Brüssel, den 20.5.2020

COM(2020) 523 final

Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2020


Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2020

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte 2 , insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum an, mit der das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2020 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Rumänien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)Der Länderbericht Rumänien 2020 3 wurde am 26. Februar 2020 veröffentlicht. Darin werden die Fortschritte Rumäniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 9. Juli 2019 4 , bei der Umsetzung der Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 26. Februar 2020 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Rumänien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Die Schwachstellen hängen insbesondere mit der Kostenwettbewerbsfähigkeit und einem zunehmenden Leistungsbilanzdefizit vor dem Hintergrund einer expansiven Haushaltspolitik und einem unberechenbaren Unternehmensumfeld zusammen.

(3)Am 11. März 2020 wurde der COVID-19-Ausbruch von der Weltgesundheitsorganisation offiziell zur weltweiten Pandemie erklärt. Diese hat eine öffentliche Gesundheitskrise mit weitreichenden Folgen für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften und Volkswirtschaften verursacht. Sie setzt die nationalen Gesundheitssysteme unter erheblichen Druck, unterbricht die globalen Lieferketten, verursacht Volatilität an den Finanzmärkten, führt zu Schocks bei der Verbrauchernachfrage und zieht eine Vielzahl von Branchen in Mitleidenschaft. Sie bedroht die Arbeitsplätze und Einkommen der Menschen und die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Die Folgen des durch sie verursachten schweren wirtschaftlichen Schocks sind in der Europäischen Union bereits stark spürbar. Am 13. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung 5 angenommen, in der zu einer koordinierten wirtschaftlichen Reaktion unter Einbeziehung aller Akteure auf nationaler und auf Unionsebene aufgerufen wird.

(4)Mehrere Mitgliedstaaten haben den Notstand ausgerufen oder Notmaßnahmen eingeführt. Jede Notmaßnahme muss unbedingt verhältnismäßig, notwendig und zeitlich begrenzt sein und europäischen wie internationalen Standards entsprechen. Sie sollten demokratischer Kontrolle und einer unabhängigen gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

(5)Am 20. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts 6 angenommen. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltene Klausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In ihrer Mitteilung legte die Kommission dem Rat dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der Klausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge des Ausbruchs von COVID-19 zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Für Mitgliedstaaten, die der korrektiven Komponente unterliegen, kann der Rat auf Empfehlung der Kommission zudem einen überarbeiteten haushaltspolitischen Kurs festlegen. Die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel nicht ausgesetzt. Die Klausel gestattet es den Mitgliedstaaten, von den normalerweise geltenden Haushaltsvorgaben abzuweichen, ermöglicht der Kommission und dem Rat aber zugleich die erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen im Rahmen des Pakts.

(6)Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren, die Resilienz der nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, die sozioökonomischen Folgen durch Unterstützung von Unternehmen und Haushalten abzumildern und mit Blick auf die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit für angemessenen Gesundheitsschutz und angemessene Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Europäische Union sollte die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zu unterstützen. Parallel dazu sollten die Mitgliedstaaten und die Europäische Union gemeinsam die für eine Rückkehr zu normal funktionierenden Gesellschaften und Volkswirtschaften und nachhaltigem Wachstum nötigen Maßnahmen erarbeiten, wobei insbesondere auch dem ökologischen und dem digitalen Wandel Rechnung getragen und sämtliche Lehren aus der Krise gezogen werden sollten.

(7)Die COVID-19-Krise hat deutlich gemacht, wie flexibel der Binnenmarkt auf Ausnahmesituationen reagieren kann. Damit die wirtschaftliche Erholung rasch und reibungslos eingeleitet und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wiederhergestellt werden können, müssen die außergewöhnlichen Maßnahmen, die das normale Funktionieren des Binnenmarkts verhindern, jedoch aufgehoben werden, sobald sie nicht mehr unerlässlich sind. Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass im Gesundheitssektor Krisenvorsorgepläne benötigt werden, die insbesondere auch bessere Beschaffungsstrategien, diversifiziertere Lieferketten und strategische Reserven an wesentlichen Gütern beinhalten. Diese Faktoren sind für die Ausarbeitung umfassenderer Krisenvorsorgepläne von zentraler Bedeutung.

(8)Die einschlägigen Rahmenvorschriften 7 wurden vom Unionsgesetzgeber bereits geändert, damit die Mitgliedstaaten alle nicht abgerufenen Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds dafür einsetzen können, die beispiellosen Folgen der COVID-19-Pandemie einzudämmen. Diese Änderungen werden größere Flexibilität sowie einfachere und straffere Verfahren ermöglichen. Um den Liquiditätsdruck zu verringern, können die Mitgliedstaaten im Rechnungsjahr 2020-2021 bei Mitteln aus dem Unionshaushalt außerdem einen Kofinanzierungssatz von 100 % in Anspruch nehmen. Rumänien wird ermutigt, diese Möglichkeiten auszuschöpfen, um die am stärksten betroffenen Personen und Wirtschaftszweige zu unterstützen.

(9)Die einzelnen Regionen Rumäniens dürften aufgrund des signifikanten Investitions- und Arbeitsproduktivitätsgefälles sowie unterschiedlicher Spezialisierungsmuster in ungleichem Maße von den sozioökonomischen Folgen der Pandemie betroffen sein. Dadurch entsteht ein erhebliches Risiko, dass die Unterschiede zwischen den Regionen in Rumänien zunehmen und sich der Trend leicht sinkender Ungleichheiten zwischen der Hauptstadt und den anderen Regionen bzw. zwischen städtischen und ländlichen Gebieten, der sich bereits beobachten ließ, wieder umkehrt. Da gleichzeitig die Gefahr eines vorübergehenden wirtschaftlichen Auseinanderdriftens der Mitgliedstaaten besteht, sind in der derzeitigen Lage gezielte politische Maßnahmen erforderlich.

(10)Am 8. Mai 2020 übermittelte Rumänien sein nationales Reformprogramm 2020 und am 14. Mai 2020 sein Konvergenzprogramm 2020. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(11)Rumänien unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(12)Am 3. April 2020 stellte der Rat in einem Beschluss fest, dass in Rumänien wegen Nichteinhaltung des Defizitkriteriums im Jahr 2019 ein übermäßiges Defizit bestand. Der Beschluss stützte sich auf die aktualisierten Haushaltsziele der Regierung, die die Haushaltsvollzugsdaten seit Jahresbeginn widerspiegelten. Das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2019 von 4,3 % des BIP bestätigte, dass ein Verstoß gegen die Defizitregel vorlag. Der Verstoß war den Haushaltsungleichgewichten zuzuschreiben, die infolge der seit 2016 expansiven Haushaltspolitik in einer Phase starken Wirtschaftswachstums stetig angewachsen waren. Durch systematische und wiederholte Abweichungen von den nationalen Haushaltsvorschriften während dieses Zeitraums sind die einschlägigen Vorschriften weitgehend unwirksam geworden. Darüber hinaus hat Rumänien es mehrfach versäumt, nach den Empfehlungen, die der Rat im Zusammenhang mit dem Verfahren wegen erheblicher Abweichung an das Land gerichtet hat, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Am 3. April 2020 gab der Rat außerdem eine Empfehlung mit dem Ziel ab, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien bis spätestens 2022 zu beenden.

(13)Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rumäniens war bereits vor dem COVID-19-Ausbruch aufgrund der hohen Haushaltsdefizite und des projizierten signifikanten Anstiegs der Kosten der Bevölkerungsalterung, insbesondere für Renten, gefährdet. Die Altersrenten wurden im September 2019 um 15 % erhöht und sollen im September 2020 auf der Grundlage eines im Sommer 2019 verabschiedeten Rentengesetzes um 40 % steigen und im September 2021 noch weiter angehoben werden. Infolgedessen dürften die Rentenausgaben im Zeitraum 2020-2022 deutlich nach oben klettern. Die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen werden durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Wirtschaftstätigkeit und die zur Abfederung dieser Auswirkungen erforderlichen Konsolidierungsanstrengungen noch verstärkt. Aufgrund früherer haushaltspolitischer Entscheidungen stehen Rumänien nur noch geringe Haushaltspuffer zur Verfügung, um die Folgen des COVID-19-Ausbruchs zu bewältigen.

(14)Dem Konvergenzprogramm 2020 zufolge soll sich das gesamtstaatliche Defizit von 4,3 % des BIP im Jahr 2019 auf 6,7 % des BIP im Jahr 2020 verschlechtern, während die im Jahr 2019 verzeichnete gesamtstaatliche Schuldenquote von 35,2 % im Jahr 2020 auf 40,9 % ansteigen dürfte. Die Aussichten für die Gesamtwirtschaft und den Haushalt sind wegen der COVID-19-Pandemie mit großer Unsicherheit behaftet. Darüber hinaus liegen den Haushaltsprojektionen länderspezifische Risiken zugrunde; so wurden die Schätzungen einiger Einnahmenposten dem Anschein nach nicht im Einklang mit den zugrunde liegenden makroökonomischen Projektionen vorgenommen, und die Drosselung bei einigen laufenden Ausgaben scheint auf haushaltskonsolidierenden Maßnahmen zu beruhen, die im Programm nicht spezifiziert worden sind.

(15)In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat Rumänien im Rahmen eines koordinierten Ansatzes der Union haushaltspolitische Maßnahmen verabschiedet, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu erhöhen, die Pandemie einzudämmen und die besonders betroffenen Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Dem Konvergenzprogramm 2020 zufolge belaufen sich diese Maßnahmen auf 1,2 % des BIP. Die Maßnahmen umfassen Leistungen bei betriebsbedingter Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ähnliche Leistungen für andere Kategorien von Arbeitnehmern, Ausgaben für medizinische Ausrüstung und andere Ausgaben zur Bekämpfung von COVID-19 sowie Prämien für Beschäftigte im Gesundheitswesen, die mit COVID-19-Patienten arbeiten. Zusätzlich dazu hat die Regierung Maßnahmen angekündigt, die sich zwar nicht unmittelbar auf den Haushalt auswirken, aber zur Verbesserung der Liquidität von Unternehmen beitragen werden. Zu diesen Maßnahmen gehören Steuerstundungen, die Beschleunigung der MwSt-Rückerstattung, Darlehensgarantien für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), eine Haushalten und KMU gewährte Tilgungspause für Bankdarlehen sowie Stundungen von Mietzahlungen und Zahlungen an Versorgungsunternehmen für KMU. Insgesamt stehen die von der rumänischen Regierung ergriffenen Maßnahmen mit den Leitlinien der Kommissionsmitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie im Einklang.

(16)Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission wird der gesamtstaatliche Haushaltssaldo Rumäniens bei unveränderter Politik für 2020 auf -9,2 % des BIP und für 2021 auf -11,4 % des BIP geschätzt. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2020 nach Schätzungen der Kommission 46,2 % des BIP erreichen.

(17)Rumänien rief am 16. März 2020 den Notstand aus. Ab dem 25. März 2020 mussten alle Schulen und Geschäfte, sofern sie nicht der Grundversorgung dienen, auf Anordnung schließen, und es traten Ein- und Ausreisebeschränkungen in Kraft. Die Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum wurde stark eingeschränkt, wobei für Menschen über 65 strengere Maßnahmen galten. Darüber hinaus hat Rumänien den Reiseverkehr in spezifische Länder untersagt und bestimmte Städte unter strikte Quarantäne gestellt. Diese Situation hat den produktiven Sektor der Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen, da die Ausgangsbeschränkungen die Wirtschaftstätigkeit schwer beeinträchtigt haben. Mehrere Hersteller in der Industrie haben im März ihre Produktion gestoppt, was erhebliche Spillover-Effekte auf Schlüsselsektoren wie die Automobilindustrie hatte. Ähnliche Entwicklungen ließen sich auch im Einzelhandelssektor sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe feststellen. Infolge der Gesamtwirkung dieser Entwicklungen wird die Wirtschaft 2020 in eine Rezession abgleiten. Der Notstand wurde am 14. Mai 2020 mit der Ankündigung der rumänischen Regierung aufgehoben, schrittweise Lockerungsmaßnahmen umzusetzen. Ab dem 15. Mai 2020 wurden Maßnahmen eingeführt, um die Bewegungseinschränkungen innerhalb von Städten zu lockern, eine teilweise Wiedereröffnung von Einzelhandelsgeschäften zu ermöglichen und eine Maskenpflicht in geschlossenen öffentlichen Räumen und Geschäften, in öffentlichen Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz einzuführen. In der Automobilindustrie haben einige Hersteller seit Anfang Mai 2020 ihre Produktion wieder schrittweise hochgefahren. Die Regierung arbeitet weitere Maßnahmen aus, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

(18)Das Gesundheitssystem ist durch die Pandemie unter beispiellosen Druck geraten. Die Krise hat ein System getroffen, das von strukturellen Schwächen geprägt ist, etwa Unterfinanzierung und dem ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung. In diesem Zusammenhang stellt die Verbesserung der Resilienz des Gesundheitssystems und seiner Kapazitäten, auf Schocks zu reagieren, eine wesentliche Herausforderung dar. Im Rahmen seiner unmittelbaren Reaktion hat Rumänien wichtige Medizinprodukte erworben und im Zusammenhang mit COVID-19 entstehende medizinische Kosten in die Mindestversorgungsleistungen für Unversicherte aufgenommen. Die Resilienz des Gesundheitssystems wird durch den beträchtlichen Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen, unter anderem bei Hausärzten, durch veraltete medizinische Einrichtungen, den Mangel an Medizinprodukten, die unzureichende Schulung der im Gesundheitswesen tätigen Personen und die im Zusammenhang mit den verschiedenen Gesundheitsversorgungsstufen festzustellende begrenzte Kontinuität und Integration geschwächt. Bereits vor der COVID-19-Krise wurde von zunehmenden medizinischen Versorgungslücken berichtet, und der Zugang zur Gesundheitsversorgung dürfte sich nun verschlechtert haben. Die Pandemie hat die regionalen Disparitäten und die mangelnde Gesundheitsversorgung für einkommensschwache Gruppen und ältere Menschen noch deutlicher offenbart. Längerfristig wird die Tragfähigkeit des Gesundheitswesens durch die Herausforderungen der Bevölkerungsalterung und Migration zunehmend unter Druck geraten. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise ist es ebenso wichtig, strukturelle Fragen anzugehen, etwa die Entwicklung der präventiven, ambulanten und gemeindenahen Pflege durch gezielte politische Maßnahmen. Es werden langfristige Investitionen erforderlich sein, um das rumänische Gesundheitssystem zu stärken, indem für ein angemessenes Arbeitskräfteangebot gesorgt und entsprechende Ausrüstung im Gesundheitsbereich bereitgestellt wird, die technologische und die angewandte Forschung vorangebracht und die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu Gesundheitsdiensten – u. a. in nicht-städtischen Gebieten – erweitert werden, auch durch die Nutzung elektronischer Gesundheitsdienste.

(19)Infolge des schnellen Wirtschaftswachstums der letzten Jahre haben sich die sozialen Bedingungen verbessert. Im Jahr 2019 ist das verfügbare Bruttoeinkommen der Haushalte um 5,7 % gestiegen. Das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung erreichte 2019 mit 31,2 % zwar einen der höchsten Werte in der EU, geht jedoch stetig zurück. Allerdings könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie eine Verschlechterung der sozialen Bedingungen nach sich ziehen. Armut und soziale Ausgrenzung, einschließlich Kinderarmut, Erwerbstätigenarmut und Einkommensungleichheit, dürften zunehmen und insbesondere die am stärksten gefährdeten Gruppen wie Arbeitnehmer mit nicht regulärem Arbeitsvertrag, nicht angemeldete Arbeitnehmer, Selbstständige, Roma, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Obdachlose treffen. Die Reichweite der Sozialschutzmaßnahmen und deren Angemessenheit bleiben begrenzt, ebenso die Wirksamkeit des Steuer- und Sozialleistungssystems, wenn es um die Umverteilung von Einkommen geht. Kinder in ländlichen Gebieten und informellen Siedlungen haben nur begrenzt Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, angemessener Ernährung, Gesundheitsversorgungsdiensten und Wohnraum. Soziale Transferleistungen entfalten bei der Verringerung der Armut nur eingeschränkt Wirksamkeit, und der als Grundlage für die meisten Sozialleistungen verwendete soziale Referenzindex wurde seit 2008 nicht mehr aktualisiert. Bei der Angemessenheit der Mindesteinkommensunterstützung belegt Rumänien noch immer einen der letzten Plätze in der EU. Wenngleich die Reform des garantierten Mindesteinkommens bereits 2016 angenommen wurde, ist die Umsetzung nun weiter auf 2021 verschoben. Die Sozialleistungen und grundlegenden Versorgungsdienstleistungen, u. a. in den Bereichen Wasser- und Sanitärversorgung, Energie und Wohnraum, sind weitgehend unzureichend. Darüber hinaus ist die geografische Verteilung diesbezüglich uneinheitlich und von signifikanten Unterschieden zwischen Stadt und Land sowie regionalen Ungleichheiten geprägt. Dies könnte die Fähigkeiten zur Bewältigung der Pandemie schmälern. Das Potenzial der Sozialwirtschaft, die sozialen Bedingungen zu verbessern, wird nach wie vor nicht ausgeschöpft.

(20)Im Laufe des Jahres 2019 entwickelte sich der Arbeitsmarkt weiter positiv, doch die Unterschiede zwischen den Regionen, ländlichen und städtischen Gebieten und sozioökonomischen Gruppen bestehen nach wie vor. Insbesondere bei Frauen, jungen Menschen, Geringqualifizierten, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen ist eine hohe Nichterwerbstätigkeit festzustellen. Vor dem Hintergrund des COVID-19-Ausbruchs und der rasch steigenden Arbeitslosenquote und Nichterwerbstätigkeit werden die bestehenden Herausforderungen voraussichtlich zunehmen. Der Prognose der Kommission zufolge dürfte die Arbeitslosigkeit 2020 auf 6,5 % ansteigen und 2021 wieder auf 5,4 % sinken. Die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit bleibt eine Herausforderung, und da sich ihre negativen Auswirkungen in der aktuellen Situation verstärken könnten, ist es nun umso wichtiger, den Übergang in eine angemeldete Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Daher müssen zeitnah maßgeschneiderte Dienste bereitgestellt werden, die dem Bedarf gefährdeter Gruppen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der Krise betroffen sind, Rechnung tragen. Neben der kürzlich eingeführten Regelung für betriebsbedingte Arbeitslosigkeit ist es unerlässlich, unter Einbeziehung der Sozialpartner den Zugang zu Kurzarbeitsregelungen zu verbessern und außerdem Einkommensstützungsmaßnahmen und flexible Arbeitsregelungen sowie Telearbeit für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu fördern, um die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarkts kurz- und langfristig zu stärken.

(21)Das nach wie vor bestehende Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage und der Fachkräftemangel, der sich durch die demografischen Entwicklungen und die begrenzte Arbeitsmarktrelevanz der allgemeinen und beruflichen Bildung weiter verschärft, haben das Wachstumspotenzial der rumänischen Wirtschaft bereits vor der Pandemie beeinträchtigt. Der Anteil der an Lernaktivitäten teilnehmenden Erwachsenen gehört mit 1,3 % im Jahr 2019 zu den niedrigsten in der EU. Eine geringe Inanspruchnahme frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung verstärkt die Chancenungleichheit zwischen den Schülerinnen und Schülern. Gleichheit, Inklusion und Qualität der Schulbildung sind nach wie vor große Herausforderungen, und in diesem Bereich sind strategische Reformen erforderlich. In Rumänien wird ein hoher Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger (15,3 % im Jahr 2019) und junger Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden (14,7 %, ein leichter Anstieg gegenüber 2018), verzeichnet. Es gibt nach wie vor keine integrierte landesweite Strategie zur Bekämpfung des frühen Schul- und Ausbildungsabgangs. Bei den Bildungsergebnissen, insbesondere in ländlichen und wirtschaftlich benachteiligten Gebieten, sind keine Verbesserungen zu beobachten. Die Teilnahme an der Hochschulbildung ist gering und nach wie vor unzureichend auf den Arbeitsmarktbedarf abgestimmt. In den Bereichen Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technologie (MINT) bleibt die Zahl der Hochschulabsolventinnen und -absolventen besonders niedrig. Rumänien schneidet bei vielen Komponenten des Digitalen Wirtschafts- und Sozialindexes schlecht ab, darunter digitale öffentliche Dienstleistungen, digitale Kompetenzen der Gesamtbevölkerung und Digitalisierung der Unternehmen. Bei den grundlegenden digitalen Kompetenzen und grundlegenden Softwarekompetenzen gehört Rumänien zu den Schlusslichtern. Aufgrund der unzureichenden digitalen Infrastruktur, Lehrmaterialien und der mangelnden digitalen Kompetenzen stellt der durch den COVID-19-Ausbruch verursachte Übergang zum Fernunterricht eine Herausforderung für Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Lehrende und Lernende dar, insbesondere für benachteiligte Schülerinnen und Schüler und Roma.

(22)Die Pandemie und die daraufhin ergriffenen Lockdown-Maßnahmen haben dazu geführt, dass landesweit Lieferketten unterbrochen wurden, Unternehmen ihre Tätigkeiten einschränken oder sogar schließen mussten und Menschen nicht arbeiten konnten. Unternehmen jeglicher Größe, insbesondere KMU, sind stark von den Handelsstörungen und den Ausgangsbeschränkungen betroffen und mit Liquiditätsengpässen und Insolvenzrisiken konfrontiert. Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, die maßgeschneiderte Unterstützung für Unternehmen und Einkommensschutz für alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer miteinander kombinieren. Für eine Erholung nach der Krise werden zusätzliche Mittel benötigt, um Unternehmen und Haushalte weiter unterstützen zu können. Der Dienstleistungssektor verdient besonderes Augenmerk, da er am stärksten betroffen ist und einige seiner Teilsektoren voraussichtlich länger schrumpfen werden als das verarbeitende Gewerbe. Zu den Maßnahmen der Regierung gehört die Einführung einer staatlichen Garantieregelung („IMM Invest“) im Umfang von 15 Mrd. RON, um KMU, die zinsfreie Darlehen zur Finanzierung von Investitionen aufnehmen, staatliche Garantien zu bieten und Betriebskapital bereitzustellen. Diese Garantien bieten auch den Banken Vorteile, die solide kapitalisiert und liquide bleiben müssen, um zu gewährleisten, dass der erforderliche Kreditfluss an Haushalte und Unternehmen nicht abreißt. Da die Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen – insbesondere innovative KMU – bislang jedoch keine zentrale Rolle gespielt haben, könnten Darlehensgarantien allein möglicherweise nicht ausreichen.

(23)Um die wirtschaftliche Erholung zu begünstigen, wird es wichtig sein, durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzuziehen und private Investitionen, auch durch entsprechende Reformen, zu fördern. Die Krise hat noch deutlicher zutage gebracht, dass Rumänien dringend Arbeiten an der öffentlichen Infrastruktur in Bereichen wie nachhaltiger Verkehr, saubere Energie, im Umweltsektor sowie für digitale Dienste vorantreiben muss. Der Nahverkehr leidet unter einer schlechten Organisation des Sektors und unzureichenden Verwaltungskapazitäten der lokalen Anbieter. Das Abfallbewirtschaftungssystem ist nach wie vor durch ein sehr geringes Recycling von Siedlungsabfällen und sehr hohe Deponiequoten gekennzeichnet. Für die Umsetzung des nationalen Energie- und Klimaplans sind Investitionen in die saubere Energieerzeugung und -nutzung sowie Umstellungen in monoindustriellen und CO2-intensiven Regionen erforderlich. Die Bemühungen um den Ausbau und die Modernisierung der Trinkwasser- und Abwasserinfrastruktur müssen intensiviert werden. Zudem muss aufgrund schwerwiegender struktureller Mängel unbedingt in das Netz zur Überwachung der Luftqualität investiert werden. Auch müssen sämtliche digitalen öffentlichen Dienste, in deren Rahmen Informationen ausgetauscht werden, modernisiert werden, einschließlich in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit, und es muss deren Interoperabilität sichergestellt werden. Die großen regionalen Unterschiede und die geringe Produktivität in einigen Sektoren sind langfristigem nachhaltigem Wachstum abträglich. Ebenso wichtig sind Investitionen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, indem Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, innovative KMU und die Integration in die strategischen Wertschöpfungsketten der Union unterstützt werden. Die FuE-Investitionen auf Unternehmensseite bleiben gedämpft und auf eine kleine Zahl von Teilsektoren beschränkt, die in hohem Maße von ausländischen Direktinvestitionen abhängig sind. Durch die rückläufige Entwicklung der öffentlichen FuE-Finanzierung hat sich die wissenschaftliche und technologische Qualität verschlechtert und die Verbindungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wurden geschwächt. Bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 könnte Rumänien einige der Herausforderungen für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts 8 aufgeführten Gebieten, auch im Rahmen des Fonds für einen gerechten Übergang angehen und so diesen Fonds optimal nutzen.

(24)Die Reform der öffentlichen Verwaltung ist ins Stocken geraten. Es gibt keinen wirksamen Rahmen für die strategische und haushaltspolitische Planung, was sich auf die strategische Vision für die langfristige Entwicklung des Landes, die Priorisierung von Maßnahmen und die politische Koordinierung auf zentraler und lokaler Ebene auswirkt. Der sektorale strategische Rahmen ist fragmentiert und weist mitunter Überschneidungen auf, während Maßnahmen, die innerhalb der Sektoren ergriffen werden sollen, nicht priorisiert werden. Die Rolle des Generalsekretariats der Regierung bei der strategischen Verwaltung ist nach wie vor nicht konsolidiert. Eine starke Fragmentierung der Kompetenzen und Ressourcen beeinträchtigt weiterhin die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, insbesondere auf lokaler Ebene und in armen Gemeinden. Bürokratie und unzureichende Kapazitäten zur Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen, einschließlich digitaler Dienstleistungen, wirken sich negativ auf die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen aus, insbesondere während dieser Krise. Aufwendige Verwaltungsverfahren für die Gründung von Unternehmen sowie Regulierungsauflagen, die Dienstleistern wie auch reglementierten Berufen auferlegt werden, hemmen die weitere Marktentwicklung. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den rumänischen Marktüberwachungsbehörden und den Zollbehörden kann dazu beitragen, die Menge nichtkonformer Produkte, die von außerhalb der Union eingeführt werden, zu verringern. Häufige Umstrukturierungen und die übermäßige Inanspruchnahme des Instruments der vorübergehenden Verwaltung beeinträchtigen die Unabhängigkeit der Verwaltung. Die Umsetzung einer Corporate Governance für staatseigene Unternehmen stellt nach wie vor eine Herausforderung dar.

(25)Noch immer ist die Vorhersehbarkeit von Entscheidungsprozessen ein wichtiges Thema. Vor der Krise wurde nur etwa ein Drittel des jährlichen Regierungsplans eingehalten. Die Zahl der erlassenen Dringlichkeitsanordnungen ist nach wie vor sehr hoch, was zu Unsicherheit führt und die Investitionstätigkeit bremsen dürfte. So hatte die Dringlichkeitsanordnung 114/2018 erhebliche sozioökonomische Auswirkungen auf mehrere Sektoren, u. a. auf den Finanzsektor. Wenngleich die Bestimmungen, die negative Auswirkungen auf den Bankensektor hatten, zurückgenommen wurden, sind einige der Maßnahmen, die möglicherweise die langfristige Rentabilität von Pensionsfonds der zweiten Säule beeinträchtigen, nach wie vor in Kraft. Die mangelnde Vorhersehbarkeit und Stabilität der Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen stellt weiterhin eine große Herausforderung dar. Die Effizienz des öffentlichen Auftragswesens bleibt ein Problem, ebenso die Unumkehrbarkeit bestimmter Maßnahmen, insbesondere die Straffung der Ex-ante-Kontrolle. Bei der Verbesserung der Governance, der Qualität und der wirksamen Nutzung von Gesetzesfolgenabschätzungen sind nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Es gibt keinen institutionellen Rahmen für die Qualitätskontrolle auf Regierungsebene, und die Optionen für die Einrichtung eines Ausschusses für die Bewertung der Auswirkungen von Rechtsvorschriften werden derzeit noch geprüft. Wenngleich vor dem Hintergrund der derzeitigen Krise eine sinnvolle und kontinuierliche Einbeziehung der Sozialpartner von entscheidender Bedeutung ist, damit jegliche Exit- und Konjunkturstrategien auch Erfolge zeitigen, findet nach wie vor nur eingeschränkt ein sozialer Dialog statt, insbesondere auf Sektorebene. Der bestehende institutionelle Rahmen für Konsultationen wird nicht angemessen genutzt und sorgt weder dafür, dass einschlägige Beiträge in den Entscheidungsprozess einfließen, noch dafür, dass die Sozialpartner ausreichend in die Gestaltung und Umsetzung von Reformen einbezogen werden. Die Gespräche über Änderungen des Gesetzes über den sozialen Dialog und die Überarbeitung der Wirtschaftssektoren sind ins Stocken geraten. Nach wie vor ist ungewiss, welche Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation vom April 2018 ergriffen werden. Das Fehlen eines dauerhaften objektiven Mechanismus zur Festlegung des Mindestlohns hat möglicherweise negative Auswirkungen auf das Unternehmensumfeld.

(26)Während die vorliegenden Empfehlungen in erster Linie auf die Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung abzielen, ging es bei den vom Rat am 9. Juli 2019 angenommenen länderspezifischen Empfehlungen 2019 auch um Reformen, die für die Bewältigung mittel- bis langfristiger struktureller Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung sind. Diese sind nach wie vor relevant, weswegen ihre Einhaltung im nächstjährigen Semesterzyklus weiter verfolgt werden wird. Dies gilt auch für Empfehlungen zu investitionsbezogenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Letztere sollten bei der strategischen Planung kohäsionspolitischer Mittel nach 2020 berücksichtigt werden, also auch bei Maßnahmen zur Abfederung der Krise und bei Exit-Strategien.

(27)Nachdem der Bankensektor in den letzten Jahren mehrfach mit Gegenwind zu kämpfen hatte, hat der Druck nun nachgelassen, da Anfang 2020 mehrere Maßnahmen, die in der Vergangenheit Anlass zu Besorgnis gegeben hatten, einschließlich der Bankensteuer, wieder zurückgenommen wurden. Der Bankensektor war vor der aktuellen COVID-19-Krise gut kapitalisiert und liquide, und der Anteil der notleidenden Kredite lag unter 5 %. Die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung von Haushalten und Unternehmen, insbesondere KMU, sind ebenfalls wichtig, um die Resilienz des Bankensektors und die Fähigkeit der Banken zur Abfederung von Schocks zu erhalten. Auch Geschäftsbanken haben Schritte unternommen, um Kunden zu unterstützen, etwa durch Aufschub bei Tilgungs- und Zinszahlungen, Verlängerungen bei Kreditrückzahlungen, die Gewährleistung von Liquidität an Geldautomaten sowie die Verringerung von Gebühren für Online-Dienste. Am 20. März 2020 senkte die rumänische Nationalbank den Leitzins und kündigte den Ankauf von auf RON lautenden Staatstiteln auf dem Sekundärmarkt an, um die reibungslose Finanzierung der Realwirtschaft und des öffentlichen Sektors sicherzustellen. Wenngleich Maßnahmen ergriffen worden sind und die Aufsichtsbehörden eine gewisse aufsichtliche Flexibilität walten lassen, dürfte sich die Qualität der Vermögenswerte in den kommenden Monaten verschlechtern. In dieser Hinsicht werden die Beibehaltung umsichtiger Kreditvergabestandards und die prioritäre Unterstützung wirtschaftlich tragfähiger Kreditnehmer dazu beitragen, die Qualität der Vermögenswerte im Bankensektor zu wahren. Darüber hinaus ist die Gewährleistung eines stabilen und berechenbaren Regelungsumfelds für Banken eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie weiter ihre aktive Rolle bei der Kreditvergabe an die Wirtschaft und bei der Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung spielen können.

(28)Signifikante Änderungen der Rechtsvorschriften und politischer Druck auf die Justiz in den Jahren 2017, 2018 und größtenteils auch 2019 haben sich auf die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justiz und ihre Fähigkeit ausgewirkt, Korruption auf hoher Ebene zu untersuchen und zu ahnden. Wenngleich die Regierung derzeit Schritte zur Verhinderung und Ahndung von Korruption unterstützt und Bereitschaft gezeigt hat, einige der umstrittensten Maßnahmen zurückzunehmen, stehen die dafür erforderlichen Gesetzesänderungen noch aus. Diese Angelegenheiten werden im Verfahren für die Zusammenarbeit und Überprüfung der Fortschritte aufmerksam verfolgt. Die Justizreform und die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in Rumänien werden von der Kommission in diesem Verfahren weiter genau beobachtet. Daher sind diese Bereiche nicht Gegenstand der länderspezifischen Empfehlungen für Rumänien, sie sind jedoch maßgeblich für die Entwicklung eines positiven sozioökonomischen Umfelds in dem Land.

(29)Das Europäische Semester bildet den Rahmen für eine kontinuierliche wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierung innerhalb der Union, die zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen kann. Die Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Reformprogrammen 2020 eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung gezogen. Indem Rumänien die nachstehenden Empfehlungen vollständig umsetzt, wird es Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen und zu den gemeinsamen Anstrengungen im Hinblick auf die Sicherstellung wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit in der Europäischen Union beitragen.

(30)Im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Rumäniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2020 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2020 und das nationale Reformprogramm 2020 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Rumänien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Rumänien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -Leitlinien beurteilt.

(31)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2020 geprüft; seine Stellungnahme 9 hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(32)Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2020 und das Konvergenzprogramm 2020 geprüft. In den vorliegenden Empfehlungen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bekämpfung der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung den ersten notwendigen Schritt für die Korrektur von Ungleichgewichten darstellen. Empfehlungen zur direkten Bewältigung der von der Kommission nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 ermittelten makroökonomischen Ungleichgewichte spiegeln sich in der Empfehlung 4 wider —

EMPFIEHLT, dass Rumänien 2020 und 2021

1.eine im Einklang mit der Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 10 stehende Haushaltspolitik verfolgt und zugleich alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und ihre Erholung zu fördern; von der Umsetzung dauerhafter Maßnahmen absieht, die die Solidität der öffentlichen Finanzen gefährden würden; die Resilienz des Gesundheitssystems stärkt, auch im Hinblick auf die Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich und medizinische Ausrüstung, und den Zugang zu Gesundheitsdiensten verbessert;

2.angemessenen Einkommensersatz bereitstellt und die Sozialschutzmaßnahmen und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen für alle erweitert; die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung mindert, indem flexible Arbeitsregelungen und Aktivierungsmaßnahmen ausgearbeitet werden; Kompetenzen und digitales Lernen stärkt und gleichberechtigten Zugang zu Bildung gewährleistet;

3.Liquiditätsunterstützung für die Wirtschaft zugunsten von Unternehmen und Haushalten, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen und Selbstständigen, sicherstellt; durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzieht und private Investitionen fördert, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen; Investitionen verstärkt in den grünen und digitalen Wandel, insbesondere in nachhaltigen Verkehr, Infrastruktur für digitale Dienste, saubere und effiziente Energieerzeugung und -nutzung sowie in Umweltinfrastruktur‚ auch in den Kohleregionen, lenkt;

4.die Qualität und Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung und die Vorhersehbarkeit der Entscheidungsprozesse verbessert, auch durch eine angemessene Einbeziehung der Sozialpartner.

Geschehen zu Brüssel am

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
(2)    ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.
(3)    SWD(2020) 522 final.
(4)    ABl. C 301 vom 5.9.2019, S. 117.
(5)    COM(2020) 112 final.
(6)    COM(2020) 123 final.
(7)    Verordnung (EU) 2020/460 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 508/2014 im Hinblick auf besondere Maßnahmen zur Mobilisierung von Investitionen in die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten und in andere Sektoren von deren Volkswirtschaften zur Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs (Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise) (ABl. L 99 vom 31.3.2020, S. 5) und Verordnung (EU) 2020/558 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013 und (EU) Nr. 1303/2013 im Hinblick auf spezifische Maßnahmen zur Einführung einer außerordentlichen Flexibilität beim Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds als Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 1).
(8)    SWD(2020) 522 final.
(9)    Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.
(10)    ABl. C 116 vom 8.4.2020, S. 1.