische Mobilität beitragen. Es bedarf klarerer Leitlinien für das Mobilitätsmanagement auf lokaler und regionaler Ebene, auch im Hinblick auf eine bessere Stadtplanung, und für die Anbindung ländlicher Gebiete und städtischer Randgebiete, damit Pendler Optionen für eine nachhaltige Mobilität erhalten. Europäische Maßnahmen und finanzielle Unterstützung sollten auch der Bedeutung der städtischen Mobilität für das Funktionieren des TEN-V insgesamt Rechnung tragen, u. a. durch Lösungen für die „erste/letzte Meile“, die multimodale Mobilitätsknotenpunkte, Park & Ride-Anlagen und sichere Infrastrukturen für Fußgänger und Radfahrer umfassen.
38.Die Kommission wird prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung (Taxis und private Mietfahrzeuge) nachhaltiger wird und den Bürgerinnen und Bürgern effiziente Dienstleistungen bietet, während gleichzeitig ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt aufrechterhalten und sozialen und sicherheitspolitischen Belangen Rechnung getragen wird. Darüber hinaus wird die Kommission Städte bei der Modernisierung ihres politisches Instrumentariums unterstützen, u. a. in Bereichen wie Mikromobilität, Unterstützung bei der Auftragsvergabe für emissionsfreie Fahrzeuge, einschließlich Busse und Fähren, und der damit verbundenen Infrastruktur. Bessere Informationen über Niedrig- und Null-Emissionszonen und gemeinsame Kennzeichnungen sowie digitale Lösungen für Fahrzeuge können dazu beitragen, einen gut funktionierenden Binnenmarkt zu erhalten und die Wahrnehmung der Grundfreiheiten zu erleichtern.
Leitinitiative 4 – Ökologisierung des Güterverkehrs
39.Im europäischen Grünen Deal wird gefordert, einen wesentlichen Teil der 75 % Inlandsfracht, die derzeit auf der Straße befördert wird, auf Schiene und Binnenwasserstraßen zu verlagern. Auch der Kurzstreckenseeverkehr und effiziente emissionsfreie Fahrzeuge können zur Ökologisierung des Güterverkehrs in Europa beitragen. Angesichts der bislang nur begrenzten Fortschritte müssen daher dringend Maßnahmen ergriffen werden: So ist beispielsweise der Anteil des Schienenverkehrs an der Inlandsfracht von 18,3 % im Jahr 2011 auf 17,9 % im Jahr 2018 zurückgegangen.
40.Um die Ökologisierung des Güterverkehrs in Europa zu unterstützen, muss der bestehende Rahmen für den intermodalen Verkehr grundlegend umgestaltet und zu einem wirksamen Instrument werden. Optionen für die Überarbeitung des Rechtsrahmens wie der Richtlinie über den kombinierten Verkehr sowie die Einführung wirtschaftlicher Anreize sowohl für den Betrieb als auch für die Infrastruktur sollten in Betracht gezogen werden. Anreizmechanismen sollten auf einer unparteiischen Leistungsüberwachung gemäß einem europäischen Rahmen zur Messung der Emissionen des Verkehrs- und Logistiksektors beruhen.
41.Die multimodale Logistik muss Teil dieser Umgestaltung sein, innerhalb und außerhalb städtischer Gebiete. Das Wachstum des elektronischen Handels hat die Konsummuster erheblich verändert, doch müssen die externen Kosten von Millionen von Lieferungen, einschließlich der Verringerung von Leerfahrten und unnötigen Fahrten, eingerechnet werden. Daher sollte bei der Planung einer nachhaltigen Mobilität in den Städten auch der Güterverkehr im Rahmen gezielter Pläne für eine nachhaltige Stadtlogistik berücksichtigt werden. Diese Pläne werden die Einführung bereits verfügbarer emissionsfreier Lösungen, einschließlich Frachtfahrräder, automatisierter Lieferungen und Drohnen (unbemannte Luftfahrzeuge) und eine bessere Nutzung der Binnenwasserstraßen in die Städte beschleunigen.
42. In bestimmten Teilen Europas sind Umschlaginfrastrukturen und insbesondere multimodale Hinterlandterminals äußerst knapp, sodass dort vorrangig Maßnahmen ergriffen werden sollten. Lücken in der multimodalen Infrastruktur sollten geschlossen werden. Darüber hinaus dürfte das Verkehrssystem mithilfe verbesserter Umschlagtechnologien insgesamt effizienter funktionieren. Die EU braucht den multimodalen Datenaustausch sowie intelligente Verkehrsmanagementsysteme für alle Verkehrsträger. Letztlich müssen alle Güterverkehrsträger über multimodale Terminals zusammengeführt werden. Die Kommission wird Initiativen ergreifen, damit die EU-Finanzierung und andere Maßnahmen, darunter die Unterstützung von FuI, besser auf diese Probleme ausgerichtet sind, unter uneingeschränkter Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Union. Die Überarbeitung der Vorschriften über staatliche Beihilfen für den Schienenverkehr, die bereits einen flexiblen Rahmen für die öffentliche Finanzierung multimodaler Lösungen bieten, wird ebenfalls diesem Ziel dienen.
43.In den letzten Jahren haben innovative Unternehmen gezeigt, dass der Schienengüterverkehr zuverlässig und für die Kunden attraktiv sein kann. Viele nationale Vorschriften und technische Hindernisse beeinträchtigen jedoch nach wie vor seine Leistungsfähigkeit. Der Schienengüterverkehr muss intensiv gefördert werden durch Kapazitätssteigerung, eine verstärkte grenzübergreifende Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Eisenbahninfrastrukturbetreibern, ein besseres Gesamtmanagement des Schienennetzes und den Einsatz neuer Technologien wie digitale Kupplung und Automatisierung. Die Kommission wird die Überarbeitung der Verordnungen über Schienengüterverkehrskorridore und die TEN-V-Kernnetzkorridore vorschlagen. Durch die Einbindung dieser Korridore in „europäische Verkehrskorridore“, mit Schwerpunkt auf „schnell zu erreichenden Zielen“ – beispielsweise in Bezug auf Zuglänge, Lademaß und verbesserte Betriebsvorschriften – sowie auf der Schließung zentraler Verbindungslücken und der Anpassung des Kernnetzes, sodass es voll güterverkehrstauglich ist, wird die infrastrukturelle Dimension unserer Maßnahmen zur Förderung des intermodalen Verkehrs gestärkt. Die Kommission wird vorschlagen, die Regeln für die Zuweisung der Fahrwegkapazität im Einklang mit dem laufenden Projekt zur Neufestlegung der Fahrpläne zu verbessern, um zusätzliche, flexible Zugtrassen bereitzustellen. Die Umsetzung der europäischen Lärmschutzvorschriften wird dazu beitragen, diesbezügliche Bedenken auszuräumen.
44.Desgleichen sind – auch wenn mehrere Aktionsprogramme dazu beigetragen haben, den Verkehrsträgeranteil der Binnenschifffahrt weitgehend aufrechtzuerhalten – Maßnahmen erforderlich, um diesen zu konsolidieren und das ungenutzte Potenzial auf nachhaltige Weise zu nutzen, sowohl entlang der TEN-V-Korridore als auch in denjenigen Innenstädten, in denen die letzte Meile der Stadtlogistik durch Binnenwasserstraßen umweltfreundlicher gestaltet werden kann. Die Kommission wird das Programm NAIADES III vorschlagen, um dieses Potenzial auszuschöpfen, indem sie die wichtigsten Herausforderungen wie die Erneuerung der Binnenschifffahrtsflotten und die Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln in Angriff nimmt und gleichzeitig die vollständige Einhaltung der Umweltvorschriften, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie und der Habitat-Richtlinie, sicherstellt.
45.Darüber hinaus ist es dank der TEN-V-Förderung für die Meeresautobahnen gelungen, mehr Güter nachhaltiger im Kurzstreckenseeverkehr zu befördern. Die EU muss nun auch mit gutem Beispiel vorangehen und die europäischen Meeresgebiete nachhaltig, intelligent und widerstandsfähig machen.
Etappenziele der Verlagerung von mehr Verkehr auf nachhaltigere Verkehrsträger:
4)Der Linienverkehr unter 500 km in der EU sollte bis 2030 kohlenstoffneutral sein.
5)Der Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr wird sich bis 2030 verdoppeln und bis 2050 verdreifachen.
6)Bis 2030 wird es in Europa mindestens 100 klimaneutrale Städte geben.
7)Der Schienengüterverkehr wird bis 2030 um 50 % zunehmen und sich bis 2050 verdoppeln.
8)Der Binnenschiffsverkehr und der Kurzstreckenseeverkehr werden bis 2030 um 25 % und bis 2050 um 50 % zunehmen
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1.3Wir müssen die richtigen Anreize setzen, um den Übergang zu emissionsfreier Mobilität voranzutreiben.
46.Als dritte Säule unseres Konzepts müssen die Anreize für die Verkehrsnutzer verstärkt werden, damit sie nachhaltigere Entscheidungen treffen können. Diese Anreize sind in erster Linie wirtschaftlicher Art, nämlich CO₂-Bepreisung, Besteuerung und Erhebung von Infrastrukturgebühren, sollten jedoch um bessere Informationen für die Nutzer ergänzt werden.
Leitinitiative 5 – CO₂-Bepreisung und bessere Anreize für die Nutzer
47.Trotz langjähriger politischer Verpflichtungen im Hinblick auf eine faire und effiziente Preisgestaltung im Verkehr wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. Das Verursacher- und das Nutzerprinzip müssen unverzüglich bei allen Verkehrsträgern umgesetzt werden. Allein ihre umweltbezogenen externen Kosten belaufen sich auf 388 Mrd. EUR pro Jahr. Durch die Internalisierung dieser externen Kosten werden die Nutzer der Verkehrsträger die vollen Kosten tragen, anstatt diese auf andere in unserer Gesellschaft abzuwälzen. Dadurch wird ein Prozess in Gang gesetzt, der zu nachhaltigeren Verkehrsträgern mit geringeren externen Kosten führt. Die Kommission wird daher durch ein umfassendes Maßnahmenbündel eine faire und effiziente Preisgestaltung für alle Verkehrsträger gewährleisten. Emissionshandel, Infrastrukturgebühren, Energie- und Kraftfahrzeugsteuern müssen in einer miteinander kompatiblen, einander ergänzenden und kohärenten Politik zusammengeführt werden.
48.Vor allem das EU-EHS ist das wichtigste Instrument für die CO2-Bepreisung, um die Kosten der CO2-Emissionen zu internalisieren. Die Kommission wird vorschlagen, das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) auf den Seeverkehr auszuweiten. Für den Luftverkehr wird ein Vorschlag zur Überarbeitung der EU-EHS-Richtlinie vorgelegt, um insbesondere die Zahl der den Fluggesellschaften kostenlos zugeteilten EU-EHS-Zertifikate zu verringern. Wie bereits im europäischen Grünen Deal angekündigt, könnte das System auf Emissionen aus dem Straßenverkehr ausgeweitet werden. Eine Folgenabschätzung läuft derzeit. Einnahmen aus dem EU-EHS können in FuI der EU investiert werden, um Emissionen weiter zu senken. Die Kommission wird ferner vorschlagen, das ICAO-System zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (CORSIA) durch eine Überarbeitung der EHS-Richtlinie im Jahr 2021 umzusetzen. Im Rahmen der IMO wird die EU darauf drängen, die Beratungen über marktwirtschaftliche Instrumente als mittelfristige Maßnahme zur Umsetzung der Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen voranzubringen.
49.Subventionen für fossile Brennstoffe sollten beendet werden. Bei der Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie wird die Kommission bestrebt sein, die Besteuerung von Energieerzeugnissen und Strom an die Energie- und Klimapolitik der EU anzugleichen. Im Rahmen der laufenden Folgenabschätzung befasst sie sich eingehend mit den derzeitigen Steuerbefreiungen, auch für Flug- und Schiffskraftstoffe, und sie wird im Jahr 2021 Vorschläge unterbreiten, wie etwaige Schlupflöcher am besten geschlossen werden können. Die Besteuerung des Energiegehalts verschiedener Kraftstoffe sollte besser angeglichen und es sollten mehr Anreize für die Einführung nachhaltiger Kraftstoffe im Verkehrssektor geboten werden.
50.In Bezug auf die effiziente Erhebung von Gebühren für die Infrastrukturnutzung, insbesondere im Straßenverkehr, sind erhebliche Fortschritte nötig. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Internalisierung der Kosten von Infrastrukturschäden, aber auch die für die Gesellschaft entstehenden Kosten von Umweltverschmutzung und Verkehrsüberlastung müssen unbedingt angegangen werden. Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat nachdrücklich auf, über den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Eurovignetten-Richtlinie zu befinden und so den Ambitionen des europäischen Grünen Deals gerecht zu werden. Intelligente, entfernungsabhängige Straßenbenutzungsgebühren mit unterschiedlichen Gebührensätzen je nach Fahrzeugtyp und Nutzungsdauer sind ein wirksames Instrument, um nachhaltige und wirtschaftlich effiziente Entscheidungen zu fördern, den Verkehr zu steuern und die Verkehrsüberlastung zu verringern.
51.Derzeit berücksichtigen weder Personen, die eine Reise planen, noch Verlader/Logistikunternehmen, die eine Lieferung organisieren, den ökologischen Fußabdruck in ausreichendem Maße. Dies liegt zum Teil daran, dass sie nicht die richtigen Informationen, u. a. über verfügbare Alternativen, erhalten. Die nachhaltigste Entscheidung sollte klar angegeben werden. Mithilfe angemessener Informationen über den ökologischen Fußabdruck und einer systematischeren Möglichkeit für die Verbraucher, freiwillig ihre Reisen zu kompensieren, werden Verbraucher und Unternehmen in die Lage versetzt, sich für nachhaltigere Verkehrsmittel zu entscheiden.
52.Aus diesem Grund plant die Kommission die Schaffung eines europäischen Rahmens für die harmonisierte Messung der im Bereich Verkehr und Logistik entstehenden Treibhausgasemissionen auf der Grundlage globaler Normen, der dann dazu dienen könnte, Unternehmen und Endnutzern eine Schätzung des CO2-Fußabdrucks der von ihren gewählten Verkehrsmittel zu liefern und die Nachfrage von Endnutzern und Verbrauchern nach nachhaltigeren Beförderungs- und Mobilitätslösungen zu erhöhen und gleichzeitig Grünfärberei (Greenwashing) zu vermeiden. Informationen über den CO2-Fußabdruck einer bestimmten Reise könnten zu einem neuen Fahr- bzw. Fluggastrecht werden und sollten in diesem Fall für alle Verkehrsträger gelten.
53.Unsere Fähigkeit, die Umweltauswirkungen zu verringern, hängt wesentlich von unseren Entscheidungen ab. Der europäische Klimapakt wird die vielen Möglichkeiten aufzeigen und unterstützen, die den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen, um sich effizient und auf gesündere, weniger umweltschädliche Weise zu bewegen. Er spielt eine wichtige Rolle hinsichtlich der Sensibilisierung für emissionsfreie Mobilität, der Förderung des Engagements für emissionsfreie Mobilität und von Maßnahmen zur Ökologisierung der Mobilitätsstrategien von Unternehmen und Städten.
Etappenziele für die Internalisierung der externen Kosten des Verkehrs, auch über das EU-EHS:
9)Bis 2030 wird der intermodale Schienen- und Schiffsverkehr in einen gleichberechtigten Wettbewerb mit dem reinen Straßenverkehr in der EU treten können.
10)Alle externen Kosten des Verkehrs in der EU werden bis spätestens 2050 von den Verkehrsnutzern getragen.
Intelligente Mobilität – nahtlose, sichere und effiziente Konnektivität schaffen
54.Beförderungen und Reisen sollten aufgrund nachhaltiger Mobilitätsentscheidungen, die zunehmend durch Digitalisierung und Automatisierung vorangetrieben werden, nahtlos über verschiedene Verkehrsträger abgewickelt werden können. Da Innovationen die künftige Mobilität von Personen und Gütern prägen werden, sollten geeignete Rahmenbedingungen und Voraussetzungen geschaffen werden, um diesen Übergang zu erleichtern, der das Verkehrssystem wesentlich effizienter und nachhaltiger machen kann.
55.Die öffentliche und gesellschaftliche Akzeptanz ist für einen erfolgreichen Übergang von entscheidender Bedeutung, weshalb die europäischen Werte, unter anderem ethische Standards, Gleichheit, Vorschriften über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre, uneingeschränkt geachtet und im Mittelpunkt dieser Anstrengungen stehen werden und der Cybersicherheit hohe Priorität eingeräumt wird.
Leitinitiative 6 — Verwirklichung einer vernetzten und automatisierten multimodalen Mobilität
56.Die EU muss intelligente digitale Lösungen und intelligente Verkehrssysteme (ITS) in vollem Umfang nutzen. Vernetzte und automatisierte Systeme haben ein enormes Potenzial, das Funktionieren des gesamten Verkehrssystems grundlegend zu verbessern und zu unseren Nachhaltigkeits- und Sicherheitszielen beizutragen. Der Schwerpunkt der Maßnahmen wird darauf liegen, die Integration der Verkehrsträger in ein funktionierendes multimodales System zu fördern.
57.Europa muss die Chancen der vernetzten, kooperativen und automatisierten Mobilität (connected cooperative and automated mobility, CCAM) nutzen. Die CCAM kann Mobilität für alle bieten, wertvolle Zeit sparen und die Straßenverkehrssicherheit verbessern. Die Kommission wird Forschung und Innovation vorantreiben, möglicherweise durch eine neue europäische Partnerschaft zur CCAM, die im Rahmen von Horizont Europa und durch andere Partnerschaften mit Schwerpunkt auf digitalen Technologien ins Auge gefasst wird. Solche Partnerschaften sind wichtig, wenn es darum geht, eine gemeinsame, kohärente und langfristige europäische Forschungs- und Innovationsagenda zu entwickeln und umzusetzen, indem Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette zusammengebracht werden. Die EU muss dafür sorgen, dass die Anstrengungen gut koordiniert werden und die Ergebnisse auf den Markt gelangen. So muss beispielsweise der Mangel an Harmonisierung und Koordinierung der einschlägigen Verkehrsvorschriften und der Haftung für automatisierte Fahrzeuge behoben werden. Ziel ist es, Europa weltweit führend bei der Entwicklung und Einführung von CCAM-Diensten und -Systemen zu machen und damit einen wichtigen Beitrag zur Führungsrolle Europas in Bezug auf einen sicheren und nachhaltigen Straßenverkehr zu leisten.
58.Die Kommission wird Möglichkeiten prüfen, wie sichere, intelligente und nachhaltige Beförderungen im Straßenverkehr im Rahmen einer bestehenden Agentur oder einer anderen Stelle weiter gefördert werden können. Diese Stelle könnte die Einführung und Verwaltung von ITS und eine nachhaltige vernetzte und automatisierte Mobilität in ganz Europa unterstützen. Sie könnte die Ausarbeitung einschlägiger technischer Vorschriften, auch im Hinblick auf die grenzüberschreitende Nutzung automatisierter Fahrzeuge und den Aufbau von Lade- und Betankungsinfrastrukturen, erleichtern, die in den Rechtsvorschriften der Union vorgesehen sind und von der Kommission angenommen werden müssen. Solche Vorschriften würden wiederum Synergien zwischen den Mitgliedstaaten schaffen. Sie könnte beispielsweise Entwürfe von Verfahren für die technische Überwachung ausarbeiten und andere spezifische Aufgaben im Bereich der Straßenverkehrssicherheit wahrnehmen sowie einschlägige Daten erheben. Ferner könnte sie spezifische Aufgaben im Bereich des Straßenverkehrs übernehmen, wenn erhebliche Störungen wie beispielsweise die COVID-19-Pandemie auftreten, die Notfallmaßnahmen und -lösungen wie die „Green Lanes“ erforderlich machte.
59.Planung und Fahrscheinkauf sind bei multimodalen Reisen umständlich, da es an einem günstigen Rahmen für EU-weite, integrierte, multimodale Informations-, Fahrscheinausstellungs- und Zahlungsdienste mangelt. Zu diesem Zweck müssen die unzureichende Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Daten, die suboptimale Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Verkäufern, das Fehlen digitaler Fahrscheine in einigen Fällen, die unzureichende Interoperabilität der Zahlungssysteme und das Bestehen unterschiedlicher Lizenz- und Vertriebsvereinbarungen behoben werden. Die EU muss ihren Rechtsrahmen umgestalten, um multimodale Reiseinformations-, Buchungs- und Fahrscheindienste zu unterstützen und gleichzeitig den Rechten und Pflichten von Online-Vermittlern und Anbietern multimodaler digitaler Dienste, die Fahrschein- und/oder Mobilitätsdienste anbieten, Rechnung zu tragen. Die Kommission wird prüfen, ob die gemeinsame Nutzung von Daten im Straßen- und Schienenpersonenverkehr, auch in Bezug auf Fahrpreise, und die Verkaufsmodalitäten zweckmäßig sind. In der Zwischenzeit müssen intelligente und interoperable Zahlungsdienste und Fahrscheine weiterentwickelt werden. Sie sollten standardmäßig in allen einschlägigen öffentlichen Aufträgen vorgeschrieben werden, um ihre verstärkte Nutzung zu fördern.
60.Die Vision vom nahtlosen Reisen und die Digitalisierung des Informationsaustauschs sind für den Landverkehr von besonderer Bedeutung. Die künftige Mobilität sollte für alle Verkehrsträger papierlose Optionen umfassen, sowohl für Berufskraftfahrer als auch für Privatfahrer. Durch digitale Bescheinigungen für Fahrer und Fahrzeuge sowie Frachtbeförderungsinformationen, auch in Form elektronischer Frachtbriefe, einfache und erschwingliche Nutzung grenzüberschreitender Autovermietungen, kontaktlose Zahlung von Park- und Mautgebühren und bessere Informationen über Gebiete, in denen Städte oder lokale Behörden die Fahrzeugnutzung einschränken, um Staus zu bekämpfen oder die Luftqualität zu verbessern, könnten Fahrten reibungsloser verlaufen. Die Verfügbarkeit elektronischer Bescheinigungen und Frachtbeförderungsinformationen würde auch die digitale Durchsetzung erleichtern, während die Verfolgung und Ortung („tracking and tracing“) von Waren in Echtzeit ein wichtiger Schritt zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts, der Echtzeit-Wirtschaft und des ökologischen Wandels wäre.
61.Um ein wirklich intelligentes Verkehrssystem zu schaffen, müssen auch eine effiziente Kapazitätszuweisung und ein effizientes Verkehrsmanagement angestrebt werden, um Kapazitätsengpässe zu vermeiden und die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Einführung des Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems (ERTMS) und des einheitlichen europäischen Luftraums bleiben Prioritäten für die Kommission und Next Generation EU: Investitionen in ihre Einführung werden für das Erreichen der Zielvorgaben für Ausgaben im digitalen Bereich voll und für die Zielvorgaben für Klimaschutzausgaben zum großen Teil angerechnet. Weitere Anstrengungen zur Entwicklung des automatisierten Zugbetriebs sowie der Systeme für das Flugverkehrsmanagement (ATM) sind erforderlich, beispielsweise durch gemeinsame Unternehmen. Die Kommission zieht solche gemeinsamen Unternehmen für Horizont Europa (beispielsweise die gemeinsamen Unternehmen Shift2Rail (S2R) und SESAR) sowie andere künftige Partnerschaften im Rahmen dieses Programms in Betracht. Die Weiterentwicklung der Überwachungs- und Informationssysteme für den Schiffsverkehr (VTMIS) wird die sichere Einführung automatisierter und autonomer Seeverkehrsdienste erleichtern.
62.Damit die Automatisierung des Zugbetriebs und das Verkehrsmanagement auf grenzüberschreitenden Hauptstrecken Realität werden, wird die Kommission vorschlagen, die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) zu aktualisieren, um neue Technologien wie 5G und Satellitendaten einzubeziehen und eine leicht aufrüstbare und gemeinsame Systemarchitektur bereitzustellen. Dies ist notwendig, damit das ERTMS den Kern eines digitalen Eisenbahnsystems bilden kann.
63.Was den Luftverkehr betrifft, so bietet die Verbesserung der Effizienz des Flugverkehrsmanagements (ATM) ein großes Potenzial für Modernisierung und Nachhaltigkeit und trägt dazu bei, den übermäßigen Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen, die durch Ineffizienzen im Flugbetrieb und Luftraumfragmentierung verursacht werden, zu verringern. Durch die Vollendung und wirksame Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) wird sich auch die Reiseerfahrung verbessern: ein modernisierter Rechtsrahmen und eine digitale ATM-Infrastruktur werden dazu beitragen, Engpässe zu verringern, sodass Flüge pünktlicher starten und landen können. Das Legislativverfahren für den einheitlichen europäischen Luftraum sollte daher unverzüglich abgeschlossen werden.
Leitinitiative 7 – Innovation, Daten und künstliche Intelligenz für eine intelligentere Mobilität
64.Neue Technologien und Dienste zu entwickeln und zu validieren und auf diese Weise unsere künftige Mobilität zu gestalten sind wichtige Voraussetzungen, um immer einen Schritt voraus zu sein. Die EU wird deshalb günstige Bedingungen für die Entwicklung neuer Technologien und Dienste sowie die für ihre Validierung notwendigen Rechtsinstrumente schaffen. In naher Zukunft ist mit der Entstehung bzw. zunehmenden Verbreitung und Nutzung von Drohnen (unbemannte Luftfahrzeuge) zu kommerziellen Zwecken, autonomen Fahrzeugen, Hyperloop, Wasserstoff-Flugzeugen, elektrischen Lufttaxis, Elektro-Schiffen und sauberer städtischer Logistik zu rechnen. Ein günstiges Umfeld für bahnbrechende Mobilitätstechnologien dieser Art ist entscheidend, damit die EU zu einem bevorzugten Einsatzgebiet für Innovatoren werden kann. Start-ups und Technologieentwickler benötigen einen flexiblen Rechtsrahmen, um ihre Produkte erproben und einführen können. Die Kommission wird darauf hinarbeiten, Tests und Erprobungen zu erleichtern und das Regulierungsumfeld innovationsgerecht zu gestalten, um die Umsetzung von Lösungen am Markt zu unterstützen.
65.Die Kommission wird die Forschung sowie den Einsatz innovativer und nachhaltiger Technologien im Verkehrssektor vorantreiben. Investitionen in neuartige Lösungen werden den Weg für wichtige Durchbrüche und Umweltvorteile in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ebnen. Die laufenden EU-Forschungsprogramme werden zusammen mit Instrumenten wie der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF), dem Kohäsionsfonds, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung oder InvestEU bei künftigen Implementierungen eine entscheidende Rolle spielen.
66.Die Kommission unterstützt uneingeschränkt den Einsatz von Drohnen und unbemannten Luftfahrzeugen und wird die diesbezüglichen Vorschriften, auch in Bezug auf den U-Space, weiterentwickeln, um sie für eine sicherere und nachhaltigere Mobilität zu rüsten. Ferner wird die Kommission eine „Drohnenstrategie 2.0“ beschließen, in der Wege aufgezeigt werden, wie die weitere Entwicklung dieser Technologie sowie ihre rechtlichen und kommerziellen Rahmenbedingungen gesteuert werden können.
67.Um den digitalen Wandel im Verkehrssektor herbeizuführen, muss die EU auch sicherstellen, dass die wesentlichen digitalen Grundvoraussetzungen gegeben sind, u. a. elektronische Komponenten für die Mobilität, Netzinfrastruktur, Cloud-to-edge-Ressourcen sowie Datentechnologien, Datengovernance und künstliche Intelligenz. Die EU sollte ihre industriellen Kapazitäten im Bereich der digitalen Lieferkette weiter ausbauen. Hierzu zählen die Konzeption und Herstellung von Komponenten, Software-Plattformen und Technologie für das Internet der Dinge im Hinblick auf die weitere Elektrifizierung und Automatisierung des Verkehrs und der Mobilität.
68.Darüber hinaus muss die EU bei der digitalen Infrastruktur höchstes Niveau und größte Leistungsfähigkeit gewährleisten, vor allem durch 5G, das eine breite Palette an Diensten bietet und dazu beiträgt, bei verschiedenen Mobilitätsanwendungen höhere Automatisierungsstufen zu erreichen. Darüber hinaus sind weitere Anstrengungen erforderlich, um das Ziel einer vollständigen Abdeckung der Hauptverkehrskorridore in Europa mit einer 5G-Konnektivitätsinfrastruktur zu erreichen, wie es der 5G-Aktionsplan von 2016 vorsieht. Ein reibungslos funktionierender digitaler Binnenmarkt ist hierbei ein entscheidender Faktor.
69.Künstliche Intelligenz (KI) spielt für die Automatisierung aller Verkehrsträger eine immer bedeutendere Rolle, wobei digitale Technologien und Komponenten im Mittelpunkt stehen. Die Kommission strebt im KI-Bereich ein Ökosystem für Exzellenz und Vertrauen an, das durch die Finanzierung von Forschung, Innovation und Ausbau im Rahmen der Programme „Horizont Europa“ und „Digitales Europa“ gestaltet werden soll. In diesem Zusammenhang wird die Kommission im Rahmen des Programms „Digitales Europa“ Erprobungs- und Versuchseinrichtungen für den KI-Einsatz im Bereich der intelligenten Mobilität unterstützen.
70.Für den digitalen Wandel im Verkehrs- und Mobilitätssektor sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Datenverfügbarkeit, den Datenzugang und den Austausch von Daten zu verbessern. Erschwert wird dies häufig durch unklare regulatorische Bedingungen, das Fehlen eines EU-Marktes für die Datenbereitstellung und einer Pflicht zur Erhebung und gemeinsamen Nutzung von Daten, uneinheitliche Instrumente und Systeme für die Erhebung und den Austausch von Daten, unterschiedliche Standards oder auch durch Bedenken bezüglich der Datensouveränität. Die Verfügbarkeit von Daten und Statistiken – vor allem von Echtzeitdaten – ist ebenfalls von wesentlicher Bedeutung, da sie bessere Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger ermöglichen oder die Lieferketten im Güterverkehr transparenter machen.
71.Aus diesem Grund wird die Kommission weitere Maßnahmen zum Aufbau eines gemeinsamen europäischen Raums für Mobilitätsdaten vorschlagen. Dabei werden die in der Datenstrategie und im Rechtsakt für Daten vorgesehene horizontale Governance sowie der Grundsatz der Technologieneutralität berücksichtigt. Ziel ist es, Daten zu erheben, miteinander zu verknüpfen und verfügbar zu machen, um so die EU-Ziele von der Nachhaltigkeit bis hin zur Multimodalität zu verwirklichen. Dieser Raum für Mobilitätsdaten sollte in Synergie mit anderen Schlüsselsystemen – einschließlich Energie, Satellitennavigation und Telekommunikation – funktionieren und zugleich cybersicher sein und mit den Datenschutzstandards der Union im Einklang stehen. Gleichzeitig müssen für Daten in der Wertschöpfungskette gleiche Bedingungen gewahrt bleiben, damit Innovationen gedeihen und neue Geschäftsmodelle entstehen können. Die Kommission wird verschiedene Regulierungsoptionen in Betracht ziehen, um den Betreibern einen sicheren und vertrauenswürdigen Raum für den Austausch ihrer Daten in und zwischen den Sektoren zu bieten, wobei Wettbewerbsverzerrungen vermieden, die Privatsphäre geschützt und die internationalen Verpflichtungen der Union geachtet werden.
72.Da der Zugang zu Fahrzeugdaten entscheidend sein wird für die gemeinsame Nutzung von Verkehrsdaten und die intelligente Mobilität, wird die Kommission 2021 eine neue Initiative für den Zugang zu Fahrzeugdaten vorschlagen. Sie wird einen ausgewogenen Rahmen vorsehen, der Mobilitätsdienstleistern einen fairen und effektiven Zugang zu Fahrzeugdaten ermöglicht.
Etappenziele auf dem Weg zu einer intelligenten Mobilität:
11)Bis 2030 werden nahtlose multimodale Personenverkehrsdienste durch integrierte elektronische Fahrscheinsysteme erleichtert und die Abwicklung des Güterverkehrs wird papierlos erfolgen.
12)Einführung von automatisierter Mobilität in großem Maßstab bis 2030.
Widerstandsfähige Mobilität – Ein widerstandsfähigerer einheitlicher europäischer Verkehrsraum: für eine inklusive Konnektivität
73.Der Verkehr ist einer der von der COVID-19-Pandemie am stärksten betroffenen Sektoren, wobei der Schaden auf die enormen Nachfrageschocks zurückzuführen ist, die die notwendigen Eindämmungs- und Abhilfemaßnahmen zur Folge hatten. Dies hat zu Unterbrechungen der Versorgungskette, einem drastischen Rückgang von Reisen und Tourismus im In- und Ausland sowie zu eingeschränkter Konnektivität in der gesamten EU geführt. Eine weitere Folge waren enorme betriebliche und finanzielle Schwierigkeiten für zahlreiche Unternehmen des Verkehrssektors, darunter auch viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Diese Strategie muss dem Sektor und den einschlägigen Ökosystemen wie Reisen und Tourismus dabei helfen, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen und umweltfreundlicher, intelligenter und widerstandsfähiger zu werden.
Leitinitiative 8 – Stärkung des Binnenmarkts
74.Die EU hat nun die Chance, ein nachhaltiges, intelligentes und widerstandsfähiges Mobilitätssystem aufzubauen – ein System für künftige Generationen. Die vorangegangene Bewertung der Kommission ergab, dass rasche und umfangreichere Investitionen notwendig sind, einschließlich beträchtlicher öffentlicher und privater Investitionen auf nationaler Ebene: Im Zeitraum 2021-2030 müssten jedes Jahr schätzungsweise 130 Mrd. EUR mehr in Fahrzeuge (u. a. Schienenfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge) und in den Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe investiert werden als in dem Jahrzehnt davor. Aufgrund der Investitionslücke bei der Infrastruktur für den grünen und digitalen Wandel würden weitere 100 Mrd. EUR pro Jahr hinzukommen. Um das TEN-V-Kernnetz zu vollenden und als echtes multimodales System aufzubauen, werden in den nächsten zehn Jahren 300 Mrd. EUR nötig sein. Diese Investitionen sind für die Stärkung des Binnenmarkts von entscheidender Bedeutung.
75.Die Investitionen müssen im Rahmen der EU-Finanzierungsprogramme, darunter auch das Aufbauinstrument „Next Generation EU“, gemäß den folgenden Grundsätzen koordiniert und nach Prioritäten geordnet werden: Erstens sollten nicht rückzahlbare Unterstützungsleistungen, insbesondere aus der neuen Aufbau- und Resilienzfazilität, dem EFRE, dem Kohäsionsfonds und dem Innovationsfonds, vorrangig Projekten gewidmet werden, die den höchsten sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und europäischen Mehrwert aufweisen und direkte Auswirkungen auf Beschäftigung, Wachstum und Resilienz haben. Die CEF ist das Hauptinstrument, um die Entwicklung von Infrastruktur mit maximalem EU-Mehrwert zu finanzieren und dabei zugleich die ökologischen und digitalen Ziele durchgängig zu berücksichtigen. Zweitens sollte mit Finanzierungsinstrumenten gegen Marktversagen und suboptimales Investitionsniveau auf vorrangigen Politikfeldern vorgegangen werden, insbesondere mit Mitteln aus den Bereichen „Nachhaltige Infrastruktur“ und „Forschung, Innovation und Digitalisierung“ des „InvestEU“-Programms, gegebenenfalls ergänzt durch den weiteren Einsatz von Mischfinanzierungsinstrumenten. Drittens sollte auch die Darlehenspolitik der EIB im Verkehrsbereich zur Erreichung der strategischen Ziele beitragen, indem durch einen umfassenden Rahmen private Investitionen mobilisiert werden, die die Widerstandsfähigkeit steigern und den Einsatz nachhaltiger und intelligenter Technologien bei allen Verkehrsträgern beschleunigen.
76.Investitionen in die Erholung des Verkehrssektors sollten mit Investitionen der Unternehmen in eine nachhaltigere und digitale Mobilität Hand in Hand gehen. Die auf der Taxonomieverordnung basierenden technischen Evaluierungskriterien sollten für alle Verkehrsträger unter Berücksichtigung des spezifischen Investitionsbedarfs festgelegt werden. Die Finanzierung nachhaltiger Verkehrsinvestitionen könnte auch auf dem künftigen, an die EU-Taxonomie geknüpften europäischen Standard für grüne Anleihen aufbauen. Die anstehende Überarbeitung der Vorschriften für verkehrsbezogene staatliche Beihilfen muss auch dazu genutzt werden, den Übergang des Sektors zur Nachhaltigkeit voranzutreiben, indem alle Verkehrsträger zunehmend die Chance erhalten, zu gleichen Bedingungen um Subventionen zu konkurrieren.
77.Um eine überzeugende Pipeline tragfähiger Projekte aufzubauen und Investitionen zu beschleunigen, müssen öffentliche Verwaltungen und Projektträger beratend unterstützt werden. Dies kann über das Instrument für technische Unterstützung und die InvestEU-Beratungsplattform sowie durch technische Hilfe mittels der im Rahmen der Kohäsionspolitik finanzierten Programme geleistet werden.
78.KMU muss der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert werden, vor allem für die Erneuerung von Fuhrparks und andere innovative und umweltgerechte Investitionen. Dies kann durch klarere Kommunikation und Leitlinien, gezielte administrative Unterstützung und vereinfachte Förderregelungen erreicht werden. Durch Unterstützung der Einrichtung von Pools, Fonds und anderen Vermittlungsmechanismen wird eine kritische Masse für den Zugang zu Finanzmitteln geschaffen. Die Mitgliedstaaten sollten eine zentrale Anlaufstelle benennen, bei der Unternehmen diese Unterstützung beantragen können.
79.Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur der gesamten EU sind ein entscheidender Faktor für die Konnektivität, das nachhaltige Funktionieren der Wirtschaft und den Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten. Daher ist nun eine Überprüfung des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung notwendig: Verkehrsinvestitionen müssen von der EU auf der Grundlage einer Anlageklasse „EU-Infrastruktur“ gefördert werden. Eine solche Klasse könnte auch Infrastrukturvorhaben umfassen, die – wie im Fall der TEN-V-Vorhaben – nach einer europäischen strategischen Planung umgesetzt werden. Die Kommission wird auch dafür sorgen, dass die neuen TEN-V-Leitlinien mit dem Grundsatz „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ und dem europäischen Grünen Deal im Einklang stehen. Infrastrukturen müssen auch dem Klimawandel angepasst und katastrophenresilient werden. Die Kommission wird sich diesem Problem sowohl bei der Überprüfung des TEN-V als auch im Rahmen der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel widmen, u. a. auch mit speziellen Leitlinien für die Absicherung gegen Klimagefahren.
80.Für die fristgerechte Fertigstellung des TEN-V müssen alle erforderlichen Schritte unternommen werden. Die Kommission wird eine Stärkung der Rolle der Europäischen Koordinatoren vorschlagen, um Fortschritte bei den Verkehrskorridoren auf dem gesamten Kontinent zu fördern und deren Vollendung bis 2030 anzustreben. Die EU muss das bei modernen Infrastrukturen bestehende Ost-West- und Nord-Süd-Gefälle vorrangig angehen. Die Erfolge bei der Øresund-Brücke zwischen Dänemark und Schweden und dem Hochgeschwindigkeitsbahnnetz zwischen Paris-London-Brüssel-Amsterdam und Köln führen vor Augen, dass Projekte wie Rail Baltica, Lyon-Turin, Baskisches Dreieck, Fehmarn, Brenner, Dresden-Prag, Wien-Bratislava-Budapest, Seine-Schelde und viele andere rasch zum Abschluss gebracht werden müssen. Mehr grenzübergreifende Projekte werden nötig sein, damit alle Mitgliedstaaten in das europäische Eisenbahnsystem der Zukunft integriert und auf diese Weise europaweit reibungslose grenzüberschreitende Zugverbindungen geschaffen werden können. Dies wird ohne Beeinträchtigung der Verkehrsanbindungen ländlicher und abgelegener Regionen erreicht werden.
81.Gleichzeitig muss auch verkehrsträgerübergreifend in die Modernisierung der Fahrzeugbestände investiert werden, damit emissionsarme und emissionsfreie Technologien zum Einsatz kommen können, u. a. durch Umrüstungsmaßnahmen und geeignete Programme zur Erneuerung des Fahrzeugbestands aller Verkehrsträger. Damit dies kosteneffizienter geschehen kann, könnten öffentliche Aufträge in der EU auch verstärkt grenzübergreifend nach dem Grundsatz des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden. Die Förderung solcher Flottenerneuerungen – im Einklang mit internationalen Subventionsverpflichtungen der EU und den EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen – wird dazu beitragen, ein florierendes Ökosystem für die produzierende Wirtschaft in Bereichen zu erhalten, in denen Europa über strategische technologische Vorteile verfügt, wie der Flugzeug-, Eisenbahn- und der Schiffbauindustrie. Damit würden sich die Aussichten verbessern, dass im Einklang mit der neuen Industriestrategie für Europa angemessene Produktionskapazitäten und Wertschöpfungsketten in der europäischen verarbeitenden Industrie entstehen und die Produktionsstandorte in der EU ihre technologische Führungsposition behaupten können.
82.Aufbauend auf dem Erfolg der europäischen Batterie-Allianz unterstützt die Kommission mit Regulierungs- und Finanzinstrumenten strategische Wertschöpfungsketten (u. a. für Batterien, Rohstoffe, Wasserstoff sowie erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe). Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um die sichere Versorgung mit Materialien und Technologien zu gewährleisten, die für eine nachhaltige und intelligente Mobilität unverzichtbar sind, und um eine externe Abhängigkeit Europas in Schlüsselsektoren zu vermeiden und strategisch unabhängiger zu werden. Europa muss sich seine Weltraumressourcen zunutze machen, die Satelliten-, Daten- und Kommunikationsdienste für alle Verkehrsträger bereitstellen und für die kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität (CCAM) von besonderer Bedeutung sind.
83.Der einheitliche europäische Verkehrsraum ist stärker integriert als je zuvor, aber noch lange nicht vollendet. Weiterhin bestehen Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, ebenso wie für einen fairen Wettbewerb. Hinzu kommt, dass diesbezügliche Vorschriften nicht angewandt oder ordnungsgemäß und zeitgerecht durchgesetzt werden.
84.Die COVID-19-Pandemie hat die Schwachstellen des Binnenmarkts deutlich werden lassen. Durchgehende Frachtdienste zu Land, zu Wasser und in der Luft sind entscheidende Voraussetzungen dafür, dass Waren und Betriebsmittel in die Fertigungsbetriebe gelangen, der EU-Binnenmarkt reibungslos funktionieren und die EU wirksam auf die aktuelle und auf künftige Krisen reagieren kann. Die Bemühungen um Multimodalität und Interoperabilität der verschiedenen Verkehrsträger sollten intensiviert und die Vollendung des einheitlichen europäischen Verkehrsraums muss beschleunigt werden.
85.Die Integrität des Binnenmarkts und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen müssen gewahrt bleiben. Dazu muss u. a. auch sichergestellt werden, dass beispielsweise bei der Gewährung staatlicher Beihilfen etablierte Betriebe gegenüber neuen Marktteilnehmern nicht bevorzugt werden und dass keine neuen Wettbewerbshindernisse entstehen. Die Kommission wird die Durchsetzung der EU-Regeln konsequent weiterverfolgen und Rechtsvorschriften überprüfen und gegebenenfalls neue Vorschriften vorschlagen, um verkehrsbeeinträchtigende Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu beseitigen. Dabei wird die Kommission bestrebt sein, das Verkehrssystem und die Transporte effizienter zu machen, etwa dadurch, dass Leerfahrten verringert und so schädliche Emissionen und Umweltverschmutzung vermieden werden.
86.Um sämtliche Ziele dieser Strategie zu erreichen, muss die Modernisierung aller Verkehrsträger gefördert werden, sodass den EU-Bürgerinnen und -Bürgern intelligente Konnektivität zu erschwinglichen und transparenten Preisen geboten werden kann. Im Luftfahrtsektor wird die Kommission eine Überarbeitung der Verordnung über Luftverkehrsdienste vorschlagen. Unter Wahrung eines Höchstmaßes an Flugsicherheit werden die Ziele darin bestehen, die Verbraucherinteressen zu schützen und eine widerstandsfähige und wettbewerbsfähige europäische Luftverkehrsbranche unter gleichzeitiger Erhaltung hochwertiger Arbeitsplätze aufzubauen. Ergänzt wird diese Initiative durch die Modernisierung der EU-Vorschriften über Flughafenentgelte, Zeitnischen und computergesteuerte Buchungssysteme. Im Schienenverkehr wird die Kommission untersuchen, ob die geltenden Vorschriften über Trassenentgelte die richtigen Anreize bieten, um wettbewerbsorientierte Märkte und die Attraktivität der Eisenbahn zu fördern.
87.Um Störungen in Zukunft zu vermeiden, wird die Kommission auf Ersuchen des Rates Notfallpläne für Krisensituationen ausarbeiten, bei denen die EU und die Behörden der Mitgliedstaaten mit Branchenvertretern zusammenkommen. Ziel soll es sein, die Betriebskontinuität aufrechtzuerhalten und Reaktionsmaßnahmen im Verkehrssektor auf der Grundlage von Leitlinien und Rechtsvorschriften zu koordinieren, die während der COVID-19-Pandemie erarbeitet wurden, wie etwa im Fall der „Green Lanes“. Um unter Krisenszenarien ununterbrochene Frachttransporte und Personenverkehrsdienste aufrechtzuerhalten, wird die Kommission Möglichkeiten für neue Gesundheitsschutz- und Betriebsmaßnahmen sowie für die Festlegung eines harmonisierten Mindestniveaus wesentlicher Verkehrsdienstleistungen ausloten. Gegebenenfalls muss die EU auch bestehende verkehrsrechtliche Vorschriften anpassen, um eine rasche Krisenreaktion zu ermöglichen.
Leitinitiative 9 – Faire und gerechte Mobilität für alle
88.Der wirtschaftliche Schock hat die Notwendigkeit einer erschwinglichen, zugänglichen und fairen Mobilität für Fahrgäste und andere Nutzer von Verkehrsdiensten vor Augen geführt. Während durch den Verkehrsbinnenmarkt die Konnektivität zugenommen hat, ist Mobilität für Menschen mit niedrigem verfügbaren Einkommen nach wie vor ein bedeutender Kostenfaktor und für Menschen mit Behinderungen, mit eingeschränkter Mobilität oder mit geringen IT-Kenntnissen nicht hinreichend zugänglich. In Randgebieten, ländlichen und abgelegenen Gegenden, einschließlich Gebieten in äußerster Randlage und Inseln, müssen die Anbindungen an den öffentlichen Verkehr unbedingt verbessert werden, um allen Menschen ungehinderten Zugang zu Mobilität zu garantieren.
89.Der Übergang zu einer nachhaltigen, intelligenten und resilienten Mobilität muss auf gerechte Weise stattfinden, da er andernfalls zu scheitern droht. Die Kommission wird daher dafür sorgen, dass Möglichkeiten im Rahmen des Mechanismus für einen gerechten Übergang voll ausgeschöpft werden, um diese neue Mobilität in allen Regionen und für alle Menschen – einschließlich behinderter Menschen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität – erschwinglich und zugänglich zu machen. Zudem wird die Kommission in weniger entwickelten Mitgliedstaaten und Regionen weiterhin Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds und dem EFRE bereitstellen.
90.Darüber hinaus sollten gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen noch gezielter und effizienter eingesetzt werden und da, wo es möglich ist, den Übergang zu einem multimodalen System fördern. Damit öffentliche Gelder und Unterstützung optimal eingesetzt werden können, müssen die nationalen und lokalen Behörden in der Lage sein, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen so zu nutzen, dass die Konnektivität verbessert und spezifischen politischen Zielen Rechnung getragen wird. Dies ließe sich durch entsprechende Nachhaltigkeitskriterien erreichen, beispielsweise durch ein Kriterium, wonach für Kurzstreckenflüge keine gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auferlegt werden dürfen, wenn eine alternative Verbindung mit dem Zug besteht, die geeignet, nachhaltiger und wettbewerbsfähig ist. Die Kommission wird prüfen, wie ein multimodales System gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen aufgebaut werden kann, insbesondere mit dem Ziel, allen Verkehrsträgern einen gleichberechtigten Wettbewerb zu ermöglichen und entsprechenden Transportbedürfnissen nachkommen zu können.
91.Faire Mobilität bedeutet auch, Passagiere und ihre Rechte zu schützen. Die massiven Stornierungen während der COVID-19-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig EU-weite Vorschriften und ihre einheitliche Anwendung und Durchsetzung sind. Die EU muss Reisenden helfen, wenn Verkehrsunternehmen in Konkurs gehen oder in eine ernste Liquiditätskrise wie etwa während der COVID-19-Pandemie geraten. Festsitzende Fluggäste müssen rückgeführt werden und ihre Flugscheine im Fall einer Stornierung durch das Beförderungsunternehmen erstattet bekommen. Die Kommission prüft mögliche Alternativen für den Schutz der Passagiere vor solchen Ereignissen und ihren jeweiligen Nutzen und wird gegebenenfalls Legislativvorschläge unterbreiten.
92.Die EU-Passagierrechte sollten besser angewandt werden und sowohl für die Beförderungsunternehmen als auch die Passagiere klarer gefasst sein. Sie sollten eine angemessene Unterstützung, Rückerstattung und gegebenenfalls Entschädigung bei Störungen sowie angemessene Sanktionen für den Fall vorsehen, dass die Vorschriften nicht ordnungsgemäß angewandt werden. Die Kommission wird Alternativen und ihre Vorteile untersuchen, die mit der Weiterverfolgung eines vereinfachten, kohärenteren und harmonisierten verkehrsträgerübergreifenden Rahmens für Passagierrechte verbunden sind.
93.Das mit Abstand wertvollste Gut der Branche sind ihre Menschen, und der nachhaltige und intelligente Übergang wird sich nicht realisieren lassen, wenn er von den Beschäftigten des Verkehrssektors nicht unterstützt und mitgetragen wird. Einige Teile des Verkehrssektors leiden jedoch oft unter schwierigen Arbeitsbedingungen. Prekäre Arbeitsbedingungen, einschließlich langer Arbeitszeiten fern vom Heimatort und geringer Entlohnung, verschärfen sich zusätzlich, wenn geltende Arbeitsnormen unzureichend eingehalten und durchgesetzt werden. Höhere Sozialstandards würden direkt dazu beitragen, dem derzeitigen allgemeinen Mangel an Attraktivität des Sektors entgegenzuwirken. Die Erwerbsbevölkerung altert rasch und in bestimmten Berufen zeichnet sich bereits deutlich ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften ab. Die Probleme der Beschäftigten im Verkehrssektor haben sich durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen könnte sich diese Situation weiter verschlechtern.
94.Die Kommission wird deshalb Maßnahmen für die einzelnen Verkehrsträger erwägen, um den Rechtsrahmen für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu stärken, Sie wird außerdem im Einklang mit den verschiedenen Instrumenten, die zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte zur Verfügung stehen, für mehr Klarheit in Bezug auf die geltenden sozialen Rechte sorgen und deren ordnungsgemäße Anwendung sicherstellen. Die Kommission wird sich für die Förderung hoher Sozialstandards einsetzen – auch in der vor besonderen Herausforderungen stehenden Luftfahrtbranche – und mit der Europäischen Arbeitsbehörde zusammenarbeiten, um die Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu unterstützen. Auf internationaler Ebene wird die Kommission auf Fortschritte im Rahmen der IMO, der Internationalen Arbeitsorganisation und anderer internationaler Einrichtungen drängen, um menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord von Schiffen sowie rechtzeitige Besatzungswechsel – vor allem während einer globalen Pandemie – zu gewährleisten.
95.Die Veränderungen in der Branche, insbesondere im Zusammenhang mit der Automatisierung und Digitalisierung, bringen viele neue Herausforderungen mit sich. Arbeitsplätze im Verkehrssektor, insbesondere solche mit niedrigen und mittleren Qualifikationsanforderungen, sind aufgrund der Automatisierung und des Übergangs zu mehr Nachhaltigkeit möglicherweise bedroht. Gleichzeitig bietet der sich vollziehende digitale Wandel neue Chancen, beispielsweise ein verbessertes Arbeitsumfeld und hochwertige Arbeitsplätze, die für Frauen und junge Menschen an Attraktivität gewinnen könnten. Im Hinblick auf den fairen Übergang für die Beschäftigten im Verkehrssektor ist daher ein überzeugender Kurs notwendig. Die Kommission wird Empfehlungen in Bezug auf den Übergang zur Automatisierung und Digitalisierung erarbeiten sowie zu Mitteln und Wegen, um negative Auswirkungen auf die Beschäftigten im Verkehrssektor abzufedern.
96.Um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen, fordert die Kommission die Interessenträger im Verkehrsgewerbe und die Sozialpartner auf, zur Umsetzung der Europäischen Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz beizutragen und sich insbesondere dem Pakt für Kompetenzen anzuschließen. Darüber hinaus sollten die Verkehrsakteure zusätzliche Ausbildungsstellen schaffen, sich der Europäischen Ausbildungsallianz anschließen und sich aktiv an der Europäischen Woche der Berufsbildung beteiligen.
97.Die Kommission wird Gleichstellungsfragen bei ihren verkehrspolitischen Maßnahmen durchgehend berücksichtigen und die Zusammenarbeit der Interessenträger und den Austausch bewährter Verfahren im Rahmen der Initiative „Mehr Frauen im Verkehrssektor – Plattform für den Wandel“ weiter unterstützen, um den Frauenanteil in den Verkehrsberufen zu erhöhen. Sie wird außerdem durch die Einrichtung und Unterstützung eines Netzes von „Botschaftern für Vielfalt“ das Bewusstsein für Gleichstellungsfragen schärfen. Alle künftigen Vorschläge für den Verkehr werden mit der Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter und ihrer Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen.
Leitinitiative 10 – Verbesserung der Verkehrssicherheit
98.Die Sicherheit des Verkehrssystems ist von größter Bedeutung und darf niemals aufs Spiel gesetzt werden – die EU sollte in diesem Bereich weiter eine führende Rolle in der Welt spielen. Kontinuierliche Bemühungen gemeinsam mit internationalen, nationalen und lokalen Behörden, Interessenträgern sowie Bürgerinnen und Bürgern sind von entscheidender Bedeutung, wenn wir unser Ziel, die Zahl der mobilitätsbedingten Todesopfer zu verringern, erreichen wollen.
99.Europa ist nach wie vor die sicherste Verkehrsregion der Welt. Luft, Wasser und Schiene sind überaus sichere Verkehrsträger – gleichwohl besteht kein Anlass zu Selbstzufriedenheit, vor allem mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit. Im Jahr 2019 kamen etwa 22 700 Menschen auf den Straßen der EU ums Leben, wobei auf jedes Todesopfer statistisch etwa fünf weitere Personen entfallen, die schwere Verletzungen mit lebensverändernden Folgen davontragen. Die Kommission setzt sich daher weiterhin mit voller Kraft für die Umsetzung der EU-Strategie für die Straßenverkehrssicherheit von 2018 ein.
100.Faktoren wie Geschwindigkeit, Alkohol- und Drogenkonsum sowie Ablenkung beim Fahren stehen in engem Zusammenhang mit der Verursachung von Straßenverkehrsunfällen und der Schwere ihrer Folgen. Die Kommission wird untersuchen, durch welche Maßnahmen sich diese Probleme angehen lassen, beispielsweise durch weitere EU-Empfehlungen. Prioritäten werden der Schutz gefährdeter Verkehrsteilnehmer sowie eine bessere Datenerhebung und -auswertung sein, und die Kommission wird auch prüfen, welchen Zusatznutzen detaillierte Unfalluntersuchungen auf dieser Ebene bringen könnten. Bei Infrastrukturinvestitionen sollte die Modernisierung von bestehender Hochrisiko-Infrastruktur eine Priorität sein, wobei besonderes Augenmerk alternde und schlecht entwickelte Netzabschnitte erhalten sollten. Maßnahmen, die verschiedenen Formen der aktiven Mobilität mehr Raum verschaffen, werden dazu beitragen, Todesopfer und Schwerverletzte unter den ungeschützten Verkehrsteilnehmern zu vermeiden.
101.Für den Seeverkehr plant die Kommission eine umfassende Überprüfung der bestehenden Rechtsvorschriften über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten, die Hafenstaatkontrolle und die Untersuchung von Unfällen sowie die weitere Stärkung der EU-Vorschriften über anerkannte Organisationen. Übergeordnetes Ziel ist es, einen sicheren und effizienten Seeverkehr mit geringeren Kosten für die Unternehmen und Verwaltungen zu ermöglichen. Für die Sicherheit im Seeverkehr und eine intelligente und nachhaltige Schifffahrt in EU-Gewässern werden die Beiträge der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs auch weiterhin grundlegend sein, deren Mandat modernisiert und gegebenenfalls auf weitere Bereiche ausgedehnt werden sollte.
102.Neben anderen Bemühungen, den Verkehrssektor und die zugehörige Infrastruktur widerstandsfähiger zu machen, wird die EU den bestehenden Sicherheitsrahmen auf der Grundlage der geltenden Vorschriften in diesem Bereich aktualisieren und verbessern, was auch die Bekämpfung von Cyberbedrohungen einschließt. Aufbauend auf dem EU-weiten Rahmen für die Zertifizierung der Cybersicherheit von Produkten, Diensten und Verfahren der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) und der Benennung von Betreibern wesentlicher Dienste (BWD) für Mobilitätsinfrastruktur wird die Möglichkeit untersucht werden, auf EU-Ebene einen Frühwarnmechanismus für die Sicherheit einzurichten. Darüber hinaus werden diesbezügliche Vorschriften, beispielsweise über den Zertifizierungsrahmen für die Cybersicherheit automatisierter Fahrzeuge, verbessert werden.
Etappenziele auf dem Weg zu einer resilienten Mobilität:
13)Verfügbarkeit eines multimodalen transeuropäischen Verkehrsnetzes, ausgerüstet für einen nachhaltigen und intelligenten Verkehr mit Hochgeschwindigkeitsverbindungen: bis 2030 für das Kernnetz und bis 2050 für das Gesamtnetz.
14)Verkehrsträgerübergreifend praktisch keine Todesopfer mehr in der EU bis 2050.
Die EU als Drehkreuz globaler Konnektivität
103.Angesichts sich rasch wandelnder geopolitischer Entwicklungen muss die EU handeln, um ihre Interessen zu schützen und zu fördern. Bei allen Verkehrsträgern mit internationaler Dimension ist die Gewährleistung eines unverfälschten internationalen Wettbewerbs, der Gegenseitigkeit und gleicher Wettbewerbsbedingungen von entscheidender Bedeutung. Um den wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen ausländischer Subventionen im Binnenmarkt, auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, wirksam entgegenzuwirken, wird die Kommission ein spezielles Instrument vorschlagen.
104.Weitere Maßnahmen könnten die Nutzung verfügbarer Mechanismen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in europäische Verkehrsunternehmen und deren Vermögenswerte aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung durch die Mitgliedstaaten umfassen. Außerdem könnten dazu auch Änderungen, seitens der Union, von Handelsschutzmaßnahmen anhand der für den Luftverkehr geltenden Kriterien gehören. Die Kommission wird sich zudem weiterhin in internationalen Foren und in den Beziehungen zu einzelnen Nicht-EU-Ländern für die Anwendung technischer, sozialer, ökologischer und wettbewerbsrechtlicher EU-Standards bei sämtlichen Verkehrsträgern einsetzen. Verkehrsmittel und -lösungen sind die treibende Kraft für EU-Exporte und der Wandel des Sektors hin zu nachhaltiger und intelligenter Mobilität bietet unserer Industrie die Möglichkeit, weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen.
105.Um die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen, müssen die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050 auch über die EU hinaus erheblich gesenkt werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass der europäische Grüne Deal und die vorliegende Strategie in unserem auswärtigen Handeln deutlich zum Ausdruck kommen, dass globale Maßnahmen für eine nachhaltige und intelligente Mobilität umfassend gefördert werden, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen und dass bei der Umsetzung interner EU-Maßnahmen außerhalb der Union für Kohärenz gesorgt wird. Entsprechend werden verschiedene Aktionsbereiche zur Umsetzung bewährter Verfahren, hochwertiger Lösungen und Standards für nachhaltige und intelligente Mobilität im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit der EU, auch mit unseren afrikanischen Partnern, ermittelt, unter Berücksichtigung der spezifischen Herausforderungen und Zwänge, mit denen Schwellen- und Entwicklungsländer konfrontiert sind.
106.Die EU wird die Beziehungen im Bereich Verkehr – auch mit wichtigen strategischen Partnern und internationalen Organisationen – weiter vertiefen und die Verbindungen zu neuen internationalen Partnern wie Wachstums- und Schwellenländern weiter ausbauen. Dies ist von größter Bedeutung für Sektoren wie Luft- und Seeverkehr, die auf weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen angewiesen sind. Die Kommission wird den Rat um die Ermächtigung ersuchen, Verhandlungen über neue Luftverkehrsabkommen mit Drittländern aufzunehmen, und Optionen für geeignete Maßnahmen in Bezug auf die Seeverkehrsbeziehungen zu Drittländern und -regionen sondieren. Die EU sollte sich außerdem im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und anderer internationaler Organisationen für hohe Standards einsetzen, insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Gefahrenabwehr und Umweltschutz - vorrangig Klimaschutz.
107.Der Verkehr ist ein Schlüsselelement der politischen Maßnahmen und Instrumente zur Unterstützung des Erweiterungsprozesses auf dem Westbalkan und der EU-Nachbarschaftspolitik, einschließlich der Östlichen Partnerschaft und der Länder der südlichen Nachbarschaft. Die Kommission wird die Verknüpfung zwischen Verkehrs- und Nachbarschaftspolitik in Schlüsselbereichen stärken und ein umfassendes Konzept für die Anbindung an die Nachbarländer entwickeln, unter anderem durch enge Zusammenarbeit mit der Verkehrsgemeinschaft, Ausweitung des TEN-V, technische Unterstützung und Zusammenarbeit sowie den Abschluss neuer Sektorvereinbarungen.
108.Um die internationalen Ziele und Prioritäten der EU im Bereich Verkehr zu verwirklichen, ist es wichtig, die Verkehrspolitik in die externe Dimension der EU einzubeziehen und dafür auf internationaler Ebene gemeinsam mit einer starken und kohärenten Stimme einzutreten. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass alle Organe der Union und die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet sind, die Bestimmungen der Verträge uneingeschränkt anzuwenden, insbesondere die Bestimmungen über die Aushandlung und den Abschluss neuer Verkehrsabkommen und die Bestimmungen über die Vertretung in internationalen Foren wie der ICAO und der IMO, da der Vertrag von Lissabon gerade darauf abzielt, die Union in ihren Außenbeziehungen wirksamer zu gestalten.
Schlussfolgerungen
109.Die Erholung von der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Krise sollte als Chance genutzt werden, um die Dekarbonisierung und Modernisierung des gesamten Verkehrs- und Mobilitätssystems zu beschleunigen, dessen negative Auswirkungen auf die Umwelt einzudämmen und die Sicherheit und Gesundheit unserer Bürger zu verbessern. Im Zuge des doppelten ökologischen und digitalen Wandels sollte der Sektor umgestaltet, die Konnektivität neu ausgerichtet und die Wirtschaft angekurbelt werden. Die Kommission erkennt an, dass dieser Wandel – der sozial fair und gerecht sein muss – nicht einfach wird und das volle Engagement und die Unterstützung aller Akteure des Verkehrssektors sowie eine deutliche Erhöhung wachstumsfördernder öffentlicher und privater Investitionen erfordert.
110.Das nachhaltige europäische Verkehrssystem, das die EU anstrebt, muss intelligent, flexibel und in der Lage sein, sich an ständig veränderte Mobilitätsmuster und -bedürfnisse anzupassen, um für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage neuester technischer Entwicklungen eine nahtlose, zuverlässige und sichere Anbindung bereitzustellen. Der Verkehrsbereich sollte Ideenreichtum und Einsatzbereitschaft der EU demonstrieren und an der Spitze von Forschung, Innovation und unternehmerischer Initiative den doppelten Wandel vorantreiben.
111.Die Kommission schlägt ein umfassendes Paket von Maßnahmen vor, die im Aktionsplan dieser Strategie aufgeführt sind, um die EU auf den Weg zu einem nachhaltigen, intelligenten und widerstandsfähigen Mobilitätssystem der Zukunft zu führen und die grundlegenden Veränderungen zu bewirken, die für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals erforderlich sind. Diese Anstrengungen können nur erfolgreich sein, wenn sie sich auf ein ausreichendes Engagement aller Beteiligten, d. h. der Organe der EU, der Mitgliedstaaten und ihrer Behörden auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen, der Interessenträger, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger stützen können.