Brüssel, den 15.6.2020

COM(2020) 236 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über Handels- und Investitionshindernisse



1. Januar 2019 - 31. Dezember 2019










EINLEITUNG

In diesem zehnten Bericht über Handels- und Investitionshindernisse werden die neuen Hindernisse untersucht, denen sich die EU-Unternehmen im Jahr 2019 gegenübersahen; außerdem wird erläutert, welche Hindernisse für EU-Unternehmen im Rahmen der zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und den EU-Unternehmen bestehenden Marktzugangspartnerschaft 1 in diesem Jahr beseitigt werden konnten. Die Partnerschaft ermittelt Hindernisse für EU-Unternehmen in Drittländern und legt eine gemeinsame Strategie zur Beseitigung dieser Hindernisse fest, die sie stringent umsetzt.

Angesichts des zunehmenden Protektionismus misst die Kommission – neben der verstärkten Ausrichtung auf die Umsetzung der Handelsabkommen – Durchsetzungsmaßnahmen höchste Priorität bei. Was die traditionelle Komponente des Marktzugangs anbelangt, so ist es ihr gelungen, durch bessere Abstimmung zwischen den Institutionen und Interessenträgern der EU und eine durchdachtere Priorisierung von Hindernissen ihrer Arbeit mehr Durchschlagskraft zu verleihen. Insbesondere hat die Kommission auch ihre Anstrengungen im Bereich der Kommunikation verstärkt, um speziell kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu erklären, wie sie die Marktzugangspartnerschaft dazu nutzen können, die unterschiedlichen Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind, zu beseitigen. Einen Beitrag dazu leistete die Initiative „Market Access Days“ der Kommission, in deren Rahmen im Jahr 2019 in den Niederlanden, Litauen, Portugal, Frankreich und Lettland Veranstaltungen für Unternehmen stattfanden.

Seit 2016 wurde der Bericht stetig weiter verbessert. In der diesjährigen Ausgabe ist vor allem eine wesentlich detailliertere Analyse hervorzuheben, der zu entnehmen ist, welche Arten von Hindernissen den EU-Unternehmen die größten Schwierigkeiten bereiten; ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Wirtschaftszweig, in dem die besten Ergebnisse zu verzeichnen sind – dem Agrar- und Lebensmittelsektor.

Wie im Vorjahr enthält der Bericht zunächst eine nach Ländern und Art der Hindernisse aufgeschlüsselte Analyse der insgesamt 438 aktiven 2 Handels- und Investitionshindernisse, die der Kommission gemeldet und in der Marktzugangsdatenbank 3 der EU registriert wurden.

Hieran schließt sich eine detaillierte Analyse der 43 neuen im Jahr 2019 gemeldeten Hindernisse an, in der spezifische Entwicklungen in verschiedenen Ländern und Sektoren beschrieben und die potenziell betroffenen Handelsströme bewertet werden.

Im nächsten Abschnitt werden die Instrumente behandelt, die beim Vorgehen gegen die 40 im Jahr 2019 erfolgreich beseitigten Hindernisse eingesetzt wurden, außerdem enthält dieser Abschnitt eine nach Ländern, Art der Maßnahmen und Sektoren gegliederte Übersicht. Im Blickpunkt des diesjährigen Berichts stehen der Mittelmeerraum und der Nahe Osten; in diesem Zusammenhang wird erläutert, wie durch gezielte Anstrengungen einige der sonst sehr zahlreichen Handelshindernisse in den Ländern dieser Region beseitigt werden konnten.

Im darauffolgenden Abschnitt werden einige der beseitigten Hindernisse ausführlicher beschrieben, die mit besonders starken Beeinträchtigungen verbunden waren, und anhand von Beispielen aus der Wirtschaft wird erläutert, welche wirtschaftlichen Vorteile im Jahr 2019 infolge der Marktzugangspartnerschaft der EU erzielt wurden.

Abschließend wird in einem eigenen Abschnitt auf die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten eingegangen, da die EU in diesem Land weiter erheblich mit den in letzter Zeit eingeführten Hindernissen zu kämpfen hat.

Der Bericht konzentriert sich nicht allein auf die Partner mit der größten Zahl an neuen und beseitigten Hindernissen, vielmehr werden auch diejenigen Hindernisse in den Blickpunkt gerückt, die die meisten Handelsströme der EU-Exporteure beeinträchtigen, und deren Bedeutung erläutert.

Kasten 1 – Hinweis zur Methodik für die Erfassung der Hindernisse

Da ein an der Situation der Interessenträger orientierter Ansatz verfolgt wurde, beschränkt sich der Bericht auf die Hindernisse, die von Unternehmen gemeldet wurden. Im Mittelpunkt des Berichts stehen die Handelshindernisse für EU-Unternehmen in Drittländern und die entsprechenden Trends sowie die Maßnahmen, die im Rahmen der Marktzugangspartnerschaft zur Beseitigung der Hindernisse getroffen wurden. Zwar stellt die Aufnahme in die Datenbank und in diesen Bericht kein Urteil über die Rechtmäßigkeit bzw. Unrechtmäßigkeit der registrierten Hindernisse dar, doch wurden all diese Hindernisse als problematisch für die EU-Unternehmen eingestuft und gelten als vorrangige Ziele weiterer Maßnahmen der EU zur Sicherung des Marktzugangs, da sie diskriminierend, unverhältnismäßig oder anderweitig handelsbeschränkend sein könnten.

Wie die Leser feststellen werden, ziehen sich einige Themen wie ein roter Faden durch den Bericht. Erstens deuten die ständig weiter wachsende Zahl der Hindernisse, die Vervielfachung der Art der Hindernisse sowie die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Beseitigung vieler Hindernisse auf einen Paradigmenwechsel dahin gehend hin, dass Protektionismus zusehends tiefer in den strukturellen Handelsbeziehungen der EU verankert ist. Zweitens wirken sich die Hindernisse zunehmend auf Wirtschaftszweige aus, die für die Eigenständigkeit der EU im Technologiebereich und ihre strategische Autonomie von Bedeutung sind. Drittens gestaltet sich die Bekämpfung von Hindernissen im Industrie- und Dienstleistungssektor immer schwieriger. Viertens breiten sich in bestimmten Regionen protektionistische Maßnahmen weiter aus.

Dies erfordert einen radikal neuen Ansatz zur Verteidigung der Handelsinteressen der EU – eine der obersten Prioritäten der Von-der-Leyen-Kommission.



I.HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSE IM ÜBERBLICK

Ende 2019 waren 438 aktive Handels- und Investitionshindernisse in 58 Drittländern 4 in der EU-Marktzugangsdatenbank 5 verzeichnet. Diese Rekordzahl deutet – neben dem zunehmend dauerhaften Charakter zahlreicher Hindernisse – nicht nur auf wachsenden Protektionismus hin, sondern auch darauf, dass sich der Protektionismus in den Handelsbeziehungen der EU mit zahlreichen Partnern zusehends strukturell verfestigt.

A.    GESAMTZAHL DER HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSE NACH DRITTLÄNDERN

Im Vergleich zur Situation im Jahr 2018 hat es bei den fünf Ländern mit den meisten Hindernissen keine Veränderung gegeben. Mit 38 Hindernissen, die Export- und Investitionsmöglichkeiten von EU-Unternehmen beeinträchtigen, bleibt China das Land mit der höchsten Anzahl an registrierten Hindernissen. Russland lag mit 31 Hindernissen an zweiter Stelle, gefolgt von Indonesien (25) und den Vereinigten Staaten (24). Den fünften Rang teilen sich Indien und die Türkei mit 23 gemeldeten Maßnahmen.

Als Drittländer mit zehn und mehr Handelshindernissen sind Brasilien (19), Südkorea (19), Australien (14), Algerien (12), Thailand (12), Mexiko (11), Ägypten (10) und Malaysia (10) zu nennen. Abbildung 1 bietet einen detaillierteren Überblick über die Hindernisse weltweit.

Anzahl der Hindernisse

EU

Abbildung 1 6 : Geografische Aufschlüsselung von Handels- und Investitionshindernissen in der Marktzugangsdatenbank

B.    GESAMTZAHL DER HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSE NACH ART DER MAẞNAHMEN

Abbildung 2 zeigt, dass im Jahr 2019 Grenzmaßnahmen (229 bzw. 52 %) erstmals stärker verbreitet sind Maßnahmen hinter der Grenze (188 bzw. 43 %). 7 Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Partner auf ein breiteres Spektrum unterschiedlicher Arten von Maßnahmen zurückgreifen, um protektionistische Ziele zu erreichen.

Grenzmaßnahmen sind Beschränkungen, die sich auf Zollebene direkt auf die Ein- und Ausfuhren auswirken, sei es durch gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (sanitary and phytosanitary (SPS) measures) (102 Hindernisse), Zollerhöhungen und mengenmäßige Beschränkungen (73), Verwaltungsverfahren und Einfuhrlizenzen (38), Ausfuhrabgaben und -beschränkungen (16) oder nicht mit internationalen Verpflichtungen im Einklang stehende handelspolitische Schutzmaßnahmen (14).

Maßnahmen hinter der Grenze betreffen Produkte nach deren Einfuhr; dazu zählen Beschränkungen im Zusammenhang mit ungerechtfertigten technischen Hindernissen im Warenverkehr (78), Rechten des geistigen Eigentums (intellectual property rights – IPR) (34), dem öffentlichen Beschaffungswesen (25), Dienstleistungen (22) und Investitionen (15).

Dank der wesentlich detaillierteren Unterteilung der Handelshindernisse in Kategorien kann hier erstmals der Anteil der einzelnen Arten von Hindernissen, mit denen sich EU-Unternehmen konfrontiert sehen, aufgeschlüsselt dargestellt werden.


Abbildung 2: Aufschlüsselung der in der Marktzugangsdatenbank erfassten Handels- und Investitionshindernisse nach Art der Maßnahmen (prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Maßnahmen)

(Grenzmaßnahmen in unterschiedlichen Brauntönen, Maßnahmen hinter der Grenze in Blautönen)

Kasten 2 – Local-Content-Vorschriften

Local-Content-Vorschriften verpflichten ausländische Unternehmen dazu, einen bestimmten Anteil an inländischen Waren oder Dienstleistungen einzusetzen. Local-Content-Vorschriften sind in zahlreichen unterschiedlichen Arten von Hindernissen integriert und wirken sich beispielsweise auf zinsgünstige Darlehen, die Vergabe öffentlicher Aufträge oder die Voraussetzungen für ausländische Direktinvestitionen (ADI) aus. Damit entsprechende Bestimmungen, von denen eine hochgradig verzerrende Wirkung ausgeht, ermittelt werden können, wurde die Marktzugangsdatenbank um die Möglichkeit erweitert, Bestandteile unterschiedlichster Hindernisse, die Local-Content-Vorschriften betreffen, eindeutig zu bestimmen. Dadurch lässt sich hier belegen, dass Ende 2019 ein durchaus beträchtlicher Anteil (7 %) aller Hindernisse derartige Elemente aufwies. Die EU sollte daher entsprechenden Praktiken erhöhte Aufmerksamkeit widmen.



II.IM JAHR 2019 NEU GEMELDETE HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSE

Der Zuwachs bei den neuen Maßnahmen hält leider unvermindert weiter an. Mit 43 neuen Hindernissen in 22 Drittländern 8 wurden im Jahr 2019 fast so viele neue Hindernisse registriert wie im Jahr 2018 (45 Hindernisse). Dieser anhaltende signifikante Anstieg deutet darauf hin, dass Protektionismus inzwischen zu einem festen strukturellen Bestandteil der internationalen Handelsbeziehungen geworden ist. Diese neue Realität kann tief greifende Auswirkungen auf die Handelsströme der EU entfalten.

Die Handelsströme, die von im Jahr 2019 gemeldeten Hindernissen beeinträchtigt werden, betreffen Ausfuhren der EU‑27 im Wert von rund 35,1 Mrd. EUR (siehe Kasten 3).

Kasten 3 – Hinweis zur Methodik für die Quantifizierung der potenziell beeinträchtigten Handelsströme

Für die Quantifizierung der potenziell beeinträchtigten Handelsströme wird auf der Grundlage der EU-Exportzahlen für die einschlägigen Zolltarifcodes des Harmonisierten Systems das Handelsvolumen erfasst, welches trotz der Hindernisse generiert wird. Alle quantitativen Angaben beziehen sich auf die 27 derzeitigen Mitgliedstaaten der EU.

Die Auswirkungen dürften dabei aus folgenden Gründen eher zu gering angesetzt sein:

- Hindernisse im Dienstleistungssektor sowie Hindernisse, bei denen nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welche Produkte betroffen sind, sind in den Zahlen nicht berücksichtigt;

- einige der von den Maßnahmen betroffenen Waren und Dienstleistungen können für andere Wirtschaftszweige (beispielsweise den Hochtechnologiesektor) eine Schlüsselfunktion haben.

Grundsätzlich bleibt die Analyse nichttarifärer Handelshindernisse und ihrer Auswirkungen ein schwieriges Feld. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nicht alle nichttarifären Hindernisse den Handel gleich stark behindern. Anders als direkte Verbote unterbinden die meisten handelsbeschränkenden Maßnahmen den Handel nicht vollständig, sondern verringern ihn nur. Darüber hinaus können sich Beschränkungen in Bezug auf dieselben Produkte oder Dienstleistungen überschneiden, sodass zusätzliche Hindernisse nicht zwangsläufig zusätzliche Auswirkungen nach sich ziehen und die Beseitigung eines Hindernisses nicht automatisch zu einer Verbesserung des Marktzugangs führt.

A.    IM JAHR 2019 NEU GEMELDETE HINDERNISSE NACH DRITTLÄNDERN

Tabelle 1 und Abbildung 3 vermitteln einen Überblick über die geografische Aufschlüsselung der neuen Hindernisse, die im Jahr 2019 registriert wurden. Die meisten neuen Hindernisse wurden in den Handels- und Investitionsbeziehungen der EU zu Saudi-Arabien und dem Libanon gemeldet, für die jeweils fünf neue Hindernisse registriert wurden. Mit geringem Abstand folgen China und Algerien mit vier bzw. drei neu registrierten Handelshindernissen. Für Singapur, Südkorea, Malaysia, Kasachstan, Ägypten, Marokko, die Türkei und Australien wurden jeweils zwei Hindernisse gemeldet. Die übrigen zehn Hindernisse wurden bei anderen Drittländern registriert. Im Hinblick auf die regionalen Trends ist festzustellen, dass ein Großteil der neuen Hindernisse im Jahr 2019 im Mittelmeerraum und dem Nahen Osten 9 (20) sowie in Asien (17) eingeführt wurde.

In der Gegenüberstellung mit dem Jahr 2018 fallen zwei Sachverhalte auf: ein „Ansteckungseffekt“, der sich im Mittelmeerraum und dem Nahen Osten abzuzeichnen beginnt, sowie die kontinuierliche Präsenz Chinas weit vorne in der Rangliste als Anzeichen für einen langfristigen negativen Trend.

Tabelle 1: Geografische Aufschlüsselung der im Jahr 2019 neu gemeldeten Hindernisse


Abbildung 3: Geografische Aufschlüsselung der im Jahr 2019 neu gemeldeten Hindernisse nach Regionen

Abbildung 4 stellt die wirtschaftliche Bedeutung neuer Hindernisse stärker in den Mittelpunkt und zeigt die als Schätzwerte ermittelten betroffenen Handelsströme bezogen auf die Anzahl der im Jahr 2019 für die einzelnen Partnerländer und -regionen festgestellten Hindernisse. Aus dieser Abbildung wird deutlich, dass Asien – und hier insbesondere China, aber auch Südkorea – sowie die Region Mittelmeerraum und Naher Osten sowohl hinsichtlich der Anzahl der im Jahr 2019 registrierten neuen Hindernisse als auch in Bezug auf das Volumen der von diesen neuen Hindernissen betroffenen Handelsströme die vorderen Ränge belegen. Auf diese beiden Regionen entfallen fast 30 Mrd. EUR (85 %) der insgesamt 35,1 Mrd. EUR des von neuen Hindernissen betroffenen Handelsvolumens und 35 Hindernisse (über 80 % der Hindernisse insgesamt).

An dritter Stelle folgt Australien mit einem Hindernis mit großen Auswirkungen, welches Kraftfahrzeuge betrifft.

Abbildung 4: Anzahl neu gemeldeter Hindernisse und Volumen des betroffenen Handels, ausgewählte Partnerländer und -regionen

Aus Tabelle 2 sind die betroffenen Handelsströme für alle 22 Partnerländer zu entnehmen, die im Jahr 2019 neue Handelshindernisse eingeführt haben. Mit der Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen neuer Marktzugangshindernisse allein werden deren tatsächliche Auswirkungen jedoch mitunter nicht vollständig erfasst. Dies gilt beispielsweise für Hindernisse im Dienstleistungssektor oder für Hindernisse mit horizontalem Charakter, die schwer zu quantifizieren sind, oder auch dann, wenn für ein Produkt mehrere Beschränkungen bestehen, die einander überschneiden.

Tabelle 2: Handelsströme der EU-27, die durch Hindernisse beeinträchtigt werden, die von den Partnerländern im Jahr 2019 neu gemeldet wurden (Mrd. EUR)

Allein aufgrund der Größe der chinesischen Volkswirtschaft und der betroffenen Schlüsselsektoren (darunter Sektoren, die für die EU von strategischer Bedeutung sind) springen die Auswirkungen der Handelspolitik Chinas, durch die potenziell ein Handelsvolumen der EU in einer Größenordnung von über 15,5 Mrd. EUR beeinträchtigt wird, sofort ins Auge.

B.    IM JAHR 2019 NEU GEMELDETE HINDERNISSE NACH ART DER MAẞNAHMEN

Die Aufschlüsselung der 43 neuen Hindernisse nach Art der Maßnahmen zeigt, dass neue Grenzmaßnahmen (65 %) gegenüber den Maßnahmen hinter der Grenze (28 %) überwiegen – auch hier ist wiederum ein weiter wachsendes Spektrum protektionistischer Maßnahmen zu beobachten.

Im Jahr 2019 fällt auf, dass allein gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (SPS) rund ein Drittel aller neuen Hindernisse ausmachen. Eine eingehendere Analyse ergibt, dass die Maßnahmen am häufigsten mit dem Schutz der Tiergesundheit begründet werden (5 Hindernisse) 10 , zweithäufigste Gründe sind der Schutz der Pflanzengesundheit und der öffentlichen Gesundheit (jeweils 2 Hindernisse). Zuweilen werden gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Beschränkungen auch mit einer Kombination dieser Gründe gerechtfertigt (4 Hindernisse).

Andere Grenzmaßnahmen betreffen hauptsächlich erhöhte Zölle, Abgaben und Kontingente (7 Hindernisse) sowie Verwaltungsverfahren (7). In diesem Jahre wurde zudem ein (1) neues Hindernis im Bereich der Ausfuhrbeschränkungen gemeldet.

Bei den Maßnahmen hinter der Grenze handelt es sich überwiegend um technische Handelshindernisse (9), u. a. im Zusammenhang mit Rechten des geistigen Eigentums (IPR) (1), nicht mit internationalen Verpflichtungen zu vereinbarende handelspolitische Schutzmaßnahmen (1) sowie Behinderungen beim Zugang von EU-Unternehmen zum öffentlichen Beschaffungswesen (1).

Abbildung 5: Aufschlüsselung der im Jahr 2019 neu gemeldeten Handels- und Investitionshindernisse nach Art der Maßnahmen (prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der neuen Hindernisse)
(Grenzmaßnahmen in unterschiedlichen Brauntönen, Maßnahmen hinter der Grenze in Blautönen)

Aus dieser Aufschlüsselung geht hervor, dass zur Beschränkung des Handels gröbere, weniger differenzierte Grenzmaßnahmen eingesetzt werden. Entgegen dem längerfristigen Trend scheinen sich die Partner bevorzugt auf solche eindeutig protektionistischen Maßnahmen zu stützen als auf schwerer fassbare Maßnahmen hinter der Grenze, was unterstreicht, dass sich derartige Praktiken in der Handelspolitik vieler Partner zusehends strukturell verfestigen.

C.    IM JAHR 2019 NEU GEMELDETE HINDERNISSE NACH SEKTOREN

Die im Jahr 2019 neu gemeldeten Hindernisse betrafen den EU-Handel in 17 Wirtschaftszweigen, wobei einige der Sektoren von branchenübergreifenden Hindernissen beeinträchtigt wurden.

Die meisten neuen Hindernisse (16) wurden im Agrar- und Fischereisektor gemeldet, danach folgten 9 horizontale Hindernisse oder branchenübergreifende Maßnahmen. Der IKT- und der Automobilsektor sahen sich 2019 mit jeweils drei neuen Hindernissen konfrontiert, in der Pharmaindustrie und in der Papier-, Holz- und Zellstoffindustrie waren jeweils zwei neue Hindernisse zu verzeichnen. Mehrere weitere Sektoren waren von jeweils einem neu eingeführten Handelshindernis betroffen: Bergbauerzeugnisse; Eisen, Stahl und Nichteisenmetalle; Textilien und Leder; Keramik und Glas; Kosmetik; Schiffbau; Wein und Spirituosen sowie sonstige Branchen.

 Abbildung 6: Aufschlüsselung der im Jahr 2019 gemeldeten Handels- und Investitionshindernisse nach Sektoren (Anzahl der Hindernisse)

Über die reine Anzahl der Maßnahmen hinaus gibt die Analyse der betroffenen Handelszweige Aufschluss über die Bedeutung der einzelnen Hindernisse. Wie aus Abbildung 7 ersichtlich, war zu über 85 % der Industriehandel betroffen, wobei zwei Drittel aller von neu gemeldeten Hindernissen betroffenen Ausfuhren der EU‑27 den Sektoren IKT (15 Mrd. EUR), Automobilindustrie (5,7 Mrd. EUR) und Elektronik (2,6 Mrd. EUR) zuzurechnen waren. Diese Sektoren sind für die Eigenständigkeit der EU im Technologiebereich und ihre strategische Autonomie von unmittelbarer Bedeutung.

 Abbildung 7: Von im Jahr 2019 gemeldeten Hindernissen betroffene Handelsströme der EU‑27 nach Sektoren 11
(Mrd. EUR und prozentualer Anteil)

Protektionistische Entwicklungen, die die Hochtechnologiesektoren der EU beeinträchtigen und die bereits im vergangenen Jahr zu beobachten waren, halten 2019 unvermindert an. Wenn diese Hindernisse nicht wirksam beseitigt werden, bedeuten sie eine objektive Bedrohung nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen, sondern auch der weltweit führenden Rolle der EU im Technologiebereich.



III.QUALITATIVE ANALYSE DER IM JAHR 2019 NEU GEMELDETEN HINDERNISSE

A.CHINA

China führte im Jahr 2019 zahlreiche weitere Handelsbeschränkungen im Hochtechnologiebereich ein, die Auswirkungen auf viele weitere Wirtschaftszweige nach sich ziehen – mit einem potenziell beeinträchtigten Handelsvolumen von 15 Mrd. EUR dürften die Auswirkungen daher eher zu niedrig beziffert sein. Wie die vorherigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Cybersicherheitspolitik Chinas sind diese Maßnahmen eng mit den übrigen Zielen Chinas zum Schutz des Inlandsmarktes und zum Aufbau von Kapazitäten und Technologien im Rahmen der Strategie „Made in China 2025“ verknüpft. Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend in naher Zukunft abschwächen könnte, sind nicht zu erkennen.

Im Mai 2019 wurde der Entwurf eines Instruments zur Überprüfung der Cybersicherheit (Draft for Cybersecurity Review Mechanism) veröffentlicht. Nach diesem Entwurf könnten Handelsverträge an die Bedingung geknüpft werden, dass die betroffene Vertragspartei eine Überprüfung erfolgreich durchläuft. Da aus dem Entwurf nicht hervorgeht, welche Art von Informationen und Materialien überprüft und kontrolliert werden sollen, müssten starke Vorkehrungen getroffen werden, um den vollständigen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zu gewährleisten und sicherzustellen, dass keine sensiblen Geschäftsinformationen offengelegt werden.

Im Juni 2019 wurden Entwürfe für Maßnahmen zur Sicherheitsbewertung der grenzüberschreitenden Weitergabe personenbezogener Daten und Verwaltungsmaßnahmen zur Datensicherheit (Measures on the Security Assessment of the Cross-Border Transfer of Personal Information and Administrative Measures on Data Security) veröffentlicht. Die Maßnahmen gehen offenbar insofern über die eigentliche Rechtsgrundlage im Cybersicherheitsgesetz hinaus, als der Umfang der Auflagen zur Datenlokalisierung erweitert werden soll. Ferner ist nicht klar, wie die Weitergabe von Daten innerhalb einer (multinationalen) Unternehmensgruppe behandelt werden soll. Die wesentlichen Bestimmungen sind in den Entwürfen nur vage formuliert, und es ist nicht eindeutig ersichtlich, wie die vorgeschlagenen Maßnahmen im Verhältnis zu anderen für Daten geltenden Maßnahmen/Leitlinien/Standards angewendet werden sollen.

Der Marktzugang zu den Telekommunikationsnetzen in China löst bei der EU mit Einführung der 5G-Netze (Netze der fünften Generation) beträchtliche und weiter zunehmende Bedenken aus. Wie aus Informationen über die ersten Ausschreibungsergebnisse hervorgeht, werden chinesische Netzbetreiber ganz eindeutig bevorzugt. Die Wettbewerbsposition der Anbieter aus der EU scheint sich in den bisher bekannten Ergebnissen nicht widerzuspiegeln, was darauf hindeutet, dass in dem Sektor Hindernisse bestehen, die den Marktzugang erschweren.

2019 wurde die China Shipbuilding Group gegründet, die staatliche Subventionen erhält und für die Anforderungen bezüglich des Inlandsfertigungsanteils gelten. Entsprechend der Strategie „Made in China 2025“ strebt China eine Vormachtstellung auf dem Markt für Hightech-Schiffe und -Schiffsausrüstung an.

Im Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen erließ China zur Eindämmung des Risikos infolge des durch einen Pilz verursachten Eschensterbens in Europa Beschränkungen für die Einfuhr von Eschenholzprodukten (Rund- und Schnittholz) aus Europa. Da wirksame Maßnahmen zur Risikominderung zur Verfügung stehen, ist die Einfuhrbeschränkung aus pflanzenschutzrechtlicher Sicht nicht eindeutig gerechtfertigt.

Die Anwendung des Systems zur Bewertung des Sozialverhaltens (Social-Credit-System) im Bereich der Wirtschaft wird von der EU aufmerksam verfolgt. Mit der Einführung des Social-Credit-Systems soll ein einheitliches System errichtet werden, mit dem alle Einzelpersonen und alle Unternehmen bewertet werden. Das noch in der Entwicklung befindliche System könnte sich für EU-Unternehmen als ein ernst zu nehmendes horizontales Hindernis für den Marktzugang erweisen, da es für die Unternehmen schwierig werden könnte, die verschärften Auflagen der Aufsichtsbehörden einzuhalten, zumal einzelne Bewertungsanforderungen über eine reine Überprüfung durch die Aufsichtsbehörden hinausgehen könnten. Dies gilt umso mehr, als diese Anforderungen möglicherweise (selbst wenn nur de facto) für ausländische Unternehmen schwieriger zu erfüllen sind. Das Social-Credit-System könnte auch über den Handel hinausgehende Auswirkungen haben.

Kasten 4 – Hintergrundinformationen zu China: Systemrivale und wirtschaftlicher Konkurrent

EU-weit hat sich die Sicht auf China verändert, seit zunehmend deutlich wird, welche Herausforderung China und seine staatlich gelenkte Wirtschaft darstellen und dass in den Wirtschaftsbeziehungen keine fairen Wettbewerbsbedingungen herrschen. Dies spiegelte sich in der am 12. März 2019 verabschiedeten Gemeinsamen Mitteilung (der Kommission und der Hohen Vertreterin) wider, in der China erstmals als „Systemrivale und wirtschaftlicher Konkurrent“ bezeichnet wurde. In der Mitteilung wurden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Beziehungen der EU zu China neu austariert werden sollen – durch fortgesetztes Engagement, aber auch durch eigene Maßnahmen der EU (darunter die Wiederbelebung des Instruments für das internationale Beschaffungswesen, die Ermittlung von Lücken im EU-Recht und die Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen). An der Umsetzung der zehn in der Mitteilung aufgeführten Maßnahmen wird in der gesamten Kommission gearbeitet.

In der Gemeinsamen Erklärung zum Gipfeltreffen EU-China, das am 9. April 2019 in Brüssel stattfand, bekräftigten beide Seiten ihr Engagement für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) (d. h. zur Festlegung verbindlicherer Regeln für Industriesubventionen) sowie für entscheidende Fortschritte bei den Verhandlungen über ein umfassendes Investitionsabkommen im Jahr 2019 mit Blick auf den Abschluss der Verhandlungen im Jahr 2020 und für einen schnelleren Beitritt Chinas zum WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA). Dabei ist besonders hervorzuheben, dass in der Gemeinsamen Erklärung ausdrücklich konkrete Ergebnisse bei der Beseitigung von Hindernissen gefordert werden.

B.MITTELMEERRAUM UND NAHER OSTEN

Aufgrund der geografischen Nähe, der historischen Verbindungen und der mit der EU verflochtenen Wertschöpfungsketten, an denen in vielen Fällen KMU beteiligt sind, ist ein reibungsloser Handel mit dieser Region besonders wichtig. Wie bereits im Bericht für 2018 erwähnt wurde, wächst in der Region – befeuert durch wirtschaftliche Instabilität und Strukturprobleme – der Protektionismus. In Algerien wurden neue Hindernisse eingeführt, und protektionistische Einstellungen, die auch in der Türkei und Saudi-Arabien um sich greifen, breiten sich in den Libanon und nach Marokko aus. 12

1.Algerien

Die algerischen Behörden führten seit 2015 eine beträchtliche Anzahl einfuhrbeschränkender Maßnahmen mit äußerst negativen Auswirkungen auf die EU-Exporte ein, mit denen Algerien gegen die Verpflichtungen im Rahmen des bilateralen Assoziierungsabkommens verstieß. Diese Entwicklung setzte sich im Jahr 2019 mit der Einführung von drei neuen Hindernissen fort.

Im September 2019 erließen die algerischen Behörden zusätzlich zu früheren handelsbeschränkenden Maßnahmen an die Geschäftsbanken gerichtete Anweisungen, wonach Akkreditive für bestimmte Einfuhren (Mobiltelefone, Bausätze für Haushaltsgeräte) nur unter erschwerten Bedingungen ausgestellt werden dürfen. Im selben Rundschreiben hieß es, dass diese Vorschriften bis Ende 2019 auf alle Einfuhren ausgeweitet werden sollten. Aufgrund des koordinierten Vorgehens aller EU-Akteure (siehe Kasten 8) erließen die zuständigen Behörden am 25. Dezember 2019 neue Bestimmungen, die eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung dieser Maßnahmen ermöglichen.

Mit einem Erlass des Handelsministers wurde im Januar 2019 ein Zoll-Sonderzuschlag (DAPS) für eine umfangreiche Liste von Waren eingeführt (zwischen 30 % und 200 % Zuschlag auf den Warenwert). Diese Liste kann entsprechend dem sich verändernden Bedarf der algerischen Industrie immer wieder angepasst werden.

Im Mai 2019 teilte das algerische Industrieministerium den Automobilherstellern, die Montagewerke im Land betreiben, mit, dass ohne Vorankündigung rückwirkend ein wertbasiertes Kontingent für die Einfuhr von Autoteilen festgelegt werde. Dieser Beschluss kann dazu führen, dass die Montage unterbrochen werden muss, weil Teile fehlen.

2.Marokko

Die EU verfolgt die Lage aufmerksam, um die tatsächlichen Auswirkungen der Einführung der Konformitätskennzeichnungsvorschriften auf EU-Ausfuhren bewerten zu können. Auf Initiative der EU hin fand ein konstruktiver Dialog auf Sachverständigenebene zwischen der EU und Marokko statt, woraufhin sich die marokkanischen Behörden darum bemühten, die Anwendbarkeit der Vorschriften für EU-Unternehmen zu klären und dabei größtenteils auf die von den Unternehmen vorgetragenen Bedenken hinsichtlich des Marktzugangs eingingen. Daneben wurden bei diesen Treffen weitere Themen wie die neuen Vorschriften für Arzneimittel und die Auslagerung der Konformitätsbewertungsverfahren erörtert.

3.Libanon

Vor dem Hintergrund der sozioökonomischen, finanziellen und politischen Krise wurden neue Handelshemmnisse eingeführt, insbesondere der zeitlich befristete Zoll von 3 % auf fast alle Einfuhren und zusätzliche Zölle (zwischen 7 % und 20 %) auf Einfuhren bestimmter ausgewählter Waren wie Marmor, Lebensmittelkonserven oder Möbel. Außerdem wurde für bestimmte Waren, einschließlich Textilien, eine obligatorische Registrierungspflicht für Produktionsstätten eingeführt, und die libanesischen Behörden nahmen im Jahr 2019 auch keine Korrektur einer Maßnahme vor, durch die Zölle auf Einfuhren von Erdöl und Erdölerzeugnissen aus der EU erhoben werden sollen.

Durch eine neue horizontale Maßnahme, die die Beglaubigung von Rechnungen betrifft, wurde zudem ein weiteres Hindernis für den Marktzugang geschaffen. Diese Maßnahmen waren Gegenstand intensiver Gespräche und Korrespondenz mit den libanesischen Behörden. Außerdem schaffte der Libanon die im Jahr 2019 eingeführte doppelte Zollbescheinigungspflicht für Einfuhren wieder ab, gegen die die EU wiederholt Bedenken geäußert hatte.

4.Türkei

Die von der Türkei eingeführten zusätzlichen Zölle beeinträchtigten das Funktionieren der Zollunion im Jahr 2019 ganz erheblich, da EU-Hersteller dadurch gezwungen waren, Ursprungszeugnisse vorzulegen. Die Türkei weitete diese Zölle auf weitere Produkte aus, wodurch die Zahl der von den zuständigen Behörden ausgestellten Bescheinigungen deutlich stieg; dies ist zum einen mit direkten Kosten verbunden und führt zum anderen für alle betroffenen Marktteilnehmer zu erheblicher Unsicherheit.

Im April 2019 führte die Türkei die Ausfuhrbeschränkung für Kupferschrott wieder ein. Die derzeitige Anwendung der Ausfuhrlizenzregelung stellt ein De-facto-Verbot dar, da die erforderlichen Bedingungen schwer zu erfüllen sind und nicht mit den Verpflichtungen der Türkei im Rahmen der Zollunion im Einklang stehen.

Ein weiteres neu eingeführtes Hindernis betraf eine Änderung der Kosmetikverordnung, mit der der Rahmen des türkischen Regulierungssystems für Kosmetika von einem Marktkontrollsystem in ein System zur Vorabregistrierung umgewandelt wurde. Für die Vermarktung von Kosmetika in der Türkei wurde sogar eine detaillierte Sicherheitsbewertung, einschließlich der Offenlegung sensibler Daten, verlangt. Dies steht im Widerspruch zu den Verpflichtungen der Türkei im Rahmen des Abkommens über die Zollunion.

Kasten 5 – Hintergrundinformationen zur Türkei

Die Türkei blieb auch im Jahr 2019 fünftgrößter Handelspartner der EU insgesamt, während die EU für die Türkei nach wie vor der bei Weitem wichtigste Handelspartner ist. Insbesondere das Inkrafttreten des Abkommens über die Zollunion EU-Türkei im Jahr 1996 trug zu einer deutlichen Zunahme des Handels zwischen der EU und der Türkei gegenüber den Jahrzehnten davor bei. Das Abkommen gewährleistet den freien Verkehr aller Industriegüter und bestimmter verarbeiteter Agrarerzeugnisse zwischen der EU und der Türkei. Außerdem muss die Türkei ihre Regelungen an die Außenzölle der EU und die Vorschriften für Einfuhren aus Drittländern sowie an die Handelspolitik, die Wettbewerbspolitik, die Rechte des geistigen Eigentums und die technischen Rechtsvorschriften der EU im Zusammenhang mit dem Geltungsbereich der Zollunion angleichen. In den letzten Jahren häufen sich die Probleme zunehmend. Die Kommission besteht selbstverständlich weiter darauf, dass die Türkei die vereinbarten Regeln der Zollunion einhält und das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen gegenüber allen Mitgliedstaaten, einschließlich der Republik Zypern, diskriminierungsfrei anwendet.

Im Jahr 2019 nutzte die Kommission weiter alle verfügbaren Mittel, um diese Bedenken zur Sprache zu bringen – unter anderem im Gemischten Ausschuss der Zollunion und bei anderen bilateralen Begegnungen. Mit Blick auf die anhaltende türkische Politik der Zwangslokalisierung im Arzneimittelsektor leitete die EU erstmals ein WTO-Verfahren gegen ein Kandidatenland ein.

5.Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien sehen sich EU-Unternehmen zahlreichen Marktzugangshindernissen gegenüber, etwa dem Verfahren für den Erwerb saudi-arabischer Qualitätsmarken (insbesondere für Keramikfliesen). Neue gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Einfuhrbedingungen für Obst- und Gemüseausfuhren aus der EU sind ebenfalls mit unnötigem Verwaltungsaufwand und Kosten verbunden. Diese Hindernisse werden von der Kommission systematisch bei der WTO und in bilateralen Kontakten mit Saudi-Arabien zur Sprache gebracht und bleiben zentrale Themen auf der Tagesordnung des Handels- und Investitionsdialogs zwischen der EU und dem Golf-Kooperationsrat.

Dank raschen Handelns wurden zwei Entwürfe für technische Vorschriften, die Höchstmengen für zugesetzten Zucker in bestimmten Lebensmitteln und die Ampelkennzeichnung betrafen und mit denen im Jahr 2019 neue Hindernisse eingeführt werden sollten, im selben Jahr noch vor dem Inkrafttreten fallen gelassen. Während im Jahr 2019 bei einzelnen Mitgliedstaaten teilweise Fortschritte zu verzeichnen waren, verhängt Saudi-Arabien entgegen den internationalen Standards der OIE 13 bei Ausbruch von Tierseuchen weiterhin befristete landesweit geltende Einfuhrverbote für lebende Tiere.

C.AUSTRALIEN

Die in Australien hergestellten Kraftstoffe, die im weltweiten Qualitätsranking auf Rang 70 geführt werden, zählen zu den schlechtesten in der OECD. Insbesondere wird derzeit die EU-Norm für den Schwefelgehalt von unverbleitem Benzin um das 15-Fache überschritten. Dieser qualitativ unzureichende Kraftstoff kann in den neuesten, hocheffizienten Euro-6-Motoren nicht eingesetzt werden‚ weshalb sich einige EU-Hersteller gezwungen sahen, die Leistung ihrer Motoren zu senken oder bei einigen Modellen sogar Motoren nach älteren, weniger umweltfreundlichen Normen einzubauen.

Die geltenden Kraftstoffnormen sollten 2019 auslaufen, doch hat die australische Regierung bislang keine konkreten Pläne zur Verbesserung der Kraftstoffeffizienz vorgelegt. Dies hängt offenbar mit den Kosten zusammen, die für die Modernisierung der australischen Raffineriekapazitäten für Ottokraftstoffe auf den geforderten Standard anfallen würden. Die Branche scheint nicht gewillt zu sein, ohne staatliche Unterstützung entsprechende Investitionen zu tätigen.

D.SÜDKOREA

Seit Anfang 2019 sehen sich EU-Anbieter von Ballastwassermanagementsystemen mit einem neuen Hindernis konfrontiert‚ da Prüfungen, die außerhalb Koreas im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens für den Einbau solcher Systeme auf unter koreanischer Flagge fahrenden Schiffen durchgeführt werden, nicht anerkannt werden. Da seit September 2018 alle neuen Schiffe mit einem Ballastwassermanagementsystem ausgestattet sein müssen und alle vorhandenen Schiffe bis 2024 mit einem solchen System nachgerüstet werden müssen, ist der betreffende Markt sehr groß. Die Asymmetrie der Zertifizierungsverfahren der EU und Koreas wurde in bilateralen Gesprächen mit Korea thematisiert.

Außerdem wurde im Jahr 2019 die Einfuhr von Babykleidung zunehmend erschwert. Neue Leitlinien mit aktualisierten Kriterien für die Sicherheitsbestätigung von Textilerzeugnissen für Säuglinge sehen außergewöhnlich strenge Verfahren vor, wurden jedoch nicht über die WTO-Plattform notifiziert. Dadurch wurde eine erhebliche Anzahl zusätzlicher Verfahren und Prüfungen für die Neuzertifizierung notwendig, außerdem fielen für die erneute Prüfung exponentielle Kosten an. Die koreanische Zollverwaltung erklärte sich bereit, den schriftlichen Ausführungen der EU nachzugehen, und die Kommission wird sich aktiv um die Beseitigung dieses Hindernisses bemühen.

 

IV.IM JAHR 2019 BESEITIGTE HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSE

A.STRATEGIE DER EU ZUR BESEITIGUNG VON HANDELS- UND INVESTITIONSHINDERNISSEN

Bei der Beseitigung von Handelshindernissen stützt sich die Strategie der EU für den Marktzugang auf eine Reihe unterschiedlicher Instrumente.

Instrument 1: Diplomatische Maßnahmen. Auf diplomatischer Ebene arbeiten die Europäische Kommission, der Europäische Auswärtige Dienst, die EU-Mitgliedstaaten und die Wirtschaft eng mit dem Netz der EU-Delegationen und der Botschaften der Mitgliedstaaten in Drittländern zusammen. Dabei werden vielfältige Ansätze verfolgt – von technischen handelsbezogenen Einrichtungen bis hin zu förmlichen Demarchen wie hochrangigen Missionen von Kommissionsmitgliedern oder Vorstößen auf ministerieller und präsidialer Ebene. Im Interesse der Wirksamkeit dieser Arbeit werden die Tätigkeiten gegebenenfalls mit gleich gesinnten Partnern koordiniert.

Instrument 2: Streitbeilegung. Im Rahmen der WTO wird die regelmäßige Ausschussarbeit durch die Tätigkeit der Kommission im Zusammenhang mit dem Streitbeilegungssystem ergänzt. Die EU stellt auch die korrekte Umsetzung von WTO-Entscheidungen durch Drittländer sicher und überwacht dabei genau, dass die Entscheidungen ordnungsgemäß umgesetzt werden. Die im Jahr 2019 erfolgte Einleitung von Verfahren gegen die Ukraine im Zusammenhang mit dem Assoziierungsabkommen (Ausfuhrverbot für Holz) und gegen die Südafrikanische Zollunion im Rahmen des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (Geflügel) sowie die Einleitung von WTO-Streitbeilegungsverfahren gegen Indonesien (Ausfuhrbeschränkungen für Rohstoffe) und die USA (Handelsschutzmaßnahmen für reife Oliven) zeigen, dass die Kommission erforderlichenfalls von der Möglichkeit der in ihren Freihandelsabkommen vorgesehenen bilateralen Streitbeilegung und auch von der multilateralen Streitbeilegung Gebrauch macht. Ferner hat die Kommission einen förmlichen Vorschlag zur Stärkung der Durchsetzungsverordnung 14 vorgelegt‚ der es der EU ermöglicht, bestimmte Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn das reibungslose Funktionieren der bilateralen oder multilateralen Streitbeilegung behindert wird. Als zusätzliches Instrument kann die Kommission auf Antrag von Exporteuren zudem das in der Verordnung über Handelshemmnisse vorgesehene Verfahren anwenden.

Instrument 3: EU-Freihandelsabkommen. Hindernisse, die im Rahmen der Tätigkeit der Europäischen Kommission zur Gewährleistung des Marktzugangs festgestellt wurden, können unmittelbar in Handelsverhandlungen zur Sprache gebracht oder (wenn Freihandelsabkommen geschlossen wurden) in die jeweiligen Umsetzungsmechanismen einbezogen werden, um sicherzustellen, dass den Prioritäten für den Marktzugang wirksam Rechnung getragen wird. Die Kommission hat ihre Anstrengungen hinsichtlich Umsetzung und Durchsetzung fortgesetzt, um sicherzustellen, dass Unternehmen (einschließlich KMU) die bestehenden Verpflichtungen zu ihrem Vorteil in Anspruch nehmen können. Die EU verfügt über die Instrumente zur Beseitigung von Handelshindernissen, zur Verbesserung des Schutzes und der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, zur Anstrengung von Streitbeilegungsverfahren und zur Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen im Falle unlauterer Handelspraktiken und setzt diese Instrumente wirkungsvoll ein, zudem hat sie die Abstimmung dieser Säulen ihres Instrumentariums an Durchsetzungsmaßnahmen verbessert.

Wichtig ist ferner, dass die Marktzugangspartnerschaft der EU auch als Frühwarnsystem fungiert, mit dem Hindernissen vorgebeugt werden kann, noch bevor sie auftreten.

B.IM JAHR 2019 BESEITIGTE HINDERNISSE NACH DRITTLÄNDERN

Dank der gemeinsamen Anstrengungen aller an der Marktzugangspartnerschaft der EU beteiligten Interessenträger wurden im Jahr 2019 insgesamt 40 Hindernisse in 22 Drittländern und in neun Wirtschaftszweigen sowie auf horizontaler Ebene vollständig oder zumindest teilweise beseitigt. Alle quantifizierbaren Hindernisse zusammengenommen betrafen die im Jahr 2019 beseitigten Handelshindernisse Ausfuhren der EU‑27 im Volumen von 19,4 Mrd. EUR.

Aus Abbildung 8 sind die Drittländer ersichtlich, in denen Hindernisse beseitigt wurden. An erster Stelle steht Saudi-Arabien mit fünf beseitigten Hindernissen im Jahr 2019, gefolgt von Ägypten, Singapur und Russland (jeweils drei). Jeweils zwei Hindernisse wurden in Australien, Kanada, China, Japan, Südkorea, Mexiko, Ecuador und den Vereinigten Arabischen Emiraten beseitigt. In zehn weiteren Drittländern wurden im Jahr 2019 weitere zehn Handelshindernisse für europäische Unternehmen beseitigt.

Abbildung 8: Geografische Aufschlüsselung der im Jahr 2019 beseitigten Hindernisse

Gemessen am Wert des von den beseitigten Hindernissen betroffenen Handels (Tabelle 3) wurden die größten Hindernisse in China beseitigt (mit einem Anteil von 63 % aller betroffenen Handelsströme), gefolgt von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (rund 17 %). Es kann jedoch sein, dass die betroffenen Handelsströme in einigen Ländern oder Regionen eher zu niedrig angesetzt sind, da Schätzungen bei beseitigten Hindernissen, von denen mehrere Produkte betroffen waren, schwieriger sind.

Tabelle 3: Handelsströme der EU-27, die von im Jahr 2019 beseitigten Hindernissen beeinträchtigt wurden, nach Partnerländern (Mrd. EUR) 15

Selbst in den Ländern und Regionen mit den derzeit schwierigsten äußeren Bedingungen für den Handel, wie China und der Region Mittelmeerraum und Naher Osten, kann unsere Strategie für EU-Exporteure, insbesondere für KMU im Agrar- und Lebensmittelsektor, zu greifbaren Ergebnissen führen.

C.IM JAHR 2019 BESEITIGTE HINDERNISSE NACH ART DER MAẞNAHMEN

Die Kommission konnte mit ihren Anstrengungen im Rahmen der Marktzugangspartnerschaft im Agrar- und Fischereisektor erheblich größere Erfolge bei der Beseitigung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (24) verzeichnen. Außerdem wurden weitere Grenzmaßnahmen beseitigt: drei Einfuhrzollmaßnahmen, zwei Zollverfahren und zwei Ausfuhrbeschränkungen.

Die beseitigten Maßnahmen hinter der Grenze beeinträchtigten EU-Unternehmen in Form von technischen Handelshemmnissen (6 Maßnahmen) und Rechten des geistigen Eigentums (1 Hindernis), darüber hinaus wurde im Jahr 2019 ein Hindernis für den Handel mit Dienstleistungen beseitigt.

Abbildung 9: Aufschlüsselung der im Jahr 2019 beseitigten Hindernisse nach Art der Maßnahmen (Anzahl der Maßnahmen)

Im Jahr 2019 wurden bei der Beseitigung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Hindernisse beträchtliche Fortschritte erzielt. Im Gegensatz hierzu erwies sich die Beseitigung von Maßnahmen, die typischerweise im Industrie- und im Dienstleistungssektor zur Anwendung kommen, als schwierig. Hier erscheint in den kommenden Jahren ein robusteres Vorgehen der EU-Seite sowie eine stärkere Fokussierung angeraten.

D.IM JAHR 2019 BESEITIGTE HINDERNISSE NACH SEKTOREN

Abbildung 10 bietet einen Überblick über die Anzahl der beseitigten Hindernisse in den einzelnen Wirtschaftszweigen. Der Agrar- und Fischereisektor war der Sektor, in dem die meisten Maßnahmen beseitigt wurden (26). Dazu zählen vollständig oder teilweise beseitigte gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (24) sowie zwei technische Vorschriften (insbesondere eine Vorschrift über eine „Ampelkennzeichnung“).

Im Wein- und Spirituosensektor wurden drei Hindernisse beseitigt und in der Kosmetikbranche zwei. Jeweils ein Hindernis konnte in den Sektoren IKT und Kommunikationsdienstleistungen, in der Textil- und Lederindustrie, im Sektor Holz, Zellstoff und Papier sowie in der Eisen- und Stahlindustrie beseitigt werden.

Insgesamt drei der beseitigten Hindernisse waren entweder ausschließlich horizontale Hindernisse oder bereichsübergreifende Hindernisse, die sich auf mehrere Branchen auswirkten.


Abbildung 10: Aufschlüsselung der im Jahr 2019 beseitigten Hindernisse nach Sektoren laut Marktzugangsdatenbank (Anzahl der Maßnahmen)

Anhand von Berechnungen der betroffenen Handelsströme werden in Abbildung 11 die wirtschaftlichen Auswirkungen der beseitigten Hindernisse in den einzelnen Sektoren dargestellt. Wie aus der Abbildung ersichtlich, machte sich die Beseitigung dieser Hindernisse im Jahr 2019 vor allem bei den EU-Ausfuhren im Agrar- und Fischereisektor positiv bemerkbar, auf den 72 % der insgesamt potenziell beeinträchtigten Handelsströme entfallen, was einem Handelsvolumen von 14,1 Mrd. EUR entspricht. Auch der Wein- und Spirituosensektor (2,5 Mrd. EUR) und die Kosmetikindustrie (1,5 Mrd. EUR) profitierten erheblich von der Beseitigung der Hindernisse.


Abbildung 11: Von im Jahr 2019 beseitigten Hindernissen betroffener Handel der EU‑27 nach Sektoren 16 (Mrd. EUR und prozentualer Anteil)

Die messbare Wirksamkeit der von der EU verfolgten Strategie zur Beseitigung von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Hindernissen und zur Gewährung des Marktzugangs für EU-Ausfuhren im Jahr 2019 beruht auf einem mehrgleisigen Ansatz. Neben den in Abschnitt V genannten Maßnahmen werden in Kasten 6 einige konkrete Beispiele für den Erfolg dieses Ansatzes dargestellt.

Kasten 6 – Beseitigung von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Hindernissen – Beispiele für erfolgreiche Interventionen

·Japan – Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung

Einfuhrverbot für Rindfleisch aufgrund von BSE 17

Seit über 20 Jahren gilt in Japan ein Einfuhrverbot für Rindfleisch aus Ländern, die einen BSE-Ausbruch notifiziert hatten. Derartige Maßnahmen gelten als unverhältnismäßig, zumal Japan keine wissenschaftlich fundierte Risikobewertung abgegeben hat, die strengere Maßnahmen als den OIE-Standard rechtfertigen würden. In den letzten Jahren konnte in Gesprächen mit den japanischen Behörden eine Aufhebung des Verbots im Zusammenhang mit BSE für mehrere EU-Mitgliedstaaten erreicht werden. Im Jahr 2019 hob Japan nach mehrjährigen Verhandlungen das Einfuhrverbot für Rindfleisch aus Kroatien auf und gestattete die Einfuhr von Rindfleisch, das von über 30 Monate alten Tieren stammt, aus Irland. Durch die mit dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Japan eingerichteten bilateralen Strukturen eröffnen sich weitere Möglichkeiten für die Forderung der Kommission nach konkreteren Ergebnissen in dieser Frage und die Beseitigung der verbliebenen Hindernisse.

Landesweites Einfuhrverbot bei Ausbrüchen von HPAI („Vogelgrippe“)

In den internationalen Standards der OIE zur Infektion mit Vogelgrippeviren sind diejenigen Fälle von Ausbrüchen definiert, bei denen keine handelsbeschränkenden Maßnahmen ergriffen werden sollten, sowie diejenigen Fälle, in denen Handelsbeschränkungen auf die gemäß der Definition betroffenen Infektionsgebiete im jeweiligen Land begrenzt (und nicht auf das gesamte Hoheitsgebiet ausgeweitet) werden sollten. Ungeachtet der wirksamen und strikten Maßnahmen der EU zur Regionalisierung entsprechend dem internationalen Standard, die eine Weiterführung des Handels ohne Sicherheitsbedenken ermöglichen sollten, verhängt Japan nach Ausbrüchen von pathogener aviärer Influenza landesweite Einfuhrverbote.

Hier sind gewisse Fortschritte zu verzeichnen: Bruteier und Eintagsküken aus den Niederlanden können bei HPAI-Ausbrüchen aus Zollfreigebieten nach Japan exportiert werden. Gemeinsam mit Japan arbeitet die Kommission (u. a. im Rahmen der neuen bilateralen Strukturen, die mit dem Abkommen zwischen der EU und Japan geschaffen wurden) weiter an der gegenseitigen Anerkennung von Regionalisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Tiergesundheitsstatus. Mit konkreten Ergebnissen dieser Bemühungen wird innerhalb eines vertretbaren Zeitraums gerechnet.

·Kanada – Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung

Pflanzenschutzrechtliche Einfuhrbestimmungen für frische Tomaten

Im Jahr 2016 traten in Kanada für frische Tomaten pflanzenschutzrechtliche Einfuhrbestimmungen in Bezug auf die Tomatenminiermotte (Tuta absoluta) in Kraft, nach denen bei der Einfuhr aus von dieser Motte befallenen Ländern grüne Pflanzenteile von Tomaten entfernt werden müssen. 2019 erhielt Spanien als erstes Land die Berechtigung, Bescheinigungen für Sendungen von frischen Tomaten ohne grüne Pflanzenteile auszustellen. Da auch Interesse an der Ausfuhr von Tomaten mit grünen Pflanzenteilen besteht, wurde Kanada in einem entsprechenden Antrag die Einhaltung von Kontrollbedingungen zugesichert, die einen unbedenklichen Handel gewährleisten. Kanada hat über diesen Antrag noch nicht entschieden.

Nicht gerechtfertigte Handelsbeschränkungen aufgrund der Nichtanerkennung schadorganismusfreier Länder und Gebiete in der EU in Bezug auf den Zitrusbockkäfer und den Asiatischen Laubkäfer (CLB und ALB)

Im Jahr 2013 verhängte Kanada aufgrund eines mutmaßlichen Risikos für die Übertragung von ALB und CLB durch den Handel ein nicht gerechtfertigtes Einfuhrverbot für Pflanzen mit mehr als 10 mm Stieldurchmesser aus der gesamten EU. Diese Schädlinge sind in der EU durch strenge Bekämpfungsmaßnahmen gut unter Kontrolle, daher sollten die ausgewiesenen schadorganismusfreien Gebiete von den Handelspartnern anerkannt werden.

Auf Ersuchen der Kommission wurden 21 EU‑Mitgliedstaaten von Kanada als CLB- und ALB-frei anerkannt. In weiteren Gesprächen mit Kanada bemüht sich die Kommission darum, auch die Anerkennung der schadorganismusfreien Gebiete in den betroffenen EU-Mitgliedstaaten zu erreichen.

·Mexiko – Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung

Einfuhrbeschränkungen für Frischobst und Frischgemüse

Die Ausfuhren von Obst und Gemüse aus der EU nach Mexiko werden durch Einfuhrprotokolle behindert, die eine unverhältnismäßige Risikominderungsmaßnahme (Kältebehandlung) und von den Unternehmen zu zahlende Kontrollen vor dem Versand im Ursprungsland (vorgezogene Abfertigung) vorschreiben. Die Grundlage für die Risikobewertung, aufgrund derer dieses breite Spektrum an Maßnahmen gegen Schädlinge und Risikominderungsmaßnahmen zur Anwendung kommt, wurde von Mexiko bislang nicht mitgeteilt. Darüber hinaus wurden für Zitrusfrüchte, Äpfel, Birnen, Kiwis und Pfirsiche zahlreiche aufwendige Maßnahmen zur Eindämmung von Quarantäneschädlingen vorgeschrieben. Jedes Erzeugnis muss für die Einfuhr nach Mexiko eine Einzelfalluntersuchung durchlaufen.

Im Jahr 2019 waren insofern Fortschritte bei der Beseitigung dieses Hindernisses zu verzeichnen, als Mexiko die Einfuhr von Birnen aus Belgien genehmigte. Außerdem notifizierte Mexiko die pflanzengesundheitlichen Einfuhrbedingungen für die Einfuhr von Kiwis aus Italien (der Antrag war seit 2006 anhängig), und in der zweiten Jahreshälfte 2019 wurden die Einfuhrbedingungen auf der entsprechenden Website der mexikanischen Behörden veröffentlicht, womit nun Kiwis aus Italien nach Mexiko eingeführt werden können.

Langwierige Genehmigungsverfahren für Einfuhren von Schweinefleisch

Für Einfuhren von Schweinefleisch nach Mexiko gelten langwierige Genehmigungsverfahren. In den letzten Jahren waren allerdings gewisse Fortschritte zu verzeichnen, und seit 2019 dürfen die Niederlande Schweinefleisch nach Mexiko ausführen. Ferner wurde von Mexiko zugesagt, für diejenigen Mitgliedstaaten, für die eine Genehmigung besteht, schrittweise die Vorabregistrierung einzuführen, wodurch künftig die Notwendigkeit für Audits von Betrieben entfällt.

Im Unterschied zu den Erfolgen bei den gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen betrafen die Hindernisse, die 2019 im Industrie- und im Dienstleistungssektor beseitigt werden konnten, ein deutlich geringeres EU-Ausfuhrvolumen. Dies trifft nicht zuletzt auch auf Branchen wie die Hightech-Industrie zu, die für die Eigenständigkeit der EU im Technologiebereich und ihre strategische Autonomie von wesentlicher Bedeutung sind. Daran lässt sich ablesen, dass Protektionismus in diesen Bereichen immer häufiger auftritt, was einen grundlegend anderen Ansatz der EU erfordert, um ihre Position nicht nur als weltweit größter Handelsblock, sondern auch als globaler Technologieführer zu festigen.



V.QUALITATIVE ANALYSE DER IM JAHR 2019 BESEITIGTEN HINDERNISSE

In diesem Kapitel werden verschiedene ausgewählte Hindernisse, die im Jahr 2019 beseitigt werden konnten, eingehender behandelt; der Schwerpunkt liegt dabei auf den Ländern mit den umfangreichsten von den beseitigten Maßnahmen potenziell betroffenen Handelsströmen. Dies sind China, die Region Mittelmeerraum und Naher Osten (Tunesien, Ägypten, Libanon, Türkei, VAE, Saudi-Arabien), Russland, Australien und Südkorea. Auf diese Partnerländer und -regionen entfallen 98 % aller von den im Jahr 2019 beseitigten Maßnahmen potenziell betroffenen Handelsströme.

A.CHINA

Bescheinigungsanforderungen für Lebensmittel mit geringem Risiko

Der Entwurf der Bescheinigungsanforderungen für Lebensmittel mit geringem Risiko wurde im Jahr 2015 vorgelegt und sah neben der amtlichen Bescheinigung ein zusätzliches Zertifikat vor. Die amtliche Bescheinigung für alle unter die vorgeschlagene Maßnahme fallenden Lebensmittel, beruhte nicht auf einer wissenschaftlichen Bewertung des von diesen Erzeugnissen ausgehenden Risikos und war daher unverhältnismäßig. Im März 2019 erklärte China, dass die notifizierte Bescheinigungsanforderung ausgesetzt wird, solange in der Arbeitsgruppe „Codex-Komitee für Lebensmittelimport und -exportkontrolle und Zertifikationssysteme“ (CCFICS) eine multilateral vereinbarte Lösung angestrebt wird.

Ende Dezember 2019 leitete China jedoch eine landesweite Konsultation zum Entwurf einer Verordnung über die Registrierung ausländischer Erzeuger eingeführter Lebensmittel ein. Sollte diese Verordnung erlassen werden, dann müssten EU-Unternehmen, die Lebensmittel nach China exportieren, unabhängig von dem mit dem Lebensmittel verbundenen Risiko ein sehr aufwendiges Registrierungsverfahren durchlaufen. Das Verfahren würde Engpässe verursachen und damit als ein echtes nichttarifäres Handelshemmnis wirken.

Langjähriges nicht gerechtfertigtes Einfuhrverbot für Rinder und Schafe sowie Rinder- und Schaferzeugnisse aus der EU

Im Jahr 2000 verhängte China aufgrund der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) und der transmissiblen spongiformen Enzephalopathie (TSE) ein Einfuhrverbot für Rinder und Schafe sowie Rinder- und Schaferzeugnisse aus der EU; erst seit 2014 werden die Beschränkungen für die einzelnen Mitgliedstaaten nach und nach aufgehoben. 2019 wurde die Einfuhr von Rindfleisch aus Frankreich, Irland und den Niederlanden genehmigt, allerdings mit Einschränkungen hinsichtlich des Alters der infrage kommenden Tiere, der Erzeugniskategorien und der Zahl der Betriebe, die Erzeugnisse ausführen dürfen. Die Kommission verhandelt weiter mit China, um die verbleibenden Beschränkungen für die drei genannten Mitgliedstaaten aufzuheben und für alle EU-Mitgliedstaaten, die an der Ausfuhr von Rinder- und Schaferzeugnissen nach China interessiert sind, eine Genehmigung zu erhalten

B.MITTELMEERRAUM UND NAHER OSTEN

In den letzten Jahren verstärkte die EU ihr Engagement zum Abbau von Hindernissen in der Region Mittelmeerraum und Naher Osten (siehe Kasten 7). Dadurch konnten in jüngster Zeit und insbesondere im Jahr 2019 eine ganze Reihe von Hindernissen beseitigt oder teilweise abgebaut werden.

1.Tunesien

Im Jahr 2018 wurde überraschend eine neue handelsbeschränkende Maßnahme verhängt, mit der Einfuhrgenehmigungen für eine überaus lange Liste von Produkten (Bekleidung, Kosmetika, Lebensmittel, Reinigungsmittel, Spielzeug, Textilien) eingeführt wurden und die sich auf Handelsströme der EU im Umfang von 350 Mio. EUR auswirkte. Bei den damit de facto eingeführten nicht automatisch erteilten Einfuhrgenehmigungen handelt es sich um mengenmäßige Beschränkungen, die nach dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Tunesien nicht erlaubt sind. Die Maßnahme war der WTO nicht notifiziert worden und verstieß mutmaßlich auch gegen multilaterale Regeln. Im Juli 2019 teilte die tunesische Regierung nach weiteren nachdrücklichen Aufforderungen zur Rücknahme der Maßnahmen ihre Entscheidung mit, diese Einfuhrbeschränkungen aufzuheben.

2.Ägypten

Nach intensiven Bemühungen hob Ägypten 2019 die Verpflichtung zur Veterinärkontrolle lebender Tiere in der EU vor der Ausfuhr auf, sagte zu, die BSE-bezogenen Vorschriften für Fleisch an die OIE-Empfehlungen anzugleichen, akzeptierte EU-Standards für die meisten Anforderungen in Bezug auf Pflanzkartoffeln und erleichterte das Verfahren für die Einfuhr von Säuglingsanfangsnahrung aus EU-Mitgliedstaaten, die als „Nicht-Referenzländer“ eingestuft sind.

3.Libanon

Nach mehreren Interventionen im Zusammenhang mit der für 2019 geplanten obligatorischen Registrierung von Produktionsbetrieben für bestimmte Erzeugnisse teilte Libanon der EU mit, dass der Beschluss nicht umgesetzt werde. Außerdem schaffte der Libanon die 2019 eingeführte doppelte Zollbescheinigungspflicht für Einfuhren wieder ab, gegen die die EU wiederholt Bedenken geäußert hatte.

4.Türkei

Im Rahmen des Abkommens über die Zollunion zwischen der EU und der Türkei sollten Einfuhren aus der EU mit A.TR-Bescheinigung grundsätzlich von der Risikobewertung ausgenommen werden. Da über dieses Verfahren jedoch nur eingeschränkte Informationen vorliegen, muss für derartige Einfuhren derzeit in vielen Fällen ein Ursprungszeugnis vorgelegt werden. Dies ist zum einen mit direkten Kosten verbunden und führt zum anderen für alle betroffenen Marktteilnehmer zu erheblicher Unsicherheit. Allerdings erreichte die Kommission, dass ein spezifisches Hindernis für eine bestimmte Kategorie in EU-Mitgliedstaaten hergestellter elektronischer Produkte, die in die türkische Regelung über zusätzliche Zölle einbezogen waren, beseitigt wurde.

5.Saudi-Arabien

Nach Prüfung der schriftlichen Stellungnahmen der EU zog Saudi-Arabien den Entwurf einer Verordnung über eine Obergrenze für zugesetzten Zucker in bestimmten Lebensmitteln zurück. Darüber hinaus teilte Saudi-Arabien mit, dass die in dem Entwurf einer Verordnung über die Nährwertkennzeichnung der meisten abgepackten Lebensmittel vorgesehene Ampelkennzeichnung freiwillig und nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, verpflichtend sei. Fortschritte waren auch bei gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen zu verzeichnen, wo drei Hindernisse ganz oder teilweise beseitigt werden konnten: ungerechtfertigte Einfuhrbeschränkungen für Rind- und Schaffleisch aufgrund von BSE sowie landesweit geltende Einfuhrverbote für lebende Tiere aufgrund der Meldung von Tierseuchenausbrüchen an die OIE wurden für einige Mitgliedstaaten aufgehoben. Für die Ausfuhr von Fischen, Krebstieren und Weichtieren nach Saudi-Arabien wurden bilaterale Bescheinigungen eingeführt, wodurch der Markt für zugelassene Marktteilnehmer wieder geöffnet wurde.

6.Vereinigte Arabische Emirate (VAE)

Durch gezielte Anstrengungen gelang es der Kommission und der EU-Delegation im Jahr 2019 einige der größten Marktzugangshindernisse in der Automobilindustrie und im Agrar- und Lebensmittelsektor zu beseitigen: neue Genehmigungsverfahren, einschließlich kostenintensiver Audits durch Dritte, Prüfung und Kennzeichnung der Produkte, die alle Einzelteile von Kraftfahrzeugen sowie bestimmte Milcherzeugnisse und Fruchtsäfte betreffen.

Auf Nachfassen seitens der EU bestätigte die Normungs- und Metrologiebehörde der VAE (Emirates Authority for Standardisation and Metrologie – ESMA), dass statt der Registrierung und Prüfung der Einzelteile von Kraftfahrzeugen diese kostenintensiven Anforderungen auch auf Gruppenebene der Kraftfahrzeugteile erfüllt werden könnten. Dadurch konnten Kosten und Verwaltungsaufwand drastisch gesenkt werden.

Die VAE erleichterten die Einfuhr von Milcherzeugnissen und Fruchtsäften aus der EU. Das Lebensmittelsicherheitssystem der EU wurde von der ESMA anerkannt, damit muss für diese Erzeugnisse in Europa kein Audit mehr durchgeführt werden, stattdessen erfolgt die Genehmigung anhand einer Dokumentenprüfung. Dadurch sind die Genehmigungskosten deutlich geringer, da die Kosten für das Audit durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle in der EU für die Unternehmen entfallen. Auch die EU-Zulassungen für Lebensmittelzusatzstoffe und Pestizide wurden von den VAE anerkannt, sodass sich EU-Unternehmen nun bei der Einfuhr von Lebensmitteln auf die EU-Rechtsvorschriften stützen können.

Kasten 7: Mittelmeerraum und Naher Osten: Das Instrumentarium der EU für die Beseitigung von Hindernissen

Die EU nutzte ein breites Spektrum unterschiedlicher Instrumente:

Kontinuierliches Engagement auf diplomatischer Ebene: förmliche Demarchen auf hoher Ebene und Schriftwechsel mit den lokalen Behörden (Algerien, Tunesien, Saudi-Arabien), hochrangige Missionen;

offensive Nutzung wichtiger bilateraler Zusammenkünfte: Sitzungen des Assoziationsausschusses (Tunesien), Gespräche in den bilateralen Handelsunterausschüssen (Tunesien, Ägypten), Treffen auf fachlicher Ebene (Ägypten, Saudi-Arabien), Studienreisen in die EU (VAE);

Maßnahmen‚ die von der Kommission und den EU-Delegationen mit den Mitgliedstaaten, EU-Unternehmen und gegebenenfalls mit gleich gesinnten Partnern und lokalen Interessenträgern abgestimmt wurden;

konsequentes Ansprechen von Themen in der WTO: Ausschuss für Einfuhrlizenzverfahren (Tunesien), Stellungnahmen im Rahmen des TBT-Übereinkommens, Zusammenarbeit mit anderen WTO-Mitgliedern (Saudi-Arabien).

C.RUSSLAND

Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind durch die politischen Ereignisse des Jahres 2014 belastet; dies gilt auch für den Handel, wo sich die Kontakte auf die technische Ebene und den Austausch in der WTO beschränken. Die Kommission verteidigt die Interessen der EU weiterhin mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln, auch im Rahmen von WTO-Streitbeilegungspanels, ist jedoch gleichzeitig weiter bestrebt, handelspolitische Irritationen durch bilaterale Kontakte auf technischer Ebene auszuräumen.

Auf diese Weise konnten im Jahr 2019 drei Handelshindernisse beseitigt werden:

-Russland hatte im Jahr 2014 ein Ausfuhrverbot für rohe Häute und Felle verhängt. 2019 wurden Ausfuhrkontingente für bestimmte Kategorien von Birkenholz eingeführt. Durch diese Maßnahmen wurde der Zugang von EU-Unternehmen zu wichtigen Rohstoffen erschwert. Nachdem die Kommission das Thema wiederholt im Rat für den Warenhandel der WTO, im WTO-Ausschuss für Marktzugang und auf bilateraler Ebene zur Sprache gebracht hatte, wurden die im Jahr 2019 ausgelaufenen befristeten Maßnahmen von Russland nicht verlängert.

-Russland hatte höhere Verbrauchsteuern auf ausländische Weine eingeführt. Nachdem die Kommission das Thema wiederholt im Rat für den Warenhandel und im Ausschuss für Landwirtschaft der WTO sowie auch auf bilateraler Ebene angesprochen hatte, erließ Russland eine Maßnahme, mit der die Verbrauchsteuer auf ausländische und inländische Weine ab dem 1. Januar 2020 vereinheitlicht wurde. Die Kommission beobachtet weiter aufmerksam, ob der parallel eingeführte neue Mechanismus zur Erstattung der Verbrauchsteuern eingeführte Weine nicht ungebührlich benachteiligt und somit die Vorteile des Verbrauchsteuerausgleichs zunichtemacht.

Wenngleich diese drei Hindernisse im Jahr 2019 beseitigt werden konnten, sind die Handelsbeziehungen zu Russland insgesamt nach wie vor problematisch, was auch an neuen Ursachen liegt, die zu Bedenken Anlass geben (siehe Kasten 8).

Kasten 8 – Hintergrundinformationen zu Russland: Neue Bedenken hinsichtlich horizontaler Maßnahmen

Russland blieb auch 2019 weiter viertgrößter Handelspartner der EU. Die von Russland seit 2012 schrittweise eingeführte Politik der Importsubstitution fiel weitgehend mit dem Beitritt Russlands zur WTO zusammen. Anstelle einer nachhaltigen Liberalisierung hat Russland nach und nach zahlreiche Maßnahmen ergriffen, die einheimische gegenüber ausländischen Produkten und Dienstleistungen begünstigen und Anreize für die lokale Produktion ausländischer Unternehmen in Russland schaffen. Die damit zusammenhängenden Maßnahmen widersprechen häufig dem Geist und/oder dem Buchstaben der WTO-Regeln und sind Anlass für zahlreiche handelspolitische Irritationen. Die Sanktionen der EU und Russlands Gegensanktionen haben ebenfalls (begrenzte) Auswirkungen auf den Handel.

Derzeit findet eine neuerliche Reform des öffentlichen Beschaffungswesens statt, die zum Ziel hat, bei der Auftragsvergabe sowohl durch staatliche Stellen als auch durch staatseigene Unternehmen den Anteil russischer Waren und Dienstleistungen zu erhöhen. Für wichtige Exportsegmente der EU wie Arzneimittel, Medizinprodukte, Maschinenbau und Kraftfahrzeuge gibt dies Anlass zu erheblicher Besorgnis, daher beobachtet die Kommission die Entwicklungen genau, um sicherzugehen, dass die Maßnahmen mit den Verpflichtungen Russlands im Rahmen der WTO vereinbar sind. Die Aussicht auf neue Gesetzgebungsinitiativen im Bereich der eindeutigen Identifizierung, Verfolgung und Rückverfolgung für viele Warenkategorien gibt ebenfalls Anlass zu großer Besorgnis und wird von der Kommission aufmerksam verfolgt.

D.SÜDKOREA

In Südkorea wurden im Jahr 2019 zwei Hindernisse beseitigt: das eine, für Kosmetika, wurde vollständig beseitigt, das zweite, für Schweinefleisch, teilweise.

Die koreanische Brandschutzbehörde beabsichtigte, die meisten Kosmetika als gefährliche Produkte einzustufen, was zu strengen Auflagen hinsichtlich Lagerung und Vertrieb der Produkte geführt hätte, die von der Branche als unrealistisch eingestuft wurden. Das Problem wurde auf der Sitzung des EU-Korea-Ausschusses „Warenhandel“ thematisiert, daraufhin nahm Korea im Februar 2019 Kosmetika vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift aus.

Aufgrund BSE-bedingter Beschränkungen dürfen Rindfleisch und andere Erzeugnisse aus EU-Mitgliedstaaten nicht nach Südkorea eingeführt werden, hingegen wurden die Einfuhren aus anderen Ländern mit gleichem OIE-Status wie die EU wieder aufgenommen. Die ungerechtfertigten und diskriminierenden Maßnahmen Koreas wurden in zahlreichen bilateralen Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen sowie auf der ordentlichen Sitzung des SPS-Ausschusses der WTO zur Sprache gebracht. Im Jahr 2019 wurden Einfuhren aus Dänemark und den Niederlanden genehmigt und damit das Hindernis teilweise aufgehoben. Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten sind jedoch weiterhin nicht möglich, die Kommission ist daher entschlossen, dieses ungerechtfertigte und diskriminierende Hindernis rasch zu beseitigen.

E.AUSTRALIEN

In Australien konnten im Jahr 2019 zwei Hindernisse in den Bereichen Kosmetika und Prüfnormen für Stahl beseitigt werden.

Australien stellte Änderungen des 2017 vorgelegten Gesetzentwurfs über chemische Stoffe in Aussicht, die die Prüfung neuer chemischer Inhaltsstoffe von Kosmetika betreffen. Die EU-Delegation hob in einem Schreiben an die australischen Behörden hervor, dass sie es für wichtig erachtete, eine Angleichung des australischen und des EU-Rechtsrahmens herbeizuführen. Das im März 2019 verabschiedete Gesetz von 2019 über Industriechemikalien (Industrial Chemicals Act 2019) ist an die in der EU geltende Praxis angeglichen.

Standards Australia (das anerkannte nationale Normungsgremium) leitete eine Konsultation zu vier Entwürfen für Prüfnormen für Stahl ein, in denen eine mögliche Abweichung von den ISO-Prüfanforderungen in der australischen Norm vorgeschlagen wurde. Das Thema wurde bei den handelspolitischen Dialogen (TP Dialogues) zwischen der EU und Australien zur Sprache gebracht. Im Dezember 2019 wurde der Normentwurf ISO 17607 zurückgezogen.

F.AUSWIRKUNGEN DER BESEITIGUNG VON HINDERNISSEN

In den vorhergehenden Abschnitten dieses Berichts wurden die Handelsströme untersucht, die von den im Jahr 2019 beseitigten Hindernissen betroffen waren (siehe Kasten 3).

Außerdem werden in diesem Bericht die Ergebnisse einer detaillierteren Analyse auf der Grundlage eines ökonometrischen Modells vorgestellt, mit dem erfasst wird, wie stark die Handelsströme mit den Partnerländern, die ein Hindernis eingeführt hatten, nach dessen Beseitigung zugenommen haben. Dazu wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt, mit der sich die Auswirkungen quantifizieren lassen. 18  

Im Ergebnis dieser ökonometrischen Analyse finden allerdings die Auswirkungen der Marktzugangsstrategie nicht unbedingt in vollem Umfang Berücksichtigung, da die Methodik nicht die Möglichkeit bietet, komplexe horizontale Hindernisse, die den Handel mit Waren beeinträchtigen, und Hindernisse, die nicht allein Waren betreffen (sondern beispielsweise Dienstleistungen, das öffentliche Beschaffungswesen, Investitionen oder Rechte des geistigen Eigentums) und die sich unter Umständen durch Handels- und Investitionsströme direkt oder indirekt auf eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte auswirken, in die Analyse mit einzubeziehen.

Es zeigt sich, dass die Beseitigung dieser begrenzten Gruppe von Hindernissen 19 erhebliche Vorteile für EU-Exporteure mit sich bringt. Schätzungen zufolge nahm das Exportvolumen nach Beseitigung der Hindernisse durchschnittlich um 60 % zu. Durch die Beseitigung von Hindernissen im Zeitraum von 2014 bis 2018 konnten EU-Unternehmen im Jahr 2019 somit ein zusätzliches Exportvolumen in Höhe von 8 Mrd. EUR erschließen. Dies entspricht der Größenordnung der Vorteile, die sich aus der Beseitigung von Handelshindernissen in den Vorjahren ergaben, und ist mit dem erwarteten Anstieg der Ausfuhren vergleichbar, der für die EU aus einigen ihrer Handelsabkommen erwächst.

VI. EIN BLICK AUF DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA

Die EU und die Vereinigten Staaten sind füreinander der jeweils wichtigste Handels- und Investitionspartner – damit stehen sie für die umfangreichsten und weitreichendsten bilateralen Wirtschaftsbeziehungen weltweit; die Basis dieser Beziehungen bildet das historische Bekenntnis beider Partner zu offenen Märkten. Die Zolltarife der EU und der USA sind niedrig (durchschnittlich 3 % oder weniger), und die Dienstleistungsmärkte sind vergleichsweise offen gestaltet. Die Lieferketten von EU- und US-Unternehmen sind durch und durch transatlantisch geprägt. Zudem lassen sich globale Herausforderungen nur dann angemessen bewältigen, wenn die USA und die EU an einem Strang ziehen. Dieses Verhältnis ist nun jedoch neuen Herausforderungen ausgesetzt.

Die Spannungen in den Handelsbeziehungen verschärften sich im Jahr 2019, nachdem die WTO in der Streitsache Airbus zugunsten der USA entschieden hatte und die USA daraufhin Zölle auf Waren aus der EU im Wert von 7,5 Mrd. USD verhängten. Die Kommission bedauerte die Entscheidung der USA, die Zölle trotzdem einzuführen, obwohl sie einen Vorschlag zur Beilegung des Streits im Einklang mit den WTO-Anforderungen vorgelegt hatte. Die Kommission erinnerte die USA ferner daran, dass ihre Entscheidung zur Einführung von Zöllen die EU letztlich dazu zwingen würde, von ihrem Recht auf Vergeltungsmaßnahmen Gebrauch zu machen, wenn das WTO-Schiedsgericht im Verlauf des Jahres 2020 in der parallel geführten Streitsache Boeing entscheidet.

Was die von den USA eingeführten Antidumpingzölle auf reife Oliven aus Spanien betrifft, so fanden im März 2019 WTO-Konsultationen statt, doch konnte der Streit nicht beigelegt werden, sodass die EU im Mai 2019 die Einsetzung eines Panels beantragte. Die seit dem 1. August 2018 geltenden Zölle verwehren den spanischen Unternehmen den Zugang zum US-Markt.

Positiv ist zu vermerken, dass gewisse Spannungen, die durch die Prüfung nationaler Sicherheitsinteressen der USA im Zusammenhang mit der Einfuhr von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen entstanden waren, dadurch ausgeräumt wurden, dass die USA die bis zum 13. November 2019 gesetzte Frist, binnen der sie Maßnahmen ergreifen konnten, ohne förmliche Entscheidung des Präsidenten verstreichen ließen. Die Kommission wird diese Angelegenheit weiter aufmerksam verfolgen, da die EU der Auffassung widerspricht, dass der Handel mit Personenkraftwagen aus der EU eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA darstellen könnte.

Hingegen hielt der Druck auf den transatlantischen Handel weiter an, da die USA im Juni 2018 – angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit – Einfuhren von Stahl und Aluminium aus der EU mit Zöllen belegten. Als Ausgleichsmaßnahme beschloss die EU Zölle auf US-amerikanische Ausfuhren in die EU, deren Wiederaufhebung sie anbot, sobald sich die US-Seite in der Lage sieht, ihre Zölle aufzuheben. Im Januar 2020 weiteten die USA die Zölle auf Stahl und Aluminium auf bestimmte Folgeerzeugnisse aus; die EU reagierte im April 2020 mit der Einführung von Ausgleichsmaßnahmen für drei US-amerikanische Produkte (bestimmte Arten von Feuerzeugen, bestimmte Arten von Kunststoffbeschlägen für Möbel sowie Spielkarten). Die Kommission weist darauf hin, dass vergleichbare Zölle, die die USA gegen Handelspartner wie Mexiko und Kanada verhängt hatten, im Laufe des Jahres 2019 von den USA aufgehoben wurden.

Die Kommission äußerte ferner ihr Bedauern über die Beschlussunfähigkeit der Berufungskammer der WTO ab dem 11. Dezember 2019, an der die USA durch ihre anhaltende Blockade der Ernennung neuer Mitglieder maßgeblichen Anteil haben. Sie stellte außerdem fest, dass dies für das regelbasierte internationale Handelssystem und für das grundlegende Gleichgewicht der von den WTO-Mitgliedern zum Ende der Uruguay-Runde eingegangenen Verpflichtungen einen überaus schweren Schlag bedeutet. Die EU teilt die Auffassung der USA, dass das WTO-System dringend und tief greifend reformiert werden muss, und hat in diesem Jahr eine Regelung für die einstweilige Berufung für diejenigen Partner vorgeschlagen, die bereit sind, Streitigkeiten im Rahmen der WTO weiterhin in einem verbindlichen und unabhängigen Verfahren mit der Möglichkeit eines Rechtsbehelfs beizulegen.

Die Kommission hält an ihren Bedenken hinsichtlich zweier besonderer Bestimmungen des US-Gesetzes zur Steuerreform (Tax Cuts and Jobs Act 2017) fest, nämlich der Steuer zur Missbrauchsbekämpfung und zur Verhinderung einer Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage (Base Erosion and Anti-Abuse Tax – BEAT), die gewisse diskriminierende Bestimmungen enthält, und eines möglicherweise als verbotene Beihilfe einzustufenden Steuerabzugs auf immaterielle Vermögenswerte, die aus Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Personen erzielt wurden (Foreign Derived Intangible Income – FDII). Im Jahr 2019 wurden von der US-Regierung Durchführungsbestimmungen für beide Rechtsakte erlassen.

Die Kommission nahm die bilateralen und regionalen Handelsabkommen zur Kenntnis, die von den USA im Laufe des Jahres 2019 mit Drittländern geschlossen wurden. Nach Auffassung der Kommission werfen diese Abkommen in mehrerlei Hinsicht Bedenken in Bezug auf die Achtung des Multilateralismus und der Regeln für den weltweiten freien Handel auf. Erstens bezweifelt die Kommission, dass die im September 2019 getroffene begrenzte Vereinbarung zwischen den USA und Japan über Landwirtschaft und digitalen Handel den WTO-Standards für Freihandelsabkommen entspricht. Zweitens befürchtet die Kommission, dass die restriktiven Ursprungsregeln für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile, die im Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada enthalten sind, eine Umlenkung der Handels- und Investitionsströme bewirken könnten, die sich negativ auf die globalen Lieferketten auswirkt und für Hersteller und Kunden zu höheren Kosten führt. Drittens ist die Kommission besorgt über das im Dezember 2019 zwischen den USA und China geschlossene Handelsabkommen „Phase 1“, insbesondere über die umfangreichen Kaufverpflichtungen, die den Grundsätzen des freien Marktes und den Nichtdiskriminierungsverpflichtungen der WTO widersprechen.

Die Kommission äußert Besorgnis über die vom US-Handelsministerium am 3. Februar 2020 veröffentlichte endgültige Bestimmung, wonach die Unterbewertung der eigenen Währung durch ein anderes Land vom US-Handelsministerium in US-amerikanischen Ausgleichszollverfahren als anfechtbare Subvention behandelt werden kann. Die Kommission wird die Umsetzung der Regelung überwachen um sicherzustellen, dass frei floatende Währungen wie der Euro nicht ungebührlich in US-amerikanischen Ausgleichszollverfahren verwickelt werden. Die Kommission ist gleichermaßen beunruhigt über die Einleitung von Antidumping- und Ausgleichszolluntersuchungen, die vom US-Handelsministerium am 9. Januar 2020 in Bezug auf die Einfuhren von bestimmten Hydraulik-Verteilerblöcken aus geschmiedetem Stahl (forged steel fluid end blocks) aus Deutschland und Italien eingeleitet wurden. Die Untersuchungen des US-Handelsministeriums betreffen u. a. mehrere angebliche EU-Subventionen, darunter erstmals die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EHS), die als anfechtbare Subventionen angesehen werden. Die Kommission wird die Verfahren verfolgen, um sicherzustellen, dass das EHS nicht grundsätzlich infrage gestellt wird.

Im Mai 2019 aktivierten die USA Titel III des Helms-Burton-Gesetzes (Helmes-Burton Act) 20 und ebneten den Weg für Maßnahmen nach Titel IV; sie verstoßen damit jedoch gegen die Verpflichtungen aus dem Abkommen zwischen der EU und den USA von 1998. Die US-Regierung hat damit begonnen, Maßnahmen gegen Führungskräfte von EU-Unternehmen zu ergreifen. Die EU bekräftigt ihre entschiedene Ablehnung der extraterritorialen Anwendung von Maßnahmen der USA im Rahmen der Titel III und IV des Gesetzes – unter anderem der Weigerung der USA, Vertretern von EU-Unternehmen die Einreise zu gestatten –, die gegen das Völkerrecht verstoßen.

Darüber hinaus wird die Kommission die Entwicklung der von den USA im Juli 2019 eingeleiteten Untersuchungen zur französischen Digitalsteuer nach Sektion 301 des Gesetzes über Handelsabkommen von 1974 (Trade Agreements Act of 1974) aufmerksam verfolgen. Neben ihren grundsätzlichen Vorbehalten gegen die Anwendung einseitiger Ansätze, die nicht mit dem regelbasierten multilateralen Handelssystem vereinbar sind, ist die Kommission der Auffassung, dass alle Handelsmaßnahmen ausgesetzt werden sollten, damit der OECD-Prozess zur Einführung einer globalen Digitalsteuer erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Vor diesem schwierigen Hintergrund ist die EU fest entschlossen, gemeinsam mit den USA an einer positiven Agenda zu arbeiten, um Handel und Investitionen zu erleichtern, unnötigen Verwaltungsaufwand zu beseitigen und eine tief greifende Reform des WTO-Systems herbeizuführen. Die Argumente, die für eine Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zwischen der EU und den USA sprechen, sind heute so überzeugend wie eh und je.



SCHLUSSFOLGERUNG

Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über Handels- und Investitionshindernisse, die die EU-Unternehmen unmittelbar betreffen und die im Rahmen der erweiterten EU-Marktzugangspartnerschaft zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und der europäischen Wirtschaft gemeldet und beseitigt wurden.

Im Jahr 2019 nahm die Gesamtzahl der Handelshindernisse weiter zu – ein Zeichen dafür, dass Protektionismus inzwischen zu einem festen Bestandteil der Handelsbeziehungen zu zahlreichen Partnern geworden ist. Mit 438 aktiven Hindernissen, die Ende 2019 in der Marktzugangsdatenbank der EU gemeldet waren, hat sich der Handelskontext qualitativ verändert, und dies macht einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie die EU ihre legitimen Interessen verfolgt und verteidigt, erforderlich.

Von den 43 neuen Hindernissen des Jahres 2019, welche in erster Linie die IKT-Branche, die Automobilindustrie und den Elektroniksektor beeinträchtigen, waren Schätzungen zufolge Handelsströme der EU‑27 in einem Volumen von bis zu 35,1 Mrd. EUR betroffen. Sie behindern damit Bereiche, die für die Eigenständigkeit der EU im Technologiebereich strategisch von größter Bedeutung sind.

Die Maßnahmen der EU zur Beseitigung von Handelshemmnissen waren mit 40 beseitigten Hindernissen im Jahr 2019 erfolgreich. Ein detaillierte ökonometrische Analyse zeigt, dass EU-Unternehmen durch die Beseitigung von Hindernissen mindestens 8 Mrd. EUR an zusätzlichen Ausfuhren generieren konnten – ein Volumen, das mit den Vorteilen vergleichbar ist, die durch einige der Freihandelsabkommen der EU erzielt werden.

Dabei waren die meisten Erfolge im Agrar- und Lebensmittelsektor zu verzeichnen, während sich die Beseitigung wesentlicher Hindernisse im Industrie- und Dienstleistungssektor als schwieriger erwies. Damit wird zudem eine Neugestaltung des Ansatzes der EU erforderlich, um die Beseitigung von Hindernissen sowie die Durchsetzung und Umsetzung von Maßnahmen zu gewährleisten.

Auch aus geografischer Sicht sind verschiedene markante Aspekte zutage getreten. China rangierte im Jahr 2019 mit der höchsten Gesamtzahl an Hindernissen (38) erneut an erster Stelle. Während zwei Hindernisse im Agrar- und Lebensmittelbereich abgebaut werden konnten, wurden vier neue Hindernisse mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen in strategisch wichtigen Bereichen (Daten, Cybersicherheit, Telekommunikation) errichtet. Fast die Hälfte aller im Jahr 2019 registrierten neuen Hindernisse war im Mittelmeerraum und im Nahen Osten zu verzeichnen, was bedauerlicherweise die Befürchtungen hinsichtlich eines zunehmend um sich greifenden Protektionismus in dieser Region untermauert. In Russland konnten zwar drei Hindernisse beseitigt werden, doch bleibt die Lage weiter schwierig. Neue und beseitigte Hindernisse in Australien und Südkorea, die nicht unerheblichen Einfluss auf das Volumen der EU-Handelsströme hatten, flossen ebenfalls in die Bilanz des Jahres 2019 ein.

Nach der deutlichen Zunahme der Zahl der Marktzugangshindernisse im Jahr 2018 hat sich die Lage im Hinblick auf die Vereinigten Staaten im Jahr 2019 nicht gebessert. Auch wenn im Jahr 2019 keine Hindernisse beseitigt werden konnten, setzt die Kommission ihre weitreichenden Bemühungen fort.

Wie der Bericht veranschaulicht, scheint sich derzeit ein Paradigmenwechsel zu vollziehen: Protektionismus verfestigt sich zusehends in den Handelsbeziehungen; Hindernisse entstehen gerade in jenen Wirtschaftszweigen, die das Kernstück der Eigenständigkeit der EU im Technologiebereich bilden; Hindernisse im Industrie- und Dienstleistungsbereich zu beseitigen, wird immer schwieriger, und in einzelnen Regionen breiten sich Hindernisse ansteckungsartig aus. Dies macht einen neuen Ansatz der EU zur Verteidigung unserer Interessen erforderlich, wenn wir in einem zunehmend polarisierten und unsicheren Handelsumfeld für die Verteidigung unserer Rechte eintreten.

(1)  Die Marktzugangspartnerschaft wurde im Jahr 2007 eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und den EU-Unternehmen sowohl in Brüssel als auch in Drittländern zu vertiefen. Sie stützt sich auf monatliche Treffen des Beratenden Ausschusses für den Marktzugang (Market Access Advisory Committee – MAAC) und sektorale Arbeitsgruppen für den Marktzugang in Brüssel sowie regelmäßige Treffen der Teams für den Marktzugang oder Zusammenkünfte von Handelsreferenten in Drittländern.
(2) „Aktive“ Hindernisse sind Hindernisse, die in der Marktzugangspartnerschaft aktiv weiterverfolgt werden (im Gegensatz zu beseitigten Hindernissen, die mit der Beseitigung inaktiv werden).
(3) Die während des Berichtszeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 2019) genutzte Marktzugangsdatenbank (die durch das verbesserte Portal „Access to Markets“ ersetzt wird) gibt Unternehmen, die aus der EU exportieren, Informationen über die Einfuhrbedingungen auf Drittlandsmärkten an die Hand. Dazu gehören Informationen über Handelshindernisse, aber auch über Zölle und Ursprungsregeln, Verfahren und Formalitäten für die Einfuhr in Drittländer, gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen, Statistiken und spezifische Exportdienstleistungen, die KMU zur Verfügung gestellt werden.
(4) Ägypten, Algerien, Argentinien, Armenien, Australien, Bangladesch, Belarus, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Chile, China, Dominikanische Republik, Ecuador, Hongkong, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Island, Israel, Japan, Jordanien, Kanada, Kasachstan, Katar, Kolumbien, Libanon, Malaysia, Marokko, Mexiko, Mosambik, Neuseeland, Nigeria, Norwegen, Oman, Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Philippinen, Russische Föderation, Saudi-Arabien, Schweiz, Singapur, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Thailand, Türkei, Tunesien, Uganda, Ukraine, Uruguay, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigte Staaten von Amerika und Vietnam.
(5) Wenn die im Vorjahr bestehenden Hindernisse (425 aktive Hindernisse) mit den Zahlen von 2019 (43 neue und 40 beseitigte Hindernisse) verrechnet werden, verbleiben 428 Hindernisse. Die Differenz ist darauf zurückzuführen, dass die Kommission, um nur teilweise beseitigte Hindernisse verfolgen zu können, die 2019 weiter aktiven Hindernisse erfasst, wodurch sich eine nominell höhere Anzahl an Hindernissen ergibt, obwohl hinsichtlich der grundsätzlichen Entwicklungen keine Veränderungen zu verzeichnen waren.
(6) Erstellt mit mapchart.net©.
(7) Die übrigen 21 Hindernisse (5 % der Gesamtzahl) sind der Kategorie „sonstige Maßnahmen“ zugeordnet.
(8)

Ägypten, Algerien, Australien, Brasilien, China, Dominikanische Republik, Hongkong, Indonesien, Kasachstan, Katar, Kolumbien, Libanon, Malaysia, Marokko, Mexiko, Pakistan, Philippinen, Saudi-Arabien, Singapur, Südkorea, Taiwan und Türkei.

(9) Neun Länder dieser Region waren im Jahr 2019 an mindestens einem Hindernis beteiligt, das neu registriert oder beseitigt wurde: Algerien, Marokko, Tunesien, Ägypten, Libanon, Türkei, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Katar. Ferner wurde für Jordanien und Oman bis zum 31.12.2019 jeweils ein Hindernis registriert.
(10)

Durch gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen wurden neue Hindernisse eingeführt, mit denen Drittländer Ausfuhren aus dem gesamten Hoheitsgebiet bestimmter EU-Mitgliedstaaten verboten, statt sie auf diejenigen Regionen zu beschränken, die tatsächlich von der jeweiligen Tierseuche betroffen waren. Die Regionalisierungspolitik der EU fand keine Anerkennung. Die EU bemüht sich um die Beseitigung dieser Hindernisse und setzt ihre Anstrengungen zum Abbau ähnlicher, bereits vor 2019 eingeführter Hindernisse fort.

(11)

Unter „Sonstige“ werden die folgenden Wirtschaftszweige zusammengefasst: Keramik und Glas; chemische Erzeugnisse; Baugewerbe; Weine und Spirituosen; Textilien und Leder; Eisen, Stahl und Nichteisenmetalle sowie sonstige Wirtschaftszweige.

(12) Wie im weiteren Verlauf des Berichts ausgeführt wird, konnte ein Teil dieser Hindernisse im vergangenen Jahr erfolgreich beseitigt werden.
(13)      Weltorganisation für Tiergesundheit; als Kurzbezeichnung wird weiterhin das von der veralteten Bezeichnung Office International des Epizooties abgeleitete Akronym OIE verwendet.
(14)      Vorschlag der Kommission COM(2019) 623 final vom 12.12.2019.
(15)      „Andere Länder“: Ägypten, Ecuador, Kasachstan, VAE, Kanada, Thailand, Indonesien, Japan, Mexiko, Republik Moldau, Südafrika und Iran.
(16)      Unter „Sonstige“ werden die folgenden Wirtschaftszweige zusammengefasst: Keramik und Glas; chemische Erzeugnisse; Elektronik; IKT; Eisen, Stahl und Nichteisenmetalle; Papier, Holz und Zellstoff sowie sonstige Wirtschaftszweige.
(17)      BSE: bovine spongiforme Enzephalopathie (Rinderwahnsinn).
(18) Hierbei wurde ein sogenanntes Differenz-von-Differenzen-Verfahren angewendet, bei dem nur die Auswirkungen auf die Handelsströme zwischen der EU und jenen Ländern, die ein Hindernis für die betreffenden Produkte errichtet hatten, im Verhältnis zu einer kontrafaktischen Fallkonstellation (EU-Ausfuhren in die übrige Welt, mit Ausnahme des Landes, in dem das Hindernis bestand) analysiert wurden.
(19) In die Analyse wurden 100 Hindernisse einbezogen, die in den Jahren 2014‑2018 beseitigt wurden. Die im Jahr 2019 beseitigten Hindernisse wurden nicht berücksichtigt, da Daten über mindestens ein volles Jahr nach der Beseitigung der Hindernisse vorliegen müssen, um die Auswirkungen auf den Handel erfassen zu können.
(20) Der „Cuban Liberty and Democratic Solidarity (Libertad) Act of 1996“ (Helms-Burton Act) ist ein Bundesgesetz der USA, mit dem das US-Embargo gegen Kuba verschärft wird, indem der territoriale Geltungsbereich des ursprünglichen Embargos auf ausländische Unternehmen ausgedehnt wird, die mit Kuba Handel treiben.