27.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 300/43


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erfahrungen und Erkenntnisse der Regionen und Städte während der COVID-19-Krise

(2021/C 300/09)

Berichterstatterin:

Joke Schauvliege (BE/EVP), Vizepräsidentin des flämischen Parlaments

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitende Bemerkungen

1.

weist darauf hin, dass die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste Gesundheitskrise eine umfassende und breit gefächerte Reaktion erfordert, die nicht nur dem nationalen, sondern auch dem internationalen und grenzüberschreitenden Kontext sowie den lokalen und regionalen Bedürfnissen Rechnung trägt;

2.

bekräftigt seine Absicht, eng mit den europäischen Städten und Regionen und ihren Netzen, den Mitgliedstaaten, den EU-Organen und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, um eine Bilanz der Lehren aus dem Management der COVID-19-Krise und des Aufbaus auf allen Regierungsebenen zu ziehen, um so die Reaktionsfähigkeit der EU im Falle künftiger Pandemien und anders gearteten Krisen zu verbessern;

3.

hält fest, dass die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diesem Fall nicht unterschätzt werden darf. Sie haben den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer Bürgernähe die vor Ort bestehenden Bedürfnisse kennen; außerdem sind sie für Sofortmaßnahmen zuständig. Daneben spielen auch verschiedene Formen der Beteiligung der Zivilgesellschaft eine sehr wichtige Rolle, wenn es darum geht, engen Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern zu halten und Dienstleistungen für diese zu erbringen;

4.

macht darauf aufmerksam, dass 19 von 27 Mitgliedstaaten den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine primäre und/oder alleinige Zuständigkeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit übertragen haben;

5.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bewältigung der COVID-19-Krise jetzt und in Zukunft an vorderster Front stehen, da sie als die Ebene mit der größten Bürgernähe auf gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Notlagen, von denen ihre Bürgerinnen und Bürger betroffen sind, reagieren und federführend für eine nachhaltige und resiliente Erholung unserer Gesellschaft sorgen;

6.

hält eine bessere Koordinierung zwischen allen Regierungs- und Verwaltungsebenen für erforderlich, um eine kohärente und wirksame Reaktion auf künftige Krisen zu gewährleisten. Dies gilt nicht nur für Bereiche wie die Beschaffung medizinischer Ausrüstung, sondern auch für grenzüberschreitende Vereinbarungen, die Schließung von Grenzen und den Personenverkehr, für wirtschaftliche Unterstützung sowie für den Informationsaustausch und vorausschauende Tätigkeiten für eine bessere Vorsorge;

7.

ist ferner davon überzeugt, dass die Frage einer Vertiefung der EU-Kompetenzen im Gesundheitsbereich (Artikel 168 AEUV) zur Gewährleistung einer besseren Koordinierung und Zusammenarbeit sowie einer wirksamen Reaktion auf künftige Gesundheitsbedrohungen im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas erörtert werden sollte; hält die Entwicklung einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips für erforderlich;

8.

weist erneut darauf hin, dass die Grenzregionen aufgrund ihrer Lage besonders stark von der Pandemie betroffen sind. Da die Maßnahmen in den Nachbarländern nicht eindeutig sind, führt dies zu großer Unsicherheit und Unannehmlichkeiten für die Bewohner und Unternehmer in den Grenzgebieten. Daher müssen mehr Konsultationen zu u. a. Grenzschließungen, Beschränkungen des freien Personenverkehrs, wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen und anderen Vorschriften durchgeführt werden, denn Grenzregionen können als „Versuchslabore“ im Hinblick auf einen besseren europäischen Ansatz dienen;

9.

begrüßt die von der EU ergriffenen Maßnahmen und neuen Vorschläge zur Bekämpfung von COVID-19 und zur Unterstützung der EU-weiten Erholung von der Krise und schlägt vor, deren Wirksamkeit vor Ort auf Grundlage der Erfahrungen aus ländlichen Gebieten, Städten und Regionen zu bewerten;

10.

weist auf das AdR-Barometer 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen (1) hin, das detaillierte Fakten zu den Auswirkungen von COVID-19 auf lokaler und regionaler Ebene liefert und konkrete Beispiele sowohl für bewährte Verfahren als auch für die Probleme umfasst, denen sich die Städte und Regionen einschließlich der ländlichen Gebiete und der strukturschwachen Regionen gegenübersehen;

11.

fordert die EU-Organe und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Erarbeitung der Aufbau- und Resilienzpläne auf nationaler und europäischer Ebene im Zusammenhang mit COVID-19 und möglichen künftigen Pandemien einzubeziehen, und ist davon überzeugt, dass bei diesen Maßnahmen eine lokale und regionale Dimension erforderlich ist, damit sie Wirkung entfalten können;

Eine Krise mit Auswirkungen auf die regionalen Gesundheitssysteme

12.

hebt die Verantwortlichkeiten im Gesundheitsbereich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in vielen Mitgliedstaaten hervor; würdigt die Maßnahmen, die die Gemeinden, Städte und Regionen unternommen haben, um die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu schützen, systemrelevante Gesundheitsdienste zu managen, die Angehörigen der Gesundheitsberufe zu unterstützen und in die Gesundheitssysteme vor Ort zu investieren, wobei sie unter dem in dieser ernsten Gesundheitsnotlage herrschenden immensen Druck eng mit der Zivilgesellschaft und weiteren Akteuren zusammengearbeitet haben;

13.

ist mit Blick auf die Schaffung einer künftigen europäischen Gesundheitsunion und die angekündigte Debatte über die Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich im Rahmen der Konferenz zur Zukunft der EU überzeugt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Sinne des Subsidiaritätsprinzips in diese Diskussionen über die Erweiterung der Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich einbezogen werden müssen;

14.

weist auf die bestehenden regionalen Ungleichheiten in den Gesundheitssystemen sowie auf die Engpässe bei der Notfallvorsorge hin, die im AdR-Barometer 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen aufgezeigt werden; fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten und die EU-Organe nachdrücklich dazu auf, ausgehend von den in der letzten Zeit von den Städten und Regionen vor Ort gesammelten Erfahrungen Maßnahmen zur Verringerung dieser Ungleichheiten zu ergreifen; ist der Ansicht, dass die übergeordnete Bedeutung öffentlicher Investitionen in die Gesundheitssysteme im Rahmen des Europäischen Semesters stärker berücksichtigt werden sollte;

15.

betont, dass die Berichterstattung auf EU-Ebene über die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und die Daten für eine bessere Vorsorge eine lokale und regionale Dimension umfassen und nicht nur auf nationalen Daten beruhen sollte; weist darauf hin, dass dies besonders wichtig ist, um die Bewegungsfreiheit des Einzelnen, insbesondere von Grenzgängern in jenen Gebieten zu wahren, in denen die Verbreitung des Virus unter Kontrolle ist;

16.

fordert eine leistungsstarke und verstärkte, auf Solidarität gründende EU-Impfstrategie; hält es aus Qualitäts- und Sicherheitsgründen für wichtig, am gemeinsamen Lieferprozess der EU für COVID-19-Impfstoffe festzuhalten; ist der Ansicht, dass die EU den gemeinsamen Markt für Impfstoffe und Schutzausrüstungen beibehalten und verteidigen sollte. Kein Land sollte Lieferungen stoppen oder eigene Verträge mit Impfstoffherstellern abschließen können. Es ist wichtig, dass die auf EU-Ebene unterzeichneten Abkommen transparent sind und klare Anforderungen an die Lieferung von Impfstoffen aufgestellt werden, da die EU viel Geld in die Entwicklung und die Produktionsanlagen steckt;

17.

ist davon überzeugt, dass die EU Engpässe angehen und ihre Abhängigkeit von Drittländern verringern muss, indem sie die Mitgliedstaaten und Unternehmen dazu anhält, die Produktion von bestimmten Arzneimitteln und kritischen Stoffen einschließlich Impfstoffen sowie von Schutzausrüstungen wieder nach Europa zurückzuholen, um die strategische Autonomie der EU zu gewährleisten und die Vorsorge und Resilienz sowohl im Normal- als auch im Krisenfall zu verbessern;

18.

hält es für unerlässlich, dass die europäischen Regionen mit Blick auf die Bevölkerung belastbare und gesicherte Daten zu gesundheitlichen, demografischen und sozioökonomischen Faktoren erheben, um schwächere Gruppen zu ermitteln und wirksame gesundheitspolitische Maßnahmen zu konzipieren. Dies muss auf einer tragfähigen Grundlage angemessen finanziert werden;

19.

weist darauf hin, dass künftig alle Ebenen in die Ausbildung und Resilienz ihres lokalen Gesundheitspersonals investieren müssen. Dabei müssen die Gebiete mit den größten Defiziten in diesem Bereich gestärkt und die Maßnahmen haushaltspolitisch begründet werden;

20.

betont, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit Teil aller Notfallpläne sein sollte. Europa muss die Solidarität zwischen seinen Mitgliedstaaten und Regionen stärken und auch Bottom-up-Ansätze anwenden. Auf internationaler Ebene ist auch eine Zusammenarbeit mit den am stärksten Benachteiligten geboten, denn eine der Lehren ist: Entweder bewältigen wir die Gesundheitskrise gemeinsam oder gar nicht. Gemeinsame Investitionen können viel mehr bewirken, was sich im Gesundheitsbereich, wo Regionen und Länder Patienten aus dem Ausland aufgenommen haben, deutlich gezeigt hat. Darüber hinaus hätten alle erheblich davon profitiert, wenn die Beschaffung von Schutzausrüstung gebündelt erfolgt wäre und ein gemeinsamer Ansatz für die Bündelung von Wissen und Forschungsergebnissen zu allen mit der Pandemie zusammenhängenden Themen verfolgt worden wäre. Europa muss seine Forschungskraft und seine heimische Produktion ausbauen und schützen, sowohl in Bezug auf Impfstoffe als auch in Bezug auf Medizinprodukte und Ausrüstungen für diese und mögliche künftige Pandemien, und es muss seine Selbstversorgung und seine Unabhängigkeit von ausländischen Märkten sichern;

21.

ruft dazu auf, die Glaubwürdigkeit, die Rechenschaftspflicht und den gegenseitigen Respekt zwischen den verschiedenen Regierungsebenen zu stärken, indem die Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Ebenen richtig aufgeteilt werden und eine gute Kommunikation sichergestellt wird; eine bessere Koordinierung zwischen den politischen Ebenen — sowohl im formalen als auch im informellen Rahmen — könnte durch die Einrichtung effizienter Arbeitsgruppen zwischen der nationalen, regionalen und lokalen Ebene sowie durch eine angemessene Unterstützung der lokalen Akteure, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Form von Rahmen und Leitlinien, erreicht werden;

22.

hält es für unbedingt notwendig, dass die europäischen Regionen eine spezifische Bewertung der Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung im Allgemeinen und insbesondere der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen durchführen, mehr in die Erhaltung der psychischen Gesundheit investieren und Strategien zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Kontext der Gesundheitskrise entwickeln;

Auswirkungen der Pandemie auf ländliche Gebiete

23.

macht darauf aufmerksam, dass die Pandemie viele der bekannten Probleme ländlicher Gebiete verschärft hat, und weist erneut auf die Vulnerabilität dieser Gebiete hin; betont jedoch, dass ländliche Gebiete und insbesondere die Landwirte eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, die Widerstandsfähigkeit der europäischen Lebensmittelsysteme in der Pandemie zu stärken. Um sicherzustellen, dass europäische Lebensmittel weiterhin reichlich vorhanden, erschwinglich und zugänglich sind, brauchen die Landwirte Unterstützung bei der Eindämmung der derzeitigen sowie künftiger Gefahren. Dabei könnten die neuesten innovativen Bewirtschaftungsmethoden und -technologien eine Schlüsselrolle spielen;

24.

betont, dass Politik in der Regel aus der Sicht der Städte und städtischen Gebiete gemacht wird, wobei die politischen Maßnahmen nicht immer den unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Bedürfnissen und Möglichkeiten der ländlichen Gebiete Rechnung tragen; fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, den ländlichen Gebieten mehr Augenmerk zu schenken; sieht im derzeitigen Kontext die Gefahr, dass der Aufbauplan und andere EU-Maßnahmen aufgrund der Dringlichkeit der Krise so umgesetzt werden könnten, dass sie stärker den Städten und städtischen Gebieten zugutekommen. Sollten die Regionen nicht in die Erarbeitung und Umsetzung des Aufbauplans einbezogen werden, blieben manche Bedürfnisse und Möglichkeiten der ländlichen Gebiete unberücksichtigt. Darüber hinaus ist zu betonen, dass die Politik für den ländlichen Raum weit mehr ist als nur Agrarpolitik und auch die Sozial- und Dienstleistungspolitik in ländlichen Gebieten umfasst, die zwar unter dem Aspekt der Produktion häufig randständig, aber für die Umwelt und Landschaft sowie den Schutz der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung sind. Daneben sollten auch die Wirtschaftsentwicklung, Dienstleistungen, Innovationen, der Schutz der ursprünglichen Fauna und Flora, der Landschaftsschutz sowie die Erreichbarkeit ländlicher Gebiete stärker berücksichtigt werden;

25.

begrüßt die Konsultation der Europäischen Kommission zu einer neuen langfristigen Vision für ländliche Gebiete; weist darauf hin, dass die Kommission unbedingt spezifische Ziele und Indikatoren für die verschiedenen Herausforderungen festlegen sollte, damit diese bewältigt werden können. Um Parallelsysteme zu vermeiden, sollten solche Ziele und Indikatoren in die Überwachung und Entwicklung im Rahmen der regionalen Entwicklung integriert werden. Damit würde das Dokument verbindlicher und die Mitgliedstaaten und die politischen Entscheidungsträger würden angehalten, sich Gedanken darüber zu machen, wie diese Ziele am besten erreicht werden können. Auf der Grundlage der Berichte der einzelnen Mitgliedstaaten über die spezifischen Ziele und Indikatoren könnten die Fortschritte überwacht und erforderlichenfalls zusätzliche Haushaltsmittel oder Unterstützung bereitgestellt werden. Konkrete Beispiele dafür sind:

Digitalisierung — Ziele für die Infrastruktur für das Hochgeschwindigkeits-Internet, angepasster Ansatz für intelligente Dörfer/ländliche Gebiete, Ziele für digitale Kompetenzen;

Qualität und Erbringung von Gesundheitsversorgung, allgemeine und berufliche Bildung, Breitband;

aufsuchender Ansatz im Bereich soziales und ökologisches Wohlergehen durch aktive Ermittlung und Deckung des Bedarfs der Bürgerinnen und Bürger;

26.

weist darauf hin, dass die Pandemie für ländliche Gebiete nicht nur negative Folgen haben muss. Die Telearbeit dürfte langfristige Folgen für den Arbeitsmarkt haben, da sich sowohl den Unternehmen als auch den Beschäftigten neue Möglichkeiten bieten, außerhalb der Städte zu arbeiten. Wenn ländliche Gebiete durch einen schnellen Breitbandzugang vernetzt sind und gleichzeitig wichtige öffentliche Dienstleistungen anbieten können, kann den Menschen die Entscheidung für ein Leben auf dem Land noch leichter gemacht werden;

27.

sieht in der Digitalisierung und der Ökowende eindeutig auch Chancen zur Unterstützung der Erholung des ländlichen Raums;

28.

hebt hervor, dass Frauen im ländlichen Raum eine entscheidende Rolle während der Pandemie gespielt haben, denn sie haben es übernommen, sich um die Umwelt und die Menschen zu kümmern; fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei jeder Politik für den ländlichen Raum die Gender-Perspektive mitzubeachten;

29.

betont, dass der Mangel an Informationen, die fundierte Entscheidungen ermöglichen, vor dem Hintergrund sich rasch wandelnder Gegebenheiten noch deutlicher zutage tritt. Der Datenaustausch zwischen Regionen und Mitgliedstaaten kann dazu beitragen, dieses Problem zu beheben. Dafür müssen bestimmte Technologien und die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden. Plattformen für den Datenaustausch können zu einer raschen Verfügbarkeit von Daten beitragen. Bestehende Systeme können auf der Grundlage neuer Informationen angepasst werden. Dies gilt für den Gesundheitssektor, ist aber auch für andere Systeme sehr nützlich, bei denen logistische Herausforderungen, Veränderungen in der Belegschaft usw. eine wichtige Rolle spielen. Es ist unerlässlich, neue Formen der Koordinierung in den Lieferketten (Werkstoffe, natürliche Ressourcen, Abfallbewirtschaftung usw.) zu etablieren, die Agrar- und Lebensmittelversorgungskette neu zu strukturieren und auf stärker kreislauforientierte und vernetzte Weise zu denken;

30.

weist darauf hin, dass die Flexibilität, nicht gebundene Mittel des ELER zur Bewältigung von Liquiditätsproblemen im Zusammenhang mit COVID-19 für Landwirte und KMU in ländlichen Gebieten zu nutzen, nur jenen Mitgliedstaaten mit einer geringen Absorptionsrate dieser Mittel zugutekam, während diejenigen, die die ihnen zugewiesenen Mittel bereits verwendet hatten, nicht von dieser Maßnahme profitieren konnten; (2)

31.

empfiehlt Investitionen in die Stärkung der Resilienz lokaler und globaler Agrar- und Lebensmittelversorgungsketten, wobei der Schwerpunkt auf nachhaltiger Produktion, kreislauforientierten Versorgungsketten und möglichst dem Erhalt der lokalen Wertschöpfung liegen sollte. Unter dem Blickwinkel der Resilienz erscheinen die Hervorhebung der Diversität bei Anbietern und Kunden und die Schaffung von Puffern und Reserven sowie Redundanzen in Lieferketten vielversprechend, für einzelne Unternehmen kann sich dies aber auch als kostspielig erweisen;

32.

ist der Ansicht, dass die Pandemie als Chance gesehen werden könnte, den ökologischen Wandel in unseren ländlichen Gebieten zu beschleunigen, beispielsweise durch die Schaffung lokaler bzw. regionaler Lebensmittelsysteme, die raschere Umsetzung der quantitativen Ziele der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ sowie allgemeiner der Ziele des europäischen Grünen Deals, sofern dies nicht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der europäischen Landwirte und Unternehmen gefährdet;

33.

nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, die Resilienz des Lebensmittelsystems zu bewerten und einen Notfallplan zu entwickeln, um die Nahrungsmittelversorgung und die Lebensmittelsicherheit in Krisenzeiten zu gewährleisten. Mit dem Plan wird ein von der Kommission koordinierter Krisenreaktionsmechanismus eingerichtet, in den die Mitgliedstaaten eingebunden sind. Je nach Art der Krise werden verschiedene Sektoren einbezogen (Landwirtschaft, Fischerei, Lebensmittelsicherheit, Arbeitskräfte, Gesundheit, Verkehr, alternative Energieträger und Agrarenergie). Es muss sichergestellt werden, dass auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ländlichen Gebieten einen Beitrag zu diesem Mechanismus leisten können;

34.

befürwortet die Schaffung neuer Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung zusammen mit Organisationen des öffentlichen und des privaten Sektors sowie die Stärkung der Rolle der Gemeinschaften bei der gemeinsamen Erarbeitung von Lösungen für aktuelle Probleme in städtischen und ländlichen Gebieten, etwa durch die Schaffung von Gemeingütern;

35.

betont, dass Solidaritätsnetzwerke und die kollaborative Wirtschaft, die sich in der Landbevölkerung sowie zwischen ländlichen und städtischen Gebieten herausgebildet haben, während der Pandemie eine wichtige Rolle gespielt haben;

36.

ist davon überzeugt, dass es zur Bewältigung der Herausforderungen der COVID-19-Krise in ländlichen Gebieten nützlich ist, die LEADER-Initiative zu unterstützen und zu stärken und in allen Mitgliedstaaten die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung entsprechender Aktivitäten in der Gemeinschaft und Wirtschaft zu richten, von der engen Ausrichtung auf die Landwirtschaft Abstand zu nehmen und das Konzept der intelligenten Dörfer zu erkunden, um mehr Flexibilität zu ermöglichen. Die administrativen Anforderungen müssen so angepasst werden, dass auch Freiwillige und Gruppen von Bewohnern am Programm teilnehmen können. Außerdem wird ein flexiblerer Bottom-up-Ansatz erforderlich sein, damit sowohl der Deckung des kurzfristigen Bedarfs der lokalen Bevölkerung als auch der Einführung von Innovationen auf lokaler Ebene angemessen Rechnung getragen werden kann. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die lokalen Aktionsgruppen mit Netzen von Innovatoren zusammengebracht werden;

37.

betont, dass eine wirksame Reserve für Krisen im Agrarsektor zweifellos ein wesentlicher Bestandteil des Instrumentariums zur Bewältigung künftiger Pandemie-Notfälle ist und diese auf einer tragfähigen Grundlage angemessen finanziert werden muss;

38.

fordert, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, einschließlich jener der Gebiete in äußerster Randlage, an der Konzipierung der neuen EU-Instrumente — wie etwa an den Aufbauprogrammen im Rahmen von NextGenerationEU und dem von der Kommission in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ vorgeschlagenen Mechanismus zur Reaktion auf Lebensmittelkrisen — beteiligt werden;

39.

betont, dass die operationellen Gruppen der Europäischen Innovationspartnerschaft in der Landwirtschaft (EIP-AGRI) ein gutes Instrument zur Unterstützung von Innovationen in der Landwirtschaft sind. Ein ähnlicher Mechanismus sollte angedacht werden, um über den Agrarsektor hinausgehende Innovationen im ländlichen Raum zu fördern. Bei diesem Ansatz sollten alle relevanten Akteure, die über Wissen und Sachverstand in Bezug auf eine spezifische Herausforderung im ländlichen Raum verfügen, einbezogen werden. Zudem sollte die Schaffung von Netzwerken von Wissensvermittlern für Innovation in ländlichen Gebieten unterstützt werden, beispielsweise zu Themen wie Gesundheit oder Bildung;

40.

hebt die wichtige Rolle hervor, die der regionalen Ebene bei der Ermittlung der Schwachstellen von Lebensmittelsystemen zukommt, um lokale Lebensmittelsysteme besser zu verstehen und so die Kapazitäten der lokalen Akteure besser nutzen zu können; betont, dass lokale Lebensmittelsysteme ganzheitlich betrachtet werden müssen, wobei der Fokus nicht nur auf kurze Versorgungsketten gelegt werden darf. Vielmehr muss auch der Großhandel einbezogen werden, etwa indem Supermärkte angehalten werden, Informationen und Daten über die Herkunft sowohl der Lebensmittel aus der eigenen Region als auch aus anderen Regionen mitzuteilen; unterstreicht, dass lokale Lebensmittelstrategien erarbeitet werden müssen und die Krise als Chance für eine nachhaltigere Gestaltung der Herstellungsverfahren genutzt werden sollte; unterstützt Maßnahmen, die darauf abzielen, die Lebensmittelerzeugung in die nähere Umgebung zu verlagern und die Städte und die ländlichen Gebiete in die Steuerung der Lebensmittelpolitik einzubeziehen;

Empfehlungen zu den Beihilferegelungen der Europäischen Kommission für den ländlichen Raum während der Krise

41.

nimmt zur Kenntnis, dass die EU die Unterstützung durch die nationalen Regierungen auf zweierlei Weise ermöglicht hat. Erstens wurde ein neues Instrument (SURE) geschaffen, um Ländern Darlehen in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zu gewähren, die durch Garantien der Mitgliedstaaten abgesichert sind. Von diesen Regelungen, die den Beschäftigten ein Einkommen sichern und es den Unternehmen ermöglichen, ihr Personal zu halten, haben Landwirte, Lebensmittelhersteller und andere Unternehmen im ländlichen Raum etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe profitiert. Zweitens wurden die Bedingungen und Schwellenwerte für die Gewährung staatlicher Beihilfen an betroffene Unternehmen durch die Mitgliedstaaten gelockert. Letzteres hatte die größte Bedeutung, da dadurch Landwirten und Fischern während der Pandemie Unterstützung in Milliardenhöhe gewährt werden konnte;

42.

hebt hervor, dass direkt auf EU-Ebene Maßnahmen ergriffen wurden, damit sowohl Saisonarbeitskräfte als auch landwirtschaftliche Erzeugnisse die Grenzen passieren konnten, wodurch Unterbrechungen der Agrar- und Lebensmittelversorgungsketten vermieden werden konnten. Für die langfristige Sicherung der Lebensmittelsicherheit in der EU müsste allerdings ein territoriales Lebensmittelsystem entwickelt werden; betont, dass eine Überarbeitung der Wettbewerbsvorschriften erforderlich sein könnte, um kurze, lokale Lebensmittelversorgungsketten zu entwickeln;

43.

hält es für erforderlich, die Politik für den ländlichen Raum neben der Agrarpolitik als eigenständige Politik anzuerkennen und sie ausdrücklich auf die Regionalpolitik abzustimmen und in diese zu integrieren. Die Entwicklung des ländlichen Raums betrifft mehr als landwirtschaftliches Unternehmertum und die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen. In einer solchen Politik sollten auch Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaftsentwicklung, des Tourismus, des Dienstleistungsangebots im ländlichen Raum, des Breitbandausbaus, der Zugänglichkeit und der Kommunikation zentrale Bedeutung haben;

44.

regt an, Maßnahmen zur Flexibilisierung des EU-Haushalts zu prüfen. Beispielsweise könnte das Instrument für einen einzigen Spielraum (Single Margin Instrument) sinnvoller eingesetzt werden, wenn die Anforderung aufgehoben würde, dass über die jeweiligen jährlichen Obergrenzen hinaus mobilisierte Beträge mit dem entsprechenden Spielraum für laufende oder künftige Jahre verrechnet werden müssen. Eine weitere Option wäre die Anhebung der Obergrenze für das Flexibilitätsinstrument;

45.

betont, dass eine wirksame Reserve für Krisen im Agrarsektor zweifellos ein wesentlicher Bestandteil des Instrumentariums zur Bewältigung künftiger Pandemie-Notfälle ist und diese auf einer tragfähigen Grundlage angemessen finanziert werden muss;

46.

stellt fest, dass ein Schlüsselelement der Reaktion der EU auf die COVID-19-Krise darin bestand, nationale Reaktionen zu ermöglichen, und zwar durch eine Flexibilisierung des Wettbewerbs sowie insbesondere der Vorschriften über staatliche Beihilfen. Eine flexiblere Handhabung der Beihilferegeln spielte eine entscheidende Rolle bei der Absteckung des Handlungsspielraums der Behörden zur Unterstützung von Unternehmen und Haushalten und somit ihrer Fähigkeit, die Auswirkungen der derzeitigen Pandemie abzufedern; hält es für erforderlich, die Unterstützung durch die nationalen Regierungen genauestens zu überwachen, um Verzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden;

47.

spricht sich dafür aus, einen Mechanismus einzurichten, um in den Mitgliedstaaten einen politischen Dialog zwischen allen einschlägigen Interessenträgern (darunter u. a. regionale Gebietskörperschaften, Unternehmen und die Zivilgesellschaft) anzuregen. Insbesondere für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ist es von wesentlicher Bedeutung, dass ihr Investitionsbedarf, auch in ländlichen Gebieten, in den Konjunkturprogrammen der Mitgliedstaaten in vollem Umfang berücksichtigt wird;

48.

empfiehlt Investitionen in die Stärkung der Resilienz lokaler und globaler Agrar- und Lebensmittelversorgungsketten. Unter dem Blickwinkel der Resilienz ist es notwendig, die Märkte zu regulieren, die Position der Landwirte gegenüber anderen Akteuren des Sektors zu stärken und die Regeln für den internationalen Agrarhandel zu ändern, um mehr Fairness und Solidarität in den Handelsbeziehungen zu fördern und territoriale Lebensmittelsysteme zu entwickeln;

Ungeahnter Druck auf die lokalen und regionalen öffentlichen Finanzen

49.

betont, dass die Umsetzung der verschiedenen Sofortmaßnahmen sowohl kurz- als auch langfristig dramatische Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen und die lokale und regionale Wirtschaft, die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und die Tätigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zeitigt. Gleichzeitig sehen sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einer steigenden Nachfrage nach öffentlichen Diensten in Bereichen wie Gesundheit und Soziales, öffentlicher Verkehr und Bildung, nach wirtschaftlichen Anreizen für lokale Unternehmen sowie nach der Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität gegenüber;

50.

fordert mehr Mittel für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von den Regierungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, damit diese ihre Gesundheits- und Pflegesysteme und die Notfallvorsorge sowohl kurz- als auch langfristig stärken können;

51.

weist darauf hin, dass Unternehmen im ländlichen Raum Zugang zu Krediten und Eigenkapital benötigen. Banken schließen Filialen auf dem Land, da immer mehr Konten online geführt werden. Durch die Förderung von Risikokapital kann die EU diesen Zugang ermöglichen, damit Unternehmen im ländlichen Raum die gleichen Entwicklungschancen haben wie Unternehmen in dichter besiedelten Gebieten;

52.

fordert die EU-Organe auf, ausreichend deutlich zu machen, wie sich die verschiedenen neuen Finanzierungs- und Förderinstrumente, darunter die Aufbau- und Resilienzfazilität, und die bestehenden nationalen und EU-Programme zueinander verhalten, um weitere Komplexität und potenziell niedrige Absorptionsraten auf lokaler und regionaler Ebene zu vermeiden (3). Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission sollten dazu aufgerufen werden, die lokale und regionale Ebene allgemein stärker in die Aufbaubemühungen einzubinden. Ihre Rolle an vorderster Front der Pandemiebekämpfung, bei öffentlichen Investitionen und bei diesem zweifachen Wandel muss im zentralen Aufbauplan berücksichtigt werden;

53.

weist auf die Erkenntnisse aus seinem jüngsten Umsetzungsbericht zu staatlichen Beihilfen hin; stellt fest, dass die derzeitigen Fördergebietskarten und -rahmen für Regionalbeihilfen aufgrund der neuen Herausforderungen infolge der COVID-19-Pandemie und ihrer kurz- und mittelfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen die tatsächliche Situation in den Regionen der EU nicht angemessen abbilden; betont, dass die Erfahrungen vor Ort zeigen, dass flexiblere Ansätze und Instrumente erforderlich sind, um die Behörden bei der wirksamen Bewältigung der Auswirkungen auf regionaler und lokaler Ebene zu unterstützen;

54.

betont, dass Sozialinvestitionen als wesentliche Priorität für einen gerechten, gleichberechtigten und inklusiven Aufbau mit Schwerpunkt auf barrierefreier sozialer Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen auf lokaler und regionaler Ebene zur Verbesserung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts durch den richtigen Policy-Mix und finanzielle Mittel für die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und der Nachhaltigkeitsagenda gestärkt werden sollten. Hier gilt es, verstärkt auch Impulse für den digitalen Wandel und soziale Innovationen zu setzen;

55.

weist darauf hin, dass der Aufbauplan der EU auf eine umweltfreundliche und nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sein sollte, die sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt so wichtig ist und zu einer neuen normalen Erholung führen wird. Die Pandemie hat gezeigt, dass wir mehr grüne Infrastruktur, klimafreundliche Mobilität und nachhaltigen Tourismus brauchen;

Empfehlungen zum Beihilferecht

56.

macht darauf aufmerksam, dass die massive staatliche Unterstützung in Zeiten sinkender Steuereinnahmen und gestiegener Zahlungen für Leistungen bei Arbeitslosigkeit im Fall einiger Mitgliedstaaten zu einem Anstieg der Staatsdefizite und der Staatsverschuldung führt, was sich insbesondere für jene Mitgliedstaaten, die besonders stark von der Pandemie betroffen und gleichzeitig die größten Volkswirtschaften im Euro-Währungsgebiet sind, als besonders gefährlich erweisen könnte. Andererseits könnte die Angst vor höheren Staatsschulden einige Mitgliedstaaten dazu veranlassen, Investitionen oder Ausgaben in für den Aufbau entscheidenden Sektoren aufzuschieben, was höchstwahrscheinlich auch die wirtschaftlichen Unterschiede im Binnenmarkt vergrößern wird;

57.

macht darauf aufmerksam, dass ausufernde und sehr strenge Regeln und Bedingungen für die Kontrolle durch die Kommission die Behörden daran hindern können, ihre Rolle bei all diesen Aufgaben wirksam wahrzunehmen, während andererseits eine sehr umfassende Flexibilität bei staatlichen Beihilfen die Gefahr birgt, dass die regionalen Ungleichheiten innerhalb der EU weiter zunehmen. Infolge der neuen Realität nach der COVID-19-Pandemie werden alle Betroffenen wahrscheinlich das richtige Verhältnis zwischen diesen beiden Größen neu austarieren müssen;

58.

begrüßt die Verlängerung des befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen bis Dezember 2021. Sollte es nach dem Sommer zu einer weiteren Pandemie-Welle kommen oder sollten neuerlich restriktive Ausgangsbeschränkungen verhängt werden, wäre der wirtschaftliche Schaden noch deutlich größer, und die befristete außerordentliche Unterstützung würde noch dringender und länger benötigt, um den Konkurs eigentlich gesunder Unternehmen zu verhindern. Daher wäre eine Verlängerung des befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen insbesondere für die am stärksten von der Krise betroffenen Regionen bis zum Ende der COVID-19-Pandemie wünschenswert;

59.

weist darauf hin, dass verschiedene Vorschriften angepasst werden müssen. Beispielsweise dürfte neben der kürzlich erfolgten Änderung der AGVO in Bezug auf Unternehmen in Schwierigkeiten ein flexibleres Kriterium für Unternehmen in Schwierigkeiten erforderlich sein, insbesondere für Start-ups und Scale-ups, die häufig regelmäßige Finanzierungsrunden haben und somit technisch zu Unternehmen in Schwierigkeiten werden, selbst wenn es sich bei ihnen eigentlich um gesunde und schnell wachsende Unternehmen handelt. Daher ist eine größere Flexibilität in Bezug auf die De-minimis-Regelung dringend geboten, während der Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission (4) dadurch ergänzt werden sollte, dass zusätzlich zu den Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen (Artikel 50) auch Beihilfen zur Beseitigung von pandemiebedingten Schäden vorgesehen werden. Eine „Anpassung“ der Kumulierungsvorschriften wäre sinnvoll, da u. a. unter den aktuellen Umständen die Kumulierung von Beihilfen im Rahmen der De-minimis-Verordnung oder der AGVO mit den im Rahmen des befristeten Rahmens gewährten Beihilfen unter Berücksichtigung ihrer Intensität auch bei diesen beihilfefähigen Kosten zulässig sein muss;

60.

spricht sich dafür aus, die Beweislast so zu verlagern, dass der Beschwerdeführer und/oder die Europäische Kommission nachweisen müssen, dass eine lokale Dienstleistung den Handel innerhalb der Union gefährdet. Als ein Argument wird angeführt, dass eine Beweispflicht der Kommission die Rechtssicherheit und die Handlungsbereitschaft bei kommunalen Entscheidungsträgern erhöhen und die Zahl an Beschwerden reduzieren würde. Zudem sei eine Änderung der aktuellen Situation dringend angezeigt, schwebe doch über einer Vielzahl von Maßnahmen das Damoklesschwert der Rückforderung, da die einzelnen Beihilfeempfänger den umfangreichen Beweisantritt nicht leisten können. In diesem Zusammenhang könnte es auch zielführend sein, das Tatbestandsmerkmal der Handelsbeeinträchtigung zu erweitern bzw. den Begriff „lokal“ näher zu konkretisieren;

61.

stellt fest, dass die Regionen und Städte mit einer neuen Realität konfrontiert sind, die von den durch die COVID-19-Pandemie bedingten sozioökonomischen Herausforderungen geprägt ist. Diese neue Realität erfordert flexiblere politische Ansätze und Instrumente, die den Behörden helfen, die auf regionaler und lokaler Ebene spürbaren Auswirkungen wirksam zu bewältigen. Diesbezüglich erfassen die aktuellen Fördergebietskarten (Programmplanungszeitraum 2014–2020) die tatsächliche Lage in den EU-Regionen aufgrund der neuen Herausforderungen, die sich aus der COVID-19-Pandemie und ihren kurz- und mittelfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen ergeben, nicht angemessen. Daneben sollten der Gesamtbevölkerungsanteil, die zulässigen Beihilfehöchstbeträge und die Art der Investitionen, die im Regionalbeihilferahmen vorgesehen sind, erhöht bzw. ausgeweitet werden, um den neuen sozioökonomischen Herausforderungen in den EU-Regionen infolge der Pandemie zu begegnen;

62.

weist darauf hin, dass die Fördergebietskarten für Regionalbeihilfen, die bis Ende 2021 zu erstellen sind, auf statistischen Daten aus der Zeit vor 2020 beruhen, was — zumindest bis zur Halbzeitüberprüfung 2024 — die wirtschaftliche Erholung der am stärksten benachteiligten Regionen behindern könnte. Durch die Verwendung statistischer Daten aus der Zeit vor 2020 spiegeln diese Karten die wirtschaftliche Lage der unter den Buchstaben a und c genannten Gebiete („A- und C-Fördergebiete“) nicht getreu wider. Dies kann die wirtschaftliche Erholung dieser Gebiete erschweren, weil sich infolge der geänderten Einstufung einiger Gebiete die zulässige Beihilfehöchstintensität verringert oder bestimmte Beschränkungen für die Gewährung von Beihilfen an Großunternehmen gelten; fordert die Europäische Kommission daher auf, diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen und über die für 2024 vorgesehene Halbzeitüberprüfung hinaus Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die am stärksten benachteiligten A- und C-Fördergebiete nicht durch eine geänderte Einstufung in ihrer wirtschaftlichen Erholung beeinträchtigt werden;

63.

hält es für erforderlich, die Auswirkungen der Pandemie auf regionaler Ebene zu bewerten, damit diese in den Fördergebietskarten im Rahmen einer Halbzeitüberprüfung im Jahr 2024 berücksichtigt werden können. Daneben müssen die zunehmenden wirtschaftlichen Ungleichheiten und die ungerechte Verteilung der Vorteile des Binnenmarkts, die durch asymmetrische staatliche Eingriffe in der gesamten EU verursacht werden, auch vor dem Hintergrund der Gefahr bewertet werden, dass einige Bürger bzw. Mitgliedstaaten einen Binnenmarkt, dessen Vorteile ungerecht verteilt sind, möglicherweise nicht länger unterstützen. Daher wäre es sinnvoll, wenn die Kommission, die über diese Maßnahmen und die Beträge wacht, ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt und die regionalen Ungleichheiten analysiert. Diese Analyse kann dann in die Politikgestaltung einfließen und wird eine bessere Ausrichtung aller einschlägigen EU-Maßnahmen auf die spezifischen Bedürfnisse der Gebiete der EU gewährleisten;

64.

ist der Auffassung, dass die für Vorschriften über staatliche Beihilfen geltenden allgemeinen Grundsätze, wie der Anreizeffekt, kein Hindernis bei der Verwendung von EU-Mitteln für den Aufbau darstellen dürfen; fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf, den Anreizeffekt als gegeben anzusehen, wenn die Beihilfe zu einem oder mehreren der folgenden Ergebnisse führt: eine erhebliche Zunahme des Umfangs des Projekts oder der Tätigkeit; eine erhebliche Ausdehnung der geografischen Reichweite des Projekts oder der Tätigkeit; eine erhebliche Erhöhung des durch den Begünstigten des Projekts oder der Tätigkeit investierten Betrags; eine erhebliche Beschleunigung der Durchführung des Projekts oder der Tätigkeit;

65.

weist darauf hin, dass die Anwendung der Beihilfevorschriften untrennbar mit dem Einsatz kohäsionspolitischer Instrumente verbunden ist. Ferner wird empfohlen, die Anwendung der vereinfachten Kostenoption, auf die in der AGVO Bezug genommen wird, ebenfalls in die Regionalbeihilfeleitlinien aufzunehmen und diese nicht auf Vorhaben zu beschränken, die ausschließlich aus den ESI-Fonds kofinanziert werden. Diese Bestimmungen bieten einen interessanten Kompromiss zwischen der erforderlichen Kontrolle öffentlicher Gelder und einem angemessenen und zugänglichen Verwaltungsaufwand. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Bestimmungen zu Standortverlagerungen, insbesondere diejenigen mit Bezug zur Kohäsionspolitik, nicht ausreichend definiert und unklar sind. Der Vorschlag, dass beihilferechtliche Freistellungen schneller und gleich im Zusammenhang mit der Genehmigung der operationellen Programme erfolgen sollten, bestätigt die engen Verbindungen zwischen den Wettbewerbs- und den kohäsionspolitischen Vorschriften;

Förderung der Digitalisierung in ländlichen Gebieten

66.

weist auf die Ergebnisse des AdR-Barometers 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen (5) hin, denen zufolge die neuen, von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Reaktion auf die COVID-19-Krise eingeführten digitalen Lösungen den derzeitigen digitalen Wandel unterstützen könnten, aber auch die Gefahr einer Vertiefung der „digitalen Kluft“ zwischen ländlichen und städtischen Gebieten bergen;

67.

weist darauf hin, dass die Zukunft der ländlichen Gebiete von der Bereitstellung ausreichender grundlegender Dienstleistungen und Infrastrukturen und natürlich von der Überwindung der „digitalen Kluft“ abhängt; unterstreicht deren maßgebliche Bedeutung für die Transformation hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft. Nachhaltige ressourceneffiziente Geschäftsmodelle mit Fokus auf Kreislaufwirtschaft sowie eine verstärkte Verwendung von biobasierten Materialien eröffnen neue Chancen, die es über die EU-Instrumente wahrzunehmen gilt;

68.

fordert Strategien und Finanzmittel zur Förderung einer hohen digitalen Vernetzung für alle Regionen und lokalen Gebietskörperschaften in der EU auch in ländlichen Gebieten, um sicherzustellen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Unternehmen an die Krise und die sich wandelnde Arbeitswelt anpassen können; weist darauf hin, dass eine verstärkte Nutzung von Telearbeit zu demografischen und wirtschaftlichen Verschiebungen von den Städten hin zu Zwischenregionen oder ländlichen Gebieten führen kann; weist jedoch darauf hin, dass eine solche Verschiebung mit der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätsverbindungen zwischen ländlichen Gebieten, Zwischenregionen und städtischen Gebieten einhergehen müsste;

69.

fordert Investitionen in die flächendeckende Bereitstellung von Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen, wobei den ländlichen und den strukturschwachen Gebieten besonderes Augenmerk gewidmet werden muss. Darüber hinaus wird es wichtig sein, Strategien zu entwickeln, um Haushalte auf dem Land mit der erforderlichen erschwinglichen und hochwertigen Hardware auszustatten. Eine ganz spezifische Maßnahme könnte für Europa darin bestehen, Anreize für Unternehmen zu schaffen, Geräte zu spenden. Es ist notwendig, spezifische Ziele für ländliche Gebiete in Bezug auf Breitbandversorgung, Geräte und Kompetenzen im ländlichen Raum festzulegen. Der aktuelle DESI-Bericht (Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft) sollte diese Informationen enthalten;

70.

unterstreicht das Erfordernis der allgemeinen und beruflichen digitalen Bildung für Menschen, die bessere digitale Kompetenzen benötigen, wobei zwischen verschiedenen Altersgruppen, Einkommensniveaus sowie spezifischen Zielgruppen wie Landwirten differenziert werden muss. Schulen sowie andere Einrichtungen des Zusammenlebens und der Begegnung, aber auch Ämter und Unternehmen können bei Digitalisierungsprojekten (für alle Altersgruppen) eine wichtige Rolle spielen;

71.

fordert, den Bedürfnissen ländlicher Gebiete im Rahmen des Programms „Digitales Europa“ mit seinem Netz europäischer digitaler Innovationszentren besondere Aufmerksamkeit zu schenken und über Plattformen, die diese spezifischen Bedürfnisse gut kennen und in enger Verbindung zu den Menschen vor Ort stehen, entsprechende Dienste anzubieten;

72.

weist in Bezug auf die von der EU eingeführten Flexibilitätsmaßnahmen bei der Umsetzung der ESI-Fonds zur Bewältigung der Krise darauf hin, dass in vielen Mitgliedstaaten die Struktur- und Kohäsionsmittel für ländliche Gebiete tatsächlich gekürzt wurden. Die Möglichkeit, den EU-Kofinanzierungssatz zu erhöhen, wirkte sich insofern nachteilig aus, als die Gesamttransfers in die ländlichen Gebiete zurückgingen, da die nationale Kofinanzierung gekürzt werden konnte;

Wohlergehen, Armut und Lebensqualität

73.

betont, dass Armut und Wohlergehen in Städten und ländlichen Gebieten durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Beim Ansatz zur Lösung der Probleme wird häufig von städtischen Gegebenheiten ausgegangen. Zudem gibt es kaum vergleichende Untersuchungen zu den verschiedenen Aspekten des Wohlergehens, was eine Anpassung des Ansatzes an den ländlichen Kontext erschwert;

74.

betont, dass in die (vergleichende) Forschung über Wohlergehen, Armut und Lebensqualität im ländlichen Raum investiert werden muss, um einen besseren Einblick in die spezifischen Herausforderungen zu erhalten, mit denen ländliche Gebiete konfrontiert sind;

75.

betont, dass Freiwillige von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität und das Wohlergehen sind und eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der COVID-19-Krise spielen. Das Tätigkeitsgebiet von Freiwilligen und Freiwilligenorganisationen ist häufig lokal sehr eingegrenzt, z. B. auf ein Stadtviertel oder eine bestimmte Straße. Dank dieser Verankerung vor Ort und Nähe können sie dort Hilfe leisten, wo sie gebraucht wird, etwa indem sie Menschen über Maßnahmen informieren, sie mit Lebensmitteln versorgen und/oder die Fürsorge und Gesundheitsversorgung übernehmen. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten diese bestehenden Freiwilligennetzwerke nutzen, um neue Wege auszuloten, jene Menschen zu erreichen, die von Armut betroffen sind oder sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Zur Erschließung des Potenzials dieser Freiwilligenorganisationen könnte in den EU-Fonds eine andere Art der Kofinanzierung für diese Organisationen vorgesehen werden. Wenn die Stunden Freiwilligenarbeit als Kofinanzierung angerechnet würden, könnten diese Organisationen etwa leichter EU-Fördermittel beantragen;

76.

weist darauf hin, dass alle Regierungsebenen gezielt eine Kommunikationsstrategie ausarbeiten müssen, um sicherzustellen, dass den Menschen die bestehenden Risiken bewusst sind, und um ihnen die korrekten Verhaltensweisen zu vermitteln. Aussagen, die sich nicht widersprechen, das Angebot zuverlässiger und zugänglicher Informationsquellen und die Verwendung des richtigen Bildmaterials sind wichtige Aspekte dieser Strategie. Schulungen sind sowohl für Kommunikationsteams, die die Menschen direkt erreichen, als auch für Beamte und Experten im Bereich Kommunikation erforderlich; betont, dass die Rolle der lokalen Gebietskörperschaften in dieser Kommunikationsstrategie anerkannt werden muss, können diese doch als Brückenbauer zwischen den politischen Entscheidungsträgern, den Fachleuten und der Öffentlichkeit fungieren;

77.

betont, wie wichtig es ist, die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu überwachen. Sofortmaßnahmen dürfen nicht zu einer Zentralisierung der Befugnisse durch die nationalen Regierungen führen, wodurch die Rolle des jeweiligen Parlaments und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eingeschränkt würde;

78.

betont, dass einige schutzbedürftige Arbeitnehmer wie Beschäftigte digitaler Plattformen, Zusteller oder Fahrer sowie Arbeitnehmer, die pflegebedürftige Personen betreuen, für unsere Wirtschaft extrem relevant sind und größerer gesellschaftlicher Anerkennung bedürfen. Darüber hinaus muss Beschäftigten in Telearbeit das Recht auf Nichterreichbarkeit garantiert werden;

79.

weist darauf hin, dass laut Angaben von Eurostat in den ersten drei Monaten der Krise schätzungsweise weitere 900 000 Menschen krisenbedingt ihren Job verloren haben. Die Aufbauanstrengungen der EU müssen daher mit einer starken sozialen Dimension versehen werden, um die Sozialsysteme zu schützen, die Arbeitsplätze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sichern und ungerechtfertigte Entlassungen zu vermeiden;

80.

betont, dass die Krise das Geschlechtergefälle und das Problem geschlechtsspezifischer Gewalt verschärft hat. Die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt ist in einigen EU-Ländern infolge des Lockdowns um ein Drittel gestiegen. Zudem hat die COVID-19-Krise eine klare geschlechtsspezifische Dimension. Gleichzeitig hat die Pandemie die bestehenden Ungleichheiten, die Marginalisierung und die Diskriminierung in Europa verschärft und den strukturellen Rassismus verstärkt. Darüber hinaus zeitigte sie negative Auswirkungen auf die am stärksten gefährdeten Gruppen, darunter auch ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen;

81.

weist darauf hin, dass die Städte und Regionen und die EU-Führungsspitzen durch Zusammenarbeit im Rahmen einer erneuerten strategischen Partnerschaft ein stärkeres soziales Europa schaffen können; weist zudem darauf hin, dass gerade in der Zusammenarbeit zwischen Stadt und ländlichem Raum großes Potenzial für den Wiederaufbau („Bündelung der Kräfte“) liegt;

82.

unterstreicht, dass Sozialinvestitionen als wesentliche Priorität für eine gerechte und inklusive wirtschaftliche Erholung gestärkt werden sollten. Uns bietet sich jetzt die Chance, mehr zu tun, als einfach die Folgen der pandemiebedingten Krise kurzfristig zu überwinden und das wiederaufzubauen, was wir vorher hatten bzw. den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Vielmehr können wir etwas Besseres aufbauen! Wir sollten dafür sorgen, dass alle Europäerinnen und Europäer Zugang zu einer erschwinglichen und hochwertigen Gesundheitsversorgung haben. Wir sollten mehr hochwertige Arbeitsplätze mit fairen Arbeitsbedingungen, inklusivere Bildungswege und Qualifizierungsmaßnahmen schaffen, für menschenwürdigen und bezahlbaren Wohnraum sorgen, die Schwächsten aktiv unterstützen und allen Menschen gleiche Chancen bieten. Um dies zu erreichen, brauchen wir umfassende Investitionen in die soziale Infrastruktur und die sozialen Dienstleistungen auf lokaler und regionaler Ebene sowie den richtigen Policy-Mix und finanzielle Mitteln für die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und der Nachhaltigkeitsagenda;

83.

unterstreicht ferner das Erfordernis einer grenzüberschreitenden Strategie und grenzübergreifender Koordinierung bei Kommunikation, Maßnahmen und wirtschaftlicher Erholung; stellt fest, dass die Solidarität zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über Staatsgrenzen hinweg erheblich gestärkt wurde (durch die gemeinsame Nutzung medizinischer Ausrüstung, Wohltätigkeitsaktionen usw.). Aufgrund der unterschiedlichen und manchmal entfremdenden Maßnahmen auf nationaler Ebene blicken die Bürgerinnen und Bürger jedoch mit Misstrauen oder auch Ängsten auf das, was auf der anderen Seite der Grenze passiert. Selbst bei einer so starken Integration wie in den Beneluxstaaten und den Staaten des Nordischen Rates sind zahlreiche Konflikte entstanden, und es wird lange dauern, bis das Vertrauen wiederhergestellt ist;

84.

hebt die grundlegende Bedeutung von Transparenz in einer Krisensituation hervor: Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, wer wofür zuständig ist. In gewisser Weise hat sich die Pandemie stark auf die Art und Weise der Politikgestaltung ausgewirkt; weist darauf hin, dass eine solche Pandemie ein Gradmesser für die generelle Qualität einer Demokratie ist;

85.

macht darauf aufmerksam, dass eine gute Kommunikation nur in einer für alle verständlichen Sprache möglich ist. Dabei kommt es nicht nur auf das Gesagte an, sondern auch darauf, wie es gesagt wird und ob die Aussagen und Standpunkte von den Menschen nachvollzogen werden können und dabei kulturelle Unterschiede beachtet werden; weist darauf hin, dass die Kommunikation mit Impfgegnern und die Entkräftung von Falschinformationen in diesem Zusammenhang eine besondere Herausforderung darstellen.

86.

betont, dass wenn durch diese Krise eines deutlich geworden ist, dann die gegenseitige Abhängigkeit aller Menschen auf dieser Erde und wie wichtig es ist, die echten Probleme nicht aus den Augen zu verlieren, und dass sich die lokale und globale Ebene gegenseitig stärken müssen. Wir haben gelernt, dass wir uns in einer globalen Krise befinden, die eine globale und solidarische Reaktion erfordert. Dazu gehört eine stärkere internationale Zusammenarbeit, um auch den Bedarf ärmerer Regionen zu decken und zu verhindern, dass das Virus sich ungehindert verbreitet und noch gefährlichere Mutationen entstehen. Die dezentrale Zusammenarbeit zwischen den Regionen und Städten hat sich als wichtiges Instrument der europäischen internationalen Zusammenarbeit erwiesen, wenn es darum geht, die am stärksten benachteiligten Gebiete bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen und einen universellen und hochwertigen Zugang zu dringend benötigten öffentlichen Dienstleistungen zu schaffen, damit das übergeordnete Ziel erreicht werden kann, dass wir alle gemeinsam diese globale Krise überwinden.

Brüssel, den 7. Mai 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Europäischer Ausschuss der Regionen: Barometer 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen, abzurufen unter: EU-Jahresbarometer zur Lage der Gemeinden und Regionen (europa.eu).

(2)  Ebenda.

(3)  Europäischer Ausschuss der Regionen: Barometer 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen, abzurufen unter: EU-Jahresbarometer zur Lage der Gemeinden und Regionen (europa.eu).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1).

(5)  Europäischer Ausschuss der Regionen: Barometer 2020 zur Lage der Gemeinden und Regionen, abzurufen unter: EU-Jahresbarometer zur Lage der Gemeinden und Regionen (europa.eu).