Brüssel, den 5.6.2019

COM(2019) 515 final

Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2019


Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2019

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Litauen nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 9. April 2019 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Litauen die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 2 und 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Insbesondere werden Investitionsmaßnahmen zur Umsetzung des zweiten Punktes der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet hinsichtlich der Förderung von Investitionen beitragen, und Bildungsmaßnahmen werden die Verwirklichung des dritten Punktes der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet in Bezug auf das Funktionieren des Arbeitsmarktes voranbringen.

(3)Der Länderbericht 2019 für Litauen 2 wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Litauens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018, bei der Umsetzung der Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)Am 10. Mai 2019 übermittelte Litauen sein nationales Reformprogramm 2019 und am 30. April 2019 sein Stabilitätsprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates 3 kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der europäischen Struktur- und Investitionsfonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung 4 hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)Litauen befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2019 sieht Litauen vor, dass der Gesamtüberschuss in den Jahren 2019 und 2020 0,4 % bzw. 0,2 % des BIP betragen und im Jahr 2021 weiter auf 0,1 % des BIP zurückgehen wird. Dem neuberechneten strukturellen Saldo 5 zufolge wird das mittelfristige Haushaltsziel – ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP – im gesamten Programmzeitraum auch weiterhin übertroffen. Im Jahr 2017 wurde Litauen ferner eine vorübergehende Abweichung für die Umsetzung der Strukturreformen gewährt. Dieses Zugeständnis gilt für einen Zeitraum von drei Jahren. Dem Stabilitätsprogramm 2019 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote voraussichtlich von 34,2 % des BIP im Jahr 2018 auf 32,9 % im Jahr 2022 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Gleichzeitig wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2020 anvisierten Überschussziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert. Der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission zufolge soll 2019 ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP und 2020 ein strukturelles Defizit von 0,9 % des BIP erzielt werden, was mit dem mittelfristigen Haushaltsziel im Einklang steht. Gleichzeitig sollten die Ausgabenentwicklungen kurz- und mittelfristig sehr aufmerksam beobachtet werden, insbesondere in Anbetracht möglicher künftiger Risiken für die Solidität der Einnahmen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Litauen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2019 und 2020 erfüllen dürfte.

(7)Im Juni 2018 verabschiedete die litauische Regierung ein Gesetzespaket zur Umsetzung umfassender Strukturreformen in folgenden sechs Schlüsselbereichen: Bildung, Gesundheitswesen, Besteuerung, informelle Wirtschaft, Renten und Innovation.

(8)Litauen hat weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft und zur Verbesserung der Steuerdisziplin getroffen. Wenngleich diese Maßnahmen ermutigende Ergebnisse hervorgebracht haben, ist die Steuerdisziplin insgesamt nach wie vor gering. Litauen hat nach wie vor eine der höchsten Mehrwertsteuer-Erhebungslücken in der EU. Eine weiter erhöhte Steuerehrlichkeit würde Mehreinnahmen erbringen und die Fairness des Steuersystems erhöhen. Es wurden keine Maßnahmen getroffen, um die Steuerbemessungsgrundlage auf weniger wachstumsschädliche Quellen auszudehnen. Umweltsteuern und die Grundsteuer liegen weiterhin unter dem Unionsdurchschnitt, und es sind keine Änderungen in Bezug auf die Kfz-Steuer oder die Straßenbenutzungsgebühren für private Nutzer vorgesehen.

(9)Seit 2018 werden die gesetzlichen Renten automatisch an das Lohnwachstum angepasst. Dadurch sollen die Rentenausgaben des Staates von 6,9 % des BIP im Jahr 2016 auf 5,2 % des BIP im Jahr 2070 zurückgehen. Gleichzeitig dürfte die Angemessenheit der Renten jedoch abnehmen, da die Rentenleistungen aufgrund des Beschäftigungsrückgangs nicht mit dem Lohnwachstum Schritt halten können. Das Standardrentenniveau – also das Verhältnis der Durchschnittsrente zum Durchschnittseinkommen – wird voraussichtlich stetig sinken, wobei dieser Wert bereits heute zu den niedrigsten in der Union zählt. Den geltenden Rechtsvorschriften zufolge muss die Regierung bei einem Rückgang des Standardrentenniveaus Korrekturmaßnahmen vorschlagen. Da der Zeitpunkt und die genaue Ausgestaltung solcher künftigen Maßnahmen gegenwärtig noch nicht vorhergesehen werden können, sind sie in den Projektionen des Berichts über die Bevölkerungsalterung nicht berücksichtigt. Sie stellen jedoch ein Risiko für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dar. Wenn Litauen das Standardrentenniveau bis 2070 unverändert beibehielte, würden die Rentenausgaben auf 7 % des BIP steigen, statt wie projiziert auf 5,2 % zu sinken. Folglich besteht Unsicherheit darüber, wie die Rentenvorschriften in der Praxis angewandt werden und welche Folgen sich daraus für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Angemessenheit der Renten im Laufe der Zeit ergeben würden.

(10)Der hohe Anteil an von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen und die große Einkommensungleichheit bleiben wesentliche Schwachstellen Litauens, die seine Aussichten auf ein inklusives Wachstum beeinträchtigen. Trotz des anhaltenden Wirtschaftswachstums sind viele Teile der litauischen Gesellschaft (z. B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Kinder, Alleinerziehende und Arbeitslose) besonders stark von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Wenngleich das Netz der sozialen Sicherheit in den vergangenen Jahren verbessert wurde, zählen die Korrekturmöglichkeiten des litauischen Steuer- und Sozialleistungssystems und die Sozialschutzausgaben gemessen an ihrem Anteil am BIP weiterhin zu den niedrigsten in der Europäischen Union. Mit Maßnahmen wie der Einführung eines „Betrags für den Mindestkonsumbedarf“, der Erhöhung des allgemeinen Kindergelds und der Indexierung der Altersrenten wurden erste Schritte unternommen, um der hohen Armutsquote und Einkommensungleichheit zu begegnen. Angesichts der anhaltend hohen Armut und Ungleichheit ist jedoch ersichtlich, dass das Land noch einen weiten Weg vor sich hat, um das Durchschnittsniveau der Europäischen Union im Bereich der sozialen Sicherheit zu erreichen, und dass Investitionen zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung getätigt werden müssen. Strategien zur aktiven Inklusion benachteiligter Gruppen sind dann besonders wirksam, wenn sie eine bessere Angemessenheit von Mindesteinkommen und Rentensystemen, Arbeitsmarktaktivierung und verbesserte Erbringung von sozialen Dienstleistungen, einschließlich Kinderbetreuung und Sozialwohnungen, umfassen.

(11)Vor dem Hintergrund des Beschäftigungswachstums sowie infolge ungünstiger demografischer Entwicklungen wie der Auswanderung ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt mittlerweile angespannt. Um die Auswirkungen der schrumpfenden Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter abzumildern, müssen Investitionen in Humankapital getätigt und der Zugang zum Arbeitsmarkt für alle verbessert werden. In Anbetracht der anhaltenden Qualifikationsdefizite und Missverhältnisse zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage sollte Litauen die Reformen zur Steigerung der Qualität und Effizienz auf allen Ebenen des Bildungssystems beschleunigen und einen gerechten Zugang zu hochwertiger und inklusiver allgemeiner und beruflicher Bildung gewährleisten. Aufgrund des Bevölkerungsrückgangs ist das Schulnetz unter Druck geraten. In Anbetracht dieser demografischen Verschiebung bedarf es Strategien, um den Zugang zu hochwertiger Bildung für alle aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Effizienz des Schulnetzes zu gewährleisten sowie die von den Konsolidierungsmaßnahmen betroffenen Lehrkräfte zu unterstützen. Zur Konsolidierung des Hochschulnetzes, das mehr als 40 staatliche und private Universitäten und sonstige Hochschulen umfasst, bedarf es noch erheblicher Anstrengungen. Die Berufsbildungsanbieter müssen die Lehrpläne modernisieren und ihr Angebot besser auf den Bedarf des lokalen und regionalen Arbeitsmarktes zuschneiden. Durch leicht zugängliche und wirksame Erwachsenenbildung sowie Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen in Verbindung mit der Bereitstellung sozialer Dienstleistungen könnten mehr Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Die Quote der Teilnahme an Maßnahmen zur Erwachsenenbildung lag im Jahr 2018 mit 6,6 % weit unter dem EU-Durchschnitt von 11,1 %. Investitionen in die Verbesserung der Qualifikationen wie etwa der digitalen Kompetenzen sowie Innovationen und eine bessere Integration von benachteiligten Personen in den Arbeitsmarkt (z. B. Menschen mit Behinderungen und ältere, arbeitslose oder nicht erwerbstätige Erwachsene) dürften sich positiv auf die Entwicklung der litauischen Wirtschaft auswirken. Allgemein sollten die Kapazitäten der Sozialpartner gestärkt werden, um ihre Einbindung zu fördern.

(12)Eine weitere Herausforderung stellen die nach wie vor unzureichenden Gesundheitsergebnisse und die geringen Investitionen in die Gesundheitsversorgung dar. Es besteht nach wie vor ein großer Spielraum für einen effizienteren Einsatz der Ressourcen, indem die Verlagerung von stationärer zu ambulanter Versorgung weiter vorangetrieben wird. Die Inanspruchnahme von Krankenhausdienstleistungen ist weiterhin hoch, wobei relativ viele Krankenhausbesuche auf chronische Erkrankungen entfallen und die Bettenbelegungsquoten verhältnismäßig gering sind. Um Effizienzvorteile sowie bessere Gesundheitsergebnisse zu ermöglichen, müssen die Krankenhausressourcen noch rationeller genutzt werden. Ferner bedarf es gezielter Investitionen zur Verbesserung der Leistungen der medizinischen Grundversorgung, einschließlich Investitionen in medizinisches Personal. Einer der Hauptgründe für die schlechten Gesundheitsergebnisse ist nach wie vor die Qualität der Gesundheitsversorgung. Die einschlägigen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität sind fragmentiert, wobei die Akkreditierung im Bereich der Primärversorgung sehr gering ist und das Akkreditierungssystem in Krankenhäusern nur unzureichend angewendet wird. In Maßnahmen zur Krankheitsvorsorge wird besonders wenig investiert. Darüber hinaus fehlt es hinsichtlich der Maßnahmen zur Verbesserung der Krankheitsvorsorge auf lokaler Ebene an einer übergeordneten Vision, und es mangelt an systematischer Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Gesundheitsämtern und den Akteuren der Primärversorgung. Und schließlich wirken sich die niedrigen Gesundheitsausgaben auf der einen Seite und die relativ hohen informellen Zahlungen sowie die hohen Zuzahlungen auf der anderen Seite negativ auf den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung aus.

(13)Im Kampf gegen die Korruption wurden zwar einige Maßnahmen ergriffen, jedoch fehlt nach wie vor ein umfassendes Register der Interessenerklärungen. Die Durchführungsvorschriften für das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern wurden 2018 verabschiedet, und gegenwärtig wird über ein neues Gesetz zur Regulierung des Lobbyismus beraten. Bei der Bekämpfung der Korruption im Gesundheitssystem gibt es nach wie vor Unregelmäßigkeiten.

(14)In Litauen liegt Anteil der Investitionen am BIP weiterhin unter dem Durchschnitt der EU sowie dem der anderen baltischen Länder. Das Innovationsniveau der Unternehmen in Litauen sowie ihre Fähigkeit, Technologien zu übernehmen, ist gering. Daher bedarf es höherer Investitionen in Forschung und Innovation, insbesondere in der Privatwirtschaft. Dadurch würde die Produktivität steigern, die sich zwar kürzlich erhöht hat, aber noch immer deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt. Der Mangel an Experten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien verdeutlicht, dass in digitale Kompetenzen investiert werden muss, die dazu beitragen, die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Technologieabsorptionsfähigkeit Litauens und den Übergang hin zu einer stärker wissensbasierten Wirtschaft mit einer höheren Wertschöpfung zu fördern.

(15)Die Wirtschaft ist relativ ressourcenintensiv und in hohem Maße von Energie- und Materialimporten abhängig. Die Ressourcenproduktivität ist niedrig, der Energieverbrauch jedoch hoch, insbesondere im Wohn- und im Verkehrssektor. Durch mehr Investitionen in Energieeffizienz, insbesondere im Gebäudesektor sowie im Bereich der inländischen Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen, könnte die Wirtschaft umweltfreundlicher ausgerichtet und auf einen nachhaltigeren Wachstumspfad geführt werden, und dadurch würde gleichzeitig die Abhängigkeit von Energieeinfuhren verringert.

(16)Litauen ist im Schienen-, Straßen-, See- und Luftverkehr international noch immer schlecht angebunden und sollte daher stärker in das restliche Europa integriert werden. Eine bessere Verkehrsanbindung würde die wirtschaftliche Produktivität steigern und es der Wirtschaft ermöglichen, umfassend vom Binnenmarkt zu profitieren. Betrachtet man den Umfang der TEN-V-Straßen- und Schienennetze, die Investitionen in Forschung und Innovation im Verkehrssektor, Nachhaltigkeitsaspekte sowie das Thema Straßensicherheit, so liegt die Leistung des litauischen Verkehrssektors weit unter dem EU-Durchschnitt. Der Schienenverkehr konzentriert sich überwiegend auf die Ost-West-Verbindung, während die Nord-Süd-Achse noch immer schlecht ausgebaut ist. Daher bedarf es umfassender Investitionen, um ein nachhaltiges, klimaresilientes, intelligentes, sicheres, intermodales und gut zugängliches TEN-V-Netz zu entwickeln und eine nachhaltige Mobilität in den Städten zu fördern. Ferner haben die Treibhausgasemissionen durch den Straßenverkehr in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Die Synchronisierung des litauischen Stromnetzes mit dem kontinentaleuropäischen Netz ist für die Sicherheit der Stromversorgung im gesamten Baltikum von zentraler Bedeutung.

(17)Die regionalen Unterschiede sind in Litauen stärker ausgeprägt als im EU-Durchschnitt und haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten noch weiter vergrößert. Die aus der raschen wirtschaftlichen Konvergenz Litauens resultierenden Fortschritte sind vor allem in den beiden Metropolregionen zu spüren. In den überwiegend ländlichen Regionen hingegen, die flächenmäßig den größten Teil des Litauens ausmachen und in denen fast 55 % der Bevölkerung leben, ist ein starker Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, der sich noch dadurch verstärkt, dass sich der Zugang zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen immer schwieriger gestaltet. Aufgrund der großen sozioökonomischen Unterschiede im Land ist ersichtlich, dass es in bestimmten Regionen spezifischer Investitionen bedarf. Auch die bessere Vernetzung aneinander angrenzender Gebiete innerhalb Litauens, u. a. durch Verkehrsverbindungen und digitale Verbindungen, stellt weiterhin eine Herausforderung dar.

(18)Um die öffentlichen Investitionen effizienter zu gestalten, haben die litauischen Behörden die Vorschriften für die Vorbereitung und Auswahl der vom Staat finanzierten Investitionsvorhaben überarbeitet. Seit 2018 sollten alle neuen Investitionsvorhaben anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse geprüft werden und zusätzliche Auswahlkriterien erfüllen. Dies ist zwar ein wichtiger erster Schritt, es muss aber noch mehr getan werden, um sicherzustellen, dass die öffentlichen Investitionen die größtmögliche Wirkung erzielen und dazu beitragen, das langfristige Wachstumspotenzial zu steigern und die wachsenden regionalen Unterschiede zu bekämpfen. Ferner haben die Behörden damit begonnen, das staatliche Haushaltsplanungssystem zu überarbeiten, um den Zeithorizont für die Haushaltsplanung zu verlängern und die Ausgaben stärker an den allgemeinen wirtschaftlichen Zielen auszurichten. In diesem Zusammenhang sollte Litauen dafür sorgen, dass das neue System zur Planung strategischer Investitionen für das Haushaltsverfahren 2021-2023 und bis zum Beginn des neuen EU-Finanzierungszyklus 2021 einsatzbereit ist.

(19)Litauen verfügt über keine einheitliche Strategie für Forschung und Innovation. Die Maßnahmen sind fragmentiert, und es gibt eine Vielzahl von Förderprogrammen, denen es an Synergien mangelt. Ferner gibt es diverse Durchführungsstellen, die sich bei der Förderung der verschiedenen politischen Maßnahmen im Bereich Forschung und Innovation nicht abstimmen. Dies wiederum trägt zu einer komplexen Verwaltungsstruktur bei und scheint den Zugang der Nutzer zu den zahlreichen verfügbaren Instrumenten einzuschränken. Dadurch werden insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen sowie die Innovationstätigkeit beeinträchtigt. Die neue Aufteilung der Zuständigkeiten im Bereich Forschung und Innovation zwischen dem Ministerium für Wirtschaft und Innovation und dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft verschafft den potenziellen Begünstigten noch keinen so kohärenten politischen Rahmen mit synergetischen Förderregelungen, wie dies bei einer zentralen Anlaufstelle der Fall wäre.

(20)Die Programmplanung der EU-Fonds für den Zeitraum 2021-2027 könnte dazu beitragen, einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken zu schließen, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts 6 behandelten Bereichen. Dies würde es Litauen ermöglichen, diese Fonds unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede optimal für die ermittelten Wirtschaftszweige zu nutzen.

(21)Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Litauens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Außerdem hat sie das Stabilitätsprogramm 2019 und das nationale Reformprogramm 2019 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Litauen gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Litauen berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die allgemeine wirtschaftspolitische Steuerung der Union durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu konkretisieren, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

(22)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft und ist zu der Auffassung 7 gelangt, dass Litauen den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass Litauen 2019 und 2020

1.die Steuerdisziplin verbessert und die Steuerbemessungsgrundlage auf weniger wachstumsschädliche Quellen ausdehnt; die Themen Einkommensungleichheit, Armut und soziale Ausgrenzung angeht, u. a. durch eine bessere Gestaltung des Steuer- und Sozialleistungssystems;

2.die allgemeine und berufliche Bildung auf allen Ebenen besser und effizienter gestaltet, u. a. den Bereich der Erwachsenenbildung; die Qualität, Bezahlbarkeit und Effizienz des Gesundheitswesens verbessert;

3.den Schwerpunkt der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf Innovation, Energie- und Ressourceneffizienz, nachhaltigen Verkehr und Energieverbundnetze legt und dabei den regionalen Unterschieden Rechnung trägt; das Produktivitätswachstum ankurbelt, indem es die Effizienz der öffentlichen Investitionen verbessert; einen kohärenten politischen Rahmen zur Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen entwickelt und die Durchführungsstellen im Bereich Forschung und Innovation konsolidiert.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
(2)    SWD(2019) 1014 final.
(3)    Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).
(4)    COM(2014) 494 final.
(5)    Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission anhand der gemeinsamen Methodik.
(6)    SWD(2019) 1014 final.
(7)    Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.