Brüssel, den 26.7.2019

COM(2019) 355 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über den Umfang, in dem die Mitgliedstaaten die für die Einhaltung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor erforderlichen Maßnahmen getroffen haben


Einleitung

1.1.Hintergrund

1.1.1. Geltungsbereich des Rahmenbeschlusses und des Berichts

Mit dem Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor 1 (im Folgenden „der Rahmenbeschluss“) soll sichergestellt werden,

·dass in allen EU-Mitgliedstaaten sowohl die Bestechung als auch die Bestechlichkeit im privaten Sektor unter Strafe gestellt wird,

·dass auch juristische Personen (also Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen oder öffentliche Organisationen) für diese Straftaten verantwortlich gemacht werden können und

·dass die dabei verhängten Strafen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

Artikel 2 gilt für „Geschäftsvorgänge in Unternehmen mit oder ohne Erwerbszweck“, wodurch der Geltungsbereich des Rahmenbeschlusses auf Bestechungshandlungen beschränkt wird, die von Einzelpersonen aus dem privaten Sektor begangen werden.

Nach dem Rahmenbeschluss sind von den Mitgliedstaaten zwei Arten von Handlungen unter Strafe zu stellen:

– Handlungen, bei denen jemand einer Person, die im privaten Sektor tätig ist, einen unbilligen Vorteil verspricht, anbietet oder gewährt, damit diese Person unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt;

– Handlungen, bei denen jemand, der im privaten Sektor tätig ist, einen unbilligen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er unter Verletzung seiner Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt.

Laut Artikel 9 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung des Rahmenbeschlusses vor dem 22. Juli 2005 sicherzustellen. Gemäß Artikel 9 Absatz 2 sind sie gehalten, dem Rat und der Kommission den Wortlaut der Bestimmungen mitzuteilen, mit denen sie die sich aus dem Rahmenbeschluss ergebenden Verpflichtungen in ihr innerstaatliches Recht umgesetzt haben.

Obwohl das Vereinigte Königreich zunächst an den Rahmenbeschluss gebunden war, entschied sich das Land auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 4 des den Verträgen beigefügten Protokolls Nr. 36 2 , in Bezug auf die Umsetzung in innerstaatliches Recht ab dem 1. September 2014 von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch zu machen. Daher erstreckt sich der vorliegende Bericht nicht auf das Vereinigte Königreich.

1.1.2. Zweck dieses Umsetzungsberichts

Mit dem Vertrag von Lissabon wurden in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Recht weit reichende Änderungen eingeführt. Am 1. Dezember 2014 endete der in Artikel 10 Absatz 1 des den Verträgen beigefügten Protokolls Nr. 36 vorgesehene Übergangszeitraum. Damit wurden die Beschränkungen im Hinblick auf die justizielle Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union und die Durchsetzungsbefugnisse der Kommission in den Bereichen der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen aufgehoben. Diese weit reichenden Änderungen haben zu mehr Effizienz in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Recht in der EU beigetragen und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten sowie das Vertrauen der EU-Bürger gestärkt.

Seit den letzten beiden Umsetzungsberichten von 2007 3 und 2011 4 haben einige Mitgliedstaaten ihr Strafrecht umfassend reformiert. Zudem ist die strafrechtliche Verfolgung der Bestechung und der Bestechlichkeit auch im privaten Sektor nach dem Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UN-CAC) 5 , denen alle Mitgliedstaaten beigetreten sind, zwingend vorgeschrieben. Diese Entwicklungen haben einige Mitgliedstaaten veranlasst, die nationalen Durchsetzungsmaßnahmen stärker an internationale und europäische Normen anzugleichen. Im vorliegenden dritten Umsetzungsbericht werden neue Entwicklungen zusammengefasst und die gesetzgebenden Organe sowie die Öffentlichkeit in den Mitgliedstaaten über die in diesem Bereich erzielten Fortschritte informiert. Die Erkenntnisse dieses Berichts lassen die der Kommission im Rahmen der Verträge gewährten Durchsetzungsbefugnisse unberührt.

1.1.3. Beschaffung von Informationen und Methodik

Am 15. Dezember 2014 forderte die Kommission die Behörden in allen Mitgliedstaaten dazu auf, der Kommission bis zum 1. März 2015 über die Datenbank für nationale Durchführungsmaßnahmen die nationalen Umsetzungsmaßnahmen für Instrumente zu melden, die unter die frühere dritte Säule fielen.  2018 ersuchte die Kommission die Mitgliedstaaten um aktualisierte Informationen über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses. Den in diesem Bericht enthaltenen Beschreibungen und Analysen liegen die von den Mitgliedstaaten bis zum 1. August 2018 bereitgestellten Informationen zugrunde. 

Darüber hinaus erhob die Kommission 2014 amtliche statistische Daten darüber, wie Fälle von Bestechung in den Mitgliedstaaten in den verschiedenen Abschnitten des Strafverfahrens behandelt werden. 6 Aus 26 Mitgliedstaaten waren über die Expertengruppe zur Ermittlung des Bedarfs der Politik an Kriminalitätsdaten und das Netz nationaler Kontaktstellen zur Korruptionsbekämpfung Antworten zu den Bezugsjahren 2011, 2012 und 2013 eingegangen. Die Datenerhebung wurde 2018 auf die Bezugsjahre 2014, 2015 und 2016 ausgedehnt. Von den 22 Mitgliedstaaten, die Daten übermittelten, 7 konnten lediglich sieben 8 Angaben zu „rechtskräftigen Verurteilungen wegen Bestechung im privaten Sektor“ für die Bezugsjahre von 2014 bis 2016 machen. Obwohl die Daten einigen inhärenten Beschränkungen unterliegen und mit Vorsicht sowie unter sorgfältiger Berücksichtigung der übermittelten Anmerkungen zur Methodik 9 interpretiert werden sollten, eignen sie sich dazu, die Verfolgung der im Rahmenbeschluss genannten Straftaten zu veranschaulichen.

ANALYSE

Der nachfolgende Abschnitt enthält eine detaillierte Analyse, die einen Überblick über den Stand der Umsetzung des Rahmenbeschlusses in einzelstaatliches Recht vermittelt. In jedem Mitgliedstaat wurde die nationale Umsetzung anhand eines einzigen Kriteriums beurteilt, und zwar wurde untersucht, ob die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses durch nationale Rechtsvorschriften abgedeckt werden.

Im Mittelpunkt des Berichts stehen die Artikel 2 bis 7 des Rahmenbeschlusses. Die Artikel 8 bis 11 (also die Bestimmungen zu Aufhebung, Umsetzung, räumlichem Anwendungsbereich und Inkrafttreten) sind nicht Gegenstand des Berichts, da sie keine Umsetzung in nationales Recht erfordern.

1.1.Artikel 2 — Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor

1.1.1.Allgemeine Bemerkungen

Artikel 2 ist eine Kernbestimmung des Rahmenbeschlusses. Er definiert die Straftatbestände Bestechung und Bestechlichkeit in Zusammenhang mit Geschäftsvorgängen. In den Geltungsbereich von Artikel 2 Absatz 1 fallen Geschäftsvorgänge in Unternehmen mit und ohne Erwerbszweck.

Im Folgenden sind die sieben Hauptelemente aus Artikel 2 Absatz 1 noch einmal aufgeführt.

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a — Bestechung

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b — Bestechlichkeit

„verspricht, anbietet oder gewährt“

„unmittelbar oder über einen Mittelsmann“

„einer Person, die in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist“

„für ein Unternehmen im privaten Sektor“

„einen unbilligen Vorteil“

„für diese Person selbst oder für einen Dritten“

„unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“

„fordert, annimmt oder sich versprechen lässt“

„unmittelbar oder über einen Mittelsmann“

„in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist“

„für ein Unternehmen im privaten Sektor“

„einen unbilligen Vorteil“

„für sich oder einen Dritten“

„unter Verletzung seiner Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“

In der vorstehenden Tabelle unterscheidet sich lediglich das erste Element der Bestechung („verspricht, anbietet oder gewährt“) deutlich vom ersten Element der Bestechlichkeit („fordert, annimmt oder sich versprechen lässt“). Folglich wurden die übrigen sechs Elemente von den Mitgliedstaaten im Allgemeinen mit ähnlicher Formulierung in nationales Recht umgesetzt. Die sechs Hauptelemente der Bestechung und der Bestechlichkeit werden daher nachfolgend zusammen bewertet.

Einzelanalyse

1.1.1.1.Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a – Bestechung – „verspricht, anbietet oder gewährt“

Die drei Handlungen eines Straftäters weisen geringfügige Unterschiede auf, wobei Überschneidungen möglich sind. Um „versprechen“ kann es sich z. B. handeln, wenn sich der Bestechende verpflichtet, zu einem späteren Zeitpunkt einen unbilligen Vorteil zu gewähren, oder wenn zwischen dem Bestechenden und dem Bestochenen vereinbart ist, dass der Bestechende den unbilligen Vorteil später gewährt. „Anbieten“ kann vorliegen, wenn der Bestechende seine Bereitschaft erkennen lässt, jederzeit den unbilligen Vorteil zu gewähren. „Gewähren“ kann schließlich vorliegen, wenn der Bestechende den unbilligen Vorteil überträgt.

Von 19 Mitgliedstaaten (BG, CZ, DK, DE, EL, ES, FR, HR, IT, CY, LT, NL, AT, PT, RO, SK, SI, FI und SE) wurden die drei Begriffe „verspricht, anbietet oder gewährt“ fast wörtlich in innerstaatliches Recht umgesetzt.

Zudem haben die Umsetzungsbegriffe in sieben Mitgliedstaaten (BE, EE, IE, LU, HU, MT und PL) nach der jeweiligen nationalen Rechtsprechung eine äquivalente Bedeutung. In EE, HU, IE und PL wird das Anbieten einer Bestechung in der geltenden Definition für Bestechung nicht erwähnt, wohl aber von der Rechtsprechung abgedeckt. In BE und LU gibt es den Straftatbestand des „Vorschlagens eines Angebots, Versprechens oder Vorteils jeglicher Art“ 10 . In MT wird die „bestechende“ Person als Gehilfe zur Verantwortung gezogen. Der Versuch, eine andere Person zu einer Straftat anzustiften, wird auch dann unter Strafe gestellt, wenn er fehlschlägt. 11

In LV wird das „Versprechen eines unbilligen Vorteils“ nicht ausdrücklich abgedeckt.

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b – Bestechlichkeit – „fordert, annimmt oder sich versprechen lässt“

Im Fall der Bestechlichkeit umfasst der materielle Tatbestand Handlungen, bei denen jemand einen unbilligen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. Mit „fordern“ kann z. B. eine einseitige Handlung gemeint sein, wobei unerheblich ist, ob der Forderung tatsächlich entsprochen wurde. „Annehmen“ kann z. B. das tatsächliche Entgegennehmen der Vergünstigung bedeuten. 12 Sich einen unbilligen Vorteil „versprechen zu lassen“ kann sich auf Situationen beziehen, in denen der Bestochene in eine Vorteilsnahme zu einem späteren Zeitpunkt einwilligt.

Von 18 Mitgliedstaaten (BE, BG, DE, EL, HR, LT, LU, HU, MT, AT, PT, SK, FI, IT, RO, NL, PL und SE) wurden die drei Begriffe „fordert, annimmt oder sich versprechen lässt“ nahezu wörtlich in innerstaatliches Recht übernommen.

In sechs Mitgliedstaaten (CZ, DK, EE, FR, IE und SI) werden im Strafgesetzbuch zwar andere Begriffe für die Umsetzung verwendet, diese haben in der jeweiligen Rechtsprechung jedoch eine äquivalente Bedeutung. Zudem ist in LV der Tatbestand, dass sich jemand „einen unbilligen Vorteil versprechen lässt“, nicht ausdrücklich vorgesehen, wohl aber die „Annahme des Angebots eines unbilligen Vorteils“. In CZ wird der Tatbestand, dass sich jemand „einen unbilligen Vorteil versprechen lässt“, nicht ausdrücklich von der aktuellen Begriffsbestimmung für Bestechlichkeit abgedeckt; diese sich bezieht auf „die Einwilligung, ein Geschenk oder eine Zuwendung als Anreiz oder Vergütung anzunehmen“.

In ES wird das Element, dass sich jemand „einen unbilligen Vorteil versprechen lässt, nicht ausdrücklich abgedeckt, da sich das Recht lediglich auf die Annahme „ungerechtfertigter Vergünstigungen oder Vorteile“ bezieht.

Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b: die übrigen fünf Bestandteile

„unmittelbar oder über einen Mittelsmann“

In Artikel 2 ist vorgesehen, dass sich die strafrechtliche Verfolgung unabhängig davon, ob der Empfänger oder Begünstigte des unbilligen Vorteils die Person ist, die den unbilligen Vorteil annimmt, oder ein Dritter, auch auf Mittelsmänner erstreckt.

Von 14 Mitgliedstaaten, und zwar BE, CZ, ES, EL, FR, HR, CY, LV, LT, LU, MT, PT, RO und SK, wird dieser Aspekt wortwörtlich umgesetzt.

In zwölf weiteren Mitgliedstaaten (BG, DE, DK, IE, IT, HU, NL AT, PL, FI, SI und SE) wird der Tatbestand „unmittelbar oder über einen Mittelsmann“ nicht ausdrücklich abgedeckt. In EE wird dieser Aspekt in der Begriffsbestimmung der Bestechung nicht erwähnt, wohl aber in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit. Aus den Angaben der estnischen Behörden ging nicht eindeutig hervor, ob einige Elemente, die lediglich in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit enthalten sind, auch für den Tatbestand der Bestechung gelten.

Doch auch ohne einen Verweis auf den Tatbestand „unmittelbar oder über einen Mittelsmann“ implizieren die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, dass beide Aspekte abgedeckt sind; folglich wird dieser Tatbestand von allen Mitgliedstaaten berücksichtigt.

„einer Person, die in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist“ bzw. „in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist“

Von zwölf Mitgliedstaaten (BG, BE, DE, EL, ES, FR, LV, LU, HU, MT, PL und FI) wird dieses Element wortwörtlich umgesetzt.

Zehn weitere Mitgliedstaaten (CZ, DK, HR, LT, NL, AT, PT, SE, SK und SI) setzen es mit geringfügigen Abweichungen um.

In den Rechtsvorschriften von HR, NL und AT wird nicht auf die „leitende“ Stellung Bezug genommen, sondern lediglich auf das „Tätigsein“. In PT wird in der Begriffsbestimmung auch nicht auf die „leitende“ Stellung verwiesen, sondern im Fall der Bestechlichkeit auf „Beschäftigte des privaten Sektors“ und im Fall der Bestechung auf „jemand“ 13 . In LT wird die Bestechung im privaten Sektor nur im Fall von Personen unter Strafe gestellt, die über „entsprechende Verwaltungsbefugnisse“ verfügen oder „befugt sind, im Auftrag einer Agentur, eines Unternehmens oder einer Organisation zu handeln“ oder „ein öffentliches Amt ausüben“. LT macht geltend, dass die Pflichten einer Person, die in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts präzisiert werden. In CZ und SK wird keine ausdrückliche Beschränkung auf eine leitende oder sonstige Stellung vorgenommen, da der Wortlaut alle Arten von Beziehungen oder Verbindungen zu einem privaten Unternehmen abzudecken scheint. In den schwedischen Rechtsvorschriften wird auf „eine Person, die Mitarbeiter oder Mandatsträger ist“ (Bestechlichkeit) bzw. auf jede „Person“ (Bestechung) Bezug genommen. Dies scheint sowohl leitende als auch sonstige Stellungen abzudecken. Da in den Rechtsvorschriften von DK und SI keine ausdrückliche Verbindung zwischen dem Täter und der Rechtsperson hergestellt wird, kann davon ausgegangen werden, dass alle diese Elemente abgedeckt sind.

In EE wird die Formulierung „in leitender oder sonstiger Stellung“ in der Begriffsbestimmung der Bestechung nicht erwähnt, während in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit etwas weiter gefasster die Rede ist von „einer Person, die berechtigt ist, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben“. Aus den Angaben der estnischen Behörden ging nicht eindeutig hervor, ob einige Elemente, die in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit enthalten sind, auch für den Tatbestand der Bestechung gelten.

In RO wird die Formulierung „in leitender oder sonstiger Stellung“ nicht ausdrücklich in den Begriffsbestimmungen der Bestechung und der Bestechlichkeit erwähnt. In den Rechtvorschriften wird Bezug genommen verwiesen auf Personen, „die dauerhaft oder zeitweilig eine Tätigkeit ausüben oder eine Aufgabe erfüllen, in deren Rahmen sie an der Entscheidungsfindung beteiligt sind oder diese beeinflussen können“. Dies scheint leitende Funktionen abzudecken, aber nicht notwendigerweise alle Arten von Arbeitsverhältnissen. In IE und CY beschränken sich die Tatbestände der Bestechung und der Bestechlichkeit auf das Verhalten eines Vertreters „in Bezug auf die Angelegenheiten oder Geschäftstätigkeit seines Auftraggebers“, was die Begriffsbestimmung einzuengen scheint.

In IT stellen Bestechung und Bestechlichkeit nur im Zusammenhang mit Führungspositionen, wie leitenden Mitarbeitern, Generaldirektoren, für die Erstellung von Bilanzen zuständigen Direktoren, Bürgermeistern und Insolvenzverwaltern oder Personen, die „unterschiedliche Führungspositionen ausüben“ 14 , Straftatbestände dar, wobei Personen, die nicht in leitender Stellung tätig sind, nicht berücksichtigt werden.

„für ein Unternehmen im privaten Sektor“

In zehn Mitgliedstaaten (BG, CZ, FR, EE, EL, IT, LV, HU, MT und PT) wird dieses Element in den nationalen Umsetzungsmaßnahmen ausdrücklich berücksichtigt. In 14 Mitgliedstaaten (BE, DK, ES, HR, IE, CY, LT, LU, NL, PL, RO, SK, SI und SE) wird es jedoch nicht ausdrücklich berücksichtigt, da sich der Straftatbestand in diesen Ländern üblicherweise auf Personen ganz allgemein („wer auch immer“) bezieht. Solange derartige Formulierungen weit gefasst sind, stehen sie dennoch mit dem Rahmenbeschluss im Einklang.

In DE, AT und FI ist der Geltungsbereich dieser Bestimmung auf Unternehmen bzw. Firmen 15 beschränkt, also auf einen Begriff, der enger gefasst ist als „Unternehmen im privaten Sektor“. In ES wurde der Geltungsbereich in ähnlicher Weise eingeschränkt. 16  Siehe dazu auch die Ausführungen zu Artikel 2 Absatz 2 weiter unten.

„einen unbilligen Vorteil“

Ein unbilliger Vorteil kann wirtschaftlicher, aber auch immaterieller Art sein. Ein wichtiges Merkmal besteht darin, dass der Täter oder eine andere Person, beispielsweise ein Verwandter, dadurch besser gestellt ist als vor Begehung der Straftat und dass er bzw. sie keinen Anspruch auf diesen Vorteil hat. Dazu zählen z. B. Geld, Urlaubsreisen, Darlehen, Speisen und Getränke, die beschleunigte Bearbeitung eines Vorgangs, bessere Karriereaussichten u. ä. Als „unbillig“ ist alles zu verstehen, was der Empfänger rechtmäßig nicht annehmen oder erhalten darf. Mit dieser Auslegung sind nach dem Gesetz oder den Verwaltungsvorschriften zulässige Vergünstigungen vom Geltungsbereich des Straftatbestands ausgenommen.

Von 19 Mitgliedstaaten (BE, BG, DE, DK, ES, EL, CY, LT, LV, LU, HU, MT, AT, PL, PT, RO, FI, IT und SE) wurde dieses Element wortwörtlich umgesetzt.

Einige andere Mitgliedstaaten setzten es mit geringfügigen Abweichungen um.

In NL enthält die Umsetzungsbestimmung keinen Verweis auf einen „unbilligen Vorteil“, sondern lediglich auf ein „Geschenk“, eine „Dienstleistung“ oder ein „Versprechen“. In CY wird der Begriff „unbilliger Vorteil“ umgesetzt als „ein Geschenk oder eine Zuwendung als Anreiz oder Belohnung“. In den französischen Rechtsvorschriften wird auf „jeglichen Vorteil“ Bezug genommen, was ein etwas weiter gefasster Begriff ist, und in HR wird der Begriff „begünstigen“ verwendet. In SI enthalten die Rechtsvorschriften einen Verweis auf eine „nicht genehmigte Zuwendung, ein solches Geschenk oder einen sonstigen Eigentumsvorteil“. In IE werden für den Tatbestand der Bestechlichkeit die Begriffe „Geschenk, Zuwendung oder Vorteil“ verwendet, während in Verbindung mit dem Tatbestand der Bestechung lediglich auf „Geschenk oder Zuwendung“ Bezug genommen wird.

SK geht nicht näher auf das Anbieten eines unbilligen Vorteils, bei dem es sich nicht um eine Bestechung handelt, ein. In den Bestimmungen des slowakischen Strafgesetzbuches zum Tatbestand der Bestechung wird nicht der Begriff „Vorteil“ verwendet, sondern der Begriff „Bestechung“ 17 : „Unter Bestechung ist eine Sache oder die Übertragung von Eigentum oder jede immaterielle Zuwendung zu verstehen, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht“. In CZ wird „ein unbilliger Vorteil“ von der Begriffsbestimmung der „Bestechung“ abgedeckt, die definiert wird als „ein unbilliger Vorteil, der aus einer direkten materiellen Bereicherung oder sonstigen Vorteilsnahme besteht, ... auf die die betreffende Person keinen Anspruch hat“ 18 .

In EE wird der unbillige Vorteil im Fall der Bestechlichkeit als „Vermögenswert oder andere Vergünstigungen“ bezeichnet, während im Fall des Tatbestands der Bestechung auf eine Bestechungshandlung verwiesen wird, die im Vergleich zum unbilligen Vorteil einen enger gefassten Begriff darstellt. Aus den verfügbaren Angaben geht nicht eindeutig hervor, ob einzelne Elemente, die in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit enthalten sind, auch für den Tatbestand der Bestechung gelten.

„für diese Person selbst oder für einen Dritten“ bzw. „für sich oder einen Dritten“

Von 22 Mitgliedstaaten wird dieses Element wortwörtlich umgesetzt (BE, BG, CZ, DE, DK ES, EL, FR, HU, HR, CY, LT, LV, LU, MT, AT, PT, SK, SI, FI, IE und SE).

In PL wird der einen Dritten betreffende Aspekt gegebenenfalls nur indirekt abgedeckt, und zwar insofern als auf eine Handlung verwiesen wird, die „zugunsten eines Käufers oder eines Empfängers von Waren, Dienstleistungen oder anderer Leistungen“ erfolgt.

Dieses Element wird von zwei Mitgliedstaaten (NL und RO) nicht explizit abgedeckt. In zwei weiteren Mitgliedstaaten (EE und IT) bleibt dieses Element im Fall der Bestechung unberücksichtigt.

„unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“ bzw. „unter Verletzung seiner Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“

Von 13 Mitgliedstaaten (BE, BG, DE, DK, FR, EL, IE, IT, CY, LV, LU, AT und SK) wurde dieses Element wortwörtlich in innerstaatliches Recht umgesetzt.

Sieben Mitgliedstaaten (LT, LV, HU, MT, PT, RO und SE) setzten dieses Element mit geringfügigen Abweichungen um. In RO wird dieser Aspekt nur in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit berücksichtigt. In LT wird er als „rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Handeln oder Unterlassen ... bei der Ausübung ihrer Befugnisse“ umgesetzt. In PT wird das Konzept der „Pflichtverletzung“ nur in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit, nicht aber der Bestechung verwendet. In LV wird das Element „unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt“ bei der Umsetzung insofern weiter gefasst, als die betreffende Person eine Handlung „unter Ausnutzung ihrer Befugnisse“ vornimmt oder unterlässt, ohne notwendigerweise eine konkrete Pflichtverletzung zu begehen. In der Gesetzgebung von HU, MT und SE fehlt eine dahingehende Bezugnahme, dass eine Person „eine Handlung vornimmt oder unterlässt“. Dies bedeutet, dass sich die Auslassung dieser Elemente nicht auf die „Verletzung ihrer Pflichten“, auf die im Strafgesetzbuch verwiesen wird, auswirkt – es spielt keine Rolle, ob diese Worte implizit oder explizit enthalten sind.

In EE wird dieser Aspekt in Bezug auf die Bestechlichkeit als „Missbrauch seiner oder ihrer Zuständigkeit“ bezeichnet, während er in der Begriffsbestimmung der Bestechung vollständig fehlt. Aus den Angaben der estnischen Behörden ging nicht eindeutig hervor, ob einzelne Elemente, die in der Begriffsbestimmung der Bestechlichkeit enthalten sind, auch für den Tatbestand der Bestechung gelten.

Im Strafgesetzbuch von CZ wird die Anwendbarkeit der Bestimmungen für die Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor nicht auf Fälle beschränkt, in denen Pflichten verletzt werden.

In ES wurde die Formulierung „unter Verletzung ihrer Pflichten“ aus den Rechtsvorschriften gestrichen.  Zudem kommt der Aspekt eine Handlung vornimmt oder unterlässt“ im derzeitigen Wortlaut nicht zum Tragen. Darüber hinaus ist der Geltungsbereich des Artikels eingeschränkt („beim Kauf oder Verkauf von Waren oder bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen oder bei Geschäftsbeziehungen“).

In FI und HR wird nicht ausdrücklich auf die Pflichtverletzung Bezug genommen, und anstelle der Formulierung „eine Handlung vornimmt oder unterlässt“ wird im Wortlaut auf die Bevorzugung des Bestechenden oder einer anderen Person verwiesen. In den Rechtsvorschriften von SI wird auf die Vernachlässigung der Interessen der Organisation oder einer anderen Person oder die Verursachung eines Schadens durch den Abschluss oder die Fortführung eines Vertrags verwiesen. In den Niederlanden wird das Element der „Pflichtverletzung“ umgesetzt als „Verstoß gegen Treu und Glauben“, der beinhaltet, dass eine Person „die Annahme oder Forderung eines Geschenks oder eines Versprechens oder einer Dienstleistung vor ihrem Arbeitgeber oder Auftraggeber verheimlicht“ 19 .

In PL wird der Begriff der „Pflichtverletzung“ umgesetzt durch die Formulierung „Nichterfüllung der einer solchen Person übertragenen Pflicht, die einer solchen Einheit materiellen Schaden zufügen oder einen Akt unlauteren Wettbewerbs oder einen unzulässigen Akt der Bevorzugung eines Käufers oder eines Empfängers von Waren, Dienstleistungen oder anderen Leistungen darstellen kann“.

Weitere Beschränkungen

Im Gegensatz zu den übrigen 25 EU-Mitgliedstaaten ist im Strafrecht von BE und LU sowohl im Hinblick auf den Tatbestand der Bestechung als auch den der Bestechlichkeit eine Beschränkung auf Fälle vorgesehen, in denen der Vorgesetzte von der Pflichtverletzung keine Kenntnis hat.

Artikel 2 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 2 besagt, dass Artikel 2 Absatz 1 für Geschäftsvorgänge in Unternehmen mit und ohne Erwerbszweck gilt.

Die meisten Mitgliedstaaten verweisen ausdrücklich auf die Einbeziehung von Unternehmen ohne Erwerbszweck in ihre Rechtsvorschriften, und andere haben ihre Gesetze so allgemein formuliert, dass Unternehmen ohne Erwerbszweck nicht ausgeschlossen sind (BE, BG, CZ, DK, EE, FR, EL, HR, IE, IT, CY, LV, LT, LU, HU, NL, MT, PL, PT, RO, SK, SI und SE).

In vier Mitgliedstaaten (DE, FI, AT und ES) weist der Geltungsbereich des Straftatbestands Unterschiede auf. In DE, AT und FI ist diese Bestimmung auf „Unternehmen“ bzw. „Firmen“ 20 beschränkt, also auf einen Begriff, der enger gefasst ist als „Unternehmen im privaten Sektor“. In ES wurde der Geltungsbereich in ähnlicher Weise eingeschränkt. Die Beschränkung des Geltungsbereichs der entsprechenden Straftatbestände auf Unternehmen schließt in einigen Fällen die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Einzelpersonen aus, die im Auftrag oder zugunsten von Unternehmen ohne Erwerbszweck Bestechungshandlungen begehen. Organisationen ohne Erwerbszweck gehören zum privaten Sektor; bei ihnen kann es sich um z. B. um Stiftungen, Verbände, Sportvereine, kirchliche und karitative Organisationen handeln. Organisationen ohne Erwerbszweck üben häufig eine Geschäftstätigkeit aus, doch sie verwenden ihre Einnahmen in der Regel, um letztlich ihre sozialen, pädagogischen oder karitativen Ziele zu verfolgen, und verteilen ihr Einkommen nicht an die Anteilseigner, Führungskräfte oder Mitglieder der Organisation. 

Ferner könnten die Mitgliedstaaten bezüglich der unter den Rahmenbeschluss fallenden Aktivitäten nach Artikel 2 Absatz 3 erklären, dass sie den Geltungsbereich auf Handlungen beschränken, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Waren oder gewerblichen Leistungen eine Wettbewerbsverzerrung zur Folge haben. Solche Erklärungen wurden von DE, IT, AT und PL abgegeben. Die Erklärungen waren bis zum 22. Juli 2010 gültig (Artikel 2 Absatz 4). Da der Rat keine Verlängerung ihrer Gültigkeit beschlossen hat, geht die Kommission davon aus, dass sie nicht länger gültig sind.

Durch den aktuellen Wortlaut von § 299 des deutschen Strafgesetzbuches werden möglicherweise gewisse Situationen nicht berücksichtigt, in die Unternehmen des privaten Sektors involviert oder mit denen sie in der Praxis konfrontiert sind und bei denen es sich nicht um Beschaffungstransaktionen im eigentlichen Sinne handelt. Im Vergleich dazu bezieht sich Artikel 2 auf die Bestechung und Bestechlichkeit „im Rahmen von Geschäftsvorgängen“, was ein äußerst breites Spektrum von Handlungen umfasst.

Im Fall von ES sind Bestechung und Bestechlichkeit auf „den Kauf oder Verkauf von Waren oder die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen oder Geschäftsbeziehungen“ beschränkt.

In SI umfasst der Straftatbestand eine mögliche Einschränkung: „bei Abschluss oder Fortführung eines Vertrags“.

Artikel 3 — Anstiftung und Beihilfe

Artikel 3 befasst sich mit der Beteiligung an einer Bestechung in Form von Anstiftung und Beihilfe. Er geht jedoch nicht auf versuchte Straftaten ein. 21

In 25 Mitgliedstaaten (BE, BG, CZ, DE, DK, ES, EE, EL, FR, HR, CY, LT, LV, LU, HU, MT, NL, AT, PL, PT, RO, SK, SI, FI und SE) wird der Tatbestand der Beihilfe und Anstiftung im innerstaatlichen Recht berücksichtigt. IE erläuterte, dass die Anstiftung in der Rechtsprechung thematisiert wird, auch wenn eine konkrete Berücksichtigung im innerstaatlichen Recht fehlt.

Nach Ansicht von IT werden diese Konzepte im Strafgesetzbuch durch den Begriff der „Begünstigung“ 22 abgedeckt. Allerdings waren die hierzu eingegangenen Angaben nicht eindeutig.

Artikel 4 — Strafen und andere Sanktionen

Artikel 4 Absatz 1 bestimmt, dass Bestechungstatbestände im privaten Sektor mit „wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden“ Strafen zu ahnden sind.  Artikel 4 Absatz 1 schlägt sich im innerstaatlichen Recht aller Mitgliedstaaten nieder.

Nach Artikel 4 Absatz 2 trifft jeder Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor mit einer Mindesthöchststrafe zwischen einem Jahr und drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht werden. Die Kommission stellt fest, dass das Mindestmaß für Strafen in die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten übernommen wurde.

Gemäß Artikel 4 Absatz 3 trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass einer natürlichen Person gegebenenfalls die weitere Ausübung dieser oder einer vergleichbaren Geschäftstätigkeit in einer ähnlichen Position oder Eigenschaft vorübergehend untersagt werden kann. Dieser Aufforderung tragen 24 Mitgliedstaaten (BE, BG, CZ, DE, DK, EE, EL, FR, HR, IE, IT, LV, LT, LU, HU, MT, NL, AT, PT, PL, RO, FI, SK und SI) in ihren nationalen Rechtsvorschriften Rechnung. SE gab an, dass diese Maßnahmen auf der Grundlage des Gesetzes über das Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit ergriffen werden können, machte jedoch keine konkreteren Angaben.

Die von CY und ES übermittelten Angaben reichten nicht aus, um einschätzen zu können, ob ihre nationalen Rechtsvorschriften Artikel 4 Absatz 3 Rechnung tragen oder nicht.

Artikel 5 — Haftung juristischer Personen

Gegenstand von Artikel 5 ist die Verantwortlichkeit juristischer Personen sowohl bei Bestechung als auch bei Bestechlichkeit. Die Mitgliedstaaten haben die Wahl zwischen verwaltungsrechtlicher oder strafrechtlicher Verantwortlichkeit.

Nach Artikel 5 Absatz 1 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn zu ihren Gunsten von einer Person Bestechung begangen wird, die „entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat“ und eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat.

Nach Artikel 5 Absatz 2 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass eine juristische Person ferner verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Straftat ermöglicht hat.

Die Verantwortlichkeit der juristischen Person schließt die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen, die als Täter, Anstifter oder Gehilfe an der Straftat beteiligt sind, nicht aus (Artikel 5 Absatz 3).

Aktuell verfügen 16 Mitgliedstaaten (BE, DK, DE, ES, EL, FR, CY, LV, LT, LU, HU, AT, PL, FI, SK und SI) über Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Bestimmung.  Manche Mitgliedstaaten gehen strafrechtlich gegen juristische Personen vor, andere nutzen verwaltungsrechtliche Maßnahmen. Nach dem Rahmenbeschluss sind beide Vorgehensweisen gleichermaßen zulässig. In IE gilt in Bezug auf die Verantwortlichkeit juristischer Personen das Fallrecht. IE stellte keine ausreichenden Informationen bereit, die eine Einschätzung der Umsetzung von Artikel 5 Absätze 2 und 3 zulassen.

In PT besteht ein Haftungsausschluss für juristische Personen und ihnen gleichgestellte Organisationen, wenn der Täter entgegen den konkreten Anordnungen oder Weisungen von Personen gehandelt hat, die zu deren Erteilung befugt sind. In HR richtet sich die Verantwortlichkeit juristischer Personen nach zwei alternativen Kriterien, von denen ein Kriterium einen „unrechtmäßigen Gewinn“ für die juristische Person oder Dritte betrifft. In EE ist die juristische Person von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgenommen, wenn eine von einem zuständigen Vertreter der juristischen Person begangene Handlung für diese „unvermeidbar“ war. IE verweist auf das Common Law sowie die entsprechende Rechtsprechung, wonach eine juristische Person für die Handlungen ihrer Vorstandsmitglieder („Controlling Officers“) verantwortlich ist.

Nach Artikel 5 Absatz 2 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass eine juristische Person ferner verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Straftat ermöglicht hat. Im Fall von acht Mitgliedstaaten liegen keine ausreichenden Informationen vor, die Aufschluss darüber geben können, ob der Aspekt der mangelnden Überwachung und Kontrolle durch das innerstaatliche Recht (CZ, EE, IT, MT, NL und PT) oder durch das Fallrecht (IE) abgedeckt wird.

In Artikel 5 Absatz 3 ist eine negative Voraussetzung festgelegt. In Fällen, in denen in den Mitgliedstaaten keine entgegenstehende Rechtsvorschriften oder Praktiken existieren, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Voraussetzung erfüllen und die Verantwortlichkeit der juristischen Person die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen, die als Täter, Anstifter oder Gehilfe an der Straftat beteiligt sind, nicht ausschließt.

Artikel 6 — Sanktionen für juristische Personen

Artikel 6 fordert von den Mitgliedstaaten die Festlegung wirksamer, angemessener und abschreckender (strafrechtlicher und anderer) Sanktionen gegen juristische Personen, wenn diese sich der Bestechung und Bestechlichkeit, der Anstiftung und Beihilfe sowie der mangelnden Überwachung oder Kontrolle schuldig gemacht haben, die die Straftat erst ermöglicht hat. Neben finanziellen Sanktionen sind in Artikel 6 Absatz 1 weitere Beispiele für zu verhängende Sanktionen wie der Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder von Hilfe, das Verbot der Ausübung einer Handelstätigkeit, die richterliche Aufsicht oder die richterlich angeordnete Auflösung aufgeführt. Gemäß Artikel 6 Absatz 2 müssen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Von 18 Mitgliedstaaten (BE, BG, CZ, DE, DK, EL, FR, HR, LV, LU, HU, MT, AT, PL, SK, SI, FI und CY) wurden Informationen übermittelt, aus denen hervorgeht, dass sie über Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Artikel 6 Absatz 1 verfügen.  Die aus den übrigen Mitgliedstaaten eingegangenen Informationen lassen keine eindeutige Einschätzung zu.

Artikel 6 Absatz 2 betrifft die nationalen Rechtsvorschriften in 26 Mitgliedstaaten. IE bestätigt die Umsetzung von Artikel 6 durch einen Rechtsakt aus dem Jahr 1906. Dieser Rechtsakt erstreckt sich jedoch nur auf Sanktionen für natürliche Personen und nicht für juristische Personen. Daher reichen die bereitgestellten Angaben für eine Bewertung der Umsetzung nicht aus.

Artikel 7 — Zuständigkeit

Nach Artikel 7 hat jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um seine Zuständigkeit für eine strafbare Handlung, die in den Geltungsbereich dieses Rahmenbeschlusses fällt, zu begründen, sofern die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde, von einem seiner Staatsbürger begangen wurde oder zugunsten einer juristischen Person begangen wurde, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hat. Bezüglich der Anwendung der beiden letzten Zuständigkeitsregeln verfügen die Mitgliedstaaten über einen Ermessensspielraum.

Alle Mitgliedstaaten haben einzelstaatliche Maßnahmen zur Umsetzung dieser Bestimmung getroffen.

Im Einklang mit Artikel 7 Absatz 2 haben 16 Mitgliedstaaten (BG, DE, DK, FR, EL, IT, IE, LT, LU, HU, MT, NL, AT, PL, FI und SE) beschlossen, bestimmte Zuständigkeitsregeln nicht anzuwenden (wenn die Straftat von einem eigenen Staatsbürger oder zugunsten einer juristischen Person begangen wurde, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats hat). In einigen Mitgliedstaaten (wie FI, FR oder DK) ist in Bezug auf Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit vorgesehen, wobei weitere Bedingungen denkbar sind, wie eine Anzeige durch das Opfer (FR) oder die Einleitung eines Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft (FR).

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Aus den von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben geht hervor, dass viele von ihnen seit 2011 umfangreiche Reformen durchgeführt haben. So änderte Griechenland 2014 seine strafrechtlichen Bestimmungen zur Bestechung, während Bulgarien, Deutschland Estland und Spanien 2015 entsprechende Gesetzesänderungen vornahmen. Belgien änderte 2016 und 2018 sein Strafrecht und Italien 2017. Ungarn verabschiedete 2012 ein neues Strafgesetzbuch und überarbeitete alle damit zusammenhängenden Rechtsinstrumente. Die Slowakei verabschiedete 2016 ein Gesetz über die Verantwortlichkeit juristischer Personen.

Insgesamt hat sich das Niveau der Umsetzung des Rahmenbeschlusses seit dem Umsetzungsbericht von 2011 eindeutig verbessert. In allen Mitgliedstaaten steht das in den nationalen Strafgesetzbüchern vorgesehene Strafmaß mit den im Rahmenbeschluss festgelegten Mindeststrafen im Einklang.

Die Umsetzung einzelner Bestimmungen des Rahmenbeschlusses erwies sich jedoch in einigen Mitgliedstaaten als schwierig. So ist der Tatbestand, dass sich jemand einen unbilligen Vorteil versprechen lässt, nicht in allen Mitgliedstaaten Gegenstand des innerstaatlichen Rechts, und in einigen Ländern ist der Straftatbestand im Fall von Personen, die in leitender oder sonstiger Stellung tätig sind, auf bestimmte Positionen oder Befugnisse beschränkt. Das Anbieten oder Gewähren eines unbilligen Vorteils für Dritte wird in einigen wenigen Mitgliedstaaten offenbar nicht umfassend abgedeckt. Zudem wird das Konzept des unbilligen Vorteils auf unterschiedliche Weise definiert und umfasst bisweilen mehr, als streng genommen erforderlich ist; in einigen Fällen werden aber auch wichtige Elemente nicht berücksichtigt. Des Weiteren wird der Geltungsbereich des Straftatbestands der Bestechung im privaten Sektor von einigen Mitgliedstaaten eingeschränkt, und zwar entweder durch die Festlegung bestimmter Bedingungen für die Erfüllung eines solchen Straftatbestands oder durch Beschränkung des Geltungsbereichs des Straftatbestands auf Firmen und andere gewinnorientierte Unternehmen, sodass Organisationen ohne Erwerbszweck nicht darunter fallen. In einigen Mitgliedstaaten erstrecken sich die strafrechtlichen Bestimmungen nicht auf Unternehmen ohne Erwerbszweck.

Wenngleich mehrere Mitgliedstaaten Anstrengungen zur Novellierung ihrer nationalen Rechtsvorschriften unternommen haben, müssen sich diese Anstrengungen auch auf die Durchsetzung der strafrechtlichen Maßnahmen erstrecken. Von den 22 Mitgliedstaaten, die im Rahmen der Aktualisierung von 2018 statistische Angaben für die Bezugsjahre 2014-2016 übermittelten, legten lediglich 13 Mitgliedstaaten 23 Daten zur Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor vor. In den Berichtsjahren erfolgten nur sehr wenige Verurteilungen wegen Bestechung im privaten Sektor.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch künftig bei der zufriedenstellenden Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts unterstützen. Zu diesem Zweck überprüft sie unter anderem, ob die nationalen Maßnahmen vollständig mit den entsprechenden Bestimmungen des Rahmenbeschlusses im Einklang stehen, und sie organisiert Zusammenkünfte mit den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten und erleichtert die Entwicklung und den Austausch von bewährten Verfahren in spezifischen Bereichen. Die Kommission wird erforderlichenfalls von den ihr durch die Verträge übertragenen Durchsetzungsbefugnissen Gebrauch machen und Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Darüber hinaus wird die Kommission auch künftig Kriminalitätsstatistiken zur Bestechung im privaten Sektor erfassen.

(1)    ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54.
(2)    ABl. C 115 vom 9.5.2008, S. 322.
(3)    COM(2007) 328 final. Die Kommission stellte 2007 fest, dass nur zwei Mitgliedstaaten die Bestimmungen ordnungsgemäß in ihr nationales Recht umgesetzt hatten.
(4)    COM(2011) 309 final. In diesem Bericht wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass die Umsetzung trotz einiger Teilfortschritte noch zu wünschen übrig lässt. Hauptproblem war die unvollständige Umsetzung einiger Bestandteile der Artikel 2 und 5. Deshalb forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Abhilfe zu schaffen. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten ferner auf, die seit der letzten Mitteilung ergriffenen Maßnahmen zu melden.
(5)    Sammlung der Europäischen Verträge – Nr. 173.    https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/rms/090000168007f3f5    https://www.unodc.org/documents/treaties/UNCAC/Publications/Convention/08-50026_E.pdf
(6)       http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm?do=groupDetail.groupDetailDoc&id=21215&no=2
(7)      BE, BG, CZ, DE, ES, HR, IE, IT, CY, LV, LT, LU, HU, RO, AT, PL, PT, SK, SI, FI, SE, UK.
(8)      BE, HR, IT, LU, LV, PL und SI.
(9)    Die Verweise auf gesetzliche Bestimmungen sowohl in den nationalen Rechtsvorschriften als auch im VN-Übereinkommen gegen Korruption entsprechen den von den Mitgliedstaaten gemachten Angaben. Die Artikel 15 bis 22 des UN-CAC geben einen Rahmen für die Straftaten vor, um deren Vergleichbarkeit sowie die Verständlichkeit der Unterschiede zwischen Definitionen und Erfassungssystemen zu erleichtern. Die Einordnung der Daten in die einzelnen Kategorien stellt seitens der Kommission keine Wertung hinsichtlich des Geltungsbereichs nationaler Bestimmungen in Bezug auf die Kategorien dar, für die Daten angefordert wurden. Für eine detaillierte methodologische Erörterung siehe:    
https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/organized-crime-and-human-trafficking/corruption/docs/official_corruption_statistics_2011_2013_jan16_en.pdf. .
(10)    „proposer une offre, une promesse ou un avantage de toute nature“.
(11)    Artikel 115, 120 und 121 des Strafgesetzbuches.
(12)    Gemäß den Nummern 41 und 42 des Erläuternden Berichts zum Strafrechtsübereinkommen.
(13)    „wer auch immer“.
(14)    „esercita funzioni direttivi diverse“.
(15)    „Unternehmen“ bzw. „elinkeino“.
(16) „empresa mercantile“ bzw. „sociedad“.
(17)    Dieser Begriff wird in Abschnitt 131 Absatz 3 definiert. „Eine Sache“ wird in Abschnitt 130 Absätze 1 und 2 definiert.
(18)    Abschnitt 334 Absatz 1 des Strafgesetzbuches.
(19)    Artikel 328ter des Strafgesetzbuchs.
(20)    „Unternehmen“ bzw. „elinkeino“.
(21)    Weil die Begriffsbestimmung von Bestechung und Bestechlichkeit nicht nur das „Gewähren“ und „Annehmen“, sondern auch das „Versprechen“, „Anbieten“ und „Fordern“ sowie das „Sich versprechen lassen“ umfasst.
(22)    „Favoreggiamento“.
(23) AT, BE, BG, DE, HR, HU, IT, LT, LU, PL, PT, SL und UK.